Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 12. Juli 2017 - 4 TaBV 23/17

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2017:0712.4TaBV23.17.00
published on 12/07/2017 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 12. Juli 2017 - 4 TaBV 23/17
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Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin und die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 9.5.2017 - 2 BV 46/17 - werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die personelle Besetzung einer unstreitig zu bildenden betrieblichen Einigungsstelle.

2

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

3

1. als Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Regelungsthema "Sozialplan zur beabsichtigten Betriebsstilllegung" Herrn St. E., Richter am Arbeitsgericht Mainz, zu bestellen,

4

2. für die unter Ziffer 1 beantragte Einigungsstelle die Zahl der Beisitzer mit je fünf pro Seite festzulegen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

6

1. als Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Regelungsthema "Sozialplan zur beabsichtigten Betriebsstilllegung" Herrn Dr. J. V., Richter am Arbeitsgericht Koblenz, zu bestellen,

7

2. den Antrag des Antragstellers zu Ziffer 2, nach welchem die Einigungsstelle mit je fünf Beisitzern pro Seite besetzt werden soll, zurückzuweisen und festzulegen, dass die beantragte Einigungsstelle von jeweils zwei Beisitzern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite besetzt wird.

8

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.05.2017 den Richter am Arbeitsgericht E. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt und die Anzahl der Beisitzer auf 2 für jede Seite festgesetzt.

9

Gegen den beiden Beteiligten am 12.05.2017 zugestellten Beschluss haben die Arbeitgeberin am 17.05.2017 und der Betriebsrat am 23.05.2017 Beschwerde eingelegt und diese jeweils zugleich begründet.

10

Die Arbeitgeberin macht zur Begründung ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend, die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Richter am Arbeitsgericht E. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen, sei fehlerhaft, da sie - die Arbeitgeberin - diesem Vorschlag ausdrücklich bereits mit außergerichtlichem Schreiben vom 20.04.2017 entgegengetreten sei. Soweit das Arbeitsgericht konkrete Bedenken gegen die Person des von der Gegenseite vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden fordere, sei diese Auffassung unzutreffend. Richtig sei vielmehr, dass eine Person nur dann zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestellt werden könne, wenn sie tatsächlich das Vertrauen beider Betriebsparteien genieße. Insoweit bestehe ein weitreichender Ermessensspielraum des Arbeitsgerichts bei der Bestimmung der Person des Vorsitzenden. Daher könne auch ein schlichtes "nein" einer Betriebspartei dazu führen, dass das Arbeitsgericht einen Dritten als Vorsitzenden einsetze. Denn auch dann, wenn keine konkreten Einwendungen gegen den Kandidaten der jeweiligen Gegenseite vorgebracht würden, könne ein Dritter eingesetzt werden, um die Belastung des Einigungsstellenverfahrens zu vermeiden. Dafür spreche auch, dass andernfalls der Zwang bestehe, die Gründe offenzulegen, die gegen die vorgeschlagene Person sprächen, was - insbesondere dann, wenn sie nicht für ausreichend gehalten würden - je nach Art des mitgeteilten Grundes die Verhandlungen mit dem betreffenden Einigungsstellenvorsitzenden ganz erheblich belasten könnte. Zudem dürfe nicht übersehen werden, dass jede andere Sichtweise einen "Wettlauf" auslösen würde. Derjenige, der zuerst den Antrag auf Bildung der Einigungsstelle stelle, erhielte einen entscheidenden strategischen Vorteil hinsichtlich der Besetzung der wichtigen Position des Vorsitzenden.

11

Die Arbeitgeberin beantragt,

12

1. den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern, soweit der Richter am Arbeitsgericht St. E. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Sozialplan zur beabsichtigten Betriebsstilllegung" bestellt wurde und den Richter am Arbeitsgericht Dr. J. V. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.

13

Hilfsweise,

14

einen Dritten als Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.

15

2. die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

16

Der Betriebsrat beantragt,

17

1. Den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern und die Zahl der Beisitzer für die Einigungsstelle auf 5 pro Seite festzulegen.

18

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

19

Der Betriebsrat macht zur Begründung seiner eigenen Beschwerde im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Anzahl von zwei Beisitzern pro Seite angesichts von Art, Umfang und Inhalt des Regelungsgegenstandes nicht angemessen und ausreichend. Zum einen handele es sich um eine komplexe Regelungsmaterie. Zum anderen sei eine Betriebsstilllegung auch hinsichtlich ihrer politischen Reichweite und aufgrund der damit verbundenen Entlassung sämtlicher Arbeitnehmer beachtlich. Dementsprechend habe er - der Betriebsrat - auch gegenüber den von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmern eine entsprechende Rechenschaftsverpflichtung auf angemessene Vertretung innerhalb der Einigungsstelle. Es daher zumindest erforderlich, dass im Rahmen der zu bildenden Einigungsstelle ein Mitglied des Betriebsrats selbst, ein den Betrieb und das Unternehmen kennender Sachverständiger, ein juristischer Sachverständiger sowie ggf. ein wirtschaftlicher Sachverständiger als Beisitzer hinzuzuziehen seien. Es erscheine daher sinnvoll, die Einigungsstelle mit jeweils fünf Beisitzern auf jeder Seite zu besetzen.

20

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

21

Sowohl die Beschwerde des Betriebsrats als auch die Beschwerde der Arbeitgeberin sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Keines der beiden somit insgesamt zulässigen Rechtsmittel hat jedoch in der Sache Erfolg.

