Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2016 - 2 Sa 114/15

bei uns veröffentlicht am22.01.2016

Tenor

1. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Rostock vom 21. April 2015 (2 Ca 375/14) wird

a) festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;

b) das beklagte Land verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien hatten im Vorprozess im Rahmen einer Befristungskontrollklage um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gestritten. Sie streiten nunmehr um die Frage, ob durch die rechtsgeschäftlich befristete Weiterbeschäftigung, die zeitweilig während des Laufs des Vorprozesses vereinbart wurde, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien entstanden ist.

2

Die 1958 geborene Klägerin stand vom 15. Dezember 2010 bis zum 31. März 2013 in einem befristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Sie war der Universität A-Stadt zugeordnet und war dort an der Juristischen Fakultät als Sekretärin in Vollzeit beschäftigt. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt hatte zuletzt rund 2.300,00 Euro brutto monatlich betragen.

3

Im Vorprozess hatte die Klägerin die Befristung auf den 31. März 2013 mit einer Befristungskontrollklage, die sie mit einem Weiterbeschäftigungsantrag verbunden hatte, angegriffen. Das Arbeitsgericht Rostock hatte der Klage mit Urteil vom 23. Juli 2013 (1 Ca 149/13) entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung abgewiesen (LAG Mecklenburg-Vorpommern 12. Februar 2014 – 2 Sa 173/13). Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

4

Zwei Monate nach Ablauf des vereinbarten Enddatums 31. März 2013 haben die Parteien unter dem 16. Mai 2013 erneut einen befristeten Arbeitsvertrag für eine Vollzeitbeschäftigung an der Juristischen Fakultät der Universität für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. September 2013 geschlossen (Kopie als Anlage K 1 überreicht, hier Blatt 5 f). Dort heißt es auszugsweise wörtlich:

5

"… Befristungsgrund: Prozessbeschäftigung (dieser Vertag wird unter dem Vorbehalt geschlossen, dass er nur gelten soll, wenn nicht bereits aufgrund des vorangegangenen befristeten Arbeitsvertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.)"

6

Äußerer Anlass der Wiederaufnahme der Zusammenarbeit war ein Personalbedarf für eine Sekretärin an der Juristischen Fakultät (Lehrstuhl Prof. Dr. H.). Die Stelle war zuvor – allerdings als Halbtagsstelle – seit Anfang 2013 auch ausgeschrieben gewesen (Anlage K 2, hier Blatt 7).

7

Mit Mail vom 9. September 2013 hat sich die Klägerin, die wenige Wochen zuvor im Vorprozess vor dem Arbeitsgericht obsiegt hatte, an die Sachbearbeiterin Personalservice der Universität A-Stadt, mit der Frage gewendet, "um weiter zu planen, möchte ich gerne eine Auskunft, wie es mit mir nach dem 30.09.2013 weiter geht?" (Anlage K 5, hier Blatt 22). Daraufhin teilte die Sachbearbeiterin Personalservice mit, "sie werden vorerst weiter in der JUF eingesetzt" (ebenfalls Anlage K 5, hier Blatt 22).

8

Die Klägerin wurde dann allerdings zum 30. September 2013 vom beklagten Land (Landesbesoldungsamt) routinemäßig sozialversicherungsrechtlich abgemeldet, wovon die Klägerin durch ein Anschreiben ihrer Krankenkasse vom 21. September 2013 (Kopie als Anlage K 4 überreicht, hier Blatt 21) in Kenntnis gesetzt wurde. Darauf wandte sich die Klägerin mit E-Mail vom 25. September 2013 nunmehr an den Dezernenten Personal und Personalentwicklung der Universität A-Stadt. Die Mail mit dem Betreff "Abmeldung zum 30.09.2013" hat unter Weglassung der Ein- und Ausgangsfloskeln folgenden Text (Kopie als Anlage B 1 überreicht, hier Blatt 15):

9

"… ich erhielt gestern Post von meiner Krankenkasse mit Datum 21.09.2013, dass ich zum 01.10.2013 abgemeldet bin. Wie Sie wissen, gibt es ja ein Urteil vom 23.07.2013, dass ich weiter an der Universität beschäftigt werden muss. Wurde die Information an das Landesbesoldungsamt nicht weiter gegeben?

10

Ich bitte um schriftliche Bestätigung, dass ich weiter an der Uni beschäftigt bin, das meine Sozialabgaben abgeführt werden und eine Information an die zuständigen Stellen."

11

Eine Antwort hat die Klägerin auf ihre Anfrage nicht erhalten. Allerdings wurde sie tatsächlich auch über den 30. September 2013 hinaus in ihrer zuletzt bekleideten Stellung als Sekretärin in der Juristischen Fakultät (Lehrstuhl Prof. Dr. H.) weiter beschäftigt.

12

Das Arbeitsverhältnis wurde sodann störungsfrei bis etwa Mitte Februar 2014 fortgeführt. So wurde der Klägerin der volle Jahresurlaub für das Jahr 2013 gewährt. Mit der Entgeltabrechnung November 2013 ist der Klägerin auch die volle Jahressonderzahlung geleistet worden. Am 15. Januar 2014 wurde die Klägerin mit der Hälfte ihre Stelle sogar auf einen anderen Dienstposten umgesetzt. In diesem Zusammenhang erhielt die Klägerin vom Personaldezernenten unter dem 15. Januar 2014 die Mitteilung, dass sie im Rahmen des Direktionsrechtes ab dem 16. Januar 2014 für Zeit der Krankschreibung der Stelleninhaberin im Umfang von 20 Wochenstunden der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät zugeordnet werde. Die restliche Arbeitszeit von 20 Wochenstunden verbleibe sie in der juristischen Fakultät (Kopie als Anlage K 9 überreicht, hier Blatt 27). Wörtlich heißt es dort am Ende "mit dieser Zuordnung sind keine arbeitsvertraglichen Änderungen verbunden".

13

Nachdem dann allerdings im Vorprozess das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 12. Februar 2014 (2 Sa 173/13) die Klage abgewiesen hatte, wurde die Klägerin am 13. Februar 2014 aufgefordert, ihren Arbeitsplatz umgehend zu räumen. Dem ist die Klägerin nachgekommen. Das auf die weitere Beschäftigung gerichtete außergerichtliche Schreiben der Prozessbevollmächtigen der Klägerin vom 6. März 2014 konnte das beklagte Land nicht umstimmen.

14

Mit der beim Arbeitsgericht am 13. März 2014 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass zwischen den Parteien aufgrund der weiteren Beschäftigung nach Ablauf des 30. September 2013 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist, sowie die Verurteilung des beklagten Landes zur weiteren Beschäftigung der Klägerin.

15

Das beklagte Land hatte sich schon erstinstanzlich auf den Rechtsstandpunkt gestellt, die klägerische Mail vom 30. September 2013 wegen der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung (Anlage B 1, hier Blatt 15) sei als Androhung der Zwangsvollstreckung zu bewerten, der man sich durch die weitere Beschäftigung ab dem 1. Oktober 2013 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und damit ohne rechtsgeschäftliche Basis gebeugt habe.

