Landgericht Memmingen Endurteil, 01. Apr. 2019 - 22 O 539/18

bei uns veröffentlicht am01.04.2019

Gericht

Landgericht Memmingen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 12.338,71 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz im Hinblick auf einen von der Beklagten AG hergestellten Transporter des Typs Vito 122 CDI mit einem Motor Typ OM 642.

Am 30.12.2016 schloss der Kläger mit der Fa. ...-Automobile in Fürth einen Kaufvertrag über den am selben Tag ausgelieferten gebrauchten Mercedes Benz Vito 122 CDI mit 114.000 km, Fahrgestellnummer ... zu einem Kaufpreis von 15.300 €. Im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.2.2019 wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 180.148 km auf. Bei Außentemperaturen im einstelligen Bereich reduziert die Motorsteuerungssoftware die Abgaskontrolle (sog. Thermofenster).

Mit Anwaltsschreiben vom 20.03.2018 verlangte der Kläger von der Beklagten 13.049,31 € unter Fristsetzung auf den 6.4.2018 Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs sowie 1.317,57 € vorgerichtliche Anwaltsgebühren, was die Beklagte mit Schreiben vom 9.4.2018 ablehnte.

Der Kläger behauptet im Wesentlichen, dass der Motor über eine Steuerungssoftware verfüge, die erkenne, wenn ein Emissionstest durchgeführt wird. Nur dann werde das volle Emissionskontrollsystem aktiviert, was zu geringeren Stickoxidwerte unter Prüfstandbedingungen führe als im Normalbetrieb, wobei die maßgebliche Abgasnorm Euro 5 nur unter Prüfstandbedingungen eingehalten werde. Zusätzlich zur reduzierten Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter 10°C, werde diese auch ab einer bestimmten Drehzahl verringert. Es handle sich deshalb um eine verbotene Abschalteinrichtung, weil die Emissionskontrolle mittels Abgasrückführung ohne Notwendigkeit im Normalbetrieb reduziert werde. Das Werbeversprechen eines besonders sauberen Fahrzeugs sei daher nicht eingehalten. Das Fahrzeug sei deshalb mangelhaft und eine Nachbesserung ohne andere nachteilige Folgen für das Fahrzeug stehe nicht zur Verfügung. Auch sei der Wert des Fahrzeugs dadurch gemindert. Er behauptet, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von der nur selektiven Abgasbehandlung gewusst hätte.

Die Beklagte schulde Schadensersatz gem. §§ 823 II BGB, 16 UWG weil sie in ihrer das Fahrzeug betreffenden Werbung den Anschein eines besonders günstigen Angebots und eines besonders umweltfreundlichen Fahrzeugs erweckt habe, wobei die Vorstandschaft frühzeitig Kenntnis davon hatte, dass nur mittels der Abschalteinrichtung die behaupteten Stickoxidwerte im Testmodus eingehalten würden. Zumindest müsse sich die Vorstandschaft der Beklagten und damit die Beklagte selbst eine mangelnde Kenntnis als Organisationsverschulden zurechnen lassen. Sie hafte daher auch aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB.

Aufgrund der verbotswidrigen Abschaltvorrichtung liege ein Verstoß gegen Art. 5 II EG VO 715/2007 und § 823 II BGB vor und es bestehe die Gefahr, dass die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug erlösche oder entzogen werde. Zudem bestehe ein Anspruch gem. §§ 823 II BGB, 263 StGB wegen Betrugs der Beklagten zum Nachteil des Klägers wegen einer Drittbereicherungsabsicht der Beklagten zu Gunsten des vorsatzlosen Fahrzeughändlers.

Anspruch auf Schadensersatz bestehe auch wegen Verstoß gegen §§ 823 II BGB, 6 I, 27 I EG-FGV, weil das Fahrzeug ohne wirksame Übereinstimmungsbescheinigung in Verkehr gebracht worden sei.

Unter Zugrundelegung einer üblichen Laufleistung von 300.000 km, bislang zurückgelegter 66.148 km und dem Kaufpreis von 15.300 € schulde die Beklagte unter Abzug einer Nutzungsentschädigung von 5.441,21 € noch 9.858,79 €.

Im Falle einer künftigen Stilllegung des Fahrzeugs durch die zuständigen Behörden drohten dem Kläger weitere Schäden, weshalb ein Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht bzgl. künftiger Schäden begründet sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 9.858,79 € nebst Zinsen in Höhe von 1.275,00 €, sowie weiterer Zinsenaus 15.300 € in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 01.02.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Daimler AG Vito 122 CDI kompakt mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... zu zahlen.

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs seit dem 7.4.2018 in Annahmeverzug befindet.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, an die ... zur Schadennummer ... vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.317,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

  • 4.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser aus der Manipulation des Motors oder entsprechenden Behebungsmaßnahmen de im Antrag zu 1 genannten Fahrzeugs erleidet.

  • 5.In Höhe von 2.246,62 € ist der Rechtsstreit erledigt.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei der Motorsteuerungssoftware um eine verbotswidrige Abschalteinrichtung handle und verweist darauf, dass das Kraftfahrtbundesamt weder die erteilte Typgenehmigung widerrufen hat, noch eine Nebenbestimmung nach § 25 EG FGV erteilt hat oder Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs zurückgerufen hat. Abschalteinrichtungen seien nicht nur bei Notwendigkeit erlaubt, sondern es genüge die Zweckdienlichkeit. Beklagtenseits angebotene Software-Updates seien freiwillig zwecks Verbesserung der Luftqualität erfolgt. Die übergebene Übereinstimmungsbescheinigung sei zudem nicht kausal für den Kaufentschluss des Klägers geworden, nachdem sie regelmäßig erst nach Kaufvertragsschluss übergeben werde. Die Beklagte habe den Kläger nicht getäuscht und er habe auch mangels Rückruf keinen Schaden erlitten, denn auch die Abgasnorm Euro 5, welche nur im Testbetrieb untersucht werde, sei eingehalten. Sie bestreitet Wertverluste des Fahrzeugs aufgrund der Abgasvorrichtung und ein Entfallen der Typgenehmigung oder der Übereinstimmungsbescheinigung. Es drohe keine Stilllegung des Fahrzeugs. Die Funktion der Abgasreinigung sei für den Kläger beim Kauf ohne Interesse gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Hauptverhandlungsprotokoll vom 18.2.2019 Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist hinsichtlich dem Antrag Ziffer 4 bereits unzulässig, im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Das Landgericht Memmingen ist örtlich zuständig gem. § 32 ZPO bzw. zumindest infolge rügeloser Einlassung und sachlich gem. §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG.

Der Antrag Ziffer 4 ist deshalb unzulässig, weil er nicht hinreichend konkret ist, da aus dem Antrag nicht klar wird für welche Manipulation des Motors oder deren Behebung Schadensersatz geschuldet werden soll.

II.

1. Der Kläger hat keine Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB.

Ansprüche wegen Betrug, bestehen nicht, denn es fehlt an einer relevanten Täuschungshandlung der Beklagten.

a) Das bloße In-Verkehr-Bringen des Fahrzeugs durch die Beklagte ohne Hinweis auf den Umstand, dass die Stickoxidwerte, die Grundlage der allgemeinen Betriebserlaubnis waren, mit Hilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden waren, stellt zur Überzeugung des Gerichts keine Täuschung des Klägers durch schlüssiges Handeln dar.

Zwar kann auch tatsächlichem Handeln grundsätzlich ein Erklärungswert zukommen. Durch das In-Verkehr-Bringen des Fahrzeugs entsteht jedoch noch kein geschäftlicher Kontakt mit potentiellen Endabnehmern. Dem bloßen In-Verkehr-Bringen der Sache kann daher kein bestimmter Erklärungswert gegenüber dem Kläger zugeordnet werden. Hinzu kommt, dass selbst einem Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages grundsätzlich nicht die Aussage entnommen werden könnte, dass eine Kaufsache frei von jeglichen Mängeln ist.

b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte als Hersteller des Fahrzeugs eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware gegenüber dem Kläger gehabt hätte.

Voraussetzung für eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen ist eine entsprechende Garantenstellung gegenüber dem Kläger. Eine solche Garantenstellung könnte sich nur aus einem besonderen Vertrauensverhältnis oder aus Ingerenz ergeben.

aa) Ein besonderes Vertrauensverhältnis ist vorliegend nicht gegeben. Selbst zwischen den Parteien eines Kaufvertrages besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, vielmehr ist jeder grundsätzlich dazu angehalten, seine eigenen Vermögensinteressen selbst zu wahren. Eine Ausnahme kann nur dann angenommen werden, wenn entweder wertbildende Faktoren von ganz erheblichem Gewicht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93; LG Braunschweig, Urteil vom 3.1.2019, 11 O 1172/18, Rn 31 ff; zit. nach juris) in Rede stehen oder die Verwendbarkeit der Kaufsache für den beabsichtigten Zweck in Frage steht. Wegen der „weiteren Entfernung“ der beklagten Fahrzeugherstellerin vom Endabnehmer erscheint es sogar gerechtfertigt, das Bestehen einer Aufklärungspflicht, wenn schon nicht ganz auszuschließen, so doch auf Umstände zu beschränken, die dazu führen, dass der Kaufgegenstand fast gänzlich unbrauchbar ist (vgl. LG Braunschweig, s.o.)

Der konkrete Stickoxid-Ausstoß im Normalbetrieb war vorliegend für den Kläger kein wertbildender Faktor von erheblichem Gewicht, sondern allenfalls der Treibstoffverbrauch, auf den er die Klage jedoch nicht gestützt und keinen Beweis angetreten hat, dass dieser von etwaigen Zusagen tatsächlich weit abweicht. Bezüglich dem Abgasausstoß war ihm nach seinen Angaben durchaus bekannt, dass dieser von der jeweiligen Betriebssituation abhängt. Sofern er sich tatsächlich im Internet über konkrete Abgaswerte des erworbenen Fahrzeugs kundig gemacht hat, so kann ihm auch nicht entgangen sein, dass diese Werte zwecks Vergleichbarkeit nur in einem speziellen Testmodus (NEFZ) ermittelt werden und von den Werten im Normalbetrieb abweichen. Dass die für den Testbetrieb beworbenen Stickoxidwerte und die darauf beruhende Einstufung in die Abgasnorm Euro 5 nicht eingehalten würden, hat er nicht substantiiert dargetan.

Da das Fahrzeug für den Kläger im Übrigen uneingeschränkt zum verkehrsüblichen Zweck verwendbar war und ist, bestand auch aus diesem Grund keine Offenbarungspflicht hinsichtlich der konkreten Emissionskontrolle, die für den Kläger nach eigenen Angaben offenbar nicht wichtig war.

Auch bezüglich dem pauschal behaupteten Wertverlust aufgrund der Betroffenheit durch die Motorsteuerungssoftware fehlt es an substantiierbarem Vortrag. Zur Überzeugung des Gericht ist ein solcher Wertverlust auch nicht durch Gutachten festzustellen, denn es lässt sich nicht stimmig feststellen, inwieweit etwaige Preiseinbrüche für Dieselfahrzeuge auf der sog. Abschaltautomatik oder der allgemeinen Diskussion über Dieselfahrverbote in Großstädten beruht, welche von der vorgenannten Problematik völlig unabhängig aufgekommen ist.

Schließlich besteht für den Fahrzeugtyp eine wirksame, ursprünglich erteilte EG-Typgenehmigung und es droht nicht ernsthaft die Gefahr der Stilllegung.

Die Typgenehmigung ist nicht kraft Gesetzes gemäß §§ 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen, auch wenn es sich um eine verbotene Abschalteinrichtung handeln würde. Diese Vorschriften gelten nämlich nicht für den hier vorliegenden Fall, dass ein Fahrzeug schon vor In-Verkehr-Bringen durch den Hersteller nicht der maßgeblichen Typgenehmigung entspricht. Vielmehr soll die Vorschrift, wie sich aus der Begründung zur damaligen Neufassung des § 19 Abs. 2 StVZO (vgl. BR-Drucksache 629/93, 15 F.) ergibt, nur Änderungen von bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen erfassen. Dies ergibt sich aus einer systematischen Auslegung des § 25 EG-FGV. Diese Vorschrift gibt dem KBA (Kraftfahrtbundesamt) die Möglichkeit, mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur ursprünglichen Typgenehmigung zu reagieren. § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV ermöglicht den Widerruf der Typgenehmigung erst dann, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht. Würde die Typgenehmigung kraft Gesetzes erlöschen, bestünde für die Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV kein Anwendungsbereich. Vorliegend hat das KBA nicht einmal von der Erteilung einer Nebenbestimmung hinsichtlich der fraglichen Software Gebrauch gemacht. Das KBA hat die Steuerungssoftware, anders als in den „VW-Fällen“, insoweit nicht als verbotene Abschalteinrichtung qualifiziert. Nach dem Grundsatz der Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts ist die Kammer an diese Beurteilung gebunden und eine Nachprüfung durch das Zivilgericht nicht möglich (vgl. BGH I ZR 13/14, Rn 31; IX ZR 89/05, Rn 14, zit. nach juris).

Ein Widerruf der Typgenehmigung droht auch nicht, nachdem das KBA als zuständige Behörde das ihm zustehende Ermessen nicht dahingehend ausgeübt hat, eine Entziehung der Typgenehmigung in die Wege zu leiten

bb) Eine Garantenstellung ergibt sich auch nicht aus Ingerenz.

