Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2014 - L 7 SO 3090/12

bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. März 2011 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.238,21 EUR zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits des erstinstanzlichen Klageverfahrens trägt der Kläger 87 %, die Beklagte 13%. Die Kosten des Rechtsstreits des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand

 
Im Streit ist die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 1.238,21 EUR nebst Zinsen, die der Kläger B. und ihren drei minderjährigen Töchtern F. (geb. 1990), V.(geb. 1991) und M. (geb. 1994) in der Zeit vom 21. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2004 als Sozialhilfe erbracht hat.
B. und ihre drei minderjährigen Töchter waren bis zu ihrem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Klägers zwischen dem 19. September 2003 und 22. September 2003 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten wohnhaft. Nach ihrem Umzug wohnten sie zunächst bei einer Freundin in K., ab 01. November 2003 in einer eigenen Wohnung.
B. meldete sich am 20. September 2003 beim Einwohnermeldeamt in M. ab und am 01. November 2003 beim Einwohnermeldeamt der Stadt K. an. Sie meldete sich am 20. Oktober 2003 bei der Agentur für Arbeit K. arbeitslos. Ausweislich einer Bestätigung ihrer Freundin zog sie mit ihren Kindern am 22. September 2003 in deren Wohnung ein, die Kinder besuchten ab 24. September 2003 die Schule in K.
Auf ihren Antrag vom 21. Oktober 2003 erbrachte der Beklagte an B. und ihre Kinder, die über kein Vermögen verfügten und - neben Arbeitslosenhilfe für B. (Bewilligung für die Zeit ab 28. Oktober 2003, Auszahlung ab Dezember 2003) und Kindergeld - keine Einkünfte erzielten, ab 21. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2004 unter Berücksichtigung des zugeflossenen Einkommens Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und zwar an B. insgesamt 148,73 EUR (nur für November 2003), an die Tochter F. 3.723,26 EUR, an die Tochter V. 2.830,25 EUR und die Tochter M. 2.876,26 EUR, mithin insgesamt 9.578,50 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 287/343 der Verwaltungsakten des Klägers Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 03. November 2003 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er seit 21. Oktober 2003 an B. und ihre Kinder Sozialhilfe in Form von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erbringe, und machte einen Kostenerstattungsanspruch nach § 107 BSHG geltend (Eingang bei der Beklagten am 04. November 2013). Mit Schreiben vom 08. Juni 2004 bestätigte die Beklagte den Eingang des Kostenerstattungsbegehrens und bat um Übersendung verschiedener Unterlagen. Nachdem der Kläger diese übersandt hatte (vgl. Schreiben vom 21. September 2004), teilte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 mit, dass der Umzug von M. nach K. am 20. September 2003 erfolgt sei und eine Kostenerstattung nicht gewährt werden könne, weil der Hilfebedarf am Zuzugsort nicht innerhalb eines Monats entstanden sei. Auch nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Umzug der B. erst am 22. September 2009 abgeschlossen gewesen sei (Schreiben vom 17. Oktober 2005), blieb die Beklagte bei ihrer Auffassung (Schreiben vom 13. Dezember 2005 und 26. April 2006). Weiterhin wies sie darauf hin, dass sich hinsichtlich der Leistungsbewilligung auch die Frage nach der Anrechnung von Unterhaltsleistungen bzw. Unterhaltsvorschüssen für die Kinder stelle.
Mit der am 18. Juli 2007 zum Sozialgericht F. (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Erstattung der Aufwendungen in Höhe von insgesamt 9.578,50 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Nachdem sich die Beklagte nicht mehr auf den Ablauf der Monatsfrist des § 107 Abs. 1 BSHG berufen, sondern einen Ausschluss des Kostenerstattungsanspruchs wegen schwerwiegender Verstöße gemäß § 111 Abs. 1 BSHG geltend gemacht hatte, haben Ermittlungen des Klägers ergeben, dass der unterhaltspflichtige Kindsvater in der Lage gewesen ist, monatlich ab November 2003 pro Kind 112,48 EUR Unterhalt zu zahlen. Daraufhin hat der Kläger seine Klageforderung auf einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.238,21 EUR (Schreiben vom 01. Februar 2010) reduziert. Die Beklagte hat der Berechnung des Klägers zustimmt und unstreitig gestellt, dass für Familie B. bei rechtmäßiger Leistungsgewährung ein nach § 107 Abs. 1, 111 Abs. 1 BSHG grundsätzlich erstattungsfähiger Aufwand in Höhe von insgesamt 1.238,21 EUR entstanden ist. Sie hat nun geltend gemacht, dass dieser Aufwand wegen der Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG nicht erstattungsfähig sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. März 2011 kostenpflichtig abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen In Höhe von 1.238,21 EUR. Der Kläger mache nur noch einen Erstattungsanspruch geltend, der unterhalb der Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG liege, so dass er keine Erstattung verlangen könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R -.
Gegen das ihm am 04. April 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben, auf die der Senat mit Beschluss vom 19. Juli 2012 die Berufung gegen das Urteil des SG vom 23. März 2011 zugelassen (L 7 SO 1806/11 NZB) und unter dem Aktenzeichen L 7 SO 3090/12 fortgeführt hat. Der Kläger ist der Auffassung, das angefochtene Urteil entspreche nicht der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R -.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Sozialgerichts F. vom 23. März 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.238,21 EUR zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil. Der im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von dem durch das BSG entschiedenen Fall im Rechtsstreit B 8 SO 34/07 R. Gegenstand des Erstattungsverfahrens seien die Nettokosten des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers, also die geleisteten Sozialhilfeleistungen abzüglich von dritter Seite geleisteter Zahlungen. Soweit diese Nettokosten die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSGH nicht erreichten, finde eine Kostenerstattung nicht statt. Der Kläger hätte bei Geltendmachung und Vereinnahmung der übergegangenen Unterhaltsansprüche wegen § 111 Abs. 2 BSHG einen Kostenerstattungsanspruch nicht gehabt und könne diesen nun auch nicht erhalten, nachdem er sich pflichtwidrig verhalten habe und übergegangene Unterhaltsansprüche nicht geltend gemacht habe und diese auch nicht habe vereinnahmen können.
14 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
15 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beteiligten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.
17 
1. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 19. Juli 2012 zugelassen mit der Folge, dass das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers L 7 SO 1806/11 NZB als Berufung fortzusetzen war; der Einlegung einer Berufung durch den Kläger bedurfte es nicht (§ 145 Abs. 5 S. 1 Sozialgerichtsgesetz).
18 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Erstattung der an B. und ihre Kinder erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 1.238,21 EUR, das er statthaft und zulässig mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgt. Das in der ersten Instanz vor dem SG noch geltend gemachte Zinsbegehren hat er im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt (vgl. Niederschrift vom 13. August 2013).
19 
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.238,21 EUR.
20 
a. Der Erstattungsanspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Abschnitts des BSHG, nicht nach den die Kostenerstattung zwischen Trägern der Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 (siehe dazu das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3022) regelnden §§ 106 bis 112 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), mit denen die Kostenerstattung bei Umzug (§ 107 BSHG) ersatzlos entfallen ist. Die Anwendung des früheren Rechts beruht auf den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, auf die bei Fehlen besonderer Übergangs- oder Überleitungsvorschriften - wie hier - zurückzugreifen ist (dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R - juris Rdnr. 9 m.w.N.) Insoweit richtet sich die Beurteilung eines Sachverhalts grundsätzlich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände (hier der Leistungsgewährung) gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes bestimmt. Dies gilt auch für Erstattungsansprüche eines abgeschlossenen Erstattungsverhältnisses. Da maßgeblicher Umstand im Rahmen des von dem Kläger geltend gemachten Anspruchs der Anfall von Sozialhilfekosten ist, ist das im Zeitpunkt des Aufwandes dieser Kosten geltende Recht anzuwenden. Das Erstattungsverhältnis war hier jedenfalls im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch am 1. Januar 2005 abgeschlossen, weil der Kläger an B. und ihre Familie Sozialhilfeleistungen lediglich bis zum 31. Dezember 2004 erbracht hat und die rechtliche Verpflichtung zur Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen daher nicht über den 31. Dezember 2004 hinausreichen kann.
21 
b. Die Voraussetzungen des demnach anwendbaren § 107 Abs. 1 BSHG liegen vor. Danach ist der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen i.S. von § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Die Verpflichtung nach § 107 Abs. 1 BSHG entfällt, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war (§ 107 Abs. 2 S. 1 BSHG). Sie endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel. Gem. § 111 Abs. 1 S. 1 BSHG (vgl. zur heutigen Rechtslage § 110 Abs. 1 SGB XII) ist der Erstattungsanspruch auf die Erstattung dem Gesetz entsprechender Leistungen beschränkt. Dabei gelten die Grundsätze für die Gewährung von Sozialhilfe, die am Aufenthaltsort des Hilfeempfängers zur Zeit der Hilfegewährung bestanden (§ 111 Abs. 1 S. 2 BSHG). Die Leistungen des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers müssen also nach Art, Form und Maß den Regelungen des BSHG entsprechen; vorausgesetzt wird mithin die Rechtmäßigkeit der tatsächlich erbrachten Sozialhilfeleistungen (BSG, a.a.O. Rdnr. 15; vgl. ferner BSG, Urteil vom 14. April 2011 - B 8 SO 23/09 R - juris Rdnr. 22). Zudem ist nach einer verbreiteten Auffassung der für das Verhältnis der Leistungsträger entwickelte Interessenwahrungsgrundsatz zu beachten. Danach muss der erstattungsberechtigte Träger alle nach Lage des Einzelfalles zumutbaren und möglichen Maßnahmen und Vorkehrungen treffen, die erforderlich sind, um die erstattungsfähigen Kosten möglichst niedrig zu halten (bspw. Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2011 - L 7 SO 14/10 - juris Rdnr. 35, 44 f.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27. Januar 2011 - L 8 SO 85/08 - juris Rdnr. 19; LSG Hamburg, Urteil vom 03. Dezember 2009 - L 4 SO 16/08 - juris Rdnr. 30; Klinge in Hauck/Noftz, K § 110 SGB XII Rdnr. 5; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 110 Rdnr. 7; kritisch z.B. Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 110 Rdnr. 18 f.).