16

Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage mit Urteil vom 21. April 2015 (2 Ca 375/14) als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat aus der zeitlichen Abfolge der Ereignisse im September 2013 den Schluss gezogen, dass der Klägerin klar gewesen sein müsste, dass die weitere Zusammenarbeit auf rechtsgeschäftlicher Basis mit Erreichen des Befristungsdatums am 30. September 2013 enden sollte. Das gehe klar aus der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung der Klägerin hervor. Die Klägerin hätte daher die weitere Beschäftigung ab dem 1. Oktober ohne die Schaffung einer erneuten rechtsgeschäftlichen Grundlage nur als eine Beschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung begreifen können. – Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

17

Mit der rechtzeitig eingelegten und fristgerecht begründeten Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, verfolgt die Klägerin ihr Begehren unverändert weiter.

18

Das arbeitsgerichtliche Urteil könne vor dem Gesetz keinen Bestand haben. Durch die weitere Beschäftigung über den 30. September 2013 hinaus sei zwischen den Parteien nach § 15 Absatz 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass diese weitere Beschäftigung lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sei. Für eine solche Annahme fehle es schon an der Schriftform, zumindest jedoch an einer entsprechenden Unterrichtung der Klägerin.

19

Im Übrigen sei es abwegig, die klägerische Mail vom 25. September 2013 (hier Blatt 15) als Androhung der Zwangsvollstreckung zu werten. Die Klägerin sei wegen der (wiederholten) sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung in Sorge gewesen und habe nur diesen Punkt klären wollen. Die Klägerin habe die Ursache der sich abzeichnenden Schwierigkeiten allein in einem Kommunikationsproblem zwischen der Universität und dem Landesbesoldungsamt gesehen, was in dem Text der Mail auch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werde. Die Mail habe daher nur dazu gedient, dieses Kommunikationsproblem zu beheben. Da die Klägerin – unstreitig – tatsächlich danach wieder sozialversicherungsrechtlich angemeldet wurde, habe das beklagte Land ihre Mail wohl auch in diesem Sinne verstanden.

20

Für die Fortsetzung der Zusammenarbeit auf rechtsgeschäftlicher Grundlage spreche letztlich auch, dass ihr der volle Jahresurlaub für das Jahr 2013 gewährt worden sei und ihr die volle Jahressonderzahlung im November 2013 gezahlt worden sei. Der erst im Rechtsstreit eingenommene Standpunkt, dass die weitere Beschäftigung lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vorgenommen worden sei, stehe auch nicht in Einklang mit der Teil-Umsetzung ab dem 16. Januar 2014, denn in der Umsetzungsverfügung vom 15. Januar 2014 heiße es sinngemäß, diese erfolge ohne arbeitsvertragliche Änderung (Anlage K 9, hier Blatt 27).

21

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

22
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
23
2. das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin über die 13.02.2014 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Sekretärin weiter zu beschäftigen.
24

Das beklagte Land beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Das beklagte Land verteidigt die angegriffene Entscheidung. Zutreffend habe das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung angenommen, die weitere Beschäftigung nach dem 30. September 2013 sei zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Das beklagte Land habe mit der Abmeldung der Klägerin zum 30. September 2013 klar zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin nicht weiter beschäftigt werde. Zutreffend habe das Arbeitsgericht auf die zeitliche Abfolge der Ereignisse im September 2013 abgestellt. Aus der zeitlich jüngeren sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung hätte die Klägerin schließen müssen, dass die auf Ebene der Sachbearbeiterin erteilt Auskunft vom 9. September 2013 (Anlage K 5, hier Blatt 22), sie werde "vorerst weiter an der JUF eingesetzt" inzwischen überholt sei.

27

Erst nachdem die Klägerin mit E-Mail vom 25. September 2013 (Anlage B 1, hier Blatt 15) gegenüber dem Dezernatsleiter Personal und Personalentwicklung mitgeteilt habe, dass es "ja ein Urteil vom 23.07.2013" gibt, "dass ich weiter an der Universität beschäftigt werden muss", habe das beklagte Land die Klägerin zur Abwendung der Zwangsvollstreckung weiter beschäftigt.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung ist begründet.

30

Der klägerische Feststellungsantrag ist begründet. In seiner Hauptbegründung nimmt das Gericht an, zwischen den Parteien sei durch die weitere Beschäftigung der Klägerin über den 30. September 2013 hinaus nach § 15 Absatz 5 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Hilfsweise ist festzustellen, dass durch die weitere Beschäftigung der Klägerin nach dem 30. September 2015 konkludent ein neues unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist.

I.

31

Der klägerische Feststellungsantrag ist begründet. Zwischen den Parteien besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das durch die weitere Beschäftigung der Klägerin über den 30. September 2013 hinaus nach § 15 Absatz 5 TzBfG entstanden ist.

1.

32

Nach § 15 Absatz 5 TzBfG gilt ein befristetes Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern es nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde, mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und dieser nicht unverzüglich widerspricht.

33

Das ist hier der Fall. Das auf den 30. September 2013 befristete Arbeitsverhältnis der Parteien ist über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt worden. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erfolgt mit Wissen des beklagten Landes.

34

Das beklagte Land hat der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nicht unverzüglich widersprochen. Der Arbeitgeber kann die Rechtsfolgen des § 15 Absatz 5 TzBfG ausschließen, in dem er der Fortsetzung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unverzüglich widerspricht. Der Widerspruch ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung im Sinne der §§ 116 ff BGB (BAG 11. Juli 2007 – 7 AZR 501/06 – AP Nr. 12 zu § 57a HRG).

35

Eine derartige Erklärung ist nicht erkennbar. Ausdrücklich hat das beklagten Land einen Widerspruch nicht erklärt. Da für den Widerspruch der Schriftformzwang nicht gilt, kann er allerdings auch konkludent erklärt werden. Es ist aber auch kein Ereignis erkennbar, aus dem man auf einen konkludenten Widerspruch durch das beklagte Land schließen kann.

a)

36

Anknüpfungspunkt für eine konkludente Erklärung des Widerspruchs im Sinne von § 15 Absatz 5 TzBfG könnte vorliegend die sozialversicherungsrechtliche Abmeldung der Klägerin durch das beklagte Land sein. In diesem Sinne ist es anerkannt, dass die Aushändigung der Arbeitspapiere an den Arbeitnehmer als konkludente Ausübung des Widerspruchsrechts gewertet werden kann (vgl. nur ErfK/Müller-Glöge § 15 TzBfG Randnummer 12). Eine direkte Übertragung dieser Bewertung auf den Fall der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung des Arbeitnehmers ist allerdings nicht möglich, da eine Willenserklärung eine empfangsbedürftige Erklärung ist, die willentlich gegenüber dem Erklärungsempfänger verlautbart wird. Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat von dem Ereignis der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung nur indirekt dadurch Kenntnis erlangt hat, dass sich ihre Krankenkasse in der Folge fürsorglich an sie zur Anbahnung einer weiteren Krankenversicherung auf neuer Basis gewandt hatte.

