Landgericht München I Teilurteil, 18. Aug. 2016 - 7 O 3299/15

bei uns veröffentlicht am18.08.2016

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit seit dem 29.01.2012 Rumpfschalenbauteile für Flugzeuge, insbesondere für das Flugzeug ... hergestellt, vertrieben oder in Verkehr gebracht hat,

wobei sie sich zur Herstellung der Rumpfschalenbauteile eines Verfahrens zur Montage von Spanten an einem Hautfeld bedient hat, bei denen das Hautfeld in einer Montagestation angeordnet wird und in dieser Montagestation eine kombinierte Montage von Spanten und Clips erfolgt, und die Montagestation eine Außenbühne mit einem konturgebenden Aufnahmesystem für das Hautfeld und eine Innenbühne mit einem Aufnahmesystem für die Spanten aufweist, und weiterhin nach einem Aufrüsten der Außenbühne mit dem in Sollkontur gebrachten Hautfeld und der Innenbühne mit den daran gehaltenen Spanten die Innenbühne relativ zu der Außenbühne derart ausgerichtet wird, dass die Spanten in ihrer Solllage bezüglich des Hautfeldes angeordnet werden, und daraufhin die Clips zur Schaffung der Verbindung zwischen dem Hautfeld und den Spanten eingebaut werden,

und zwar in einem geordneten Verzeichnis unter Angabe

– der Herstellungsmengen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen,

– der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie die Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

– der Namen und Anschriften der Lizenznehmer,

– der erzielten Lizenzeinnahmen oder Einnahmen aus Kauf- und Austauschverträgen,

– der für die Ausübung des Verfahrens hergestellten und/oder dafür angeschafften Montagestationen für die kombinierte Montage von Spanten und Clips an einem Hautfeld, umfassend eine Vorrichtung zum Positionieren eines in Sollkontur gebrachten Hautfeldes und ein Spantaufnahmesystem zum Halten und Positionieren mindestens eines Spants relativ zu dem Hautfeld derart, dass Clips zur Verbindung von Hautfeld und Spant relativ zu dem Hautfeld und dem Spant anordenbar und vormontierbar sind,

– wobei neben der Anzahl und der Anschaffungszeiten auch Angaben zu den dafür getroffenen Aufwendungen zu machen sind,

- sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen.

Der Beklagten wird nachgelassen, Rechnung in der Weise zu legen, dass auf ihre Kosten die Angaben betreffend die Abnehmer nicht dem Kläger, sondern einem von der Beklagten zu bezeichnenden, auch gegenüber der Klägerin zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitgeteilt werden, der von der Beklagten ermächtigt wird, dem Kläger auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob bestimmte von ihm zu bezeichnende Lieferungen (Abnehmer) in der Aufstellung enthalten sind.

II. Im Übrigen wird Antrag I. der Klage abgewiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV. Das Urteil ist in Ziffer i. vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei hat vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 10.000 Euro zu leisten.

Tatbestand

Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Ansprüche wegen einer behaupteten Diensterfindung geltend. Auf der ersten Stufe begehrt er Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche.

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der ... Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung und Fertigung von großflächigen Flugzeugkomponenten.

Der Kläger ist ausgebildeter Flugzeugbauer. Er hat seine Ausbildung von 1997 bis 2001 bei ... absolviert und mit dem Facharbeiterbrief abgeschlossen. Dann war er Fertigungsmitarbeiter der Rumpfschalenmontage in verschiedenen ... wie ... bis zum Jahre 2003. Anschließend studierte der Kläger Produktionstechnik an der Fachhochschule Köln. In den Semesterferien war er wiederholt als Werkstudent in der Fertigung bei ... tätig. Seine Diplomarbeit erstellte der Kläger bei ... im Jahre 2007. In dieser Zeit bestand zwischen dem Kläger und ... ein Diplomanden-Verhältnis aufgrund eines Vertrages vom 15. Oktober 2007 (K 1). Seine Tätigkeit als Diplomand nahm er zum 17. Oktober 2007 auf. In Ziffer 8 der Vereinbarung vom 15. August 2007 lautet es:

„Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge sind unverzüglich zu melden. Sie werden in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über Arbeitnehmererfindungen behandelt und ggf. entschädigt.

