Landgericht Essen Urteil, 23. Sept. 2016 - 45 O 56/16
Gericht
Tenor
Der Beklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, untersagt, in Bezug auf Verträge über Internetzugangsdienstleistungen über das Festnetz auf Nachfrage von Verbrauchern, deren bestehendes Vertragsverhältnis mit der Beklagten nach dem 01.08.2016 unverändert fortgeführt wird, die Herausgabe der für den Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen erforderlichen Zugangsdaten zu verweigern, wenn dies geschieht wie in Anlage Ast 1.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 10.000 €
1
Tatbestand
2Der Kläger ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Sein Vereinszweck ist es, für Verbraucherinteressen einzutreten und insbesondere Rechte der Verbraucher/-innen durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen wahrzunehmen. Dieser Satzungszweck wird unter anderem durch die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach dem Unterlassungsklagegesetz und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verwirklicht.
3Die Beklagte ist ein lokaler Telekommunikationsanbieter, der u.a. Verbrauchern Internetzugangsdienstleistungen anbietet und zur Verfügung stellt. Bei Abschluss eines entsprechenden Vertrages stellt die Beklagte grds. hierfür auch das notwendige Endgerät, z.B. einen Router, zur Verfügung. Dieser Router wird von der Klägerin bzw. ihren Dienstleistern grds. vorkonfiguriert.
4Der Verbraucher L aus H ist seit dem Jahr 2004 Kunde der Beklagten. Er schloss mit ihr im Jahr 2013 oder 2015 einen Vertrag über einen Breitband Glasfaseranschluss FTTH mit einem HighSpeed Anschluss von 50Mbit/s. Für die Verbindung mit dem Internet stellte die Beklagte ihm eine B zur Verfügung. Dieser Router war so eingerichtet, dass er in seiner Funktionalität eingeschränkt ist. So war es Herrn L nicht möglich, den Router selbstständig mit einer aktuelleren Software zu betreiben.
5Am 01.08.2016 ist das Gesetz zur Auswahl und zum Anschluss von Telekommunikationsendgeräten in Kraft getreten, welches u.a. die Möglichkeit der freien Wahl eines Routers am Breitbandanschluss unabhängig von den Vorgaben des Netzbetreibers regelt.
6Vor diesem Hintergrund wandte sich Herr L mit Schreiben vom 23.07.2016 an die Beklagte und forderte sie auf, die notwendigen Zugangsdaten und Informationen für den Anschluss eines von ihm gewählten Routers zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 26.07.2016 ab und wies darauf hin, dass sich die Routerfreiheit nicht auf Bestandskunden beziehe, bei denen das Vertragsverhältnis unverändert nach dem 01.08.2016 fortgeführt werde. Herr L informierte daraufhin mit Schreiben vom 08.08.2016, eingegangen am 12.08.2016, den Kläger und bat diesen um Hilfe. Mit Schreiben vom 19.08.2016 mahnte der Kläger das Verhalten der Beklagten ab und forderte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 24.08.2016 ab.
7Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße gegen die Vorgaben in § 11 Abs. 3 FTEG und handele insoweit unlauter. Die in § 11 Abs. 3 FTEG normierte Routerfreiheit gelte nicht nur für Neu- sondern auch für Bestandskunden. Den Regelungen in § 11 Absatz 3 S. 1 und 2 sei zu entnehmen, dass allen Kunden die Zugangsmöglichkeit mit einem eigenen Gerät erlaubt werden müsse. Dies folge auch aus der Gesetzesbegründung. § 11 Abs. 3 S. 3 FTEG schreibe in diesem Zusammenhang keine Beschränkung für Bestandskunden fest. Dort sei lediglich vorgegeben, wann das Unternehmen von sich aus -also unaufgefordert –die Zugangsdaten herausgeben müsse.
