Landgericht Wuppertal Beschluss, 25. Juni 2015 - 16 S 10/15
Tenor
weist die Kammer darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung zurückgenommen wird.
1
Gründe:
2Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
3I.
4Der Kläger begehrt Schadensersatz aufgrund der Beschädigung seines Fahrzeugs Modell Mini Cooper S (Abriss Heckspoiler) in der Waschanlage des Beklagten. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl. Ing. G kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Abriss des Heckspoilers beim Waschvorgang sowohl in der konstruktiven Gegebenheit des Heckspoilers – Fahrzeuge wie das klägerische mit großem Heckspoiler seien in Portalwaschanlagen grundsätzlich gefährdet, was bekannt sei und auch in der Fachliteratur seit Jahren diskutiert werde – in Verbindung mit der nutzungsbedingt geschwächten Klebeverbindung des Heckspoilers und dem Fehlen einer Reversierung der Waschanlage, was nicht dem Stand der Technik entspreche, verursacht worden sei.
5Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
6II.
7Die zulässige Berufung ist unbegründet.
8Zu Recht hat das Amtsgericht einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB angenommen. Das Berufungsvorbringen in der Berufungsbegründungsschrift vom 27.2.2015 rechtfertigt keine andere Entscheidung, da das Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die von der Kammer zugrunde zulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
9Zunächst ist festzuhalten, dass es auf den unter I. 1. in der Berufungsbegründung aufgeführten Aspekt im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ankommt. Zwar trifft es zu, dass der Sachverständige in seinem Gutachten eine geschwächte Klebeverbindung des Heckspoilers festgestellt hat, wenngleich er in seiner mündlichen Anhörung vom 27.11.2014 am Ende angegeben hat, dass dieser Aspekt unter den dort genannten Umständen gegebenenfalls zu relativieren sei (vergleiche Bl. 170 GA). Dies könnte zwar dazu geeignet sein, den dem Kläger obliegenden Beweis der Verletzung einer Wartungs – bzw. Überprüfungspflicht des Beklagten dahingehend, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren muss, infrage zu stellen.
10Dies kann jedoch dahinstehen, da sich eine andere Pflichtverletzung des Beklagten im vorliegenden Fall daraus ergibt, dass der Beklagte nicht alle notwendigen Vorkehrungen getroffen hat, um Schäden von dem in die Waschanlage fahrenden Fahrzeug des Klägers abzuwenden (vergleiche LG Köln NZV 2006, 87). Der Beklagte hätte vorliegend insoweit in den sichtbaren Bedienungshinweisen der Waschanlage darauf hinweisen müssen, dass Fahrzeuge mit einem großen Heckspoiler, wie auch der am klägerischen Fahrzeug, grundsätzlich in seiner Portalwaschanlage gefährdet sind. Der Sachverständige Dipl. Ing. G hat insoweit in seinem Gutachten und auch in seiner mündlichen Erörterung ausgeführt, dass bei dem vom Kläger erlittenen Schaden die grundsätzliche Problematik bei derartigen Heckspoilern und der Benutzung von Portalwaschanlagen, insbesondere vor dem Hintergrund bestehe, dass bei der Waschanlage des Beklagten – insoweit nicht dem heutigen Stand der Technik entsprechend – keine Reversierung der Waschanlage vorgesehen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung vom 27.10.2014 (Bl. 170 GA) wäre ein derartiger Schaden auch dadurch verhindert worden, d.h. das Beschädigungsrisiko hat sich im vorliegenden Fall verwirklicht. Wenn die rotierenden Bürstenwalzen nicht nur hochgeführt worden wären, sondern wenn sie, da sie dem Fahrzeug nachfolgten, wieder zurück nach hinten geführt worden wären, wäre der Schaden nicht eingetreten.
11Die Kammer folgt den Ausführungen des Sachverständigen, da sie in sich schlüssig und widerspruchsfrei sind. Diesbezügliche Zweifel werden auch von der Berufung nicht aufgezeigt.
12Wenn es sich aber demgemäß nicht um die völlig fernliegende Möglichkeit einer Beschädigung, sondern um ein anlageimmanentes Risiko für derartige Spoiler, wie am Klägerfahrzeug vorhanden, handelt, entspricht es auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen einer angemessenen Risikoverteilung zwischen dem Betreiber der Waschanlage und dem Kunden, eine Hinweispflicht im Hinblick auf das Bestehen des hier verwirklichten Risikos anzunehmen (vergleiche LG Köln NZV 2006, 87).