22 
Der Kläger hat als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger (§ 97 Abs. 1 S. 1 BSHG) Hilfe zum Lebensunterhalt an die außerhalb einer Einrichtung i.S. des § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG lebende B. und ihre Töchter durchgehend für den Zeitraum vom 21. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2004 erbracht. B. und ihre Töchter sind innerhalb eines Monats nach ihrem Umzug von M. nach K. hilfebedürftig geworden. Der Beklagte als Sozialhilfeträger des bisherigen Aufenthaltsorts ist erstattungspflichtig. Jedenfalls in Höhe der jetzt noch streitigen Erstattungsforderung haben die an B. und ihre Töchter erbrachten Leistungen nach Art, Form und Maß den Regelungen des BSHG entsprochen und dem Interessenwahrungsgrundsatz genügt. Dies alles ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
23 
c. Entgegen der Auffassung des SG steht dem Erstattungsanspruch auch nicht § 111 Abs. 2 BSHG entgegen.
24 
§ 111 Abs. 2 S. 1 BSHG (vgl. zur heutigen Rechtslage die inhaltsgleiche Vorschrift des § 110 Abs. 2 SGB XII) bestimmt, dass Kosten unter 2.560,- EUR, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu zwölf Monaten, außer in den Fällen einer - hier nicht vorliegenden - vorläufigen Leistungsgewährung nach § 97 Abs. 2 S. 3 BSHG nicht zu erstatten sind. Die Begrenzung auf 2.560,- EUR gilt, wenn - wie vorliegend - die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts i.S. des § 11 Abs. 1 S. 2 BSHG zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen (§ 111 Abs. 2 S. 2 BSHG). Die Grenze des § 111 Abs. 2 BSHG (im Folgenden Bagatellgrenze) setzt sich demnach aus zwei Elementen zusammen, nämlich einem für alle Personen eines Haushalts geltenden Mindestbetrag für den Zeitraum der erstattungsfähigen Leistungsgewährung in Höhe von 2.560,- EUR und dem zeitlichen Rahmen von bis zu zwölf Monaten, in dem dieser Mindestbetrag erreicht sein muss (BSG, Urteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R - juris Rdnr. 11). Die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG soll der Begrenzung verwaltungsaufwendiger Kostenerstattungsfälle und einer Vereinfachung des Kostenerstattungsverfahrens mit Verringerung der zuvor zahlreichen Konfliktfälle zwischen den Trägern der Sozialhilfe dienen (vgl. BT-Drucks. 12/4401, S. 84; vgl. ferner Böttiger, a.a.O. Rdnr. 9; Klinge, a.a.O. Rdnr. 1; W. Schellhorn, a.a.O. Rdnr. 21; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 110 Rdnr. 11). Das Erfordernis normativer Klarheit und Vorhersehbarkeit im Rahmen der Bagatellgrenzenregelung erfordert eine einfache Bestimmbarkeit der Bagatellgrenze, die nicht von weiteren Vorprüfungen und zusätzlichen Berechnungen abhängt (BSG, a.a.O. Rdnr. 13). Auch stellt die Regelung des § 111 Abs. 2 BSHG nach ihrem Wortlaut auf die vom Sozialhilfeträger (tatsächlich) aufgewendeten Kosten, nicht auf die (rechtlich) durchsetzbaren oder tatsächlich geltend gemachten Aufwendungen ab (BSG, a.a.O. Rdnr. 12; zustimmend Böttiger, a.a.O. Rdnr. 24, 31; Klinge, a.a.O. Rdnr. 12; ähnlich Schiefer in Oestreicher, § 110 SGB XII Rdnr. 21: tatsächlich aufgewendeten Kosten abzüglich Leistungen Dritter, Selbstbeteiligung und sonstiger Ersatzleistungen, die im Erstattungszeitraum tatsächlich befriedigt werden; unklar Steimer in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 110 SGB XII Rdnr. 29 und Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 110 Rdnr. 9, der das Urteil des BSG vom 24. März 2009 falsch zitiert; überholt Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 110 Rdnr. 6 unter Berufung auf das vom BSG mit der zitierten Entscheidung aufgehobene Senatsurteil vom 22. November 2007 - L 7 SO 5078/06 - juris). Würde bei der Prüfung der Bagatellgrenze demgegenüber nicht an die unmittelbar festzustellenden tatsächlichen Aufwendungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs, sondern zusätzlich an deren Realisierbarkeit angeknüpft, müsste in vielen Fallgestaltungen bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Geltendmachung (auch) darüber gestritten werden, ob der Grenzbetrag - etwa wegen der Versäumung einer Ausschlussfrist oder der Einrede der Verjährung oder rechtswidriger Leistungsgewährung - nicht erreicht ist (BSG, a.a.O. Rdnr. 14). Diese (vermehrten) Konfliktfälle sind vom Gesetzgeber jedoch nicht beabsichtigt; das Ziel der Vereinfachung würde konterkariert (BSG, a.a.O.). Maßgeblich ist mithin der tatsächliche Betrag der im Einzelfall aufgewendeten Leistungen, die tatsächlichen Gesamtaufwendungen des erstattungspflichtigen Leistungsträgers (Böttiger, a.a.O. Rdn. 31). Dieser Betrag ist bei der Prüfung, ob die Bagatellgrenze überschritten ist, nicht um spätere auf den Leistungsfall entfallende Einnahmen oder um Beträge zu reduzieren, die etwa wegen der Versäumung einer Ausschlussfrist oder der Einrede der Verjährung oder rechtswidriger Leistungsgewährung sich nicht als durchsetzbar erweisen.
25 
Nach diesen rechtlichen Maßgaben haben die tatsächlichen (Netto-)Aufwendungen (unter Anrechnung des zugeflossenen Einkommens) des Klägers für B. und ihre Töchter in dem maßgeblichen Zeitraum von 12 Monaten die Bagatellgrenze (148,73 EUR + 2.291,74 EUR + 1.694,72 EUR + 1.694,73 EUR = 5.829,92 EUR) überschritten, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt. Dass der Kläger seine zunächst klagweise geltend gemachte Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 9.578,50 EUR während des Rechtstreits im Hinblick auf die Einwendungen der rechtswidrigen Leistungserbringung und der Verletzung des Interessenwahrungsgrundsatzes seitens der Beklagten auf 1.238,21 EUR und damit auf einen Betrag unterhalb der Bagatellgrenze reduziert hat, ist rechtlich nicht relevant. Denn entscheidend sind - wie dargelegt - seine tatsächlichen Gesamtaufwendungen. Nach der dargestellten Zielsetzung der Regelung des § 111 Abs. 2 BSHG geht es darum, dass der Sozialhilfeträger einfach, klar, vorhersehbar und ohne eingehende Prüfung der rechtlichen Durchsetzbarkeit bestimmen kann, ob die Bagatellgrenze überschritten ist. Dies haben die Beteiligten vorliegend nur auf Basis der tatsächlichen Aufwendungen überprüfen können. Die Frage, ob Unterhaltsansprüchen der Töchter der B. gegen ihren Vater nach § 91 BSHG überhaupt und ggf. in welcher Höhe übergegangen sind und ob der Kläger mit der Nichtgeltendmachung von Unterhaltsansprüche gegenüber dem Kindsvater gegen den Interessenwahrungsgrundsatz verstoßen hat, haben die Beteiligen erst nach umfangreichen Ermittlungen während des erstinstanzlichen Klageverfahrens geklärt. Das Erstattungsverfahren soll hinsichtlich der Prüfung der Überschreitung des Grenzbetrages nicht mit komplizierten Sach- und Rechtsfragen belastet werden. Bezeichnenderweise ist die Beklagte zunächst offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG überschritten worden ist. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das BSG in dem zitierten Urteil vom 24. März 2009 (juris Rdnr. 14) ausdrücklich auch den Einwand der „rechtswidrigen Leistungsgewährung“ als unbeachtlich erklärt und demgegenüber auf die unmittelbar festzustellenden tatsächlichen Aufwendungen abgestellt hat. Die Beklagte hat sich nun aber gerade darauf berufen, dass die über den hier streitigen Betrag hinausgehende Leistungsgewährung des Klägers an B. und ihre Familie rechtswidrig gewesen sei, und mithin einen vom BSG ausdrücklich für die Bestimmung der Bagatellgrenze als unbeachtlich bezeichneten Einwand geltend gemacht.
26 
4. Die Kostenscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt - im Hinblick auf die teilweise Klagerücknahme des Klägers vor dem SG - das Verhältnis von teilweisem Obsiegen und Unterliegen.
27 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.
17 
1. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 19. Juli 2012 zugelassen mit der Folge, dass das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers L 7 SO 1806/11 NZB als Berufung fortzusetzen war; der Einlegung einer Berufung durch den Kläger bedurfte es nicht (§ 145 Abs. 5 S. 1 Sozialgerichtsgesetz).
18 
2. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Erstattung der an B. und ihre Kinder erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 1.238,21 EUR, das er statthaft und zulässig mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgt. Das in der ersten Instanz vor dem SG noch geltend gemachte Zinsbegehren hat er im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt (vgl. Niederschrift vom 13. August 2013).
19 
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.238,21 EUR.
20 
a. Der Erstattungsanspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Abschnitts des BSHG, nicht nach den die Kostenerstattung zwischen Trägern der Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 (siehe dazu das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003, BGBl. I, S. 3022) regelnden §§ 106 bis 112 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), mit denen die Kostenerstattung bei Umzug (§ 107 BSHG) ersatzlos entfallen ist. Die Anwendung des früheren Rechts beruht auf den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts, auf die bei Fehlen besonderer Übergangs- oder Überleitungsvorschriften - wie hier - zurückzugreifen ist (dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R - juris Rdnr. 9 m.w.N.) Insoweit richtet sich die Beurteilung eines Sachverhalts grundsätzlich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände (hier der Leistungsgewährung) gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes bestimmt. Dies gilt auch für Erstattungsansprüche eines abgeschlossenen Erstattungsverhältnisses. Da maßgeblicher Umstand im Rahmen des von dem Kläger geltend gemachten Anspruchs der Anfall von Sozialhilfekosten ist, ist das im Zeitpunkt des Aufwandes dieser Kosten geltende Recht anzuwenden. Das Erstattungsverhältnis war hier jedenfalls im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch am 1. Januar 2005 abgeschlossen, weil der Kläger an B. und ihre Familie Sozialhilfeleistungen lediglich bis zum 31. Dezember 2004 erbracht hat und die rechtliche Verpflichtung zur Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen daher nicht über den 31. Dezember 2004 hinausreichen kann.