Eine Pflichtwidrigkeit löst nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des betroffenen Rechtsguts dient. Selbst falls es sich um eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne von Artikel 5 Abs. 2, Artikel 3 Nr. 10 VO (EG) 751/2007 handeln würde so diente diese Norm jedoch nur der Harmonisierung des Binnenmarkts (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie) und zielt sie auf hohe Verkehrssicherheit, Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung (Erwägungsgrund 3 der Richtlinien), nicht jedoch auf Vermögensinteressen der Käufer ab. Der Verstoß begründete daher keine Garantenstellung gegenüber dem Kläger als Käufer.

cc) Auch der Vorsatz den Endabnehmern durch den Verkauf eines Fahrzeugs mit einer eventuell später als unzulässig qualifizierten, jedoch letztendlich auch nachbesserungsfähigen Abschaltvorrichtung, Schaden zuzufügen ist nach Überzeugung des Gerichts nicht hinreichend schlüssig dargelegt und beweisbar.

Es erscheint jedenfalls nachvollziehbar und plausibel und das Gegenteil nicht beweisbar, dass selbst im Falle frühzeitiger Kenntnis der verantwortlichen Führungskräfte seitens der Beklagten, darauf vertraut wurde, dass den Abnehmern kein Nachteil entsteht und allenfalls eine Täuschung der Zulassungsbehörden, nicht aber der Endkunden billigend in Kauf genommen wurde. Es fehlt daher jedenfalls am Betrugsvorsatz, sofern man- wie nicht- von einer unzulässigen Abschaltvorrichtung ausgehen wollte.

dd) Es fehlt schließlich auch am Vermögensschaden, denn § 263 StGB schützt nur das Vermögen, nicht aber die bloße Verfügungsfreiheit des Getäuschten (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.1983, 1 StR 550/82, zit. nach juris). Ein Vermögensschaden liegt nicht schon vor, wenn jemand infolge eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getroffen haben würde. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Vergleich der Vermögenswerte vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung. An einem Schaden fehlt es, soweit die Vermögensminderung durch den wirtschaftlichen Wert des Erlangten ausgeglichen wird (vgl. BGH in NJW 2006, 1679 ff). Substantiierter Vortrag und Beweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Einbuße fehlt.

2. Kein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB.

a) Ein Verhalten ist objektiv sittenwidrig, wenn es nach Inhalt und Gesamtcharakter, welches durch eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, mithin mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (vgl. BGH NJW-RR 2013, 550, 551). Nicht ausreichend ist hingegen, dass das Verhalten gesetzes- oder vertragswidrig ist, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft. Vielmehr muss eine nach dem Maßstab der allgemeinen Gesellschaftsmoral und als „Unanständig“ geltende besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Zweck, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann, gegeben sein (vgl. BGH NJW 2012, 1800, 1803). Ein bloßer Gesetzesverstoß allein führt nicht zwingend zum Vorliegen der Sittenwidrigkeit, vielmehr muss die relevante Norm Ausdruck einer sittlichen Wertung und nicht wertneutral sein. Auch für Ansprüche aus § 826 BGB gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1985, II ZA 109/84).

Nach diesen Maßstäben stellt der Einbau und das Verschweigen selbst im Falle der Unzulässigkeit (wie nicht, vgl. oben 1 b aa) der Abschalteinrichtung kein sittenwidriges Verhalten der Beklagten dar. Auch wenn es der Beklagten um Kostenersparnis bzw. Gewinnmaximierung bei Entwicklung und Einbau der betreffenden Abschalteinrichtung gegangen sein sollte, so stellt dies nicht per se ein grundsätzlich zu beanstandendes Verhalten dar. Die Vorschriften des Artikel 5 Abs. 2 EU-VO 715/2007 sind kein Ausdruck einer sittlichen Gesinnung, sondern stellen sich vielmehr - wie insbesondere aus der Präambel Ziffer (4) bis (7) ersichtlich wird, als Regelung zum Schutz der Umwelt dar. Daneben soll die Verordnung der Harmonisierung der nationalen Regelung und damit der Stärkung des Binnenmarktes dienen (vgl. insbesondere Präambel Ziffer 1). Mit der Vorschrift soll damit eine Reduzierung der Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen erzielt werden. Eine sittliche Wertung ist hiermit nicht verbunden.

Auch bei der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gilt das oben unter 1 b aa) zur Täuschung durch Unterlassen Ausgeführte sinngemäß, nämlich dass nur das Verschweigen wertbildender Faktoren von ganz erheblichem Gewicht eine sittenwidrige Schädigung begründen können (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 3.1.2019, 11 O 1172/18, Rn 70 ff; zit. nach juris). Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

b) Außerdem ist auch nicht ersichtlich, dass die Kaufentscheidung des Klägers durch das Abgasverhalten des Fahrzeugs im Hinblick auf die unterschiedlichen Labor- und Alltagsbedingungen kausal beeinflusst worden wäre, denn nach der informatorischen Anhörung kam es der Kläger nicht entscheidend auf bestimmte Abgaswerte im Normalbetrieb, sondern lediglich auf die verkehrsübliche Nutzbarkeit des Fahrzeugs an. Diese ist zur Überzeugung des Gerichts weiterhin uneingeschränkt gewährleistet bzw. fehlt es an substantiiertem Vortrag, warum dem nicht so sein sollte, zumal das Fahrzeug mittlerweile 180.148 km problemlos gelaufen ist.

c) Wie beim Anspruch §§ 823 II BGB, 263 StGB fehlt es zudem am Beweis des erforderlichen Vorsatzes die Endverbraucher zu täuschen und ihnen einen Schaden zuzufügen. Insoweit wird auf obige Ausführungen zu Ziffer 1 b) cc) verwiesen.

3. Der Kläger hat keine Ansprüche wegen Verstoßes gegen §§ 823 II BGB i.V.m. § 27 EG-FGV

§ 27 Abs. 1 EG-FGV stellt kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, das den vom Kläger geltend gemachten Schaden betrifft (vgl. LG Hagen, Urteil v. 16.06.2017 - 8 O 218/16).

Sofern ein nationales Gesetz als Umsetzung einer europarechtlichen Richtlinie erlassen wurde, ist für die Frage, ob dieses Gesetz als Schutzgesetz Schadenersatzansprüche auslösen kann, eine europarechtliche Auslegung vorzunehmen. Ein Schadenersatzanspruch ist in diesem Fall denkbar, sofern die der nationalen Norm vorausgehende Richtlinie nach ihrem Sinn und Zweck dem Schutz bestimmter Personenkreise dient (vgl. BGH, Beschl. v. 09.04.2015 - Az. VII ZR 36/14). Im vorliegenden Fall stellt § 27 Abs. 1 EG-FGV kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, der den hier geltend gemachten Schaden betrifft.

Dem Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, welche die europarechtliche Grundlage des § 27 EG-FGV darstellt, wurde mit der Verordnung 385/2009/EG eine Funktionsbeschreibung beigefügt. Aus dieser Funktionsbeschreibung ergibt sich nach dem Wortlaut, dass die Übereinstimmungsbescheinigung, die für das Inverkehrbringen eines neuen Fahrzeugs erforderlich ist, eine Garantieerklärung gegenüber dem Fahrzeugerwerber bzgl. der Einhaltung der zugrundeliegenden europarechtlichen Vorschriften zukommt. Diese Formulierung führt aber nicht dazu, dass der Fahrzeugerwerber jeglichen Schaden in Bezug auf die Verletzung europarechtlicher Vorschriften ersetzt verlangen kann. Die Übereinstimmungsbescheinigung stellt lediglich eine Erklärung des Herstellers dar, dass die formellen Anforderungen für das Inverkehrbringen des Fahrzeugs eingehalten wurden, indem die Übereinstimmungserklärung die Erklärung enthält, dass ein Fahrzeugmodell, das überprüft wurde und die erforderliche Typengenehmigung erhalten hat im Ergebnis dem individuell produzierten Fahrzeug entspricht. Einen weiteren Erklärungsgehalt der Übereinstimmungsbescheinigung dahingehend, dass sie selbst eine weitere eigene Erklärung des Herstellers darstellt, dass die materiellen Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist nicht erkennbar. Letztlich soll die Garantieerklärung nur verhindern, dass die jeweiligen Endkunden ein Fahrzeug nicht zum Verkehr zulassen können, welches der Hersteller angeboten hat. Nur in dieser Konstellation, also nur dann, wenn der Endkunde das Fahrzeug nicht oder nur mit erhöhtem Aufwand zum Verkehr zulassen kann, soll dem Endkunden über die Garantieerklärung, in Verbindung mit § 27 EG-FGV, gemäß § 823 Abs. 2 BGB ein Schadenersatzanspruch zuteilwerden können. Ein weitergehender individueller Schutz von Vermögensinteressen ist nicht bezweckt, sondern lediglich der Schutz der Allgemeinheit vor Gesundheitsgefahren und die Gewährleistung der Verkehrssicherheit.

Im Übrigen wurde die Übereinstimmungsbescheinigung erst nach Kaufvertragsschluss übergeben und es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger dadurch noch ein kausaler Schaden entstanden wäre.

4. Der Kläger hat keine Ansprüche wegen Verstoßes gegen §§ 823 II BGB i.V.m. § 16 UWG.

Der Kläger hat insoweit vollkommen unzureichend vorgetragen, dass die Beklagte in der Absicht gehandelt hat, ein besonders günstiges Angebot abzugeben. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen - besonderen - Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, 3. Aufl., § 16, Rn. 31, 32; für § 4 UWG a.F. auch BGHSt 27, 293-295, zit. nach juris, Rn. 6, 7). Falls die Beklagte tatsächlich in Werbeunterlagen bezüglich des von der Klägerin erworbenen Pkw falsche Informationen durch Prospekte und Broschüren verbreitet haben sollte, würde darin mit bestimmten Leistungswerten unter Einhaltung der Euro 5 Norm kein - besonderer - Vorteil des streitgegenständlichen Fahrzeugs angepriesen. Die Grenzwerte der Euro 5 Norm mussten schließlich alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten, um die Typgenehmigung zu erlangen. Worin hier ein besonderer Vorteil liegen soll, ist für das Gericht nicht erkennbar (vgl. auch LG Braunschweig Urt. v. 14.7.2017 - 11 O 3826/16, BeckRS 2017, 117245, beck-online).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung, den zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABl. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, entspricht. Die Betriebserlaubnis ist ferner zu erteilen, wenn das Fahrzeug anstelle der Vorschriften dieser Verordnung die Einzelrechtsakte und Einzelregelungen in ihrer jeweils geltenden Fassung erfüllt, die

1.
in Anhang IV der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 263 vom 9.10.2007, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2019/543 (ABl. L 95 vom 4.4.2019, S. 1) geändert worden ist, in der bis zum Ablauf des 31. August 2020 geltenden Fassung, oder
2.
in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. L 151 vom 14.6.2018, S. 1), oder
3.
in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Februar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1694 (ABl. L 381 vom 13.11.2020, S. 4) geändert worden ist, oder
4.
in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52; L 77 vom 23.3.2016, S. 65; L 64 vom 10.3.2017, S. 116), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1694 (ABl. L 381 vom 13.11.2020, S. 4) geändert worden ist,
in ihrer jeweils geltenden Fassung genannt sind. Die in Satz 2 genannten Einzelrechtsakte und Einzelregelungen sind jeweils ab dem Zeitpunkt anzuwenden, zu dem sie in Kraft treten. Soweit in einer Einzelrichtlinie ihre verbindliche Anwendung vorgeschrieben ist, ist nur diese Einzelrichtlinie maßgeblich. Gehört ein Fahrzeug zu einem genehmigten Typ oder liegt eine Einzelbetriebserlaubnis nach dieser Verordnung oder eine Einzelgenehmigung nach § 13 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vor, ist die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis nur zulässig, wenn die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 erloschen ist.

(2) Die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs bleibt, wenn sie nicht ausdrücklich entzogen wird, bis zu seiner endgültigen Außerbetriebsetzung wirksam. Sie erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die

1.
die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird,
2.
eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist oder
3.
das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird.
Fahrzeughersteller, Importeure oder Gewerbetreibende dürfen keine Änderungen vornehmen oder vornehmen lassen, die nach Satz 2 zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen. Satz 3 gilt nicht, wenn unverzüglich eine Betriebserlaubnis nach § 21 für das Gesamtfahrzeug eingeholt wird. Sie erlischt ferner für Fahrzeuge der Bundeswehr, für die § 20 Absatz 3b oder § 21 Absatz 6 angewendet worden ist, sobald die Fahrzeuge nicht mehr für die Bundeswehr zugelassen sind. Für die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis gilt § 21 entsprechend. Besteht Anlass zur Annahme, dass die Betriebserlaubnis erloschen ist, kann die Verwaltungsbehörde zur Vorbereitung einer Entscheidung
1.
die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen, Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr oder eines Prüfingenieurs darüber, ob das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung entspricht, oder
2.
die Vorführung des Fahrzeugs
anordnen und wenn nötig mehrere solcher Anordnungen treffen; auch darf eine Prüfplakette nach Anlage IX nicht zugeteilt werden.

(2a) Die Betriebserlaubnis für Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart speziell für militärische oder polizeiliche Zwecke sowie für Zwecke des Brandschutzes und des Katastrophenschutzes bestimmt sind, bleibt nur so lange wirksam, wie die Fahrzeuge für die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Polizei, die Feuerwehr oder den Katastrophenschutz zugelassen oder eingesetzt werden. Für Fahrzeuge nach Satz 1 darf eine Betriebserlaubnis nach § 21 nur der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Polizei, der Feuerwehr oder dem Katastrophenschutz erteilt werden; dies gilt auch, wenn die für die militärischen oder die polizeilichen Zwecke sowie die Zwecke des Brandschutzes und des Katastrophenschutzes vorhandene Ausstattung oder Ausrüstung entfernt, verändert oder unwirksam gemacht worden ist. Ausnahmen von Satz 2 für bestimmte Einsatzzwecke können gemäß § 70 genehmigt werden.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs jedoch nicht, wenn bei Änderungen durch Ein- oder Anbau von Teilen

1.
für diese Teile
a)
eine Betriebserlaubnis nach § 22 oder eine Bauartgenehmigung nach § 22a erteilt worden ist oder
b)
der nachträgliche Ein- oder Anbau im Rahmen einer Betriebserlaubnis oder eines Nachtrags dazu für das Fahrzeug nach § 20 oder § 21 genehmigt worden ist
und die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung nicht von der Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht worden ist oder
2.
für diese Teile
a)
eine EWG-Betriebserlaubnis, eine EWG-Bauartgenehmigung oder eine EG-Typgenehmigung nach Europäischem Gemeinschaftsrecht oder
b)
eine Genehmigung nach Regelungen in der jeweiligen Fassung entsprechend dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (BGBl. 1965 II S. 857, 858), soweit diese von der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden,
erteilt worden ist und eventuelle Einschränkungen oder Einbauanweisungen beachtet sind oder
3.
die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung dieser Teile nach Nummer 1 Buchstabe a oder b von einer Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht ist und die Abnahme unverzüglich durchgeführt und nach § 22 Absatz 1 Satz 5, auch in Verbindung mit § 22a Absatz 1a, bestätigt worden ist oder
4.
für diese Teile
a)
die Identität mit einem Teil gegeben ist, für das ein Gutachten eines Technischen Dienstes nach Anlage XIX über die Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeugs bei bestimmungsgemäßem Ein- oder Anbau dieser Teile (Teilegutachten) vorliegt,
b)
der im Gutachten angegebene Verwendungsbereich eingehalten wird und
c)
die Abnahme des Ein- oder Anbaus unverzüglich durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr oder durch einen Kraftfahrzeugsachverständigen oder Angestellten nach Nummer 4 der Anlage VIIIb durchgeführt und der ordnungsgemäße Ein- oder Anbau entsprechend § 22 Absatz 1 Satz 5 bestätigt worden ist; § 22 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
Werden bei Teilen nach Nummer 1 oder 2 in der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung aufgeführte Einschränkungen oder Einbauanweisungen nicht eingehalten, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs.

(4) Der Führer des Fahrzeugs hat in den Fällen

1.
des Absatzes 3 Nummer 1 den Abdruck oder die Ablichtung der betreffenden Betriebserlaubnis, Bauartgenehmigung, Genehmigung im Rahmen der Betriebserlaubnis oder eines Nachtrags dazu oder eines Auszugs dieser Erlaubnis oder Genehmigung, der die für die Verwendung wesentlichen Angaben enthält, und
2.
des Absatzes 3 Nummer 3 und 4 einen Nachweis nach einem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Verkehrsblatt bekannt gemachten Muster über die Erlaubnis, die Genehmigung oder das Teilegutachten mit der Bestätigung des ordnungsgemäßen Ein- oder Anbaus sowie den zu beachtenden Beschränkungen oder Auflagen mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen auszuhändigen. Satz 1 gilt nicht, wenn die Zulassungsbescheinigung Teil I, das Anhängerverzeichnis nach § 13 Absatz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung oder ein nach § 4 Absatz 5 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung mitzuführender oder aufzubewahrender Nachweis einen entsprechenden Eintrag einschließlich zu beachtender Beschränkungen oder Auflagen enthält; anstelle der zu beachtenden Beschränkungen oder Auflagen kann auch ein Vermerk enthalten sein, dass diese in einer mitzuführenden Erlaubnis, Genehmigung oder einem mitzuführenden Nachweis aufgeführt sind. Die Pflicht zur Mitteilung von Änderungen nach § 15 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung bleibt unberührt.

(5) Ist die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 2 erloschen, so darf das Fahrzeug nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden oder dessen Inbetriebnahme durch den Halter angeordnet oder zugelassen werden. Ausnahmen von Satz 1 sind nur nach Maßgabe der Sätze 3 bis 6 zulässig. Ist die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 erloschen, dürfen nur solche Fahrten durchgeführt werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erlangung einer neuen Betriebserlaubnis stehen. Am Fahrzeug sind die bisherigen Kennzeichen oder rote Kennzeichen zu führen. Die Sätze 3 und 4 gelten auch für Fahrten, die der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr oder der Ersteller des Gutachtens des nach § 30 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung zur Prüfung von Gesamtfahrzeugen benannten Technischen Dienstes im Rahmen der Erstellung des Gutachtens durchführt. Kurzzeitkennzeichen dürfen nur nach Maßgabe des § 42 Absatz 6 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung verwendet werden.

(6) Werden an Fahrzeugen von Fahrzeugherstellern, die Inhaber einer Betriebserlaubnis für Typen sind, im Sinne des Absatzes 2 Teile verändert, so bleibt die Betriebserlaubnis wirksam, solange die Fahrzeuge ausschließlich zur Erprobung verwendet werden; insoweit ist auch keine Mitteilung an die Zulassungsbehörde erforderlich. Satz 1 gilt nur, wenn die Zulassungsbehörde im Fahrzeugschein bestätigt hat, dass ihr das Fahrzeug als Erprobungsfahrzeug gemeldet worden ist.

(7) Die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend für die EG-Typgenehmigung.

(1) Stellt das Kraftfahrt-Bundesamt fest, dass Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmen, kann es die erforderlichen Maßnahmen nach den für den jeweiligen Typ anwendbaren Richtlinien 2007/46/EG, 2002/24/EG und 2003/37/EG anordnen, um die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ sicherzustellen.

(2) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge, selbstständiger technischer Einheiten oder Bauteile nachträglich Nebenbestimmungen anordnen.

(3) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann die Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen oder zurücknehmen, insbesondere wenn festgestellt wird, dass

1.
Fahrzeuge mit einer Übereinstimmungsbescheinigung oder selbstständige technische Einheiten oder Bauteile mit einer vorgeschriebenen Kennzeichnung nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmen,
2.
von Fahrzeugen, selbstständigen technischen Einheiten oder Bauteilen ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt ausgeht,
3.
der Hersteller nicht über ein wirksames System der Überwachung der Übereinstimmung der Produktion verfügt oder dieses System nicht in der vorgesehenen Weise anwendet oder
4.
der Inhaber der Typgenehmigung gegen die mit der Typgenehmigung verbundenen Auflagen verstößt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DESVOLKES
URTEIL
I ZR 13/14 Verkündet am:
30. April 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Tagesschau-App
ZPO § 50; UWG § 4 Nr. 11; RStV § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3, § 11f

a) Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) ist in
Rechtsstreitigkeiten, die die Erfüllung der den Rundfunkanstalten zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben betreffen
(hier die Bereitstellung eines Telemedienangebots), nicht gemäß § 50 ZPO parteifähig.

b) Die Vorschrift des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nichtsendungsbezogene
presseähnliche Angebote in Telemedien untersagt, ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des

c) Die Beurteilung eines Telemedienkonzepts als nicht presseähnlich durch das zuständige Gremium (§ 11f Abs. 4 bis
6 RStV) und die Freigabe dieses Telemedienkonzepts durch die Rechtsaufsichtsbehörde (§ 11f Abs. 7 RStV) entfalten
keine Tatbestandswirkung für die Beurteilung der Presseähnlichkeit eines konkreten Telemedienangebots.