Der Diplomand räumt dem Unternehmen das ausschließliche und umfassende Recht ein, die in der Diplomarbeit angestellten Untersuchungen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse zu nutzen.“

Im November 2007 hielt der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine PowerPoint-Präsentation (K3). Diese Präsentation wurde allen Anwesenden, auch Herrn ... in gedruckter Version ausgehändigt. Im März 2008 gab der Kläger seine Diplomarbeit ab (K 4), die nicht offengelegt wurde.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 29.09.2011 (K 5) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Diplomand eine Erfindung gemacht habe. Diese Erfindung wurde zu einem nicht benannten Zeitpunkt unbeschränkt in Anspruch genommen. In der Folgezeit wurde von der Beklagten eine entsprechende Patentanmeldung (K 6) beim Deutschen Patent- und Markenamt einreichte. Diese Patentanmeldung datiert auf den 09. August 2012 und hat die Nummer ... Der Kläger wurde als alleiniger Erfinder benannt. Die Anmeldung wurde am 13. Februar 2014 offengelegt. Im Rahmen des Prüfungsverfahrens ergaben sich Änderungen. Der Hauptanspruch 1 lautete in der zuletzt begehrten Fassung:

„Verfahren zur Montage von Spanten (22) an einem Hautfeld (16) bei der Herstellung eines Rumpfschalenbauteils für ein Flugzeug,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Hautfeld (16) in einer Montagestation (10) angeordnet wird und in dieser Montagestation (10) eine kombinierte Montage von Spanten (22) und Clips erfolgt, wobei die Montagestation (10) eine Außenbühne (12) mit einem konturgebenden Aufnahmesystem (14) für das Hautfeld (16) und eine Innenbühne (18) mit einem Aufnahmesystem (20) für die Spanten (22) aufweist,

wobei nach einem Aufrüsten der Außenbühne (12) mit dem in Sollkontur gebrachten Hautfeld (16) und der Innenbühne (18) mit den daran gehaltenen Spanten (22) die Innenbühne (18) relativ zu der Außenbühne (12) derart ausgerichtet wird, dass die Spanten (22) in ihrer Solllage bezüglich des Hautfeldes (16) angeordnet werden und wobei daraufhin die Clips zur Schaffung der Verbindung zwischen dem Hautfeld (16) und den Spanten (22) eingebaut werden.“

Die Patenterteilung wurde mit Bescheid vom 22.09.2015 zurückgewiesen. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts wurde am 20. Oktober 2015 Beschwerde eingereicht (K 11).

Eine Arbeitnehmererfindervergütung hat der Kläger bislang nicht erhalten.

Es liegt ein Angebot der Firma ... (Anlage B 3), eine „Studie Aufrüststation Bauteil in Konkaver Position, Projekt-Nr. 2467131“ der Firma ... (Anlage B 4), ein Konzept der Firma ... (Anlage B 5) und ein Konzept der Arbeitsgruppe „Schalenmontage“ (Anlage B 6) vor. Auf die Inhalte dieser Dokumente wird Bezug genommen. Für die Planungsarbeiten erstellt die Firma ... ein Angebot über 29.500 Euro (B 3).

Der Kläger behauptet, dass er während seiner Tätigkeit als Diplomand eine Erfindung betreffend ein Fertigungskonzept für die Montage von Spanten an einem Hautfeld bei der Herstellung eines Rumpfschalenbauteils für ein Flugzeug gemacht habe. Zum Zeitpunkt der Präsentation habe die Fertigung zur Herstellung eines Flugzeugrumpfs separate Prozesse hinsichtlich der Clip-Aufrüstung und der Spant-Aufrüstung vorgesehen. Dies sei auf Seite 5 der Anlage K 3 ersichtlich. Der Kläger habe zur Optimierung dieser Fertigungsprozesse vorgeschlagen, dass eine Clip-Setzvorrichtung mit integrierter Differenzial-Spant-Aufnahme eingerichtet werde. Es sollten in einer Station nunmehr die Clips und die Spanten kombiniert aufgerüstet werden. Das Produkt der kombinierten Station sei dann eine mit Clips und Spanten aufgerüstete Rumpfschale. Diese bilde für die folgenden Fertigungsprozesse eine neue Ausgangsposition.

