Landgericht Hamburg Urteil, 12. Apr. 2016 - 322 O 514/15
Gericht
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 90.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (höchstens jedoch 7,15 % p.a.) seit 01.10.2015 sowie den nicht anzurechnenden Teil der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von 1.186,37 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.9.2015 zu zahlen.
2. Die Klage auf Zahlung von 5.425,03 € nebst Zinsen wird als derzeit nicht fällig abgewiesen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 95.425,03 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt Auskehrung eines fälligen Beteiligungskapitals und Auskehrung einer Gewinnbeteiligung.
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Die Klägerin war als stille Gesellschafterin beteiligt an der Beklagten und zwar mit € 50.000,00 per 01.07.2012 und mit € 40.000,00 per 01.08.2012, bei einer Laufzeit von je 36 Monaten, die am 30.06.2015 bzw. 31.07.2015 abliefen.
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Diese beiden Beteiligungen waren zwei von insgesamt fünf Beteiligungen. Für alle fünf Beteiligungen verlangt die Klägerin die vereinbarte Gewinnbeteiligung für die Zeit vom 01.04.2015 bis 30.09.2015 in Höhe von € 5.425,03 berechnet wie Seite 7 der Anspruchsbegründung.
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Die Klägerin hält beide Anspruchsarten (Kapital und Gewinn) für fällig. Darüber hinaus macht sie geltend, die Beklagte hafte auf Schadensersatz wegen Betrugs, weil die Beklagte nicht die erforderliche Bankerlaubnis gehabt habe. Gerade Letzteres habe eine intensive Recherche erforderlich gemacht, deshalb im Rahmen des Verzugsschadens bei den anwaltlichen Gebühren das 2fache maßgeblich sei.
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Die Klägerin beantragt,
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I. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin EUR 50.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 7,15 % p.a. seit dem 01.10.2015 zu zahlen.
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II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 40.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 7,15 % p.a. seit dem 01.10.2015 zu zahlen.
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III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.425,03 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den nicht anzurechnenden Teil der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von EUR 2.259,51 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.09.2015 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte macht geltend, der Kapitalrückzahlungsanspruch sei Bestandteil eines nach Beendigung der stillen Gesellschaft erforderlichen Auseinandersetzungsbilanz. Deshalb könne dieser Anspruch nicht mehr selbständig geltend gemacht werden, da es für die Auseinandersetzung auch noch der Berechnung der Ergebnisbeteiligung bedürfe, wofür der Jahresabschluss abzuwarten sei, der bis 30.06.2016 vorliegen werde. Die Verwertung der Pfandgüter sei verzögert.
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Der Zinsantrag auf 7,15 % sei nicht begründet, weil der Gewinnbeteiligungszins kein Zins im Sinne von § 288 Absatz 3 BGB sei.
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Anspruch auf die Gewinnbeteiligung habe die Klägerin nur, wenn dies nach dem Geschäftsverlauf möglich sei, was hier nicht der Fall sei, weil sich die Pfandverwertung verzögere.
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Anspruch auf Schadensersatz bezüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten habe die Klägerin nicht, weil die Beklagte sich nicht in Verzug befunden habe.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien mit Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A .
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Die Klage auf Rückzahlung des Kapitals in Höhe von € 90.000,00 ist begründet. Für die Fälligkeit dieses Anspruchs bedarf es keiner Auseinandersetzungsbilanz. Die Entscheidung BGH NJW 2015, 1956 ist insoweit nicht einschlägig. In jenem Fall ging es nicht um die Auszahlung des Kapitals, sondern um die Auszahlung des Gewinnanteils. Außerdem verweist der BGH auf die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen (Juris-Rn. 18). Eine derartige Vereinbarung liegt hier vor mit § 11 des Gesellschaftsvertrags (Anlage B 1, auf die hiermit vollinhaltlich Bezug genommen wird). Nach dieser Regelung ist der Gesellschafter berechtigt, seine Guthaben auf dem Kapitalkonto und dem Verrechnungskonto zu entnehmen, sobald die stille Gesellschaft endet. Dass diese Konten zuvor abgeschlossen sein müssen, ist der Vertragsregelung nicht zu entnehmen. Ob hierdurch die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens besteht (vgl. hierzu BGH aaO Juris-Rn. 22), kann dahinstehen, weil dies die Fälligkeit nur dann berührt, wenn der geltend gemachte Anspruch durch eine Befangenheit in der Auseinandersetzung gelähmt ist. Das ist hier gemäß obigen Ausführungen nicht der Fall.
B.
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Der Anspruch der Klägerin auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2015 ist noch nicht fällig. Die Gewinnbeteiligung setzt gemäß § 6.1 des Vertrags einen Jahresabschluss voraus. Dieser wird gemäß § 5.2 des Vertrags innerhalb der gesetzlichen Fristen aufgestellt und dann durch einen Abschlussprüfer geprüft. Dieser Vorgang ist noch nicht abgeschlossen, sodass der Gewinnanspruch noch nicht fällig ist.
C.
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Anspruch auf Verzugszinsen hat die Klägerin nur in gesetzlicher Höhe gemäß § 288 BGB. Die beantragten 7,15 % sind kein anderer Rechtsgrund für Verzugszinsen, sondern stellen nur eine Gewinnbeteiligung dar, die für die Verzugszinsregelung nicht maßgeblich ist. Da sich der Basiszins jedoch im Laufe der Zeit ändern kann, war im Tenor auszuschließen, dass die Klägerin durch den gesetzlichen Verzugszins mehr erhält, als sie beantragt hat.
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Da sich die Beklagte mit der Rückzahlung des Kapitals in Verzug befand, hat sie auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin zu tragen, jedoch nur in erforderlicher Höhe. Demgemäß beschränken sich die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren auf einen Streitwert in Höhe des begründeten Teils der Klage, also in Höhe von € 90.000,00. Außerdem war nur die Durchschnittsgebühr des 1,3-fachen maßgeblich, denn die Umstände, mit der die Klägerin das Zweifache der Gebühr begründet, waren für diesen Rechtsstreit nicht erforderlich (intensive Recherche bezüglich der Bankerlaubnis). Nach beantragter Absetzung der 0,75-Gebühr und Hinzurechnung von Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergab sich der ausgeurteilte Betrag der Anwaltskosten.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 709 ZPO.
Annotations
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.