Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tatbestand

Das AG verurteilte den Angekl. am 28.01.2014 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angekl. vor Ablauf von 2 Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Auf die Berufung des Angekl. hat das LG das Urteil des AG im Rechtsfolgenausspruch unter Beibehaltung der erstinstanzlich verhängten isolierten Sperre nach § 69a I 3 StGB dahin „abgeändert“, dass es den Angekl. zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt hat. Gegen das Berufungsurteil wendet sich die StA mit ihrer „auf den Rechtsfolgenausspruch“ beschränkten Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel erwies sich als erfolgreich.

Gründe

I.

Die zulässige, ausweislich der Revisionsbegründung der StA im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs über diesen hinaus wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs in dem von der Revision verfolgten Umfang.

[2 ] 1. Die Verurteilung des Angekl. zu einer Geldstrafe hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[3 ] a) Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters, weil nur er in der Lage ist, sich aufgrund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen. Ihm obliegt deshalb auch die Entscheidung darüber, ob besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe i. S. v. § 47 I StGB zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Die Höhe der vom Tatrichter für den konkreten Fall bestimmten Strafe kann vom Revisionsgericht anhand der im Urteil dargelegten Umstände deshalb nicht ohne weiteres nachgeprüft werden. Bei der Gewichtung der einzelnen Umstände spielen vielmehr die aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung und dem Eindruck von der Persönlichkeit des Angekl. gewonnenen Eindrücke eine Rolle, die sich einer exakten Richtigkeitskontrolle entziehen und schon deshalb eine volle Nachprüfung des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht ausschließen.

[4 ] b) Das Revisionsgericht hat auf die Sachrüge jedoch zu überprüfen und gegebenenfalls einzugreifen, wenn bei der Entscheidung Rechtsfehler unterlaufen sind, etwa weil das Tatgericht einschlägige Rechtsbegriffe verkannt hat, von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Strafzumessungserwägungen unvollständig, in sich widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft sind, insbesondere rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Acht gelassen wurden, oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit nach oben oder unten inhaltlich löst, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Schuld und Strafe besteht. Denn in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ i. S. d. § 337 StPO vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (vgl. grundlegend BGHSt 34, 345 = NJW 1987, 3014 = wistra 1987, 287 = StV 1987, 337 sowie zuletzt Senatsurteil vom 24.09.2014 - 3 Ss 94/14 [bei juris] = BeckRS 2014, 19902).

[5 ] 2. Auch bei Berücksichtigung der nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.

[6 ] a) Das LG gelangt zwar, wenn auch mit nur sehr knappen Erwägungen, im Hinblick auf die mehrfachen einschlägigen Vorstrafen des Angekl. zu dem Ergebnis, dass die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unerlässlich i. S. d. § 47 I StGB sei. Es meint aber, gegen die Verhängung einer Freiheitsstrafe spreche das „Übermaßverbot“. Denn „würde es bei der unbedingten Verurteilung des Erstgerichts […] verbleiben, hätte dies zur Folge, dass der Angeklagte sowohl die verhängte Freiheitsstrafe von 4 Monaten als auch die zu widerrufende Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten verbüßen müsste“. Stelle „man daher die Umstände der Tat und die Folgen, die eine oben angesprochene Verurteilung hätte, gegenüber, wäre der Grundsatz des Übermaßverbotes verletzt“.

[7 ] b) Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft.

[8 ] aa) Das LG vermengt in rechtfehlerhafter Weise die Entscheidung über die Verhängung einer von ihm selbst als unerlässlich angesehenen ‚kurzen’ Freiheitsstrafe unter 6 Monaten wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 47 I StGB mit der Frage, welche Folgewirkungen hieraus gegebenenfalls für den Fortbestand einer Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung hinsichtlich früherer Freiheitsstrafen resultieren könnten.

[9 ] bb) Ferner ist der Rekurs des LG auf das Übermaßverbot mit § 47 I StGB unvereinbar. Denn dabei wird übersehen, dass die Regelung des § 47 I StGB eine speziell auf die Frage der Anordnungsvoraussetzungen für die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen zugeschnittene einfach-gesetzliche Konkretisierung des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes darstellt, so dass bei der Frage, ob eine kurzfristige Freiheitsstrafe zu verhängen ist, im Falle der Bejahung ihrer Unerlässlichkeit für darüber hinausgehende Verhältnismäßigkeitserwägungen weder Raum noch Notwendigkeit besteht, was sich ohne weiteres aus den Zweck des § 47 StGB erschließt.

[10 ] (a) Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen erfolgen. Sie kommt demgemäß nur in Betracht, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände als unerlässlich erweist. Unerlässlich zur Einwirkung auf den Täter ist eine kurze Freiheitsstrafe jedenfalls dann, wenn auf sie nicht verzichtet werden kann, weil jedes andere im konkreten Fall zulässige Reaktionsmittel, namentlich eine hohe, aber noch schuldangemessene Geldstrafe, die erforderliche Spezialprävention voraussichtlich nicht gewährleistet (vgl. nur BGHR StGB § 47 I Umstände 6 und 7).

[11 ] (b) Die Argumentation des LG, welches explizit vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 47 I StGB ausgeht, die Verhängung einer Freiheitsstrafe aber gleichwohl unter Berufung auf das Übermaßverbot ablehnt, ist daher in sich widersprüchlich. Hinzu kommt, dass das angefochtene Urteil gerade keine erfolgversprechenden Alternativen zur Freiheitsstrafe aufzeigt. Vielmehr fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass bei dem bislang selbst durch die Verhängung von Freiheitsstrafen unbeeinflussbaren Angekl. die erforderliche spezialpräventive Wirkung allein durch eine Geldstrafe erzielt werden könnte.

[12 ] 3. Nach alledem kann das angefochtene Urteil im Geldstrafenausspruch keinen Bestand haben. Darüber, ob die vom LG festgesetzte Geldstrafe hier auch deshalb aufzuheben wäre, weil sie sich nach den Gesamtumständen, insbesondere der Vorstrafen- und Bewährungssituation als unvertretbar niedrig erweist und sich damit nach unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. hierzu zuletzt Senatsurteil vom 24.09.2014 - 3 Ss 94/14 [bei juris] = BeckRS 2014, 19902), braucht der Senat nicht mehr zu befinden.

II.

[13 ] Die aufgrund der aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mängel begründete Revision der StA führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die gegen den Angekl. festgesetzte Geldstrafe mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 StPO). In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen (§ 354 II 1 StPO), die auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird. [...]

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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

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Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 24. Sept. 2014 - 3 Ss 94/14

bei uns veröffentlicht am 24.09.2014

Tatbestand Das AG verurteilte den Angekl. wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten. Auf seine hiergegen eingelegte Berufung änderte das LG das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es den Angekl. zu einer Geldstrafe v

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Tatbestand

Das AG verurteilte den Angekl. wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten. Auf seine hiergegen eingelegte Berufung änderte das LG das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es den Angekl. zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilte. Nach den Feststellungen und Wertungen des LG richtete der vielfach (auch) zu langjährigen Freiheitsstrafen vorbestrafte Angekl., nachdem er aufgrund eines Haftbefehls zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe festgenommen und inhaftiert worden war, an die zuständige Vollstreckungsrechtspflegerin der StA ein Schreiben, in welchem er sich über seine Festnahme und Inhaftierung mokierte. Das Schreiben schloss mit den Worten: „Im Übrigen wollte ich noch mitteilen, dass bei uns im Moment die DUSCHLampe kaputt ist, aber ich gehe von einer baldigen Reparatur aus ...“. Das LG hat die Äußerung des Angekl. dahingehend gewertet, dass er die Rechtspflegerin als „Du Schlampe“ titulieren wollte. Gegen das Berufungsurteil wenden sich der Angekl. und die StA mit ihrer jeweils mit der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision, letztere beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch. Während das Rechtsmittel des Angekl. ohne Erfolg blieb, führte die Revision der StA zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung an eine andere Strafkammer des LG.

Gründe

I.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision des Angekl. hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. ergeben. Der rechtsfehlerfrei getroffene Schuldspruch wird von den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil getragen. Der Angekl. kann sich auch nicht darauf berufen, dass seine Tat in Ausübung der Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) gerechtfertigt sei. Bei der inkriminierten Äußerung handelt es sich um eine reine Schmähung in Form einer Formalbeleidigung, bei der die Meinungsfreiheit von vornherein zurückzutreten hat (vgl. nur BVerfGE 99, 185 = NJW 1999, 1322 m. w. N.). Auch der Rechtsfolgenausspruch weist keinen den Angekl. beschwerenden Rechtsfehler auf.

II.

Dagegen ist die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der StA auf die Sachrüge hin begründet. Die Festsetzung der Strafe weist durchgreifende Rechtsfehler auf.