21 
b. Die Voraussetzungen des demnach anwendbaren § 107 Abs. 1 BSHG liegen vor. Danach ist der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen i.S. von § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Die Verpflichtung nach § 107 Abs. 1 BSHG entfällt, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war (§ 107 Abs. 2 S. 1 BSHG). Sie endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel. Gem. § 111 Abs. 1 S. 1 BSHG (vgl. zur heutigen Rechtslage § 110 Abs. 1 SGB XII) ist der Erstattungsanspruch auf die Erstattung dem Gesetz entsprechender Leistungen beschränkt. Dabei gelten die Grundsätze für die Gewährung von Sozialhilfe, die am Aufenthaltsort des Hilfeempfängers zur Zeit der Hilfegewährung bestanden (§ 111 Abs. 1 S. 2 BSHG). Die Leistungen des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers müssen also nach Art, Form und Maß den Regelungen des BSHG entsprechen; vorausgesetzt wird mithin die Rechtmäßigkeit der tatsächlich erbrachten Sozialhilfeleistungen (BSG, a.a.O. Rdnr. 15; vgl. ferner BSG, Urteil vom 14. April 2011 - B 8 SO 23/09 R - juris Rdnr. 22). Zudem ist nach einer verbreiteten Auffassung der für das Verhältnis der Leistungsträger entwickelte Interessenwahrungsgrundsatz zu beachten. Danach muss der erstattungsberechtigte Träger alle nach Lage des Einzelfalles zumutbaren und möglichen Maßnahmen und Vorkehrungen treffen, die erforderlich sind, um die erstattungsfähigen Kosten möglichst niedrig zu halten (bspw. Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2011 - L 7 SO 14/10 - juris Rdnr. 35, 44 f.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27. Januar 2011 - L 8 SO 85/08 - juris Rdnr. 19; LSG Hamburg, Urteil vom 03. Dezember 2009 - L 4 SO 16/08 - juris Rdnr. 30; Klinge in Hauck/Noftz, K § 110 SGB XII Rdnr. 5; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 110 Rdnr. 7; kritisch z.B. Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 110 Rdnr. 18 f.).
22 
Der Kläger hat als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger (§ 97 Abs. 1 S. 1 BSHG) Hilfe zum Lebensunterhalt an die außerhalb einer Einrichtung i.S. des § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG lebende B. und ihre Töchter durchgehend für den Zeitraum vom 21. Oktober 2003 bis zum 31. Dezember 2004 erbracht. B. und ihre Töchter sind innerhalb eines Monats nach ihrem Umzug von M. nach K. hilfebedürftig geworden. Der Beklagte als Sozialhilfeträger des bisherigen Aufenthaltsorts ist erstattungspflichtig. Jedenfalls in Höhe der jetzt noch streitigen Erstattungsforderung haben die an B. und ihre Töchter erbrachten Leistungen nach Art, Form und Maß den Regelungen des BSHG entsprochen und dem Interessenwahrungsgrundsatz genügt. Dies alles ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
23 
c. Entgegen der Auffassung des SG steht dem Erstattungsanspruch auch nicht § 111 Abs. 2 BSHG entgegen.
24 
§ 111 Abs. 2 S. 1 BSHG (vgl. zur heutigen Rechtslage die inhaltsgleiche Vorschrift des § 110 Abs. 2 SGB XII) bestimmt, dass Kosten unter 2.560,- EUR, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu zwölf Monaten, außer in den Fällen einer - hier nicht vorliegenden - vorläufigen Leistungsgewährung nach § 97 Abs. 2 S. 3 BSHG nicht zu erstatten sind. Die Begrenzung auf 2.560,- EUR gilt, wenn - wie vorliegend - die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts i.S. des § 11 Abs. 1 S. 2 BSHG zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen (§ 111 Abs. 2 S. 2 BSHG). Die Grenze des § 111 Abs. 2 BSHG (im Folgenden Bagatellgrenze) setzt sich demnach aus zwei Elementen zusammen, nämlich einem für alle Personen eines Haushalts geltenden Mindestbetrag für den Zeitraum der erstattungsfähigen Leistungsgewährung in Höhe von 2.560,- EUR und dem zeitlichen Rahmen von bis zu zwölf Monaten, in dem dieser Mindestbetrag erreicht sein muss (BSG, Urteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R - juris Rdnr. 11). Die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG soll der Begrenzung verwaltungsaufwendiger Kostenerstattungsfälle und einer Vereinfachung des Kostenerstattungsverfahrens mit Verringerung der zuvor zahlreichen Konfliktfälle zwischen den Trägern der Sozialhilfe dienen (vgl. BT-Drucks. 12/4401, S. 84; vgl. ferner Böttiger, a.a.O. Rdnr. 9; Klinge, a.a.O. Rdnr. 1; W. Schellhorn, a.a.O. Rdnr. 21; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 110 Rdnr. 11). Das Erfordernis normativer Klarheit und Vorhersehbarkeit im Rahmen der Bagatellgrenzenregelung erfordert eine einfache Bestimmbarkeit der Bagatellgrenze, die nicht von weiteren Vorprüfungen und zusätzlichen Berechnungen abhängt (BSG, a.a.O. Rdnr. 13). Auch stellt die Regelung des § 111 Abs. 2 BSHG nach ihrem Wortlaut auf die vom Sozialhilfeträger (tatsächlich) aufgewendeten Kosten, nicht auf die (rechtlich) durchsetzbaren oder tatsächlich geltend gemachten Aufwendungen ab (BSG, a.a.O. Rdnr. 12; zustimmend Böttiger, a.a.O. Rdnr. 24, 31; Klinge, a.a.O. Rdnr. 12; ähnlich Schiefer in Oestreicher, § 110 SGB XII Rdnr. 21: tatsächlich aufgewendeten Kosten abzüglich Leistungen Dritter, Selbstbeteiligung und sonstiger Ersatzleistungen, die im Erstattungszeitraum tatsächlich befriedigt werden; unklar Steimer in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 110 SGB XII Rdnr. 29 und Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 110 Rdnr. 9, der das Urteil des BSG vom 24. März 2009 falsch zitiert; überholt Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 110 Rdnr. 6 unter Berufung auf das vom BSG mit der zitierten Entscheidung aufgehobene Senatsurteil vom 22. November 2007 - L 7 SO 5078/06 - juris). Würde bei der Prüfung der Bagatellgrenze demgegenüber nicht an die unmittelbar festzustellenden tatsächlichen Aufwendungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs, sondern zusätzlich an deren Realisierbarkeit angeknüpft, müsste in vielen Fallgestaltungen bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Geltendmachung (auch) darüber gestritten werden, ob der Grenzbetrag - etwa wegen der Versäumung einer Ausschlussfrist oder der Einrede der Verjährung oder rechtswidriger Leistungsgewährung - nicht erreicht ist (BSG, a.a.O. Rdnr. 14). Diese (vermehrten) Konfliktfälle sind vom Gesetzgeber jedoch nicht beabsichtigt; das Ziel der Vereinfachung würde konterkariert (BSG, a.a.O.). Maßgeblich ist mithin der tatsächliche Betrag der im Einzelfall aufgewendeten Leistungen, die tatsächlichen Gesamtaufwendungen des erstattungspflichtigen Leistungsträgers (Böttiger, a.a.O. Rdn. 31). Dieser Betrag ist bei der Prüfung, ob die Bagatellgrenze überschritten ist, nicht um spätere auf den Leistungsfall entfallende Einnahmen oder um Beträge zu reduzieren, die etwa wegen der Versäumung einer Ausschlussfrist oder der Einrede der Verjährung oder rechtswidriger Leistungsgewährung sich nicht als durchsetzbar erweisen.
25 
Nach diesen rechtlichen Maßgaben haben die tatsächlichen (Netto-)Aufwendungen (unter Anrechnung des zugeflossenen Einkommens) des Klägers für B. und ihre Töchter in dem maßgeblichen Zeitraum von 12 Monaten die Bagatellgrenze (148,73 EUR + 2.291,74 EUR + 1.694,72 EUR + 1.694,73 EUR = 5.829,92 EUR) überschritten, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt. Dass der Kläger seine zunächst klagweise geltend gemachte Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 9.578,50 EUR während des Rechtstreits im Hinblick auf die Einwendungen der rechtswidrigen Leistungserbringung und der Verletzung des Interessenwahrungsgrundsatzes seitens der Beklagten auf 1.238,21 EUR und damit auf einen Betrag unterhalb der Bagatellgrenze reduziert hat, ist rechtlich nicht relevant. Denn entscheidend sind - wie dargelegt - seine tatsächlichen Gesamtaufwendungen. Nach der dargestellten Zielsetzung der Regelung des § 111 Abs. 2 BSHG geht es darum, dass der Sozialhilfeträger einfach, klar, vorhersehbar und ohne eingehende Prüfung der rechtlichen Durchsetzbarkeit bestimmen kann, ob die Bagatellgrenze überschritten ist. Dies haben die Beteiligten vorliegend nur auf Basis der tatsächlichen Aufwendungen überprüfen können. Die Frage, ob Unterhaltsansprüchen der Töchter der B. gegen ihren Vater nach § 91 BSHG überhaupt und ggf. in welcher Höhe übergegangen sind und ob der Kläger mit der Nichtgeltendmachung von Unterhaltsansprüche gegenüber dem Kindsvater gegen den Interessenwahrungsgrundsatz verstoßen hat, haben die Beteiligen erst nach umfangreichen Ermittlungen während des erstinstanzlichen Klageverfahrens geklärt. Das Erstattungsverfahren soll hinsichtlich der Prüfung der Überschreitung des Grenzbetrages nicht mit komplizierten Sach- und Rechtsfragen belastet werden. Bezeichnenderweise ist die Beklagte zunächst offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG überschritten worden ist. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das BSG in dem zitierten Urteil vom 24. März 2009 (juris Rdnr. 14) ausdrücklich auch den Einwand der „rechtswidrigen Leistungsgewährung“ als unbeachtlich erklärt und demgegenüber auf die unmittelbar festzustellenden tatsächlichen Aufwendungen abgestellt hat. Die Beklagte hat sich nun aber gerade darauf berufen, dass die über den hier streitigen Betrag hinausgehende Leistungsgewährung des Klägers an B. und ihre Familie rechtswidrig gewesen sei, und mithin einen vom BSG ausdrücklich für die Bestimmung der Bagatellgrenze als unbeachtlich bezeichneten Einwand geltend gemacht.
26 
4. Die Kostenscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt - im Hinblick auf die teilweise Klagerücknahme des Klägers vor dem SG - das Verhältnis von teilweisem Obsiegen und Unterliegen.
27 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 110 Umfang der Kostenerstattung


