Landgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2005 - 8 O 425/04

published on 17/05/2005 00:00
Landgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2005 - 8 O 425/04
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin verlangt Schadensersatz - teilweise aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, des Zeugen J. M. - wegen Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages mit der Beklagten.
Diesen Vertrag schlossen die Klägerin sowie der Zeuge M. am 01.10.1998 oder am 30.10.1999 unter der Vertragsnummer R253/013 mit der Beklagten. In ihm ist unter IV. geregelt:
... Der Service umfasst insbesondere folgende Leistungen:
1. Aufbau eines individuellen Wertpapierdepots mit höchstmöglicher Sicherheits- und Renditestruktur, ausgewählt nach Vorgabe der vom Kunden mit der Geldanlage verfolgten Ziele
2. ...
3. Gewinnsicherung durch Umschichtung nach Kurssteigerungen in risikoarme Anlageformen wie z.B. offene Immobilienfonds und Geldmarktfonds bzw. geldmarktnahe Fonds
4. ...
Weiterhin heißt es unter XIII.:
Investitionsgrad ca. 80 % (= 20 % Geldmarktanteil)
Investiertes Kapital zu min. 80 % USA, EU u. GB
Anlässlich des Vertragsschlusses füllten die Klägerin und ihr Ehemann ein Kundenprofil nach Wertpapierhandelsgesetz aus, wonach sie mit ihrer Anlage einen langfristigen Vermögenszuwachs bei geplanter Anlagedauer über zehn Jahre sowie Altersvorsorge als Hauptziele verfolgten; die angelegten Mittel würden erst nach mehr als zehn Jahren benötigt; bei bisherigen Investitionen in Aktien oder Aktienfonds sei es ihnen leicht gefallen, das damit verbundene Risiko zu akzeptieren, wobei sie ihr persönliches Anlageverhalten als spekulativ kennzeichneten.
10 
Während der Vertragslaufzeit wurden Geldbeträge in Höhe von insgesamt rund EURO 120.000,00 entnommen, die zum größten Teil in ebenfalls über die Beklagte abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherungen bei der S. Lebensversicherung umgeschichtet wurden. Die Klägerin und ihr Ehemann investierten insgesamt rund EURO 266.000,00; am 30.11.2001 belief sich der Wert des Depots bei der Beklagten auf rund EURO 72.000,00.
11 
Die Klägerin trägt vor, der Berater der Beklagten, der Zeuge A., habe erklärt, das Kundenprofil müsse nur „pro forma ausgefüllt werden“. Vorrang besäßen die angegebenen Anlageziele. Als solche hätten die Klägerin und ihr Ehemann stets die Schaffung einer Altersvorsorge klar offen gelegt, was dadurch habe erreicht werden sollen, dass das Vermögen über einen Zeitraum von zehn Jahren in die Lebensversicherung bei der S. umgeschichtet werden sollte. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zu keinem Zeitpunkt ihr Einverständnis mit einer Änderung der Anlagerichtlinien erteilt. Ausgehend davon, dass die Beklagte - insoweit unstreitig - von der Investitionsquote in den Märkten EU, GB und USA nach unten abgewichen sei, berechnet die Klägerin den entstandenen Schaden so, dass sie den Aktienanteil gleichmäßig auf diese drei Teilmärkte aufteilt und so zu einem durchschnittlichen hypothetischen Verlust über die Laufzeit von (nur) 16 % gelangt. Daneben unterstellt sie einen konstanten Geldmarktanteil von 20 %, sodass unter Berücksichtigung der bereits genannten Entnahmen nach Berechnung der Klägerin am 30.11.2001 noch ein Betrag von rund EURO 110.000 im Depot hätte vorhanden sein müssen. Den Differenzbetrag zum tatsächlichen Endbestand macht sie mit ihrer Klage geltend.
12 
Sie beantragt:
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EURO 38.094,09 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.1999 an die Klägerin zu zahlen.
14 
Die Beklagte beantragt
15 
Klagabweisung.
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Sie bringt vor, der Zeuge A. habe die Klägerin und ihren Ehemann mindestens sechs Mal jährlich besucht und dabei ausführliche Depotbesprechungen durchgeführt. Depotauszüge hätten jeweils vorgelegen. Die Klägerin und ihr Ehemann seien mit den Anlagen einverstanden gewesen. Die Umschichtung in die Lebensversicherung sei Erklärung dafür, dass ab dem Jahr 2000 der ursprünglich vorgesehene Geldmarktanteil entbehrlich gewesen sei, dies sei mit der Klägerin und ihrem Ehemann geklärt gewesen. Auch die minimale Abweichung hinsichtlich der Investitionsquote in den Märkten USA/GB/EU sei mit der Klägerin und ihrem Ehemann abgesprochen gewesen. Die Beklagte beruft sich schließlich auf Verjährung gemäß § 37a WpHG.
17 
Zur Frage der Verjährung repliziert die Klägerin, es fehle ein Nachweis dafür, dass die Beklagte überhaupt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des WpHG sei. Dem Vermögensverwaltungsvertrag habe das WpHG in seiner Fassung vom 26.07.1994 zugrunde gelegen, sodass die Verjährungsvorschrift des § 37a nicht eingreife. Schließlich handle es sich um vorsätzlich begangene Pflichtverletzungen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen J. M. und T. A. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.03.2005 verwiesen, im Übrigen auf diejenige vom 21.12.2004 sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
20 
Möglicherweise sind eventuelle Ansprüche der Klägerin nach § 37a WpHG verjährt. Das Gericht hat hierzu Hinweise erteilt und die Frage mündlich mit den Parteien erörtert. Die Frage kann jedoch dahinstehen, da die Klägerin schon den Haftungsgrund nicht zur Überzeugung des Gerichts gebracht und hinsichtlich der Schadenshöhe bis zum Schluss nur unsubstantiiert vorgetragen hat.
I.
21 
Auszugehen ist von den Grundsätzen, die der BGH in seinem Urteil vom 28.10.1997 (NJW 1998, 449) zur Bankenhaftung aus Vermögensverwaltungsvertrag aufgestellt hat. Der BGH charakterisiert darin den Vermögensverwaltungsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag, der den Verwalter zur Verwaltung des Vermögens des Kunden in dessen Interesse verpflichtet. Ob der Verwalter dabei freies Ermessen genießt, richtet sich danach, ob Anlagerichtlinien vereinbart sind. Ist Letzteres der Fall, so muss sich der Verwalter bei seinen Entscheidungen im Rahmen der Richtlinien halten. Andernfalls ist er dem Kunden wegen positiver Verletzung des Vermögensverwaltungsvertrages (jetzt gemäß § 280 BGB) schadensersatzpflichtig. Anlagerichtlinien haben danach üblicherweise den Sinn, den Ermessensspielraum des Vermögensverwalters einzuschränken. Aus dieser Rechtsprechung des BGH folgt, dass zuvörderst die Verbindlichkeit etwaiger Absprachen der Parteien eines Vermögensverwaltungsvertrages anhand insbesondere des Wortlauts des Verwaltungsvertrages zu überprüfen ist. Ist danach von einer Verbindlichkeit auszugehen, stellen Zuwiderhandlungen gegen die Anlagerichtlinien ohne weiteres Pflichtverletzungen dar, die allerdings dann gedeckt sein können, wenn der Vermögensverwalter aufgrund des Verhaltens seines Kunden davon ausgehen konnte, dass die Anlagerichtlinien (oder einzelne der Anlagerichtlinien) im Zuge der Durchführung des Vertrages, die sich ja über mehrere Jahre erstrecken kann, keine Bedeutung mehr haben sollen. Der Vermögensverwaltungsvertrag würde insoweit hinsichtlich der Anlagerichtlinien mündlich, gegebenenfalls konkludent abgeändert und das grundsätzlich vorhandene Ermessen des Vermögensverwalters wiederhergestellt.
1.
22 
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe keine Gewinnsicherung durch Umschichtung in risikoärmere Anlageformen vorgenommen, schon nicht um einen tauglichen Vorwurf einer Pflichtverletzung. Die Beklagte hat sich im Vermögensverwaltungsvertrag - wann genau dieser geschlossen wurde, ist im vorliegenden Fall streitig, jedoch für die Entscheidung nicht von Belang - gerade nicht dazu verpflichtet, zu genau bestimmten Zeitpunkten genau bestimmte Umschichtungen vorzunehmen. Sie hat vielmehr unter IV. den von ihr angebotenen „Service“ unter anderem damit umschrieben, dass nach Kurssteigerungen Gewinnsicherung betrieben werden solle. Eine Bindung der Beklagten an eine bestimmte Art von Anlageentscheidungen wird durch diese Klausel ersichtlich nicht bewirkt. Insofern nimmt nicht Wunder, dass der Vortrag der Klägerin in diesem Punkt schon in der Klage unsubstantiiert ist und auch im weiteren Verlauf nicht substantiiert wurde. In der Sache besteht diesbezüglich auch das Problem, dass der Verwalter von Vermögen, das am Aktienmarkt investiert ist, den richtigen Moment „erwischen“ müsste, zu dem die Aktien bereits gestiegen sind, jedoch kurz vor einem Abstieg stehen. Diesen Punkt zu erreichen ist selbstverständlich das Ziel jedes Anlegers und Vermögensverwalters, setzt jedoch neben Fachkenntnissen auch Glück voraus. Den Punkt zu verfehlen begründet schon deswegen von vornherein nicht den Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung.
2.
23 
Aus der Unterschreitung des Geldmarktanteils von 20 % kann die Klägerin im Ergebnis ebenfalls keine Pflichtverletzung herleiten.
24 
Das Gericht hat mit Beschluss vom 01.02.2005 folgenden Hinweis erteilt: Bezüglich der Unterschreitung des Geldmarktanteils geht das Gericht von einer Pflichtverletzung aus, wenn die Beklagte den mit „ca.“ versehenen Wert um mehr als 10 % unterschritt, sprich der Anteil nur noch 18 % betrug. Dies kann jedoch nur auf konkrete Anlageentscheidungen der Beklagten bezogen sein, denn im Laufe der Entwicklung der Werte musste sich der Geldmarktanteil zwangsläufig verschieben. So hätte etwa ein erheblicher Gewinn der Aktien automatisch ein Absinken des Geldmarktanteils zur Folge gehabt, was aber sicher keine Pflichtverletzung darstellt. Die Klägerin möge auf dieser Grundlage ihren Anspruch neu berechnen. Dabei genügt es nicht, auf gesamte Jahre abzustellen und die jeweiligen Anteile zu vergleichen, vielmehr muss die Behauptung von Pflichtverletzungen konkret auf einzelne Anlageentscheidungen der Beklagten bezogen werden. Diese müssten der Klägerin aus den Kontoauszügen der depotführenden Bank bekannt sein.
25 
Dabei hat sich das Gericht bereits auf eine der Klägerin eher günstige Rechtsansicht festgelegt. Die Hinzufügung des Wortes „ca.“ in den Vertragsbedingungen könnte durchaus in dem Sinne verstanden werden, dass sich die Beklagte insofern gar nicht auf verbindliche Anlagerichtlinien festgelegt hat.
26 
a) Der Klägerin liegen die Depotauszüge tatsächlich vor. Sie selbst brachte sie zur mündlichen Verhandlung vom 22.03.2005 mit, in deren Rahmen sie in Augenschein genommen wurden. Augenscheinlich handelt es sich um detaillierte Auszüge, die jede einzelne Depotposition zumindest mit Name des Fonds und aktuellem Depotwert erfassen. Dies gilt übrigens auch für die wohl ab April 2001 erteilten Auszüge der Direktanlagebank, denen die Klägerin und ihr Ehemann nachsagen, sie seien nicht so übersichtlich wie die bis dato verwendeten. Danach hat also das Gericht keine überspannten Anforderungen an die Substantiierung des klägerischen Vortrags gestellt. Dem Hinweis des Gerichts, die Behauptung von Pflichtverletzungen konkret auf einzelne Anlageentscheidungen zu beziehen, ist die Klägerin gleichwohl nicht nachgekommen, auch nicht im - verspäteten - Schriftsatz vom 22.03.2005.
27 
b) Im letztgenannten Schriftsatz äußert die Klägerin die Rechtsmeinung, dass bei sinkendem Anteil des Geldmarkts gemessen an der Gesamtinvestition eine Umschichtung „von Risiko- in Festanlage“ hätte stattfinden müssen. Abgesehen davon, dass daran der Vortrag neu ist, es hätte überhaupt Festgeld angelegt werden müssen - eine Anlage am Geldmarkt ist nicht gleichbedeutend mit einer Festgeldanlage -, ist nicht ersichtlich, woraus sich eine entsprechende Pflicht der Beklagten zur Umschichtung in dem von der Klägerin geäußerten Sinne ergeben sollte. Eine solche Pflicht würde bedeuten, dass bei absolut gleich bleibender Höhe der am Geldmarkt angelegten Beträge allein aufgrund der prozentualen Verminderung des Geldmarktanteils gegenüber den (hypothetisch) stärker steigenden Aktien laufend Umschichtungsentscheidungen hätten getroffen werden müssen. Dies mag sicherlich gegebenenfalls eine sinnvolle Anlagestrategie sein. Das Unterlassen entsprechender Anlageentscheidungen stellt aber sicherlich keine Pflichtverletzung im Sinne der zitierten Rechtsprechung dar. Eine Pflichtverletzung ergibt sich auch nicht aus dem Passus unter IV. 3. des Vermögensverwaltungsvertrags, wonach der „Service“ der Beklagten insbesondere die Leistung umfasse, Gewinnsicherung durch Umschichtung nach Kurssteigerungen in risikoarme Anlageformen durchzuführen. Die Beklagte beschreibt damit schon nach dem Wortlaut lediglich, was sie zu ihrem Tätigkeitsumfang zählt. Dass ein sozusagen perfektes Portfolio-Management in dem Sinne, dass immer am jeweils höchsten Punkt des Wertverlaufs einer Aktie oder eines Fonds eine Gewinnmitnahme erfolgt und sodann bei niedrigem Stand nachgekauft wird, ist sicherlich ein Wunsch aller Anleger, kann aber von keinem Fondsmanager oder Vermögensverwalter als Rechtspflicht gefordert werden, wie oben bereits ausgeführt.
3.
28 
Demgegenüber stellt es eine Pflichtverletzung des Vermögensverwaltungsvertrages dar, dass die Beklagte statt der eindeutig geforderten 80 % lediglich im Mittel 70 % des investierten Kapitals auf die drei Teilmärkte USA, EU und GB beschränkt hat. Diesbezüglich hat sich die Beklagte auch nicht exkulpiert. Der Zeuge A., Mitarbeiter der Beklagten, hat selbst erläutert, dass eine 80%-ige Quote bezogen auf die drei Märkte eine durchaus sinnvolle Anlagepolitik darstelle. Die Unterschreitung dieses Anteils, die ihm vorgehalten wurde, konnte er im Rahmen seiner Vernehmung „nicht nachvollziehen“.
4.
29 
Hinsichtlich aller Pflichtverletzungen der Beklagten, seien sie unterstellt oder tatsächlich vorliegend, hat jedoch die Beklagte behauptet, die Klägerin und ihr Ehemann seien mit den Abweichungen von den Anlagerichtlinien einverstanden gewesen. Da es sich insoweit um nachträgliche Änderungen des schriftlichen Vertrages handeln soll, oblag der Beklagten hierfür die Beweislast. Der Beweis ist als geführt anzusehen.
30 
a) Der Zeuge A. sagte, in den Jahren 1998 bis 2001 hätten jeweils jährlich fünf bis 16 Termine stattgefunden, bei denen unter Vorlage eines aktuellen Depotauszuges zwischen ihm und der Klägerin sowie deren Ehemann die jeweils getätigten Anlagen sowie die Anlagestrategie durchgesprochen worden seien. Man habe sich darauf geeinigt, aus dem steuerpflichtigen Wertpapierdepot in eine steuerfreie Lebensversicherung umzuschichten, wozu der Geldmarktanteil verwendet worden sei. Damit seien die Eheleute M. einverstanden gewesen. In keiner der Depotbesprechungen sei die Zusammensetzung des Portfolios gerügt worden.
31 
Übereinstimmend hiermit führte der von der Klägerin benannte Zeuge J. M. aus, Herr A. habe die einzelnen Anlageentscheidungen der Beklagten vorgetragen und mit der Klägerin und ihrem Ehemann durchdiskutiert. Anhand von Depotübersichten habe er erläutert, was sich jeweils hinter den Fondsnamen verberge. Die Depotübersichten, jedenfalls bis zum Wechsel zur Direktanlagebank als depotführendem Institut, seien übersichtlich gewesen. Der Zeuge betonte, es sei ihm und der Klägerin stets um das „Prinzip der Altersvorsorge“ gegangen. Man wollte in zehn Jahren, gerechnet von 1998 oder 1999 an, „altersmäßig abgesichert“ sein. Dazu habe die beabsichtigte Umschichtung in die S. Lebensversicherung beitragen sollen.
32 
Das Gericht verkennt nicht die Nähe der jeweiligen Zeugen, vor allem des Zeugen M., zur jeweiligen Partei. Beide Zeugen hinterließen aber einen sehr glaubhaften Eindruck, indem sie spontan und detailliert antworteten und zugaben, wenn ihnen Einzelheiten nicht mehr in Erinnerung oder unerklärlich waren. So meinte der Zeuge A., die Unterschreitung des Anteils in den Märkten USA, EU und GB im Moment nicht nachvollziehen zu können; der Zeuge M. gestand ein, dass die Depotstruktur des öfteren anhand detaillierter Übersichten durchdiskutiert wurde, und erklärte freimütig, er und die Klägerin hätten „wohl noch besser kontrollieren und nachfragen müssen“.
33 
b) Bei der rechtlichen Würdigung dieser Aussagen ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) der Kunde nicht gehalten ist, fortlaufend bei jeder Anlage durch den Vermögensverwalter alsbald nachzuprüfen, ob sie richtlinienkonform ist. Gerade dadurch, dass der Kunde einen Vermögensverwaltungsvertrag abschließt, möchte er sich von einzelnen Anlageentscheidungen, aber auch von deren Überwachung entlasten. Der Vertrag beruht somit auf dem erkennbaren Vertrauen, dass der Vermögensverwalter die Interessen des Kunden im Einklang mit den vorgegebenen Anlagerichtlinien bestmöglich verfolgt. Eine Kontrollpflicht in dem vom BGH dargelegten Sinne würde allerdings schon nach dem Wortsinn voraussetzen, dass der Kunde gehalten wäre, aus Eigeninitiative die ihm zur Verfügung stehenden oder gar anzufordernden Unterlagen auf Einhaltung der Richtlinien zu überprüfen.
34 
Während eine solche Pflicht nach zutreffender Entscheidung des BGH nicht besteht, liegt der Fall hier anders. Nach Aussage beider Zeugen wurde eine Kontrolle der Anlageentscheidungen tatsächlich praktiziert, indem man sich mehrmals jährlich ausführlich über die aktuelle Depotstruktur unterhielt und der fachkundige Zeuge A. die einzelnen Depotpositionen (Fonds) erklärte. Das Gericht ist der Auffassung, dass die dadurch praktizierte Kontrolle und die dabei ausdrücklich oder konkludent geäußerte Akzeptanz seitens des Kunden den Vermögensverwalter dann auch hinsichtlich der von ihm getroffenen Anlageentscheidungen „entlastet“. Er kann dann davon ausgehen, dass die von ihm verfolgte Anlagepolitik die Zustimmung des Kunden findet. Im Rahmen der Durchführung eines Vermögensverwaltungsvertrages über gegebenenfalls mehrere Jahre - wie vorliegend - muss die Möglichkeit verbleiben, dass einmalig zu Beginn des Vertragsverhältnisses festgelegte Anlagerichtlinien zwischen den Parteien einvernehmlich abgeändert werden. Dies kann insbesondere dann erforderlich werden, wenn die Situation an den Märkten aus Sicht eines fachkundigen und verständigen Vermögensverwalters ein Abweichen von den Richtlinien nahe legt. Das geeignete Forum für eine solche Abänderung sind gerade gemeinsame ausführliche Depotbesprechungen, wie sie im vorliegenden Fall nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen des Öfteren vorgenommen wurden. Etwaige Schriftformerfordernisse in den schriftlichen Vermögensverwaltungsverträgen würden dabei konkludent aufgehoben. Zu fordern ist allerdings, dass der Vermögensverwalter mit hinreichender Deutlichkeit darauf aufmerksam macht, wie sich das Depot tatsächlich zusammensetzt. Demgegenüber ist es nach Auffassung des Gerichts entbehrlich, dass der Vermögensverwalter zu einem bestimmten Zeitpunkt ausdrücklich darauf hinweist, dass von einer Anlagerichtlinie abgewichen wurde oder werden soll. Dies kann sich im Einzelfall schon daraus ergeben, dass eine Anlagerichtlinie relativ offen gehalten ist wie diejenige bezüglich des Geldmarktanteils im hier zu entscheidenden Fall. Abgesehen davon ist von dem Kunden eines Vermögensverwalters, der diesem detaillierte Anlagerichtlinien mit auf den Weg gibt, durchaus zu erwarten, sich an diese ihm schriftlich vorliegenden Richtlinien zu erinnern und den Vermögensverwalter bei Bedarf zu fragen, ob die Richtlinien angesichts der aktuellen Depotstruktur denn überhaupt noch eingehalten seien. Eine Rolle wird in diesem Zusammenhang auch spielen, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - der Kunde in dem von ihm ausgefüllten Kundenprofil (Angaben nach WpHG) sich als risikobereit oder spekulativ darstellt und seinen Anlagehorizont mit mehr als 10 Jahren angibt. In solchen Fällen kann der Vermögensverwalter davon ausgehen, dass die Bereitschaft des Kunden, Abweichungen von Anlagerichtlinien in Richtung eher spekulativerer Anlagen hinzunehmen, größer ist als bei Kunden, die sich als ausgesprochen konservativ und vorsichtig hinstellen.
35 
Zusammenfassend ist nach diesen Grundsätzen davon auszugehen, dass, soweit die Beklagte von den ihr vorgegebenen Anlagerichtlinien abgewichen ist, dies mit Billigung der Klägerin bzw. ihres Ehemanns geschah.
36 
c) Die Beweisaufnahme in diesem Punkt macht freilich auch deutlich, dass die Klägerin und der Zeuge - nachvollziehbar - über den Kapitalverlust enttäuscht sind, ohne streng zwischen dem allgemeinen Verfall an den Aktienmärkten im hier fraglichen Zeitraum, insbesondere ab Sommer 2000, und den konkreten Folgen möglicher Pflichtverletzungen der Beklagten zu differenzieren. Der Zeuge M. äußerte, es sei abgesprochen gewesen, dass das Geld für die nächsten Jahre für die Bedienung der Lebensversicherung reichen solle; solange man die Fonds verkaufen könne und dadurch liquide Mittel schaffen könne, sei es „in Ordnung“ gewesen. In dieser Äußerung drückt sich die gemeinsame Erwartung der Parteien aus, dass die Anlage doch erheblichen Umfangs im Jahre 1998/99 angesichts der allgemein damals erwarteten und auch noch realisierten Renditen unproblematisch dazu ausreichen würde, die Umschichtung in die Lebensversicherung über einen Zeitraum von zehn Jahren sicherzustellen. Anders als zwischenzeitlich in einem klägerischen Schriftsatz geäußert, gingen die Klägerin und ihr Mann offensichtlich auch nicht davon aus, dass die Lebensversicherung allein aus den Erträgen der Anlage bedient werden solle, was bei einer monatlichen Umschichtung von DM 10.000,00 auch schwerlich möglich gewesen wäre. Vielmehr hat der Zeuge A. die Klägerin und ihren Mann offensichtlich so beraten, dass gegebenenfalls auch das Kapital angegriffen werden kann, sodass man dann Fonds verkauft und liquide Mittel schafft, um sie in die Lebensversicherung einfließen zu lassen. Diese Möglichkeit aber bestand bis zum Schluss des Vermögensverwaltungsvertrages. Sie besteht, solange überhaupt noch Kapital im Depot vorhanden ist. Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, dass der Ausstiegszeitpunkt, nämlich November 2001, alles andere als optimal war. Der Wertverfall ab Sommer 2000, der den größten Teil der Aktienanleger in Mitleidenschaft gezogen hat, hat sich im November 2001, einige Wochen nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001, beruhigt; die Kurse haben seitdem deutlich zugelegt. Damit hat sich ein Risiko realisiert, das der Klägerin und ihrem Mann nach dessen eigener Aussage aufgrund der Beratung durch die Beklagte bekannt war. Der Zeuge führte nämlich aus, man habe aufgrund der Beratung gewusst, dass Aktien auch „runter gehen können“.
5.
37 
Auch hinsichtlich der Schadenshöhe war der vorliegenden Klage kein Erfolg beschieden. Der klägerische Vortrag war hinsichtlich der hier nur noch in Frage kommenden Pflichtverletzung bei der regionalen Verteilung der Anlage (und unterstellt, es läge doch kein Einverständnis der Klägerin und ihres Ehemanns vor) bis zum Schluss unsubstantiiert.
38 
Im Beschluss vom 01.02.2005 hat das Gericht folgenden Hinweis erteilt: § 252 BGB gilt bezüglich der Unterschreitung des EU-/GB-/USA-Anteils nicht, weil es hier keinen „gewöhnlichen Lauf der Dinge“ gibt, so dass ein bestimmter Gewinn/Schaden nicht „mit Wahrscheinlichkeit erwartet“ werden konnte. Vielmehr müsste die Klägerin auf der Basis der tatsächlichen Depotstruktur hinsichtlich dieser drei Anlageregionen dartun, wie der Wert sich verändern würde, wenn statt 70 % in diesen Regionen 80 % investiert wären, und zwar unter linearer Fortschreibung der von der Beklagten gewählten Verteilung innerhalb dieser drei Regionen. Denn die Klägerin kann den Schaden nicht komplett hypothetisch berechnen, wenn bezüglich von 70 % des Aktienanlagevolumens konkrete Anlageentscheidungen vorliegen, zu denen die Beklagte auch unstreitig berechtigt war und die nicht im Wege der Schadensberechnung revidiert werden dürfen. Das Gericht weist darauf hin, dass sich dabei nicht zwingend ein Schaden ergeben muss: Falls die Beklagte z.B. zum größten Teil im EU-Bereich investiert haben sollte, so wäre der Schaden eher größer gewesen, wenn sie hierfür weitere 10 % des Kapitals verwendet hätte.
39 
Gefordert gewesen wäre also eine Extrapolation vom unbedenklichen bzw. pflichtgemäßen Teil der Anlage auf den geringen Anlageteil, der der Anlagerichtlinie widerspricht. Dieser Rechtsauffassung steht das Urteil des BGH vom 29.11.1982 (NJW 1983, 758) nicht entgegen. Wenn hier der BGH einen Gewinn aus Aktienspekulation als erstattungsfähigen Schaden ansieht, so galt dies nur unter den besonderen Bedingungen des dort entschiedenen Falles. Der BGH bestätigt, dass der Geschädigte im Rahmen von § 252 Satz 2 BGB Umstände dartun und beweisen muss, aus denen sich mit Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er Gewinn erzielt hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Diese Darlegung dürfte dem Geschädigten in der Regel leicht fallen, wenn er bereits Vorkehrungen getroffen hatte, die ihm bei Hinwegdenken des schädigenden Ereignisses einen bestimmten Gewinn beschert hätten. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Geschädigte den Schädiger konkret im Hinblick auf eine beabsichtigte Anschaffung von Wertpapieren zur Bezahlung eines entsprechenden Betrages aufgefordert sowie im Prozess dargelegt, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse seit vielen Jahren ständig Beträge in der dort fraglichen Größenordnung in wechselnden Wertpapieren und Festgeldern angelegt hatte. Der BGH betont, dass die Prüfung, ob dies für die Annahme ausreicht, dass dem Geschädigten der behauptete Gewinn entgangen ist, Gegenstand tatrichterlicher Würdigung ist.
40 
Im vorliegenden Fall fehlen Umstände wie die eben genannten völlig. Die Klägerin hat sich trotz Hinweises des Gerichts nicht die Mühe gemacht, die tatsächliche Verteilung der Anlagen auf die Regionen EU/GB/USA einerseits und „Rest der Welt“ andererseits zu ermitteln und bezogen auf die zehnprozentige Unterschreitung der einschlägigen Anlagerichtlinie fortzuschreiben. Dies wäre ihr angesichts der ihr vorliegenden Depotübersichten möglich gewesen. Dem Gericht hätte hierbei genügt, wenn die Klägerin dies wenigstens exemplarisch für einige wenige Zeitpunkte getan hätte, weil dann die Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 252 BGB zu bejahen gewesen wäre, dass über den Verlauf des Vermögensverwaltungsvertrages ein entsprechender Schaden entstanden ist. Vorliegend kann jedoch nicht mal ausgeschlossen werden, dass die Beklagte die Aufteilung innerhalb des EU-/GB-/USA-Anteils so vorgenommen hat, dass der Schaden der Klägerin noch größer wäre, wenn statt 70 % in diesen Regionen 80 % investiert worden wären. Dies ergibt sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin daraus, dass die Verluste von Aktien bzw. Aktienfonds im Teilmarkt der Europäischen Union deutlich größer waren als in den beiden anderen Teilmärkten. Die Beklagte war aber aufgrund der Anlagerichtlinien nicht verpflichtet, eine gleichmäßige Aufteilung auf diese drei Teilmärkte durchzuführen. In einer anderen Entscheidung hat der BGH (NJW 2004, 1870) deutlich gemacht, dass für die Darlegung der Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung es nicht ausreicht, dass ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts heraus gegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen, die mit der alternativen Anlageentscheidung verbunden gewesen wäre. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB. Das heißt nichts anderes, als dass es auch vorliegend der Klägerin verwehrt ist, sich die „Rosinen herauszupicken“, ohne die Wahrscheinlichkeiten jeweiliger Anlageentscheidungen darzutun.
41 
Die Klägerin ist diesen Anforderungen an eine substantiierte Begründung eines Schadens weder in der Klage nachgekommen, noch hat sie auf den Hinweis des Gerichts reagiert. Zwar hat das Gericht die Stellungnahmefrist, die ursprünglich bis zum 18.02.2005 lief, aufgrund einer Anfrage der Klägerin vom 01.03.2005 bis zum 12.03.2005 stillschweigend verlängert. Die Klägerin ist aber erst mit Schriftsatz vom 22.03.2005, übergeben im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung, wieder auf die Frage der Schadensberechnung zurückgekommen. Ihr Schriftsatz kann schon deswegen, soweit es sich hierbei um neuen Sachvortrag handelt, gemäß §§ 273 II Nr. 1, 282 I u. II, 296 I u. II ZPO keine Berücksichtigung finden. Des ungeachtet würde er keine andere Beurteilung rechtfertigen. Lapidar gibt die Klägerin hier eine „Übersicht über eindeutig nicht vertragsgemäße Anlagen“, ohne die angeblich fehlende Vertragsgemäßheit zu begründen. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass jedenfalls zwei Fonds zumindest auch (und vermutlich maßgeblich) in den Teilmärkten EU und GB investiert sind, nämlich Gartmore Europewide und Threadneedle European Smaller Companies. Auch die beiden Fidelity-Fonds PA International und Telecommunication werden zu einem großen Teil in EU/GB/USA anlegen.
II.
42 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Gründe

 
19 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
20 
Möglicherweise sind eventuelle Ansprüche der Klägerin nach § 37a WpHG verjährt. Das Gericht hat hierzu Hinweise erteilt und die Frage mündlich mit den Parteien erörtert. Die Frage kann jedoch dahinstehen, da die Klägerin schon den Haftungsgrund nicht zur Überzeugung des Gerichts gebracht und hinsichtlich der Schadenshöhe bis zum Schluss nur unsubstantiiert vorgetragen hat.
I.
21 
Auszugehen ist von den Grundsätzen, die der BGH in seinem Urteil vom 28.10.1997 (NJW 1998, 449) zur Bankenhaftung aus Vermögensverwaltungsvertrag aufgestellt hat. Der BGH charakterisiert darin den Vermögensverwaltungsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag, der den Verwalter zur Verwaltung des Vermögens des Kunden in dessen Interesse verpflichtet. Ob der Verwalter dabei freies Ermessen genießt, richtet sich danach, ob Anlagerichtlinien vereinbart sind. Ist Letzteres der Fall, so muss sich der Verwalter bei seinen Entscheidungen im Rahmen der Richtlinien halten. Andernfalls ist er dem Kunden wegen positiver Verletzung des Vermögensverwaltungsvertrages (jetzt gemäß § 280 BGB) schadensersatzpflichtig. Anlagerichtlinien haben danach üblicherweise den Sinn, den Ermessensspielraum des Vermögensverwalters einzuschränken. Aus dieser Rechtsprechung des BGH folgt, dass zuvörderst die Verbindlichkeit etwaiger Absprachen der Parteien eines Vermögensverwaltungsvertrages anhand insbesondere des Wortlauts des Verwaltungsvertrages zu überprüfen ist. Ist danach von einer Verbindlichkeit auszugehen, stellen Zuwiderhandlungen gegen die Anlagerichtlinien ohne weiteres Pflichtverletzungen dar, die allerdings dann gedeckt sein können, wenn der Vermögensverwalter aufgrund des Verhaltens seines Kunden davon ausgehen konnte, dass die Anlagerichtlinien (oder einzelne der Anlagerichtlinien) im Zuge der Durchführung des Vertrages, die sich ja über mehrere Jahre erstrecken kann, keine Bedeutung mehr haben sollen. Der Vermögensverwaltungsvertrag würde insoweit hinsichtlich der Anlagerichtlinien mündlich, gegebenenfalls konkludent abgeändert und das grundsätzlich vorhandene Ermessen des Vermögensverwalters wiederhergestellt.
1.
22 
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe keine Gewinnsicherung durch Umschichtung in risikoärmere Anlageformen vorgenommen, schon nicht um einen tauglichen Vorwurf einer Pflichtverletzung. Die Beklagte hat sich im Vermögensverwaltungsvertrag - wann genau dieser geschlossen wurde, ist im vorliegenden Fall streitig, jedoch für die Entscheidung nicht von Belang - gerade nicht dazu verpflichtet, zu genau bestimmten Zeitpunkten genau bestimmte Umschichtungen vorzunehmen. Sie hat vielmehr unter IV. den von ihr angebotenen „Service“ unter anderem damit umschrieben, dass nach Kurssteigerungen Gewinnsicherung betrieben werden solle. Eine Bindung der Beklagten an eine bestimmte Art von Anlageentscheidungen wird durch diese Klausel ersichtlich nicht bewirkt. Insofern nimmt nicht Wunder, dass der Vortrag der Klägerin in diesem Punkt schon in der Klage unsubstantiiert ist und auch im weiteren Verlauf nicht substantiiert wurde. In der Sache besteht diesbezüglich auch das Problem, dass der Verwalter von Vermögen, das am Aktienmarkt investiert ist, den richtigen Moment „erwischen“ müsste, zu dem die Aktien bereits gestiegen sind, jedoch kurz vor einem Abstieg stehen. Diesen Punkt zu erreichen ist selbstverständlich das Ziel jedes Anlegers und Vermögensverwalters, setzt jedoch neben Fachkenntnissen auch Glück voraus. Den Punkt zu verfehlen begründet schon deswegen von vornherein nicht den Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung.
2.
23 
Aus der Unterschreitung des Geldmarktanteils von 20 % kann die Klägerin im Ergebnis ebenfalls keine Pflichtverletzung herleiten.
24 
Das Gericht hat mit Beschluss vom 01.02.2005 folgenden Hinweis erteilt: Bezüglich der Unterschreitung des Geldmarktanteils geht das Gericht von einer Pflichtverletzung aus, wenn die Beklagte den mit „ca.“ versehenen Wert um mehr als 10 % unterschritt, sprich der Anteil nur noch 18 % betrug. Dies kann jedoch nur auf konkrete Anlageentscheidungen der Beklagten bezogen sein, denn im Laufe der Entwicklung der Werte musste sich der Geldmarktanteil zwangsläufig verschieben. So hätte etwa ein erheblicher Gewinn der Aktien automatisch ein Absinken des Geldmarktanteils zur Folge gehabt, was aber sicher keine Pflichtverletzung darstellt. Die Klägerin möge auf dieser Grundlage ihren Anspruch neu berechnen. Dabei genügt es nicht, auf gesamte Jahre abzustellen und die jeweiligen Anteile zu vergleichen, vielmehr muss die Behauptung von Pflichtverletzungen konkret auf einzelne Anlageentscheidungen der Beklagten bezogen werden. Diese müssten der Klägerin aus den Kontoauszügen der depotführenden Bank bekannt sein.
25 
Dabei hat sich das Gericht bereits auf eine der Klägerin eher günstige Rechtsansicht festgelegt. Die Hinzufügung des Wortes „ca.“ in den Vertragsbedingungen könnte durchaus in dem Sinne verstanden werden, dass sich die Beklagte insofern gar nicht auf verbindliche Anlagerichtlinien festgelegt hat.
26 
a) Der Klägerin liegen die Depotauszüge tatsächlich vor. Sie selbst brachte sie zur mündlichen Verhandlung vom 22.03.2005 mit, in deren Rahmen sie in Augenschein genommen wurden. Augenscheinlich handelt es sich um detaillierte Auszüge, die jede einzelne Depotposition zumindest mit Name des Fonds und aktuellem Depotwert erfassen. Dies gilt übrigens auch für die wohl ab April 2001 erteilten Auszüge der Direktanlagebank, denen die Klägerin und ihr Ehemann nachsagen, sie seien nicht so übersichtlich wie die bis dato verwendeten. Danach hat also das Gericht keine überspannten Anforderungen an die Substantiierung des klägerischen Vortrags gestellt. Dem Hinweis des Gerichts, die Behauptung von Pflichtverletzungen konkret auf einzelne Anlageentscheidungen zu beziehen, ist die Klägerin gleichwohl nicht nachgekommen, auch nicht im - verspäteten - Schriftsatz vom 22.03.2005.
27 
b) Im letztgenannten Schriftsatz äußert die Klägerin die Rechtsmeinung, dass bei sinkendem Anteil des Geldmarkts gemessen an der Gesamtinvestition eine Umschichtung „von Risiko- in Festanlage“ hätte stattfinden müssen. Abgesehen davon, dass daran der Vortrag neu ist, es hätte überhaupt Festgeld angelegt werden müssen - eine Anlage am Geldmarkt ist nicht gleichbedeutend mit einer Festgeldanlage -, ist nicht ersichtlich, woraus sich eine entsprechende Pflicht der Beklagten zur Umschichtung in dem von der Klägerin geäußerten Sinne ergeben sollte. Eine solche Pflicht würde bedeuten, dass bei absolut gleich bleibender Höhe der am Geldmarkt angelegten Beträge allein aufgrund der prozentualen Verminderung des Geldmarktanteils gegenüber den (hypothetisch) stärker steigenden Aktien laufend Umschichtungsentscheidungen hätten getroffen werden müssen. Dies mag sicherlich gegebenenfalls eine sinnvolle Anlagestrategie sein. Das Unterlassen entsprechender Anlageentscheidungen stellt aber sicherlich keine Pflichtverletzung im Sinne der zitierten Rechtsprechung dar. Eine Pflichtverletzung ergibt sich auch nicht aus dem Passus unter IV. 3. des Vermögensverwaltungsvertrags, wonach der „Service“ der Beklagten insbesondere die Leistung umfasse, Gewinnsicherung durch Umschichtung nach Kurssteigerungen in risikoarme Anlageformen durchzuführen. Die Beklagte beschreibt damit schon nach dem Wortlaut lediglich, was sie zu ihrem Tätigkeitsumfang zählt. Dass ein sozusagen perfektes Portfolio-Management in dem Sinne, dass immer am jeweils höchsten Punkt des Wertverlaufs einer Aktie oder eines Fonds eine Gewinnmitnahme erfolgt und sodann bei niedrigem Stand nachgekauft wird, ist sicherlich ein Wunsch aller Anleger, kann aber von keinem Fondsmanager oder Vermögensverwalter als Rechtspflicht gefordert werden, wie oben bereits ausgeführt.
3.
28 
Demgegenüber stellt es eine Pflichtverletzung des Vermögensverwaltungsvertrages dar, dass die Beklagte statt der eindeutig geforderten 80 % lediglich im Mittel 70 % des investierten Kapitals auf die drei Teilmärkte USA, EU und GB beschränkt hat. Diesbezüglich hat sich die Beklagte auch nicht exkulpiert. Der Zeuge A., Mitarbeiter der Beklagten, hat selbst erläutert, dass eine 80%-ige Quote bezogen auf die drei Märkte eine durchaus sinnvolle Anlagepolitik darstelle. Die Unterschreitung dieses Anteils, die ihm vorgehalten wurde, konnte er im Rahmen seiner Vernehmung „nicht nachvollziehen“.
4.
29 
Hinsichtlich aller Pflichtverletzungen der Beklagten, seien sie unterstellt oder tatsächlich vorliegend, hat jedoch die Beklagte behauptet, die Klägerin und ihr Ehemann seien mit den Abweichungen von den Anlagerichtlinien einverstanden gewesen. Da es sich insoweit um nachträgliche Änderungen des schriftlichen Vertrages handeln soll, oblag der Beklagten hierfür die Beweislast. Der Beweis ist als geführt anzusehen.
30 
a) Der Zeuge A. sagte, in den Jahren 1998 bis 2001 hätten jeweils jährlich fünf bis 16 Termine stattgefunden, bei denen unter Vorlage eines aktuellen Depotauszuges zwischen ihm und der Klägerin sowie deren Ehemann die jeweils getätigten Anlagen sowie die Anlagestrategie durchgesprochen worden seien. Man habe sich darauf geeinigt, aus dem steuerpflichtigen Wertpapierdepot in eine steuerfreie Lebensversicherung umzuschichten, wozu der Geldmarktanteil verwendet worden sei. Damit seien die Eheleute M. einverstanden gewesen. In keiner der Depotbesprechungen sei die Zusammensetzung des Portfolios gerügt worden.
31 
Übereinstimmend hiermit führte der von der Klägerin benannte Zeuge J. M. aus, Herr A. habe die einzelnen Anlageentscheidungen der Beklagten vorgetragen und mit der Klägerin und ihrem Ehemann durchdiskutiert. Anhand von Depotübersichten habe er erläutert, was sich jeweils hinter den Fondsnamen verberge. Die Depotübersichten, jedenfalls bis zum Wechsel zur Direktanlagebank als depotführendem Institut, seien übersichtlich gewesen. Der Zeuge betonte, es sei ihm und der Klägerin stets um das „Prinzip der Altersvorsorge“ gegangen. Man wollte in zehn Jahren, gerechnet von 1998 oder 1999 an, „altersmäßig abgesichert“ sein. Dazu habe die beabsichtigte Umschichtung in die S. Lebensversicherung beitragen sollen.