37

Selbst wenn man dieses Bedenken bei Seite schiebt, kann aus der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung der Klägerin durch das beklagte Land vorliegend nicht eindeutig auf einen Widerspruch gegen die weitere Beschäftigung im Sinne von § 15 Absatz 5 TzBfG geschlossen werden, denn das beklagte Land hat die Klägerin nahtlos wieder sozialversicherungsrechtlich angemeldet, so dass aus der Sicht der Klägerin ihre Intervention an der Spitze der Personalverwaltung mit der Mail vom 25. September 2013 sogar erfolgreich war; sie konnte berechtigt von einer Zustimmung zur weiteren Beschäftigung ausgehen. Die erneute sozialversicherungsrechtliche Anmeldung der Klägerin zum 1. Oktober 2013 könnte zwar auch aufgrund einer bloß faktischen Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein. Ob das der Fall war, kann hier aber offenbleiben, denn entscheidend ist, dass aufgrund des Folgeverhaltens des beklagten Landes aus dem Ereignis der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung keine eindeutigen Schlüsse auf den Willen zum Widerspruch im Sinne von § 15 Absatz 5 TzBfG gezogen werden können.

b)

38

Gelegentlich wird angenommen, dass man auch in dem Klagabweisungsantrag in dem Rechtsstreit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einen Widerspruch gegen die weitere Beschäftigung über den Tag der Befristung hinaus erblicken könne.

39

Auch auf diese Weise lässt sich vorliegend allerdings nicht auf einen Widerspruch des beklagten Landes gegen die weitere Beschäftigung der Klägerin über den 30. September 2013 hinaus schließen. Eine solche Folgerung könnte man aus dem Klagabweisungsantrag des beklagten Landes in dem Vorprozess der Parteien lediglich bezüglich der seinerzeit streitigen Befristung ziehen. Diese gedankliche Konstruktion hätte in der Praxis auch nur dann eine Bedeutung, wenn die Befristungskontrollklage schon einige Zeit vor Erreichen des Befristungsdatums erhoben wird. Hier mag es schlüssig sein, aus dem Klageabweisungsantrag auf einen Widerspruch gegen die weitere Beschäftigung über das im Vorprozess streitige Beendigungsdatum hinaus zu schließen.

40

Anerkanntermaßen kann das Widerspruchsrecht aber nicht sozusagen auf Vorrat ohne Bezug zu einem bestimmten Beendigungsdatum erklärt werden, weil dadurch die zwingende Wirkung von § 15 Absatz 5 TzBfG, die sich aus § 22 TzBfG ergibt, umgangen würde (BAG 22. Juli 2014 – 9 AZR 1066/12 – BAGE 148, 349 = AP Nr. 30 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht = DB 2014, 2837).

41

Da im vorliegenden Falle die Klageerwiderung im Vorprozess bereits längere Zeit vor Erreichen des Beendigungsdatums aus dem hier streitigen weiteren befristeten Arbeitsverhältnis erfolgt ist, und da sich die Klageerwiderung nur auf das Beendigungsdatum aus dem Vorprozess und nicht auf das hier streitige Beendigungsdatum bezogen haben kann, scheidet die Klageerwiderung im Vorprozess als Anknüpfungspunkt für einen konkludenten Widerspruch im Sinne von § 15 Absatz 5 TzBfG vorliegend aus.

II.

42

Aber selbst für den Fall, dass man doch davon ausgehen müsste, dass sich das beklagte Land durch einen konkludent erklärten Widerspruch erfolgreich gegen den Eintritt der Rechtsfolgen aus § 15 Absatz 5 TzBfG geschützt hat, ist der klägerische Feststellungsantrag begründet, denn auch in diesem Falle wäre zwischen Parteien durch die kommentarlose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30. September 2013 hinaus aus dem ehemals befristeten (zweiten) Arbeitsverhältnis ein unbefristetes entstanden.

43

Denn in der kommentarlosen Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses über das vereinbarte Vertragsende hinaus wird man im Regelfall einen konkludenten rechtsgeschäftlichen Vertragsschluss gerichtet auf eine unbefristete Beschäftigung erblicken müssen. So wie Arbeitsverhältnisse nach den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen allein schon durch die Aufnahme der Tätigkeit und die beiderseitige Erfüllung der arbeitsvertragstypischen Pflichten entstehen können, können selbstverständlich auch nur befristet eingegangene Arbeitsverhältnisse konkludent durch die gemeinsame Fortsetzung der Zusammenarbeit über das vereinbarte Befristungsende hinaus in unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden.

44

Das ist hier der Fall. Dem beklagten Land ist der Nachweis nicht gelungen, dass die weitere Zusammenarbeit ab dem 1. Oktober 2013 entweder gänzlich ohne rechtsgeschäftliche Basis erfolgt ist oder aber auf rechtsgeschäftlicher Basis jedoch eingeschränkt auf die Zeit der Dauer des Vorprozesses. Damit haben die Parteien ihr auf den 30. September 2013 befristetes (zweites) Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt.

1.

45

Das Berufungsgericht sieht sich nicht in der Lage festzustellen, dass die weitere Beschäftigung der Klägerin ab Oktober 2013 ohne rechtsgeschäftliche Basis lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt ist.

46

Das beklagte Land hat sein Verhalten gegenüber der Klägerin bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab Oktober 2013 nicht ausdrücklich erläutert, so dass sich der Wille zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und allein zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nur aus den Umständen ergeben könnte. Die Umstände, unter denen das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wurde, lassen einen solchen Schluss allerdings nicht mit der gebotenen Sicherheit zu.

a)

47

Es ist zwar anerkannt, dass eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers nach einem obsiegenden Urteil in einer Bestandsschutzstreitigkeit eine Beschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung darstellt, wenn der Arbeitnehmer zuvor eine solche angedroht hatte. Ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor, da die Klägerin keine Zwangsvollstreckung angedroht hatte. Anknüpfungspunkt könnte insoweit allein die Mail der Klägerin vom 25. September 2013 (Anlage B 1, hier Blatt 15) sein. Mit dieser Mail hat die Klägerin allerdings nicht die Zwangsvollstreckung aus dem obsiegenden erstinstanzlichen Urteil vom 23. Juli 2013 im Vorprozess angedroht. Das ergibt sich aus dem Text der Mail unter Hinzuziehung weiterer Umstände.

48

Anlass der Mail war lediglich die sozialversicherungsrechtliche Abmeldung der Klägerin, die in Widerspruch zu der Auskunft stand, die ihr wenige Tage zuvor von der Sachbearbeiterin in der Personalverwaltung erteilt wurde, dass sie nach dem 30. September 2013 „vorerst weiter in der JUF eingesetzt“ werde (Anlage K 5, hier Blatt 22). Nach Einschätzung der Klägerin LAG insoweit nur ein Kommunikationsproblem zwischen dem Landesbesoldungsamt und der Universität vor, um dessen Behebung sie den Leiter der Personalabteilung gebeten hat.

