Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 26. Okt. 2018 - 3 Ss OWi 1410/18

26.10.2018

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben (§ 349 II StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG). Zur Begründung wird auf die im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der GStA in ihrer Antragsschrift vom 02.10.2018 Bezug genommen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Rüge, das Ergebnis der Blutentnahme hätte nicht verwertet werden dürfen, weil die Rechtsbeschwerde einen Verstoß gegen den Richtervorbehalt nach § 81a II StPO i.V.m. § 46 IV OWiG erkennen will, dringt nicht durch. Aufgrund der Neufassung des § 46 IV 2 OWiG mit Wirkung vom 24.08.2017 ist der Richtervorbehalt bei Verdacht einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG gestrichen worden. Der Umstand, dass die Maßnahme vor Inkrafttreten dieser Novellierung getroffen worden war, ist ohne Bedeutung. Da es sich um eine Vorschrift des Prozessrechts handelt, kommt es allein auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Hauptverhandlung an (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2008 - 3 StR 342/08 = BGHSt 53, 64 = NJW 2009, 791 = NStZ 2009, 224 = wistra 2009, 196 = BGHR StPO § 100a Verwertbarkeit 2 = StV 2009, 398 = JR 2010, 493; OLG Rostock, Beschluss vom 03.11.2017 - 20 RR 85/17 = Blutalkohol 55 [2018], 75 = NStZ-RR 2018, 114 = NZV 2018, 196 = DAR 2018, 391, jeweils m.w.N.). […]

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Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24a 0,5 Promille-Grenze


(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalk

Strafprozeßordnung - StPO | § 100a Telekommunikationsüberwachung


(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in F

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2008 - 3 StR 342/08

bei uns veröffentlicht am 27.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 342/08 vom 27. November 2008 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ StPO § 100 a Abs. 2, § 477 Abs. 2 Satz 2 Zur Verwertbarkeit von Zufallsfund

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(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 342/08
vom
27. November 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Verwertbarkeit von Zufallsfunden aus der Überwachung der Telekommunikation,
wenn sich zwischen der Durchführung der Maßnahme und der Verwendung der gewonnenen
Erkenntnisse die Anordnungsvoraussetzungen geändert haben.
BGH, Urt. vom 27. November 2008 - 3 StR 342/08 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. November
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
der Richter am Bundesgerichtshof
Hubert
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in neun Fällen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit Verfahrensrügen und sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat mit einer Aufklärungsrüge Erfolg.
2
1. Dem Angeklagten, der wegen vielfachen Betruges derzeit eine langjährige Freiheitsstrafe verbüßt, an deren Ende die Vollstreckung von Sicherungsverwahrung notiert ist, liegt zur Last, während des Strafvollzuges die Zeugen E. , M. und K. in neun Fällen durch Vortäuschung falscher Tatsachen zu Zahlungen von insgesamt mehr als 116.000 € an ihn bzw. an Dritte veranlasst zu haben, um sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen. Das Landgericht hat festgestellt , dass vom Zeugen E. und dessen Ehefrau sowie vom Zeugen M. Zahlungen in dieser Höhe geleistet wurden. Der Zeuge M. leitete dabei möglicherweise auch Gelder des Zeugen K. weiter. Das Landgericht hat sich aber nicht davon überzeugen können, dass diese Zahlungen durch betrügerische Einwirkungen des Angeklagten auf die genannten Personen bewirkt worden waren.
3
2. Mit einer Aufklärungsrüge wendet sich die Staatsanwaltschaft dagegen , dass das Landgericht es unterlassen hat, den Inhalt von 17 Telefongesprächen zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M. sowie zwischen diesem und dem Zeugen K. und anderen Personen in die Hauptverhandlung einzuführen. Die Rüge greift durch. Das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot besteht nicht.
4
a) Die Erkenntnisse über den Inhalt der 17 Telefongespräche, deren Verwertung von der Beschwerdeführerin vermisst wird, sind im Einzelnen wie folgt gewonnen worden:
5
Die Überwachung der Festnetzanschlüsse von Horst und Annelie M. war in dem Ermittlungsverfahren gegen Horst M. wegen des Verdachts der Geldwäsche durch Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 25. Januar 2006 angeordnet worden. Grundlage der Anordnung war die Erkenntnis der Strafverfolgungsbehörden, dass Horst M. im Juli und Oktober 2005 jeweils 25.000 € in bar auf das Konto des Angeklagten eingezahlt hatte, die angesichts der Vermögenslage der Eheleute M. vermutlich nicht von diesen stammen konnten. Der Verdacht beruhte auch darauf, dass Horst M. im Januar 2006 bestätigte Bankschecks im Wert von ca. 100.000 €, gezogen auf die Royal Bank of Canada, zur Einreichung auf sein Konto vorgelegt hatte, in seiner polizeilichen Vernehmung indes keinen plausiblen wirtschaftlichen Hintergrund für die Begebung der Schecks an ihn zu benennen vermochte. Die genannten Überweisungen sind Gegenstand der gegen den Angeklagten erhobenen Betrugsvorwürfe zum Nachteil des Horst M. und des Rolf Dieter K. (Nr. 4a und Nr. 8a der Anklage).
6
Die Überwachung des Mobilfunkanschlusses von Annelie M. war in demselben Ermittlungsverfahren gegen Horst M. wegen des Verdachts der Geldwäsche durch Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 31. Januar 2006 angeordnet worden, nachdem festgestellt worden war, dass Horst M. auch diesen Anschluss zum Kontakt mit dem Angeklagten nutzte.
7
In Ausführung der Beschlüsse sind die 17 Telefongespräche, die zwischen dem 26. Januar 2006 und dem 23. März 2006 geführt worden sind, aufgezeichnet und hiervon Leseabschriften (TÜ-Protokolle) bzw. zusammenfassende Berichte der Kriminalpolizei über die Gesprächsinhalte gefertigt worden.
8
Das gegen Horst M. geführte Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche ist am 12. Oktober 2006 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil die Ermittlungen ergeben hätten, "dass er selbst als Geschädigter anzusehen" sei. Demgemäß hat die Staatsanwaltschaft auch wegen Betrugstaten zu seinem Nachteil im vorliegenden Verfahren im August 2006 Anklage gegen den Angeklagten erhoben.
9
Am 22. Februar 2008 hat die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung die TÜ-Protokolle sowie die zusammenfassenden Berichte dem Gericht übergeben und deren Inaugenscheinnahme bzw. Verlesung beantragt.