d) Unter einem Angebot im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, dessen Presseähnlichkeit zu beurteilen
ist, ist grundsätzlich das gesamte Telemedienangebot zu verstehen, das auf einem entsprechenden Telemedienkonzept
beruht. Besteht ein Telemedienangebot sowohl aus nichtsendungsbezogenen als auch aus sendungsbezogenen
Inhalten, ist bei der Prüfung der Presseähnlichkeit allein auf die Gesamtheit der nichtsendungsbezoge-
nen Beiträge abzustellen. Stehen bei einem Telemedienangebot „stehende“ Texte und Bilder deutlich im Vorder-
grund, deutet dies auf die Presseähnlichkeit des Angebots hin.
BGH, Urteil vom 30. April 2015 - I ZR 13/14 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 30. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher
, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und
den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Dezember 2013 wird hinsichtlich der Beklagten zu 1 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auf die Berufung der Beklagten zu 1 das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. September 2012 abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig abgewiesen wird. Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Dezember 2013 hinsichtlich des Beklagten zu 2 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage mit den Hilfsanträgen zum Unterlassungsantrag abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen sind Verlage, die Tageszeitungen herausgeben oder
1
verantworten. Die Zeitungen werden als Druckwerke und im Internet sowie über Applikationen für Smartphones und Tabletcomputer veröffentlicht. Der Beklagte zu 2, der Norddeutsche Rundfunk, ist eine öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt. Er hat sich mit weiteren Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle zu der Beklagten zu 1, der Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD), zusammengeschlossen. Die in der Beklagten zu 1 zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten
2
betreiben seit dem Jahr 1996 das von dem Beklagten zu 2 betreute OnlinePortal „tagesschau.de“. Im Jahr 2009 wurden in den Rundfunkstaatsvertrag (RStV) mit §§ 11d, 11f RStV Regelungen eingefügt, wonach öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten die inhaltliche Ausrichtung ihrer Telemedien zu konkretisieren haben und ihre Telemedienangebote in einem näher beschriebenen Verfahren (dem sogenannten „Drei-Stufen-Test“) zu prüfen sind. Die in der Beklagten zu 1 zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten entwickelten unter Federführung des Beklagten zu 2 im Jahr 2010 ein Telemedienkonzept für das Angebot „tagesschau.de“. Dieses wurde vom Rundfunkrat des Beklagten zu 2 am 25. Juni 2010 beschlossen, von der Niedersächsischen Staatskanzlei als Rechtsaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 17. August 2010 freigegeben und am 24. August 2010 im Niedersächsischen Ministerialblatt (Nr. 30/2010, S. 733 ff.) veröffentlicht. Seit dem 21. Dezember 2010 bieten die Rundfunkanstalten neben dem
3
Online-Portal „tagesschau.de“ die Applikation „Tagesschau-App“ für Smartphones und Tabletcomputer an. Über diese können unter verschiedenen thematischen Rubriken - teils um Standbilder oder Bildstrecken ergänzte - Textbeiträ- ge, Audio- und Videobeiträge, interaktive Elemente sowie Stand- und Bewegtbilder aufgerufen werden. Mit ihrer Klage wenden sich die Klägerinnen gegen das Angebot, das
4
- nach Darstellung der Klägerinnen wie aus der von ihnen vorgelegten Anlage K 1 ersichtlich - am 15. Juni 2011 über die „Tagesschau-App“ bereitgestellt war. Sie sind der Ansicht, dieses Angebot verstoße gegen die als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG einzustufende Bestimmung des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, wonach nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote in Telemedien unzulässig sind. Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu un5 terlassen, das Telemedienangebot „Tagesschau-App“, wie in den von ihnen vorgelegten Screenshots (Anlage K 1) enthalten, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen; hilfsweise, innerhalb des Telemedienangebots „Tagesschau-App“ bestimmte vorgelegte Artikel (Anlage K 2) einzeln und/oder kumulativ zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen. Das Landgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben (LG
6
Köln, WRP 2012, 1606). Mit ihrer Berufung haben die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der
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Klage weiterverfolgt. Die Klägerinnen haben in der Berufungsinstanz zusätzlich zu ihrem Hauptantrag und ihrem bisherigen Hilfsantrag mit ihrem nunmehr ersten Hilfsantrag beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die „Tagesschau-App“ wie in der Anlage K 1 bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und die
8
Klage abgewiesen (OLG Köln, GRUR-RR 2014, 342 = WRP 2014, 194).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage habe weder mit
10
dem Hauptantrag noch mit den beiden Hilfsanträgen Erfolg. Dazu hat es ausgeführt : Der auf ein Unterlassen des Verbreitens des Telemedienangebots „Ta11 gesschau-App“ gerichtete Hauptantrag sei nicht hinreichend bestimmt, weil zwischen den Parteien streitig sei, ob es sich bei der „Tagesschau-App“ um ein eigenständiges Telemedienangebot oder nur um einen Bestandteil des Telemedienangebots „tagesschau.de“ handele. Der im Berufungsrechtszug als erster Hilfsantrag gestellte Antrag, den
12
Beklagten ein Bereitstellen der „Tagesschau-App“ wie in den als Anlage K 1 beigefügten Bildschirmausdrucken zu untersagen, sei unbegründet. Es sei bereits zweifelhaft, ob das in § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV niedergelegte Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sei. Ein etwaiger Verstoß der Beklagten gegen dieses Verbot könne jedenfalls deshalb keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche begründen, weil das Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“ und damit das Angebot der „Tagesschau-App“ im Zuge des „DreiStufen -Tests“ von den mit der Prüfung befassten Einrichtungen als nicht presseähnlich eingestuft und deshalb freigegeben worden sei. Die Wettbewerbsgerichte seien an diese rechtliche Bewertung gebunden. Die Freigabe des vom Rundfunkrat des Beklagten zu 2 beschlossenen Telemedienkonzepts durch die Niedersächsische Staatskanzlei sei als rechtsverbindlicher Verwaltungsakt zu werten. Dessen Legalisierungswirkung erfasse nicht nur das Online-Portal „tagesschau.de“ und die generelle Abrufbarkeit der dort eingestellten Inhalte über die „Tagesschau-App“, sondern auch das von den Klägerinnen angegriffene konkrete Angebot vom 15. Juni 2011. Der zweite Hilfsantrag, den Beklagten das Veröffentlichen von innerhalb
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des Telemedienangebots „Tagesschau-App“ im Einzelnen aufgelisteten Artikeln zu verbieten, sei gleichfalls im Hinblick auf den auslegungsbedürftigen und zwischen den Parteien umstrittenen Rechtsbegriff des Telemedienangebots unbestimmt. Im Übrigen komme ein Verbot bestimmter Artikel nicht in Betracht, weil für die Beurteilung der Presseähnlichkeit eines Telemedienangebots auf die Gesamtheit der Beiträge abzustellen sei. B. Die Revision der Klägerinnen hat hinsichtlich der Beklagten zu 1 kei14 nen Erfolg (dazu B I) und hinsichtlich des Beklagten zu 2 teilweise Erfolg (dazu B II). I. Die Revision der Klägerinnen hat keinen Erfolg, soweit sie sich dage15 gen wendet, dass das Berufungsgericht die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen hat. Die Klage ist insoweit allerdings nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, weil die Beklagte zu 1 nicht parteifähig ist. 1. Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Rechtsstreit klagen (aktive
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Parteifähigkeit) oder verklagt werden (passive Parteifähigkeit) zu können. Die Parteifähigkeit zählt zu den Prozessvoraussetzungen, deren Mangel das Gericht grundsätzlich in jeder Verfahrenslage einschließlich der Revisionsinstanz gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 40/03, BGHZ 159, 94, 98). Fehlt die Parteifähigkeit zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ist die Klage wegen Fehlens einer Sachurteilsvoraussetzung als unzulässig abzuweisen (Saenger /Bendtsen, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn. 12). Parteifähig ist gemäß § 50 Abs. 1 ZPO, wer rechtsfähig ist. Ferner kann ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, gemäß § 50 Abs. 2 ZPO klagen und verklagt werden. 2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte zu 1 sei als eine
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im Rechtsverkehr unter einer eigenen Bezeichnung und einem eigenen Logo auftretende Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtsfähig und damit gemäß § 50 Abs. 1 ZPO parteifähig. Selbst wenn die Beklagte zu 1 keine eigene Rechtspersönlichkeit haben sollte, sei sie in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 2 ZPO parteifähig, weil sie auf der Grundlage ihrer Satzung über eine körperschaftliche Struktur verfüge, die der eines Vereins vergleichbar sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
a) Die Beklagte zu 1 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, je18 denfalls soweit sie die hier in Rede stehende „Tagesschau-App“ unter ihrer Bezeichnung und ihrem Logo im Rechtsverkehr anbietet, keine rechtsfähige und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO parteifähige (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. zur Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 343 ff.). Vielmehr handelt es sich bei der Beklagten zu 1 insoweit um eine nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsform. aa) Der Abschluss eines Vertrages, durch den sich die Beteiligten ge19 genseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern (§ 705 BGB), lässt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen, wenn der Zusammenschluss keinen körperschaftlichen Charakter hat und die weiteren Voraussetzungen für eine andere Form der Personengesellschaft fehlen (BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 6/11, BGHZ 193, 49 Rn. 19 - Kommunikationsdesigner; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 705 Rn. 1). Zwar können juristische Personen des öffentlichen Rechts eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden oder Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden (vgl. RG, Urteil vom 1. April 1940 - V ZR 174/39, RGZ 163, 142, 149; Staudinger/Habermeier, BGB, 2003, § 705 Rn. 25; MünchKomm.BGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 76). Schließen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts jedoch zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks zusammen, der in der gemeinsamen Erfüllung einer öffentlich -rechtlichen Aufgabe besteht, entsteht keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern eine öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsform; ein solcher Zusammenschluss hat keinen bürgerlich-rechtlichen, sondern öffentlich-rechtlichen Charakter. So verhält es sich hier. bb) Die Beklagte zu 1 ist ein Zusammenschluss juristischer Personen
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des öffentlichen Rechts, nämlich der Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle, einer Anstalt des Bundesrechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland [ARD] vom 9./10. Juni 1950 in der Fassung vom 8. April 2014). Dieser Zusammenschluss dient der gemeinsamen Erfüllung der in § 2 der Satzung aufgezählten Aufgaben, namentlich der Bearbeitung gemeinsamer Fragen des Programms (§ 2 Abs. 1 Buchst. c der Satzung). Die Aufgabe der Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen und Telemedien ist den Rundfunkanstalten durch den Rundfunkstaatsvertrag als öffentlich-rechtliche Aufgabe zugewiesen (vgl. zur Veranstaltung von Rundfunkprogrammen BFH, Urteil vom 6. Juli 1967 - V 76/64, BFHE 89, 164, 167). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RStV haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Auftrag, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind gemäß § 11a RStV Rundfunkprogramme und Telemedien.
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Die Beklagte zu 1 ist daher, jedenfalls soweit sie den Rundfunkanstalten zugewiesene öffentlich-rechtliche Aufgaben - wie hier die Bereitstellung eines Telemedienangebots - erfüllt, keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (offengelassen von OLG Düsseldorf, ZUM-RD 2015, 166 Rn. 40; LG Köln, ZUM 2013, 502 Rn. 109 bis 111), sondern eine öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2005 - 6 PB 14/05, juris Rn. 5; OLG München, NJW-RR 1992, 1444, 1445; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 16 Rn. 9; Binder, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11 RStV Rn. 61; Gersdorf, Rundfunkrecht, 2003, Teil 5 Rn. 349; ders. in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 11b RStV Rn. 12; Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn. 172; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Kapitel 12 Rn. 321; Hahn in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., Anhang zu §§ 11e, 11f RStV Rn. 36; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 50. AL November 2011, vor § 11 RStV Rn. 66; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., Kapitel 9 Rn. 36; Fessmann, FuR 1980, 623 ff.; Steinwärder, Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich -rechtlichen Rundfunkanstalten, 1998, S. 318 ff.). Es liegt nahe, bei der Beklagten zu 1 - wie bei der gleichfalls von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten betriebenen Stelle zum Einzug des Rundfunkbeitrags (vgl. § 10 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags) - von einer nicht rechtsfähigen öffentlich -rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft auszugehen (vgl. Herrmann/ Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 16 Rn. 10; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Kapitel 12 Rn. 459; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., Kapitel 9 Rn. 36), ohne dass die Frage hier abschließend entschieden zu werden braucht. Die Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten zu 1 ist nicht in Anlehnung
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an die von der Rechtsprechung zur Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze zu bejahen.
Das käme nur in Betracht, wenn die Struktur der Beklagten zu 1 der einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zumindest ebenbürtig und die Beklagte zu 1 rechtlich und organisatorisch verselbständigt sowie eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten wäre (zur Rechts- und Parteifähigkeit der Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - III ZR 295/08, VersR 2010, 346 Rn. 10). Die Beklagte zu 1 ist aber kein eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten. Soweit in der Rechtsprechung erwogen worden ist, die Beklagte zu 1 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen (vgl. OLG Dresden, ZUM-RD 2000, 540, 541; OLG Jena, ZUM-RD 2000, 542 f.; OLG München, NJW 2001, 613, 614), betrafen diese Entscheidungen nicht die Frage , ob die Beklagte zu 1 als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts rechts- und parteifähig ist. Vielmehr ging es in diesen Entscheidungen darum, ob die in der Beklagten zu 1 zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten hinsichtlich der Ausstrahlung eines Gemeinschaftsprogramms über Satellit einander die Zustimmung zur Ausstrahlung einer Gegendarstellung schulden, weil sie im Innenverhältnis wie Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln sind.
b) Die Beklagte zu 1 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
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nicht deshalb in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 2 ZPO als parteifähig anzusehen, weil sie auf der Grundlage ihrer Satzung über eine körperschaftliche Struktur verfügt, die der eines Vereins vergleichbar ist. Die Zuerkennung der Parteifähigkeit an nicht rechtsfähige Vereine nach § 50 Abs. 2 ZPO beruht mittlerweile maßgeblich auf der Erwägung, dass auf nicht rechtsfähige Vereine gemäß § 54 Satz 1 BGB die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar sind und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs parteifähig ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen, BT-Drucks. 16/12813, S. 15; BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69, 73 f.). § 50 Abs. 2 ZPO kann daher nicht allein deshalb auf andere nicht rechtsfähige Zusammenschlüsse entsprechend angewendet werden, weil diese über eine vereinsähnliche Organisationsstruktur verfügen. Es gibt keine § 54 Satz 1 BGB entsprechende Regelung, wonach auf solche Zusammenschlüsse die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar sind. II. Die Revision der Klägerinnen hat teilweise Erfolg, soweit sie sich da24 gegen wendet, dass das Berufungsgericht die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage abgewiesen hat. Das Berufungsgericht hat zwar ohne Rechtsfehler angenommen, dass der mit der Klage verfolgte Hauptantrag unbestimmt und daher unzulässig ist (dazu B II 1). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann jedoch der in der Berufungsinstanz als erster Hilfsantrag gestellte Unterlassungsantrag nicht abgewiesen werden (dazu B II 2). Das Berufungsurteil stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (dazu B II 3). 1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, der mit
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der Klage verfolgte Hauptantrag sei unbestimmt und daher unzulässig.
a) Ein Verbotsantrag darf im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht
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derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Danach ist die Verwendung eines auslegungsbedürftigen Begriffs im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung im Regelfall jedenfalls dann unzulässig, wenn die Parteien über die Bedeutung dieses Begriffs streiten (st.
Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 7/13, GRUR 2014, 398 Rn. 15 = WRP 2014, 431 - Online-Versicherungsvermittlung).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach diesen Maßstäben sei
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der auf ein Unterlassen des Verbreitens des Telemedienangebots „Tagesschau -App“ gerichtete Hauptantrag der Klägerinnen nicht hinreichend bestimmt, weil zwischen den Parteien streitig sei, ob die „Tagesschau-App“ ein eigenständiges Telemedienangebot oder nur ein Bestandteil des Telemedienangebots „tagesschau.de“ sei. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. 2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von