49

Ihren Anspruch auf eine weitere Beschäftigung über den 30. September 2013 begründet die Klägerin in ihrer Mail zwar mit dem obsiegenden Urteil erster Instanz im Vorprozess, es erscheint jedoch ausgeschlossen, dass die Klägerin mit dem Hinweis auf dieses Urteil eine Vollstreckung androhen wollte. Dass war auch für das beklagte Land ohne weiteres erkennbar. Denn die Klägerin war auch im Vorprozess anwaltlich vertreten und es wäre recht ungewöhnlich, wenn in einer solchen Situation die Klägerin selbst ohne Einschaltung ihrer Anwälte versuchen wollte, ihre Rechte aus dem zu ihren Gunsten ergangenen Urteil im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Es kann auch ausgeschlossen werden, dass das beklagte Land diese Mail als Vollstreckungsandrohung gewertet hat. Denn auch das beklagte Land hatte sich im Vorprozess bereits erstinstanzlich durch ihre Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Wenn denn tatsächlich in dieser Situation, in der beide Parteien vor Gericht anwaltlich vertreten waren, von Partei zu Partei ohne die Anwälte eine Zwangsvollstreckung angedroht worden sein sollte, wäre es naheliegend gewesen, den Vorgang der eigenen Prozessbevollmächtigung zur weiteren Bearbeitung und zur Vorbereitung einer angemessenen Reaktion vorzulegen. Da dies nicht geschehen ist, muss das Gericht davon ausgehen, dass das beklagte Land die Mail vom 25. September 2013 tatsächlich selbst nicht als eine Form der Androhung der Zwangsvollstreckung gewertet hat. Diese Sicht auf die Dinge wird durch die (Teil-)Umsetzungsverfügung des beklagten Landes vom 16. Januar 2014 bestätigt. Denn dort spricht das beklagte Land selbst von den arbeitsvertraglichen Grundlagen, die durch die Umsetzung unberührt bleiben sollen (Anlage K 9, hier Blatt 27).

50

Streng genommen ist der Vortrag des beklagten Landes auch noch insoweit unschlüssig, als nicht mitgeteilt worden ist, dass die Rückgängigmachung der sozialversicherungsrechtlichen Abmeldung der Klägerin erst nach dem Erhalt der klägerischen Mail vom 25. September 2013 erfolgt ist.

b)

51

Selbst wenn man im Rahmen einer Hilfsüberlegung anerkennen würde, dass sich die klägerische Mail vom 25. September 2013 als eine Androhung der Zwangsvollstreckung darstellt, kann die kommentarlose Weiterbeschäftigung der Klägerin ab Oktober 2013 nicht als Nachgeben vor dem aufgebauten Vollstreckungsdruck interpretiert werden. Die Klägerin hatte in der Mail eine Bestätigung seitens der Universität gefordert, dass sie auch weiter beschäftigt werde. Das beklagte Land muss sich vorhalten lassen, dass es unterlassen wurde, auf diese Bitte einzugehen und gegenüber der Klägerin klarzustellen, aus welchem Grund sie trotz des Erreichens des Befristungsdatums weiter beschäftigt wird.

52

Insoweit muss betont werden, dass die vereinbarte zeitweilige weitere Zusammenarbeit der Parteien vom 1. Juni bis 30. September 2013 nicht mit der häufig anzutreffenden Prozessbeschäftigung gleichgesetzt werden kann. Weder der Beginn noch die vereinbarte Beendigung dieser befristeten Einstellung haben einen Bezug zu dem Vorprozess.

53

Geht das Ansinnen zu einer Prozessbeschäftigung vom Arbeitgeber aus, etwa, weil er das Annahmeverzugsrisiko minimieren will, wird das streitige Rechtsverhältnis häufig über das vereinbarte Beendigungsdatum hinaus fortgesetzt. Wird das Ansinnen auf die weitere Beschäftigung vom Arbeitnehmer betrieben, geschieht dies im Regelfall nach einem obsiegenden Urteil und ist häufig verbunden mit dem Aufbau eines Vollstreckungsdrucks. Vorliegend trifft weder das eine noch das andere zu. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war zunächst nach dem vereinbarten Vertragsende (31. März 2013) unterbrochen und wurde dann 2 Monate später wieder aufgenommen. Die Wiederaufnahme der Beschäftigung der Klägerin mit dem 1. Juni 2013 steht allerdings nicht in einem zeitlichen Zusammenhang zu dem arbeitsgerichtlichen Urteil im Vorprozess, das erst am 23. Juli 2013 ergangen war.

54

Ähnliches ist bezüglich des Endes der zwischenzeitlich vereinbarten befristeten weiteren Zusammenarbeit festzustellen. Das vereinbarte Ende des befristeten Vertrages (30. September 2013) steht in keinerlei Zusammenhang zu dem Vorprozess der Parteien.

55

Damit erweist sich die Angabe des Befristungsgrundes "Prozessbeschäftigung" im Arbeitsvertrag der Parteien vom 16. Mai 2013 (Anlage K 1, hier Blatt 5f) als bloßer Hinweis auf ein Motiv, das beim Abschluss auf Seiten des beklagten Landes erheblich gewesen ist.

56

Wegen der fehlenden Verzahnung des während des Laufs des Vorprozesses geschlossenen weiteren Arbeitsverhältnisses mit dem Vorprozess, können aus der weiteren Zusammenarbeit der Parteien über den 30. September 2013 hinaus auch nicht die für das beklagte Land günstigen Folgerungen aus diesem Umstand gezogen werden.

57

Bei einer echten rechtsgeschäftlich begründeten Prozessbeschäftigung, die bereits vor Verkündung einer gerichtlichen Entscheidung zu Gunsten des Arbeitnehmers begonnen wurde, mag man die Fortsetzung der Zusammenarbeit nach Erreichen des vereinbarten Befristungsdatums als bloße Erfüllung der Pflichten aus einem zwischenzeitlich ergangenen Urteil interpretieren. Eine solche Schlussfolgerung ist hier jedoch nicht erlaubt. Denn die weitere Beschäftigung über den 30. September 2013 hinaus könnte auch darin begründet sein, dass die Erwartung der Universität, Prof. Dr. H. würde diese bis zum 31. März 2013 verlassen, nicht zutreffend war. Denn Prof. Dr. H. war auch weit über den 30. September 2013 hinaus noch an der Universität tätig. Nach dem Kenntnisstand des Gerichts ist er sogar heute noch als Lehrstuhlinhaber in A-Stadt tätig. Damit gibt es aber für die weitere Beschäftigung der Klägerin über den 30. September 2013 hinaus aus der Sicht der Klägerin zumindest zwei Anknüpfungspunkte, einmal das zu ihren Gunsten am 23. Juli 2013 ergangene erstinstanzliche Urteil im Vorprozess und zum anderen die veränderte Bedarfslage, die durch die weitere Tätigkeit des Professors an der Universität entstanden war. Das macht es unmöglich, aus dem bloßen Umstand der weiteren Beschäftigung der Klägerin auf eine bestimmte Willensrichtung der Universität, die diesem Verhalten zu Grunde liegt, zu schließen.