(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Leistung diesem Buch entspricht. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistung von Sozialhilfe. (2)

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Bundessozialgericht Urteil, 14. Apr. 2011 - B 8 SO 23/09 R

bei uns veröffentlicht am 14.04.2011

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17. August 2009 - S 14 SO 96/08 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Leistung diesem Buch entspricht. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistung von Sozialhilfe.

(2) Kosten unter 2 560 Euro, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungserbringung von bis zu zwölf Monaten, sind außer in den Fällen einer vorläufigen Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 nicht zu erstatten. Die Begrenzung auf 2 560 Euro gilt, wenn die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts im Sinne von § 27 Absatz 2 Satz 2 und 3 zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17. August 2009 - S 14 SO 96/08 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 14 244,55 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Rückerstattung vom Kläger dem Beklagten erstatteter Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 14 244,55 Euro.

2

Am 14.10.1991 beantragte die in A (Rheinland-Pfalz) geborene V-M (V.-M.) im Anschluss an einen ca 18 Jahre dauernden Aufenthalt in der Türkei nach ihrer Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland (am 28.9.1991) für sich, ihre Tochter A und ihren Sohn Ar Hilfe zum Lebensunterhalt, die neben Krankenhilfe ab Antragstellung von dem Beklagten gewährt wurde. Der Kläger erkannte für die Zeit ab 14.10.1991 eine Kostenerstattungspflicht gemäß § 108 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an und erstattete dem Beklagten im Jahr 2004 Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von insgesamt 14 244,55 Euro für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2001.

