Landgericht Memmingen Beschluss, 27. Okt. 2017 - 44 T 1289/17

bei uns veröffentlicht am27.10.2017

Tenor

I.

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 01.09.2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm – Abteilung für Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen – vom 21.08.2017 (Az.: 14 M 2157/17)

aufgehoben.

II.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Memmingen vom 08.06.2016, Az.: 32 O 662/16, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts fortzusetzen.

III.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 86,86 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betrieb gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Versäumnisurteils des Landgerichts Memmingen vom 08.06.2016 über 21.836,17 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung zahlte der Schuldner an den zuständigen Gerichtsvollzieher insgesamt 4 Raten durch Überweisung auf das Dienstkonto des Gerichtsvollziehers. Diese Raten wurden jeweils zeitlich versetzt an die Gläubigerin weiterüberwiesen. Mit Schriftsatz vom 17.05.2017 teilten die Gläubigervertreter dem zuständigen Gerichtsvollzieher mit, dass bei Verbuchung der Ratenzahlungen unter dem Eingangsdatum bei der Gläubigerin noch ein Betrag von 86,86 Euro zuzüglich Zinsen zur Zahlung offen stehe. Der zuständige Gerichtsvollzieher teilte den Gläubigervertretern unter dem 24.05.2017 mit, dass der Schuldner jeweils befreiend an ihn gezahlt habe; der Eingang auf dem Konto bei der Gläubigerin sei ohne Belang. Mit Schriftsatz vom 28.06.2017, beim zuständigen Gerichtsvollzieher eingegangen am 29.06.2017, legten die Gläubigervertreter Erinnerung ein und beantragten, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, wegen restlicher 86,86 Euro nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung fortzusetzen. Zur Begründung führten die Gläubigervertreter aus, dass die Zahlung an den Gerichtsvollzieher lediglich in der Hinsicht schuldbefreiend wirke, dass der Schuldner nicht zweimal in Anspruch genommen werden könne, wenn der Gerichtsvollzieher beispielsweise das Geld unterschlage. Der Verzug ende jedoch erst mit dem Eingang des Geldes bei der Gläubigerin. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 815 Abs. 3 ZPO, da diese Vorschrift nur die Gefahr des Untergangs regle. Der zuständige Gerichtsvollzieher entschied unter dem 03.07.2017, der Erinnerung nicht abzuhelfen und legte die Akte dem Amtsgericht Neu-Ulm zur Entscheidung vor. Zur Begründung führte der Gerichtsvollzieher aus, dass Erfüllung gemäß § 815 Abs. 3 ZPO analog mit dem Eingang des Geldes beim Gerichtsvollzieher eintrete.

Das Amtsgericht Neu-Ulm wies mit Verfügung vom 18.07.2017 (Bl. 14 d.A.) darauf hin, dass es die Auffassung des Gerichtsvollziehers teile und stellte eine Rücknahme der Erinnerung anheim. Die Gläubigervertreter nahmen hierzu unter dem 02.08.2017 dahingehend Stellung, dass es sich bei § 815 ZPO ausweislich aktueller Kommentierungen lediglich um eine Gefahrtragungsregelung handle; der Verzug dauere solange an, bis die Gläubigerin die Zahlung tatsächlich erhalte. Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 21.08.2017, die Erinnerung zurückzuweisen und führte zur Begründung aus, dass gemäß § 815 Abs. 3 ZPO die Zahlung an die Gläubigerin bereits mit der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher fingiert werde. Dies bedeute, dass Zahlungsverzug nicht mehr fortbestehen könne. Der Gerichtsvollzieher werde im Auftrag der Gläubigerin tätig und sei befugt das Geld in Empfang zu nehmen; dies müsse sich der Gläubiger zurechnen lassen. Gegen diesen Beschluss, der den Gläubigervertretern ausweislich des bei der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 01.09.2017 zugestellt worden war, legten die Gläubigervertreter mit Schriftsatz vom 01.09.2017 beim Amtsgericht Neu-Ulm eingegangen am 04.09.2017, Beschwerde ein und beantragten, den Gerichtsvollzieher unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung anzuweisen, die Zwangsvollstreckung wegen des Restbetrags von 86,86 Euro nebst Zinsen fortzusetzen. Zur Begründung führten die Gläubigervertreter aus, dass der Schuldner mit der Zahlung an den Gerichtsvollzieher zwar von seiner Leistungspflicht befreit werde, aber dies nicht zu einem Ende des Zahlungsverzugs führe. Ein Verzugsschaden sei erst ab dem Moment nicht mehr zu erstatten, ab dem die Gläubigerin ihr Geld erhalten habe. Eine mögliche Verzögerung zwischen der Zahlung an den Gerichtsvollzieher und der Weiterleitung an die Gläubigerin müsse zu Lasten des Schuldners gehen, da der Schuldner auch die Inanspruchnahme des Gerichtsvollziehers zu verantworten habe; es hätte ihm freigestanden, an die Gläubigerin direkt zu zahlen und diese Zahlung ggf. gegenüber dem Gerichtsvollzieher nachzuweisen.

Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 27.09.2017, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und legte die Akten dem Landgericht Memmingen zur Entscheidung vor. Das Beschwerdegericht ließ den Parteien mit Verfügung vom 05.10.2017 nach, zu dem Nichtabhilfebeschluss Stellung zu nehmen. Dem Schuldner wurde darüber hinaus nachgelassen, auch zu der Beschwerdeschrift Stellung zu nehmen. Die Gläubigervertreter wiesen unter dem 16.10.2017 darauf hin, dass Firmen trotz der Niedrigzinsphase immer noch zwischen 8 und 11 % Zinsen für Kredite zu bezahlen hätten. Aus dem Leitgedanken des Gesetzes ergebe sich, dass ein Schuldner, der nicht pünktlich zahle, diesen Schaden zu ersetzen habe. Die Regelung des § 815 Abs. 3 ZPO betreffe demgegenüber nur den Fall, dass der Gerichtsvollzieher seine staatliche Gewalt nicht ordnungsgemäß ausübe; dies sei ein anderes Rechtsproblem.

II.

Die statthafte (§ 793 ZPO) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts in der angegriffenen Entscheidung führt nicht bereits der Eingang des Geldes beim Gerichtsvollzieher zur Erfüllung und damit zur Verzugsbeendigung, sondern erst der Eingang des Geldes bei dem Gläubiger. Zwar gilt die Regelung des § 815 Abs. 3 ZPO bei freiwilligen Zahlungen des Schuldners entsprechend (vgl. Becker, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage 2017, § 815 Rn 5). Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei dieser Regelung um eine reine Gefahrtragungsregelung handelt. Die Erfüllungswirkung richtet sich allein nach materiellem Recht und tritt demzufolge nicht vor Ablieferung des Geldes an die Gläubigerin ein (vgl. Becker, a.a.O., Rn 4; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, 5. Auflage 2016, § 815 Rn 16; Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 754 Rn 7; Olzen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 362 Rn 9; Kerwer, in: Juris PK-BGB, 8. Auflage 2017, § 362 Rn 51). In diese Richtung tendiert auch der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 29.01.2009, III ZR 115/08, Juris-Rn 9, auch mit Nachweisen zur anderen Ansicht). Auch wenn der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung keine endgültige Festlegung getroffen hat, ist gleichwohl der Tendenz zu entsprechen. Im Gegensatz zu der ursprünglichen Vorstellung des historischen Gesetzgebers, nach der der Gerichtsvollzieher als privatrechtlicher Vertreter des Gläubigers handelt, ist der Gerichtsvollzieher nach der heutigen gesetzlichen Regelung hoheitlich tätig und kann daher nicht als Vertreter der Gläubigerin angesehen werden. Weiter gilt es zu beachten, dass der Schuldner offensichtlich aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils geschuldete Beträge nicht zeitgerecht geleistet hat, so dass die Inanspruchnahme des Gerichtsvollziehers erforderlich war. Dieser Gesichtspunkt spricht ebenfalls dafür, die für die Weiterleitung des Geldes erforderliche, systemimmanente Verzögerung innerhalb des Ablaufs beim Gerichtsvollzieher hinsichtlich des Verzögerungsschadens nicht der Gläubigerin, sondern vielmehr dem Schuldner anzulasten.