10
b) Die Erkenntnisse über den Inhalt der Telefongespräche (die Kommunikationsdaten ) sind in dem Ermittlungsverfahren gegen Horst M. zulässig gewonnen worden, da bestimmte Tatsachen den Verdacht begründet hatten, dass dieser als Täter oder Teilnehmer eine Geldwäsche begangen oder zu begehen versucht hatte, und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert gewesen wäre (§ 100 a Nr. 2 StPO aF). Dies ergibt sich zwar nicht aus den ermittlungsrichterlichen Anordnungsbeschlüssen, die sich in formelhaften Wendungen ohne näheren Tatsachenbezug erschöpfen, folgt aber aus den mit der Revisionsbegründung vorgelegten polizeilichen Ermittlungsberichten , die den Anordnungen zugrunde lagen (vgl. BGHSt 47, 362, 367 ff.).
11
c) Die Inhalte der Telefonate sind in dem gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs des Betrugs gerichteten Strafverfahren jedenfalls als sog. Zufallsfunde nach § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO verwertbar. Danach dürfen die auf Grund der Telefonüberwachung (rechtmäßig) erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach der Strafprozessordnung hätte angeordnet werden dürfen. Dies ist hier der Fall:
12
§ 100 a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n StPO erlaubt die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation beim tatsachengestützten Verdacht des Betruges im schweren Fall (§ 263 Abs. 3 Satz 2 StGB). Diese Regelung ist zwar erst am 1. Januar 2008 in Kraft getreten (Art. 16 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezem-ber 2007 - TKÜG - BGBl I 3198) und galt deshalb im Zeitpunkt der Anordnung der Überwachungsmaßnahmen und ihrer Durchführung noch nicht. Hierauf kommt es indes entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an.
13
Ändern sich im Verlauf eines anhängigen Strafverfahrens strafprozessuale Vorschriften, so ist für das weitere Verfahren grundsätzlich die neue Rechtslage maßgeblich (vgl. BGHSt 22, 321, 325; 26, 288, 289; 46, 310, 317 ff.; Kühne in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschnitt F Rdn. 22; Knierim StV 2008, 599, 600; für Änderungen des Verfahrensrechts im Zeitpunkt zwischen dem tatrichterlichen Urteil und der Entscheidung des Revisionsgerichts vgl. § 354 a StPO und Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 354 a Rdn. 4). Dieser Grundsatz wird für die hier zu beurteilende Fallkonstellation durch folgende Überlegung bestätigt: Der Angeklagte war durch die im Verfahren gegen Horst M. (rechtmäßig) angeordneten Telefonüberwachungen allenfalls mittelbar in seinen Rechten betroffen. Denn diese in Grundrechte eingreifende strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen richteten sich unmittelbar allein gegen den damaligen Beschuldigten und dessen Ehefrau, während der Angeklagte lediglich reflexartig als einer der Kommunikationspartner Horst M. s in seinen Rechten berührt wurde; soweit es sich um Telefonate zwischen den Zeugen M. und K. handelt, sind durch die Überwachung und Aufzeichnung der Gespräche Rechte des Angeklagten nicht einmal mittelbar beeinträchtigt. Der eigentliche , unmittelbare Eingriff in die Rechtssphäre des Angeklagten lag vielmehr erst darin, dass die Staatsanwaltschaft die durch die Telefonüberwachung gewonnenen Daten in das Verfahren gegen den Angeklagten einführte mit dem Begehren, sie zur Aufklärung des gegen diesen gerichteten Tatvorwurfs zu verwenden. In einer derartigen Verwendung der gewonnenen Daten liegt eine erneute Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses (vgl. BVerfGE 100, 313, 391 f.), die gesonderter rechtlicher Grundlage insbesondere deswegen bedarf, weil die Datenverwendung nunmehr der Strafverfolgung eines Dritten dienen soll, gegen den sich die ursprüngliche Anordnung der heimlichen Datengewinnung nicht gerichtet hatte. Diese rechtliche Grundlage war im Zeitpunkt der von der Staatsanwaltschaft begehrten Datenverwendung durch § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO in Verbindung mit § 100 a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n StPO indes gegeben. Der vor dem 1. Januar 2008 bestehenden Rechtslage, die die Verwendung der durch die Telefonüberwachung rechtmäßig erlangten Zufallsfunde zur Aufklärung eines Betrugs im besonders schweren Fall (§ 263 Abs. 3 Satz 2 StGB) nicht zuließ (vgl. § 100 b Abs. 5 in Verbindung mit § 100 a Abs. 1 StPO aF), kommt demgegenüber keine Bedeutung mehr zu. Ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten in die Fortgeltung dieses früheren Rechtszustands ist nicht anzuerkennen.
14