3

Im November 2005 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten ein Rückerstattungsbegehren geltend, weil nach dem ab 1.1.1994 geltenden § 108 BSHG eine Erstattungspflicht für Personen, die im Geltungsbereich des BSHG geboren seien oder bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe mit einer solchen Person als Verwandte zusammenlebten, entfallen und damit die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei. Der Beklagte lehnte dieses Begehren unter Hinweis auf die Übergangsregelung des § 147 BSHG ab; danach bleibe die Pflicht zur Kostenerstattung auch für die Zeit ab 1.1.1994 bestehen.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 14 244,55 Euro zu erstatten (Urteil vom 17.8.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Beklagte sei gemäß § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zur Rückerstattung der zuvor von dem Kläger erstatteten Sozialhilfeleistungen verpflichtet, weil die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei. Nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG in der ab 1.1.1994 geltenden Fassung scheide ein Kostenerstattungsanspruch aus, wenn Personen betroffen seien, die - wie die Hilfeempfängerin (V.-M.) - im Geltungsbereich des BSHG geboren seien oder bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe - wie die Kinder - mit einer solchen Person als Ehegatte, Verwandte oder Verschwägerte zusammenlebten. Eine Anwendung von § 108 BSHG in der bis zum 31.12.1993 geltenden, insoweit anders lautenden Fassung scheide nach der Übergangsregelung des § 147 BSHG aus, wonach die Pflicht zur Kostenerstattung, die nach der vor dem 1.1.1994 geltenden Fassung des § 108 BSHG entstanden sei, bestehen bleibe. Eine Pflicht zur Kostenerstattung entstehe aber erst, wenn vom erstattungsberechtigten Sozialleistungsträger Kosten für einen Hilfeempfänger aufgewendet würden. Daher könne die Übergangsregelung nur die Erstattungsansprüche bis 31.12.1993 erfassen. Die Übergangsregelung sei insbesondere nicht dahin auszulegen, dass eine Fortgeltung des § 108 BSHG aF für Fälle bestimmt werde, in denen schon für die Zeit vor dem 1.1.1994 eine Kostenerstattung erfolgt sei.

5

Mit der Revision rügt der Beklagte einen Verstoß gegen § 147 BSHG. Danach sollten laufende Erstattungsfälle unangetastet bleiben. Hierfür spreche auch die Übernahme des bisherigen § 147 BSHG in das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig. Sie scheitert insbesondere nicht daran, dass der Kläger "einem Revisionsverfahren nach § 161 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" zugestimmt hat. Diese nach Zustellung des Urteils abgegebene Erklärung ist so auszulegen, dass der Kläger - wie erforderlich - seine Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision erklärt hat (vgl dazu: BSGE 99, 252 ff RdNr 9 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 2 S 3 f; SozR 3-4100 § 249c Nr 2 S 3).

10

Die Revision des Beklagten ist auch im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Entgegen der Ansicht des SG ist die Erstattung der Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 14 244,55 Euro nicht deshalb zu Unrecht erfolgt, weil die Leistungen des Beklagten für die Zeit nach dem 31.12.1993 erbracht worden sind und § 108 BSHG ab 1.1.1994 wegen der Geburt von V.-M. in Deutschland eine Erstattungspflicht nicht mehr vorsah. Ob die Erstattung ggf jedoch aus anderen Gründen zu Unrecht erfolgt ist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) nicht beurteilen.

11

Richtiger Beklagter ist vorliegend der beteiligtenfähige (§ 70 Nr 3 SGG) Oberbürgermeister der Stadt Koblenz. Nach § 70 Nr 3 SGG sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt. § 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des SGG vom 2.10.1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz S 115) regelt die Beteiligtenfähigkeit von Behörden; Behörde in diesem Sinne ist der Bürgermeister. Für den Kläger - das Land - gilt dies nicht, weil insoweit keine Behörde im Sinne des SGG tätig geworden ist. Behörden in diesem Sinne sind nur solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel ihrer Amtsinhaber unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen Träger öffentlicher Verwaltung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl nur: Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X , 3. Aufl 2011, § 1 RdNr 8 mwN; Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 61 RdNr 8, Stand Mai 2010). Hieran fehlt es.

12

Nach § 112 SGB X(in der Normfassung des Gesetzes zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften - 4. Euro-Einführungsgesetz - vom 21.12.2000 - BGBl I 1983) sind gezahlte Beträge zurückzuerstatten, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Von § 112 SGB X werden nicht nur die Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff SGB X, sondern auch sonstige, diesen vergleichbare, in den besonderen Teilen des SGB, auch dem BSHG(§ 68 Nr 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001 - BGBl I 1046), geregelte Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern erfasst (BSG SozR 3-3100 § 81a Nr 1 S 2; Roller in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 112 RdNr 4 mwN). § 112 SGB XII gilt als allgemeiner Rechtsgedanke(BSG aaO) deshalb auch für Erstattungsansprüche nach § 108 BSHG.

13

Grundlage für die Kostenerstattung ist hier § 108 Abs 1 BSHG in der bis 31.12.1993 geltenden Normfassung (aF) der Bekanntmachung der Neufassung des BSHG vom 10.1.1991 (BGBl I 94). § 108 BSHG in der ab 1.1.1994 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23.6.1993 - BGBl I 944) findet entgegen der Auffassung des SG nach der Übergangsregelung des § 147 BSHG(idF des FKPG) keine Anwendung.

14

Nach § 147 BSHG bleibt die Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung bestehen, die nach der vor dem 1.1.1994 geltenden Fassung des § 108 BSHG entstanden oder von der Schiedsstelle bestimmt worden ist. Hiervon sind nicht nur Ansprüche betroffen, die bis zum 31.12.1993 entstanden sind, sondern alle laufenden Sozialhilfefälle, die - wie hier - vor dem 31.12.1993 ihren Beginn hatten und nicht für einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als drei Monaten (siehe dazu unten) unterbrochen wurden (so wohl auch W. Schellhorn/ H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 147 RdNr 5 f; ebenso zu § 115 SGB XII Böttiger in juris Praxiskommentar SGB XII, § 115 SGB XII RdNr 21). Richtig ist zwar, dass der eigentliche Anspruch auf Kostenerstattung erst in dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zuwendung entsteht; § 147 BSHG stellt nach Wortlaut, Systematik, Teleologie und historischer Entwicklung aber nicht auf die Anspruchsentstehung im engeren Sinn, sondern auf die "Pflicht" zur Kostenerstattung ab, mit der die einmal dem Grunde nach entstandene Pflicht, Kosten zu erstatten, also der eigentliche Kostenerstattungsfall gemeint ist.

15

Schon die Gesetzesbegründung spricht nicht von dem "Entstehen des Erstattungsanspruchs", sondern von "eingetretenen Kostenerstattungspflichten" (BT-Drucks 12/4401, S 89 zu Nr 32) und lehnt sich damit an die Wortwahl des § 108 BSHG aF an, der - wie sich aus seiner Struktur und Systematik ergibt - die Kostenerstattungspflicht als Pflicht zur Erstattung laufender Sozialhilfeaufwendungen verstanden wissen will. So sollte etwa nach § 108 Abs 5 BSHG aF die "Verpflichtung zur Erstattung der für einen Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten" entfallen, wenn ihm inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu gewähren war. Damit wollte der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck bringen, dass bereits entstandene Ansprüche (ex tunc) untergehen, sondern dass die dem Grunde nach bestehende Verpflichtung zur Erstattung der Sozialhilfe bei längerer Unterbrechung der Leistung für die Zukunft im Sinne einer Beendigung der dem Grunde nach bestehenden Kostenerstattungspflicht entfällt (vgl dazu auch: W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 108 RdNr 21; Mergler/Zink, BSHG, § 147 RdNr 4, Stand März 2000). Der (dem Grunde nach) erstattungspflichtige überörtliche Träger wurde ab diesem Zeitpunkt also frei; bereits vor Unterbrechung der Leistung entstandene Erstattungsansprüche blieben unangetastet.

