Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 27. Okt. 2014 - 4 U 191/13

published on 27/10/2014 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 27. Okt. 2014 - 4 U 191/13
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Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 4 U 191/13

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 27.10.2014

14 O 66/13 LG Würzburg

..., JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 4. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2014 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 28.11.2013 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Zeichnung von zwei Kapitalanlagen auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger und seine damalige Ehefrau erklärten am 03.12.1996 den Beitritt als Kommanditisten zu dem geschlossenen Immobilienfonds „A. Fonds KG“, und zwar mit einer Beteiligungssumme von 50.000,--DM. Die Anlage war ihnen zuvor von dem Mitarbeiter der Beklagten C.O. vorgestellt worden. Der Kommanditanteil wurde im Dezember 1999 auf den Kläger allein übertragen.

Am 10.09.1998 beteiligte sich der Kläger mit einem weiteren Betrag von 30.000,-- DM an dem geschlossenen Immobilienfonds B. GbR. Auch diese Anlagemöglichkeit war ihm zuvor von C.O. vorgestellt worden.

Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2011 beantragte er bei der staatlich anerkannten Gütestelle Rechtsanwalt R., ..., die Einleitung des Güteverfahrens gegen die Beklagte. Der Güteantrag hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:

„Die Antragstellerpartei macht Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund sind die Beteiligungen der Antragstellerpartei am A. Fonds, KG und Immobilienfonds B. GbR. Die Antragstellerpartei erwarb Anteile an diesen geschlossenen Immobilienfonds. Die Antragstellerpartei hat Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als habe sie die Beteiligungen nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei diesen Beteiligungen als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung der Antragstellerpartei wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen.

Der Antragstellerpartei wurden die oben genannten Immobilienfonds vorgestellt und ihr suggeriert, es handele sich um sichere und gewinnbringende Anlagen. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesen Immobilienfonds. Auch die Verwendung der Prospekte im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da die Prospekte selbst keine ausreichenden Risikohinweise hatten.

Die Emissionsprospekte zu den gegenständlichen Fondsbeteiligungen sind in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat ...

Darüber hinaus wurde die Antragstellerpartei von der Antragsgegnerin auch nicht darüber ausgeführt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat ...

Die Antragstellerpartei strebt eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an ...“ Die Klägervertreter hatten zeitgleich eine Vielzahl - mehrere tausend - inhaltlich ähnlicher

Güteanträge gegen die Beklagte und andere Anlageberater bzw. -vermittler bei derselben Gütestelle eingereicht. Bei der Bearbeitung kam es auch deswegen zu Verzögerungen und der streitgegenständliche Antrag wurde der Beklagten erst am 03. Mai 2012 zugestellt. Mit Schreiben vom 20.07.2012 stellte die Gütestelle das Scheitern des Güteverfahrens fest. Die Klage ging am 14.01.2013 bei Gericht ein.

Der Kläger rügt eine unzureichende Aufklärung über die Beteiligungen durch den Vermittler, insbesondere zu den Risiken, sowie Prospektfehler. Wegen der Einzelheiten seiner Rügen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger forderte erstinstanzlich von der Beklagten - Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen - Zahlung von 30.364,35 € wegen der Beteiligung am A. Fonds. Wegen seiner Beteiligung am B. Fonds forderte er Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile Zahlung von 10.100,50 € sowie Freistellung von Darlehensverpflichtungen über 15.000,--€. Wegen der Einzelheiten seiner Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt. Die absolute Verjährung sei mit Ablauf des 31.12.2011 eingetreten. Der Güteantrag vom 22.12.2011 habe die Verjährung nicht nach § 204 I Nr. 4 BGB hemmen können, weil der streitgegenständliche Güteantrag nicht den inhaltlichen Anforderungen entspreche. Die Verjährung laufe für jede Pflichtverletzung gesondert, d. h. es hätte jeder Beratungsfehler hinreichend genau bezeichnet sein müssen. Parallel zum Mahnantrag im Güteverfahren sei zu fordern, dass der geltend gemachte Anspruch von anderen Ansprüchen unterschieden und abgegrenzt werden könne. Die gezeichneten Anlagen seien hier aber nur ungenügend bezeichnet. Pflichtverletzungen seien nur pauschal behauptet („fehlerhafte Anlageberatung“). Dies gelte auch für die angesprochenen Provisionen, über die aber auch unabhängig von der Frage der Verjährung nicht aufzuklären gewesen wäre. Der Anspruch sei nicht beziffert worden, obwohl nach der Verfahrensordnung die Benennung „des Begehrens“ erforderlich gewesen wäre. Zu berücksichtigen sei dabei, dass es sich um lange zurückliegende Anlagen handele. Der Berater sei im Antrag nicht namentlich genannt, was den Einwand der Beklagten nachvollziehen ließe, der Antrag sei bei ihr nicht zuzuordnen gewesen.