Der Kläger ist der Ansicht, dass sich durch das von ihm entwickelte Verfahren der Arbeitsablauf bei der Herstellung eines Flugzeugrumpfes erheblich vereinfacht habe und macht im Wege der Stufenklage Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche aus §§ 9, 12 ArbEG in Verbindung mit §§ 242, 259 BGB in weiterer Verbindung mit dem Diplomanden-Vertrag geltend.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagte wird verurteilt,

1. dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte Rumpfschalenbauteile für Flugzeuge, insbesondere für das Flugzeug ... hergestellt, vertrieben oder in Verkehr gebracht hat, wobei sie sich zur Herstellung der Rumpfschalenbauteile eines Verfahrens zur Montage von Spanten an einem Hautfeld bedient hat, bei denen das Hautfeld in einer Montagestation angeordnet wird und in dieser Montagestation eine kombinierte Montage von Spanten und Clips erfolgt, und die Montagestation eine Außenbühne mit einem konturgebenden Aufnahmesystem für das Hautfeld und eine Innenbühne mit einem Aufnahmesystem für die Spanten aufweist, und weiterhin nach einem Aufrüsten der Außenbühne mit dem in Sollkontur gebrachten Hautfeld und der Innenbühne mit den daran gehaltenen Spanten die Innenbühne relativ zu der Außenbühne derart ausgerichtet wird, dass die Spanten in ihrer Solllage bezüglich des Hautfeldes angeordnet werden, und daraufhin die Clips zur Schaffung der Verbindung zwischen dem Hautfeld und den Spanten eingebaut werden, und zwar in einem geordneten Verzeichnis unter Angabe

a) der Herstellungsmengen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie die Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

c) der Namen und Anschriften der Lizenznehmer,

d) der erzielten Lizenzeinnahmen oder Einnahmen aus Kauf- und Austauschverträgen,

e) der für die Ausübung des Verfahrens hergestellten und/oder dafür angeschafften Montagestationen für die kombinierte Montage von Spanten und Clips an einem Hautfeld, umfassend eine Vorrichtung zum Positionieren eines in Sollkontur gebrachten Hautfeldes und ein Spantaufnahmesystem zum Halten und Positionieren mindestens eines Spants relativ zu dem Hautfeld derart, dass Clips zur Verbindung von Hautfeld und Spant relativ zu dem Hautfeld und dem Spant anordenbar und vormontierbar sind,

wobei hinsichtlich der geforderten Angaben zu e) neben der Anzahl und der Anschaffungszeiten auch Angaben zu den dafür getroffenen Aufwendungen zu machen sind, sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen.

Die Beklagte beantragte:

Die Klage wird abgewiesen.

Hilfsweise: Anordnung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts hinsichtlich der Auskunfts-und Rechnungslegung.

Die vom Kläger gemeldete Erfindung sei aus dem Stand der Technik bekannt. Die Schutzfähigkeit sei nach der Zurückweisung im Prüfungsverfahren äußerst fraglich. Eine Vergütung stünde dem Kläger nicht zu, weil er auf den internen Stand der Technik und auf Planungen der Fa. ... zurückgegriffen habe. Zudem sei der Vorschlag des Klägers aus technischen Gründen nicht umsetzbar und sei deshalb in weiten Teilen nicht benutzt worden. Eine Vergütung sei nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen zu bemessen.

Der Fertigungsablauf eines Hautfeldes aus CFK - einem kohlenstoffverstärktem Kunststoff-erfolge so, dass zuerst das Hautfeld gefertigt werde. In einem ersten Fertigungsschritt werden die sogenannten Stringer - die Längsversteifungen des Rumpfes - auf das Hautfeld geklebt. Dies erfolge durch ein „Stringer Placement Tool“. Nach einem Härtungsvorgang sei das Hautfeld transportabel, dürfe aber in keine vertikale Position gebracht werden. Dazu würde die Stabilität nicht ausreichen. Das Hautfeld werde dann in eine „Ciip-Spant-Setzstation“ gebracht. In dieser werden sodann - noch ohne das Hautfeld - die Spante in eine Position gebracht, die eine Verbindung mit dem Hautfeld ermögliche. Die Verbindung zwischen den Stringern und den Spanten erfolge dann durch die Verwendung von Clips. Diese werden zuerst provisorisch auf das Hautfeld geklebt. Nach diesem Vorgang habe das Hautfeld eine Eigensteifigkeit, damit es in die Flächennietanlage transportiert werden könne. Dort erfolge eine Vernietung der Außenhaut mit den Clips. Das Vorgehen sei insofern vorteilhaft, da damit die bei der Fertigung von CFK-Bauteilen vorhandenen Unterschiede in der Hautdicke ausgeglichen werden könnten.