32 
Das Gericht verkennt nicht die Nähe der jeweiligen Zeugen, vor allem des Zeugen M., zur jeweiligen Partei. Beide Zeugen hinterließen aber einen sehr glaubhaften Eindruck, indem sie spontan und detailliert antworteten und zugaben, wenn ihnen Einzelheiten nicht mehr in Erinnerung oder unerklärlich waren. So meinte der Zeuge A., die Unterschreitung des Anteils in den Märkten USA, EU und GB im Moment nicht nachvollziehen zu können; der Zeuge M. gestand ein, dass die Depotstruktur des öfteren anhand detaillierter Übersichten durchdiskutiert wurde, und erklärte freimütig, er und die Klägerin hätten „wohl noch besser kontrollieren und nachfragen müssen“.
33 
b) Bei der rechtlichen Würdigung dieser Aussagen ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) der Kunde nicht gehalten ist, fortlaufend bei jeder Anlage durch den Vermögensverwalter alsbald nachzuprüfen, ob sie richtlinienkonform ist. Gerade dadurch, dass der Kunde einen Vermögensverwaltungsvertrag abschließt, möchte er sich von einzelnen Anlageentscheidungen, aber auch von deren Überwachung entlasten. Der Vertrag beruht somit auf dem erkennbaren Vertrauen, dass der Vermögensverwalter die Interessen des Kunden im Einklang mit den vorgegebenen Anlagerichtlinien bestmöglich verfolgt. Eine Kontrollpflicht in dem vom BGH dargelegten Sinne würde allerdings schon nach dem Wortsinn voraussetzen, dass der Kunde gehalten wäre, aus Eigeninitiative die ihm zur Verfügung stehenden oder gar anzufordernden Unterlagen auf Einhaltung der Richtlinien zu überprüfen.
34 
Während eine solche Pflicht nach zutreffender Entscheidung des BGH nicht besteht, liegt der Fall hier anders. Nach Aussage beider Zeugen wurde eine Kontrolle der Anlageentscheidungen tatsächlich praktiziert, indem man sich mehrmals jährlich ausführlich über die aktuelle Depotstruktur unterhielt und der fachkundige Zeuge A. die einzelnen Depotpositionen (Fonds) erklärte. Das Gericht ist der Auffassung, dass die dadurch praktizierte Kontrolle und die dabei ausdrücklich oder konkludent geäußerte Akzeptanz seitens des Kunden den Vermögensverwalter dann auch hinsichtlich der von ihm getroffenen Anlageentscheidungen „entlastet“. Er kann dann davon ausgehen, dass die von ihm verfolgte Anlagepolitik die Zustimmung des Kunden findet. Im Rahmen der Durchführung eines Vermögensverwaltungsvertrages über gegebenenfalls mehrere Jahre - wie vorliegend - muss die Möglichkeit verbleiben, dass einmalig zu Beginn des Vertragsverhältnisses festgelegte Anlagerichtlinien zwischen den Parteien einvernehmlich abgeändert werden. Dies kann insbesondere dann erforderlich werden, wenn die Situation an den Märkten aus Sicht eines fachkundigen und verständigen Vermögensverwalters ein Abweichen von den Richtlinien nahe legt. Das geeignete Forum für eine solche Abänderung sind gerade gemeinsame ausführliche Depotbesprechungen, wie sie im vorliegenden Fall nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen des Öfteren vorgenommen wurden. Etwaige Schriftformerfordernisse in den schriftlichen Vermögensverwaltungsverträgen würden dabei konkludent aufgehoben. Zu fordern ist allerdings, dass der Vermögensverwalter mit hinreichender Deutlichkeit darauf aufmerksam macht, wie sich das Depot tatsächlich zusammensetzt. Demgegenüber ist es nach Auffassung des Gerichts entbehrlich, dass der Vermögensverwalter zu einem bestimmten Zeitpunkt ausdrücklich darauf hinweist, dass von einer Anlagerichtlinie abgewichen wurde oder werden soll. Dies kann sich im Einzelfall schon daraus ergeben, dass eine Anlagerichtlinie relativ offen gehalten ist wie diejenige bezüglich des Geldmarktanteils im hier zu entscheidenden Fall. Abgesehen davon ist von dem Kunden eines Vermögensverwalters, der diesem detaillierte Anlagerichtlinien mit auf den Weg gibt, durchaus zu erwarten, sich an diese ihm schriftlich vorliegenden Richtlinien zu erinnern und den Vermögensverwalter bei Bedarf zu fragen, ob die Richtlinien angesichts der aktuellen Depotstruktur denn überhaupt noch eingehalten seien. Eine Rolle wird in diesem Zusammenhang auch spielen, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - der Kunde in dem von ihm ausgefüllten Kundenprofil (Angaben nach WpHG) sich als risikobereit oder spekulativ darstellt und seinen Anlagehorizont mit mehr als 10 Jahren angibt. In solchen Fällen kann der Vermögensverwalter davon ausgehen, dass die Bereitschaft des Kunden, Abweichungen von Anlagerichtlinien in Richtung eher spekulativerer Anlagen hinzunehmen, größer ist als bei Kunden, die sich als ausgesprochen konservativ und vorsichtig hinstellen.
35 
Zusammenfassend ist nach diesen Grundsätzen davon auszugehen, dass, soweit die Beklagte von den ihr vorgegebenen Anlagerichtlinien abgewichen ist, dies mit Billigung der Klägerin bzw. ihres Ehemanns geschah.
36 
c) Die Beweisaufnahme in diesem Punkt macht freilich auch deutlich, dass die Klägerin und der Zeuge - nachvollziehbar - über den Kapitalverlust enttäuscht sind, ohne streng zwischen dem allgemeinen Verfall an den Aktienmärkten im hier fraglichen Zeitraum, insbesondere ab Sommer 2000, und den konkreten Folgen möglicher Pflichtverletzungen der Beklagten zu differenzieren. Der Zeuge M. äußerte, es sei abgesprochen gewesen, dass das Geld für die nächsten Jahre für die Bedienung der Lebensversicherung reichen solle; solange man die Fonds verkaufen könne und dadurch liquide Mittel schaffen könne, sei es „in Ordnung“ gewesen. In dieser Äußerung drückt sich die gemeinsame Erwartung der Parteien aus, dass die Anlage doch erheblichen Umfangs im Jahre 1998/99 angesichts der allgemein damals erwarteten und auch noch realisierten Renditen unproblematisch dazu ausreichen würde, die Umschichtung in die Lebensversicherung über einen Zeitraum von zehn Jahren sicherzustellen. Anders als zwischenzeitlich in einem klägerischen Schriftsatz geäußert, gingen die Klägerin und ihr Mann offensichtlich auch nicht davon aus, dass die Lebensversicherung allein aus den Erträgen der Anlage bedient werden solle, was bei einer monatlichen Umschichtung von DM 10.000,00 auch schwerlich möglich gewesen wäre. Vielmehr hat der Zeuge A. die Klägerin und ihren Mann offensichtlich so beraten, dass gegebenenfalls auch das Kapital angegriffen werden kann, sodass man dann Fonds verkauft und liquide Mittel schafft, um sie in die Lebensversicherung einfließen zu lassen. Diese Möglichkeit aber bestand bis zum Schluss des Vermögensverwaltungsvertrages. Sie besteht, solange überhaupt noch Kapital im Depot vorhanden ist. Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, dass der Ausstiegszeitpunkt, nämlich November 2001, alles andere als optimal war. Der Wertverfall ab Sommer 2000, der den größten Teil der Aktienanleger in Mitleidenschaft gezogen hat, hat sich im November 2001, einige Wochen nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001, beruhigt; die Kurse haben seitdem deutlich zugelegt. Damit hat sich ein Risiko realisiert, das der Klägerin und ihrem Mann nach dessen eigener Aussage aufgrund der Beratung durch die Beklagte bekannt war. Der Zeuge führte nämlich aus, man habe aufgrund der Beratung gewusst, dass Aktien auch „runter gehen können“.