16

In diesem Sinne ist auch die Regelung des § 108 Abs 2 BSHG aF zu verstehen; danach wird der zur Kostenerstattung verpflichtete überörtliche Träger der Sozialhilfe von einer Schiedsstelle bestimmt, wenn der Geburtsort des Hilfesuchenden nicht im Geltungsbereich des BSHG liegt oder nicht zu ermitteln ist. Die Bestimmung durch die Schiedsstelle betrifft erkennbar nicht einen in der Vergangenheit (bereits) entstandenen Erstattungsanspruch im engeren Sinn, sondern den laufenden Sozialhilfefall bis zu dessen Beendigung (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 108 RdNr 17; Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 108 RdNr 85). Andernfalls müsste die Schiedsstelle angesichts neu entstehender Erstattungsansprüche in regelmäßigen zeitlichen Abständen den zur Kostenerstattung verpflichteten überörtlichen Träger der Sozialhilfe immer wieder neu bestimmen; denn bei wiederkehrenden Leistungen entsteht nach jedem Bewilligungsabschnitt jeweils ein gesonderter Erstattungsanspruch (BSGE 65, 27 ff = SozR 1300 § 111 Nr 4). Dies war ganz offensichtlich nicht gewollt.

17

Dass mit der Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung nicht der konkrete Anspruch, sondern die Erstattungspflicht dem Grunde nach gemeint ist, ergibt sich auch aus der zweiten Alternative des § 147 BSHG; danach bleibt die Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung bestehen, die (vor dem 1.1.2004) "von der Schiedsstelle bestimmt worden" ist (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 147 RdNr 5). Abgesehen davon, dass die Regelung unter einer ungenauen Formulierung leidet, weil die Schiedsstelle nicht die Verpflichtung zur Kostenerstattung verbindlich regelt, sondern bei bestehender Kostenerstattungspflicht (nur) den erstattungspflichtigen Sozialhilfeträger in den in § 108 BSHG aF geregelten Fällen bestimmt, kann sich die Bestimmung durch die Schiedsstelle denknotwendig nicht auf einen bereits entstandenen konkreten (zeitlich begrenzten) Anspruch beschränken, sondern erstreckt sich auf die Pflicht dem Grunde nach, also auf den laufenden Sozialhilfefall(W. Schellhorn/H. Schellhorn, aaO, § 108 RdNr 17; Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 108 RdNr 85).

18

Von einer solchen Auslegung ist offensichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 (BVerwGE 124, 265 ff) ausgegangen. Die dortige Fallgestaltung betraf die Erstattung von Sozialhilfekosten, die in der Zeit ab 25.9.2000 erbracht worden waren. Das BVerwG hat einen Erstattungsanspruch ua nach § 108 BSHG aF iVm § 147 BSHG mit der Begründung verneint, dass die materiellen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nach § 108 BSHG aF nicht gegeben seien. Dass aber eine Kostenerstattungspflicht nach § 108 BSHG aF auch für Sozialhilfeleistungen bestehen kann, die erst für Zeiten nach dem 1.1.1994 erbracht wurden, hat das BVerwG unausgesprochen angenommen, ohne dies jedoch zu problematisieren.

19

Diese Auslegung des § 147 BSHG wird durch die spätere Gesetzesentwicklung bestätigt; denn das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch hat in der ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung des § 115 SGB XII § 147 BSHG inhaltsgleich übertragen(BT-Drucks 15/1514, S 69 zu § 110). Wollte man die Regelung des § 147 BSHG so verstanden wissen, dass nur bis zum 31.12.1993 erfolgte Zuwendungen erstattungsfähig nach § 108 BSHG aF gewesen sind, wäre eine § 147 BSHG entsprechende Regelung im SGB XII überflüssig. Dies gilt selbst dann, wenn Kostenerstattungsansprüche, die vor dem 1.1.1994 entstanden waren, bis zum Inkrafttreten des SGB XII im Jahre 2005 noch nicht geltend gemacht worden sind; denn der Geltendmachung stünde die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegen oder die Erstattungsansprüche wären bei rechtzeitiger Geltendmachung nach § 113 SGB X verjährt(vgl auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 115 SGB XII RdNr 25). Einen erkennbaren Anwendungsbereich hätte die Regelung, die wegen Zeitablaufs ohnehin nur geringe Bedeutung hat (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 115 SGB XII RdNr 1), nicht mehr.

20

Der Einwand, dass die Gründe für die Übertragung in das SGB XII in den Motiven nicht näher dargelegt sind, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Er unterstellt dem Gesetzgeber zu Unrecht Gedankenlosigkeit oder Unverstand. Dass der Gesetzgeber bei der Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bestehende Übergangsregelungen einer individuellen Prüfung unterzogen hat, ist nämlich schon daran zu erkennen, dass andere Übergangsregelungen bewusst nicht übernommen (§ 144 BSHG, § 23 Abs 1 Satz 2 BSHG) oder modifiziert wurden (§ 147b BSHG). Dem Gesetzgeber kann daher nicht unterstellt werden, unbewusst eine obsolet gewordene Übergangsregelung inhaltsgleich in das SGB XII übernommen zu haben. Im Übrigen hätte schon § 147 BSHG, wollte man eine andere Auffassung vertreten, keine eigenständige, sondern allenfalls deklaratorische Bedeutung; denn § 108 BSHG nF wäre nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts grundsätzlich nicht auf solche Sachverhalte (Erstattungsansprüche) anwendbar, die bereits vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht (entstanden) waren(BSGE 103, 34 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-5910 § 108 Nr 1). Diese Auslegung entspricht schließlich auch Sinn und Zweck der Vorschrift, die den mit einer Neubearbeitung der Fälle verbundenen Verwaltungsaufwand ausschließen wollte (BT-Drucks 12/4401 aaO).

21

Ob die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG aF vorliegen, kann allerdings nicht abschließend beurteilt werden. Nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG aF hat der Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Erstattung aufgewandter Sozialhilfekosten für jemanden, der weder im Ausland noch im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aus dem Ausland in den Geltungsbereich dieses Gesetzes übertritt und innerhalb eines Monats nach seinem Übertritt der Sozialhilfe bedarf. Erstattungspflichtig ist vorliegend der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Hilfesuchende geboren ist. Leben Verwandte bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe zusammen, richtet sich der erstattungspflichtige Träger nach dem ältesten von ihnen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren ist (§ 108 Abs 3 Satz 1 BSHG aF).

22

Feststellungen des SG, die den Senat in die Lage versetzen würden, die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs zu prüfen, fehlen gänzlich. Diese wird das SG ggf nachzuholen haben. Dabei wird es insbesondere beachten müssen, dass es nach dem Wortlaut der Norm nicht entscheidend ist, ob die Sozialhilfe durch Bescheid festgestellt und tatsächlich gezahlt wird, sondern ob ein Sozialhilfeanspruch bestand, die Leistung also - auch in ihrer Höhe - rechtmäßig war. Dies zeigt § 111 Abs 1 BSHG, wonach die aufgewandten Kosten (nur) zu erstatten sind, "soweit die Hilfe diesem Gesetz entspricht"(BSGE 103, 34 ff RdNr 14, 19 = SozR 4-5910 § 108 Nr 1).

23

Das SG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs 1 und 3, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Leistung diesem Buch entspricht. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistung von Sozialhilfe.

(2) Kosten unter 2 560 Euro, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungserbringung von bis zu zwölf Monaten, sind außer in den Fällen einer vorläufigen Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 nicht zu erstatten. Die Begrenzung auf 2 560 Euro gilt, wenn die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts im Sinne von § 27 Absatz 2 Satz 2 und 3 zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Leistung diesem Buch entspricht. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistung von Sozialhilfe.

(2) Kosten unter 2 560 Euro, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungserbringung von bis zu zwölf Monaten, sind außer in den Fällen einer vorläufigen Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 nicht zu erstatten. Die Begrenzung auf 2 560 Euro gilt, wenn die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts im Sinne von § 27 Absatz 2 Satz 2 und 3 zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17. August 2009 - S 14 SO 96/08 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 14 244,55 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Rückerstattung vom Kläger dem Beklagten erstatteter Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 14 244,55 Euro.

