Landgericht Bamberg Endurteil, 02. März 2016 - 1 O 462/12

bei uns veröffentlicht am02.03.2016

Gericht

Landgericht Bamberg

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 19.11.2012 wird aufrecht erhalten, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 39.671,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.11.2011 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 19.11.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis. Von den übrigen Kosten trägt die Klägerin 55 %, der Beklagte 45 %.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restlohn aus Werkvertrag.

Der Beklagte beauftragte die Klägerin am 11.03.2010 (Anl. K1) mit Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben einer Abwasseranlage in T. DA 29 Los 3 – Ortskanal H. – S.. Hierbei waren u.a. Erdarbeiten, Entwässerungskanalarbeiten und Straßenbauarbeiten durchzuführen.

Zwischen den Parteien war die Geltung der VOB/B 2009 vereinbart. Zugrunde lag ein bepreistes Leistungsverzeichnis (Anl. K19 bzw. K25). Die Bauarbeiten wurden erbracht und unstreitig abgenommen.

Bezüglich des Regenwasserkanals erstellte die Klägerin eine Schlussrechnung vom 05.09.2011 (Anl. K2), bezüglich des Schmutzwasserkanals eine Schlussrechnung vom 06.09.2011 (Anl. K3). Beim Regenwasserkanal wurden hierbei 233,04 Tonnen und beim Schmutzwasserkanal 349,56 Tonnen schadstoffbelastete Austauschstoffe angesetzt.

Beklagtenseits wurde die Schlussrechnung Regenwasserkanal am 19.10.2011 in Position 03.0023 („schadstoffbelastete Ausbaustoffe Zulage zu Abtrag bzw. Abbruch für die Beseitigung von schadstoffbelastete Ausbaustoffen auf zugelassene Deponien, einschließlich Deponiegebührennachweis durch Deponiewiegescheine“) die klägerseits mit 57.383,77 € netto ausgewiesen war um 48.528,25 € netto gekürzt. Unter Zugrundelegung eines Preises pro Tonne von 38,– € statt abgerechneter 246,24 € netto zahlte der Beklagte hierauf 8.855,52 € netto.

Die Rechnung bezüglich des Schmutzwasserkanals wurde ebenfalls am 19.10.2011 in der Position 03.0023 (die Positionsbeschreibung ist mit der des Regenwasserkanals identisch) gekürzt. Von den abgerechneten 86.075,65 € netto wurde ein Abzug von 72.892,374 € netto angesetzt. Unter Zugrundelegung eines Tonnenpreises von 38,– € netto statt der abgerechneten 246,24 € netto zahlte der Beklagte hierauf einen Betrag von 13.283,28 €. Die Klägerin widersprach der Rechnungskürzung mit Schreiben vom 21.11.2011 (Anl. K6) und übersandte eine Nachberechnung.

Die Klägerin ist der Auffassung es liege eine Zulageposition vor und keine normale Einheitspreisposition. Im Leistungsverzeichnis sei die Position als „eventual mit Preis“ angegeben, im Positionstext mit „Zulage zu Abtrag“, „Menge 1“. Daraus ergebe sich eine Position ohne echten Mengenvordersatz. Diese Position habe nur der Abfrage des Preises gedient. Es liege somit keine klassische Eventualposition vor, sondern eine Zulageposition, die bereits bei Auftragserteilung mit beauftragt worden sei. Einer weiteren Anordnung bedürfe es somit nicht. Das Leistungsverzeichnis unterscheide bei den Bedarfspositionen zwischen Eventualposition ohne und mit Preis.

Hilfsweise liege auch eine Entsorgungsanordnung vor. Eine Preisverständigung sei nicht nötig gewesen, da diese durch die Preisabfrage festgestanden habe. Die Anordnung sei wirksam durch den Streithelfer E. ausgesprochen, da von der Beklagten selbst niemand vor Ort gewesen sei. Die Klägerin habe die Nachunternehmerin Fa. P1. beauftragt. Aufgrund einer danach erfolgten Verständigung mit dem Streithelfer liege eine konkludente Anordnung der Ausführung vor, insbesondere durch Aushändigung des ersten Prüfzeugnisses an die Nachunternehmerin. Durch das Schweigen habe die Beklagte ihr Einverständnis erteilt. Der Streithelfer E. sei auch vertretungsberechtigt, was auf ausdrückliche Nachfrage der Klagepartei bestätigt worden sei. Jedenfalls sei von einer Vertretungsvollmacht in Form einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ausgegangen, da der Streithelfer E. auch andere Nachträge angeordnet habe.

Das von der der Beklagtenpartei angeführte Drittangebot in Höhe von 40,80 € sei nicht erteilt worden und der Klägerin viel später bekannt geworden.

Nachtrag 4 sei klägerseits nicht akzeptiert worden, zumal dieser auf den 10.10.2012 und damit rund 2,5 Jahre nach Erkennen der Schadstoffe erstellt sei. Dieser sei somit irrelevant.

Es liege kein sittenwidriger Einheitspreis vor. Ein auffälliges wucherähnliches Mißverhältnis sei beklagtenseits nicht dargelegt, da anders als bei der zitierten BGH-Rechtsprechung eine lediglich 6-fache Überhöhung vorliege, wenn man von einem ordnungsgemäßen Preis von 40,80 € ausgehe. Der Preis sei auch schlüssig, da für einen Nachunternehmer der Entsorgungsaufwand bei einer geringen Menge besonders hoch sei. Die Klägerin habe diesen Preis nur weitergeleitet. Die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit sei nicht einschlägig, da hier eine Position ohne echten Mengenvordersatz vorliege. Der Klägerin sei auch kein sittlich verwerfliches Gewinnstreben vorzuwerfen. Die Beklagte haben den marktüblichen Preis gekannt und dennoch den Auftrag gegeben, so dass es treuwidrig sei, sich nun auf Sittenwidrigkeit zu berufen. Zudem sei der gesamte Vertrag auf Sittenwidrigkeit zu prüfen. Der Gesamtpreis sei hier jedoch allenfalls um 15 % teurer geworden, so dass von einer krassen Überhöhung oder einem auffälligen Mißverhältnis nicht die Rede sei.

Der Beklagte könne sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, da es hierzu eine Sondervorschrift gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B gäbe, so dass ein Rückgriff auf allgemeine Vorschriften nicht in Betracht komme. Das beklagtenseits angeführte Urteil des OLG Schleswig sei nicht einschlägig, da dort von einem echten Mengenvordersatz ausgegangen worden sei.

Eine Preisreduktion über § 2 Abs. 3 VOB/B könne nicht erfolgen, da kein echter Mengenvordersatz vorliege. Eventualpositionen würden häufig mit 0 oder 1 ausgeschrieben. Es wird bestritten, dass beklagtenseits eine Tonne erwartet und so ausgeschrieben worden sei. Das Prüfverhalten der Beklagten spreche ebenfalls hiergegen. Bei dem beklagtenseits angeführten Preis von 34,– € werde verkannt, dass unbekannt gewesen sei, welche Entsorgungsmenge anfalle. Bei einer kleinen Menge sei der klägerseits angesetzte Preis schlüssig. Das Mengenrisiko sei bei Positionen ohne echten Vordersatz immanent. Es sei unschlüssig, warum beklagtenseits gerade mit 50 m an Rohren gerechnet worden sei. Zudem sei die Gewichtsangabe für ein Asbestrohr unzutreffend. Bezüglich der Frage ob ein echter Mengenvordersatz vorliege, komme es auf den Bieterhorizont an und nicht darauf, was sich der Ausschreibende gedacht habe. Unklarheiten gingen zu dessen Lasten. Auch unter Berücksichtigung der Urkalkulation der Klagepartei würde sich unter Anwendung von § 2 Nr. 3 VOB/B ein Betrag von 242,– € pro Tonne ergeben und die Klage so nur geringfügig reduzieren.