13Diese Hinweispflicht entfiel auch nicht deshalb, weil dieses Schadensrisiko jedem Kunden hätte offensichtlich sein müssen, da die Kammer – wie das LG Potsdam – bezüglich des vom Sachverständigen geschilderten konkreten Risikos eines Schadenseintritts an einem Spoiler keine Offensichtlichkeit für einen Kunden sieht (LG Potsdam, Urteil vom 2. September 2004, Az. 3 S 239/03 –, juris, Rn. 10). Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer anschließt, insbesondere die fehlende Reversierung der Bürstenwalze, die nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht, mitursächlich für den Schaden geworden ist. U.a. das Fehlen dieses technischen Umstandes war für einen Kunden sicher nicht offensichtlich.
14Der fehlende Hinweis auf dem Schild des Beklagten, wonach die Benutzung mit Fahrzeugen mit serienmäßigen Heckspoilern aufgrund der Auslegung des Heckspoilers und der fehlenden Reversierung grundsätzlich ein Gefahrenpotential für die Schädigung derartiger Fahrzeuge birgt, war auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine nicht mehr vollständig intakte Verklebung des Heckspoiler als Mitursache nicht ausgeschlossen werden konnte, für den Schaden mitursächlich. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass auch Umstände aus dem Gefahrenbereich des Beklagten, nämlich die fehlende Reversierung zu dem Abriss des Heckspoilers geführt haben und sich gerade das grundsätzliche Gefahrenpotential aufgrund der Auslegung des Heckspoilers verwirklicht hat. In seiner mündlichen Anhörung hat er ausgeführt, dass die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs gleichwohl bei einer dem heutigen Stand der Technik entsprechenden Reversierung der Waschanlage nicht eingetreten wäre. Im Hinblick auf die Frage des Zurechnungszusammenhangs ist Mitursächlichkeit insoweit ausreichend (Palandt/Grüneberg, 74. Aufl., Vor § 249 BGB Rn. 33). Dass der Kläger bei entsprechendem Hinweis die Anlage nicht benutzt hätte, dafür spricht bereits die Vermutung des weisungsgemäßen Verhaltens.
15Der Beklagte hat sich auch nicht im Hinblick auf das vermutete Verschulden gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlastet. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte von der vom Sachverständigen ausführlich dargestellten grundsätzlichen Gefährdung von Fahrzeugen wie dem klägerischen gewusst hat. Vielmehr reicht aus, dass der Beklagte von dem Risiko bei Anwendung eines durchschnittlichen Sorgfaltsmaßstabes etwas hätte wissen können und müssen. Vor diesem Hintergrund vermag der Einwand des Beklagten, er habe noch keine konkreten Erfahrungen im Rahmen seiner Waschanlage mit derartigen Beschädigung gemacht, ihn nicht zu entlasten. Vielmehr ergibt sich aus der vom Sachverständigen überreichten Literatur, konkret der Zeitschrift der Autowäsche des Bundesverbands der Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland e.V., dass die Problematik der Schadensanfälligkeit derartiger Spoiler seit vielen Jahren bekannt ist und mehrfach in der Fachliteratur thematisiert wurde. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass das Beschädigungsrisiko, das sich hier verwirklicht hat, in der Branche bekannt war und ist. Dem Betreiber einer Waschanlage obliegt es, sich insoweit zu informieren. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, da die Waschanlage nicht auf dem heutigen Stand der Technik (Reversierung) war. Vor diesem Hintergrund ist das Vorliegen von Fahrlässigkeit durch den Beklagten nicht widerlegt worden. Im Hinblick auf die weiteren Aspekte der Fahrlässigkeit kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (Seite 3 des Urteils, Bl. 181 GA) verwiesen werden.
16Der Einwand des Mitverschuldens gelingt dem Beklagten letztlich auch nicht. Aus der Bedienungsanleitung des klägerischen Fahrzeugs ergibt sich gerade nicht, dass bei der Benutzung einer Waschanlage die Gefahr einer Beschädigung des Spoilers besteht. Eine Pflicht des Klägers, insoweit eine aktuellere Bedienungsanleitung d.h. für ein neueres Fahrzeugs der gleichen Art, einzusehen, ist sicher nicht gegeben.
17Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung der Kammer auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).
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Referenzen - Gesetze
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.