Dieser Fertigungsablauf sei ab dem Jahr 2006 in Zusammenarbeit der Firma ... und ... entwickelt worden. Für die Planungsarbeit habe die Firma ... ein Angebot über 29.500 Euro erstellt. Die Planung habe die Änderungen betroffen, die für die Umstellung der Fertigung mit Aluminium gegenüber einer Fertigung aus CFK erforderlich geworden seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

Weiter habe es bei der Beklagten eine Arbeitsgruppe „Schalenmontage“ gegeben, da bereits im Oktober 2007 ein Konzept zum' Verfahrensablauf vorgelegt habe (B 6). In diesem werde vorgeschlagen, dass bereits in der Clip-Setz-Station „Clips, Schubkämme, d.h. Befestigungsvorrichtungen über mehrere Stringer hinweg, und Spante aufzurüsten“ seien.

Der Kläger habe vor diesem Hintergrund von seinen Betreuern die Aufgabe bekommen mit zu überlegen, wie die Clip-Setz-Station in das gesamte Fertigungskonzept integriert werden könne.

In seiner Diplomarbeit habe der Kläger vorgeschlagen, dass in der Clip-Setz-Station bereits sämtliche Spanten in Differenzialbauweise eingerüstet werden, mithin die in der Rumpffertigung erforderlichen Arbeitsschritte in einer abgeänderten Reihenfolge vorzunehmen und dabei eine vertikale Ausrichtung des Hautfeldes - die sogenannte C-Lage - beizubehalten. Mithin umfasse die Erfindung des Klägers zumindest nicht auch die horizontale Montage (Montage in Buckellage).

Die Erfindungsidee sei in den Dokumenten „Angebot der Firma ... Fertigungstechnik“ (Anlage B 3) der „Studie Aufrüststation Bauteil in konkaver Position, Projekt-Nr. ... der Firma ... (Anlage B 4), dem Konzept „Schalenfertigung“ der Firma ... (Anlage B 5) und dem Konzept der Arbeitsgruppe „Schalenmontage“ (Anlage B 6) bereits offenbart. Der Vorschlag des Klägers erschöpft sich damit in einer Zusammenführung vorbekannter Maßnahmen.

Es dränge sich zudem der Eindruck auf, dass der Kläger Teile seiner Diplomarbeit den vorbenannten Konzepten entnommen habe. Zudem habe der Vorschlag des Klägers erhebliche Nachteile, weil es zu erheblichen Fertigungsungenauigkeiten führe und nicht praktikabel sei.

Auf Grund der räumlichen Enge bei einer gemeinsamen Montage könnten keine Arbeitsroboter mehr zum Vernieten eingesetzt werden.

Alles habe sich erst dadurch geändert, dass 2008 von der Muttergesellschaft von ... in ... vorgegeben worden sei, bereits in der Clip-Setz-Station sämtliche Toleranzen aufzufangen. Dies sei aber nur möglich, wenn bereits dort alle Spanten gesetzt werden. Auf Grund dieser Vorgaben sei es nicht mehr von Bedeutung gewesen, ob die Nieten maschinell gesetzt werden können.

Nach dem Eingang der Erfindungsmeldung habe die Beklagte Patentanwalt ... mit dem Entwurf einer Patentanmeldung beauftragt. Der ursprüngliche Entwurf sei auf Veranlassung des Klägers mit Teilen der Studie der Firma ... ergänzt worden, Die Beklagte habe nachträglich die Namen aller Mitarbeiter der Fa. ... und der Beklagten eingereicht, die an der Entwicklung mitgearbeitet haben.

