Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 388/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.12.2013 in Sachen20 Ca 401/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um einen Zahlungsanspruch für die Monate Juli und Oktober 2012, welcher davon abhängt, ob die Arbeitszeit, die der Kläger auf Anordnung der Beklagten im Flugübungsgerät verbracht hat (sogenannte Simulatorstunden), als bezahlungswirksame Mehrflugstunden gelten.
3Der im Jahre 1968 geborene Kläger steht seit dem 01.11.1997 in einem Anstellungsverhältnis zur Beklagten als Flugzeugführer. Er wird zur Zeit als Flugkapitän beschäftigt.
4Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag Nr. 3 a für das Cockpitpersonal der G in der Fassung vom 29.06.2011, gültig ab 01.07.2011, anwendbar. Dieser Tarifvertrag enthält, soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse, insbesondere die folgenden Vorschriften:
5„II. Einsatz und Freizeit
6…
7§ 10 Arbeitszeit
81) Die Arbeitszeit ist die Zeit, in welcher der Mitarbeiter auf Anordnung der GWI Dienst leistet.
9…
102) Zur Arbeitszeit zählen:
11a) Die Flugdienstzeit (§ 11)
12b) Die Beförderungszeit (§ 14)
13c) Die Bereitschaftszeit gemäß § 15 dieses Tarifvertrages …
14d) Die notwendige Zeit für vorgeschriebene und von der GWI angeordnete fliegerärztliche/tropenmedizinische Untersuchungen und Impfungen.
15e) Die Zeit zur Wahrnehmung der Verpflichtungen als Personalvertreter im
16Rahmen der Erforderlichkeit gemäß § 38 TV Personalvertretung sowie die Zeit zur Teilnahme an Personalversammlungen.
17f) Die notwendige Zeit für Tarifverhandlungen und Tarifkommissionssitzungen.
18g) Sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistungen und Tätigkeiten (z. B.
19Schulungen, PR).
203) Für die Arbeitszeit gelten folgende Beschränkungen:
21a) 2000 Stunden im Kalenderjahr
22b) 210 Stunden im Kalendermonat
23c) 70 Stunden in 7 aufeinanderfolgenden Tagen.
24§ 11 Flugdienstzeit
251) Zur Flugdienstzeit zählen:
26a) Die Flugzeit
27b) Die Zeit für Flugvorbereitungsarbeiten (mindestens 60 Minuten)
28c) Die Zeit für Abschlussarbeiten (mindestens 30 Minuten)
29d) Die Bodenzeit bei Zwischenaufenthalten, soweit nicht Ruhezeit (§ 13)
30e) Arbeitszeit, die vor Antritt eines Flugdienstes geleistet wird, wenn zwischen
31Arbeitszeit und Flugdienstzeit keine Ruhezeit nach § 13 gewährt wird.
32f) Die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit einschließlich der
33Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten nach b) und c).
34…
35§ 12 Flugzeit (Blockzeit)
361) Als Flugzeit gilt die Gesamtzeit von dem Zeitpunkt an, an dem ein Luftfahrzeug mit eigener oder fremder Kraft vom Start abrollt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es nach dem Flug zum Stillstand kommt.
37…
382) Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte
39Zeit.
403) Die Flugzeiten sind wie folgt beschränkt:
41a) 900 Stunden während eines Kalenderjahres.
42b) 300 Stunden in 91 aufeinanderfolgenden Tagen.
43c) 100 Stunden im Kalendermonat…
44…
45§ 14 Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)
461) Die Beförderungszeit ist eine Zeit, die ein Mitarbeiter auf Anordnung der GWI ohne eigene Dienstleistung zum Antritt bzw. nach Beendigung seines Dienstes mitfliegt oder mit anderen Transportmitteln befördert wird.
47…
48§ 15 Bereitschaftszeit (Stand-by und Stand-by-Reserve)
491) Stand-by-Zeit ist eine Zeit, in der die Mitarbeiter verpflichtet sind, sich ständig bereit zu halten, um innerhalb von 60 Minuten nach Abruf den Flugdienst anzutreten.
50…
51III. Ansprüche des Mitarbeiters
52§ 19 Vergütung
531) Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:
54a) Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)
55b) Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)
56c) Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweiligen gültigen GWI MTV)
57…
585) Die in jedem Monat erfolgenden Dead-Head-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden Dead-Head-Stunden werden mit dem Dead-Head-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet.
59…
606) Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.
61§ 20 Mehrflugstundenvergütung
621) Berechnung der Mehrflugstundenvergütung
63a) Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine
64Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:
65Individuelle Grundvergütung + Flugzulage
6679
67Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro
68bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:
69für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %,
70ab dem 86. Flugstunde 140 %
71dieses Mehrflugstundensatzes.
72b) Berechnung Flugstunden
73Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.
742) Entstehen des Anspruchs
75Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.
763) Anrechnung von Flugzeiten
77Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4.0 Flugstunden angerechnet.
78…“
79Die Protokollnotiz Nr. V trägt die Überschrift „BLZ 68 – Regelung“. Auf deren Text (Anlage K 6, Bl. 169 f. d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.
80Die Flugzeugführer sind verpflichtet, in regelmäßigen zeitlichen Abständen an teils vom Luftfahrtbundesamt, teils von der Beklagten firmenintern vorgesehenen Simulatortrainings mit entsprechenden Check-Flügen teilzunehmen. Dabei kann das Nichtbestehen eines LBA-Checks – welches nach Darstellung beider Parteien in der Praxis eher selten vorkommt – die sofortige Suspendierung vom Flugbetrieb zur Folge haben. In den Simulatortrainings geht es insbesondere darum, irreguläre Flugsituationen zu bewältigen, wie sie z. B. auf Grund technischer Defekte am Flugzeug auftreten können.