Letztlich steht der Verwertung auch nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft die Eheleute M. im November 2006 von den gegen sie durchgeführten Telefonüberwachungsmaßnahmen unterrichtet und ihnen mitgeteilt hat, die erlangten Unterlagen würden vernichtet, dies indes in der Folgezeit unterblieben ist. Die Staatsanwaltschaft war berechtigt, von der Löschung der Daten abzusehen, da zeitgleich mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Horst M. und damit noch vor der Unterrichtung der Eheleute M. wegen desselben Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen Rechtsanwalt B. eingeleitet worden war, in dem die Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung als Beweismittel unmittelbar hätten verwertet werden können (vgl. § 100 b Abs. 6 StGB aF; § 101 Abs. 8 StPO nF). Dieses Verfahren ist erst nach dem Erlass des hier angegriffenen Urteils eingestellt worden.
15
Nach alledem kann dahinstehen, ob es sich bei dem Verfahren gegen den Angeklagten, soweit es die betrügerische Erlangung der vom Zeugen M. gezahlten Beträge von zweimal 25.000 € betrifft, überhaupt um ein im Verhältnis zu dem vormaligen Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen M. "anderes Strafverfahren" im Sinne von § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO (= § 100 b Abs. 5 StPO aF) handelt oder ob nicht vielmehr eine einheitliche Tat im prozessualen Sinn vorliegt, so dass jedenfalls in diesem Umfang die durch die Überwachung gewonnenen Beweisergebnisse ohne Einschränkung auch gegen den Angeklagten verwertet werden durften.
16
d) Die unterlassene Beweiserhebung hat sich aufgedrängt, denn die von der Revision mitgeteilten Inhalte der Telefonate enthalten Indizien für ein mögliches täuschendes Verhalten des Angeklagten sowie dafür, dass die Gesprächsteilnehmer M. und K. nicht auf Seiten des Angeklagten in Betrugstaten verstrickt, sondern selbst Opfer von Täuschungen des Angeklagten gewesen sein können.
17
e) Das Urteil beruht auf der fehlerhaft unterlassenen Verwertung der Telefonate. Es ist nicht auszuschließen, dass sich das Landgericht durch deren Inhalt und den Umstand, dass der Angeklagte mit teilweise identischer Vorgehensweise bereits in der Vergangenheit ganz erhebliche Summen ertrogen hat, die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten verschafft hätte.
Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Hubert

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat,
2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und
3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auch in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn dies notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. Auf dem informationstechnischen System des Betroffenen gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1.
aus dem Strafgesetzbuch:
a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a,
b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e,
c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,
d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130,
e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,
f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2,
h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b,
j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,
l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,
m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,
o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,
p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen,
q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen,
r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,
s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,
t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,
u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,
v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b,
4.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
5.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz:

Straftaten nach § 13 Absatz 3,
6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes,
7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a)
Völkermord nach § 6,
b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
11.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.

(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass

1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können:
a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder
b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und
3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren

1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes,
2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und
4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.