Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 15. Aug. 2008 - 8 Ta 152/08

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2008:0815.8TA152.08.0A
published on 15/08/2008 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 15. Aug. 2008 - 8 Ta 152/08
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.06.2008 - AZ: 4 Ca 322/08 - wie folgt abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtsweges.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten auf Provisionsbasis als Kundenberaterin für den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen tätig. Mit E-Mail vom 18.01.2008 erklärte die Beklagte die Geschäftsbeziehung mit der Klägerin für beendet.

3

Mit ihrer am 07.02.2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klageschrift hat die Klägerin folgende Anträge angekündigt:

4

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch schriftliche Kündigung der Beklagten vom 18.01.2008, zugegangen am 18.01.2008, zum 18.01.2008 nicht aufgelöst worden ist.

5

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.

6

3. Sollte die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichtes erklären, dass sie die Klägerin weiterbeschäftigen wird, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht, wird weiter beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst wurde, zu den im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen als zu einem monatlichen Bruttogehalt von Euro bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten gerügt.

8

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten sei rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, die Klägerin sei bei ihr als freie Mitarbeiterin tätig gewesen.

9

Mit Beschluss vom 25.06.2008 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht C-Stadt verwiesen.

10

Gegen diesen, hier am 09.07.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 23.07.2008 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

11

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

12

Die nach §§ 48 Abs. 1, 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 Abs. 1 ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

13

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.

14

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gelten in dieser Hinsicht als Arbeitnehmer ferner solche Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.

15

Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Klägerin als Arbeitnehmerin oder zumindest als arbeitnehmerähnliche Person im materiell-rechtlichen Sinne anzusehen ist. Die Zuständigkeit für Arbeitsgerichte folgt nämlich vorliegend daraus, dass sich der Streitfall als sic-non-Fall darstellt.

16

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch eine seitens der Beklagten ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden ist (Klageantrag zu 1.), nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht (Klageantrag zu 2.). Mit diesem Antragsinhalt ist Streitgegenstand nicht nur die Frage, ob das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien durch Kündigung oder in sonstiger Weise beendet worden ist. Streitgegenstand ist vielmehr auch, ob dieses Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist. Die beantragte Feststellung setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich bestanden hat. Andernfalls ist der Antrag schon deshalb unbegründet (BAG v. 26.05.1999 - 5 AZR 664/98 - NZA 1999, 987 ff.). Der Klageerfolg hängt bei dieser Antragsstellung folglich auch von Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtsweges entscheidend sind. Wegen dieser Doppelrelevanz sind die Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung über solche Anträge, wie sie die Klägerin gestellt hat, berufen (BAG v. 19.12.2000 - 5 AZB 16/00 - NZA 2001, 285; BAG v. 17.01.2001 - 5 AZB 18/00 - NZA 2001, 341). Bestand zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis, so ist die Klage bereits deshalb als unbegründet abzuweisen.

17

Für den Klageantrag zu 3. folgt die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zumindest daraus, dass dieser als uneigentlicher Hilfsantrag hinsichtlich des Rechtsweges das Schicksal des Hauptantrages teilt (BAG v. 17.01.2001 a. a. O., m. w. N.).

18

Nach alledem war der angefochtene Beschluss abzuändern und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig zu erklären.

19

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.

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(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für 1. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;2

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14

Annotations

(1) Ergänzungsschöffen (§ 192 Abs. 2, 3) werden aus der Ersatzschöffenliste zugewiesen.

(2) Im Fall der Verhinderung eines Hauptschöffen tritt der zunächst zugewiesene Ergänzungsschöffe auch dann an seine Stelle, wenn die Verhinderung vor Beginn der Sitzung bekannt wird.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.