Landgericht Memmingen Beschluss, 16. Mai 2017 - 44 T 68/17

published on 16/05/2017 00:00
Landgericht Memmingen Beschluss, 16. Mai 2017 - 44 T 68/17
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Amtsgericht Neu-Ulm, 14 M 4160/16, 04/01/2017

Gericht

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Tenor

I.

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 11.01.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 04.01.2017 (Az.: 14 M 4160/16) wird kostenfällig als unbegründet

zurückgewiesen.

II.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner als Rechtsnachfolger der früheren Gläubigerin ... die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Stuttgart - Mahnabteilung - vom 02.01.1996 über eine Hauptforderung in Höhe von 9.124,36 DM (= 4.665,21 Euro). Auf dieser Grundlage beantragte der Gläubiger unter dem 21.10.2016 die Einholung von Drittauskünften bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und dem Kraftfahrt-Bundesamt. Der zuständige Obergerichtsvollzieher teilte dem Gläubiger mit Schriftsatz vom 10.11.2016 mit, dass für den Schuldner aktuell keine Vermögensauskunft vorliege. Weiter sei nicht nachgewiesen worden, dass der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgegeben habe. Die bloße Bezugnahme auf Einträge im Schuldnerverzeichnis sei insoweit nicht ausreichend. Daraufhin legte der Gläubiger mit Schriftsatz vom 10.11.2016 Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, dass im Schuldnerverzeichnis 5 Einträge enthalten seien. Für die Erholung von Drittauskünften sei es ausreichend, dass die aus dem Vermögensverzeichnis ersichtlichen Vermögenswerte eine vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht erwarten lassen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen. Beigefügt war unter anderem eine Trefferliste aus dem Vollstreckungsportal mit insgesamt 5 Eintragungen. Der zuständige Obergerichtsvollzieher half der Erinnerung unter dem 30.11.2016 nicht ab und legte die Akte dem Amtsgericht Neu-Ulm zur Entscheidung vor. Das Amtsgericht wies mit Verfügung vom 06.12.2016 darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Einholung isolierter Drittauskünfte bislang nicht ausreichend dargelegt seien. Insbesondere sei nicht dargelegt, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft pflichtwidrig nicht nachgekommen sei. Allein die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis ließen diesen Rückschluss nicht zu. Der Gläubiger teilte daraufhin mit Schriftsatz vom 28.12.2016 (Bl. 21/22 d.A.) mit, dass die Voraussetzungen für die Einholung von Drittauskünften vorliegen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 04.01.2017 (Bl. 23/24 d.A.), die Erinnerung zurückzuweisen. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Möglichkeit der Erholung isolierter Drittauskünfte zwar bestehe, aber die Voraussetzungen nicht hinreichend dargelegt seien. Gegen diesen Beschluss, der dem Gläubiger ausweislich der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde am 10.01.2017 zugestellt worden war, legte der Schuldner mit Schriftsatz vom 11.01.2017, beim Landgericht Memmingen eingegangen am 17.01.2017 (Bl. 25/27 d.A.), sofortige Beschwerde ein und trug zur Begründung vor, dass die Drittauskünfte einzuholen seien. Weiter wurde die Zulassung weiterer Rechtsmittel beantragt. Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 06.02.2017 (Bl. 34 d.A.), der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und legte die Akten dem Landgericht Memmingen zur Entscheidung vor. Zur Begründung wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Gläubiger nach wie vor die tatsächlichen . Voraussetzungen für eine isolierte Drittauskunft nicht dargelegt habe.

Das Beschwerdegericht ließ den Beteiligten mit Verfügung vom 10.02.2017 (Bl. 37 d.A.) nach, zu dem Nichtabhilfebeschluss Stellung zu nehmen. Der Gläubiger legte mit Schriftsatz vom 19.02.2017 (Bl. 38 d.A.) einige Veröffentlichungen und Entscheidungen in Kopie vor und beantragte die Zulassung weiterer Rechtsmittel. Das Beschwerdegericht wies mit Verfügung vom 06.03.2017 (Bl. 39 d.A.) darauf hin, dass zwischen dem Ausgangsgericht und dem Gläubiger Einigkeit darüber zu bestehen scheint, dass die isolierte Einholung von Drittauskünften grundsätzlich zulässig ist. Allerdings dürften nach derzeitiger, vorläufiger Auffassung die Voraussetzungen für die Einholung solcher Auskünfte nicht vorliegen. Eine Zulassung weiterer Rechtsmittel dürfte nicht in Betracht kommen. Weiter stellte das Beschwerdegericht anheim, eine Rücknahme der Beschwerde zu erwägen. Daraufhin teilte der Gläubiger unter dem 19.03.2017 (Bl. 40/42 d.A.) mit, dass die Beschwerde nicht zurückgenommen werde, sondern die Zulassung weiterer Rechtsmittel beantragt werde. Dem Schriftsatz lagen unter anderem zwei Trefferlisten aus dem Schuldnerverzeichnis bei, in denen jeweils 5 Eintragungen unterschiedlichen Datums enthalten waren. Unter Bezugnahme darauf wies der Gläubiger darauf hin, dass die Mitteilung des Gerichtsvollziehers falsch sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen. Das Beschwerdegericht wies mit Verfügung vom 28.03.2017 (Bl. 43 d.A.) darauf hin, dass aus den vorgelegten Trefferlisten aus dem Schuldnerverzeichnis nicht erkennbar sei, warum die Eintragung jeweils erfolgt sei, und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Gläubiger wies mit Schriftsatz vom 04.04.2017 (Bl. 44/46 d.A.) darauf hin, dass aufgrund der neuersten Eintragung vom 14.11.2016 die Voraussetzungen für die Einholung der Drittauskünfte vorliegen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen. Mit Verfügung vom 12.04.2017 (Bl. 47 d.A.) bat das Beschwerdegericht den Gerichtsvollzieher-Prüfungsbeamten um Stellungnahme. Dieser nahm unter dem 17.04.2017 (Bl. 48 d.A.) dahingehend Stellung, dass die Voraussetzungen für die Einholung einer isolierten Drittauskunft nicht ausreichend dargelegt seien. Insbesondere fehle es an einer nachvollziehbaren Darlegung, dass die erhobenen Daten nicht mehr aktuell seien. Der Beschwerdeführer müsse zwischen dem Schuldnerverzeichnis und dem Vermögensverzeichnisregister im Vollstreckungsportal differenzieren. Die vorgetragenen Eintragungen im Schuldnerverzeichnisregister seien nicht relevant im Hinblick auf § 802 I ZPO. Das Beschwerdegericht ließ den Parteien mit Verfügung vom 19.04.2017 (Bl. 49 d.A.) nach, zu der Stellungnahme des Gerichtsvollzieher-Prüfungsbeamten Stellung zu nehmen. Stellungnahmen sind nicht eingegangen.

