Landgericht Hamburg Beschluss, 27. Apr. 2015 - 316 O 376/14

27.04.2015

Tenor

Der Antrag des Antragstellers vom 12. 12. 2014 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

2

Die Kammer ist bereits nicht zuständig. Nach der Rechtsprechung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. 09. 2010 gilt, dass der Streit über die Rückgewähr vom Schuldner geleiteter Arbeitsvergütung nach § 143 Abs. 1 InsO eine Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ist. Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis sind danach solche, die einem Arbeitsverhältnis entspringen, das zur Zeit der Klage besteht, zuvor bestanden hat oder begründet werden sollte (vgl. Beschluss des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. 09. 2010, GmS-OGB 1/09, Juris Abs. 10, 11).

3

Von einem solchen Arbeitsverhältnis ist hier auszugehen. Der Antragsteller hat selbst als Anlage K 1 zum Klagentwurf (dort ab S. 3 Rückseite) den Anstellungsvertrag der Schuldnerin mit der Antragsgegnerin eingereicht. Aus diesem ergibt sich zwar, dass die Antragsgegnerin zu Nebentätigkeiten berechtigt ist (§ 8 Nr. 1). Indes ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit für die Antragsgegnerin dort mit 40 Stunden vereinbart (§ 7), also als Vollzeitbeschäftigung. Auch ist in § 4 geregelt, dass Mehr- und Überarbeit mit der Vergütung von Brutto 96.000,00 Euro (Jahresbruttofixgehalt) bereits abgegolten sind. Ein bezahlter Urlaubsanspruch für 30 Arbeitstage pro Kalenderjahr ist ebenso geregelt, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§§ 9, 5). Die Einzelnen Seiten ab Seite 2 sind jeweils klein mit „Arbeitsvertrag V. v. H.“ überschrieben. Die Regelungen des Anstellungsvertrages führen daher der Sache nach zu eine Tätigkeit der Antragsgegnerin als Arbeitnehmerin in Vollzeit und damit zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte.

4

Dass die Antragsgegnerin möglicherweise unter Verstoß gegen § 46 BRAO (Standesrecht) vor Gericht für die Schuldnerin aufgetreten ist und dass die Anwaltskammer bei Rechtsanwälten davon ausgeht, dass die Nebentätigkeit stets diejenige ist, die neben dem Rechtsanwaltsberuf ausgeübt wird, ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin der Sache entsprechend dem Anstellungsvertrag als Arbeitnehmerin der Schuldnerin anzusehen ist, mit der Folge der Unzuständigkeit der Kammer, so dass der Antrag mangels Verweisungsantrag zurückzuweisen war.

5

Darüber hinaus schließt sich die Kammer zudem der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle und des Oberlandesgerichts München an, wonach Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann, wenn die Insolvenzmasse nicht einmal die Kosten des Insolvenzverfahrens deckt (OLG Celle, ZIP 2012, 1983 - Beschluss vom 29. 06. 2012, Az. 9 W 86/12, Juris Rn 5, 6; OLG München ZIP 2012, Beschluss vom 10. 01. 2012, Az. 5 U 4105/11, Juris Rn 8) Die Forderung, die der Antragsteller mit dem vorliegenden Verfahren durchsetzen möchte, hat dabei als ungewisse Forderung (hier auch in der Sache streitig) außer Betracht zu bleiben (OLG Celle aaO Juris Rn 6).

6

So liegt es indes auch hier, da der Antragsteller selbst vorträgt, dass Masse lediglich in Höhe von 1.121,10 Euro vorhanden ist und die Kosten des Insolvenzverfahrens auf Basis des zur Masse zu ziehenden streitigen Betrages einschließlich der Auslagen mit 14.600,00 Euro anzusetzen sind.

7

Allein im vorliegenden Gerichtsverfahren wären zudem nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Anwalts- und Gerichtskosten von 5.710,00 Euro zu erwarten. In dieser Situation kann nach der dargestellten Rechtsprechung der Oberlandesgerichts Celle und München, der die Kammer folgt, keine Prozesskostenhilfe gewährt werden.

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Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 46 Angestellte Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte


(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind. (2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genan

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(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2.
die Erteilung von Rechtsrat,
3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,
2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und
3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.