Die Beklagte mache zudem von dem Vorschlag des Klägers zumindest insoweit keinen Gebrauch, als das er eine Montage der Clips und Spanten in vertikaler Lage betreffe (C-Lage). Die Montage erfolge durchweg in Buckellage, da das Hautfeld so am besten unterstützt werde.

Die Erfindung des Klägers sei nicht ausführbar, weil er nicht erkannt habe, dass die von ihm vorgesehene Fertigung der Flugzeugrumpfschale in Vertikallage aufgrund der mangelnden Steifigkeit von CFK technisch nicht möglich sei.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Stufenklage ist hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunft- und Rechnungslegung ab dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme begründet. Die Beklagte hat Auskünfte im tenorierten Umfang zu geben. Soweit Auskunft für die Zeit vor der Inanspruchnahme verlangt wurden, war die Klage abzuweisen.

A.

Der Kläger hat Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche aus §§ 9, 12 ArbEG in Verbindung mit §§ 242, 259 BGB gegen die Beklagte. Die Beklagte hat die im Tenor genannten Auskünfte zu geben, weil eine Berechnung der Erfindervergütung auch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie erfolgen kann.

Grundlage für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders, der hier auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen entsprechend gilt, ist die dem Arbeitgeber gem. § 5 I und II ArbnErfG gemeldete Diensterfindung. Zwischen den Parteien ist insofern streitig, ob und ggf. welchen Erfindungsgehalt die Erfindungsmeldung des Klägers hat. Dieser Streit kann aber für die Entscheidung über die Auskunftsstufe dahinstehen. Denn diese Fragen - wie auch die Frage nach etwaigen Miterfindern - betreffen die Höhe des Vergütungsanspruchs. Für die Auskunftserteilung sind sie nicht relevant, sofern nicht ausnahmsweise ein „Nullfall“ vorliegt. Die dafür erforderlichen Tatsachen hat die Beklagtenpartei nicht dargelegt.

Es steht dem Arbeitgeber nach neuem Recht frei, ob er eine gemeldete Erfindung in Anspruch nimmt. Wenn er der Meinung ist, dass die Erfindung nicht neu oder erfinderisch sei, dann kann er auf eine Inanspruchnahme verzichten oder aber eine beschränkte Inanspruchnahme erklären. Vorliegend hat sich die Beklagtenpartei aber für eine unbeschränkte Inanspruchnahme entschieden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat dies zur Folge, dass sich der Arbeitgeber während des Erteilungsverfahrens an die gegenüber dem Patentamt abgegebenen Erklärungen halten muss (BGH, Urteil vom 28.06.1962, I ZR 28/61 - Cromegal). Dadurch sind die von der Beklagtenpartei erhobenen Einwendungen gegen die Schutzfähigkeit der Erfindung vorliegend - bei der Beurteilung des Bestehens eines Auskunftsanspruchs - nicht zu berücksichtigen.

Für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs ist es unbeachtlich, dass das Patent nicht erteilt wurde und jetzt die Beschwerde anhängig ist. Denn ein Vergütungsanspruch besteht auch bei mangelnder Rechtsbeständigkeit des angemeldeten Schutzrechts (BGH, Urteil vom 30.03.1971., X ZR 8/68 - Gleichrichter). Nach dieser Entscheidung gelte der Leitgedanke, dass es bei der Auswertung einer unbeschränkt in Anspruch genommenen Diensterfindung untragbar sei, den Diensterfinder mit dem Empfang einer Vergütung bis zum Abschluss des Erteilungsverfahrens zu vertrösten, um ihn dann im Fall einer Versagung des Patents sogar völlig leer ausgehen zu lassen. Ein solches Ergebnis lasse sich weder mit vernünftiger Gesetzesauslegung noch mit gerechter Interessenabwägung vereinbaren. Auch kein freier Erfinder würde sich beim Verkauf seiner Erfindung oder bei Lizenzvergabe auf Zahlungsbedingungen einlassen, durch die er das Risiko der endgültigen Schutzrechtserlangung ganz allein zu tragen hätte. Sachgerecht erscheine es daher, dass bei der strittigen Fallgestaltung einer unbeschränkten Inanspruchnahme einer Erfindung der Erfinder vom Beginn der Verwertungshandlungen ab eine Vergütung von gleicher Höhe und Zeitdauer empfange, als wäre seine Diensterfindung nur beschränkt in Anspruch genommen. Ein solches Benutzungsentgelt sei nach Höhe und Fälligwerden ganz vom Verlauf und Ausgang des Erteilungsverfahrens unabhängig und könne auch bei einer späteren Patentversagung nicht zurückverlangt werden. Für die Höhe des Entgelts biete sich eine die beiderseitigen Interessen berücksichtigende Mittellösung dahingehend an, dass eine vorläufige Vergütung nach Maßgabe der laufenden Benutzung unter Anlehnung an die von einem nicht ausschließlichen Lizenznehmer geschuldeten Gebühren zu berechnen sei. Die Höhe dieses vorläufigen Entgelts unterscheide sich damit unter Umständen erheblich von einer auch die Ausschließlichkeitsstellung des Patentinhabers als werterhöhenden Bemessungsfaktor mit berücksichtigenden endgültigen Vergütung, vor allem, wenn das Risiko der Patentversagung groß sei.

