Landgericht München I Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 O 26752/13

bei uns veröffentlicht am14.01.2016

Tenor

1. Gegen die Schuldnerpartei wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014, Az. wie oben, ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, 30 Tage Ersatzordnungshaft (pro 5000,00 € einen Tag), die Haft zu vollziehen an deren Verwaltungsrat H. S. , verhängt.

2. Die Schuldnerpartei trägt die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens.

3. Der Streitwert des Ordnungsmittelverfahrens wird auf 150.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Gründe I.

Gegen die Schuldnerin erging am 6.2.2014 folgende einstweilige Verfügung im Beschlusswege:1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von € 5,-- bis zu € 250.000,--, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Verwaltungsrat H. S. , für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff, 890 ZPO verboten, im Rahmen des Online-Dienstes "XXX" zuzulassen, dass Dritte den Film „Fack ju Göhte“ (Regie: Bora Dagtekin; Hauptdarsteller: Elyas M'Barek, Karoline Herfurth, Katja Riemann) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich machen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf € 250.000,- festgesetzt.

Diese einstweilige Verfügung wurde der Gläubigerin am 10.2.2014 von Amts wegen und der Schuldnerin auf Antrag der Gläubigerin vom 10.2.2014 am 4.3.2014 im Rechtshilfewege zugestellt. Zuvor war der Verfügungsantrag vom 6.12.2013 der Schuldnerin am 24.1.2014 im Rechtehilfewege mit der Möglichkeit der Stellungnahme zugestellt worden. Die Schuldnerin hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Die einstweilige Verfügung wurde nach Einspruch aufrechterhalten durch Endurteil der Kammer vom 20.11.2014 (der Schuldnerin zugestellt am 27.11.2014). Die Berufung der Schuldnerin wurde durch Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 7.5.2015 zurückgewiesen (der Schuldnerin zugestellt am 11.5.2015). Den Urteilen liegt jeweils eine Haftung der Schuldnerin als Störerin zugrunde. Die Schuldnerin hatte es über den von ihr betriebenen Filehostingdienst „XXX“ ermöglicht, dass Dritte über diesen Dienst und Linksammelseiten den streitgegenständlichen Film öffentlich zugänglich machen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zitieren Entscheidungen verwiesen.Mit Antrag vom 27.4.2015, der Schuldnerin zugestellt am 7.5.2015, machte die Gläubigerin geltend, dass die Schuldnerin gegen die Unterlassungspflicht mehrfach schuldhaft verstoßen habe, weil der Film „Fack ju Göhte“ an folgenden Tagen (die weiteren Details ergeben sich aus der Anlage G1 und der Antragsschrift) über der Schuldnerin bekannte Linksammelseiten und den Dienst „XXX“ der Schuldnerin von Dritten öffentlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugänglich gemacht worden sei:- 1 Treffer am 16.7.2014 - 1 Treffer am 19.8.2014 - 1 Treffer am 16.9.2014 - 1 Treffer am 16.10.2014 - 1 Treffer am 22.12.2014 - 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014- 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015Mit E-Mail vom 15.12.2014 (Anlage G4) hat die Gläubigerin die Schuldnerin über die bis dahin festgestellten Verstöße informiert. Die Verstöße hätten, so die Gläubigerin, durch den Einsatz eines Wortfilters und/oder eine regelmäßige Suche auf den der Schuldnerin bekannten Linksammelseiten verhindert werden können.

Die Gläubigerin beantragt,

gegen die Schuldnerin wegen der Verstöße gegen das Verbot aus dem Beschluss vom 6.2.2014 kostenpflichtig ein Ordnungsgeld (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft) oder eine Ordnungshaft – Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am Verwaltungsrat der Schuldnerin – festzusetzen.

Die Schuldnerin beantragt,

den Bestrafungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Schuldnerin bestreitet die ordnungsgemäße Ermittlung der Treffer durch die Gläubigerin. Sie trägt ferner vor, dass sie durch diverse Maßnahmen, u.a. den Einsatz eines AFT-Tools zur proaktiven Kontrolle der Linksammelseiten, der ihr obliegenden Prüfpflicht nachgekommen sei.

Am 23.6.2015 war der Film „Fack ju Göhte“ erneut viermal über die Linksammelseite „ddl-warez.in“ und Server der Schuldnerin öffentlich zugänglich, was von der Schuldnerin im Termin vom 14.1.2016 unstreitig gestellt worden ist (vgl. Prot. vom 14.1.2016, S. 9 = Bl. 179 OM).

Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen von V., K. und I. in Bezug auf die Ermittlung der übrigen von der Gläubigerin vorgetragenen Treffer. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.1.2016 (Bl. 171/184 OM) verwiesen.Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze, das Sitzungsprotokoll vom 14.1.2016 sowie auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

II.

Gegen die Schuldnerin war wegen der zahlreichen von der Gläubigerin ermittelten schuldhaften Verstöße gegen die Unterlassungspflicht aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014 insgesamt ein Ordnungsgeld in Höhe von 150.000,00 € festzusetzen.

1. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen unstreitig vor. Die zweijährige Verfolgungsverjährung betreffend den ersten Verstoß wäre erst am 16.7.2016 abgelaufen.