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den Klägerinnen in der Berufungsinstanz als erster Hilfsantrag gestellte Unterlassungsantrag nicht abgewiesen werden.
a) Mit diesem Antrag haben die Klägerinnen beantragt, den Beklagten zu
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untersagen, die „Tagesschau-App“ wie in der Anlage K 1 bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Dieser Antrag ist dahin auszulegen, dass die Klägerinnen den Beklagten damit verbieten lassen wollen, die Applikation „TagesschauApp“ bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen, wenn über diese Applikation ein Angebot abgerufen werden kann, wie es aus den in der Anlage K 1 enthaltenen Bildschirmausdrucken ersichtlich ist.
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der geltend gemachte Unter30 lassungsanspruch sei nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV begründet. Ein Verstoß der Beklagten gegen das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote könne jedenfalls deshalb keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung begründen , weil das Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“ und damit das Angebot der „Tagesschau-App“ im Zuge des „Drei-Stufen-Tests“ von den mit der Prüfung befassten Einrichtungen als nicht presseähnlich eingestuft und deshalb freigegeben worden sei. Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung nicht stand.
c) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
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dass der Tatbestand des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung nach § 4 Nr. 11 UWG ausscheidet, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde einen wirksamen Verwaltungsakt erlassen hat, der das beanstandete Marktverhalten ausdrücklich erlaubt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 269 - Atemtest I; Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 10 f. = WRP 2014, 429 - Atemtest II). Solange ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, ist die Zulässigkeit des beanstandeten Verhaltens einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen (sogenannte Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts, vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 125/04, WRP 2007, 1359; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - IX ZR 50/07, NVwZ-RR 2010, 372 Rn. 7; Beschluss vom 16. Dezember 2014 - EnVR 54/13, N&R 2015, 107 Rn. 19).
d) Das Berufungsgericht hat angenommen, die im Schreiben der Nieder32 sächsischen Staatskanzlei vom 17. August 2010 zum Ausdruck kommende Freigabe des vom Rundfunkrat des Beklagten zu 2 am 25. Juni 2010 beschlossenen Telemedienkonzepts für das Angebot „tageschau.de“ sei als rechtsverbindlicher Verwaltungsakt zu werten. Zwar sei der Wille der Rechtsaufsichtsbehörde nicht auf die unmittelbare Herbeiführung einer Rechtswirkung im Sinne einer Genehmigung oder Erlaubnis gerichtet. Das Schreiben sei jedoch als verbindliche Entscheidung zur Übereinstimmung des Telemedienangebots mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags und damit als feststellender Verwaltungsakt einzustufen. Jedenfalls komme der in diesem Schreiben enthaltenen Erklärung in Anbetracht der Entstehungsgeschichte des § 11f RStV und der Ausgestaltung des darin vorgesehenen „Drei-Stufen-Tests“ eine vergleichbare Legalisierungswirkung zu. Es kann offenbleiben, ob das Schreiben der Niedersächsischen Staats33 kanzlei vom 17. August 2010 als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG zu werten oder ob es als schlichtes Verwaltungshandeln einzustufen ist (für Ersteres Eifert in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11f RStV Rn. 189; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag , 39. AL Mai 2009, § 11f RStV Rn. 56; Hain, AfP 2012, 313, 322; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1496 f.; für Letzteres Huber, ZUM 2010, 201, 202 f.; Degenhart, AfP 2014, 107, 108 f.; Wierny, ZUM 2014, 196, 199; vgl. auch Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 486). Selbst wenn dieses Schreiben als Verwaltungsakt zu werten wäre, stünde damit - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht mit bindender Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass das am 15. Juni 2011 über die „Tagesschau -App“ abrufbar gewesene Angebot der Beklagten nicht presseähnlich gewesen ist.
e) Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund der Freigabe des
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Online-Angebots „tagesschau.de“ durch das als Verwaltungsakt zu wertende Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17. August 2010 stehe mit bindender Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass dieses Angebot nicht presseähnlich sei. Die Legalisierungswirkung dieses Verwaltungsakts erfasse nicht nur das Online-Portal „tagesschau.de“ und die generelle Abrufbarkeit der dort eingestellten Inhalte über die „Tagesschau-App“, sondern auch das von den Klägerinnen angegriffene konkrete Angebot vom 15. Juni 2011. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. aa) Die Reichweite der Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts wird
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durch seinen Regelungsgehalt bestimmt (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 142; BeckOK.VwVfG/Schemmer, Stand: 1. Januar 2015, § 43 Rn. 28; Peuker in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl., § 43 Rn. 22). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach den Grundsätzen zu bestimmen, die auch für die Auslegung von Willenserklärungen gelten. Danach ist der erklärte Wille der erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (BGH, WRP 2007, 1359 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 9 C 4/04, BVerwGE 123, 292, 297; Urteil vom 19. März 2013 - 5 C 16/12, NJW 2013, 1832 Rn. 10). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts ist in erster Linie auf den Entscheidungssatz und die Begründung des Verwaltungsakts abzustellen; darüber hinaus ist das materielle Recht, auf dem der Verwaltungsakt beruht, heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2006 - 6 C 20/05, BVerwGE 126, 254 Rn. 78; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 43 Rn. 15). Ein Verwaltungsakt ist vom Revisionsgericht selbständig auszulegen (BGH, WRP 2007, 1359 Rn. 16). bb) Das an den Intendanten des Beklagten zu 2 gerichtete Schreiben der
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Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17. August 2010 lautet wie folgt: […] haben Sie herzlichen Dank für die Übersendung der für die rechtsaufsichtli- che Prüfung notwendigen, umfangreichen Unterlagen zu den Telemedienkonzepten tagesschau.de und eins-extra.de. Die Prüfung durch die Rechtsaufsicht gem. § 11f Absatz 7 RStV ist nunmehr abgeschlossen und beide Telemedienkonzepte können im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht werden. Um für künftige Verfahren noch mehr Klarheit zu schaffen, erlaube ich mir, Ihnen bei dieser Gelegenheit folgende Hinweise zu geben: […] cc) Das Schreiben vom 17. August 2010 enthält weder einen Entschei37 dungssatz im eigentlichen Sinne noch eine Begründung. Seine Kernaussage beschränkt sich auf die Mitteilung, dass die Prüfung durch die Rechtsaufsicht gemäß § 11f Abs. 7 RStV abgeschlossen sei und die Telemedienkonzepte im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht werden könnten. Der Regelungsgehalt dieser Mitteilung ist daher im Blick auf die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages zu ermitteln, die der rechtsaufsichtlichen Prüfung zugrunde liegen. (1) Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung ist, wie sich aus § 11f
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Abs. 7 Satz 2 RStV ergibt, das Telemedienkonzept, mit dem die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gemäß § 11f Abs. 1 RStV die inhaltliche Ausrichtung von - unter anderem - nichtsendungsbezogenen Telemedien nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV konkretisieren, indem sie deren Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer näher beschreiben. Die Beschreibung des Telemedienangebots ist gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV „nach Prüfung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde“ in den amtlichen Verkündungsblättern der betroffenen Länder zu veröffentlichen. Diese Beschreibung ist in erster Linie heranzuziehen, um den Regelungsgehalt der Mitteilung der Rechtsaufsichtsbehörde zu bestimmen. (2) Der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde sind nach § 11f
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Abs. 7 Satz 1 RStV vor der Veröffentlichung alle für eine rechtsaufsichtliche Prüfung notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln. Zu den Unterlagen zählen die Begründung der Gremienentscheidung sowie Stellungnahmen oder Gutachten (vgl. § 11f Abs. 5 RStV). Diese sind allerdings lediglich Mittel und nicht Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung. Sie werden nicht Bestandteil des Telemedienkonzepts und sind dementsprechend nicht zusammen mit diesem gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV zu veröffentlichen (vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Landtag von BadenWürttemberg , Drucks. 14/3859, S. 51). Diese Unterlagen können deshalb nicht ohne Weiteres herangezogen werden, um den Regelungsgehalt einer Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde zu ermitteln. Das gilt auch für die Begründung , die das zuständige Gremium für seine Entscheidung gibt, ob das Angebot vom Auftrag umfasst ist (§ 11f Abs. 6 RStV).
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(3) Die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde hat nach § 11f Abs. 7 RStV nicht nur zu prüfen, ob das für die Prüfung eines Telemedienangebots vorgeschriebene Verfahren (der „Drei-Stufen-Test“) ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Sie hat vielmehr auch zu untersuchen, ob das Telemedienkonzept den materiell-rechtlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages entspricht. Dem Wortlaut des § 11f Abs. 7 RStV ist zwar nur zu entnehmen, dass eine rechtsaufsichtliche Prüfung von der zuständigen Behörde vorzunehmen ist; aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt aber nicht, was diese Behörde prüfen soll. Das ergibt sich allerdings aus der Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Danach prüft die Behörde die Einhaltung der Verfahrensschritte und der gesetzlichen Vorgaben. Kommt sie zu dem Ergebnis, dass das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt ist und das neue Angebot dem gesetzlichen Auftrag entspricht, ist das Telemedienkonzept im jeweiligen amtlichen Verkündungsblatt zu veröffentlichen (vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag , Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 51). Zu den gesetzlichen Vorgaben, deren Einhaltung die Rechtsaufsichtsbehörde zu prüfen hat, gehört im - hier vorliegenden - Fall eines Telemedienkonzepts für ein (auch) nichtsendungsbezogenes Telemedienangebot das in § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV niedergelegte Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote. dd) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die
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im Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei zum Ausdruck kommende Freigabe des Telemedienkonzepts „tagesschau.de“ die Freigabe des Abrufs der im Online-Portal „tagesschau.de“ eingestellten Inhalte über die Applikation „Tagesschau -App“ umfasst. Das unter „tagesschau.de“ vorgehaltene OnlineAngebot der Beklagten ist durch das spätere Angebot der „Tagesschau-App“ lediglich um eine für mobile Endgeräte optimierte Zugriffsmöglichkeit ergänzt worden. Darin liegt kein neues oder verändertes Angebot, das nach dem Rund- funkstaatsvertrag einer eigenständigen Überprüfung bedurft hätte. Es kann danach offenbleiben, ob die Möglichkeit, das Online-Angebot „tagesschau.de“ über Smartphones abzurufen, schon deshalb vom freigegebenen Telemedien- konzept „tagesschau.de“ umfasst ist, weil im Telemedienkonzept die Verbrei- tung des Angebots im Wege der mobilen Ausspielung über Handys mehrfach erwähnt ist. (1) Ein neues oder verändertes Telemedienangebot ist, wie sich aus
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§ 11f Abs. 3 Satz 1 RStV ergibt, in einem eigenständigen Verfahren daraufhin zu überprüfen, ob es vom Auftrag umfasst ist. Ein verändertes Angebot liegt nach § 11f Abs. 3 Satz 2 RStV insbesondere vor, wenn die inhaltliche Gesamtausrichtung des Angebots oder die Zielgruppe verändert wird. Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der „Tagesschau-App“ nicht um ein gegenüber dem Online-Portal „tagesschau.de“ verändertes Telemedienangebot. (2) Das über die „Tagesschau-App“ abrufbare Angebot stimmt nach den
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Feststellungen des Berufungsgerichts mit dem im Online-Portal vorgehaltenen Angebot „tagesschau.de“ inhaltlich überein. Über die „Tagesschau-App“ sind sämtliche auf dem Online-Portal „tagesschau.de“ eingestellten Beiträge abrufbar. Wegen der geringeren Darstellungskapazität eines Smartphones sind bei einem Abruf über die „Tagesschau-App“ zwar die seitlichen Navigations- und Überblicksleisten des Online-Angebots „tagesschau.de“ nicht zu sehen. Dadurch wird jedoch die inhaltliche Gesamtausrichtung des Angebots nicht verändert. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, über die „Tagesschau-App“ sei kein vollständiger Zugriff auf die unter „tagesschau.de“ vorgehaltenen Inhalte möglich. Die Revision legt nicht dar, auf welche Inhalte nicht zugegriffen werden kann und weshalb dies zu einer anderen inhaltlichen Gesamtausrichtung des Angebots führt. Sie zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht entsprechendes Vorbringen der Klägerinnen übergangen hat.
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(3) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das Angebot, die Inhalte des Online-Portals „tagesschau.de“ über die „Tagesschau-App“ abzurufen , an eine andere Zielgruppe richtet, als das Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“. ee) Dem für die Bestimmung des Regelungsgehalts des Schreibens der
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Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17. August 2010 maßgeblichen Tele- medienkonzept ist zwar die Feststellung zu entnehmen, dass das Angebot „tagesschau.de“ nicht im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV presseähnlich sei. Selbst wenn das Schreiben der Staatskanzlei als Verwaltungsakt zu werten wäre, stünde jedoch aufgrund dieser Feststellung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit bindender Wirkung für den vor- liegenden Rechtsstreit fest, dass das über die „Tagesschau-App“ am 15. Juni 2011 abrufbar gewesene Angebot „tagesschau.de“ nicht im Sinne dieser Bestimmung presseähnlich gewesen ist (vgl. Degenhart, AfP 2014, 107, 111; Hartl/Wagner, jurisPR-ITR 6/2914 Anm. 5; vgl. auch Held in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11d RStV Rn. 142). (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Legalisierungswirkung
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einer Freigabe des Telemedienkonzepts erfasse die konkreten Angebote, durch die dieses Konzept umgesetzt werde, weil sich die Prüfung des Telemedienkonzepts nicht auf ein abstraktes Konzept beschränke, sondern auf die im Online -Portal eingestellten konkreten Angebote erstrecke, durch die das Konzept umgesetzt werde. Dem kann nicht zugestimmt werden. Gemäß §§ 11f Abs. 1 RStV konkretisieren die Rundfunkanstalten in Te47 lemedienkonzepten zwar die inhaltliche Ausrichtung ihrer - unter anderem - nichtsendungsbezogenen Telemedien (§ 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV), indem sie Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer der geplanten Angebote näher beschreiben. Dabei müssen diese Konzepte - nach der Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag - genauer als die gesetzliche Ermächtigung sein und können ein einziges oder eine Vielzahl von Angeboten umfassen. Aus dem Text muss sich ablesen lassen, wer angesprochen werden soll, was vorrangig angeboten wird und wie das Angebot sich ausrichtet, ob es sich zum Beispiel um informative, unterhaltende, bildende oder kulturelle Inhalte handelt (vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 49). Danach ist in einem Telemedienkonzept zwar die inhaltliche Ausrichtung des Angebots näher zu beschreiben , um damit einen gegenüber der gesetzlichen Ermächtigung höheren Grad an Konkretisierung zu erreichen; ein Telemedienkonzept soll und kann durch eine solche Beschreibung jedoch nicht die konkrete Umsetzung eines geplanten Angebots zu einem bestimmten Zeitpunkt in allen Einzelheiten im Vorhinein festlegen. Auch die Beschreibung des Angebots „tagesschau.de“ auf den Seiten 42
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bis 48 des Telemedienkonzepts des Beklagten zu 2 bildet zwangsläufig nur einen Rahmen für konkrete Umsetzungen des Konzepts. So heißt es in den vom Berufungsgericht herangezogenen Auszügen aus dieser Beschreibung, „tagesschau.de“ informiere den Nutzer über aktuelle politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse und biete erläuternde und informierende Hintergrundberichte; die Beiträge würden als Audio oder Video und in Manuskriptform angeboten und um originäre aktuelle Textmeldungen und vertiefende Inhalte wie Interviews, Hintergründe und Analysen, Fotos oder (interaktive) Grafiken ergänzt. Diese allgemeine Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des Konzepts lässt weiten Raum für konkrete Umsetzungen und ist nicht geeignet, die Übereinstimmung von im Online-Portal zur Umsetzung dieses Konzepts eingestellten konkreten Angeboten mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages zu gewährleisten.
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(2) Aufgrund einer Legalisierungswirkung der Freigabe des Telemedienkonzepts „tagesschau.de“ steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit bindender Wirkung für das vorliegende Verfahren fest, dass ein in Umsetzung dieses Konzepts im Online-Portal „tagesschau.de“ eingestelltes Angebot und insbesondere das hier in Rede stehende Angebot vom 15. Juni 2011 nicht presseähnlich ist. In Telemedienkonzepten für nichtsendungsbezogene Telemedien (§ 11d