Die angegriffene Entscheidung war nach alledem aufzuheben und der Gerichtsvollzieher war zur entsprechenden Fortsetzung der Zwangsvollstreckung anzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren erfolgt entsprechend §§ 3 ZPO, 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG auf den Betrag, der nach Auffassung der Gläubigerseite noch zu vollstrecken ist.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 815 Gepfändetes Geld


(1) Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern. (2) Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, dass an gepfändetem Geld ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung is

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2009 - III ZR 115/08

bei uns veröffentlicht am 29.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 115/08 vom 29. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 815 Abs. 3 Die Bestimmung des § 815 Abs. 3 ZPO ist auf freiwillige Zahlungen des Schuldners an den Gerichtsv

Amtsgericht Neu-Ulm Beschluss, 21. Aug. 2017 - 14 M 2157/17

bei uns veröffentlicht am 21.08.2017

Tenor 1. Die Erinnerung der Gläubigerin ... vom 28.06.2017 wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens hat die Gläubigerin zu tragen. Gründe Die zulässige Erinnerung ist unbegründet. Nach § 815

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Tenor

1. Die Erinnerung der Gläubigerin ... vom 28.06.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.

Gründe

Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Nach § 815 Abs. 3 ZPO gilt die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht nach Absatz 2 oder nach § 720 die Hinterlegung zu erfolgen hat. Die Zahlung durch den Schuldner wird durch diese Vorschrift fingiert und stellt in der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur eine Regelung der Gefahrtragung dar. Kommt das Geld demnach vor seiner Ablieferung abhanden, trägt der Gläubiger die Gefahr; er kann den Schuldner nicht nochmals in Anspruch nehmen. Der Schuldner wird von seiner Leistungspflicht befreit (vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 815 Rdnr. 2 m.w.N.). Daraus folgt aber auch, dass ein Zahlungsverzug des Schuldners nach vollzogener Zwangsvollstreckung nicht mehr fortbestehen kann (so auch BGH, Urteil vom 24.06.1981 in NJW81, 2244).

Nach Auffassung des Gerichts befindet sich der Schuldner daher ab Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher nicht (mehr) in Verzug. Der Gerichtsvollzieher wird im Auftrag des Gläubigers tätig. Er durfte das Geld in Empfang nehmen; dies muss sich der Gläubiger als Erfüllung zurechnen lassen. Geldschulden sind grundsätzlich Schickschulden, d.h. der (bereits bestehende) Verzug ist beendet, wenn der Schuldner das Geld auf den Weg zum Gläubiger gebracht hat. Der Schuldner hat damit das seinerseits Erforderliche getan, wenn das Geld beim Gerichtsvollzieher und tatsächlich auch in der Folgezeit beim Gläubiger ankommt. Etwas anderes kann auch nicht für die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher gelten.

Ein Anspruch des Gläubigers auf Verzinsung gem. § 288 BGB für den Zeitraum zwischen der Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher und dem Eingang des Geldes beim Gläubiger besteht daher nicht.

(1) Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern.

(2) Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, dass an gepfändetem Geld ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit dem Tag der Pfändung eine Entscheidung des nach § 771 Abs. 1 zuständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung beigebracht wird.

(3) Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht nach Absatz 2 oder nach § 720 die Hinterlegung zu erfolgen hat.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern.

(2) Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, dass an gepfändetem Geld ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit dem Tag der Pfändung eine Entscheidung des nach § 771 Abs. 1 zuständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung beigebracht wird.

(3) Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht nach Absatz 2 oder nach § 720 die Hinterlegung zu erfolgen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 115/08
vom
29. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Bestimmung des § 815 Abs. 3 ZPO ist auf freiwillige Zahlungen des
Schuldners an den Gerichtsvollzieher entsprechend anwendbar.
BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 115/08 - LG Schwerin
AG Schwerin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dörr und Wöstmann, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Seiters

beschlossen:
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hiervon sind die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Schwerin veranlassten Mehrkosten ausgenommen, die der Kläger zu tragen hat.
Der Streitwert wird auf einen Wert in der Gebührenstufe bis 900 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Beklagte betrieb wegen einer ärztlichen Gebührenforderung gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid vom 3. Juli 2006 über die Summe von 820,77 €. Die Gerichtsvollzieherin pfändete am 9. Mai 2007 dessen Pkw BMW 325i und nahm ihn in Gewahrsam. Der Kläger überwies am 10. Mai 2007 an die Gerichtsvollzieherin unter Angabe des Aktenzeichens des Vollstreckungsbescheids und seines Namens 1.500 €. Die Gerichtsvollzieherin, der zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Vollstreckungsaufträge gegen den Kläger vorlagen, verrechnete von diesem Betrag nur 61 € auf den Vollstreckungsbescheid des Beklagten und den Rest auf Forderungen von drei Gläubigern, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in Anspruch nahmen , deren Geschäftsführer der Kläger war. Auch die Freigabe des gepfändeten Fahrzeugs unterblieb zunächst.
2
Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen die weitere Vollstreckung durch den Beklagten gewandt, weil er mit seiner Zahlung an die Gerichtsvollzieherin dessen Forderung erfüllt habe. Das Amtsgericht hat seiner Vollstreckungsabwehrklage entsprochen. Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung nur in Höhe von 61 € für unzulässig erklärt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Leistungserfolg der Erfüllung erst eintrete, wenn das Geld endgültig in das Vermögen des Gläubigers gelange. Eine - direkte oder analoge - Anwendung des § 815 Abs. 3 ZPO komme nicht in Betracht. Wegen dieser Frage hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.
3
Nach Eingang seiner Revisionsbegründung hat der Kläger mitgeteilt, der Vollstreckungstitel und der gepfändete Pkw seien zwischenzeitlich an ihn herausgegeben worden. Im Hinblick hierauf hat er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Beide Parteien haben wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II.