Es kann auch nicht von einem vollständigen Wegfall der Vergütung ausgegangen werden, der zu einem Entfallen der Auskunftspflicht führen würde. Zwar ist nach Nr. 38 der Vergütungsrichtlinien ein Wegfall der Vergütung möglich, wenn ein kleiner Erfindungswert und ein sehr niedriger Anteilsfaktor zusammenkommen (sog. „Nullfall“; Reimers/ Schade/ Schippe!, 7. Aufl., Erläuterungen zu Nr. 38 der Richtlinie). Dazu wurde aber nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr wird in der Patentanmeldung angegeben, dass das Verfahren eine einfache und kostengünstige Herstellung eines Rumpfschalenbauteils für ein Flugzeug ermöglicht. Daran muss sich die Beklagtenpartei auch in diesem Verfahren festhalten lassen (BGH, Urteil vom 28.06.1962, I ZR 28/61 - Cromegal). Zudem ist zu sehen, dass der Kläger als Diplomand eine absolut untergeordnete Stellung im Betrieb hatte, so dass zumindest aus diesem Aspekt kein Wegfall der Vergütung in Betracht kommt. Hinsichtlich des Anteilsfaktors ist zu sehen, dass der Kläger als Alleinerfinder benannt war. Insgesamt gibt es keinen Grund von einem offensichtlichen „Nullfall“ ausgehen zu können. Und allein ein solcher würde bereits den Auskunftsanspruch entfallen lassen.

Der Beklagtenpartei ist bei ihrer Auslegung des Urteils des BGH vom 29.11.1988, X ZR 63/87 - Schwermetalloxidationskatalysator - zuzustimmen. Die Vergütungshöhe bemisst sich nach dem, was der Arbeitnehmererfinder dem Arbeitgeber gemeldet hat. Wenn nicht alles was gemeldet wurde, auch in eine Anmeldung übernommen wurde, so soll dies die Vergütungshöhe nicht beeinträchtigen. Soweit weiterer Offenbarungsgehalt - der über das vom Arbeitnehmererfinder Gemeldete hinausgeht - Gegenstand der Patentanmeldung wird; so soll dies die Vergütung des Arbeitnehmererfinders nicht erhöhen. Dem weiteren gedanklichen Schritt der Beklagenpartei, dass es sich um einen „Nullfall“ handele, kann das Gericht aber nicht folgen. Die Beklagtenpartei hat nicht belegt, dass die vom Kläger vorgeschlagene Abänderung des Produktionsablaufs in dieser Form bei der Beklagten bekannt war. Nicht zielführend ist auch der Vortrag, dass der Vorschlag aus dem außerbetrieblichen Stand der Technik bekannt gewesen sei.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten ist der Vorschlag auch nicht auf eine Montage in vertikaler Position (C-Position) beschränkt. Dazu bedarf es keiner weiteren Ausführungen, weil sich dies so nicht aus der Diplomarbeit ergibt. Zwar beschreibt der Kläger in seiner Diplomarbeit eine Montage in C-Lage. Dadurch wird die Erfindung aber nicht eingeschränkt. Dies sah die Beklagte offensichtlich ursprünglich ebenso, wie sich aus Anlage B 8 ergibt. Dort wird benannt, dass der Schutzanspruch nach den Wünschen der Beklagten die kombinierte Aufrüstung der Komponenten Clip und Spant im Rahmen einer Rumpfschalenfertigung für Flugzeuge umfassen soll. Eine Einschränkung auf die C-Lage ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Erfindungsgedanke nicht durch die Bezugnahme auf ein Beispiel beschränkt werden.