Aufgrund des Verhaltens der Beklagten bei der Erstellung der Abschlagsrechnungen gelte der vereinbarte Preis oder jedenfalls der später angebotene Preis von 210,– € netto. Die Klägerin habe aus dem Verhalten des Beklagten bei der Abschlagsrechnungserstellung nicht schließen können, dass er an der Beauftragung nicht festhalten wolle.

Das Rechnungsprüfungs- und Zahlungsverhalten der Beklagten stelle ein Anerkenntnis dar. Dies gelte jedenfalls für die in den Abschlagsrechnungen in voller Höhe gezahlten 25 Tonnen aber auch insgesamt. Hier sei § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B einschlägig.

Die Urkalkulation der Klagepartei ergebe sich aus der des Subunternehmers P1. und betrage 220,– € netto zuzüglich 26,235 € Aufschlag. Diese Kalkulation sei im Nachgang durch die Subunternehmerin genauer aufgeschlüsselt worden (vgl. Anl. K27), Dabei sei zu berücksichtigen, dass allein die reinen Entsorgungskosten pro Tonne 180,– bis 220,– € kosten würden, auch wenn diese aktuell niedriger, nämlich im Bereich von 74,– bis 95,– € netto lägen. Die Fa. P1. habe die Menge mangels echten Mengenvordersatzes nicht gekannt und sich daher an Erfahrungswerten orientiert und 96,20 € angesetzt. Auf die Summe von 220,– € sei ein Zuschlag von 1,93 % gerechnet worden. Auf diese dargelegte Kalkulation komme es an und nicht auf das was tatsächlich erbracht hätte werden müssen. Auch sei irrelevant, was einem Subunternehmer gezahlt worden sei, da allein die Kalkulation die Grundlage für die Preisfortschreibung sei.

Hinsichtlich der Berechnung der Transportkosten stelle sich die Preisentwicklung bei unterstellter Tonnenkalkulation nicht linear sondern „sägeblattartig“ dar.

Die am 08.10.2012 eingegangene Klage vom 05.10.2012 wurde der Beklagtenpartei zusammen mit der Verfügung des Landgerichts Bamberg vom 26.10.2012, binnen zwei Wochen nach Zustellung Verteidigungsabsicht anzuzeigen, am 30.10.2012 zugestellt (vgl. Zustellnachweis zu Bl. 6–7 d.A.). Am 19.11.2012 erließ das Landgericht Bamberg ohne mündliche Verhandlung ein Versäumnisurteil durch welches der Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 144.371,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.11.2011 zu bezahlen sowie zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits. Das Versäumnisurteil wurde der Beklagtenpartei am 21.11.2012 zugestellt (vgl. Empfangsbekenntnis zu Bl. 8 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 02.12.2012, eingangen beim Landgericht per Fax am 04.12.2012, legte der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 19.11.2012 ein.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2014 verkündete der Beklagte gegenüber G. E. den Streit. Der am 25.02.2014 beim Landgericht Bamberg eingegangene Streitverkündungsschriftsatz wurde dem Streitverkündeten am 01.03.2014 zugestellt. Mit Schreiben vom 23.09.2014, eingegangen bei Gericht am 26.09.2014, trat G. E., dem Rechtstreit auf Seiten der Beklagten bei. Mit Schreiben vom 11.12.2014, eingegangen beim Landgericht Bamberg am selben Tag per Fax, verkündete auch die Klägerin G. E. den Streit. Diese Streitverkündung wurde am 29.01.2015 zugestellt.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Versäumnisurteil des Langerichts Bamberg, Az. 1 O 462/12, vom 20.11.2012 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 20.11.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Streithelfer beantragt,

das Versäumnisurteil vom 20.11.2012 aufzuheben, die Klage abzuweisen und der Klagepartei die Kosten des Streithelfers aufzuerlegen.

Der Beklagte ist der Auffassung, es liege keine Zulageposition vor. Solche ergäben sich nur bei Positionen bei denen kein Zusatz „Eventual mit Preis“ angegeben sei. Es habe auch eine Mengenvorgabe mit einer Tonne gegeben. Es seien nur geringe Mengen erwartet worden. Nur für diese geringe Menge sei der klägerseits angebotene Preis angemessen gewesen.

Bezüglich der Eventualposition sei kein Auftrag erteilt worden. Eine Entscheidung des Auftraggebers sei weder tatsächlich noch konkludent erfolgt. Die Ausschreibung sei in der Erwartung erfolgt, dass bei Ausbau des alten Straßenbelags Asbestrohre nur in geringem Umfang angetroffen werden. Bei Auftreten am 27.04.2010 sei die Anordnung folgt, zunächst eine seitliche Lagerung vorzunehmen. Der Kläger habe auftragslos gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B gehandelt. Es liege auch keine Anerkennung nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B vor. Allein aus der Tatsache, dass keine Einwendungen gegen die Abrechnungen vorgebracht worden seien, sei nicht zu folgern, dass der Auftrag erteilt worden sei. Es liege keine konkludente Auftragserteilung durch ein vollmachtloses Ingenieurbüro E. über Subunternehmer der Klägerin vor. Bei der Vollmacht sei auch zwischen dem Vergabeverfahren und dem Bauvorhaben an sich zu unterscheiden. Ein Baustopp sei nicht erfolgt, da § 2 Abs. 8 VOB/B hierzu eindeutige Regelungen treffe.

Dem Beklagten sei ein Drittangebot zur Entsorgung für den Preis von 40,80 € pro Tonne vorgelegen. Ab Vorlage der Laboruntersuchungen sei mehrfach auf dieses Drittangebot hingewiesen worden. Die Klägerin sei aufgefordert worden, die Materialien liegen zu lassen, falls sie nicht bereit sei, die Ausführung zu diesem Preis vorzunehmen. Durch den Streithelfer E. sei mehrfach mit dem Senior-Geschäftsführer der Klagepartei telefoniert worden, welcher stets auf die Fa. P1. verwiesen habe.

Der klägerseits abgerechnete Einheitspreis von 246,24 € je Tonne sei vom Streithelfer zur Recht auf 38,– € je Tonne gekürzt worden. Dazu sei ein Nachtrag 4 (Anl. B1) erstellt worden, wobei die Massen anhand der Wiegescheine nachgewiesen wurden. Wegen des vorliegenden Drittangebots könne klägerseits allenfalls ein Betrag von 40,80 € verlangt werden.

Es liege ein spekulativer Einheitspreis vor, der sittenwidrig sei. Nach Auffassung der Beklagtenpartei liege eine erhebliche Mengenmehrung vor, so dass keine Fortführung des Spekulationspreises möglich sei. Es werde widerlegbar vermutet, dass bei einer außerordentlichen Überhöhung des Einheitspreises der Bieter auf eine Mengenmehrung hoffe und durch Preisfortschreibung einen deutlich höheren Preis erzielen wolle. Hier sei nur eine Tonne ausgeschrieben aber rund 590 Tonnen abgerechnet worden. Mit einer Lkw-Ladung hätte mehr als das 10-fache weggefahren werden können. Die Verteuerung liege insgesamt bei 11,2 % bzw. 15 %. Die Durchsetzung dieses Preises sei gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Auch ein Vergleich mit der Gesamtsumme führe zu einer Sittenwidrigkeit, da die Erhöhung des Gesamtpreises keine bloße Bagatellerhöhung darstelle. Daher sei die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB geschuldet.

Im Übrigen beruft sich die beklagte Partei auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB. Es sei nur bis zu einer Tonne erwartet worden, diesbezüglich sei der Einheitspreis auch in Ordnung. Nunmehr sei jedoch ein Festhalten nicht mehr zumutbar. Bei Kenntnis von einer Erhöhung von über 500 Tonnen hätte die Beklagte nicht an der Vereinbarung festgehalten zumal ihr ein Angebot von rund 40,– € pro Tonne vorgelegen habe.