4
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 ZPO). Hiernach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet war. Hiervon sind nur die durch die Anrufung des sachlich unzuständigen Landgerichts verursachten Mehrkosten ausgenommen, die dem Kläger zur Last fallen (§ 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
5
1. Die Gebührenforderung des Beklagten ist allerdings nicht bereits durch die Überweisung des Geldbetrages von 1.500 € auf das Dienstkonto der Gerichtsvollzieherin im Sinn des § 362 BGB insgesamt erfüllt worden. Denn der Leistungserfolg, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1998 - VIII ZR 157/97 - NJW 1999, 210 m.w.N.; MünchKomm-BGB/Wenzel , 5. Aufl. 2007, § 362 Rn. 10, 12; Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2006, § 362 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl. 2009, § 362 Rn. 2) ist nur hinsichtlich des an ihn weitergeleiteten Betrags von 61 € eingetreten.
6
Die Auffassung der Revision, es sei im Sinne des § 362 Abs. 2 BGB erfüllt worden, weil der Kläger vorbehaltlos an die nach §§ 754, 755 ZPO legitimierte und dementsprechend nach § 185 BGB vom Beklagten ermächtigte Gerichtsvollzieherin gezahlt habe, teilt der Senat nicht. Richtig ist zwar, dass der Gerichtsvollzieher aufgrund des Vollstreckungsauftrags nach § 754 ZPO befugt und im gegebenen Fall verpflichtet ist, Zahlungen in Empfang zu nehmen, dies zu quittieren und dem Schuldner, der seiner Verbindlichkeit genügt hat, die vollstreckbare Ausfertigung des Titels herauszugeben, so dass auf der Grundlage dieser Ausfertigung nicht mehr vollstreckt werden kann. Diese Rechtsstellung des Gerichtsvollziehers beruht aber nicht auf einem bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum Gläubiger, sondern auf seiner Stellung als auch im Bereich der Entgegennahme freiwilliger Zahlungen hoheitlich handelndes Organ der Zwangsvollstreckung (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2004 - IXa ZB 274/03 - NJW-RR 2004, 788; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl.
2003, Rn. 314; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 754 Rn. 2; Musielak /Becker § 815 Rn. 5; MünchKomm-ZPO/Heßler, 3. Aufl. 2007, § 754 Rn. 38 f; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 754 Rn. 3; Gottwald, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2002, § 754 Rn. 1; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Bd. I, 4. Aufl. 2008, § 754 Rn. 1, 7; eingehend zum Ganzen Fahland, ZZP 92, 432ff). Zum Eintritt der Erfüllungswirkung muss daher regelmäßig hinzukommen, dass der Gerichtsvollzieher das empfangene Geld oder den Eingang auf seinem Dienstkonto an den Gläubiger weiterleitet. Fehlt es hieran, weil der Gerichtsvollzieher den empfangenen Betrag nicht den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften entsprechend verwendet, so dass der Gläubiger hierüber nicht verfügen kann, liegt zwar eine Verletzung von Amtspflichten vor, die dem Gerichtsvollzieher sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber dem Gläubiger obliegen; die beizutreibende Forderung ist jedoch unter solchen Umständen nicht durch Erfüllung erloschen.
7
2. Die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers war auch nicht nach § 815 Abs. 3 ZPO begründet.
8
§ 815 ZPO befasst sich im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift mit der Verwertung gepfändeten Geldes. Diese gestaltet sich insofern besonders einfach, als es genügt, dass der Gerichtsvollzieher das gepfändete Geld dem Gläubiger "abliefert" (§ 815 Abs. 1 ZPO). Hierbei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Übertragungsakt, kraft dessen der Gläubiger - unabhängig von den Regeln der §§ 929 ff BGB - Eigentum erwirbt (vgl. Schuschke /Walker aaO § 815 Rn. 2; Gottwald aaO § 815 Rn. 3; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 815 Rn. 2; Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 815 Rn. 15; Brox/Walker aaO Rn. 418; Wieczorek /Schütze/Lüke, ZPO, 3. Aufl. 1999, § 815 Rn. 11).