2. Die öffentliche Abrufbarkeit des Films am 23.6.2015 hat die Schuldnerin eingeräumt.

3. Im Übrigen stellt die Kammer aufgrund Würdigung der Aussagen der uneidlich vernommenen Zeugen von V., K. und I. in Verbindung mit Würdigung der vorgelegten Anlagen fest, dass der Film darüber hinaus auch an folgenden Tagen bzw. Zeiträumen über Linksammelseiten Dritter und Server der Schuldnerin öffentlich zugänglich war: 16.7.2014, 19.8.2014, 16.9.2014, 16.10.2014, 22.12.2014, 15.7.2014-29.7.2014 und 16.12.2014-7.1.2015.Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß und dessen schuldhafter Begehung trägt der Gläubiger. In Bezug auf das Verschulden kann Anscheinsbeweis greifen. Der Schuldner hat hingegen sein fehlendes Verschulden zu beweisen. Vorliegend ist die Gläubigerin ihrer Darlegungs- und Beweislast in vollem Umfang nachgekommen.

a. Die Schuldnerin hat ihr Bestreiten im Hinblick auf die Ermittlung der übrigen Treffer durch die Klägerin wie folgt begründet:Die Schuldnerin erkläre sich mit Nichtwissen zu folgenden Behauptungen: dass- der Film zum angegebenen Zeitpunkt auf der angegebenen Linksammelseite öffentlich zugänglich gemacht worden sei;- von dort auf eine XXX-Seite verlinkt worden sei;- es sich bei der besuchten Link-Sammelseite um eine bekannte und häufig genutzte Link-Sammelseite gehandelt habe;- dass der XXX-Link aktiv gewesen sei sowie- den streitgegenständlichen Film tatsächlich enthielt und- dieser auch geöffnet und abgespielt werden konnte.

Wegen weiterer Details des Bestreitens, wie angeblich wirksamen Ländersperren betreffend Link-Sammelseiten, etc., wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 Bezug genommen.Im parallelen Hauptsacheverfahren (7 O 6202/14) hat die Schuldnerin zur Begründung ihres Bestreitens wortwörtlich vortragen lassen:„Ich weiß nicht, was tatsächlich passiert ist. Ich möchte der Klageseite auch nicht direkt Betrug vorwerfen. Eine Möglichkeit, wie es auch zu den vorgetragenen Ermittlungsergebnissen ohne eine öffentliche Zugänglichmachung der Links durch unberechtigte Dritte kommen konnte wäre, dass die Klägerseite selbst Accounts beim Dienst der Beklagten angelegt hat und über diese Accounts Werke auf den Servern der Beklagten bereit gehalten und die diesbezüglichen Links veröffentlicht hat.“

(beigezogenes Verfahren 7 O 6202/14, Prot. vom 9.7.2015, S.2).

b. Nach Überzeugung der Kammer wurden diese Bedenken restlos ausgeräumt.

Sämtliche Zeugen haben glaubhaft den Hergang der von ihnen durchgeführten Ermittlungen bekundet und dabei stets versichert, dass sie den Film nicht zuvor selbst hochgeladen hatten. Der Ermittlungsvorgang gestaltete sich demnach stets so, dass eine der jedermann bekannten einschlägigen Link-Sammelseiten aufgesucht wurde, ein Angebot des streitgegenständlichen Films wurde gesucht, der bei einem Treffer angebotene Link zu „XXX“ wurde angeklickt. Teilweise musste jetzt ein Captcha gelöst werden. Anschließend wurden die Filmdateien heruntergeladen, jeder einzelne Film wurde an verschiedenen Stellen daraufhin untersucht, ob er lauffähig ist und es sich auch um den streitgegenständlichen Film handelt. Der Vorgang des Herunterladens ist dabei denkbar einfach strukturiert und bedarf keiner speziellen Computerkenntnisse. Lediglich die Dokumentation der Treffer bedarf einer gewissen Einarbeitung. Die Zeugen konnten dabei aber auf entsprechende Hilfsprogramme zurückgreifen. Aus Sicht der Kammer, die sich insoweit auf den persönlichen Eindruck der vernommenen Zeugen stützt, können sämtliche Tätigkeiten von ungelernten Hilfsarbeitern nach einer Einarbeitung von 1-2 Stunden ausgeübt werden. Soweit keine Dokumentation erforderlich ist, können die Arbeiten von fast jedem vorgenommen werden, der fähig ist, im Internet nach dem streitgegenständlichen Film zu suchen, mithin in der Lage ist, lateinische Buchstaben zu entziffern und eine Computermaus zu betätigen.Soweit die Schuldnerin Internetsperren einer Linksammelseite zu ihren Gunsten ins Feld gebracht hatte, hat die Einvernahme des Zeugen von V. eindeutig ergeben, dass diese Internetsperre, wie jede Internetsperre, von Deutschland aus ganz leicht umgangen werden konnte (Prot. vom 14.1.2016 S. 5). Soweit die Schuldnerin zeitliche Diskrepanzen zwischen den Suchprotokollen und den Screentshots ausgemacht und damit die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen zu erschüttern versuchte, haben alle Zeugen diese Bedenken ausgeräumt. Denn nach der insoweit nachvollziehbaren Schilderung der Zeugen haben sie die Trefferliste mit Datum und Uhrzeit des Abschlusses ihrer Ermittlungen versehen, während die Screenshots Datum und Uhrzeit der Auslösung des Screenshots tragen. Etwaige Unschärfen in den Ermittlungen wurden zu Gunsten der Schuldnerin von der Kammer unterstellt. Auf sie kommt es aber nicht entscheidend an. Entscheidend ist, dass aufgrund der Beweisaufnahme von der Kammer festgestellt werden kann, dass der streitgegenständliche Film wie nachfolgend dargestellt über die Server der Schuldnerin und die Linksammelseiten Dritter öffentlich zugänglich war:

- 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014

- 1 Treffer am 16.7.2014 - 1 Treffer am 19.8.2014- 1 Treffer am 16.9.2014 - 1 Treffer am 16.10.2014- 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015

- 1 Treffer am 22.12.2014 - 4 Treffer am 23.6.2015Im Übrigen ist festzustellen, dass ein Bestreiten nicht Nichtwissen durch die Schuldnerin dahingehend, dass - der XXX-Link aktiv gewesen sei sowie;- den streitgegenständlichen Film tatsächlich enthielt und- dieser auch geöffnet und abgespielt werden konnte.unzulässig weil unsubstantiiert ist. Insoweit handelt es sich um Vorgänge aus dem eigenen Herrschaftsgebiet der Schuldnerin. Soweit die Schuldnerin argumentiert, dass sie im Rahmen von Löschaktionen die Beweismittel selbst vernichtet habe, hat sie die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen. Unabhängig hiervon sieht die Schuldnerin, wie sie selbst an anderer Stelle vorträgt, in ihren AGB eine Art Quarantäne für zu löschende Dateien vor. Warum sie von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch gemacht hat, insbesondere nicht nach Zustellung der einstweiligen Verfügung, bleibt ihr Geheimnis. Das Argument, dass für ein Löscharchiv zu viel Speicherplatz benötigt würde (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 5), zeigt zweierlei eindrucksvoll, dass die Schuldnerin den genauen Umfang der Anzahl der rechtsverletzenden Inhalte auf ihren Servern nicht mitzuteilen geneigt ist, dass es aber ganz erhebliche Datenmengen sein müssen, weil sie das Anlegen eines Löscharchivs als vollkommen unmöglich erscheinen lassen. Soweit die Schuldnerin im Widerspruch hierzu vorträgt, dass eine Auswertung im Zeitraum 20.7.-26.7.2015 und 27.7.-2.8.2015 ergeben habe, dass der Umfang der illegalen Nutzung ihres Dienstes bei unter 10% liege (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 10 ff.), kann dieser Sachvortrag, der im einstweiligen Verfügungsverfahren hätte gebracht werden müssen, im vorliegenden Ordnungsmittelverfahren nicht berücksichtigt werden. Unabhängig hiervon sind diese Zahlen bereits mangels Angabe der relevanten Bezugsgrößen in absoluten Zahlen ohne Aussagekraft. Im Übrigen ist der Zeitraum von zwei Wochen zu kurz und die Wertung, dass bei unter 7 Abrufen von einer Privatkopie auszugehen sei, willkürlich, zumal das öffentlich Zugänglichmachen niemals von dieser Schranke gedeckt sein kann. Die Angabe „>50 Downloads“ umfasst, worauf die Gläubigerin zu Recht hinweist, auch weit mehr als 10.000 Downloads. Im Übrigen wird auf die – unbestritten gebliebenen - Beispielsrechnungen der Gläubigerin in deren Schriftsatz vom 15.12.2015 S. 9 f. verwiesen, aus denen sich die mangelnde Aussagekraft der rudimentären Angaben der Schuldnerin eindrucksvoll ergibt.

4. Die Schuldnerin hat nach Überzeugung der Kammer die unstreitigen und festgestellten Verstöße auch zu verantworten. Denn sie hat es vorsätzlich unterlassen, wirksame reaktive und proaktive Maßnahmen in ausreichendem Umfang zu ergreifen.Zu den von der Schuldnerin bereits zur Vermeidung der Störerhaftung zu ergreifenden Maßnahmen zählen der Einsatz eines Wortfilters zur Verhinderung des Uploads des streitgegenständlichen Films sowie das regelmäßige Überprüfen der allseits bekannten Link-Sammelseiten auf Download-Angebote, die auf den eigenen Dienst der Schuldnerin verweisen.

Für den Zeitraum nach Erlass einer entsprechenden Unterlassungsverfügung gilt dies umso mehr. Die Schuldnerin, die insoweit eine sekundäre Darlegungslast trägt, hat folgende Maßnahmen vorgetragen:- Sie habe die H. GmbH beauftragt mit der Kontrolle und Sperrung von Nutzer-Accounts, die Bereitstellung von Melde- und Löschsystemen, den Einsatz eines Filtersystems und umfassende Kontrolle sämtlicher gemeldeter Linksammlungen. Die H. habe hierfür ein eigenes Anti Copyright Infringment Deparment mit insgesamt 20 Mitarbeitern aufgebaut, welche für die Schuldnerin zum Teil sieben Tage die Woche im Schichtbetrieb tätig seien. Man arbeite eng zusammen. Die H. erstelle für die Schuldnerin mehrmals die Woche, zum Teil täglich Statusberichte. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 26 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert – wie folgt als wahr unterstellt:- Nach den AGBs sei es Nutzern der Plattform ausdrücklich untersagt, Urheberrechtsverstöße über den Dienst der Schuldnerin zu begehen. Zuwiderhandlungen würden mit einer Sperrung des Accounts geahndet. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 28 verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt. Dieser Vortrag sagt freilich nichts darüber aus, wie intensiv die Schuldnerin im fraglichen Zeitraum nach rechtsverletzenden Inhalten gesucht und wie viele vorsätzliche Urheberrechtsverletzer sie unter ihren Kunden identifiziert und mit einer Account-Sperre belegt hat. Wie sich aus der nachfolgenden Analyse des Suchprotokolls gem. Anlage S21 ergibt, wiesen jedenfalls die Suchaktivitäten betreffend das streitgegenständliche Werk einen eher bescheidenen Umfang auf.

- In der Vergangenheit sei es zu zahlreichen Sperrungen von Nutzer-Accounts gekommen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 15) hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert - als wahr unterstellt. Nicht substantiiert wurde freilich die absolute Zahl der Sperrungen. Auch ein Verhältnis zu der Gesamtzahl der Nutzer, die auffällig geworden sind, wird nicht angegeben.

- Die Schuldnerin halte – unstreitig - ein Takedown-Notice-Formular bereit, mit dem Rechteinhaber rechtsverletzende Inhalte löschen lassen könnten. Diese Maßnahme ist schon aus Rechtsgründen nicht ausreichend. - Die Schuldnerin setzte trotz deren Ungeeignetheit und existenzbedrohenden Folgen eine Filterlösung ein, nämlich einen Hash-Filter sowie einen Stichwortfilter. Insbesondere der Stichwortfilter führe aber zu der Gefahr des s.g. Overblocking rechtmäßiger Inhalte. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 29 f. verwiesen. Diesen in das Wissen des Zeugen P. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert - als wahr unterstellt. Auch soweit die Schuldnerin in das Wissen der Zeugin S. gestellt hat, dass es in der Vergangenheit beim streitgegenständlichen Film zu Overblocking gekommen sei (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 16) hat die Kammer diese Behauptung als wahr unterstellt. Overblocking rechtfertigt bereits aus Rechtsgründen nicht das Unterlassen wirksamer Gegenmaßnahmen gegen massenweise Urheberrechtsverletzungen, soweit die rechtmäßigen Nutzungen gegenüber den rechtswidrigen nicht ins Gewicht fallen (BGH, Urt. v. 26.11.2015, I ZR 174/14 -Störerhaftung des Access-Providers). Dass vorliegend die legale Nutzungen maßgeblich ins Gewicht fallen, ist nicht ersichtlich, zumal vorliegend nur ein Overblocking bei Dateiformaten für einen Film in Betracht kommt.

- Schließlich betreibe die Schuldnerin über die H. eine softwaregestützte proaktive Kontrolle externer Linksammlungen. Die Kontrollmaßnahmen erstreckten sich auf 900 der Schuldnerin bekannte Webseiten, wobei die Schuldnerin derzeit verpflichtet sei, ca. 25.000 Werke zu überprüfen. Im Rahmen dieser proaktiven Überprüfungen habe die Schuldnerin umfassend und regelmäßig nach dem streitgegenständlichen Film suchen lassen, wobei sich die Details aus dem Such- und Löschprotokoll gem. Anlage S 21 ergäben. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 35 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer – soweit substantiiert - zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt.

Aus dem Such- und Löschprotokoll gem. Anlage S 21 ergibt sich allerdings folgendes:→ Erste Maßnahmen wurden laut dem Protokoll erst ab dem 1.7.2014 ergriffen. Die einstweilige Verfügung wurde aber bereits am 4.3.2014 zugestellt. → Am 15.7.2014 wurden gem. Anlage S 21 überhaupt keine Kontrollen durchgeführt, ebenso wenig an folgenden Tagen: 18.7.-20.7.2014, 25.7.-27.7.2015, 30.7.2014, 2.8.-4.8.2014, 7.8.2014, 9.8.-10.8.2014, 12.8.2014, 15.8.-18.8.2014, 21.8.2014, 23.8.-24.8.2014, 26.8.2014, 29.8.-1.9.2014, 4.9.-7.9.2014, 10.9.2014, 13.9.-16.9.2014, 18.9.-21.9.2014, 24.9.2014, 27.9.-29.9.2014, 2.10.-5.10.2014, 8.10.2014, 11.10.-14.10.2014, 17.10.-19.10.2014, 22.10.2014, 24.10.-26.10.2014, 29.10.2014, 31.10.-2.11.2014, 5.11.2014, 7.11.-9.11.2014, 12.11.2014, 15..11.-16.11.2014, 22.11.-23.11.2014, 28.11.-30.11.2014, 3.12.2014, 6.12.-8.12.2014, 13.12.-14.12.2014, 20.12.-21.12.2014, 24.12.-28.12.2014, 1.1.2015, 3.1.-4.1.2015, 6.1.2015, 10.1.-11.1.2015, 17.1.-18.1.2015, 24.1.-25.1.2015, 28.1.2015→ An folgenden Tagen ist gem. Anlage S 21 jeweils nur eine einzige Aktivität zu verzeichnen: 23.7.2014, 19.11.2014, 10.12.2014, 12.12.2014, 19.12.2014, 31.12.2014, 5.1.2015, 22.1.2015→ Teilweise wurde gem. Anlage S 21 diese einzige Aktivität nicht zielgerichtet auf den streitgegenständlichen Film konzentriert, sondern es wurden Seiten besucht, die keinerlei Treffer erwarten lassen, z.B.31.12.2014 ddl-music.org (Musik)5.1.2015 speedlounge.in (Spiele)19.12.2014 bunalti.org (Musik)22.1.2015 dark-music.org (Musik)Laut Suchprotokoll wurde der streitgegenständliche Film dort jeweils nicht aufgefunden, was auch von vorneherein zu erwarten war.→ Auch bei den Suchmaßnahmen an den anderen Tagen finden sich in der Anlage S 21 oftmals offensichtlich nicht zielführende Suchen, wie z.B.4.7.2014 themusicfire.com (Musik)11.7.2014 music.3dl.tv (Musik)16.7.2014 gratisjuegos.org (Spiele)22.9.2014 extreme-board.com (Pornografie)25.9.2014 rockdizmusic.com (Musik)