2.

58

Da die Gründe für weitere Beschäftigung der Klägerin ab Oktober 2013 dieser gegenüber nicht kommuniziert wurden, sieht sich das Gericht auch nicht in der Lage, Feststellungen zu einer Befristungsabrede in diesem konkludent entstandenen Arbeitsverhältnis zu treffen.

59

Es mag naheliegen, dass das beklagte Land die Klägerin nach Ablauf des 30. September 2013 nur bis zum Abschluss des Rechtsstreits aus dem Vorprozess weiter beschäftigen wollte. Da es jedoch unterschiedliche Varianten für die Ausgestaltung eines solchen rechtsgeschäftlichen Prozessarbeitsverhältnisses gibt (auflösend bedingte Fortsetzung des Ursprungsarbeitsverhältnisses oder zweckbefristete Begründung eines vom Ursprungsarbeitsverhältnis losgelösten Prozessarbeitsverhältnisses), kann das Gericht keine Feststellungen dazu treffen, welche Form der rechtsgeschäftlichen Beschränkung der weiteren Zusammenarbeit das beklagte Land mit der kommentarlosen Weiterbeschäftigung der Klägerin anbieten wollte.

III.

60

Da die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt hat, ist auch der Weiterbeschäftigungsantrag begründet.

IV.

61

Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen, da die Klägerin obsiegt hat (§ 91 ZPO).

62

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

63

Die ehrenamtliche Richterin Frau ... ist an der Unterschriftsleistung verhindert, da ihre Amtszeit als Richterin zum Jahresende 2015 geendet hat. In Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2015 hat die Kammer allerdings einen handschriftlichen Urteilstenor verfasst, der die Unterschrift aller drei an der Verhandlung beteiligten Richter trägt. Er befindet sich in der Gerichtsakte.

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Feb. 2014 - 2 Sa 173/13

bei uns veröffentlicht am 12.02.2014

Tenor 1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 23.07.2013 – 1 Ca 149/13 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt werden. 2. Die Rev

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Tenor

1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 23.07.2013 – 1 Ca 149/13 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt werden.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristungsabrede. Hinsichtlich des Sachverhalts heißt es im Tatbestand des klagestattgebenden Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 23.07.2013 – 1 Ca 149/13 – wie folgt:

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Das beklagte Land stellte die am … 1958 geborene Klägerin mit dem befristeten Arbeitsvertrag vom 07./10.09.20091 zum 15.09.2009 als Krankheitsvertretung ein und beschäftigte sie an der Universität A-Stadt als Lehrstuhlsekretärin in der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Dieses Arbeitsverhältnis endete aufgrund des weiteren befristeten Arbeitsvertrages vom 18./23.10.20092 am 31.12.2009.

3

Im Mai 2010 legte die Juristische Fakultät der Universität ausweislich des Schreibens vom 27.05.20103 ihre Personalplanung für den Sekretariatsbereich nach 2013 neu fest, da einerseits die Schließung des Studiengangs Rechtswissenschaften zum 31.03.2013 anstand, andererseits aber ein neuer Bachelor-Studiengang "LL.B. Wirtschaft, Gesellschaft, Recht - Good Governance" zum Winter 2010 eingeführt wurde. Der Fakultät verblieben von ursprünglich 47,5 Stellen nur noch 26 Stellen, davon maximal sechs Lehrstühle und maximal sechs Juniorprofessuren. Daraus ergab sich nach Einschätzung der Fakultät ein Bedarf von mindestens 4,5 Sekretariatsarbeitsplätzen.

4

Das beklagte Land stellte die Klägerin zum 15.12.2010 erneut befristet ein. Der Arbeitsvertrag vom 08./14.12.20104 hat eine Laufzeit bis zum 31.03.2013. Das Arbeitsverhältnis unterliegt gemäß vertraglicher Bezugnahme dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und anderen Tarifverträgen dieses Bereichs in der jeweiligen Fassung. Die Klägerin erhielt zunächst die Vergütung der Entgeltgruppe 5 TV-L. Mit Schreiben vom 15.08.2012 gruppierte das beklagte Land sie auf Antrag rückwirkend zum 01.01.2012 in die Entgeltgruppe 6 TV-L um, ohne dass sich ihre Tätigkeit änderte. Die monatliche Bruttovergütung der vollzeitbeschäftigten Klägerin belief sich zuletzt auf 2.237,88 EUR.

5

Das beklagte Land beschäftigte die Klägerin als Lehrstuhlsekretärin an der Juristischen Fakultät. Sie war dort den Professoren Dr. H. und Dr. F. zugewiesen. Während Professor Dr. F. zum 01.04.2013 zur Universität G. wechselte, ist Professor Dr. H. weiterhin an der Universität A-Stadt tätig.

6

Das beklagte Land schrieb Anfang 2013 eine bis zum 30.09.2013 befristete Teilzeitbeschäftigung als Lehrstuhlsekretär/in an der Juristischen Fakultät im Umfang von 0,5 einer Vollzeitkraft aus.

7

Die Klägerin meint, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2013 unwirksam sei, da es an einem sachlichen Grund fehle. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages habe es keine greifbaren Tatsachen für einen künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs gegeben. Eine Versetzung der beiden Professoren nach G. sei in jeder Hinsicht unsicher gewesen, da die dortige Universität zwei strafrechtliche Lehrstühle überhaupt nicht habe aufnehmen können. Professor Dr. H. bleibe jedenfalls an der Universität A-Stadt.

8

Ein ersatzloser Wegfall der klägerischen Stelle sei ohnehin nicht geplant gewesen, sondern lediglich eine Verschiebung, nämlich zur Philosophischen Fakultät bzw. - nach neuesten Erwägungen - zur Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät. Darüber hinaus habe das beklagte Land seine Überlegungen nur auf die Juristische Fakultät beschränkt, statt bei der Prognose des Beschäftigungsbedarfs den gesamten Betrieb in den Blick zu nehmen.

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Die Klägerin beantragt

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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung nicht zum 31.03.2013 beendet wird, und

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2. das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

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Das beklagte Land beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Befristung sei wirksam. Der Sachgrund ergebe sich aus einem vorübergehenden Bedarf. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Dezember 2010 habe bereits festgestanden, dass die Juristische Fakultät neu strukturiert werde. Das beklagte Land sei von einer Versetzung der Professoren Dr. H. und Dr. F. bis spätestens 31.03.2013 ausgegangen und in Folge dessen von einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin als Lehrstuhlsekretärin. Deshalb sei die Stelle der Klägerin im Haushaltsplan auch mit einem kw-Vermerk zum 01.04.2013 versehen. Die noch vorhandenen Stellen seien mit unbefristet beschäftigten Sekretärinnen besetzt.