9
§ 815 Abs. 3 ZPO sieht im Zusammenhang mit gepfändetem Geld vor, dass die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher als Zahlung des Schuldners gilt, sofern nicht - was hier nicht in Betracht kommt - eine Hinterlegung nach Absatz 2 oder nach § 720 ZPO zu erfolgen hat. Inhalt und Tragweite dieser Fiktion werden in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich bewertet. Überwiegend wird angenommen, § 815 Abs. 3 ZPO sei eine von § 270 BGB abweichende Regelung über die Gefahrtragung: Komme das vom Gerichtsvollzieher weggenommene Geld vor seiner Ablieferung an den Gläubiger abhanden, trage der Gläubiger die Gefahr, was im Ergebnis bedeutet, dass er den Schuldner insoweit nicht mehr in Anspruch nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1987 - V ZR 220/85 - ZZP 102, 366, 368; MünchKommBGB /Wenzel aaO § 362 Rn. 29; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 4; Stein/ Jonas/Münzberg aaO § 815 Rn. 16; MünchKomm-ZPO/Gruber aaO § 815 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009 § 815 Rn. 8; Schuschke/Walker aaO § 815 Rn. 9; Kerwer, in: juris PK-BGB § 362 Rn. 47 f; Wieczorek/Schütze/Lüke aaO § 815 Rn. 4; Gottwald aaO § 815 Rn. 10; wohl auch BGHZ 140, 391, 394). Dem steht die Auffassung gegenüber, es handele sich um eine Erfüllungsfiktion mit Auswirkungen auf das materielle Recht (Hk-ZPO/Kemper, 2. Aufl. 2007, § 815 Rn. 6; Zöller/Stöber aaO § 815 Rn. 2 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - VIII ZR 169/82 - WM 1983, 1337, 1338 = JZ 1984, 151). Der Senat neigt der erstgenannten Auffassung zu, da die Zahlungsfiktion beispielsweise entfällt, wenn die Pfändung aufgehoben wird und der Schuldner sein Geld zurückerhält (vgl. Stein/Jonas/Münzberg § 815 Rn. 16), braucht die Frage jedoch nicht abschließend zu entscheiden, da hier kein Fall vorliegt, in dem Geld gepfändet worden wäre. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Kläger unter dem Eindruck der vorangegangenen Pfändung seines Fahrzeugs mit dem Ziel der Aufhebung die- ser Pfändungsmaßnahme den in Rede stehenden Geldbetrag auf das Dienstkonto der Gerichtsvollzieherin überwiesen hat, handelt es sich um keine Leistung , an der ein Pfändungspfandrecht entstanden wäre (vgl. Schuschke/Walker aaO § 815 Rn. 11; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 5; MünchKommZPO /Heßler aaO § 754 Rn. 54; Gottwald aaO § 815 Rn. 11).
10
3. Die Vollstreckungsabwehrklage war aber unter dem Gesichtspunkt einer analogen Anwendung des § 815 Abs. 3 ZPO begründet.
11
Im Schrifttum wird eine analoge Anwendung des § 815 Abs. 3 ZPO auf Fälle, in denen der Schuldner eine freiwillige Zahlung an den Gerichtsvollzieher vorgenommen hat, weitgehend vertreten. In diesem Zusammenhang wird vor allem betont, die Interessenlage des Schuldners sei mit der bei der Pfändung von Geld vergleichbar. Hier wie dort sei das weitere Verfahren dem Einfluss des Schuldners entzogen (vgl. Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 5; Thomas/ Putzo/Hüßtege § 815 Rn. 5; MünchKomm-ZPO/Heßler aaO § 754 Rn. 45; MünchKomm-ZPO/Gruber aaO § 815 Rn. 19; Brox/Walker aaO Rn. 314; Gottwald aaO § 815 Rn. 11; Wieczorek/Schütze/Lüke aaO § 815 Rn. 20; Fahland aaO S. 453 ff). Es wäre widersinnig, wenn sich der Schuldner nach der in § 105 GVGA ausdrücklich vorgesehenen Aufforderung, freiwillig zu zahlen, das Geld wegnehmen lassen müsse, um nicht das Risiko des Abhandenkommens der geleisteten Beträge übernehmen zu müssen (vgl. Schuschke/Walker aaO § 815 Rn. 11; a.A. Stein/Jonas/Münzberg § 815 Rn. 23; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann aaO § 815 Rn. 10; Zöller/Stöber aaO § 755 Rn. 4).
12