Der Beklagte beruft sich ferner auf eine Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B bei Mengenmehrung über 110 %. Es liege ein echter Mengenvordersatz vor. Der Streithelfer E. habe in der Nähe ein Wohngebiet erschlossen, dabei Asphalt aufbrechen lassen und eine Geruchsprobe auf Teer durchgeführt. Dabei habe er keine Feststellungen getroffen, so dass die Durchführung einer Bodenprobe nicht notwendig gewesen sei. Er habe allenfalls mit vereinzelt kreuzenden Wasserleitungen gerechnet. Asbestzementrohre seien quasi ausgeschlossen gewesen. Zudem seien Erkundigungen bei einem Wasserwart eingeholt worden, der angab, dass dort seit 30 Jahren keine Asbestzementrohre mehr gefunden worden seien. Durch den Streithelfer sei nicht mit mehr als 50 m-Rohren bei einem Gewicht von rund 20 kg pro m gerechnet worden. Hieraus ergebe sich eine Tonne. Es handle sich um eine Bedarfsposition, da man davon ausgegangen sei, dass nichts auftauche. Entgegen der Auffassung der Klagepartei liege auch kein Anscheinsbeweis dafür vor, dass kein echter Mengenvordersatz gegeben sei, da die Menge „1“ im Leistungsverzeichnis nur einmal auftauche.

Da die Beklagtenpartei bei den Abschlagsrechnungen Kürzungen von 25 auf 10 Tonnen bzw. Streichungen mit dem Zusatz „Es sei ein neues Angebot vorzulegen“, vorgenommen habe, sei klar erkennbar gewesen, dass auf einen neuen Preis gedrängt worden sei. Durch den neuen Preis von 210,– € in der dritten Abschlagsrechnung sei klar, dass auch die Klägerin erkannt habe, dass keine Zulageposition vorliege und keine Vereinbarung über 246,– €. Der Nachunternehmer P1. habe letztlich nur 34,– € je Tonne verlangt. Der streitgegenständliche Preis sei um das 7-fache überhöht. Ein Anerkenntnis liege somit nicht vor, da Zahlungen auf eine Abschlagsrechnung noch keine Bindungswirkung entfalten würden.

Die Beklagtenpartei erachtet die klägerseits vorgelegte Kalkulation der Fa. P1. nicht für ausreichend und bestreitet, dass diese der tatsächlichen Urkalkulation entspreche, zumal diese auf Mai 2014 datiert sei.

Der Streithelfer beruft sich darauf, dass aus den Abschlagsrechnungen kein Anerkenntnis folge. Zur Kalkulation trägt der Streithelfer vor, dass bei Positionen 3, 7 und 8 keine Teilkosten ausgewiesen seien bzw. Teilleistungen angenommen worden seien, die nicht zur Ausführung gekommen seien. Letztlich habe die Klägerin an den Subunternehmer nur 34,– € pro Tonne gezahlt.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschluss vom 22.01.2014 durch Einvernahme des Zeugen G. E. Zum Inhalt der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.03.2014 verwiesen. Außerdem wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen M2. P2. Zum Inhalt der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2016 verwiesen. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschluss vom 30.04.2014 durch Einholung eines Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M3. B3. Auf dessen schriftliches Gutachten vom 19.05.2015 sowie dessen mündliche Anhörung im Termin vom 10.02.2016, niederlegt im Sitzungsprotokoll vom selben Tag, wird verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst aller Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften vom 10.04.2013, 12.03.2014 und 10.02.2016 verwiesen.

Gründe

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 19.11.2012 ist zulässig, die Klage ist zulässig aber nur teilweise begründet.

A

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 19.11.2012 ist zulässig.

Der Einspruch ist statthaft, die Formerfordernisse gemäß § 340 Abs. 1, Abs. 2 ZPO sowie die Zweiwochenfrist gemäß § 339 ZPO sind gewahrt.

B

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Bamberg sachlich und örtlich zuständig.

C

Die Klage ist in der Sache nur teilweise begründet.

Der Klägerin steht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag vom 11.03.2010 ein Vergütungsanspruch hinsichtlich der jeweiligen Positionen 03.0023 beim Schmutz- und Regenwasserkanal (Zulage für schadstoffbelastete Ausbaustoffe) in der tenorierten Höhe zu. Hinsichtlich einer Menge von 1,1 Tonnen (entspricht 110 %) kann jeweils der Angebotsbetrag von 246,235 € netto abgerechnet werden. Für die Mengen über 1,1 Tonnen hinaus richtet sich der Preis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B gemäß Preisfortschreibung unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderkosten, welchen das Gericht mit 94,65 € netto ermittelt. Die bereits geleisteten Zahlungen waren abzuziehen.

I. Die Vereinbarung eines Werkvertrags zwischen den Parteien samt Leistungsverzeichnis ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig, wie die Durchführung der Arbeiten an sich und die Abnahme derselben.

II. Es liegt auch hinsichtlich der jeweiligen Positionen 03.0023 beim Regen- und Schmutzwasserkanal entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei eine Beauftragung vor.

Das Gericht ist der Auffassung, dass es sich bei den jeweiligen Positionen 03.0023 um Bedarfspositionen handelt, welche bereits bei Abschluss des Vertrages mit beauftragt wurden.

1. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur sind Bedarfspositionen mit Vertragsschluss aufschiebend bedingt beauftragt (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB/B, 18. Aufl., § 2 Abs. 1 VOB/B, Rdnr. 33).

Hieran ändern auch die in dem Vertrag zugrunde liegenden zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführungen von Bauleistungen einheitliche Fassung (November 2005) nichts. Zwar heißt es dort unter Wahlpositionen, Bedarfspositionen (§ 1):

„Sind im Leistungsverzeichnis für die wahlweise Ausführung einer Leistung Wahlpositionen (Alternativpositionen) oder für die Ausführung einer nur im Bedarfsfall erforderlichen Leistung Bedarfspositionen (Eventualpositionen) vorgesehen, ist der Auftragnehmer verpflichtet, die in diesen Positionen beschriebenen Leistungen nach Aufforderung durch den Auftraggeber auszuführen. Die Entscheidung über die Ausführung von Wahlpositionen trifft der Auftraggeber in der Regel bei Auftragserteilung, über die Ausführung von Bedarfspositionen nach Auftragserteilung.“

Hieraus geht hervor, wie bereits die Klagepartei ausführt, dass in der Regel Bedarfspositionen nach Auftragserteilung erteilt werden, jedoch ist hier in Übereinstimmung mit der Klägerseite davon auszugehen, dass vorliegend ein solcher Regelfall nicht gegeben ist. Das Gericht folgt der klägerischen Argumentation, dass im Leistungsverzeichnis Bedarfspositionen existieren, die lediglich mit einem Einheitspreis und nicht mit einem Gesamtpreis abgefragt werden. Bei der vorliegenden streitgegenständlichen Position handelt es sich um eine Bedarfsposition, die mit Gesamtpreis abgefragt wurde. Nach der Kommentierung bei Ganten/Jansen/Voigt Beckscher, VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 1 Rnr. 47 ist ausgeführt, dass eine solche Bedarfsposition bei der Ermittlung der Gesamtsumme nicht mitaddiert wird. Im Umkehrschluss ist nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass, sofern ein solche Bedarfsposition bei der Ermittlung des Gesamtpreises mitaddiert wird, nicht lediglich eine weitere einzelne Beauftragung während des Bauablaufs, also nach Vertragsschluss erforderlich ist, sondern dass vielmehr eine solche Bedarfsposition mit Vertragsschluss aufschiebend bedingt unter der Voraussetzung, dass der Bedarfsfall eintritt, beauftragt wird.