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Das beklagte Land habe die Klägerin nicht auf eine der zwischenzeitlich freigewordenen Stellen von Beschäftigten in Altersteilzeit übernehmen können, da die Klägerin aus förderungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht für eine Nachbesetzung in Frage komme.

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In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, maßgebend für die Wirksamkeit der Befristungsabrede sei der Gesamtbedarf an Sekretären/Sekretärinnen bezogen auf die Dienststelle Universität A-Stadt. Hierzu habe das beklagte Land keine Angaben gemacht. Es habe nicht vorgetragen, welchen Bedarf an Lehrstuhlsekretärinnen es für das Jahr 2013 prognostiziert habe und auf welchen tatsächlichen Umständen diese Prognose beruhe. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

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Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

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Das beklagte Land habe zu Recht davon ausgehen können, dass zum Zeitpunkt der Ausschreibung der befristeten Sekretariatsstelle für die beiden Lehrstühle nach dem 31.03.2013 an der Juristischen Fakultät kein weiterer Bedarf für diese Stelle bestehen werde. Ab dem 01.04.2013 würde die Juristische Fakultät nur noch sechs Professuren und ein Bedarf von 4,5 Sekretariatsstellen haben.

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Das Personaldezernat habe zudem zum Zeitpunkt der Ausschreibung sämtlicher an der Universität vorhandenen E5- und E6-Sekretariatsstellen darauf betrachtet, ob eine der Stellen bis zum Frühjahr 2013 frei werden würde. Drei Stellen seien in zeitlicher Nähe zum vorgesehenen Vertragsende am 31.03.2013 wieder zu besetzen gewesen. Es habe sich jedoch um Stellen gehandelt, bei denen die Arbeitnehmer das Teilzeitmodell im Blockmodell gewählt hätten. Eine Besetzung sei daher mit der Klägerin nicht möglich gewesen, da diese nicht arbeitslos bzw. von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sei.

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Das beklagte Land beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 23.07.2013 – 1 Ca 149/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Die allgemeine Unsicherheit an der Juristischen Fakultät hätte die Befristung nicht gerechtfertigt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei nicht klar gewesen, dass die Professoren nach G. wechseln würden.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Rostock liegt nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG (vorübergehender Bedarf) vor.

27

Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG voraus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierzu hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist ein Teil des Sachgrundes für die Befristung.

28

Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Diese gehört zum allgemeinen Risiko des Arbeitgebers. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (vgl. m. w. N. BAG vom 15.05.2012, 7 AZR 35/11 – so auch schon das Arbeitsgericht Rostock).

29

Mit dem gerichtlichen Vergleich vom 19.03.2007, wonach der Staatsexamensstudiengang Rechtswissenschaft an der Universität A-Stadt zum 31.03.2013 geschlossen werden soll, war im Bereich der Juristischen Fakultät von keinem dauerhaften Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin über den 31.03.2013 hinaus anzunehmen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden konnte, ob die beiden genannten Strafrechtsprofessoren an die Universität G. wechseln würden. Es war nämlich mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine größere Anzahl der Professoren tatsächlich nach G. wechseln wird, wie es dann auch erfolgt ist. An der Juristischen Fakultät war nach der Prognose zum Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung von 4,5 Sekretariatsarbeitsplätzen auszugehen, die mit den bisher unbefristet beschäftigten Sekretärinnen besetzt werden sollten (Schreiben der Universität vom 27.05.2010, Anlage B1 zum Schriftsatz vom 27.05.2013).

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Das beklagte Land hat auch bereits erstinstanzlich nicht nur die Verhältnisse an der Juristischen Fakultät dargelegt, sondern im Schriftsatz vom 27.05.2013 darauf hingewiesen, dass es im Frühjahr 2013 (Zeitpunkt des Ablaufs der Befristung der Klägerin) Arbeitskräftebedarfe innerhalb der Juristischen Fakultät jedenfalls nicht in einer Weise geben wird, dass die Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet beschäftigt werden kann.

31

Das beklagte Land hat seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht dahin präzisiert, dass in der Vergangenheit alle Arbeitsplätze, in denen der bisherige Stelleninhaber Altersteilzeit im Blockmodell gewählt habe, mit einem arbeitslosen bzw. einem von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer besetzt worden ist. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht unbefristet beschäftigt worden ist.

32

Zwar sind in einem zeitlichen Zusammenhang zum 31.03.2013 drei mit der Klägerin vergleichbare Arbeitnehmer ausgeschieden, diese hatten jedoch zuvor Altersteilzeit im Blockmodell gewählt. Hätte das beklagte Land die Klägerin im Hinblick auf diese Arbeitsplätze unbefristet beschäftigt, statt eine neue Kraft einzustellen, hätte es die nicht unerhebliche Förderung der Altersteilzeit der Arbeitnehmer verloren. Dies ist ein anerkennenswerter Gesichtspunkt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Ende 2010 bestand daher mit der erforderlichen Sicherheit in der Universität A-Stadt nur ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 5 ArbGG in Verbindung mit § 91 ZPO.

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Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Außer in den Fällen des § 9a Absatz 6, § 12 Absatz 6, § 13 Absatz 4 und § 14 Absatz 2 Satz 3 und 4 kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Enthält ein Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Bestimmungen im Sinne des § 8 Absatz 4 Satz 3 und 4, auch in Verbindung mit § 9a Absatz 2, des § 9a Absatz 6, § 12 Absatz 6, § 13 Absatz 4, § 14 Absatz 2 Satz 3 und 4 oder § 15 Absatz 4, so gelten diese Bestimmungen auch zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes, wenn die Anwendung der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen ihnen vereinbart ist und die Arbeitgeber die Kosten des Betriebes überwiegend mit Zuwendungen im Sinne des Haushaltsrechts decken.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23. Oktober 2012 - 11 Sa 302/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 - 5 Ca 363/11 Ö - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 30. Juni 2010 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der Kläger war aufgrund 23 befristeter Arbeitsverträge seit dem 1. April 1992 bei dem beklagten Land als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität O beschäftigt. Er erhob wegen eines bis zum 30. Juni 2010 befristeten Arbeitsvertrags vom 23./30. September 2008 eine Befristungskontrollklage. Seine Weiterbeschäftigung begehrte er mit der Klage nicht. Das Arbeitsgericht wies diese ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr mit einem dem beklagten Land am 31. Dezember 2009 und dem Kläger am 5. Januar 2010 zugestellten Urteil vom 8. Dezember 2009 statt und ließ die Revision nicht zu.

3

Der Kläger verlangte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 8. Januar 2010 vom beklagten Land seine Weiterbeschäftigung. In diesem Schreiben heißt es ua.: „Im Interesse der Existenzsicherung des Mandanten muss ich rechtzeitig sicherstellen, dass der Mandant tatsächlich auch über den 30.06.2010 hinaus entsprechend der gerichtlichen Entscheidung weiterbeschäftigt wird. Dazu bitte ich Sie um eine entsprechende Bestätigung, da ich andernfalls umgehend beim Arbeitsgericht die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung anhängig machen würde.“ Der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes teilte im Antwortschreiben vom 20. Januar 2010 mit, dass Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werde, sodass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht rechtskräftig sei. Der Kläger werde allerdings bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigt. Zur Weiterbeschäftigung wurde ausgeführt: „Insofern stellen wir ausdrücklich klar, dass die Weiterbeschäftigung Ihres Mandanten über den 30.06.2010 hinaus ausschließlich und nur aufgrund des nach der Rechtsprechung des Großen Senates des Bundesarbeitsgerichtes bestehenden allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches erfolgt. Mit der Weiterbeschäftigung über den 30.06.2010 hinaus wird somit kein eigenständiges Arbeitsverhältnis begründet oder das bis zum 30.06.2010 befristete Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt.“

4

Das Bundesarbeitsgericht ließ auf die Nichtzulassungsbeschwerde des beklagten Landes vom 20. Januar 2010 die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2009 zu. Der Kläger wurde vom beklagten Land über den 30. Juni 2010 hinaus beschäftigt. Die Universität O bezeichnete ihn in einer Presseerklärung vom 18. Juni 2010 als „Studiengangskoordinator“ für den Studiengang „Interkulturelle Bildung und Beratung“ und benannte ihn als Ansprechpartner für Bewerbungen zu diesem Studiengang zum Wintersemester 2010/11. Das Prüfungsamt bestellte den Kläger in der Zeit von Juli 2010 bis August 2011 für zehn Bachelorarbeiten zum Prüfer. In drei Promotionsverfahren im Oktober und November 2010 sowie im Mai 2011 war der Kläger Mitglied der Promotionskommission. Ihm wurden Hausarbeiten von Studierenden zur Korrektur vorgelegt. Er war verantwortlich für das Praktikumsmodul im Studiengang „Interkulturelle Bildung und Beratung“ (Bachelor-Studiengang für Zuwanderer).

5

Das Bundesarbeitsgericht hob am 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - BAGE 139, 109) die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2009 auf und stellte das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wieder her. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die zum Zeitpunkt der mündlichen Revisionsverhandlung noch nicht entschieden war (- 1 BvR 167/12 -).

6

Mit Schreiben vom 24. August 2011 teilte der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ua. mit, dass die Voraussetzungen für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch entfallen seien und das beklagte Land die Arbeitsleistung des Klägers nicht weiter entgegennehmen werde.

7

Der Kläger hat gemeint, durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2010 hinaus sei gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Jedenfalls sei mangels Wahrung der nach § 14 Abs. 4 TzBfG erforderlichen Schriftform aufgrund seiner Weiterbeschäftigung über den 30. Juni 2010 hinaus bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über seine Entfristungsklage ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass er sich über den 30. Juni 2010 hinaus in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land in einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität O befindet, das auch nicht durch das Schreiben des Rechtsanwalts W vom 24. August 2011 beendet worden ist.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es ist der Ansicht, es habe den Kläger nur aufgrund seines Obsiegens im Berufungsverfahren des Vorprozesses und seines Beschäftigungsbegehrens weiterbeschäftigt. Ein solches Beschäftigungsverhältnis bedürfe nicht der Schriftform.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien festgestellt.

12

I. Die Parteien haben keinen Vertrag über die Neubegründung oder Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2010 hinaus geschlossen.

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1. Ein Arbeitsverhältnis wird grundsätzlich durch einen Arbeitsvertrag begründet (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 14. Aufl. § 29 Rn. 8; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 158 unter Hinweis auf BAG 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 93, 310). Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („Antrag“) gemäß den §§ 145 ff. BGB angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Ob eine Äußerung oder ein schlüssiges Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, bedarf der Auslegung. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist(BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 36, BAGE 134, 269). Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - aaO mwN). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (vgl. BAG 2. März 1973 - 3 AZR 325/72 - zu 2 der Gründe).

14

2. Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32 mwN, BAGE 134, 269; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 19). Bei einer rechtsfehlerhaften Auslegung durch das Berufungsgericht kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen, wenn die dafür maßgeblichen Tatsachen feststehen und ein weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (BAG 8. April 2014 9 AZR 856/11 - Rn. 32 mwN). Dies gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob mit einer Erklärung überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden sollte (BAG 12. Februar 2013 - 3 AZR 100/11 - Rn. 17 mwN, BAGE 144, 231).

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3. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft den Abschluss eines Arbeitsvertrags angenommen. Ob einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. dem Ende der Befristung ein befristeter Vertrag zugrunde liegt, ist durch Auslegung der ausdrücklichen oder konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (vgl. BAG 22. Oktober 2003 - 7 AZR 113/03 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 108, 191). Danach hat das beklagte Land keine auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung abgegeben.

16

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt, indem es bei der Auslegung des Schreibens des beklagten Landes vom 20. Januar 2010 aus einem von ihm angenommenen Interesse der Universität an einer verlässlichen Planung der Arbeitsleistung des Klägers auf eine auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung des beklagten Landes geschlossen hat, obwohl der Wortlaut des Schreibens diesbezüglich eindeutig ist und die Annahme einer (befristeten) Vereinbarung ausschließt. Das beklagte Land hat mit der für die Weiterbeschäftigung angeführten Begründung „aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches“ deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es keinen rechtsgeschäftlichen Erfolg in Form des Abschlusses eines Arbeitsvertrags herbeiführen wollte, sondern eine bereits bestehende, von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte Rechtspflicht (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122; BAG 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - zu B II 5 der Gründe) angenommen hat und diese gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllen wollte. Dies belegt auch die Formulierung, dass die Weiterbeschäftigung „ausschließlich und nur aufgrund des nach der Rechtsprechung des Großen Senates des Bundesarbeitsgerichtes bestehenden allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches erfolgt“ und „mit der Weiterbeschäftigung über den 30.06.2010 hinaus … somit kein eigenständiges Arbeitsverhältnis begründet oder das bis zum 30.06.2010 befristete Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt“ wird. Aufgrund dieses Wortlauts durfte der Kläger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nicht von einer auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichteten Willenserklärung des beklagten Landes ausgehen.

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b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts steht der Grundsatz protestatio facto contraria non valet dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Zwar trifft es zu, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer vertraglichen Bindung nicht durch einen einseitigen Vorbehalt ausgeschlossen werden können, jedoch fehlt es bereits an zwei übereinstimmenden, auf denselben rechtsgeschäftlichen Erfolg gerichteten Willenserklärungen.

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aa) Der Sachverhalt im Entscheidungsfall ist nicht vergleichbar mit dem, über den der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 19. Januar 2005 (- 7 AZR 113/04 -) zu entscheiden hatte. In jenem Fall, in dem der Abschluss eines Vertrags mit der Begründung angenommen wurde, dass die ausdrückliche Verwahrung gegen eine entsprechende Deutung des Verhaltens unbeachtlich ist, wenn ein Verhalten vorliegt, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, hatte der Arbeitgeber nach einer von ihm erklärten Kündigung den Arbeitnehmer vor einer der Kündigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung eines Gerichts aufgefordert, seine Tätigkeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Entscheidung über die Kündigungsschutzklage fortzuführen. Damit waren anders als im vorliegenden Fall nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2009 die Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruchs (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122; BAG 26. Juni 1996 - 7 AZR 674/95 - zu IV der Gründe mwN) nicht erfüllt. Das beklagte Land verhielt sich nicht widersprüchlich, sondern rechtskonform, als es der Aufforderung des Klägers nachkam, ihn über den 30. Juni 2010 hinaus zu beschäftigen.

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bb) Unerheblich ist, dass der Kläger seinen Weiterbeschäftigungsanspruch nicht zusammen mit seinem Befristungskontrollantrag gemäß § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht hatte und das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 8. Dezember 2009 das beklagte Land nicht zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt hat. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs erfüllt, besteht eine entsprechende Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers auch ohne ein entsprechendes klagestattgebendes Urteil. Gibt ein Arbeitsgericht der Weiterbeschäftigungsklage eines Arbeitnehmers statt, tituliert es einen bestehenden Anspruch. Die Klage auf Beschäftigung ist eine Klage auf zukünftige Leistung (BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - zu I der Gründe; 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - zu C der Gründe). Es handelt sich nicht um ein Gestaltungsurteil, das die Rechtslage ändert.

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c) Das Auslegungsergebnis widerspricht nicht dem Urteil des Senats vom 8. April 2014 (- 9 AZR 856/11 -), sondern steht mit diesem im Einklang. In jener Entscheidung hat der Senat angenommen, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach einem Urteil des Arbeitsgerichts, das der Befristungskontrollklage und dem Antrag auf Weiterbeschäftigung stattgegeben hat, noch nicht auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags schließen lässt (BAG 8. April 2014 - 9 AZR 856/11 - Rn. 25 ff.). Der konkludente Abschluss eines Arbeitsvertrags wurde nur deshalb bejaht, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch noch nach Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts und Abweisung der Klage durch das Landesarbeitsgericht, also trotz des Wegfalls der Beschäftigungsverpflichtung weiterbeschäftigt hatte (BAG 8. April 2014 - 9 AZR 856/11 - Rn. 38).

21

d) Ein Verhalten des beklagten Landes, aus dem sich eine konkludente Erklärung ergeben könnte, es habe entgegen seinen Ausführungen im Schreiben vom 20. Januar 2010 einen neuen Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließen oder das bis zum 30. Juni 2010 befristete Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortsetzen wollen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger hat ein solches Verhalten des beklagten Landes auch nicht behauptet. Bei den dem Kläger nach dem 30. Juni 2010 übertragenen Aufgaben handelte es sich um solche, die ihm nach dem letzten befristeten Arbeitsvertrag gemäß § 106 GewO zugewiesen werden konnten. Mit dieser Aufgabenübertragung hat das beklagte Land nur den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers erfüllt. Aus ihr folgt kein weiter gehender Erklärungswert. Ob das beklagte Land zu einem späteren Zeitpunkt nach dem 30. Juni 2010 nicht nur seiner Weiterbeschäftigungsverpflichtung nachgekommen ist, sondern sich so verhalten hat, dass daraus auf ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags geschlossen werden konnte, muss nicht geklärt werden. Diese Frage bedarf schon deshalb keiner Antwort, weil der Kläger ausschließlich das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2010 hinaus festgestellt haben will und den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu einem Zeitpunkt nach dem 30. Juni 2010 selbst nicht behauptet.

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II. Die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ab dem 1. Juli 2010 ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 15 Abs. 5 TzBfG. Das beklagte Land hat einer Fortsetzung des bis zum 30. Juni 2010 befristeten Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen.

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1. Aufgrund der Entscheidung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - BAGE 139, 109), mit dem das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. Dezember 2009 (- 13 Sa 636/09 -) aufgehoben wurde, steht rechtskräftig fest, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag der Parteien vom 23./30. September 2008 zum 30. Juni 2010 wirksam ist. Soweit der Kläger gegen dieses Urteil Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt hat, steht dies der Annahme einer rechtskräftigen Entscheidung nicht entgegen. Bei der Verfassungsbeschwerde handelt es sich um kein Rechtsmittel, sondern um einen außerordentlichen Rechtsbehelf (BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 103, 290).

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2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, wonach das beklagte Land mit dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Januar 2010 deutlich gemacht hat, dass es zu einer Verlängerung des bis zum 30. Juni 2010 befristeten Arbeitsverhältnisses nicht bereit ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat die Auslegung des Schreibens durch das Landesarbeitsgericht insoweit auch nicht mit Gegenrügen angegriffen. Damit hat das beklagte Land gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG rechtzeitig einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2010 hinaus widersprochen.

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a) Ein Widerspruch iSv. § 15 Abs. 5 TzBfG kann als rechtsgeschäftliche empfangsbedürftige Willenserklärung bereits kurz vor Zweckerreichung oder Bedingungseintritt ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erhoben werden(vgl. BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 25, 27; 5. Mai 2004 - 7 AZR 629/03 - zu II der Gründe, BAGE 110, 295; ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 32). Allerdings liefe ein schon im Arbeitsvertrag erklärter Widerspruch der einseitig zwingenden Wirkung des § 22 Abs. 1 TzBfG zuwider. Die in § 15 Abs. 5 TzBfG angeordnete Rechtsfolge des Eintritts der Fiktion würde vollständig abbedungen. Auf die durch eine etwaige Weiterarbeit eintretende Rechtsfolge kann nicht von vornherein verzichtet werden. Um eine Umgehung von § 22 Abs. 1 TzBfG auszuschließen, ist ein zeitlicher Zusammenhang mit dem vereinbarten Ende der Vertragslaufzeit erforderlich(BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 36 mwN, BAGE 138, 242). Ein solcher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn der Widerspruch zu einem Zeitpunkt erklärt wird, in dem bereits ein Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Befristung anhängig ist und der Arbeitgeber sich gegen die Klage verteidigt. Die Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG beruht auf der Erwägung, die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers sei im Regelfall der Ausdruck eines stillschweigenden Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses(BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 35 mwN, aaO). Der Beginn einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt insofern eine Zäsur dar. Ab diesem Zeitpunkt kann nur noch bei Vorliegen besonderer Umstände vermutet werden, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis stillschweigend verlängern will. Aufgrund des laufenden gerichtlichen Verfahrens besteht grundsätzlich auch keine Gefahr, dass die Erinnerung des Arbeitnehmers an den Widerspruch verblasst.

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b) Zum Zeitpunkt des Schreibens des beklagten Landes am 20. Januar 2010 war der Befristungsrechtsstreit bereits seit langem anhängig. Zwar lag ein der Befristungskontrollklage des Klägers stattgebendes Berufungsurteil vor. Das beklagte Land hat jedoch zugleich mit dem Widerspruch darauf hingewiesen, dass es das Urteil nicht akzeptieren und Nichtzulassungsbeschwerde einlegen werde.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Matth. Dipper    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.