22

1. Die auf eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung bezüglich der Person des zu bestellenden Einigungsstellenvorsitzenden gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

23

Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Beschwerdeverfahrens das Landesarbeitsgericht keine eigene Ermessensentscheidung hinsichtlich der Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle trifft. Denn die Beschwerde dient lediglich der Überprüfung der erstinstanzlichen Ermessensentscheidung, nicht deren Ersetzung. Nur dann, wenn das Arbeitsgericht sein Ermessen unzutreffend ausgeübt hat, kommt eine eigene Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts in Betracht (ErfK/Koch, 15. Aufl., § 99 ArbGG Rz. 7 m. w. N.).

24

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Richter am Arbeitsgericht E. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen, ist nicht ermessensfehlerhaft. Der Richter ist unparteiisch, erfahren und fachlich geeignet.

25

Die Ermessensentscheidung des Arbeitsgerichts ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Arbeitgeberin mit dem Vorschlag des Betriebsrats nicht einverstanden ist. Zwar ist das Arbeitsgericht bei der Auswahl der zu bestellenden Person unter Beachtung der Grenzen des § 100 Abs. 1 S. 5 ArbGG grundsätzlich frei und an die Vorschläge der Beteiligten nicht gebunden. Andererseits steht einer Bestellung des vom Antragsteller vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden eine nur schlagwortartige Ablehnung durch den anderen Beteiligten nicht entgegen, wobei allerdings an die Substantiierung der von einem Beteiligten gegen den Vorschlag des anderen vorgebrachten Bedenken keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. ErfK/Koch, § 99 ArbGG Rz. 5 m. w. N.). Der Auffassung der Arbeitgeberin, ein schlichtes "nein" eines Beteiligten gegen die von der Gegenseite vorgeschlagene Person stehe deren Bestellung entgegen, kann nicht gefolgt werden. Auch das diesbezüglich vorgebrachte Argument, das andernfalls ein "Wettlauf" um den ersten Antrag ausgelöst werde, da dann derjenige, der zuerst den Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle stelle, einen entscheidenden strategischen Vorteil hinsichtlich der Besetzung der Position des Vorsitzenden erhalte, greift nicht durch. Stünde eine nur schlagwortartige Ablehnung oder gar ein bloßes "nein" eines Beteiligten der Bestellung des von der Gegenseite benannten Einigungsstellenvorsitzenden entgegen, so müsste dies konsequenterweise auch bezüglich eines vom Gericht unterbreiteten Vorschlages hinsichtlich der Person des Einigungsstellenvorsitzenden gelten. Dies hätte zur Folge, dass jeder Beteiligte jedweden Vorschlag eines anderen Beteiligten und auch des Gerichts ohne nähere Begründung erfolgreich ablehnen und dadurch die Errichtung der Einigungsstelle verzögern könnte, was jedoch der in § 100 Abs. 1, 2 ArbGG vorgesehenen Verfahrensbeschleunigung entgegenstehen würde.

26

2. Die Beschwerde des Betriebsrats ist ebenfalls unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Zahl der Beisitzer auf zwei pro Seite festgesetzt.

27

Die erforderliche Zahl der Beisitzer einer Einigungsstelle richtet sich nach der Komplexität des Regelungsgegenstandes und den sonstigen Besonderheiten des Einzelfalls. Im Regelfall sind zwei Beisitzer für jede Seite ausreichend (LAG Niedersachsen v. 07.08.2007 - 1 TaBV 63/07 - juris; LAG München v. 15.07.1991 - 4 TaBV 27/91 - juris; LAG Berlin v. 12.09.2001 - 4 TaBV 1436/01 - juris). Eine größere Zahl von Beisitzern kommt dann in Betracht, wenn besonders komplexe Regelungsfragen zu entscheiden und deshalb besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten für die sachgerechte Behandlung in der Einigungsstelle erforderlich sind.

28

Umstände, die vorliegend eine Erhöhung der vom Arbeitsgericht festgesetzten Anzahl von Beisitzern erforderlich machen könnten, sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats begründet die Tatsache, dass es um die Erarbeitung eines Sozialplans geht, nicht die Notwendigkeit von mehr als zwei Beisitzern pro Seite. Der Sozialplan betrifft - soweit ersichtlich - noch die zuletzt bei der Arbeitgeberin beschäftigten 74 Arbeitnehmer. Es kann von daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Einigungsstelle einen besonders umfangreichen Sozialplan aufstellen muss. Eine besondere Komplexität des zu regelnden Sachverhalts ist nicht ersichtlich. Für die Beurteilung von Rechtsfragen verfügt der vom Arbeitsgericht bestellte Einigungsstellenvorsitzende zweifellos über die erforderlichen juristischen Kenntnisse. Daher bedarf es - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - keines (zusätzlichen) juristischen Sachverständigen als Beisitzer der Einigungsstelle. Überdies sind sowohl Betriebsrat als auch Arbeitgeberin - soweit erforderlich - berechtigt, einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens mit der Wahrnehmung ihrer Interessen vor der Einigungsstelle zu beauftragen (vgl. hierzu BAG v. 21.06.1989 - 7 ABR 78/87 - AP Nr. 30 zu § 76 BetrVG 1972).

29

3. Nach alledem waren sowohl die Beschwerde des Betriebsrats als auch die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

30

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

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(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich

Annotations

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 6 wird das Verfahren auf Antrag einer Tarifvertragspartei eines kollidierenden Tarifvertrags eingeleitet.

(2) Für das Verfahren sind die §§ 80 bis 82 Absatz 1 Satz 1, die §§ 83 bis 84 und 87 bis 96a entsprechend anzuwenden.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag wirkt für und gegen jedermann.

(4) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 6 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.