2. Für eine Beauftragung mit Vertragsschluss und nicht einer eigenständigen Beauftragung im späteren Bauverlauf spricht auch das klägerseits vorgelegte Auftragsschreiben des Beklagten an die Klägerin. Dort ist ausgeführt:

„Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund Ihres Angebots und des Beschlusses des zuständigen Gremiums vom 09.03.2010, erhalten Sie hiermit den Auftrag zur Ausführung der oben bezeichneten Leistungen. Die Auftragssumme beträgt brutto 1.702.944,32 €.“

Da die Gesamtsumme des Angebots, in welcher auch die streitgegenständliche Position eingeflossen ist, beauftragt wurde, spricht auch dies dafür, dass die vorliegende Bedarfsposition abweichend von der nach den zusätzlichen Vertragsbestimmungen beschriebenen Regel gleich bei Vertragsschluss mitbeauftragt wurde. Anderenfalls würde es keinen Sinn ergeben, dass die vollständig im Angebot enthaltene Bruttoauftragssumme auch so von dem Beklagten mit der Auftragsbestätigung bestätigt und beauftragt wurde.

3. Auf die Frage des Vorliegens einer Vollmacht des Streithelfers E. für eine spätere Auftragserteilung im Rahmen der Ausführung der Arbeiten (Duldungs- oder Anscheinsvollmacht) kommt es somit überhaupt nicht an, obgleich das Gericht der Überzeugung ist, dass aufgrund des Auftretens des Streithelfers auf der Baustelle sich die Klägerseite auch eine solche berufen könnte.

4. Ebenfalls dahinstehen kann somit, ob dem Beklagten ein Drittangebot in Höhe von 40,80 € pro Tonne für die streitgegenständlichen Positionen vorlag und ob es eine dahingehende Korrespondenz mit der Klagepartei in Form von Telefonaten mit dem Seniorchef der Klägerin gegeben hat.

III. Hinsichtlich bereits gezahlter Teilbeträge in Abschlagsrechnungen liegt nach Auffassung des Gerichts kein (Teil-) Anerkenntnis des Beklagten vor. Das Gericht weicht hiermit ausdrücklich vom Hinweis des Dezernatvorgängers aus dem Beschluss vom 22.01.2014 ab.

Abschlagsrechnungen stellen grundsätzlich kein Anerkenntnis des Gesamtwerklohns dar, wenn eine Schlussrechnung noch nicht vorliegt. Auch eine Beweislastumkehr zugunsten des Auftragnehmers kann hieraus nicht gefolgert werden. Eine Abschlagsrechnung stellt grundsätzlich eine vorläufige Rechnung dar. Sie stellt die erbrachten Leistungen (noch) nicht abschließend fest. Deshalb ist auch die Zahlung auf eine entsprechende Abschlagsrechnung nur vorläufig, so dass hieraus von dem Auftragnehmer keine rechtliche Konsequenzen gezogen werden können. Mit einer Abschlagszahlung behält sich der Auftraggeber daher das Recht vor, Rückzahlungen zu verlangen, wenn das Ergebnis der Schlussrechnung ihn dazu berechtigt (Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., 2015, Rdnr. 2550).

Zudem hat der Beklagte durch Kürzungen im Rahmen der Abschlagszahlungen deutlich gemacht, dass er an dem klägerischen Einheitspreis für die streitgegenständliche Position nicht festhalten will. Eines gesonderten Hinweises des Gerichts bedurfte es diesbezüglich nicht mehr, da bereits der Beklagte und insbesondere der Streithelfer auf obige Fundstelle hingewiesen hatten.

IV. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B hat für die beiden streitgegenständlichen Positionen 03.0023 eine Preisfortschreibung zu erfolgen, da die ausgeführte Menge 110 % des im Vertrag vorgesehenen Umfangs überschritten hat. Statt einer Tonne wurden hier insgesamt 582,60 Tonnen ausgeführt.

1. Entgegen der Auffassung der Klagepartei, ist im Aufführen der Ziffer „1“ im Leistungsverzeichnis ein echter Mengenvordersatz zu sehen.

a) Hierauf hatte das Gericht bereits im Rahmen des Beweisbeschlusses vom 30.04.2014 unter Ziffer III hingewiesen. Diese Vorgabe war auch Grundlage der Beauftragung des gerichtlichen Sachverständigen M3. B3. Das Gericht folgt der Ansicht der Klägerseite nicht, die bestreitet, dass hier eine Tonne zu erwarten war und dies so ausgeschrieben sei. Das Gericht ist auch nicht der Auffassung, dass die Ausschreibung systematisch verlange, dass statt einer „0“ eine „1“ eingetragen werde. Ein Indiz hierfür könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn auch bei anderen Bedarfspositionen an der Stelle in der die Menge einzutragen ist, eine 1 aufgeführt wäre. Die ist jedoch nach Durchsicht des Leistungsverzeichnisses nicht der Fall.

b) Zudem hat die Beweisaufnahme in Form der Vernehmung des Zeugen E. nach Überzeugung des Gerichts ergeben, dass beklagtenseits hier tatsächlich mit einer Tonne geplant gewesen ist und diese erwartet wurde:

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 gab der Zeuge E. an, in diesem Bereich habe es bereits zwei Jahre zuvor eine Baustelle in der Nähe gegeben. Bei der dortigen Öffnung von 40 bis 50 m sei kein Teer angetroffen worden. In diesem Bereich sei überhaupt nicht mit derartigen Rohren zu rechnen gewesen, lediglich im Bereich der Kreisstraße in einem Umfang von 2 km. In den anderen Bereichen sei bekannt gewesen, dass nichts auftauchen könne, da dort vor einigen Jahren die Wasserleitungen neu verlegt worden seien. Er habe daher eine Tonne geschätzt, ausgehend davon, dass ein Rohr mit Innendurchmesser 10 cm 6,5 kg und ein Rohr mit Innendurchmesser 15 cm 10,5 kg wiege. Er habe diese Position dann zwar in Tonnen und nicht in laufenden Metern angegeben, was jedoch darauf zurückzuführen sei, dass er anderenfalls diese Position weiter aufteilen hätten müssen in sechs Unterpositionen, da Rohre mit drei verschiedenen Durchmessern auftreten können und diese jeweils mit drei verschiedenen Kupplungen verbunden werden können. Er habe eine solche sechsfache Unterpositionsbildung jedoch nicht für sachgerecht gehalten. Für ihn sei wichtig gewesen, dass mit einer geschätzten Menge von einer Tonne gerechnet werde. Die beklagtenseits aufgestellte Rechnung 50 m Rohre mit 20 kg pro Meter sei jedoch nicht richtig.

c) Das Gericht erachtet die Angaben des Zeugen E. für glaubwürdig. Anhand des Protokolls vom 12.03.2014 ergeben sich keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Zudem ist für das Gericht auch kein Grund ersichtlich, warum der Zeuge hier das Gericht mit der Unwahrheit bedienen sollte. Seine Schilderung wie er zur Schätzung der Menge 1 Tonne kam und warum er es nicht in laufenden Metern angegeben habe, hält das Gericht für nachvollziehbar und plausibel.

d) Insgesamt ist von einem echten Mengenvordersatz auszugehen. Zwar mag dies zwischen den Parteien so eindeutig nicht kommuniziert worden sein, wie auch der Zeuge E. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 einräumte. Für den Bieter d.h. die Klagepartei, war dies aber nach Auffassung des Gerichts klar erkenntlich, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass, wie oben bereits geschildert, die Menge „1“ im Leistungsverzeichnis nur einmal auftaucht. Im Übrigen hätte es der Klagepartei jederzeit offengestanden, bei dem Beklagten nachzufragen, wie die Mengenmenge 1 bezüglich der streitgegenständlichen Position zu verstehen sei.

2. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B kann für eine über 10 von 100 hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen ein neuer Preis vereinbart werden. Ein solches Verlangen der Beklagtenseite ist bereits durch die Kürzung im Rahmen der Abschlagsrechnungen zu sehen. Eine Vereinbarung über den neuen Einheitspreis ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen, so dass dieser gemäß § 315 ff. BGB durch einen Dritten zu bestimmen ist. Im Streitfall hat somit, wie hier, die Entscheidung durch das Gericht nach Maßgabe eines einzuholenden Sachverständigengutachtens zu erfolgen (vgl. Jansen in: Ganten/Jansen/Voit, Beckscher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rdnr. 11 m.w.N.).

3. Nach allgemeiner Meinung hat die Preisermittlung nach § 2 Abs. 3 VOB/B unter Heranziehung der Kalkulation bzw. „Urkalkulation“ des Auftragnehmers zu erfolgen, obgleich diese eine interne Berechnung darstellt, die dem Auftragnehmer in der Regel gar nicht bekannt und schwer überprüfbar ist (vgl. Jansen, in: Ganten/Jansen/Voit, Beckscher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rdnr. 3). Klägerseits wurde die Kalkulation, die ursprünglich erstellt wurde, als Anlage K26 vorgelegt. Unstreitig handelt es sich dabei allerdings um ein Pauschalangebot ohne Differenzierung in Einzelpositionen. Klägerseits wurde über deren Subunternehmer, die Fa. P1., sodann nachträglich eine Kalkulation (Anl. K27) unter Auflistung einzelner Positionen erstellt. Eine derartige nachträgliche Erstellung einer detaillierten Kalkulation ist zulässig und zur Darlegung von Mehr- oder Mindervergütungsansprüchen auch erforderlich. Auf dieser Basis war – mit sachverständiger Hilfe und unter kritischer Würdigung der nunmehr vorgelegten Kalkulation – der neue Preis für die über 10 % hinausgehende Mehrmenge zu bilden. Dabei ist eine kritische Würdigung nachträglich vorgelegten Kalkulation geboten, weil die Nach-Erstellung der Kalkulation dem Auftragnehmer für ihn höchst erfreuliche Manipulationsmöglichkeiten eröffnet (vgl. Jansen, in: Ganten/Jansen/Voit, Beckscher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rdnr. 17).

4. In der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ist keine Regelung enthalten, wie ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu vereinbaren ist. Nach allgemeiner Auffassung In Rechtsprechung und Literatur hat dies jedoch unter Fortschreibung des Vertragspreises und ihre Einzelbestandteile, wie sie sich aus der ursprünglichen Kalkulation des Auftragnehmers ergeben, zu erfolgen (vgl. Jansen in: Ganten/Jansen/Voit, Beckscher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 2 Abs. 3 VOB/B, Rdnr. 19). Das Gericht hat sich hierzu sachverständiger Hilfe des Dipl.-Ing. M3. B3. bedient, welcher eine Fortschreibung des Vertragspreises unter Berücksichtigung der Kalkulation gemäß Anl. K26 und K27 in seinem Gutachten geprüft hat.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten folgendes aus:

a) Die Position 1 „Verdächtiges Material aussortieren“ falle bei einer Menge von über 110 % nicht mehr an. Grund sei, dass bei einer Tonne und 15 cm Dicke 4 m|2 vorgesehen wären, d.h. mehrere kleinere Teilbereiche bei denen tatsächlich ein Aussortieren erfolgen müsse. Aufgrund der Mengenmehrung von 582,60 Tonnen, d.h. 2.000 m|2, sei dann keine kleinflächige Aussortierung mehr erforderlich.

Bezüglich der Position 2 „Schadstoffbelastetes Material mittels Bagger auf Lkw laden“ sei wegen der erheblichen Mengenmehrung ein deutlich zügigeres Aufladen möglich, was zu einer Ersparnis von 15 % führe, da kontinuierlich beladen werden könne. Er ergebe sich ein fortgeschriebener Preis von 12,734 €/t (14,981 €/t × 0,85).

Auch bei der Position 3 „Schadstoffbelastetes Material zum Zwischenlager transportieren“ könne der Lkw wegen erheblicher Mengenmehrung vollgeladen werden mit max. 15 bis 20 Tonnen. Daraus ergebe sich eine anteilige Transportkostenreduzierung wobei von einer durchschnittlichen Beladung mit 17,5 Tonnen auszugehen sei. Die Transportkosten reduzierten sich so auf 5,7 % (1 t/17,5 t). Ausgehend von einer halben Stunde Fahrt ergebe sich für die Mengen über 110 % ein fortgeschriebener Preis von 1,37 €/t (0,5 Std./1 t × 1 t/17,5/ × 48,– €/Std.).

Bei der Position 4 „Schadstoffbelastetes Material abladen und häufen auf Zwischenlagerfläche“ sei aufgrund dar Mengenmehrung ein Vollladen im Mittel von 17,5 Tonnen und ein zügigeres Arbeiten möglich, wodurch sich Einsparungen von 20 % im Mittel ergäben. Der ursprüngliche Preis von 28,501 €/t sei daher mit 0,8 zu multiplizieren, wodurch sich ein fortgeschriebener Preis von 22,8 €/t ergäbe.

Auch bei der Position 5 „Schadstoffbelastetes Material abdecken“ sei ein effektiveres Arbeiten aufgrund der Mengenmehrung möglich im Zuge größerer Zwischenlagerhäufen. Es könnten so 40 m|3 auf einmal abgedeckt werden. Nach der Ausschreibung wäre nur eine Tonne, was 0,56 m|3 entspricht, abzudecken gewesen. Aufgrund der geringen Menge sei der kalkulierte Stundenansatz mit 0,6 Stunden für 0,56 m|3 nachvollziehbar. Für 40 m|3 würden inklusive etwaiger Nacharbeiten ca. 2 Mann mit im Mittel 1,25 Stunden benötigen, was 2,5 Stunden ergebe. Hieraus ergebe sich ein Stundenaufwand von 0,06 Std./m|3 (2,5 Std./40 m|3) bzw. 0,03 Std./t. (0,06 Std./m|3/1,8 t/m|3). Die Materialkosten blieben unverändert. Wegen der Mehrmenge reduziere sich jedoch der Arbeitsaufwand deutlich. In der Summe sei pro Tonne für das Material abdecken 2,265 €/t nötig.

Bei der Position 6 „Schadstoffbelastetes Material aufnehmen und aufladen“ ergebe sich Im Mittel eine Einsparung von 15 %, so dass ein fortgeschriebener Preis von 12,734 €/t ermittelt werde (13,981 €/t × 0,85).

Der Abtransport zur Entsorgungsstelle (Pos. 7) würde sich aufgrund der größeren Beladung im Mittel mit 17,5 t auf 5,7 % reduzieren (1 t:17,5 t).

Zu den reinen Entsorgungskosten (Position 8) fänden sich in den Unterlagen keine eindeutigen Angaben. Die reinen Deponiekosten würden sich in der Regel jedoch nicht verändern.

Da hinsichtlich dieser Positionen eindeutige Nachweise zur Preisfortschreibung fehlen würden, habe der Sachverständige eine Einschätzung auf Basis der vorliegenden Unterlagen vorgenommen. Bei 2 1/2 Stunden Transportkosten (0,5 Stunden zum Zwischenlager [Pos. 3] und 2 Stunden Transport zur Deponie [Pos. 7]) würde sich eine „theoretische“ Kostenreduzierung von 113,143 € ergeben. Bei dieser theoretischen Reduzierung würde jedoch der kalkulierte Betrag (96,20 €/t) deutlich überschritten werden und negativ werden. Ein solcher negativer Zahlbetrag im Wege der Preisfortschreibung sei jedoch nicht sachgerecht. Daher habe der Sachverständige den in Anl. B1 als Nachunternehmergrundpreis für die Entsorgung von Transport und teerhaltigen Asphalt von 34,– €/t zugrunde gelegt.