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Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV) ist die inhaltliche Ausrichtung des Telemedienangebots zwar im Hinblick darauf gemäß § 11f Abs. 1 RStV zu konkretisieren, dass nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV nicht zulässig sind. Auch insoweit kann ein Telemedienkonzept jedoch zwangsläufig nur gewisse Leitlinien für die Gestaltung des Angebots aufstellen und nicht gewährleisten, dass eine konkrete Umsetzung des Konzepts, die sich im Rahmen dieser Leitlinien hält, nicht gegen das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote verstößt. Deshalb kann eine Billigung dieses Konzepts durch die Rechtsaufsichtsbehörde, selbst wenn sie bindende Wirkung hätte, nicht dazu führen, dass konkrete Angebote nicht als presseähnlich anzusehen sind. Das gilt auch für das hier in Rede stehende Telemedienkonzept, in dem
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auf Seite 24 ausgeführt ist, weshalb die Angebote im Online-Portal der ARD - und damit auch das Telemedienangebot „tagesschau.de“ - nicht presseähnlich seien. In dieser - vom Berufungsgericht zitierten - Beschreibung des OnlinePortals heißt es, die ARD nutze alle medientypischen Gestaltungselemente und technischen Anwendungen wie Bewegtbilder, Audios, interaktive Module (inkl. Personalisierung), Hypertextstrukturen (Links), verschiedene Formen von Bild-, Text- und Tonkombinationen und gestaffelten Angebotstiefen; außerdem seien die Telemedien der ARD in hohem Maße dynamisch, das heiße die Inhalte würden teilweise in einem sehr kurzen Rhythmus aktualisiert, der sich allein an der aktuellen Entwicklung des Berichtsgegenstands orientiere. Allein die Verwendung medientypischer Gestaltungselemente und technischer Anwendungen sowie die hohe Dynamik eines Telemediums gewährleisten nicht, dass ein konkretes Angebot nicht presseähnlich ist. (3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt eine Legalisie52 rungswirkung der Freigabe des Telemedienkonzepts für das hier in Rede stehende konkrete Angebot vom 15. Juni 2011 nicht daraus, dass im Telemedienkonzept kein geplantes, sondern ein bestehendes Angebot beschrieben worden ist und sich das von den Klägerinnen beanstandete Angebot vom 15. Juni 2011 nicht von dem im Telemedienkonzept beschriebenen Angebot unterscheidet. Allerdings ist im Telemedienkonzept „tagesschau.de“ kein geplantes An53 gebot, sondern ein bestehendes Angebot beschrieben. Die Bestimmungen der §§ 11d, 11f RStV gelten zwar unmittelbar nur für geplante Angebote (vgl. § 11f Abs. 1 RStV). Sie sind nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 und 3 RÄStV jedoch entsprechend auf alle bestehenden Angebote anwendbar, die über den 31. Mai 2009 hinaus fortgeführt werden. Für diesen Bestand war nach Art. 7 Abs. 1 Satz 4 RÄStV das Verfahren entsprechend § 11f RStV bis zum 31. August 2010 abzuschließen. Bei dem von der Beklagten zu 1 seit dem Jahr 1996 betriebenen und von dem Beklagten zu 2 betreuten Online-Portal „tagesschau.de“ handelte es sich um ein bestehendes Angebot, das über den 31. Mai 2009 fortgeführt wurde , und dessen inhaltliche Ausrichtung deshalb entsprechend § 11f Abs. 1 RStV in einem Telemedienkonzept zu konkretisieren war. Das bedeutet jedoch nicht, dass das bestehende Angebot in seiner kon54 kreten Gestalt zum Inhalt des Telemedienkonzepts wurde. Durch die von § 11f Abs. 1 RStV geforderte nähere Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des Angebots in einem Telemedienkonzept soll lediglich ein gegenüber der gesetzlichen Ermächtigung höherer Grad an Konkretisierung erzielt werden; dagegen soll und kann durch eine solche Beschreibung nicht ein konkretes Angebot in allen Einzelheiten für die Zukunft festgeschrieben werden (vgl. oben Rn. 47). Deshalb ändert der Umstand, dass sich die Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des fortzuführenden Angebots im Telemedienkonzept „tagesschau.de“ an dem bestehenden Angebot in seiner konkreten Erscheinungsform orientiert, nichts daran, dass sich das Telemedienkonzept nicht auf dieses konkrete Angebot beschränkt, sondern davon unter Berücksichtigung der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages abstrahiert. Dementsprechend kann die Freigabe des Telemedienkonzepts für ein bestehendes Angebot ebenso wie die für ein geplantes Angebot eine Tatbestandswirkung nur für das von konkreten Angeboten abstrahierende Konzept entfalten und kein konkretes Angebot legitimieren. 3. Soweit das Berufungsgericht den in der Berufungsinstanz als ersten
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Hilfsantrag gestellten Unterlassungsantrag abgewiesen hat, stellt sich das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei dem in § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV niedergelegten Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote um eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Diese Frage ist zu bejahen.
a) Eine gesetzliche Vorschrift ist im Hinblick auf den Zweck des Geset56 zes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (§ 1 Satz 1 UWG), nur dann eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07, GRUR 2010, 654 Rn. 23 = WRP 2010, 876 - Zweckbetrieb, mwN).
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b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.49; Peters , Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 335; Degenhart, AfP 2014, 107; Hartl/Wagner, jurisPR-ITR 6/2914 Anm. 5; aA Eifert in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11f RStV Rn. 197; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1497 f.; Peifer, GRUR-Prax 2012, 521, 523; ders., GRUR-Prax 2014, 44). Der Wortlaut und die Systematik des § 11d RStV könnten allerdings - wie
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das Berufungsgericht angenommen hat - dafür sprechen, dass es sich bei § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV um eine Regelung handelt, die lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten soll. Gemäß § 11d Abs. 1 RStV bieten die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten , das ZDF und das Deutschlandradio Telemedien an, die journalistisch-redaktionell veranlasst und journalistisch-redaktionell gestaltet sind. Dieser Auftrag umfasst nach § 11d Abs. 2 Satz 1 RStV das - inhaltlich und zeitlich näher bezeichnete - Angebot von Sendungen auf Abruf, von sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Telemedien sowie von Archiven. Diese Bestimmungen öffnen den genannten Rundfunkanstalten den Zutritt zum Markt der Telemedien. Vor diesem Hintergrund könnte die Vorschrift des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, wonach nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote nicht zulässig sind, als eine Regelung verstanden werden, die den genannten Rundfunkanstalten den an sich eröffneten Zutritt zum Markt der Telemedien verschließen soll, soweit nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote betroffen sind.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich aber jedenfalls nicht um eine rei59 ne Marktzutrittsregelung, sondern zumindest auch um eine Marktverhaltensregelung. Sie hat den Zweck, die Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auf dem Markt der Telemedien zum Schutz von Presseverlagen zu begrenzen. Sie ist damit dem für den Staat bestehenden Gebot vergleichbar, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, bei dem es sich gleichfalls um eine Marktverhaltensregelung handelt, die (auch) dem Schutz von Presseunternehmen dient (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 129/10, GRUR 2012, 728 Rn. 11 = WRP 2012, 935 - Einkauf Aktuell). Die Bestimmung des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV regelt, dass öffentlich -rechtliche Rundfunkanstalten, wenn sie in den ihnen eröffneten Wettbewerb auf dem Markt der Telemedien eintreten, auf nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote verzichten müssen. Sie bestimmt das Verhalten auf dem Markt der Telemedien, ohne den Zugang zu diesem Markt zu verschließen. Sie ist den Regelungen vergleichbar, die beispielsweise Werbung und Sponsoring (§ 11d Abs. 5 Satz 1 RStV) oder bestimmte Angebotsformen (§ 11d Abs. 5 Satz 4 RStV in Verbindung mit der Anlage zum Staatsvertrag) bei Telemedienangeboten verbieten, und bei denen es sich ebenfalls um Marktverhaltensregelungen handelt (Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 306). C. Danach ist die Revision der Klägerinnen gegen das Berufungsurteil
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hinsichtlich der Beklagten zu 1 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass auf die Berufung der Beklagten zu 1 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig abgewiesen wird. Auf die Revision der Klägerinnen ist das Berufungsurteil hinsichtlich des Beklagten zu 2 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Klage mit den Hilfsanträgen zum Unterlassungsantrag abgewiesen worden ist. Dies gilt auch hinsichtlich des in der Berufungsinstanz als zweiten Hilfsantrags verfolgten Klageantrags, weil über diesen in der Sache erst entschieden werden darf, wenn feststeht, dass der erste Hilfsantrag unbegründet ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann insoweit in der Sache nicht selbst entscheiden , da sie nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob es sich bei dem Angebot des Beklagten zu 2 vom 15. Juni 2011 um ein nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV unzulässiges, nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot gehandelt hat. Dazu weist der Senat auf Folgendes hin: I. Unter einem Angebot im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3
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RStV, dessen Presseähnlichkeit zu beurteilen ist, ist grundsätzlich das gesamte Telemedienangebot zu verstehen, das auf einem entsprechenden Telemedienkonzept beruht. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Begriff des Telemedienangebots auch in den übrigen Bestimmungen der §§ 11f, 11d RStV in diesem umfassenden Sinne verwendet wird. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob einzelne Beiträge innerhalb dieses Angebots für sich genommen als presseähnlich einzustufen sind (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 43. AL Mai 2010, § 11d RStV Rn. 15; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 106; Peters, Öffentlich -rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 305; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499; Fiedler, K&R 2012, 795, 797; vgl. auch Held in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11d RStV Rn. 70; Nawrath, MMR 2011, 79, 82). II. Presseähnliche Angebote sind gemäß § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teil62 satz 3 RStV lediglich in nichtsendungsbezogenen Telemedien unzulässig. Besteht ein Telemedienangebot - wie das hier in Rede stehende Telemedienan- gebot „tagesschau.de“ - sowohl aus nichtsendungsbezogenen als auch aus sendungsbezogenen Inhalten, ist bei der Prüfung der Presseähnlichkeit allein auf die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Beiträge abzustellen (Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499). Im Streitfall ist daher zu prüfen, ob das über die „Tagesschau-App“ am 15. Juni 2011 abrufbar gewesene Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“ in der Gesamtheit seiner nichtsendungsbezogenen Beiträge als presseähnlich anzusehen ist. Da bei sendungsbezogenen Telemedien der zeitliche und inhaltliche Bezug zu einer bestimmten Sendung nach § 11d Abs. 3 Satz 2 RStV im jeweiligen Telemedienangebot ausgewiesen werden muss, dürfte es unschwer möglich sein, die nichtsendungsbezogenen Beiträge, bei denen ein solcher Ausweis fehlt, zu ermitteln und einer solchen Prüfung zu unterziehen. III. Nach der in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV niedergelegten Legaldefinition
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sind unter einem presseähnlichen Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionellen Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen, zu verstehen. Zur Beurteilung der Presseähnlichkeit eines Telemedienangebots ist die64 ses danach mit Zeitungen und Zeitschriften zu vergleichen. Für diesen Vergleich ist auf gedruckte Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften abzustellen. Das ergibt sich bereits daraus, dass elektronische Ausgaben von Printmedien - und damit auch elektronische Ausgaben von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften - nach der Legaldefinition ohne Weiteres als presseähnliche Angebote anzusehen sind. Auf das Internetangebot von Presseverlagen kommt es für den Vergleich dagegen nicht an (Schulz in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 2 RStV Rn. 173; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 106; Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 304; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499). Bei dem Vergleich ist auf die Gestaltung und den Inhalt von Zeitungen
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und Zeitschriften abzustellen. Für Zeitungen und Zeitschriften ist es charakteristisch , dass sie vor allem Texte und daneben (unbewegte) Bilder enthalten. Steht der Text deutlich im Vordergrund, deutet dies daher auf die Presseähnlichkeit eines Angebots hin (Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 43. AL Mai 2010, § 11d RStV Rn. 15; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 107; Peters, Öffentlich -rechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 306; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539 f.; Nawrath, MMR 2011, 79, 80 f.). Dafür spricht auch die Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Danach soll das Verbot presseähnlicher Angebote der Tendenz begegnen, dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen; ein solcher Schwerpunkt könne vermieden werden , wenn öffentlich-rechtliche nichtsendungsbezogene Telemedienangebote ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung oder einer entsprechenden Kombination hätten (vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag , Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 47). Ein Telemedienangebot ist - entgegen der Auffassung des Landgerichts -
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nicht deshalb presseähnlich, weil es aus Sicht des Nutzers aufgrund der Dichte und Breite der dargebotenen Information geeignet ist, als „Presseersatz“ zu dienen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten können sich auf die gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk berufen. Diese umfasst neue Dienste mittels neuer Techniken, die künftig Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernehmen können (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88, BVerfGE 83, 238, 302). Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kann es daher durch § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV grundsätzlich nicht verwehrt sein, in dem von ihrem Programmauftrag umfassten nichtsendungsbezogenen Telemedienangebot ausführlich und umfassend über sämtliche Themen zu berichten, die auch Gegenstand der Berichterstattung in Zeitungen und Zeitschriften sind. Die Eröffnung der Möglichkeit zu einer solchen Berichterstattung für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch § 11d Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 1 RStV beeinträchtigt allerdings die wirtschaftlichen Interessen der Presseverlage. Sie berührt damit die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gleichfalls verfassungsrechtlich geschützte Pressefreiheit. Diese hat auch eine objektiv -rechtliche Seite und garantiert das Institut „Freie Presse”. Der Staat ist verpflichtet , in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen (BVerfG, Teilurteil vom 5. August 1966, 1 BvR 586/62, 610/63, 212/64, BVerfGE 20, 162, 175 f.). Dem ist indessen dadurch genügt, dass journalistisch-redaktionelle Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in nichtsendungsbezogenen Telemedien nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV nicht durch „stehende“ Texte und Bilder geprägt sein dürfen, sondern ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung oder einer entsprechenden Kombination haben müssen.
Büscher Koch Richter am BGH Dr. Löffler ist in Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Büscher
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 27.09.2012 - 31 O 360/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.12.2013 - 6 U 188/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 89/05
Verkündet am:
21. September 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das mit der Anfechtungsklage angerufene Zivilgericht ist an einen wirksamen Bescheid
gebunden, mit dem das Finanzamt eine Insolvenzsteuerforderung mit einem
Vorsteuervergütungsanspruch der Masse verrechnet hat. Die Einwendungen des
Insolvenzverwalters gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung sind im Wege der Klage
zu den Finanzgerichten zu erledigen.
BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 89/05 - LG Kleve
AG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 7. April 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des S. H. (im Folgenden: Schuldner). Dieser schuldete dem beklagten Land für das IV. Quartal 2001 noch Einkommensteuer in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe.
2
Auf den Antrag eines Gläubigers, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen, bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 24. April 2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 27. Juni 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger rechnete seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter ab und entnahm seine Vergütung - nach Festsetzung durch das Insolvenzgericht - im August 2003 der Masse. Auf sein Begehren, die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zu erstatten, verrechnete der Be- klagte das Vorsteuerguthaben der Masse mit der rückständigen Einkommensteuer.
3
Auf Antrag des Klägers erließ das beklagte Land einen Abrechnungsbescheid , in dem es das Erlöschen des Vorsteuerguthabens durch die Verrechnung feststellte. Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein und erhob nach dessen Zurückweisung Klage zum Finanzgericht Düsseldorf.
4
Daneben hat er die hier vorliegende Klage erhoben, mit der er von dem beklagten Land aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung eine Summe verlangt, die dem Vorsteuerguthaben entspricht. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