1. Die Strafzumessung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ i. S. d. § 337 StPO vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (vgl. grundlegend BGHSt 34, 345 = NJW 1987, 3014 = wistra 1987, 287 = StV 1987, 337).

2. Auch unter Berücksichtigung der aus den genannten Gründen nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.

a) Zum einen zieht die Berufungskammer bei der Strafzumessung zugunsten des Angekl. Umstände heran, denen keine für die Schuld des Angekl. maßgebliche Bedeutung zukommt.

aa) So ist es bereits rechtsfehlerhaft, soweit das LG zugunsten des Angekl. berücksichtigt, dass er sich bei der Verletzten mit Schreiben vom 23.08.2012 entschuldigt habe. Zwar kann eine Entschuldigung beim Tatopfer durchaus für die Strafzumessung von Bedeutung sein. Im vorliegenden Fall war es nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil jedoch so, dass der Angekl. mit weiterem Schreiben vom 06.10.2012 gegenüber der Verletzten geäußert hat, dass „sich sein Entschuldigungsschreiben lediglich auf das ‚Sehr geehrte‘ bezogen“ habe. Damit hat der Angekl. seine ursprüngliche Entschuldigung nicht nur vollends zurückgenommen, was das LG zu Unrecht als bloße „Relativierung“ einstuft, sondern obendrein einen erneuten Angriff auf den Achtungsanspruch der Verletzten unternommen. Eine strafmildernde Bedeutung kann damit der ursprünglichen, vom Angekl. selbst wieder zurückgenommenen ‚Entschuldigung‘ nicht mehr beigemessen werden.

bb) Ferner hat das LG eine „nachvollziehbare Verärgerung“ des Angekl. angenommen und zu seinen Gunsten bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass er sich „ungerecht behandelt gefühlt“ habe. Auch diesem Gesichtspunkt hätte schon deshalb keine relevante Bedeutung beigemessen werden dürfen, weil ein Zusammenhang mit der Person der Verletzten nicht bestand, zumal nach den Urteilsgründen gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese einen „nachvollziehbaren Anlass“ für die Verärgerung des Angeklagten gegeben hatte.

cc) Ebenfalls nicht plausibel sind die Strafzumessungserwägungen im angefochtenen Urteil, soweit dort der Umstand, dass der Angekl. im vorliegenden Verfahren „mehr als 100 Tage“ im Hinblick auf die Verschubung „nach den Bedingungen eines Untersuchungshäftlings und nicht nach denen eines Strafgefangenen untergebracht war“, zu seinen Gunsten berücksichtigt wurde. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern dies eine besondere, den Angekl. belastende Tatsache darstellen sollte, die im Rahmen der Strafzumessung für ihn sprechen könnte.

b) Zum anderen ist [...] die verhängte Geldstrafe aber auch deswegen rechtsfehlerhaft, weil es sich dabei um eine unvertretbar milde Strafe handelt, die ihre Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nicht erfüllt. Es handelt sich vielmehr um eine derart milde Strafe, die bei zutreffender Gewichtung der im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden gravierenden Strafverschärfungsgründe unter keinen Umständen mehr vertretbar ist. Sie steht in keinem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt und zum Grad der persönlichen Schuld des Angekl. und unterschreitet somit den dem Tatrichter bei der Strafzumessung eingeräumten Spielraum (vgl. hierzu nur BGHSt 24, 132; NJW 1977, 1247). Die von der Strafkammer verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen orientiert sich innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens des § 185 StGB am unteren Ende und damit in einem Bereich, der an sich für einen nicht oder nur geringfügig vorbestraften Täter, der Schuldeinsicht und Reue erkennen lässt, als angemessen erscheint. Zwar hat das LG im Zusammenhang mit den gegen den Angekl. sprechenden Gesichtspunkten dessen Vorleben, insbesondere seine zahlreichen Vorstrafen, erwähnt. Die Strafkammer hat aber keine entsprechende Gewichtung vorgenommen und aus dem Vorleben nicht die gebotenen Schlüsse gezogen. Denn andernfalls ist es nicht zu erklären, weshalb das LG von der Verhängung einer Freiheitsstrafe abgesehen und stattdessen nur eine - überdies - außerordentlich milde Geldstrafe ausgesprochen hat. Der Angekl. musste seit dem Jahr 1989, und zwar schon als Jugendlicher, immer wieder wegen der Begehung verschiedenster Straftaten strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Bewährungschancen hat er häufig nicht genutzt, vielmehr kam es in einer großen Anzahl von Fällen zum Bewährungswiderruf. Weder Geldstrafen noch die Verhängung von Freiheitsstrafen konnten ihn auf den rechten Weg führen. Selbst (zusammengerechnet) langjähriger Strafvollzug hatte keinen läuternden Einfluss auf ihn. Die verfahrensgegenständliche Tat wurde überdies aus der Haft heraus begangen. Bei dieser Situation ist ersichtlich, dass das LG nicht nur eine unvertretbar milde Strafe verhängt, sondern zudem fehlerhaft die Voraussetzungen des § 47 I StGB verneint hat. Denn bei Berücksichtigung der genannten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass der Angekl. sich bislang durch die Vorstrafen völlig unbeeindruckt gezeigt hat, ist die Annahme des LG, es lägen keine besonderen Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Angekl. vor, welche die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf diesen oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen, schlechterdings nicht mehr verständlich. Gerade unter spezialpräventiven Gesichtspunkten ist die Annahme, der Angekl. könnte nunmehr durch eine (geringfügig bemessende) Geldstrafe auf den rechten Weg geführt werden, unter keinen Umständen berechtigt. [...]

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

Tatbestand

Das AG verurteilte den Angekl. wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten. Auf seine hiergegen eingelegte Berufung änderte das LG das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es den Angekl. zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilte. Nach den Feststellungen und Wertungen des LG richtete der vielfach (auch) zu langjährigen Freiheitsstrafen vorbestrafte Angekl., nachdem er aufgrund eines Haftbefehls zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe festgenommen und inhaftiert worden war, an die zuständige Vollstreckungsrechtspflegerin der StA ein Schreiben, in welchem er sich über seine Festnahme und Inhaftierung mokierte. Das Schreiben schloss mit den Worten: „Im Übrigen wollte ich noch mitteilen, dass bei uns im Moment die DUSCHLampe kaputt ist, aber ich gehe von einer baldigen Reparatur aus ...“. Das LG hat die Äußerung des Angekl. dahingehend gewertet, dass er die Rechtspflegerin als „Du Schlampe“ titulieren wollte. Gegen das Berufungsurteil wenden sich der Angekl. und die StA mit ihrer jeweils mit der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision, letztere beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch. Während das Rechtsmittel des Angekl. ohne Erfolg blieb, führte die Revision der StA zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung an eine andere Strafkammer des LG.

Gründe

I.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision des Angekl. hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. ergeben. Der rechtsfehlerfrei getroffene Schuldspruch wird von den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil getragen. Der Angekl. kann sich auch nicht darauf berufen, dass seine Tat in Ausübung der Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) gerechtfertigt sei. Bei der inkriminierten Äußerung handelt es sich um eine reine Schmähung in Form einer Formalbeleidigung, bei der die Meinungsfreiheit von vornherein zurückzutreten hat (vgl. nur BVerfGE 99, 185 = NJW 1999, 1322 m. w. N.). Auch der Rechtsfolgenausspruch weist keinen den Angekl. beschwerenden Rechtsfehler auf.

II.

Dagegen ist die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der StA auf die Sachrüge hin begründet. Die Festsetzung der Strafe weist durchgreifende Rechtsfehler auf.

1. Die Strafzumessung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ i. S. d. § 337 StPO vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (vgl. grundlegend BGHSt 34, 345 = NJW 1987, 3014 = wistra 1987, 287 = StV 1987, 337).

2. Auch unter Berücksichtigung der aus den genannten Gründen nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.

a) Zum einen zieht die Berufungskammer bei der Strafzumessung zugunsten des Angekl. Umstände heran, denen keine für die Schuld des Angekl. maßgebliche Bedeutung zukommt.

aa) So ist es bereits rechtsfehlerhaft, soweit das LG zugunsten des Angekl. berücksichtigt, dass er sich bei der Verletzten mit Schreiben vom 23.08.2012 entschuldigt habe. Zwar kann eine Entschuldigung beim Tatopfer durchaus für die Strafzumessung von Bedeutung sein. Im vorliegenden Fall war es nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil jedoch so, dass der Angekl. mit weiterem Schreiben vom 06.10.2012 gegenüber der Verletzten geäußert hat, dass „sich sein Entschuldigungsschreiben lediglich auf das ‚Sehr geehrte‘ bezogen“ habe. Damit hat der Angekl. seine ursprüngliche Entschuldigung nicht nur vollends zurückgenommen, was das LG zu Unrecht als bloße „Relativierung“ einstuft, sondern obendrein einen erneuten Angriff auf den Achtungsanspruch der Verletzten unternommen. Eine strafmildernde Bedeutung kann damit der ursprünglichen, vom Angekl. selbst wieder zurückgenommenen ‚Entschuldigung‘ nicht mehr beigemessen werden.