Der Kläger verfolgt seine Schadensersatzansprüche in Ziffer I - III, V und VI (siehe Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 5) mit seinen Berufungsanträgen weiter. Soweit er erstinstanzlich auch Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten (Ziff. IV seines Antrags) verlangt hatte, hat er sein Rechtsmittel in der Sitzung vom 27.10.2014 zurückgenommen.

Er hält an den erstinstanzlich behaupteten Aufklärungsfehlern ebenso vollumfänglich fest, wie an seiner Rechtsmeinung, dass seine daraus resultierenden Schadensersatzansprüche nicht verjährt seien.

Zur Frage der Verjährung beruft er sich auch auf inzwischen erteilte Hinweise und erlassene Urteile u. a. der Oberlandesgerichte Stuttgart und Nürnberg in Parallelverfahren und weist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Streitgegenstand und der Reichweite der Rechtskraft bei Anlageberatungsfällen hin (Urt. v. 22.10.2013 - XI ZR 42/12). Danach müsse nicht der einzelne materielle Anspruch, sondern nur der (prozessuale) Streitgegenstand dargestellt werden. Die Verfahrensordnung der Gütestelle weise zudem

nur auf § 130 Nr. 1, nicht aber auf § 130 Nr. 2 ZPO hin. Die Beklagte habe den Güteantrag auch ohne weiteres zuordnen können.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie beruft sich ihrerseits auf inzwischen erlassene Entscheidungen in Parallelverfahren, insbesondere der Oberlandesgerichte Bamberg, Hamm und München. Sie meint weiterhin, die Zustellung des Güteantrags sei nicht „demnächst“ erfolgt. Es reiche nicht aus, dass sich auf Klägerseite pauschal auf eine Arbeitsüberlastung des Mediators berufe. Die Klägervertreter hätten die Gütestelle mit Anträgen zum Jahresende „überschwemmt“. Der Kläger hätte zudem beizeiten nachfragen müssen. Neu trägt die Beklagte vor, dass sich die Zustellung auch deswegen um etwa einen Monat verzögert hätte, weil dem Antrag des Klägers nicht die notwendigen Abschriften beigefügt gewesen seien.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger kann - eine fehlerhafte Anlageberatung unterstellt - schon deswegen keine Ansprüche auf Schadensersatz mehr durchsetzen (§ 214 I BGB), weil etwaige Ansprüche vor Klageerhebung verjährt wären. Im Einzelnen:

1. Das Landgericht geht zum einen zu Recht davon aus, dass der Kläger eine Aufklärungspflichtverletzung wegen erhaltener Provisionen/Rückvergütungen schon nicht schlüssig dargetan hat. Die Beklagte hatte sich bereits erstinstanzlich wiederholt darauf berufen, dass überhaupt keine Rückvergütungen an sie geflossen seien und dass sie nur Vermittlungsprovisionen deutlich unter 15% erhalten habe. Dem ist der Kläger weder ausreichend substantiiert noch unter Beweisantritt entgegengetreten.

2. Ansprüche auf Schadensersatz wegen aller im Übrigen in Betracht kommenden Pflichtverletzungen wären verjährt.

a) Der Kläger zeichnete die streitgegenständlichen Anlagen im Dezember 1996 und September 1998. Ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages unterlag der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuches von 30 Jahren. Nach der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 6 I i. V. m. IV 4 EGBGB sind aber ab dem 01.01.2002 auch auf an diesem Tag bestehende und noch nicht verjährte Ansprüche die Regelungen des BGB in der neuen Fassung anwendbar. Inzwischen gilt eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§ 195, 199 I BGB) und eine kenntnisunabhängige Höchstfrist von 10 Jahren, § 199 III S. 1 Nr. 1, S. 2 BGB.

b) Ein kenntnisabhängiger Beginn der Verjährung vor dem Jahr 2010 wird von der Beklagten nicht schlüssig dargetan. Ihr Vorbringen ist nicht geeignet, für die noch im Raum stehenden Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen eine Kenntnis oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers zu begründen. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 I Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbstständig zu behandeln (BGH Urt. v. 22.09.2011- III ZR 186/10 Rn. 9).