6
Berufungsgericht Das hat ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens stehe ihr nicht entgegen. Sie sei aber unbegründet, weil die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters keine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff InsO sei.

II.


7
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden.
8
1. Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg ist nicht mehr zu überprüfen (§ 17a Abs. 5 GVG), weil das Amtsgericht einen Zivilrechtsstreit angenommen hat und der Rechtsweg in der ersten Instanz von dem Beklagten nicht gerügt worden ist (dazu unter a). Der Zulässigkeit steht auch die Rechtshängigkeit des Verfahrens vor dem Finanzgericht Düsseldorf nicht entgegen (dazu unter b).
9
a) Tatsächlich handelt es sich um eine finanzgerichtliche Streitigkeit. Der Finanzrechtsweg ist in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten eröffnet, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Soweit der Kläger von dem Beklagten die Auszahlung des Vorsteuerüberschusses gemäß § 16 Abs. 2 UStG verlangt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über Abgaben.
10
den Über insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch haben allerdings die ordentlichen Gerichte zu entscheiden (BGHZ 114, 315, 320; BGH, Beschl. v. 2. Juni 2005 - IX ZB 235/04, WM 2005, 1573, 1574; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20. Juli 2006 - IX ZB 141/05, z.V.b.). Die Frage der Anfechtbarkeit ist hier jedoch nicht rechtswegbestimmend. Die Anfechtung ist, wenn primär über die Aufrechnungsverbote und darüber hinaus über Haupt- und Gegenforderung im gleichen Rechtsweg zu entscheiden ist, nicht rechtswegbestimmend (BGH, Beschl. v. 2. Juni 2005, aaO). So liegt es hier. Haupt- und Gegenforderung re- sultieren aus Steueransprüchen (Vorsteuer und rückständige Einkommensteuer ), die Parteien streiten um das Aufrechnungsverbot.
11
b) Auch die Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens steht der Zulässigkeit nicht entgegen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG). Die entgegenstehende Rechtshängigkeit ist als Sachurteilsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen; der Bundesgerichtshof ist insoweit Tatsacheninstanz (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 - IX ZR 233/87, WM 1989, 1781, 1784). Die Streitgegenstände der beiden Prozesse sind nicht identisch; der Kläger stellt unterschiedliche Anträge. Vor dem Finanzgericht ficht er den Abrechnungsbescheid an. Dafür, dass er zugleich auch Leistungsklage auf Auszahlung des Vorsteuerguthabens erhoben hat, hat der Senat keine Anhaltspunkte.
12
2. Die Klage ist aber unbegründet.
13
Dem Zahlungsbegehren des Klägers steht die Bindungswirkung des Abrechnungsbescheides entgegen. Das beklagte Land hat gegen den Anspruch des Klägers auf den Vorsteuerüberschuss mit rückständiger Einkommensteuer aufgerechnet (§§ 47, 226 Abs. 1 AO, § 389 BGB). Es hat die Rechtsfolge der Aufrechnung, nämlich das Erlöschen des Vorsteuervergütungsanspruchs, durch Erlass eines Abrechnungsbescheides festgeschrieben (§ 218 Abs. 2 Satz 1 AO). An diesen Abrechnungsbescheid ist der Senat gebunden.
14
a) Verwaltungsakte binden in den Grenzen ihrer Bestandskraft andere Gerichte und Behörden (BGHZ 158, 19, 22; BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 29/04, WM 2006, 779, 780; BVerwGE 8, 283; BVerwG NVwZ 1987, 496; Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl. § 13 Rn. 20 f). Die Gerichte haben Verwal- tungsakte, auch wenn sie fehlerhaft sind, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind (BGHZ 73, 114, 117; BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006, aaO; MünchKomm-ZPO/Wolf, 2. Aufl. § 17 GVG Rn. 13; Kissel/Mayer, aaO § 13 Rn. 20 f). Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zugrunde zu legen (BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006, aaO).
15
b) Der Abrechnungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt (vgl. BFH BStBl. 1999 II S. 751, 752 f; BFH/NV 2006, 1383, 1386). Er stellt verbindlich fest - gegebenenfalls konstitutiv, wenn er die materielle Rechtslage nicht richtig wiedergibt -, ob und in welcher Höhe entstandene Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis getilgt sind (BFH aaO; Beermann/Gosch/Schmieszek, AO/FGO § 218 AO Rn. 14 und 14.1; Pump/Lohmeyer/Pohl, AO § 218 Rn. 11; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO § 218 AO Rn. 122).
16
c) Der Abrechnungsbescheid ist auch vollziehbar (vgl. BFHE 151, 128, 130 f; BFH/NV 2000, 880, 881). Einspruch und Klage des Klägers gegen den Bescheid ändern an seiner derzeitigen Wirksamkeit nichts. Beide Rechtsbehelfe führen nicht zu einem Suspensiveffekt (§ 361 Abs. 1 Satz 1 AO, § 69 Abs. 1 Satz 1 FGO).
17
d) Da der Senat den Abrechnungsbescheid, solange dieser weder aufgehoben noch für unwirksam erklärt worden ist, zu beachten hat, ist in diesem Rechtsstreit davon auszugehen, dass der Klaganspruch durch die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen ist. Auf insolvenzrechtliche Fragen kommt es nicht an. Nur dieses Ergebnis ist auch zweckmäßig. Die vom Kläger erklärte Insolvenzanfechtung kann die Bindungswirkung des gegen die Masse ergangenen Steuerbescheids nicht aufheben, da das in die Zuständigkeit der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit fällt. Das vom Kläger ebenfalls angerufene Finanzgericht wird bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechnung nach §§ 94 ff InsO die von ihm dort vorgetragenen Einwendungen zu berücksichtigen haben.
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Geldern, Entscheidung vom 12.11.2004 - 17 C 390/04 -
LG Kleve, Entscheidung vom 07.04.2005 - 6 S 357/04 -

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 36/14 Verkündet am:
22. Juni 2017
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Richtlinie 93/42/EWG Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a) in Verbindung mit Anhang II Nr. 3.3.,
4.3., 5.3., 5.4.; MPG § 6 Abs. 2 Satz 1
Die Bestimmungen des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom
14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 geänderten
Fassung in Verbindung mit ihrem Art. 11 Abs. 1 und 10 sowie Art. 16 Abs. 6 sind dahin
auszulegen, dass der benannten Stelle keine generelle Pflicht obliegt, unangemeldete
Inspektionen durchzuführen, Produkte zu prüfen und/oder Geschäftsunterlagen des
ECLI:DE:BGH:2017:220617UVIIZR36.14.0

Herstellers zu sichten. Liegen jedoch Hinweise darauf vor, dass ein Medizinprodukt die Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung möglicherweise nicht erfüllt, muss die benannte Stelle alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus Art. 16 Abs. 6 dieser Richtlinie und den Abschnitten 3.2., 3.3., 4.1. bis 4.3. und 5.1. des Anhangs II der Richtlinie nachzukommen (im Anschluss an EuGH, NJW 2017, 1161). BGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - VII ZR 36/14 - OLG Zweibrücken LG Frankenthal
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Sacher
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ließ sich am 1. Dezember 2008 in Deutschland Silikonbrustimplantate einsetzen, die von einem in Frankreich ansässigen Unternehmen, das zwischenzeitlich in Insolvenz gefallen ist, hergestellt worden waren. 2010 stellte die zuständige französische Behörde fest, dass bei der Herstellung der Brustimplantate entgegen dem Qualitätsstandard minderwertiges Industriesilikon verwendet wurde. Auf ärztlichen Ratschlag ließ sich die Klägerin daraufhin 2012 ihre Implantate entfernen. Sie begehrt deshalb von der Beklagten ein Schmerzensgeld nicht unter 40.000 € und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftig entstehende materielle Schäden.
2
Die Silikonbrustimplantate sind Medizinprodukte, die nach Art. 1 der Richtlinie 2003/12/EG der Kommission vom 3. Februar 2003 zur Neuklassifizierung von Brustimplantaten im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG (ABl. 2003 L 28 S. 43 f.) als Medizinprodukte der Klasse III eingestuft werden. Medizinprodukte der Klasse III dürfen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Medizinproduktegesetz nur in den Verkehr gebracht werden, wenn unter anderem ein Konformitätsbewertungsverfahren nach § 37 Abs. 1 MPG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 (vormals § 6 Abs. 1 Nr. 1) MedizinprodukteVerordnung (MPV) in Verbindung mit Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG durchgeführt worden ist. Bestandteil dieses Konformitätsbewertungsverfahrens ist das Qualitätssicherungssystem, die Prüfung der Produktauslegung und die Überwachung (Nr. 3 bis 5 Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG). Die förmliche Überprüfung (Audit) des Qualitätssicherungssystems, die Prüfung der Produktauslegung und die Überwachung werden von einer sogenannten benannten Stelle durchgeführt, die der Hersteller zu beauftragen hat.
3
Der in Frankreich ansässige Hersteller beauftragte die Beklagte als benannte Stelle mit den genannten Aufgaben. Die Vertragsparteien vereinbarten die Geltung deutschen Rechts.
4
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte ihren Pflichten als benannter Stelle nicht hinreichend nachgekommen sei. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte bei dem Hersteller vor dem 1. Dezember 2008 jeweils angekündigte Besichtigungen im November 1998, Januar 2000, November 2000, Februar 2001, Dezember 2001, November 2003, November 2004 und März 2006 durchführte. Die Beklagte nahm keine regelmäßige Einsicht in die Geschäftsunterlagen und ordnete keine Produktprüfung an. Die Klägerin trägt vor, durch eine Einsicht in Lieferscheine und Rechnungen hätte die Beklagte erkennen können, dass nicht das genehmigte Silikon verarbeitet worden sei.
5
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
6
Mit Beschluss vom 9. April 2015 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung von Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a) in Verbindung mit Anhang II Nummer 3.3., 4.3., 5.3., 5.4. der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, Seite 1 ff.) vorgelegt (NJW 2015, 2737): Ist es Zweck und Intention der Richtlinie, dass die mit dem Audit des Qualitätssicherungssystems, der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragte benannte Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III zum Schutz aller potentiellen Patienten tätig wird und deshalb bei schuldhafter Pflichtverletzung den betroffenen Patienten unmittelbar und uneingeschränkt haften kann? Ergibt sich aus den genannten Nummern des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG, dass der mit dem Audit des Qualitätssicherungssystems , der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragten benannten Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III eine generelle oder zumindest anlassbezogene Produktprüfungspflicht obliegt? Ergibt sich aus den genannten Nummern des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG, dass der mit dem Audit des Qualitäts- sicherungssystems, der Prüfung der Produktauslegung und der Überwachung beauftragten benannten Stelle bei Medizinprodukten der Klasse III eine generelle oder zumindest anlassbezogene Pflicht obliegt, Geschäftsunterlagen des Herstellers zu sichten und/oder unangemeldete Inspektionen durchzuführen?
7
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 16. Februar 2017 (C-219/15 S. 14 f.) die Fragen wie folgt beantwortet (NJW 2017, 1161): 1. Die Bestimmungen des Anhangs II der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung in Verbindung mit ihrem Art. 11 Abs. 1 und 10 sowie Art. 16 Abs. 6 sind dahin auszulegen, dass der benannten Stelle keine generelle Pflicht obliegt, unangemeldete Inspektionen durchzuführen, Produkte zu prüfen und/oder Geschäftsunterlagen des Herstellers zu sichten. Liegen jedoch Hinweise darauf vor, dass ein Medizinprodukt die Anforderungen der Richtlinie 93/42 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung möglicherweise nicht erfüllt, muss die benannte Stelle alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus Art. 16 Abs. 6 dieser Richtlinie und den Abschnitten 3.2., 3.3., 4.1. bis 4.3. und 5.1. des Anhangs II der Richtlinie nachzukommen.
2. Die Richtlinie 93/42 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die benannte
Stelle im Rahmen des Verfahrens der EG-Konformitätserklärung zum Schutz der Endempfänger der Medizinprodukte tätig wird. Die Voraussetzungen, unter denen eine von einer benannten Stelle begangene schuldhafte Verletzung der ihr im Rahmen dieses Verfahrens gemäß dieser Richtlinie obliegenden Pflichten ihre Haftung gegenüber den Endempfängern begründen kann, unterliegen vorbehaltlich der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dem nationalen Recht.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Beklagte und das Herstellerunternehmen hätten einen rein privatrechtlich zu beurteilenden Vertrag geschlossen. In diesen sei die Klägerin nicht eingebunden gewesen. Die Beklagte hafte nicht unter dem Gesichtspunkt der Pflichtverletzung eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Sinn und Zweck der Tätigkeit als benannter Stelle im Auftrag des Herstellers sei nicht der Schutz Dritter. Die Zertifizierungstätigkeit diene nur dazu, die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten zu schaffen. Ein rechtsgeschäftlicher Wille des Herstellers und der benannten Stelle, Dritte in den Schutzbereich ihres Vertrages einzubeziehen, bestehe deshalb nicht. Eine solche Einbeziehung würde zudem zu einer uferlosen Ausweitung der Haftung der benannten Stelle führen. Schließlich sei nicht erkennbar, woraus sich ein berechtigtes Interesse des Herstellerunternehmens an der Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrages ergebe.
11
Die Beklagte hafte zudem nicht nach deutschem Deliktsrecht. Der Beklagten könne nach Sachlage allenfalls der Vorwurf gemacht werden, das Herstellerunternehmen nicht ausreichend überwacht zu haben. Für die Beklagte habe sich aber keine Pflicht zum Handeln im Interesse der Patientinnen ergeben, da die benannte Stelle nicht zum Schutz der Patienten tätig werde. Zudem sei kein Verschulden feststellbar. Der Vorwurf, die Beklagte habe Überwachungspflichten verletzt, sei unberechtigt. Die Beklagte habe regelmäßig angekündigte Besichtigungen durchgeführt. Das reiche aus, soweit kein Verdacht für eine nicht ordnungsgemäße Produktion gegeben sei. Vor Dezember 2011 hätten sich entsprechende Verdachtsmomente für die Beklagte nicht ergeben.