Das Berufungsgericht meint demgegenüber, es fehle an einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke, weil die Gefahrtragung allgemein in § 270 BGB geregelt sei und der Gesetzgeber nur in den Fällen des § 815 Abs. 3 ZPO eine Ausnahme vorgesehen habe, wenn der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Vollstreckung durch hoheitliches Handeln in die Leistungsabwicklung eingegriffen habe.
13
Der Senat folgt der dargestellten überwiegenden Meinung. Die Interessenlage des freiwillig (hier: auch zur Aufhebung der Pfändung seines Fahrzeugs ) an den Gerichtsvollzieher zahlenden Schuldners ist mit der in § 815 Abs. 3 ZPO geregelten Situation vergleichbar. Das zeigen nicht zuletzt auch Wertungen, die der Bestimmung des § 717 Abs. 2 ZPO entnommen werden können. Hiernach ist der Kläger nach Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils dem Beklagten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem nicht nur durch die Vollstreckung, sondern auch durch eine zur Abwendung der Vollstreckung vollzogene Leistung entstanden ist. Es wäre in der Tat schwer einzusehen, weshalb ein Schuldner, nur um die Wirkung des § 815 Abs. 3 ZPO zu erlangen, darum bitten sollte, dass der Gerichtsvollzieher von seinen Zwangsbefugnissen Gebrauch macht.
14
Der Senat hat auch keine Bedenken, die für einen Analogieschluss erforderliche Regelungslücke anzunehmen. Sie ergibt sich aus den veränderten Anschauungen über die Rolle des Gerichtsvollziehers im Vollstreckungsverfahren. Den Bestimmungen der §§ 754, 755 ZPO liegt die ursprüngliche Vorstellung des historischen Gesetzgebers zugrunde, dass der Gerichtsvollzieher als privatrechtlicher Vertreter des Gläubigers handelt (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 2, Materialien zur Zivilprozeßordnung , 2. Aufl. 1983, S. 440; Fahland aaO S. 453). Auf dem Boden dieser Auffassung war es selbstverständlich, dass eine an den Gerichtsvollzieher bewirkte freiwillige Zahlung im Gefahrenbereich des Gläubigers angekommen war. Insoweit bedurfte es keiner besonderen Regelung im Vollstreckungsrecht. Aus der Befugnis des Gerichtsvollziehers, die geschuldete Leistung anstelle des Gläubigers in Empfang zu nehmen, wurde auch der Wegnahme von Geld im Wege der Pfändung der Charakter einer Zahlung des Schuldners zugemessen, wobei mit der Wegnahme die Gefahr auf den Gläubiger übergehen und namentlich die Anschlusspfändung ausgeschlossen werden sollte (vgl. Hahn aaO S. 454). Nach diesen Vorstellungen ergaben sich im Ergebnis zwischen einer freiwilligen Zahlung des Schuldners und einer Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher keine Unterschiede; die Gleichstellung der erzwungenen mit der freiwilligen Zahlung war das Bild, das der historische Gesetzgeber vor Augen hatte (vgl. Hahn aaO S. 440). Da der Gerichtsvollzieher inzwischen auch im Bereich der Entgegennahme freiwilliger Zahlungen als hoheitlich handelndes Organ verstanden wird (s.o. II 1) und die an den Gerichtsvollzieher bewirkte Zahlung dem Gläubiger nicht (mehr) kraft eines Auftragsverhältnisses zugerechnet werden kann, ist es daher nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, im Einklang mit der ursprünglichen Konzeption des historischen Gesetzgebers § 815 Abs. 3 ZPO auch bei freiwilligen Zahlungen des Schuldners entsprechend anzuwenden. Das hat die vollstreckungsrechtliche Folge, dass der Gläubiger in dem fraglichen Umfang die Vollstreckung nicht mehr fortsetzen kann und materiell -rechtlich auf Amtshaftungsansprüche verwiesen ist, die sich in Bezug auf den Beklagten im Hinblick auf die höchstrich- terlich noch nicht geklärte Rechtslage auch auf die ihn in diesem Rechtsstreit treffenden Kosten erstrecken.
Schlick Dörr Wöstmann
Harsdorf-Gebhardt Seiters
Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 25.10.2007 - 13 C 187/07 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 14.03.2008 - 2 S 139/07 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.