Dem so ermittelten Preis von 85,904 € sei ein AGK-Zuschlag von 10,18 % (8,745 €) hinzuzurechnen, so dass sich eine Gesamtsumme von 94,65 € (netto) ergebe.

b) Die Einwände der Parteien gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen B3. sind nach Auffassung des Gerichts durch mündliche Erläuterung und Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2016 widerlegt worden.

aa) Zur Position 1 der Kalkulation fragte der Prozessbevollmächtigte der Klagepartei den Sachverständigen mehrfach, ob der Wegfall dieser Position ab einer Menge von 110 % auf eine tatsächliche Änderung zurückzuführen sei, was nach der Preisfortschreibung gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B unzulässig wäre.

Der Sachverständige führte hierzu aus, dass der Grund für den Wegfall dieser Position ab einer Menge von 110 % ausschließlich auf die Mengenmehrung zurückzuführen sei. Es gäbe letztlich Positionen, die ab einer gewissen Menge gar nicht oder anders anfallen würden. Bezüglich dieser Positionen müssten nicht ständig Einzelbeprobungen stattfinden, sondern man könnte die Straßenoberfläche in einer größeren Menge oder in einem Zug wegfahren. Die ständige Einzelbeprobung, die wesentlich aufwendiger sei, würde nur bei kleinen Mengen anfallen.

Der Sachverständige führte beispielhaft aus, dass Position 1 nur dann immer wieder mengenunabhängig anfallen würde, wenn man tatsächlich alle paar 100 m oder km immer wieder eine Tonne ausheben und beproben würde, was hier allerdings nicht so gewesen sei. Die Beprobung sei insgesamt weggefallen und sei nur am Anfang für eine Kleinmenge erforderlich gewesen.

Die Ansicht der Klagepartei, dass nur eine tatsächliche Änderung vorliege, sei nicht richtig. Vielmehr sei bei der Preisfortschreibung zu prüfen, was sich bei einer Mengenmehrung von einer Tonne zu mehreren Tonnen verändere. Es liege hier der in der Literatur beschriebene Wiederholungseffekt derart vor, dass die Beprobung nicht weiter nötig sei. Der Sachverständige führte hierzu seine baupraktische Erfahrung an. Der Grund liege ausschließlich in der Mehrmenge.

Das Gericht schließt sich den nachvollziehbaren in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Sachverständigen, der die Ergebnisse seines Gutachtens auch durch anschaulichen Beispiele erläuterte, vollumfänglich an.

bb) Der Einwand der Klagepartei, dass sich die Baggerkosten in Position 2 nicht reduzieren würden, hat der Sachverständige ebenfalls ausgeräumt: Er führte hierzu aus, dass sich die Position aufgrund größerer Menge verändere, da es einen Unterschied mache, ob der Bagger einmal hinfahren müsse, eine Tonne aufbaggere und wieder wegfahre, während er bei größeren Mengen einmal hinfahren könne und durchweg baggern könne. Es falle weniger Zeit für die Arbeitsplatzeinrichtung an und der Bagger könne mit einem schnelleren Umlauf arbeiten, wegen des kontinuierlichen Arbeitens. Die auch hier nur einmal anfallende An- und Abfahrt verteile sich dann aber auch auf die mehreren Tonnen.

Auch diesbezüglich erachtet das Gericht die Ausführungen des Sachverständigen nachvollziehbar und plausibel und schließt sich diesen umfänglich an.

cc) Bezüglich Position 4 erklärte der Sachverständige auf Frage der Klagepartei, dass er die hier angesetzte Reduktion von 20 % auf Erfahrungswerte im Rahmen seiner Tätigkeit als Bauleiter und Oberbauleiter auf einer Vielzahl von Baustellen zurückführe. Die Frage, ob mit 20 oder 17,5 t kalkuliert werde, spiele hier nur eine untergeordnete Rolle.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Fachkunde und der bautechnischen Erfahrung des Sachverständigen, da dieser bereits als langjähriger Gerichtssachverständiger tätig ist. Das Gericht erachtet dessen Einschätzung der Reduktion um 20 % als sachgerecht und folgt dieser vollumfänglich.

dd) Auch die Einwände bezüglich der Position „schadstoffbelastetes Material abdecken“ (Pos. 5) erachtet das Gericht als widerlegt.

Der Sachverständige schilderte bildhaft, dass im Unterschied bei einem kleineren Haufen ein größerer Haufen mit deutlich geringeren Aufwand im Verhältnis abgedeckt werden könne. Umgerechnet auf eine Tonne sinke so auch der Aufwand. Auch hier sei Hintergrund einzig und allein die Mehrmenge, da dann ein anderes Handling vorliege. Bei dem Folienmaterial habe er jedoch kein Einsparpotential gesehen, da eine mehrfache Verwendung in der Regel nicht möglich sei, da die Folie leicht mit Löcher versehen werde.

Der Sachverständige führte auf Frage auch aus, wie er bei seiner Berechnung zu Position 5 den Wert von 1,8 t/m|3 angesetzt habe. Der Sachverständige beruft sich hierzu auf Statistiken des Statistischen Bundesamts und auf Internetrecherchen. Auf dessen Angebot hin, dies bei weiteren Nachfragen genauer prüfen zu können, wurde jedoch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung kein weiterer Beweisantrag der Klagepartei gestellt. Nach Auffassung des Gerichts genügen die diesbezüglich vorgetragenen Recherchen des Sachverständigen jedoch vollumfänglich zur Beantwortung der Beweisfrage.

Auch bezüglich Position 5 sieht das Gericht die Einwände der Klagepartei widerlegt. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen der schlüssig, plausibel und in sich nachvollziehbar vortrug, vollumfänglich an.

ee) Zu Position 6 (Schadstoffbelastetes Material aufnehmen und Transportfahrzeuge laden) erklärte der Sachverständige, dass hier der selbe Abschlag wie bei Position 2 angesetzt worden sei.

Das Gericht erachtet auch diesbezüglich die Angaben des Sachverständigen für nachvollziehbar und schließt sich diesen an.

ff) Das Gericht ist der Auffassung, dass bezüglich Positionen 7 und 8 entgegen der Ansicht der Beklagtenpartei und Streithelfers keine doppelte Berücksichtigung von Positionen vorliegt, was zu einer veränderten Preisfortschreibung führen würde.

Hierzu wurde der Zeuge M2. P2. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2016 gehört. Der Zeuge erklärte, dass er in Position 3.4 des Leistungsverzeichnisses den Asphaltaufbruch als Zulage zum normalen Rohrgrabenaushub angesehen habe. Denn der Rohrgrabenaushub beinhalte für ihn den Aushub von der Geländeoberkante bis zur Rohrgrabensohle. Der Aufbruch des bituminösen Teils darüber sei aus seiner Sicht die Zulage. Dies sei dann unter Position 3.23 erfasst. So sei kalkuliert worden.

Der Sachverständige, in dessen Anwesenheit der Zeuge vernommen wurde, erklärte, dass baubetrieblich nachvollziehbar sei, wie der Zeuge seine Kalkulation geschildert habe. Genaueres könne er nur bei Prüfung der Kalkulation der Hauptposition sagen. Das separate Rechnen von Rohrgraben, Aushub Oberkante des Rohrgrabens Sohle und bituminösen Teil sei eine durchaus mögliche Kalkulationsmethode.