II.

12
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
13
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Zertifizierungs- und Prüfauftrag des Herstellers an die Beklagte zwischen den Vertragsparteien ein privatrechtliches Schuldverhältnis begründet (BPatGE 52, 136, 139, juris Rn. 12; Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl., Einführung Rn. 31 und § 15 Rn. 1; Bergmann/Pauge/Steinmeyer/Webel, Gesamtes Medizinrecht, 2. Aufl., § 6 MPG Rn. 2).
14
2. Das Schuldverhältnis der Parteien beurteilt sich insgesamt nach deutschem materiellem Recht.
15
a) Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung beurteilen sich nach deutschem Recht. Dies folgt aus Art. 40 EGBGB.
16
Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO; ABl. 2007 L 199 S. 40) ist im Streitfall intertemporal noch nicht anwendbar, da das schadensbegründende Ereignis vor dem 11. Januar 2009 eingetreten ist (vgl. Art. 31, 32 Rom II-VO).
17
Nach der Art. 40 Abs. 1 EGBGB vorgehenden Sonderanknüpfung des Art. 40 Abs. 2 EGBGB ist deutsches Recht als Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts von Klägerin und Beklagter zur Zeit des Haftungsereignisses anwendbar. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergäbe sich im Übrigen auch aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Eine wesentlich engere Verbindung zu einem ausländischen Recht im Sinne des Art. 41 EGBGB, die dessen Anwendbarkeit zur Folge hätte, besteht im Streitfall nicht.
18
b) Vertragliche Ansprüche, die aus dem zwischen der Beklagten und dem Hersteller geschlossenen Vertrag über das Konformitätsbewertungsverfahren resultieren, beurteilen sich kraft ausdrücklicher Rechtswahl nach deutschem Recht. Dies folgt aus Art. 27 Abs. 1 EGBGB.
19
Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO, ABl. 2008 L 177 S. 6, berichtigt ABl. 2009 L 309 S. 87) ist im Streitfall intertemporal nicht anwendbar, da sie gemäß Art. 28 nur auf Verträge angewandt wird, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind. Auf Verträge, die - wie der hier einschlägige Vertrag - davor geschlossen wurden, sind weiterhin die Bestimmungen der Art. 27 bis 34 EGBGB anzuwenden.
20
c) Da deutsches Recht sowohl auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung als auch auf vertragliche Ansprüche aus dem genannten Vertrag anwendbar ist, bedarf es im Streitfall keiner Entscheidung, ob die Einbeziehung von Dritten in den Schutzbereich eines Vertrags sich internationalprivatrechtlich nach dem Vertragsstatut beurteilt (vgl. MünchKommBGB/Spellenberg, 4. Aufl., Art. 32 EGBGB Rn. 24 m.w.N.) oder ob insoweit das Deliktsstatut (vgl. Dutta, IPRax 2009, 293, 297) maßgebend ist.
21
3. Der revisionsrechtlichen Nachprüfung hält die Annahme des Berufungsgerichts stand, dass die Beklagte keine Pflichten nach Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG verletzt hat und deswegen eine Haftung der Beklagten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder aus § 823 BGB ausscheidet.
22
a) Der benannten Stelle sind nach Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG folgende Pflichten zugewiesen:
23
aa) Vor dem Inverkehrbringen des Medizinprodukts ist die benannte Stelle in die Bewertung des von dem Hersteller einzureichenden Qualitätssicherungssystems eingebunden (Nr. 3.3. Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG). Sie hat eine förmliche Überprüfung des Qualitätssicherungssystems (Audit) durchzuführen. Zusätzlich hat der Hersteller eine Produktauslegungsdoku- mentation vorzulegen, die die benannte Stelle nach Nr. 4.3. der Richtlinie 93/42/EWG zu prüfen hat.
24
bb) Nach dem Inverkehrbringen des Medizinprodukts hat nach Nr. 5.1. Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG eine Überwachung des Qualitätssicherungssystems zu erfolgen. Die Pflichten der benannten Stelle im Rahmen der Überwachung sind in Nr. 5.3. und 5.4. Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG geregelt. Danach führt die benannte Stelle regelmäßig die erforderlichen Inspektionen und Bewertungen durch, um sich davon zu überzeugen, dass der Hersteller das genehmigte Qualitätssicherungssystem anwendet.
25
Darüber hinaus kann die benannte Stelle unangemeldete Besichtigungen beim Hersteller durchführen und erforderlichenfalls Prüfungen zur Kontrolle des ordnungsgemäßen Funktionierens des Qualitätssicherungssystems durchführen oder durchführen lassen. Diese Pflicht, die eine Produktprüfung und die Sichtung der Geschäftsunterlagen des Herstellers umfassen kann, besteht aber nicht generell, sondern nur, wenn Hinweise vorliegen, dass das Medizinprodukt den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung nicht genügt (EuGH, NJW 2017, 1161).
26
b) Die vor dem Inverkehrbringen der Silikonbrustimplantate bestehenden Pflichten hat die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin nicht verletzt.
27
c) Die Beklagte hat die nach dem Inverkehrbringen der Silikonbrustimplantate bestehenden Pflichten ebenfalls nicht verletzt.
28
aa) Die Beklagte hat das Qualitätssicherungssystem unstreitig durch regelmäßige - angekündigte - Inspektionen und Bewertungen überwacht und sich davon überzeugt, dass der Hersteller das Qualitätssicherungssystem anwendet. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der französische Hersteller ein System der Vertuschung geschaffen, um die französischen Behörden und die Beklagte darüber zu täuschen, dass sie Industriesilikon zur Befüllung der Implantate verwendete. Vor den regelmäßigen Inspektionen stellte der französische Hersteller den Herstellungsprozess jeweils um und legte den Kontrolleuren der Beklagten nur eine Dokumentation über die Verwendung des genehmigten Silikons vor.
29
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte vor Dezember 2008 keinen Anlass, unangemeldete Inspektionen durchzuführen , Brustimplantate zu prüfen oder die Geschäftsunterlagen des französischen Herstellers zu prüfen.
30
(1) Die in einem Artikel des "Handelsblatts" vom 12. Juli 2013 genannte Warnung der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde aus dem Jahr 2001, die sich auf mit Kochsalzlösung gefüllte Brustimplantate und nicht auf Silikonbrustimplantate bezog, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - auf der Grundlage des unstreitigen Parteivortrags - der Beklagten erst im Jahr 2011 bekannt geworden. Soweit die Revision mit Schriftsatz vom 2. Juni 2017 unter Bezugnahme auf eine Zeugenaussage in dem in Frankreich geführten Strafverfahren vorträgt, die US-amerikanische Aufsichtsbehörde habe ihre Warnung auf ihrer Internetseite im Jahr 2001 veröffentlicht, wo sie für die Beklagte ohne weiteres einsehbar gewesen sei, ist das neuer Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen ist (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
31
(2) Der in dem oben genannten Presseartikel weiter erwähnte Bericht britischer Aufsichtsbehörden aus Dezember 2000 hatte nach den Fest- stellungen des Berufungsgerichts - auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens - die wissenschaftliche Frage nach alternativen Füllmaterialien (hier: Sojaöl) zum Gegenstand. Die Zuverlässigkeit des französischen Herstellers war nicht Gegenstand des Berichts.
32
Die insoweit - außerhalb der Revisionsbegründungsfrist - erhobene Verfahrensrüge der Revision hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
33
(3) Soweit die Revision mit Schriftsatz vom 2. Juni 2017 unter Bezugnahme auf einen Bericht der französischen Aufsichtsbehörde vom 1. Dezember 2012 (S. 34, 36 ff., 83 ff.) vorträgt, es habe aufgrund der Einrichtung eines besonderen Meldeblatts für die Brustimplantate ab 2002 festgestanden, dass der französische Hersteller einer besonderen Überwachung bedurft hätte, handelt es sich ebenfalls um neuen Vortrag, der in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen ist. Zwar hat die Klägerin den genannten Bericht in der Tatsacheninstanz zur Akte gereicht, jedoch ohne diesen inhaltlich auszuwerten. Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht genügt.
34
(4) Soweit die Revision meint, dass bereits die potentielle hohe Gefährlichkeit von Silikonbrustimplantaten als Medizinprodukte der höchsten Risikoklasse, insbesondere die leichte Austauschbarkeit des Silikons und die Unauffälligkeit eines solchen Austauschs, objektiver Anhaltspunkt für mögliche Herstellerverfehlungen sei, teilt der Senat das nicht. Es handelt sich allein um ein abstraktes Gefährdungspotential, das nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union selbst bei Medizinprodukten der höchsten Risikoklasse nicht ausreicht, um die benannte Stelle als verpflichtet anzusehen, besondere Überwachungsmaßnahmen einzuleiten.
35
(5) Soweit die Revision meint, der Klägerin müsse durch Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Gelegenheit gegeben werden, ergänzend vorzutragen, weil die Instanzgerichte die Frage einer umfassenderen Überwachungspflicht nicht für erheblich erachtet haben, ist das unzutreffend. Die Instanzgerichte haben sich nicht nur mit der Frage auseinandergesetzt , ob zugunsten der Klägerin eine Anspruchsgrundlage besteht, sondern eingehend erörtert, warum die Beklagte keinen Anlass hatte, vor Dezember 2008 eine unangemeldete Inspektion durchzuführen, in diesem Zusammenhang die Geschäftsunterlagen des französischen Herstellers zu sichten und eine Produktprüfung vorzunehmen.
36
4. Da eine Haftung der Beklagten mangels Pflichtverletzung ausscheidet, kann dahin gestellt bleiben, ob zugunsten der Klägerin grundsätzlich das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder § 823 BGB Anwendung findet (zum Diskussionsstand siehe Rehmann, StoffR 2017, 96; Oeben, MPR 2017, 42; Degen, VersR 2017, 462; Rott, NJW 2017, 1146; Unger, EuZW 2017, 299; Graf, MPR 2016, 43; Spickhoff, LMK 2017, 389314).
37
Der Senat weist darauf hin, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Februar 2017 aus der Richtlinie 93/42/EWG selbst sich keine zivilrechtliche Haftung der benannten Stelle ergibt (NJW 2017, 1161 Rn. 56). Das schließt allerdings die Anwendung anderer Regelungen der vertraglichen oder außervertraglichen Haftung nach deutschem Recht nicht aus, sofern diese auf anderen Grundlagen - etwa Verschulden - beruhen (NJW 2017, 1161 Rn. 58 f.).

III.

38
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Kartzke Jurgeleit Graßnack Sacher
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 14.03.2013 - 6 O 304/12 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 30.01.2014 - 4 U 66/13 -

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.