II.

Die statthafte (§ 793 ZPO) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zur Begründung wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Erwägungen des Amtsgerichts Neu-Ulm aus dem angegriffenen Beschluss vom 04.01.2017 sowie aus der zugehörigen Nichtabhilfeentscheidung vom 06.02.2017 Bezug genommen, welche sich das Beschwerdegericht nach Prüfung jeweils zu Eigen macht.

Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:

Im vorliegenden Fall besteht zwischen dem Ausgangsgericht und dem Beschwerdeführer Einigkeit darüber, dass grundsätzlich die isolierte Einholung von Drittauskünften zulässig ist. Dies kann vorliegend letztlich dahinstehen, da der Gläubiger jedenfalls die Voraussetzungen des § 802 I ZPO nicht hinreichend dargelegt hat. Gemäß § 802 I Abs. 1 S. 1 ZPO müsste der Gläubiger entweder darlegen, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen wäre oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten wäre. Für die erste Variante müsste demnach vorgetragen werden, dass der Schuldner trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Abgabe der Vermögensauskunft erschienen wäre bzw. die Abgabe dieser Auskunft grundlos verweigert hätte. Hierzu trägt der Gläubiger nichts vor. Insbesondere wird nicht vorgetragen, dass überhaupt Antrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft gestellt worden wäre. Bereits deshalb lässt sich nicht erkennen, dass eine solche möglicherweise zu Unrecht nicht abgegeben worden wäre. Soweit sich der Gläubiger auf Eintragungen in dem Schuldnerverzeichnis beruft, wurde nicht vorgetragen, warum diese Eintragungen jeweils erfolgt sind. Es lässt sich demnach nicht erkennen, ob diesen Eintragungen die Verweigerung einer Vermögensauskunft zugrunde liegt oder nicht.

Auch für die zweite Variante des § 802 I Abs. 1 S. 1 ZPO ist nichts vorgetragen. Um darzulegen, dass eine Vollstreckung in die in einer Vermögensauskunft genannten Vermögenswerte voraussichtlich nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen würde, müsste zunächst eine Vermögensauskunft vorgelegt werden. Eine solche wurde jedoch vom Gläubiger nicht vorgelegt.

Nach alledem wurden bereits die Voraussetzungen des § 802 I Abs. 1 S. 1 ZPO nicht hinreichend dargelegt, so dass die Einholung von Auskünften bereits deshalb nicht erfolgen konnte. Auf die zwischen den Gerichten umstrittene Frage, ob die Einholung von Auskünften grundsätzlich isoliert möglich wäre oder nicht, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Der sofortigen Beschwerde war der Erfolg zu versagen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor. Insbesondere hatte das Beschwerdegericht nicht über die umstrittene Frage der grundsätzlichen Möglichkeit der Einholung von isolierten Drittauskünften zu befinden, sondern der Beschwerde war bereits deshalb der Erfolg zu versagen, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 802 I Abs. 1 S. 1 ZPO nicht hinreichend dargelegt wurden.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren erfolgt entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG auf 2.000,00 Euro.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
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published on 16/05/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 79/18 vom 16. Mai 2019 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 802a Abs. 2 Nr. 3, § 802l Abs. 1 Der Gläubiger, der im Zwangsvollstreckungsverfahren isolie
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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) In der Zwangsvollstreckung, in der Vollstreckung, in Verfahren des Verwaltungszwangs und bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert

1.
nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen; soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, ist der geringere Wert maßgebend; wird künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen nach § 850d Absatz 3 der Zivilprozessordnung gepfändet, sind die noch nicht fälligen Ansprüche nach § 51 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen und § 9 der Zivilprozessordnung zu bewerten; im Verteilungsverfahren (§ 858 Absatz 5, §§ 872 bis 877 und 882 der Zivilprozessordnung) ist höchstens der zu verteilende Geldbetrag maßgebend;
2.
nach dem Wert der herauszugebenden oder zu leistenden Sachen; der Gegenstandswert darf jedoch den Wert nicht übersteigen, mit dem der Herausgabe- oder Räumungsanspruch nach den für die Berechnung von Gerichtskosten maßgeblichen Vorschriften zu bewerten ist;
3.
nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, und
4.
in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft (§ 802c der Zivilprozessordnung) sowie in Verfahren über die Einholung von Auskünften Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l der Zivilprozessordnung) nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird; der Wert beträgt jedoch höchstens 2 000 Euro.

(2) In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen.