Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 21. Aug. 2018 - 7 Sa 422/17

published on 21/08/2018 00:00
Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 21. Aug. 2018 - 7 Sa 422/17
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Arbeitsgericht Nürnberg, 3 Ca 5024/16, 06/11/2017

Gericht

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Tenor

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.11.2017 wird wie folgt abgeändert:

Ziffer 1 des Urteils lautet:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.205,77 € brutto abzüglich 866,00 € netto sowie weiterer 36,01 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.11.2016 zu zahlen und hierüber eine Abrechnung zu erteilen.

Ziffer 2 des Endurteils wird aufgehoben. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Bezüglich der Abweisung der Klage in Höhe von 40,00 € (Pauschale gemäß § 288 Absatz 5 BGB) wird die Revision zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten (noch) um Urlaubsabgeltung und eine Verzugskostenpauschale.

Der Kläger war vom 01.03.2015 bis 15.07.2015 bei der Beklagten als Taxifahrer beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 26.02.2015 zugrunde (Bl. 5 ff d.A.). Danach betrug das monatliche Entgelt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 1.550,00 € brutto (§ 4 des Arbeitsvertrags). Gemäß § 9 des Arbeitsvertrags hatte der Kläger Anspruch auf einen Jahresurlaub in Höhe von 37 Arbeitstagen.

Unter dem 20.10.2016 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Abgeltung für 37 Urlaubstage in Höhe von 2.205,77 € geltend. Mit Schriftsatz vom 03.01.2017, der am 05.01.2017 beim Arbeitsgericht Nürnberg einging, machte der Kläger seinen Anspruch gerichtlich geltend. Außerdem forderte er die gesetzliche Verzugskostenpauschale in Höhe von 40,00 €.

Die Beklagte überwies am 20.03.2017 einen Betrag in Höhe von 866,00 € an den Kläger.

Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger mit Endurteil vom 06.11.2017 als Urlaubsabgeltung 2.205,77 € brutto abzüglich 866,00 € netto sowie die Verzugskostenpauschale von 40,00 € zu und verurteilte die Beklagte gleichzeitig, dem Kläger eine Abrechnung zu erteilen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 09.11.2017 zugestellt.

Die Beklagte legte gegen das Urteil am 24.11.2017 Berufung ein und begründete sie am 18.01.2018.

Die Berufungsbegründungsfrist war bis 23.01.2018 verlängert worden.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe an folgenden Tagen Urlaub genommen:

- 17./18.02.2016 = 2 Tage

- 25.02. bis 27.02.2016 = 3 Tage

- 26.06. bis 11.07.2016 = 13 Tage

- 12.07.2016 ½ = 0,5 Tage, gesamt 18,5 Tage.

Die Beklagte macht geltend, die Urlaubstage vom 26.06. bis 11.07.2016 seien durch erfolglose Abmahnungen vom 01.06.2016 und 02.06.2016 angesetzt worden.

Die Beklagte verweist als Beweis dafür, dass der Kläger Urlaub genommen habe, auf die Abrechnungen für die Monate Februar, Juni und Juli 2016. Die Beklagte führt aus, die genannten Urlaubstage seien mit ihr abgesprochen und von ihr genehmigt worden. Sie benennt als Zeugin Frau A. und trägt vor, die Zeugin könne sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr an die Details erinnern, insbesondere an welchen Tagen welche Gespräche geführt worden seien.

Sollten die Urlaubstage nicht anerkannt werden, erkläre sie vorsorglich die Aufrechnung mit Rückzahlungsansprüchen aus den überzahlten Beträgen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 21.08.2018 erklärt, er lasse sich anrechnen, was nach der Abrechnung für August 2016 an Steuern und Sozialversicherung abgeführt worden sei (36,01 €).

Die Beklagte beantragt,

  • 1.Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.11.2017, zugestellt am 09.11.2017, AZ: 3 Ca 5024/16 wird teilweise abgeändert und die Klage insgesamt zurückgewiesen.

  • 2.Der Kläger und Berufungsbeklagter trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger rügt, die Berufung sei bereits unzulässig, da sich die Beklagte nicht mit dem Ersturteil auseinandergesetzt habe.

Der Kläger trägt vor, er habe den behaupteten Urlaub nicht beantragt und nicht Urlaub bewilligt erhalten. Er habe für August 2016 drei Wochen Urlaub beantragt gehabt.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG.

Der Zulässigkeit der Berufung steht auch § 520 Absatz 3 Satz Nr. 2 ZPO nicht entgegen. Die Beklagte hat sich in ausreichendem Maße mit dem Ersturteil auseinandergesetzt, indem sie geltend gemacht hat, das Erstgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, der Kläger habe noch Anspruch auf Resturlaub.

Die Berufung ist nur teilweise begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geforderte Verzugskostenpauschale in Höhe von 40,00 €, § 288 Absatz 5 BGB.

Allerdings stünde dem Kläger nach dem Wortlaut des § 288 Absatz 5 BGB die Verzugskostenpauschale zu. Insbesondere schließt die Norm Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nicht aus. § 288 BGB ist vielmehr eine Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts, das auch auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist.

§ 288 Absatz 5 BGB bedarf indes einer teleologischen Reduktion.

Die teleologische Reduktion gehört zu den von Verfassung wegen anerkannten Auslegungsgrundsätzen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schreibt die Verfassung eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion. Sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (Bundesverfassungsgericht - Beschluss vom 31.10.2016 - 1 BvR 871/13; 1 BvR 1833/13; juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die Verzugskostenpauschale nicht bei Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis an.

Die Aufnahme der Verzugskostenpauschale in § 288 Absatz 5 BGB dient nach dem gesetzgeberischen Willen ausschließlich der Umsetzung der Artikel 1 bis 8 und 10 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (i.F.: Richtlinie). Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/1309).

Die Gesetzesbegründung stellt ihrerseits auf den mit der Richtlinie verfolgten Zweck ab. Danach verfolgt die Richtlinie das Ziel, ein „rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin im Geschäftsleben“ zu schaffen, um die Liquidität, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen zu verbessern. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen von der Last des mit langen Zahlungsfristen und Zahlungsverzug verbundenen „Gläubigerkredits“ befreit und gerade öffentliche Auftraggeber als Schuldner von Entgeltforderungen durch die Folgen des Zahlungsverzugs abgeschreckt werden (BT-Drucksache 18/1309).

Dies entspricht Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie („Diese Richtlinie dient der Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert, und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und insbesondere von KMU zu fördern“).

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Regelungen treffen wollte, die über das Ziel der Richtlinie hinausgehen. Vielmehr heißt es unter A. II. der Begründung des Gesetzentwurfs:

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der gegenüber der Richtlinie 2000/35/EG neuen Regelungen der Richtlinie 2011/7/EU in deutsches Recht. Nur diese Regelungen sind vom Umsetzungsauftrag der Richtlinie 2011/7/EU erfasst (…). Die Umsetzung soll durch eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) … erfolgen. … Aus dem sich daraus ergebenden Umstand, dass § 288 Absatz 5 BGB nicht über die Richtlinie hinausgehen sollte, ist zu folgern, dass für § 288 Absatz 5 BGB der in der Richtlinie genannte Anwendungsbereich gilt.

Nach Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie ist sie auf alle Zahlungen anzuwenden, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind. Der Begriff des Geschäftsverkehrs ist in Artikel 2 der Richtlinie definiert. Danach bezeichnet „Geschäftsverkehr“ Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen.

Arbeitsverhältnisse sind von dieser Definition nicht erfasst, so dass Arbeitnehmern in dieser Eigenschaft die Verzugskostenpauschale nicht zusteht.

Dies entspricht im Ergebnis der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 2018 - 8 AZR 26/18 (Pressemitteilung vom selben Tag).

Das Ersturteil war entsprechend zu ändern.

Das Ersturteil war auch insoweit abzuändern, als zusätzlich zum Auszahlungsbetrag von 866,00 € ein weiterer Betrag in Höhe von 36,01 € abzuziehen ist. Die Erklärung des Klägers in der Sitzung am 21.08.2018, er lasse sich diesen Betrag anrechnen, ist als teilweise Rücknahme der Klage anzusehen.

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Dem Kläger steht, wie das Erstgericht zu Recht entschieden hat, Urlaubsabgeltung in der geltend gemachten Höhe zu.

Das erkennende Gericht folgt zunächst den umfassenden und zutreffenden Gründen des Erstgerichts, § 69 Absatz 2 ArbGG.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass eine andere Beurteilung des Sachverhalts veranlasst ist. So sieht sich die Beklagte nach eigenem Sachvortrag nicht in der Lage, darzustellen, wann dem Kläger Urlaub bewilligt worden oder dass und wann zwischen den Parteien eine Einigung erzielt worden ist, dass etwaige Zeiten unentschuldigten Fehlens als Urlaubsnahme behandelt werden sollten. Dementsprechend hat die Beklagte auch keinen geeigneten Beweis für ihre Behauptung angeboten. Die von ihr benannte Zeugin A. kann sich nach dem Vorbringen der Beklagten nicht mehr an die Details erinnern, insbesondere nicht daran, an welchem Tag welche Gespräche geführt wurden.

Auch wenn der Kläger an bestimmten Tagen unentschuldigt gefehlt hätte, ist die Beklagte nicht berechtigt, diese Zeiten einseitig als Urlaub zu qualifizieren.

Dazu kommt, dass der Sachvortrag zum geltend gemachten unentschuldigten Fehlen unsubstantiiert ist, worauf bereits das Erstgericht hingewiesen hat. Aus den vorgelegten Abmahnungen ergeben sich allenfalls drei Tage unentschuldigten Fehlens, nämlich am 01., 02. und 06.06.2016.

Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs des Klägers, §§ 387, 388, 389, 394 BGB.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte wegen etwaiger Fehlzeiten Lohnüberzahlungen geleistet und ob diese entsprechend der vertraglichen Verfallfrist erloschen sind.

Einer Aufrechnung steht teilweise das Verbot des § 394 BGB entgegen. Nach der Tabelle zu § 850c ZPO ist ein Betrag in Höhe von 1.139,99 € monatlich unpfändbar.

Darüber hinaus hat die Beklagte weder erklärt, mit welchem Betrag sie aufrechnet, noch ist schlüssig vorgetragen, in welcher Höhe überhaupt eine Überzahlung vorliegt.

Die Berufung war daher insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den § 92 Absatz 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision hinsichtlich der Entscheidung zur Verzugskostenpauschale erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Annotations

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.

(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als

1.
1 178,59 Euro monatlich,
2.
271,24 Euro wöchentlich oder
3.
54,25 Euro täglich
beträgt.

(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um

1.
443,57 Euro monatlich,
2.
102,08 Euro wöchentlich oder
3.
20,42 Euro täglich.
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je
1.
247,12 Euro monatlich,
2.
56,87 Euro wöchentlich oder
3.
11,37 Euro täglich.

(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der

1.
3 613,08 Euro monatlich,
2.
831,50 Euro wöchentlich oder
3.
166,30 Euro täglich
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):

1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1,
2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2,
3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.

(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für

1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt,
2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt,
3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
Die sich aus der Berechnung nach Satz 1 ergebenden Beträge sind in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung als Tabelle enthalten. Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.

(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.