8Der Kläger beantragt mit der am 2.9.2016 eingegangenen Antragsschrift,
9der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu untersagen, in Bezug auf Verträge über Internetzugangsdienstleistungen über das Festnetz auf Nachfrage von Verbrauchern, deren bestehendes Vertragsverhältnis mit der Beklagten nach dem 01.08.2016 unverändert fortgeführt wird, die Herausgabe der für den Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen erforderlichen Zugangsdaten zu verweigern, wenn dies geschieht wie in Anlage Ast 1.
10Die Beklagte beantragt,
11den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
12Sie behauptet, Herrn L die begehrten Zugangsdaten mittlerweile zur Verfügung gestellt zu haben.
13Die Beklagte ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Herausgabe der Zugangsdaten bestehe bei Bestandskunden wie Herrn L nicht. Dies folge aus dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 3 FTEG. Danach seien die notwendigen Zugangsdaten und Informationen für den Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen bei Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet, dass die Regelung nur Anwendung finde bei der Begründung eines Telekommunikationsdienstleistungsvertrages ab dem 01.08.2016. Der Gesetzgeber habe die Intention gehabt klarzustellen, dass eine rückwirkende Umsetzungspflicht gerade nicht gewollt sei. Bestandskunden würden nicht benachteiligt, da ein Produktwechsel möglich sei. Es sei nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, die von einem Anbieter bereits ausgeübte Vertragsfreiheit hinsichtlich des Anschlusses eines Routers nachträglich zu beschneiden. Hierfür spreche auch die Gesetzesbegründung, soweit diese den Erfüllungsaufwand der Unternehmer in den Blick nehme.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet.
17I.
18Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt und anspruchsberechtigt nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
19II.
20Der Antrag ist auch begründet.
211.
22Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt. Hiervon ist nur dann auszugehen, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten selbst zu erkennen gibt, dass es „ihm nicht eilig ist“, er also längere Zeit zuwartet, obwohl er den Wettbewerbsverstoß und die Person des Verantwortlichen kennt oder grob fahrlässig nicht kennt (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 3.15). Wird ein Verband auf Veranlassung eines Dritten tätig, ist auf die Kenntniserlangung durch den Verband abzustellen (Köhler in Köhler/Bornkamm, a.a.O.,§ 12 Rn. 3.17). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Verfügungsantrag vorliegend innerhalb der Frist eines Monats, die dem Gläubiger regelmäßig zugestanden wird, um die Dringlichkeitsvermutung zu wahren, eingegangen. Denn der Kläger wurde am 12.08.2016 von Herrn L über den geltend gemachten Verstoß informiert und hat am 02.09.2016 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht.
232.
24Es ist auch ein Verfügungsanspruch gegeben. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 3, 3 a UWG i. V. m. § 11 Abs. 3 FTEG zu.
25a.
26Die beanstandete Ablehnung der Mitteilung der Zugangsdaten an den Verbraucher L stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
27b.
28Diese ist gemäß § 3 a UWG unlauter. Denn sie verstößt gegen § 11 Abs. 3 FTEG, einer Marktverhaltensvorschrift im Sinne von § 3 a UWG. Marktverhaltensvorschriften sind solche, die zumindest auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf § 11 Abs. 3 FTEG gegeben. Denn die Vorschrift dient dem Interesse der Verbraucher, da sie deren Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit in Bezug auf die Routerwahl schützt.
29c.
30Der Beklagten fällt ein Verstoß gegen § 11 Abs. 3 FTEG zur Last. Nach Auffassung der Kammer begründet die Vorschrift eine Pflicht zur Mitteilung der Zugangsdaten nicht nur für Neu-, sondern auch für Bestandskunden.