6.10.2014 buchpirat.org (Bücher)

27.10.2014 famousboard.com (Nacktaufnahmen Prominenter)

26.11.2014 ineveil.com (Musikblog)20.1.2015 wrzmusic.bz (Musik)27.1.2015 glorybeats.com (Musik)Laut Suchprotokoll wurde der streitgegenständliche Film dort jeweils nicht aufgefunden, was auch von vorneherein zu erwarten war.→ Einschläge Linksammelseiten wie ddl-warez.in, boerse.bz, mygully.com und leecher.to wurde gem. Anlage S 21 hingegen eher selten besucht, in keinem Fall täglich. → Diejenigen Seiten, auf denen die Gläubigerin den streitgegenständlichen Film hauptsächlich aufgefunden hat, wurden von der Schuldnerin laut Protokoll gem. Anlage S 21 lediglich wie folgt besuchtddl-warez.in Treffer der Gläubigerin am 16.7.2014; 19.8.2014, 16.9.2014, 16.10.2014, 22.12.2014Besuche der Schuldnerin am 20.8.2014, 4.12.2014, 5.12.2014leecher.to/leecher.club Treffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 6.8.2014, 25.11.2014mygully.comTreffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 31.7.2014, 11.8.2014, 27.11.2014boerse.bz/boerse.toTreffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 7.7.2014, 28.7.2014, 23.10.2014, 20.11.2014, 21.11.2014Ergänzend ist festzustellen, dass die Gläubigerin im Schriftsatz vom 20.7.2015 diese Beobachtungen betreffend die Anlage S21 thematisiert hat, die Schuldnerin aber weder im darauffolgenden Schriftsatz vom 30.10.2015 noch später eine stichhaltige Erklärung für die in Art und Umfang völlig unzureichenden Suchaktivitäten geliefert hat. Ein Verweis auf die Anzahl der insgesamt zu überprüfenden Werke und Linksammelseiten ist schon vom Ansatz her nicht dazu geeignet, eine Entschuldigung für eine völlig unzureichende Suchstrategie auf Linksammelseiten zu liefern, die keinerlei Treffer erwarten lassen. Im Übrigen sind die Verpflichtungen aufgrund gerichtlicher Verbotsverfügungen vorrangig zu erfüllen. Mangels Angaben zu dem Umfang der Umsätze und Erträgnisse können die erforderlichen Maßnahmen auch nicht ins Verhältnis hierzu gesetzt werden.→ Aufgrund des Empfangs der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014 sind aus der Anlage S 21 keinerlei gesteigerten Maßnahmen zur Durchsuchung der gemeldeten Linksammelseiten erkennbar.→ Die Maßnahmen endeten gem. Anlage S 21 am 29.1.2015, das Protokoll enthält demnach keine Aussagen zu Maßnahmen zur Verhinderung der Verstöße vom 23.6.2015.- Aus dem Such- und Löschprotokoll, das die Schuldnerin im beigezogenen Hauptsacheverfahren als Anlage B39 (nur als Datenträger vorhanden) vorgelegt hat, ergibt sich ergänzend folgendes:→ An folgenden Tagen waren von der Schuldnerin vergebene Downloadlinks abrufbar, die im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „Fack ju Goehte“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die bis auf den Umlaut identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“: 27.11.2013; 4.12.2013; 6.12.2013; 11.12.2013; 12.12.2013; 17.12.2013; 18.12.2013; 31.12.2013; 13.1.2014, 20.1.2014, 21.1.2014→ Am 29.11.2013 war ein von der Schuldnerin vergebenen Downloadlink abrufbar, der im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „FacjuGoeTE“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die fast identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“.→ An folgenden Tagen waren von der Schuldnerin vergebene Downloadlinks abrufbar, die im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „FuckUGothe“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die fast identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“: 19.12.2013; 10.1.2014; 14.1.2014, 27.1.2014Hieraus ist abzuleiten, dass die Schuldnerin weder vor noch nach der Zustellung des Verfügungsantrages am 24.1.2014 einen hinreichend programmierten Wortfilter zur Verhinderung der Generierung eines XXX-Downloadlinks bereitgehalten hat, denn anders ist die Auffindbarkeit solcher Links, die fast identische oder nahezu identische Bezeichnungen im Titel tragen, nicht erklärbar. Ob die Schuldnerin daher gehalten war, als Reaktion auf die entsprechende Mitteilung der Schuldnerin vom 20.11.2013 (Anlage AST4) auch die Abkürzungen „FajuGo“, „FaJuGe“ und „FajuGoe“ als offensichtliche Abkürzungen des Filmtitels „Fack ju Göhte“ in den Wortfilter mit aufzunehmen, kann daher dahinstehen.