2

Am 14.10.1991 beantragte die in A (Rheinland-Pfalz) geborene V-M (V.-M.) im Anschluss an einen ca 18 Jahre dauernden Aufenthalt in der Türkei nach ihrer Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland (am 28.9.1991) für sich, ihre Tochter A und ihren Sohn Ar Hilfe zum Lebensunterhalt, die neben Krankenhilfe ab Antragstellung von dem Beklagten gewährt wurde. Der Kläger erkannte für die Zeit ab 14.10.1991 eine Kostenerstattungspflicht gemäß § 108 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an und erstattete dem Beklagten im Jahr 2004 Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von insgesamt 14 244,55 Euro für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2001.

3

Im November 2005 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten ein Rückerstattungsbegehren geltend, weil nach dem ab 1.1.1994 geltenden § 108 BSHG eine Erstattungspflicht für Personen, die im Geltungsbereich des BSHG geboren seien oder bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe mit einer solchen Person als Verwandte zusammenlebten, entfallen und damit die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei. Der Beklagte lehnte dieses Begehren unter Hinweis auf die Übergangsregelung des § 147 BSHG ab; danach bleibe die Pflicht zur Kostenerstattung auch für die Zeit ab 1.1.1994 bestehen.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 14 244,55 Euro zu erstatten (Urteil vom 17.8.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Beklagte sei gemäß § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zur Rückerstattung der zuvor von dem Kläger erstatteten Sozialhilfeleistungen verpflichtet, weil die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei. Nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG in der ab 1.1.1994 geltenden Fassung scheide ein Kostenerstattungsanspruch aus, wenn Personen betroffen seien, die - wie die Hilfeempfängerin (V.-M.) - im Geltungsbereich des BSHG geboren seien oder bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe - wie die Kinder - mit einer solchen Person als Ehegatte, Verwandte oder Verschwägerte zusammenlebten. Eine Anwendung von § 108 BSHG in der bis zum 31.12.1993 geltenden, insoweit anders lautenden Fassung scheide nach der Übergangsregelung des § 147 BSHG aus, wonach die Pflicht zur Kostenerstattung, die nach der vor dem 1.1.1994 geltenden Fassung des § 108 BSHG entstanden sei, bestehen bleibe. Eine Pflicht zur Kostenerstattung entstehe aber erst, wenn vom erstattungsberechtigten Sozialleistungsträger Kosten für einen Hilfeempfänger aufgewendet würden. Daher könne die Übergangsregelung nur die Erstattungsansprüche bis 31.12.1993 erfassen. Die Übergangsregelung sei insbesondere nicht dahin auszulegen, dass eine Fortgeltung des § 108 BSHG aF für Fälle bestimmt werde, in denen schon für die Zeit vor dem 1.1.1994 eine Kostenerstattung erfolgt sei.

5

Mit der Revision rügt der Beklagte einen Verstoß gegen § 147 BSHG. Danach sollten laufende Erstattungsfälle unangetastet bleiben. Hierfür spreche auch die Übernahme des bisherigen § 147 BSHG in das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig. Sie scheitert insbesondere nicht daran, dass der Kläger "einem Revisionsverfahren nach § 161 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" zugestimmt hat. Diese nach Zustellung des Urteils abgegebene Erklärung ist so auszulegen, dass der Kläger - wie erforderlich - seine Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision erklärt hat (vgl dazu: BSGE 99, 252 ff RdNr 9 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 2 S 3 f; SozR 3-4100 § 249c Nr 2 S 3).

10

Die Revision des Beklagten ist auch im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Entgegen der Ansicht des SG ist die Erstattung der Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 14 244,55 Euro nicht deshalb zu Unrecht erfolgt, weil die Leistungen des Beklagten für die Zeit nach dem 31.12.1993 erbracht worden sind und § 108 BSHG ab 1.1.1994 wegen der Geburt von V.-M. in Deutschland eine Erstattungspflicht nicht mehr vorsah. Ob die Erstattung ggf jedoch aus anderen Gründen zu Unrecht erfolgt ist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) nicht beurteilen.

11

Richtiger Beklagter ist vorliegend der beteiligtenfähige (§ 70 Nr 3 SGG) Oberbürgermeister der Stadt Koblenz. Nach § 70 Nr 3 SGG sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt. § 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des SGG vom 2.10.1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz S 115) regelt die Beteiligtenfähigkeit von Behörden; Behörde in diesem Sinne ist der Bürgermeister. Für den Kläger - das Land - gilt dies nicht, weil insoweit keine Behörde im Sinne des SGG tätig geworden ist. Behörden in diesem Sinne sind nur solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel ihrer Amtsinhaber unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen Träger öffentlicher Verwaltung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl nur: Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X , 3. Aufl 2011, § 1 RdNr 8 mwN; Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 61 RdNr 8, Stand Mai 2010). Hieran fehlt es.

12

Nach § 112 SGB X(in der Normfassung des Gesetzes zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften - 4. Euro-Einführungsgesetz - vom 21.12.2000 - BGBl I 1983) sind gezahlte Beträge zurückzuerstatten, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Von § 112 SGB X werden nicht nur die Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff SGB X, sondern auch sonstige, diesen vergleichbare, in den besonderen Teilen des SGB, auch dem BSHG(§ 68 Nr 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001 - BGBl I 1046), geregelte Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern erfasst (BSG SozR 3-3100 § 81a Nr 1 S 2; Roller in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 112 RdNr 4 mwN). § 112 SGB XII gilt als allgemeiner Rechtsgedanke(BSG aaO) deshalb auch für Erstattungsansprüche nach § 108 BSHG.

13

Grundlage für die Kostenerstattung ist hier § 108 Abs 1 BSHG in der bis 31.12.1993 geltenden Normfassung (aF) der Bekanntmachung der Neufassung des BSHG vom 10.1.1991 (BGBl I 94). § 108 BSHG in der ab 1.1.1994 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23.6.1993 - BGBl I 944) findet entgegen der Auffassung des SG nach der Übergangsregelung des § 147 BSHG(idF des FKPG) keine Anwendung.

14

Nach § 147 BSHG bleibt die Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung bestehen, die nach der vor dem 1.1.1994 geltenden Fassung des § 108 BSHG entstanden oder von der Schiedsstelle bestimmt worden ist. Hiervon sind nicht nur Ansprüche betroffen, die bis zum 31.12.1993 entstanden sind, sondern alle laufenden Sozialhilfefälle, die - wie hier - vor dem 31.12.1993 ihren Beginn hatten und nicht für einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als drei Monaten (siehe dazu unten) unterbrochen wurden (so wohl auch W. Schellhorn/ H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 147 RdNr 5 f; ebenso zu § 115 SGB XII Böttiger in juris Praxiskommentar SGB XII, § 115 SGB XII RdNr 21). Richtig ist zwar, dass der eigentliche Anspruch auf Kostenerstattung erst in dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zuwendung entsteht; § 147 BSHG stellt nach Wortlaut, Systematik, Teleologie und historischer Entwicklung aber nicht auf die Anspruchsentstehung im engeren Sinn, sondern auf die "Pflicht" zur Kostenerstattung ab, mit der die einmal dem Grunde nach entstandene Pflicht, Kosten zu erstatten, also der eigentliche Kostenerstattungsfall gemeint ist.

15

Schon die Gesetzesbegründung spricht nicht von dem "Entstehen des Erstattungsanspruchs", sondern von "eingetretenen Kostenerstattungspflichten" (BT-Drucks 12/4401, S 89 zu Nr 32) und lehnt sich damit an die Wortwahl des § 108 BSHG aF an, der - wie sich aus seiner Struktur und Systematik ergibt - die Kostenerstattungspflicht als Pflicht zur Erstattung laufender Sozialhilfeaufwendungen verstanden wissen will. So sollte etwa nach § 108 Abs 5 BSHG aF die "Verpflichtung zur Erstattung der für einen Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten" entfallen, wenn ihm inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu gewähren war. Damit wollte der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck bringen, dass bereits entstandene Ansprüche (ex tunc) untergehen, sondern dass die dem Grunde nach bestehende Verpflichtung zur Erstattung der Sozialhilfe bei längerer Unterbrechung der Leistung für die Zukunft im Sinne einer Beendigung der dem Grunde nach bestehenden Kostenerstattungspflicht entfällt (vgl dazu auch: W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 108 RdNr 21; Mergler/Zink, BSHG, § 147 RdNr 4, Stand März 2000). Der (dem Grunde nach) erstattungspflichtige überörtliche Träger wurde ab diesem Zeitpunkt also frei; bereits vor Unterbrechung der Leistung entstandene Erstattungsansprüche blieben unangetastet.