Allerdings behandelt diese Frage die Höhe eines etwaigen Anspruchs. Für die vorliegende Auskunftsstufe wäre es allenfalls dann von Bedeutung, wenn der Erfindungsanteil des Klägers so zurücktreten würde, dass ein „Nullfall“ vorliegen würde. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall.

B.

Der Umfang der erforderlichen Auskünfte richtet sich danach, was der Kläger für eine Berechnung seines Vergütungsanspruchs benötigt. Vorliegend hat der Kläger die Möglichkeit eine etwaige Vergütung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnen. Deshalb waren die begehrten Auskünfte im gewährten Umfang zu geben.

Die Vergütungsberechnung kann im vorliegenden Fall auf Grundlage der Lizenzanalogie in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 12.6.2012 - Antimykotischer Nagellack II). Entgegen der Ansicht der Beklagtenpartei kann der Kläger nicht auf die ursprünglich einmal von der Firma ... geforderten 29.500 Euro beschränkt werden. Insofern ist insbesondere zu sehen, dass man in der Studie der Firma ... gerade nicht auf den Erfindungsgedanken des Klägers gekommen ist, obwohl die zu berücksichtigenden Tatsachen und Problemstellungen wohl damals bereits bekannt waren. Mit anderen Worten: Für die Bemessung der Erfindungsvergütung kann nicht die Planungsleistung herangezogen werden, die erst das Problem schafft, welches durch die Erfindung behoben werden soll.

C.

Die Auskünfte sind für die Zeit von der uneingeschränkten Inanspruchnahme bis zum Zeitpunkt der Entscheidung zu geben. Da der Zeitpunkt der uneingeschränkten Inanspruchnahme nicht vorgetragen wurde, sondern lediglich der Tage der Erfindungsmeldung, war die Frist von 4 Monaten nach § 6 II ArbeitNErfG anzusetzen. Die Auskunftspflicht endet auch mit dem Zurückweisungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts nicht, denn die Beklagte hat gegen den Zurückweisungsbescheid Beschwerde eingelegt. Dadurch hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Erteilung für möglich hält. Daran muss sie sich auch gegenüber dem Kläger festhalten lassen. Dass der Vergütungsanspruch für die Zeit nach der Zurückweisung möglicherweise geringer ausfällt, ist für die Frage der Auskunftserteilung unbeachtlich.

Die Auskünfte sind im tenorierten Umfang zu geben. Der Kläger muss in der Lage sein seinen Vergütungsanspruch auch nach den Grundsätzen der Schadensersatzberechnung nach Lizenzanalogie zu berechnen (s.o). Dafür sind die entsprechenden Auskünfte erforderlich. Dem Antrag der Beklagtenpartei auf Einfügung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts war teilweise stattzugeben. Es wurde von der Beklagtenpartei zwar nicht dargelegt, dass die Beklagtenpartei ein besonderes schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der streitgegenständlichen Informationen hat oder dass eine besondere Gefährdung der Weitergabe geheimer Daten durch die Klagepartei besteht. Bei einer vorzunehmenden Interessenabwägung sind allerdings die beidseitigen Interessen dahingehend zu berücksichtigten, dass die Beklagtenpartei zumindest die Möglichkeit bekommen muss die Namen ihrer Geschäftskunden durch die Einbeziehung eines Wirtschaftsprüfers zu schützen.

D.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach dem geschätzten Aufwand der Beklagtenpartei für die Auskunftserteilung. .

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Landgericht München I Teilurteil, 18. Aug. 2016 - 7 O 3299/15 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht


(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege

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(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

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(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.