31Die Auslegung einer Rechtsnorm beginnt beim Wortlaut. In § 11 Abs. 3 S. 3 FTEG ist geregelt, dass notwendige Zugangsdaten und Informationen für den Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen und die Nutzung der Telekommunikationsdienste dem Teilnehmer in Textform,unaufgefordert und kostenfrei bei Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen sind. Der Sinngehalt der gesetzlichen Aussage gibt damit nach Auffassung der Kammer nicht zwingend vor, dass die maßgeblichen Daten ausschließlich im Falle eines Vertragsschlusses zur Verfügung zu stellen sind. Vielmehr lässt die Regelung eine Auslegung auch dahingehend zu, dass nur in den Fällen von Neuabschlüssen die Anbieter eine Verpflichtung trifft, die Teilnehmer unaufgefordert, also ohne entsprechendes Informationsverlangen, über die Zugangsdaten zu unterrichten.
32Da der Wortlaut von § 11 Abs. 3 S. 3 FTEG nicht eindeutig ist, ist der Kontext der Regelung im Rahmen der Auslegung heranzuziehen. Insoweit sind die Regelungen in § 11 Abs. 3 S. 1, 2 FTEG zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat hier normiert, dass Netzbetreiber den Anschluss von Routern an das öffentliche Telekommunikationsnetz nicht verweigern dürfen, wenn die Router bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Netzbetreiber dürfen den Teilnehmern zwar nach wie vor Router überlassen, deren Anschluss und Nutzung jedoch nicht zwingend vorschreiben. Bereits aus diesen Regelungen lässt sich eine allgemeine, nicht auf Neukunden beschränkte Informationspflicht der Netzbetreiber bezüglich der Zugangsdaten ableiten. Denn die Daten sind zwingende Voraussetzung, um einen nicht von dem Netzbetreiber gelieferten Router anzuschließen (Säcker MMR 2015, 374, 375). Ohne eine entsprechende Informationspflicht würde das Anschlussrecht nach § 11 S.1, 3 FTEG letztlich leerlaufen. In diesem Sinne heißt es in der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs 18/6280 S. 9): „Das Recht, Endgeräte seiner Wahl an das öffentliche Telekommunikationsnetz anzuschließen, verlangt auch die Bereitstellung entsprechender Zugangsdaten durch die Netzbetreiber. Dies wird mit Abs. 3 S. 3 klargestellt.“ Nach alledem spricht die systematische Auslegung dafür, dass die Zugangsdaten auf Anforderung allen Kunden zur Verfügung zu stellen sind.
33Schließlich spricht auch der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommene Zweck der Regelung in § 11 Abs. 3 FTEG gegen eine Einschränkung der Informationspflicht der Netzbetreiber auf Neukunden. In der Vergangenheit hatten die Netzteilnehmer häufig keine Möglichkeit, den von ihnen verwendeten Router frei zu wählen. Dies war darauf zurückzuführen, dass einige Netzbetreiber am Breitbandanschluss ausschließlich den Betrieb des von ihnen vorgegebenen Gerätes zugelassen haben. Dieser Praxis lag die Auffassung zugrunde, dass erst die teilnehmerseitigen Schnittstellen der so genannten Routerboxen den Abschluss des öffentlichen Telekommunikationsnetzes bilden. Diese Handhabung war jedoch mit dem vollständig liberalisierten Endgerätemarkt i.S.d. Richtlinie 2008/63/EG vom 20. Juni 2008 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsendeinrichtungen nicht vereinbar (vgl. BT-Drs 18/6280 S. 1). Vor diesem Hintergrund hat die gesetzliche Neuregelung klargestellt, dass die Endkunden in Zukunft nicht auf eine vom Netzbetreiber beliebig zu definierende Schnittstelle verwiesen werden können. Damit wurde dem Ziel und Zweck der europäischen Vorgaben Rechnung getragen, einen offenen, wettbewerbsorientierten Warenverkehr von Telekommunikationsendeinrichtungen zu ermöglichen (vgl. BT-Drs 18/6280 S. 8f). Nach alledem konkretisiert die Regelung in § 11 Abs. 3 FTEG die bestehenden Regelungen EU-konform. Durch die Änderungen des § 11 Abs. 3 S. 1 FTEG wird sichergestellt, dass ein Router eines Endnutzers vom Netzbetreiber an das öffentliche TK-Netz angeschlossen werden muss, ohne dass der Netzbetreiber dies vertraglich ausschließen darf (Säcker MMR 2015, 374, 377). Vor diesem Hintergrund verpflichtet die Vorschrift des § 11 Abs. 3 S. 3 FTEG die Netzbetreiber, gemäß den Vorgaben des EU-Rechts zur Sicherung der Freiheit der Wahl des Routers, alle erforderlichen Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen (Säcker MMR 2015, 374, 377). Mit dem genannten Gesetzeszweck wäre eine Auslegung, die die Bestandskunden durch die Einschränkung der Informationspflicht letztlich von der Wahlfreiheit ausnimmt, nicht vereinbar. Dem kann auch nicht die Gesetzesbegründung zu dem Erfüllungsaufwand der Neuregelung (vgl. BT-Drs 18/6280 S. 8) entgegengehalten werden. Dort heißt es: „Soweit Unternehmen derzeit ihren Kunden bestimmte Endgeräte verbindlich vorgeben, werden diese zukünftig ihren Kunden die freie Endgeräteauswahl auf dem Markt überlassen müssen, wenn die Kunden das wünschen. (…) Die Unternehmen müssen die für den Dienstezugang erforderlichen Daten zur Verfügung stellen. Dies kann im Rahmen der üblichen vertraglichen Abwicklung (z.B. Auftragsbestätigung, Informationen über die voraussichtliche Anschluss Bereitstellung) mittels der vorhandenen automatisierten Datenverarbeitung erfolgen. Eine Kostensteigerung aufgrund der Informationspflicht ist daher nicht zu erwarten“. Der Gesetzgeber hat insoweit lediglich festgehalten, dass die Informationspflicht der Betreiber bei Vertragsschluss erfüllt werden kann, so dass mit Blick in die Zukunft und im Hinblick auf künftige Vertragsschlüsse eine unzumutbare Kostenbelastung der Netzbetreiber nicht anzunehmen ist. Eine Einschränkung der Informationspflicht bezüglich der Bestandskunden ergibt sich aus den Ausführungen zum Erfüllungsaufwand nach Auffassung der Kammer dagegen nicht.
34Der Eingriff in bestehende Vertragsverhältnisse ist schließlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Auf einen Vertrauensschutz können die Netzbetreiber sich nicht berufen, da- wie bereits ausgeführt – die praktizierte vertragliche Beschränkung der Routerfreiheit europarechtlichen Vorgaben widersprochen hat.
35d.
36Die erforderliche Widerholungsgefahr ist zu bejahen. Sie ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass nach der Behauptung der Beklagten dem Verbraucher L die Zugangsdaten mittlerweile zur Verfügung gestellt wurden. Denn die Wiederholungsgefahr wird durch die Tatsache des Wettbewerbsverstoßes vermutet. Sie kann grundsätzlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden. Eine solche hat die Beklagte vorliegend nicht abgegeben, die eine Verpflichtung zur Mitteilung der Daten an Bestandskunden zudem weiterhin nachdrücklich in Abrede stellt. Vor diesem Hintergrund sind weitere Wettbewerbsverstöße nicht ausgeschlossen.
37III.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die einstweilige Verfügung ist mit der Verkündung sofort vollstreckbar. Der Tenor hat diesbezüglich nur klarstellenden Charakter.
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Annotations
(1) Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.
(2) Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn
- 1.
er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat, - 2.
er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat, - 3.
auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er - a)
seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und - b)
seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
- 4.
den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.
(3) Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.
(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über ihre Eintragung.
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
- 1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, - 2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, - 3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind, - 4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.
(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
- 1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden; - 2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; - 3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist; - 4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; - 5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; - 6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen; - 7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; - 9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält; - 10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; - 11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.