Landgericht Freiburg Beschluss, 07. Feb. 2005 - 7 Ns 420 Js 24557/03 - AK 3/05

published on 07.02.2005 00:00
Landgericht Freiburg Beschluss, 07. Feb. 2005 - 7 Ns 420 Js 24557/03 - AK 3/05
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Tenor

Der Antrag des Angeklagten, Rechtsanwältin Birgitta W. zu entpflichten und Rechtsanwalt Dr. Klaus M. zum Pflichtverteidiger zu bestellen, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Nachdem der Angeklagte am 21.06.2004 in Untersuchungshaft genommen worden war, teilte er mit am 06.07.2004 beim Amtsgericht Freiburg eingegangenem Schreiben vom 02.07.2004 mit, dass er „für o.g. Sache die Rechtsanwaltskanzlei Frau Birgitta W. in O. bevollmächtige.“ Ebenfalls am 02.07.2004 hatte der Angeklagte an Rechtsanwältin W. u.a. geschrieben: „Gegen mich wurde ein Haftbefehl erlassen. Bitte vertreten Sie mich in dieser Sache. (...) Eine handschriftliche Vollmacht habe ich dem Amtsgericht Freiburg mit gleicher Post zugesandt.“ Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben beantragte Rechtsanwältin W. am 07.07.2004 die Beiordnung als Pflichtverteidigerin mit der Begründung, sie kenne den Angeklagten seit mehreren Jahren, so dass ein Vertrauensverhältnis bestehe. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 13.07.2004 Rechtsanwältin W. dem Angeklagten als notwendige Verteidigerin beigeordnet.
Mit Schreiben vom 26.08.2004 beantragte der Angeklagte „einen neuen Pflichtverteidiger meiner Wahl, da ich keinerlei Vertrauen zu Frau W. habe.“ Unter Vorlage einer vom Angeklagten am 27.08.2004 unterzeichneten Vollmacht meldete sich mit am 03.09.2004 eingegangenem Schriftsatz Rechtsanwältin L. als Wahlverteidigerin für den Angeklagten mit dem Antrag, die derzeitige Verteidigerin Rechtsanwältin W. nach Anzeige der Wahlverteidigung zu entpflichten. In einem weiteren Anwaltsschriftsatz vom 30.09.2004 beantragte Rechtsanwältin L., sie als Pflichtverteidigerin beizuordnen und die bisherige Pflichtverteidigerin gemäß § 143 StPO zu entpflichten. Durch am 04.10.2004 eingegangenen Schriftsatz zeigte Rechtsanwältin L. an, dass das Mandat als Wahlverteidigerin niedergelegt worden und die Anträge auf Beiordnung als Pflichtverteidigerin gegenstandslos geworden seien.
Gegen das am 09.11.2004 vom Schöffengericht Freiburg verkündete Urteil legte Rechtsanwältin W. form- und fristgerecht Berufung ein. Mit Schreiben vom 25.11.2004 an den Vorsitzenden des Schöffengerichts bat der Angeklagte um Mitteilung, „wer für die Weiterführung meines Verfahrens bei dem Landgericht zuständig ist. Es geht insbesondere um den unbedingten Wechsel meines Pflichtverteidigers und der Aufhebung des überwachten Besuchs.“ Am 07.12.2004 beantwortete der Vorsitzende des Schöffengerichts dieses Schreiben.
Nachdem die Akten gemäß §§ 320 ff StPO am 04.01.2005 dem Landgericht Freiburg vorgelegt worden waren, beantragte der Angeklagte mit am 28.01.2005 eingegangenem Schreiben die Entpflichtung von Rechtsanwältin W. und die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M., wobei er zur Begründung angab: „Das Vertrauensverhältnis ist zerstört, dies habe ich bereits vor der ersten Verhandlung vorgetragen, konnte jedoch aus zeitlichen Gründen nicht mehr realisiert werden. Frau W. ist meines Erachtens völlig überlastet und für das Strafverfahren gegen mich nicht geeignet. Ich habe mir bewusst einen Fachanwalt gesucht, was Herr M. zweifellos ist.“
In ihrer Stellungnahme zu diesem Antrag des Angeklagten sah Rechtsanwältin W. keine Veranlassung, um Entbindung aus der Pflichtverteidigung zu ersuchen, da aus ihrer Sicht die Zusammenarbeit mit dem Angeklagten reibungslos verlaufen, Anfragen des Angeklagten und des Gerichts ohne Verzögerungen, meist noch am gleichen Tag, bearbeitet worden seien und bei Bedarf umgehend Besuche bei dem inhaftierten Angeklagten stattgefunden hätten. Den vom Angeklagten beklagten Vertrauensverlust und ihre angebliche Überlastung seien von ihr nicht nachvollziehbar, zumal der Angeklagte sie seit September 2004 noch in anderen Angelegenheiten beauftragt habe.
Auch die Staatsanwaltschaft Freiburg ist einem Pflichtverteidigerwechsel entgegen getreten, da die vom Angeklagten vorgetragenen Gründe für eine Entpflichtung völlig unsubstantiiert seien.
Aus der Sicht des Gerichts liegen keine Gründe vor, gemäß § 143 StPO die Bestellung von Rechtsanwältin W. zur Verteidigerin des Angeklagten zurückzunehmen. Es ist nämlich zu befürchten, dass der neue Wahlverteidiger Rechtsanwalt Dr. M. das Mandat alsbald wegen Mittellosigkeit des Angeklagten wieder niederlegen wird. Darüber hinaus ist das Gericht davon überzeugt, dass der Angeklagte - nach der Beauftragung von Rechtsanwältin L. - nun zum zweiten Mal einen Wahlverteidiger nur deshalb beauftragt hat, um die Entbindung der bisherigen Pflichtverteidigerin zu erzwingen und so zu erreichen, dass der (neue) Wahlverteidiger an deren Stelle Pflichtverteidiger wird (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl., § 143 Rn 2 mwN). Allein der Umstand, dass der Angeklagte mit dem Urteil erster Instanz nicht einverstanden ist und deshalb Berufung eingelegt hat, rechtfertigt gleichfalls keine Zurücknahme der Verteidigerbestellung, zumal - wie sich aus den Vorstrafakten ergibt - Rechtsanwältin W. den vielfach vorbestraften Angeklagten in der Vergangenheit mehrfach verteidigt hat, ohne dass es dabei in den letzten Jahren irgendwelche Probleme mit der Verteidigerin gegeben hätte.
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(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach Ablauf der Frist zur Rechtfertigung die Geschäftsstelle ohne Rücksicht darauf, ob eine Rechtfertigung stattgefunden hat oder nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Diese stellt, wenn di

Annotations

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.