Das Gericht sieht die Einwände der Beklagtenpartei und des Streithelfers hierzu als widerlegt an. Einer diesbezüglichen weiteren Beweisaufnahme bedurfte es nicht, entsprechende Beweisanträge der Beklagtenpartei oder des Streithelfers wurden bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Da der Sachverständige die Schilderung des Zeugen als mögliche Kalkulationsmethode ansah, sieht das Gericht auch keinen weiteren Klärungsbedarf. Eine Entscheidung ist auf dieser Grundlage möglich.

gg) Zu Position 7 und 8 der Kalkulation (Transport und Deponiekosten) hat das Gericht den Zeugen P2., der die Kalkulation ursprünglich durchgeführt hat, weiter angehört da der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hatte, dass er für eine genauere Prüfung der Deponiekosten zu wenig Anhaltspunkte habe. Die Einvernahme des Zeugen führte jedoch zu keinem vom schriftlichen Gutachten abweichenden Ergebnis.

Der Zeuge P2. erläuterte im Rahmen seiner Vernehmung er hätte die Position „Transport und Deponiekosten!, die er mit 96,20 € nachträglich in Anl. K27 ermittelt habe, auch aufschlüsseln können in 90,– € Deponiekosten und 6,20 € Transportkosten. Der Zeuge erläuterte auch, wie er unter Berücksichtigung eines vollgeladenen Lkws mit 20 t zu einem Preis von 6,20 € komme. Den Betrag von 90,– € habe er angesetzt, da ihm keine konkreten Angebote im hiesigen Raum für Entsorgung vorlägen und die Preise zwischen 65,– €, im Bereich in dem die Fa. P1. ansässig sei und 180,– € im Raum München schwanken würden. Der Zeuge gab auch an, 90,– € Deponiekosten bereits bei dem ursprünglichen Pauschalbetrag von 220,– € (Anl. K26) im Hinterkopf gehabt zu haben.

Das Gericht erachtet die Angabe des Zeugen P2., er habe bereits von Anfang an 90,– € Entsorgungskosten im Hinterkopf gehabt und hiermit kalkuliert, jedoch nicht für glaubhaft. Das Gericht ist vielmehr der Ansicht, dass hier eine für den Nachunternehmer und somit auch die Klagepartei günstige nachträgliche Darstellung in der Nachkalkulation Anl. K27 vorgenommen wurde. Wie oben bereits dargestellt, hat seitens des Gerichts jedoch, insbesondere falls eine nachträgliche Kalkulation erstellt wurde, wegen der möglichen Manipulationsgefahr eine kritische Würdigung aller Umstände zu erfolgen. Das Gericht ist der Ansicht, dass mehr dafür spricht, dass sich der Kalkulator ursprünglich offenbar keinerlei Gedanken über die konkreten Entsorgungskosten machte, als er pauschal 220,– € für eine Tonne ansetzte, sondern diesen Betrag als Gesamtbetrag schlicht schätzte.

Die ausdrückliche Frage, warum er die Position Transport und Deponie nicht aufgeschlüsselt habe, konnte er nicht erklären und nur mit einem Achselzucken antworten. Dabei hätte dem Zeugen doch nachträglich die Möglichkeit offengestanden, hier diese Position genauer zu differenzieren. Das Gericht erachtet es als wenig glaubwürdig, dass der Zeuge schon bei der ursprünglich erstellten Pauschalkalkulation von 220,– € für die Entsorgung Kosten von 90,– € berücksichtigt habe, denn damals hatte er – wie er selbst einräumte – für den hiesigen Raum keinerlei Angebot eingeholt. Für das Gericht ist somit in keinster Weise ersichtlich, wie er diesen Betrag dann bereits im Kopf haben sollte. Dagegen spricht auch dass tatsächlich später beim Nachunternehmer nur ein Betrag von 34,– € angefallen ist.

Das Gericht ist sich bewusst, dass, wie auch der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten und bei der mündlichen Erläuterung ausführte, bezüglich Position 7 und 8 Abtransport und Entsorgung letztlich keine Fortschreibung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B erfolgt, sondern vielmehr der tatsächlich beim Nachunternehmer angefallene Preis von 34,– € netto angesetzt wird. Das Gericht folgt jedoch dem Sachverständigen diesbezüglich unter Anknüpfung des tatsächlichen Preis, denn wie der Sachverständige ausführt, würde bei konsequeter Fortschreibung des Preises hier eine Reduzierung auf „0 Euro“ bzw. ein negativer Preis angesetzt werden. Das Gericht folgt dem Sachverständigen, dass dies keinesfalls zu einem sachgerechten Ergebnis führen würde.

c) Insgesamt erfolgt somit eine Preisfortschreibung mit 94,65 € netto, wobei das Gericht der Berechnung des Sachverständigen auf Seite 25 seines schriftlichen Gutachtens folgt. Auch der AGK-Zuschlag von 10,18 % ist für das Gericht nachvollziehbar.

d) Selbst unter Berücksichtigung der Einwände des Klägervertreters zu Position 1, die nach der sachverständigen Berechnung über einen Menge von 110 % vollständig entfällt, und bezüglich der Transport- und Deponiekosten, hält der vom Sachverständigen ermittelte Preis von 94,65 € netto auch einer kritischen Plausibilitätsprüfung stand, wenn man zugrunde legt, dass die Klagepartei bzw. deren Nachunternehmer, die Fa. P1., anfangs unstreitig mit pauschal 220,– €/t zuzüglich Zuschlägen kalkulierte.

Denn selbst wenn man für Position 1 unter Berücksichtigung der klägerischen Argumentation keinen Abzug vornähme und von den 220,– € mit denen ursprünglich kalkuliert wurde unter Berücksichtigung der sachverständig ermittelten Zahlen, bei Position 2 eine preisfortschreibende Reduktion von 2,247 €, bei Position 4 von 5,701 €, bei Position 5 von 24,03 €, bei Position 6 von 2,247 € und bei Positionen 7 und 8 von 113,143 € vornehmen würde, ergäbe sich zuzüglich des AGK-Zuschlages von 10,18 % ein Betrag von sogar nur 80,025 €. Würde man weiter die klägerischen Argumentation hinzuziehen, die LKW könnten mit 20 Tonnen vollgeladen werden, würden sich die Abzüge sogar noch erhöhen.

Insofern erscheint der durch den Sachverständigen ermittelte Preis von 94,65 € sachgerecht, das Gericht folgt dem letztlich. Denn unstreitig erspart sich die Klägerin zumindest einen erheblichen Teil der Fahrtkosten aufgrund der besseren Auslastungsmöglichkeit der LkW zum Abtransport jedenfalls mit 17,5 t.

Das Gericht erachtet auch die klägerseits aufgestellte „Sägeblatttheorie“ bezüglich der Transportkosten nicht für maßgeblich. Es mag sein, das sich für zwei, drei oder vier Fahrten der Preis für die letzte Fahrt erhöht, wenn dort nur noch eine geringe Restmenge von ein bis zwei Tonnen im LKW zum Abtransport verbleibt Angesichts der hier vorliegenden Mengen von 582,6 t ergeben sich 33,3 Fahrten, ausgehend von einer Beladung von 17,5 t. Das Gericht ist der Auffassung, dass sich hier der Gesamtpreis aufgrund der großen Abtransportmenge letztlich nivelliert und sich dieser nicht sägeblattartig entwickelt, wie die Klagepartei vorträgt.

e) Es errechnet sich somit eine Restforderung in Höhe von 39.671,95 €:

Für eine Menge von jeweils 1,1 Tonnen für den Regen- und Schmutzwasserkanal ist der ursprünglich im Angebot zugrunde gelegte Preis anzusetzen, so dass sich hierfür ein Betrag von 644,64 € ergibt (1,1 Tonnen × 2 × 246,235 € zuzüglich USt i.H.v. 19 %). Für die restlichen 580,40 Tonnen ist der gem. obigen Ausführungen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B errechnete Preis von 94,65 € zzgl. 19 % USt anzusetzen, was 65.372,48 € ergibt. Hiervon abzuziehen, sind die bereits geleisteten Zahlungen von 13.283,28 € und 8.855,52 € zzgl. 19 % USt, mithin 26.345,17 €.