5.
37 
Auch hinsichtlich der Schadenshöhe war der vorliegenden Klage kein Erfolg beschieden. Der klägerische Vortrag war hinsichtlich der hier nur noch in Frage kommenden Pflichtverletzung bei der regionalen Verteilung der Anlage (und unterstellt, es läge doch kein Einverständnis der Klägerin und ihres Ehemanns vor) bis zum Schluss unsubstantiiert.
38 
Im Beschluss vom 01.02.2005 hat das Gericht folgenden Hinweis erteilt: § 252 BGB gilt bezüglich der Unterschreitung des EU-/GB-/USA-Anteils nicht, weil es hier keinen „gewöhnlichen Lauf der Dinge“ gibt, so dass ein bestimmter Gewinn/Schaden nicht „mit Wahrscheinlichkeit erwartet“ werden konnte. Vielmehr müsste die Klägerin auf der Basis der tatsächlichen Depotstruktur hinsichtlich dieser drei Anlageregionen dartun, wie der Wert sich verändern würde, wenn statt 70 % in diesen Regionen 80 % investiert wären, und zwar unter linearer Fortschreibung der von der Beklagten gewählten Verteilung innerhalb dieser drei Regionen. Denn die Klägerin kann den Schaden nicht komplett hypothetisch berechnen, wenn bezüglich von 70 % des Aktienanlagevolumens konkrete Anlageentscheidungen vorliegen, zu denen die Beklagte auch unstreitig berechtigt war und die nicht im Wege der Schadensberechnung revidiert werden dürfen. Das Gericht weist darauf hin, dass sich dabei nicht zwingend ein Schaden ergeben muss: Falls die Beklagte z.B. zum größten Teil im EU-Bereich investiert haben sollte, so wäre der Schaden eher größer gewesen, wenn sie hierfür weitere 10 % des Kapitals verwendet hätte.
39 
Gefordert gewesen wäre also eine Extrapolation vom unbedenklichen bzw. pflichtgemäßen Teil der Anlage auf den geringen Anlageteil, der der Anlagerichtlinie widerspricht. Dieser Rechtsauffassung steht das Urteil des BGH vom 29.11.1982 (NJW 1983, 758) nicht entgegen. Wenn hier der BGH einen Gewinn aus Aktienspekulation als erstattungsfähigen Schaden ansieht, so galt dies nur unter den besonderen Bedingungen des dort entschiedenen Falles. Der BGH bestätigt, dass der Geschädigte im Rahmen von § 252 Satz 2 BGB Umstände dartun und beweisen muss, aus denen sich mit Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er Gewinn erzielt hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Diese Darlegung dürfte dem Geschädigten in der Regel leicht fallen, wenn er bereits Vorkehrungen getroffen hatte, die ihm bei Hinwegdenken des schädigenden Ereignisses einen bestimmten Gewinn beschert hätten. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Geschädigte den Schädiger konkret im Hinblick auf eine beabsichtigte Anschaffung von Wertpapieren zur Bezahlung eines entsprechenden Betrages aufgefordert sowie im Prozess dargelegt, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse seit vielen Jahren ständig Beträge in der dort fraglichen Größenordnung in wechselnden Wertpapieren und Festgeldern angelegt hatte. Der BGH betont, dass die Prüfung, ob dies für die Annahme ausreicht, dass dem Geschädigten der behauptete Gewinn entgangen ist, Gegenstand tatrichterlicher Würdigung ist.
40 
Im vorliegenden Fall fehlen Umstände wie die eben genannten völlig. Die Klägerin hat sich trotz Hinweises des Gerichts nicht die Mühe gemacht, die tatsächliche Verteilung der Anlagen auf die Regionen EU/GB/USA einerseits und „Rest der Welt“ andererseits zu ermitteln und bezogen auf die zehnprozentige Unterschreitung der einschlägigen Anlagerichtlinie fortzuschreiben. Dies wäre ihr angesichts der ihr vorliegenden Depotübersichten möglich gewesen. Dem Gericht hätte hierbei genügt, wenn die Klägerin dies wenigstens exemplarisch für einige wenige Zeitpunkte getan hätte, weil dann die Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 252 BGB zu bejahen gewesen wäre, dass über den Verlauf des Vermögensverwaltungsvertrages ein entsprechender Schaden entstanden ist. Vorliegend kann jedoch nicht mal ausgeschlossen werden, dass die Beklagte die Aufteilung innerhalb des EU-/GB-/USA-Anteils so vorgenommen hat, dass der Schaden der Klägerin noch größer wäre, wenn statt 70 % in diesen Regionen 80 % investiert worden wären. Dies ergibt sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin daraus, dass die Verluste von Aktien bzw. Aktienfonds im Teilmarkt der Europäischen Union deutlich größer waren als in den beiden anderen Teilmärkten. Die Beklagte war aber aufgrund der Anlagerichtlinien nicht verpflichtet, eine gleichmäßige Aufteilung auf diese drei Teilmärkte durchzuführen. In einer anderen Entscheidung hat der BGH (NJW 2004, 1870) deutlich gemacht, dass für die Darlegung der Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung es nicht ausreicht, dass ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts heraus gegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen, die mit der alternativen Anlageentscheidung verbunden gewesen wäre. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB. Das heißt nichts anderes, als dass es auch vorliegend der Klägerin verwehrt ist, sich die „Rosinen herauszupicken“, ohne die Wahrscheinlichkeiten jeweiliger Anlageentscheidungen darzutun.
41 
Die Klägerin ist diesen Anforderungen an eine substantiierte Begründung eines Schadens weder in der Klage nachgekommen, noch hat sie auf den Hinweis des Gerichts reagiert. Zwar hat das Gericht die Stellungnahmefrist, die ursprünglich bis zum 18.02.2005 lief, aufgrund einer Anfrage der Klägerin vom 01.03.2005 bis zum 12.03.2005 stillschweigend verlängert. Die Klägerin ist aber erst mit Schriftsatz vom 22.03.2005, übergeben im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung, wieder auf die Frage der Schadensberechnung zurückgekommen. Ihr Schriftsatz kann schon deswegen, soweit es sich hierbei um neuen Sachvortrag handelt, gemäß §§ 273 II Nr. 1, 282 I u. II, 296 I u. II ZPO keine Berücksichtigung finden. Des ungeachtet würde er keine andere Beurteilung rechtfertigen. Lapidar gibt die Klägerin hier eine „Übersicht über eindeutig nicht vertragsgemäße Anlagen“, ohne die angeblich fehlende Vertragsgemäßheit zu begründen. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass jedenfalls zwei Fonds zumindest auch (und vermutlich maßgeblich) in den Teilmärkten EU und GB investiert sind, nämlich Gartmore Europewide und Threadneedle European Smaller Companies. Auch die beiden Fidelity-Fonds PA International und Telecommunication werden zu einem großen Teil in EU/GB/USA anlegen.
II.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.