bb) Ferner hat das LG eine „nachvollziehbare Verärgerung“ des Angekl. angenommen und zu seinen Gunsten bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass er sich „ungerecht behandelt gefühlt“ habe. Auch diesem Gesichtspunkt hätte schon deshalb keine relevante Bedeutung beigemessen werden dürfen, weil ein Zusammenhang mit der Person der Verletzten nicht bestand, zumal nach den Urteilsgründen gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese einen „nachvollziehbaren Anlass“ für die Verärgerung des Angeklagten gegeben hatte.

cc) Ebenfalls nicht plausibel sind die Strafzumessungserwägungen im angefochtenen Urteil, soweit dort der Umstand, dass der Angekl. im vorliegenden Verfahren „mehr als 100 Tage“ im Hinblick auf die Verschubung „nach den Bedingungen eines Untersuchungshäftlings und nicht nach denen eines Strafgefangenen untergebracht war“, zu seinen Gunsten berücksichtigt wurde. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern dies eine besondere, den Angekl. belastende Tatsache darstellen sollte, die im Rahmen der Strafzumessung für ihn sprechen könnte.

b) Zum anderen ist [...] die verhängte Geldstrafe aber auch deswegen rechtsfehlerhaft, weil es sich dabei um eine unvertretbar milde Strafe handelt, die ihre Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nicht erfüllt. Es handelt sich vielmehr um eine derart milde Strafe, die bei zutreffender Gewichtung der im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden gravierenden Strafverschärfungsgründe unter keinen Umständen mehr vertretbar ist. Sie steht in keinem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt und zum Grad der persönlichen Schuld des Angekl. und unterschreitet somit den dem Tatrichter bei der Strafzumessung eingeräumten Spielraum (vgl. hierzu nur BGHSt 24, 132; NJW 1977, 1247). Die von der Strafkammer verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen orientiert sich innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens des § 185 StGB am unteren Ende und damit in einem Bereich, der an sich für einen nicht oder nur geringfügig vorbestraften Täter, der Schuldeinsicht und Reue erkennen lässt, als angemessen erscheint. Zwar hat das LG im Zusammenhang mit den gegen den Angekl. sprechenden Gesichtspunkten dessen Vorleben, insbesondere seine zahlreichen Vorstrafen, erwähnt. Die Strafkammer hat aber keine entsprechende Gewichtung vorgenommen und aus dem Vorleben nicht die gebotenen Schlüsse gezogen. Denn andernfalls ist es nicht zu erklären, weshalb das LG von der Verhängung einer Freiheitsstrafe abgesehen und stattdessen nur eine - überdies - außerordentlich milde Geldstrafe ausgesprochen hat. Der Angekl. musste seit dem Jahr 1989, und zwar schon als Jugendlicher, immer wieder wegen der Begehung verschiedenster Straftaten strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Bewährungschancen hat er häufig nicht genutzt, vielmehr kam es in einer großen Anzahl von Fällen zum Bewährungswiderruf. Weder Geldstrafen noch die Verhängung von Freiheitsstrafen konnten ihn auf den rechten Weg führen. Selbst (zusammengerechnet) langjähriger Strafvollzug hatte keinen läuternden Einfluss auf ihn. Die verfahrensgegenständliche Tat wurde überdies aus der Haft heraus begangen. Bei dieser Situation ist ersichtlich, dass das LG nicht nur eine unvertretbar milde Strafe verhängt, sondern zudem fehlerhaft die Voraussetzungen des § 47 I StGB verneint hat. Denn bei Berücksichtigung der genannten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass der Angekl. sich bislang durch die Vorstrafen völlig unbeeindruckt gezeigt hat, ist die Annahme des LG, es lägen keine besonderen Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Angekl. vor, welche die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf diesen oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen, schlechterdings nicht mehr verständlich. Gerade unter spezialpräventiven Gesichtspunkten ist die Annahme, der Angekl. könnte nunmehr durch eine (geringfügig bemessende) Geldstrafe auf den rechten Weg geführt werden, unter keinen Umständen berechtigt. [...]

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.