V. Der wie oben unter IV dargestellte und ermittelte fortgeschriebene Preis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B stellt sich auch nicht als sittenwidriger oder spekulativer Einheitspreis dar.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NZBau 2009, 232) kann, wenn der nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B neu zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen in einem auffälligen wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung steht, die dieser Preisbildung zugrundeliegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig seien. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall war der nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen um mehr als das 800-fache überhöht, da der Auftragnehmer in der betreffenden Position des Leistungsverzeichnisses einen ähnlich überhöhten Einheitspreis angeboten hatte. Daher bestehe ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers. Dies ist hier weder beim ursprünglich angesetzten Preis von 246,24 € netto je Tonne noch bei dem durch Preisschreibung ermittelten Preis von 94,65 € je Tonne der Fall. Geht man von einem marktüblichen Preis von 38,– € netto aus, der offenbar von der Beklagtenseite auch akzeptiert wurde, liegt, ausgehend vom ursprünglich angesetzten Preis, „nur“ eine 6,5-fache Erhöhung vor. Ein auffälliges Mißverhältnis ist schon aus diesem Grund fraglich. Geht man vom gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ermittelten Preis aus, liegt sogar eine „nur“ rund 2,5-fache Erhöhung vor.

2. Nach verschiedenen Instanzgerichten kann eine Sittenwidrigkeit jedoch bei einer deutlich geringer erhöhten Überhöhung des Einheitspreises vorliegen. So hat das OLG Nürnberg (BauR 2010, 1638) die Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben bereits dann bejaht, wenn der geforderte Einheitspreis für Mehrmengen um das 8-fache überhöht sei. Das OLG München (BauR 2010, 2164) hat dies bei einer 6,87-fachen Überhöhung zumindest in den Raum gestellt, sah die Vermutung jedoch letztendlich als widerlegt an. Würde man vorliegend vom ursprünglich vereinbarten Preis ausgehen, läge eine 6,5-fache Erhöhung vor. Allerdings ist hierbei auch die Erhöhung des Gesamtpreises zu berücksichtigen, so das OLG Nürnberg (a.a.O.). Eine Sittenwidrigkeit sei demnach bei einer Erhöhung des Gesamtpreises um 13 % zu verneinen. Vorliegend läge bei Berücksichtigung des ursprünglichen Gesamtbetrages eine Erhöhung des Gesamtpreises von rund 15 % vor, so dass nach Auffassung des Gerichts auch unter diesen Aspekt keine Sittenwidrtgkeit vorliegt. Stellt man auf den oben ermittelten fortgeschriebenen Preis, liegt eine noch geringfügigere Erhöhung des Gesamtpreises vor.

3. Nach einer neueren Entscheidung des BGH (ZfBR 2013, 456) könne ein auffälliges Mißverhältnis vorliegen, wenn die durch Fortschreiben zu bestimmende Vergütung nahezu das 8-fache des ortsüblichen Preises beträgt und wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtsumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann. Die Gesamterhöhung lag in diesem Fall bei 39 %. All diese Werte sind, wie bereits dargestellt, im vorliegenden Fall nicht ansatzweise erfüllt.

4. Aber selbst wenn man eine wucherähnliche Preisgestaltung annähme, sieht das Gericht im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung vorliegend die Vermutung als widerlegt an. Denn hier ging der Auftraggeber nach seinen Ausführungen, welchen das Gericht folgt, nur von einer äußerst geringen Menge aus. Die diesbezüglichen Angaben des Zeugen E. waren für das Gericht nachvollziehbar (s.o.). Wenn jedoch der Auftraggeber bei der Ausschreibung selbst von geringen Mengen ausgeht, erscheint es für das Gericht nachvollziehbar, was auch durch den Sachverständigen bestätigt wurde, dass Kosten für derartige Kleinmengen im Verhältnis zu größeren Mengen deutlich höher sind. Dies erschließt sich bereits für den Laien vor dem Hintergrund, dass eine andere Kalkulation nötig ist, wenn ein Laster nur mit einer Tonne beladen wird, statt diesen voll zu laden.

Unter diesem Aspekt kann von einem sittenwidrigen Gewinnstreben nicht die Rede sein. Das Gericht ist der Auffassung, dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger auf eine derartige Kostenexplosion spekulierte, wie es die Rechtsprechung in den genannten Urteilen fordert. Hierfür ergeben sich keinerlei greifbare Anhaltspunkte.

VI. Entgegen der Auffassung des Beklagten, ist hier auch der fortgeschriebene Preis, wie er oben ermittelt wurde, anzusetzen und nicht der marktübliche Preis wegen eines Wegfalles der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB.

In Rechtsprechung und Literatur herrscht Einigkeit, dass in der Regel ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB nicht in Betracht kommt, soweit eine vertragliche Regelung über die Preisfortschreibung von Mehrmengen, wie in § 2 Abs. 3 VOB/B, getroffen ist (vgl. Jansen in: Ganten/Jansen/Voit, Beckscher VOB-Kommentar Teil B, 3. Aufl. 2013, § 2 Abs. 3 Rdnr. 30 ff.; BGH NJW RR 2011 886).

Nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) ist es zwar möglich, dass Geschäftsgrundlage einer Einheitspreisvereinbarung ist, dass eine bestimmte Menge überschritten wird. Allerdings ist dem Einheitspreis die Möglichkeit einer Mengenänderung immanent, so dass grundsätzlich kein Grund für die Annahme besteht, eine bestimmte Menge sei zur Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden. Bei einer außergewöhnlichen Preisbildung sei dies jedoch denkbar, weil die darin angelegte Störung des Equivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sich bei erheblichen Mengenänderungen im viel stärkeren Maß auswirkt.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände, liegt nach Auffassung des Gerichts eine derartige Ausnahme vorliegend nicht vor. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall lag eine über 8-fach Überhöhung des ursprünglich angesetzten Einheitspreises, wie auch des fortgeschriebenen Preises nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vor bzw. dort sogar eine absolute Überhöhung von fast 2.200,– € je Tonne. Nach der im vorliegenden Fall vorgenommenen Preisfortschreibung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B liegt jedoch nur noch eine rund 2,5-fache Überhöhung des marktüblichen Preises vor.

Zudem sieht das Gericht vorliegend keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den Parteien zur Geschäftsgrundlage wurde, dass eine bestimmte Menge nicht zu überschreiten ist, zumal hier ohnehin nur, wie die Beklagtenseite angibt, mit einer Minimalmenge von einer Tonne gerechnet wurde. Nach den glaubwürdigen Angaben des Zeugen E. sei mit einer Tonne geschätzt worden. Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass sich hieraus eine Geschäftsgrundlage dahingehend bilden lässt, dass diese Mengeangabe keinesfalls überschritten wird. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls sowie der Tatsache, dass im Gegensatz zu dem zitierten Urteil des BGH (NJW-RR 2011, 886) im Verhältnis ein deutlich geringfügiger höherer fortgeschriebener Preis errechnet wurde, verbleibt es vorliegend bei der Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B. Das Gericht sieht für eine Abweichung von dieser spezialgesetzlichen Regelung zugunsten eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage keinen Raum.

VII. Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB. Der Antrag aus dem Schriftsatz der Klagepartei vom 25.02.2016, in welchem ein höherer Zinssatz von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 29.07.2014 gefordert wurde, konnte keine Berücksichtigung finden, da er nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

D

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 95 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, S. 2, S. 3 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bamberg Endurteil, 02. März 2016 - 1 O 462/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Bamberg Endurteil, 02. März 2016 - 1 O 462/12

Referenzen - Gesetze

Landgericht Bamberg Endurteil, 02. März 2016 - 1 O 462/12 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 632 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 339 Einspruchsfrist


(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.