Landgericht Trier Beschluss, 27. Sept. 2017 - 11 OH 64/16
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen R... wegen Befangenheit wird für unbegründet erklärt.
Gründe
I.
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Der Sachverständige R... führte am 06.07.2017 einen Ortstermin durch, bei dem Schäden an verschiedenen Wohnungen im Hausanwesen der Antragstellerin in Augenschein genommen wurden. Im Laufe des Ortstermins entfernten sich die Prozessbevollmächtigten der Verfahrensbeteiligten. Die Antragsteller sprachen den Sachverständigen auf weitere Mängel an. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist streitig, der Sachverständige wies aber jedenfalls auf die Möglichkeit eines Ergänzungsbeschlusses im selbständigen Beweisverfahren hin. In einem Protokoll der Eigentümerversammlung der Antragstellerin vom 12.07.2017 wurde aufgenommen: „Herr Dr. R... gibt aufgrund der bisherigen Erkenntnisse nachfolgende Empfehlungen ab, die Frau Rechtsanwältin J... unter dem internen Az.: [...] überprüfen bzw. im Rahmen eines weiteren Ergänzungsantrags gegenüber dem Landgericht geltend machen soll. [...] Herr Dr. R... regt an, dass die Kanzlei H... die beiden v.g. Schreiben auf Vollständigkeit überprüft bezüglich ihrem Erstantrag gegenüber dem Landgericht überprüft. Ferner soll RA in J. die nachfolgenden Positionen neu formulieren bzw. zwischenzeitlich die neu erkannten verdeckten Mängel in einem Ergänzungsantrag gegenüber dem Landgericht Trier darlegen, damit das Team Dr. R... im August 2017 dies bei der nächsten Begutachtung berücksichtigen kann..."
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Mit Schriftsatz vom 16.08.2017 lehnte die Antragsgegnerin den Sachverständigen R... ab. Der Sachverständige habe den unüberwindbaren Verdacht erweckt, darauf abzuzielen, weitere Feststellungen zum Nachteil der Antragsgegnerin führen zu können.
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Der Sachverständige hat mit Schriftsatz vom 23.08.2017 zum Befangenheitsantrag Stellung genommen, ebenso wie die Antragsteller mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 25.09.2017. Ein Antrag auf Ergänzung des Beweisbeschlusses wurde bislang nicht gestellt.
II.
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Bei dem Sachverständigen R... besteht keine Besorgnis der Befangenheit.
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Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn Tatsachen vorliegen, die ein auch nur subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen können (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., § 406 ZPO, Rn 8).
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Solche Tatsachen können sich auch aus dem Verhalten des Sachverständigen ergeben. Die ist z.B. der Fall, wenn der Sachverständige bei der Gutachtenerstellung eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluß und den Gutachterauftrag gezogenen Grenzen hinausgeht und den Prozeßbeteiligten unzulässigerweise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist (z.B. OLG München, Beschluss vom 15.05.1996, Az: 13 W 1665/96, zitiert nach juris) oder wenn er auf Fallumstände hinweist, die nicht von seinem Auftrag erfasst sind (OLG München, VersR 2008, 944).
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Solche Tatsachen sind nicht gegeben. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Sachverständige - wie er in seiner Stellungnahme ausgeführt hat - von der Antragstellerin auf einen weiteren Mängel hingewiesen wurde, dass er nach Nachfrage, ob dieser Mangel vom Beweisbeschluss umfasst ist, darauf hingewiesen hat, dass er den Mangel nicht begutachten könne und dass er darauf hingewiesen habe, dass der Beweisbeschluss im selbständigen Beweisverfahren ggf. ergänzt werden könne.
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Zwar war das Verhalten des Sachverständigen nicht perfekt, als er am Besten das Mitglied der Antragstellerin ohne weitere Aussagen zu Beweisantragsergänzungen an ihren Verfahrensbevollmächtigten verwiesen hätte. Das Verhalten des Sachverständigen bewegt sich insoweit noch in einem Rahmen, der ein subjektives Misstrauen einer objektiven Partei vernünftigerweise noch nicht rechtfertigt. Der Sachverständige ist der Kammer als sachlicher, ruhiger, sehr genauer und umsichtiger Sachverständiger bekannt. Der Sachverständige hat den Gutachtenauftrag eingehalten und auch nicht auf weitere Fallumstände hingewiesen, sondern wurde von der Antragstellerin auf den weiteren behaupteten Mängel aufmerksam gemacht. Er hat sich insbesondere nicht inhaltlich zu dem behaupteten weiteren Mangel geäußert. Aus dem Hinweis auf die Möglichkeit eines Ergänzungsbeweisbeschluss geht insbesondere auch nicht hervor, dass der Sachverständige das Verhalten der Antragstellerin hätte steuern wollen. Im Übrigen ist der Hinweis des Sachverständigen für die Antragstellerin kaum von Vorteil. Hätte er diese, was unzweifelhaft zu keine Befangenheit geführt hätte, auf ihre Prozessbevollmächtigte verwiesen, so wäre diese gerichtsbekannt in der Lage, die Notwendigkeit einer Ergänzung des Beweisbeschlusses zu erkennen. Zuletzt dürfen auch die Anforderungen an das Verhalten des Sachverständigen in einem Gespräch, welches er nicht vorhersehen konnte, nicht überspannt werden.
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Demgegenüber steht nicht allein aufgrund des Protokolls der Wohnungseigentümerversammlung fest, dass der Sachverständige die Antragstellerin beraten hätte. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass der Gesprächspartner des Sachverständigen R... (lauf Stellungnahme Sachverständiger R...: Frau Sch...) bei dem Ortstermin ein anderer war als derjenige, der das Protokoll aufgenommen hat (laut Protokoll: Herr S...). Bereits Frau Sch... kann aufgrund des bekannten Grundsatzes, dass der Empfänger nicht immer das versteht, was der Sender ausdrücken will, den sachlichen Hinweis des Sachverständigen R..., dass eine Ergänzung des Beweisbeschlusses möglich sei, als Empfehlung dahingehend missverstanden haben, die Ergänzung des Beweisbeschlusses zu beantragen. Nimmt aber ein Dritter den Bericht von Frau Sch... und das Ergebnis einer Beratung als Ergebnisprotokoll auf, so können aus dem Aufgenommenen aus Sicht der Kammer nur sehr bedingt Rückschlüsse auf das vom Sachverständigen gegenüber Frau Sch... gesagten geschlossen werden.