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung der Kenntnis im Wesentlichen auf Schreiben und Geschäftsberichte der Fondsgesellschaften (Anlagen CBH 3 - 6), aus denen sich aber keine ausreichend deutlichen Hinweise auf die Verwirklichung konkreter Risiken ergeben. Im Übrigen behauptet sie nur pauschal, dass der Kläger spätestens zum 31.12.2007 Kenntnis davon erlangt habe, dass er eine unternehmerische Beteiligung mit entsprechenden Risiken (z. B. Totalverlustrisiko, mangelnden Fungibilität, persönliche Haftung) gezeichnet habe, ohne die konkreten Gründe für eine der Zeichnung nachfolgende Kenntniserlangung näher darzulegen.

Ein kenntnisabhängiger Beginn ließe sich nur hinsichtlich der eingeschränkten Fungibilität und dem Wiederaufleben der Haftung aus den Angaben des Klägers selbst herleiten. Er hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am 24.10.2013 angegeben, dass er sich vor etwa 3 Jahren erkundigt habe, ob er die Beteiligungen verkaufen könne. Er habe darauf mitbekommen, dass man für diese „praktisch nichts mehr kriege“. Wegen des B. - Fonds sei er aufgefordert worden, Ausschüttungen zurückzuzahlen.

Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen. Eine erst im Jahr 2010 erlangte Kenntnis hätte nicht mehr den Lauf einer (vollen) dreijährigen Verjährungsfrist auslösen können, weil zum 31.12.2011 die absolute Verjährung eingetreten ist.

c) Die kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist gemäß § 199 III S. 1 Nr. 1, S. 2 BGB ist mit Ablauf des 31.12.2011 verstrichen und konnte durch Erhebung der Klage am 14.01.2013 nicht mehr gehemmt werden.

Diese Verjährungshöchstfrist wurde nicht durch den Güteantrag, der am 28.12.2011 bei der Gütestelle einging, gehemmt (§ 204 I Nr. 4 BGB i. V. m. § 167 ZPO).

aa) Eine Hemmung der Verjährung scheitert zwar nicht an einer verspäteten Zustellung des Güteantrags.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Bekanntgabe „demnächst“ im Sinne des § 204 I Nr. 4 BGB veranlasst worden ist, kann auf die zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Verzögerungen bei der Bekanntgabe des Güteantrags, die auf einer Arbeitsüberlastung der Gütestelle beruhen, sind dem Antragsteller nach diesem Maßstab grundsätzlich nicht zuzurechnen (BGHZ 182, 284-292).

Auf eine zusätzliche Verzögerung wegen (angeblich) fehlender Abschriften kann hier nicht mehr abgestellt werden. Das entsprechende Vorbringen der Beklagten ist verspätet. Sie hat erstmals im Berufungsverfahren die streitige Behauptung aufgestellt, dass die Abschriften gefehlt hätten, ohne einen Grund vorzutragen, der dieses nachträgliche Vorbringen in zweiter Instanz entschuldigen würde (§§ 529 I, 531 II ZPO). Es handelt sich auch nicht um eine bloße Konkretisierung des bisherigen Vorbringens, sondern um eine völlig neue Tatsachenbehauptung.

bb) Allerdings kann nur ein Güteantrag die Verjährung hemmen, der die formalen

Anforderungen erfüllt, die von der für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden ( BGH Urt. v. 22.02.2008 - V ZR 86/07 Rn. 10 m. w. N.) und der insbesondere den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnet (siehe hierzu BGHZ 182, 284 ff, Rn. 13 zit. nach Juris). Dies ist hier nicht der Fall. Der Güteantrag ist nicht nur unzulässig oder unbegründet, sondern ist - unterhalb dieser Grenze - bereits unwirksam, und damit nicht geeignet, eine Hemmung herbeizuführen.