- Der Schuldnerin sei die tägliche Kontrolle sämtlicher Werke in allen in Betracht kommenden Linksammlungen schlicht unmöglich. Bei 25.000 zu kontrollierenden Werken auf 100 Linksammlungen ergäben sich 2.500.000 täglich zu bearbeitende Tasks. Ein geschulter Mitarbeiter der H. könne an 8 Stunden pro Tag ca. 360 Tasks bearbeiten. Mithin würden 10.418 Mitarbeiter benötigt mit jährlichen Gesamtkosten in Höhe von 364.630.000,00 EUR. Bei Bereitstellungen eines Schichtbetriebs an sieben Tagen der Woche und rund um die Uhr sei mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 37 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer – soweit substantiiert - zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt.Als substantiiert hat die Kammer die Angabe behandelt, dass ein geschulter Mitarbeiter der H. an 8 Stunden pro Tag ca. 360 Tasks bearbeiten könne und dass mithin 10.418 derartiger Mitarbeiter benötigt würden. Hierzu ist festzustellen, dass kein Vortrag zum Umfang der Geschäftstätigkeit, dem täglichen Datenvolumen, der Anzahl der Kunden, etc. gehalten wurde, so dass diesen Zahlen, auch wenn man sie als wahr unterstellt, kein Aussagegehalt zum Umfang der Belastungen zukommt. Bei einem global aufgestellten Unternehmen mit einer Vielzahl von Kunden und hohem Datenvolumenaufkommen relativieren sich die Zahlen ohne weiteres. Die Kosten für die Mitarbeiter sind im Übrigen bei Weitem überzogen. Unter Anlegen eines Mindestlohnes in Deutschland von derzeit EUR 8,50 ergibt sich ein jährlicher Gehaltsbedarf von aufgerundet 182 Mio. EUR. Unabhängig hiervon ist es der Schuldnerin nicht verwehrt, Mitarbeiter einzustellen, die mehr Tasks pro Tag bearbeiten können und hierbei weniger fordern/verdienen. Wie die Kammer bereits oben festgestellt hat, sind für das Aufsuchen der Linksammelseiten und das Löschen der Dateien keine größeren Kenntnisse erforderlich, zumal dann nicht, wenn keine Dokumentation anzufertigen ist. Diese Tätigkeiten könnten, da computergestützt, auch in Billiglohnländer ausgelagert werden. Wenn Hilfskräfte von zu Hause aus mit eigener EDV-Ausstattung beschäftigt würden, bräuchte auch nicht einmal für die Infrastruktur gesorgt werden, denn mehr als ein üblicher PC mit Internetanschluss wird nach den Feststellungen der Kammer im Rahmen der Zeugeneinvernahme nicht benötigt,

- Multipliziert mit dem Faktor 1,5 ergäben sich Gesamtkosten in Höhe von 546.945.000,00 EUR, die den Umsatz der Schuldnerin bei Weitem überstiegen.

Hierzu ist festzustellen, dass die Behauptung, dass diese Kosten die Umsätze der Schuldnerin um ein Vielfaches überstiegen, bestritten ist. Einer – von der Schuldnerin angebotenen (Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 39) - Parteieinvernahme hat die Gläubigerin widersprochen (Prot. vom 14.1.2016 S.9). Eine Parteianhörung konnte nicht durchgeführt werden, weil der Verwaltungsrat der Schuldnerin im Termin vom 14.1.2016 trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts (vgl. Beweisbeschluss und Terminsverfügung vom 13.10.2015 S. 4 = Bl. 113) unentschuldigt nicht erschienen ist. Weiterer Vortrag wurde insoweit nicht gehalten, weitere Beweismittel wurden nicht vorgelegt.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass nach den obigen Feststellungen der Kammer die vorgetragenen und als wahr unterstellten Maßnahmen vorliegend nur halbherzig, sozusagen als Feigenblatt, ergriffen worden sind. Die maßgeblichen Linksammelseiten wurden nur ganz sporadisch besucht (vgl. zur notwendigen Frequenz schon zur Vermeidung der Störerhaftung: OLG München, Urt. v. 7.5.2015 - 29 U 4729/14). Viel Zeit wurde hingegen mit der Suche auf Seiten verschwendet, die das Angebot eines Spielfilms wie des streitgegenständlichen Films von vornherein nicht erwarten lassen. Eine wie auch immer gesteigerte Suchaktivität aufgrund der Informationen der Gläubigerin kann nicht festgestellt werden.Soweit die Schuldnerin die Kammer aufgefordert hat, diejenigen geschuldeten (weiteren) Maßnahmen nach Art und Umfang zu benennen, die zu einem sicheren Entfallen einer Haftung der Schuldnerin führen könnten, ist festzustellen, dass es nicht Aufgabe der Kammer ist, der Schuldnerin einen Weg zu weisen, bei dessen Befolgung die Schuldnerin sicher vor zukünftigen Bestrafungsanträgen der Gläubigerin ist. Aufgabe der Kammer ist es lediglich, auf Antrag der Gläubigerin konkrete Maßnahmen der Schuldnerin in der Vergangenheit daraufhin zu beurteilen, ob sie ausreichend waren. Dies ist hier nicht der Fall gewesen. Weitere mögliche Maßnahmen wären aber, die Downloadvergütung für massenweise heruntergeladene Dateien abzuschaffen, weil davon ausgegangen werden kann, dass hiervon hauptsächlich hochattraktive illegale Inhalte wie der streitgegenständliche Film betroffen sind. Alternativ könnte die Schuldnerin aber auch auf dieselbe Art und Weise, wie sie die Uploader für die Vermittlung von neuen Abonnenten und erfolgreiche Downloads durch Dritte vergütet, auch „Löscher“ für die erfolgreiche Löschung einzelner rechtsverletzender Inhalte vergüten. Die finanziellen Mittel hierfür könnte sie durch Zurückhalten bzw. Verringerung der an Rechtsverletzer auszuzahlenden Vergütungen erhalten. In ihren AGBs behält sich die Schuldnerin ohnehin Schadenersatzansprüche gegen Uploader von rechtswidrigen Inhalten vor. Ferner stellt die Schuldnerin Rechteinhabern bereits ein Löschtool zur Verfügung. Dieses Löschtool könnte sie auch Dritten zur Verfügung stellen. Für den Fall einer möglichen unberechtigten Löschung von Inhalten hat die Schuldnerin in ihren AGBs bereits dadurch vorgesorgt, dass beanstandete Inhalte zunächst in Quarantäne gestellt werden und erst nach Ablauf einer Frist für den Uploader, seine Berechtigung geltend zu machen, endgültig gelöscht werden. Aus Sicht der Kammer folgt aus der Lebenserfahrung, dass nur sehr wenige Uploader gegen die Löschung eindeutig rechtswidriger Inhalte, wie vorliegenden den Film „Fack ju Göhte“, per E-Mail oder gar gerichtlich vorgehen werden. Durch diesen Ansatz wäre das Problem der begrenzten personellen Ressourcen mit einem Schlag gelöst. Freilich wäre dann der Dienst der Schuldnerin für professionelle Urheberrechtsverletzer (Uploader) weniger attraktiv und die Schuldnerin würde weniger Erlös durch die Ausnutzung bzw. Unterstützung von Urheberrechtsverletzungen, die von ihren Kunden begangen werden, erwirtschaften.

5. Die Kammer bemisst das vorliegend verwirkte Ordnungsmittel auf ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €. Aus Sicht der Kammer ist die Schwelle zur Verhängung von Ordnungshaft, obwohl fakultativ beantragt, noch nicht erreicht. Aufgrund der lang andauernden stetigen Missachtung der Verpflichtungen aus der einstweiligen Verfügung trotz eindeutiger Hinweise seitens der Gläubigerin, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend waren, ist jedoch die Festsetzung eines deutlichen spürbaren Gesamtbetrages angezeigt, der sich wie folgt auf die Gruppen einzelner Verstöße, die in drei Gruppen eingeteilt werden können, verteilt:Gruppe 1 nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 4.3.2014- 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014

- 1 Treffer am 16.7.2014 - 1 Treffer am 19.8.2014- 1 Treffer am 16.9.2014 - 1 Treffer am 16.10.2014zusammen € 30.000

Gruppe 2 nach Empfang der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014

- 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015

- 1 Treffer am 22.12.2014 zusammen € 50.000Gruppe 3 nach Zustellung des Bestrafungsantrages am 7.5.2015- 4 Treffer am 23.6.2015zusammen € 70.000

Die Kammer nimmt dabei an, dass jeweils drei Phasen der natürlichen Handlungseinheit vorliegen, wobei die Zustellung der einstweiligen Verfügung am 4.3.2014, der Empfang der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014 und die Zustellung des Bestrafungsantrages am 7.5.2015 jeweils eine Zäsur bewirkt haben. Denn nach Erhalt dieser Dokumente muss bei den Verantwortlichen der Schuldnerin jeweils eine Entscheidung gefallen sein, entweder die Kontrollmaßnahmen bzw. Details des Geschäftsmodells überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in maßgeblichem Umfang zu verändern. Die Kammer geht davon aus, dass sich die Schuldnerin jeweils dazu entschlossen hat, die Maßnahmen nicht zu verändern. Denn insoweit trägt die Schuldnerin schon nichts vor. Die Schuldnerin trifft hier eine sekundäre Darlegungslast, der sie vorliegend nicht nachgekommen ist. Diese zwei Ereignisse und zwei Willensbildungsprozesse rechtfertigen es aus Sicht der Kammer, das für die einzelne Phase verwirkte Ordnungsgeld jeweils um € 20.000,00 zu erhöhen. Als das Ordnungsgeld erhöhend hat die Kammer ferner folgende Umstände berücksichtigt:

- Schuldnerin handelt in Gewinnerzielungsabsicht. Die Organe der Schuldnerin haben vorliegend eine letztendlich wirtschaftliche Abwägungsentscheidung getroffen, ob hinreichend wirksame Maßnahmen getroffen werden sollen, um dem gerichtlichen Verbot Genüge zu tun, oder ob diese Maßnahmen unterbleiben, um das Geschäftsmodell nicht zu gefährden.- Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl von Rechtsverletzungen.- Jedenfalls im zweiten und dritten Zeitabschnitt handelte die Schuldnerin vorsätzlich und renitent.

Ordnungsgeldmindernd hat die Kammer folgende Umstände berücksichtigt:- Es handelt sich um den ersten Bestrafungsantrag in dieser Sache.

- Die Schuldnerin hat den Treffer vom 23.6.2015 unstreitig gestellt, was einem Teilgeständnis gleichkommt.- Die Schuldnerin hat überhaupt Kontrolltätigkeiten entfaltet, wenn auch keine hinreichenden.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer schätzt den Streitwert ausgehend vom Streitwert der einstweiligen Verfügung (250.000 €) auf 150.000 €.