16

In diesem Sinne ist auch die Regelung des § 108 Abs 2 BSHG aF zu verstehen; danach wird der zur Kostenerstattung verpflichtete überörtliche Träger der Sozialhilfe von einer Schiedsstelle bestimmt, wenn der Geburtsort des Hilfesuchenden nicht im Geltungsbereich des BSHG liegt oder nicht zu ermitteln ist. Die Bestimmung durch die Schiedsstelle betrifft erkennbar nicht einen in der Vergangenheit (bereits) entstandenen Erstattungsanspruch im engeren Sinn, sondern den laufenden Sozialhilfefall bis zu dessen Beendigung (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 108 RdNr 17; Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 108 RdNr 85). Andernfalls müsste die Schiedsstelle angesichts neu entstehender Erstattungsansprüche in regelmäßigen zeitlichen Abständen den zur Kostenerstattung verpflichteten überörtlichen Träger der Sozialhilfe immer wieder neu bestimmen; denn bei wiederkehrenden Leistungen entsteht nach jedem Bewilligungsabschnitt jeweils ein gesonderter Erstattungsanspruch (BSGE 65, 27 ff = SozR 1300 § 111 Nr 4). Dies war ganz offensichtlich nicht gewollt.

17

Dass mit der Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung nicht der konkrete Anspruch, sondern die Erstattungspflicht dem Grunde nach gemeint ist, ergibt sich auch aus der zweiten Alternative des § 147 BSHG; danach bleibt die Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung bestehen, die (vor dem 1.1.2004) "von der Schiedsstelle bestimmt worden" ist (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 147 RdNr 5). Abgesehen davon, dass die Regelung unter einer ungenauen Formulierung leidet, weil die Schiedsstelle nicht die Verpflichtung zur Kostenerstattung verbindlich regelt, sondern bei bestehender Kostenerstattungspflicht (nur) den erstattungspflichtigen Sozialhilfeträger in den in § 108 BSHG aF geregelten Fällen bestimmt, kann sich die Bestimmung durch die Schiedsstelle denknotwendig nicht auf einen bereits entstandenen konkreten (zeitlich begrenzten) Anspruch beschränken, sondern erstreckt sich auf die Pflicht dem Grunde nach, also auf den laufenden Sozialhilfefall(W. Schellhorn/H. Schellhorn, aaO, § 108 RdNr 17; Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 108 RdNr 85).

18

Von einer solchen Auslegung ist offensichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 (BVerwGE 124, 265 ff) ausgegangen. Die dortige Fallgestaltung betraf die Erstattung von Sozialhilfekosten, die in der Zeit ab 25.9.2000 erbracht worden waren. Das BVerwG hat einen Erstattungsanspruch ua nach § 108 BSHG aF iVm § 147 BSHG mit der Begründung verneint, dass die materiellen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nach § 108 BSHG aF nicht gegeben seien. Dass aber eine Kostenerstattungspflicht nach § 108 BSHG aF auch für Sozialhilfeleistungen bestehen kann, die erst für Zeiten nach dem 1.1.1994 erbracht wurden, hat das BVerwG unausgesprochen angenommen, ohne dies jedoch zu problematisieren.

19

Diese Auslegung des § 147 BSHG wird durch die spätere Gesetzesentwicklung bestätigt; denn das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch hat in der ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung des § 115 SGB XII § 147 BSHG inhaltsgleich übertragen(BT-Drucks 15/1514, S 69 zu § 110). Wollte man die Regelung des § 147 BSHG so verstanden wissen, dass nur bis zum 31.12.1993 erfolgte Zuwendungen erstattungsfähig nach § 108 BSHG aF gewesen sind, wäre eine § 147 BSHG entsprechende Regelung im SGB XII überflüssig. Dies gilt selbst dann, wenn Kostenerstattungsansprüche, die vor dem 1.1.1994 entstanden waren, bis zum Inkrafttreten des SGB XII im Jahre 2005 noch nicht geltend gemacht worden sind; denn der Geltendmachung stünde die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegen oder die Erstattungsansprüche wären bei rechtzeitiger Geltendmachung nach § 113 SGB X verjährt(vgl auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 115 SGB XII RdNr 25). Einen erkennbaren Anwendungsbereich hätte die Regelung, die wegen Zeitablaufs ohnehin nur geringe Bedeutung hat (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 115 SGB XII RdNr 1), nicht mehr.

20

Der Einwand, dass die Gründe für die Übertragung in das SGB XII in den Motiven nicht näher dargelegt sind, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Er unterstellt dem Gesetzgeber zu Unrecht Gedankenlosigkeit oder Unverstand. Dass der Gesetzgeber bei der Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bestehende Übergangsregelungen einer individuellen Prüfung unterzogen hat, ist nämlich schon daran zu erkennen, dass andere Übergangsregelungen bewusst nicht übernommen (§ 144 BSHG, § 23 Abs 1 Satz 2 BSHG) oder modifiziert wurden (§ 147b BSHG). Dem Gesetzgeber kann daher nicht unterstellt werden, unbewusst eine obsolet gewordene Übergangsregelung inhaltsgleich in das SGB XII übernommen zu haben. Im Übrigen hätte schon § 147 BSHG, wollte man eine andere Auffassung vertreten, keine eigenständige, sondern allenfalls deklaratorische Bedeutung; denn § 108 BSHG nF wäre nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts grundsätzlich nicht auf solche Sachverhalte (Erstattungsansprüche) anwendbar, die bereits vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht (entstanden) waren(BSGE 103, 34 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-5910 § 108 Nr 1). Diese Auslegung entspricht schließlich auch Sinn und Zweck der Vorschrift, die den mit einer Neubearbeitung der Fälle verbundenen Verwaltungsaufwand ausschließen wollte (BT-Drucks 12/4401 aaO).

21

Ob die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG aF vorliegen, kann allerdings nicht abschließend beurteilt werden. Nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG aF hat der Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Erstattung aufgewandter Sozialhilfekosten für jemanden, der weder im Ausland noch im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aus dem Ausland in den Geltungsbereich dieses Gesetzes übertritt und innerhalb eines Monats nach seinem Übertritt der Sozialhilfe bedarf. Erstattungspflichtig ist vorliegend der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Hilfesuchende geboren ist. Leben Verwandte bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe zusammen, richtet sich der erstattungspflichtige Träger nach dem ältesten von ihnen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren ist (§ 108 Abs 3 Satz 1 BSHG aF).

22

Feststellungen des SG, die den Senat in die Lage versetzen würden, die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs zu prüfen, fehlen gänzlich. Diese wird das SG ggf nachzuholen haben. Dabei wird es insbesondere beachten müssen, dass es nach dem Wortlaut der Norm nicht entscheidend ist, ob die Sozialhilfe durch Bescheid festgestellt und tatsächlich gezahlt wird, sondern ob ein Sozialhilfeanspruch bestand, die Leistung also - auch in ihrer Höhe - rechtmäßig war. Dies zeigt § 111 Abs 1 BSHG, wonach die aufgewandten Kosten (nur) zu erstatten sind, "soweit die Hilfe diesem Gesetz entspricht"(BSGE 103, 34 ff RdNr 14, 19 = SozR 4-5910 § 108 Nr 1).

23

Das SG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs 1 und 3, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Leistung diesem Buch entspricht. Dabei gelten die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze für die Leistung von Sozialhilfe.

(2) Kosten unter 2 560 Euro, bezogen auf einen Zeitraum der Leistungserbringung von bis zu zwölf Monaten, sind außer in den Fällen einer vorläufigen Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 nicht zu erstatten. Die Begrenzung auf 2 560 Euro gilt, wenn die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts im Sinne von § 27 Absatz 2 Satz 2 und 3 zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.