(1) Nach § 5 des hier einschlägigen SchlG des Landes Baden-Württemberg und der insoweit identischen Verfahrensordnung der Gütestelle (§ 3 Satz 2) hat der Güteantrag den Namen und die ladungsfähige Anschrift der Parteien, eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens zu enthalten und muss vom Antragsteller oder ihrem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Nach der Verfahrensordnung der Gütestelle gilt ergänzend § 130 Nr. 1 ZPO.

Aus diesen Vorgaben lässt sich zwar nicht herleiten, dass etwa ein förmlicher Antrag gleich einem Klageantrag nach §§ 130 Nr. 2, 253 I Nr. 2 ZPO zu stellen wäre, aber es muss immerhin über die Regelung des § 130 Nr. 1 ZPO hinaus das Begehren des Antragstellers mitgeteilt werden.

Ein Güteantrag muss zwar - ähnlich der Klage und dem Mahnantrag - nicht zulässig und begründet sein, um die Verjährung zu hemmen. Es reicht vielmehr aus, wenn er den verfolgten Anspruch hinreichend genau bezeichnet (Staudinger - Peters/Jacob, BGB, Stand 2009, § 204 Rdn. 61). Hierzu genügt es nach Auffassung des Senats aber nicht, pauschal - wie hier - die Forderung aufzustellen, den Kläger so zu stellen, als habe er die Anlage nicht gezeichnet. Erforderlich wäre vielmehr die Nennung einer bestimmten (bezifferten) Größenordnung der Forderung gewesen (so auch OLG Bamberg Hinweisbeschl. v. 03.04.2014 - 3 U 239/13; Urt. v. 21.05.2014 - 3 U 205/13; OLG Hamm, Hinweisbeschl. I- 34 U 113/13 S. m. w. N.; OLG München, Urt. v. 06.11.2013 - 20 U 2064/13 Rdn. 3; OLG Frankfurt Urt. v. 16.07.2014 - 19 U 2/14 Rn. 29 - str.). Ist „das Begehren“ der Höhe nach nicht ansatzweise zu bestimmen, liegt eine Situation vergleichbar der eines der Höhe nach unbestimmten Zahlungsantrags in einer Klage vor. Ein solcher kann, um zumindest die Zulässigkeitsgrenze der Klage zu überschreiten, nur genügen, wenn er nicht nur die Richtung, sondern auch den Umfang des klägerischen Begehrens erkennen lässt. Hier verläuft die Grenze zwischen einer unzulässigen (aber verjährungshemmenden) Klage zur unwirksamen Klage (vgl. hierzu Staudinger - Peters/Jacob, BGB, Stand 2009 § 204 Rdn. 30).

Die Benennung des Begehrens, d. h. die Äußerung einer konkreten Vorstellung des Klägers auch über die Höhe des behaupteten Schadensersatzanspruchs, verfolgt zwei Zielrichtungen. Zum einen muss der Gegner abschätzen können, welche Forderungen auf ihn zukommen, um sachgerecht abwägen und entscheiden zu können, ob er sich auf ein Güteverfahren überhaupt einlässt. Sein Bereitschaft mag von vorneherein von der Höhe des Zahlungsverlangens abhängig sein. Zudem müssen aber auch dem Mediator Mittel an die Hand gegeben werden, überhaupt sachgerecht Güteverhandlungen einzuleiten und ggf. einen sachdienlichen Vorschlag unterbreiten zu können.

Der Kläger hat es hier versäumt, sein Begehren entsprechend darzustellen. Dem Güteantrag ist nicht ansatzweise zu entnehmen, welche Forderung er der Höhe nach verfolgt. Er hat schon die Anlagesumme nicht mitgeteilt, so dass aus dem Antrag selbst nicht einmal eine grobe Größenordnung seiner Forderung abzuschätzen war. Unabhängig davon entspricht die Anlagesumme auch nicht zwingend dem Schaden. Zu berücksichtigen können neben weiteren Schäden (Zinsverluste; gezahlte Darlehenszinsen) auch aus der Anlage erlangte Vorteile sein, für die eine Anrechnung in Frage kommt. Der Beklagten wäre es hier bei einem derart vage beschriebenen und unbestimmten Verlangen nur aufgrund eigener Recherchen möglich, sich eine ungefähre Vorstellung von der Größenordnung des klägerischen Begehrens zu verschaffen, und dies auch nur, wenn sie trotz des langen Zeitablaufs seit der Zeichnung und dem Ablauf der Aufbewahrungsfristen überhaupt noch über geeignete Unterlagen verfügt.