 

Dr. Zigann

Dr. Kunz-Hallstein

Dr. Heister

Vorsitzender Richter am Landgericht

Richterin am Landgericht

Richterin am Landgericht

 

Begründung auf die Geschäftsstelle gelangt am Schuster, JSekr´inUrkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Landgericht München I

München, 14.01.2016

7 O 26752/13

Verfügung

1.Beschluss vom 14.01.2016 hinausgeben an:

Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Lausen Rechtsanwälte

zustellen

Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

zustellen

2.Wiedervorlage 3 Wochen

Dr. ZigannVorsitzender Richter am Landgericht

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Landgericht München I Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 O 26752/13 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen


(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand


Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 891 Verfahren; Anhörung des Schuldners; Kostenentscheidung


Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2015 - I ZR 174/14

bei uns veröffentlicht am 26.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 174/14 Verkündet am: 26. November 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Stö

Landgericht München I Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 O 26752/13

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor 1. Gegen die Schuldnerpartei wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014, Az. wie oben, ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €, ersatzweise für d
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht München I Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 O 26752/13.

Landgericht München I Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 O 26752/13

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor 1. Gegen die Schuldnerpartei wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014, Az. wie oben, ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €, ersatzweise für d

Referenzen

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/14
Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Störerhaftung des Access-Providers
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem
Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden
, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die
im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und
nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer
einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme
dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung
der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den
Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets
bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen
, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber,
sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber
nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2014 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das ihren Kunden als Access-Provider Zugang zum Internet vermittelt.
2
Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.


ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0
3
Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Vermerke als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten, ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der über die Internet -Adresse http://goldesel.to, die URL http://www.goldesel.to und http://geserver.to sowie verschiedene Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken, um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder IPSperre den Zugang zu verhindern.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, (…) 2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten , ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten InternetDienst abrufbar sind, wie dies über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht , welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: zu der Album-Veröffentlichung Depeche Mode, Sounds of the Universe, CDBestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Michael Jackson, King of Pop, German Edition, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Silbermond, Nichts passiert, CD- Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Sportfreunde Stiller, MTV Unplugged in New York, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Rosenstolz, Die Suche geht weiter (Erweitertes Tracklisting), CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Jennifer Rostock, Der Film, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] und wie geschehen: im Falle der Album-Veröffentlichung von Depeche Mode (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Michael Jackson (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Silbermond (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Sportfreunde Stiller (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Rosenstolz (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Jennifer Rostock (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] 3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln , soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten Internet-Dienst und über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IPAdressen , soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen: zu der Album-Veröffentlichung (…) [es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung] 4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war; 5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R 2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7
Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL erfasse , jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links" ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
8
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel" auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9
Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die zivilgerichtliche Anordnung vonDNSoder IP-Sperren, wohl aber für die einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10
B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
12
1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13
a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst "Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung "und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDonkey" -Links definiert haben.
14
b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend bestimmt , dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
15
2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen , ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
17
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to" erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
20
4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt , nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
23
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
24
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
25
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
26
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen , allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen geschützten Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen. Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots "Goldesel" nicht unterbunden.
28
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechts- verletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten Internetseite oder sein Host-Provider - die Rechtsverletzungen effektiver abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen, dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel" nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel" insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten. Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht darge- legt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht ausreichend effektiv seien.
30
bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
31
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
32
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Ge- staltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
35
cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen können , die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36
dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts , dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
38
(2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von Rechtsfehlern.
39
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich vorgetragen , die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kos- ten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese Beurteilung durch das Beru- fungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
40
Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts , bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der An- spruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
41
Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein technisches System ("Traffic Management"), das in der Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten eines Anbieters von DNSbezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem Online-Handbuch der Beklagten , so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen, die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage, unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS- oder IP-Sperre sei die Be- schaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse - unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43
Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines Telekommunikationsunternehmens , das sich - wie die Beklagte - mit der Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44
ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45
ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
46
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich , aber nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine - wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion verfüge , beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur - das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite "The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser (auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen , hingegen in Ländern ohne Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen könnten.
47
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu verstehen , weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48
Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein, Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.) spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten, im Rahmen der Gesamt- abwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel ). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken. Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren nicht zu erschüttern.
49
Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt. Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen.
50
(3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten eben- falls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51
gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte, nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung, hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52
(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite "Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to" ein Meinungsforum vorge- halten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in besonderem Maße schutzwürdig seien.
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(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54
(3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Overblocking" ) ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde, Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden. Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte IPAdresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55
Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner /Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.). Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56
Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags , demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to" mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57
(4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
58
hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59
Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile auf Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60
ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EUGrundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
61
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
62
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
63
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
64
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
65
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass /Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
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(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz , 3. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
67
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
69
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten un- mittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
70
(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
71
jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
72
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
73
(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen , also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet -Versteigerung II).
75
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der in der EUGrundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
76
kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
77
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert /Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
78
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
79
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
80
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite "Goldesel" vorgegangen sind.
82
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
83
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht , dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich vorgegangen sind.
85
Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die (womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben werde , muss vorliegend nicht entschieden werden.
86
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.
87
cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann. Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungs- behörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom dortigen Host-Provider die paypalAdresse genannt erhielt, über die der niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten , die eine Firma namens "t. ", eine E-Mail-Adresse "s. @m. " und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht möglich und erfolgversprechend ist.
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e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2011 - 28 O 362/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.07.2014 - 6 U 192/11 -

Die nach den §§ 887 bis 890 zu erlassenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 91 bis 93, 95 bis 100, 106, 107 entsprechend.