(2) Unabhängig davon muss der Gegenstand des Verfahrens derart klar eingegrenzt sein, dass zu erkennen ist, auf welchen Lebenssachverhalt sich das Güteverfahren und das Begehren beziehen und auf den sich ggf. auch eine gütliche Einigung erstreckt. Der Umfang der Hemmung - wie ggf. auch die Reichweite einer gütlichen Einigung - wird durch den Streitgegenstand des Güteverfahrens bestimmt. Der Sachverhalt muss, vergleichbar den an einen Mahnantrag zu stellenden Anforderungen, hinreichend individualisiert sein (vgl. hierzu OLG Frankfurt Urt. v. 16.07.2014 - 19 U 2/14 Rn. 20ff m. w. N.). Durch die Verwendung eines - wie hier - standardisierten Antrags („Textbaustein“), der darauf zugeschnitten ist, für eine Vielzahl unterschiedlich gelagerter Fälle Verwendung zu finden und deswegen weitgehend von der Nennung einzelfallbezogener Zahlen, Daten und sonstiger Fakten absieht, wird der Lebenssachverhalt nicht hinreichend in diesem Sinne individualisiert. Der Beklagten wurde mit dem Antrag nicht mehr als der Name des Anlegers und die gezeichnete Anlage an die Hand gegeben. Dabei wurden die ursprünglichen Anleger des A. Fonds nicht einmal vollständig benannt. Diese Anlage hatte der Kläger 1996 nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Ehefrau gezeichnet. Es werden in dem Güteantrag weder der Zeitpunkt der Anlage, noch die Anlagesumme oder der damals der tätige Vermittler genannt. Es wird weder mitgeteilt, ob und ggf. wann ein Beratungsgespräch geführt wurde, und auf welcher Grundlage dieses erfolgt wäre. Es wird nur allgemein der Hinweis gegeben, dass auch die Verwendung des Prospekts im Beratungsgespräch nicht zu einer umfassenden Aufklärung hätte führen können.

(3) Ob über die Nennung der groben Zielrichtung der erhobenen Vorwürfe ( hier: nicht erläuterte Risiken und Nachteile, Prospektfehler, keine Aufklärung über Provisionen/Rückvergütungen) hinaus einzelne Pflichtverletzungen darzustellen gewesen wären, kann dahinstehen. Auf die vom Landgericht - und auch von der Rechtsprechung in Parallelverfahren - aufgeworfene Frage, ob in dem Güteantrag auch einzelne Beratungsfehler aufzuführen gewesen wäre, um jeweils eine Hemmung herbeizuführen, kommt es nicht mehr an. Nur ergänzend weist der Senat aber darauf hin, dass der Umstand, dass die Verjährungsfrist für jede behauptete Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung gesondert läuft (BGH v. 22.09.2011- III ZR 186/10), nichts für die Reichweite der Hemmung hergeben dürfte. Die Frage der Verjährung berührt nur den materiell - rechtlichen Anspruch der Partei. Die Hemmung erfolgt jedoch nicht für einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch, sondern für den gesamten Streitgegenstand des Güteverfahrens. Der Umfang der Hemmung wird durch den Streitgegenstand bestimmt und dieser kann durchaus mehrere materiell-rechtliche Ansprüche umfassen. Aus dem materiellrechtlichen Institut der Anspruchsverjährung können - so ausdrücklich der Bundesgerichtshof (siehe Urteil v. 22.10.2013 - XI ZR 42/12 Rdn. 25) - deshalb keine Rückschlüsse auf den prozessualen Streitgegenstand gezogen werden.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 I ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu, weil in einer Vielzahl von Fällen ein ähnlicher Güteantrag in Kapitalanlagesachen, in denen die Verjährung zum Ablauf des 31.12.2011 drohte, bei derselben Gütestelle eingereicht wurde und bundesweit Verfahren anhängig sind, in denen auch über die Frage der verjährungshemmenden Wirkung des Antrags zu entscheiden sein wird. Die Zulassung dient - schon wegen der voneinander abweichenden Rechtsauffassungen der Oberlandesgerichte - der Vereinheitlichung der Rechtsprechung.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs
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Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.