81Im Monat Juli 2012 leistete der Kläger mehr als 90 Flugstunden und zusätzlich auf Anweisung der Beklagten 4 Simulatorstunden. Im Monat Oktober 2012 waren es 83,47 Flugstunden und darüber hinaus 8 angewiesene Simulatorstunden. Die Simulatorstunden rechnete die Beklagte bei der Ermittlung der Mehrflugstundenvergütung nicht an. Wäre die Anrechnung erfolgt, hätte dem Kläger für die beiden Monate insgesamt rechnerisch unstreitig eine weitere Mehrflugstundenvergütung in Höhe von mindestens 2.640,- € brutto zugestanden.
82Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm für Mai und Oktober 2012 zu wenig Mehrflugstundenvergütung gezahlt. Dies folge aus § 11 Abs. 1 f) MTV, wonach auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit Flugdienstzeit sei und erst Recht aus § 12 Abs. 2 MTV, wonach als Flugzeit ausdrücklich auch die auf Anordnung im Simulator verbrachte Zeit gelte. § 20 MTV, welcher die Mehrflugstundenvergütung regele, knüpfe inhaltlich an diese in § 11, 12 MTV enthaltenen Definitionen an. Keinesfalls enthalte § 20 MTV eine davon abweichende eigenständige Definition der „bezahlungswirksamen Mehrflugstunde“. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Protokollnotiz V oder aus § 19 Abs. 6 MTV. Wenn § 19 Abs. 6 MTV bestimme, dass Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz „zusätzlich“ vergütet würden, so beziehe sich dies auf alle drei in § 19 Abs. 1 erwähnten Vergütungsbestandteile, also auch die Mehrflugstundenvergütung.
83Der Kläger hat beantragt,
841.) die Beklagte zu verteilen, an ihn 2.640,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (07.02.2013) zu zahlen;
852.) die Beklagte zu verurteilen, ihm basierend auf den Zahlungen nach dem Antrag zu 1) für die Monate Juli und Oktober 2012 eine korrigierte Gehaltsabrechnung zu erstellen.
86Die Beklagte hat beantragt,
87die Klage abzuweisen.
88Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den tarifvertraglichen Abschnitten II. „Einsatz und Freizeit“, in dem auch die Flugdienstzeit und die Flugdienst geregelt seien, sowie dem Abschnitt III. „Ansprüche des Mitarbeiters“, die die Vergütungsregelungen enthalten, streng zu trennen sei. § 20 MTV enthaltene eine eigenständige Bestimmung, indem dort ausdrücklich von „bezahlungswirksamer Mehrflugstunde“ die Rede sei. Diese werde letztlich, wie aus § 20 Abs. 1 b) MTV folge, in der Protokollnotiz Nr. V näher bestimmt. In dieser Protokollnotiz sei jedoch gerade nicht davon die Rede, dass auch Simulatorstunden bei der Berechnung der Mehrflugstunden mitzählten.
89Vielmehr enthalte im Hinblick auf die Simulatorstunden § 19 Abs. 6 eine abschließende Regelung. Das Wort „zusätzlich“ beziehe sich dabei nur auf das in § 19 Abs. 1 a) MTV erwähnte Grundgehalt. Die Tarifvertragsparteien hätten nicht das widersinnige Ergebnis gewollt, dass sogenannte Simulatorstunden letztendlich besser bezahlt würden als produktive Flugstunden. Vielmehr stelle die Regelung in § 19 Abs. 6 MTV gerade eine Kompensation dafür dar, dass die Simulatorstunden bei der Mehrflugstundenvergütung nicht zu berücksichtigen seien.
90Die 20. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat mit Urteil vom 18.12.2013 der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
91Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 30.01.2014 zugestellt. Sie hat hiergegen am 26.02.2014 Berufung eingelegt und diese am 06.03.2014 begründen lassen.
92Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich geäußerten Rechtsansichten zur richtigen Auslegung des Tarifvertrags. Sie meint, das Arbeitsgericht habe den falschen Ansatz gewählt, indem es die Definition der Flugzeit in § 12 MTV auch im Rahmen des § 20 MTV angewandt habe. Es bleibe dabei, dass § 20 MTV sich nur auf die „bezahlungswirksame“ Mehrflugstunde beziehe und diese in der Protokollnotiz V näher bestimmt werde, wo aber von Simulatorstunden keine Rede sei. Zu beachten sei auch, dass in § 20 von „Flugstunden“, in § 12 hingegen von „Flugzeit“ die Rede sei.
93Es sei auch nach wie vor kein Grund dafür ersichtlich, warum Simulatorstunden, obwohl sie bereits nach § 19 Abs. 6 MTV zusätzlich vergütet werden, dann auch noch bei den Mehrflugstunden in § 20 MTV berücksichtigt werden sollten. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dies könne mit der besonderen psychischen Belastung zu tun haben, die durch die möglichen Folgen eines nicht bestandenen Simulatorchecks für die weitere berufliche Laufbahn hervorgerufen werde, sei verfehlt. Zum einen gebe es diese psychische Belastung nicht, da die Simulatorchecks meistens bestanden würden. Zum anderen stehe eine solche etwaige psychische Belastung der großen Verantwortung weit nach, die einen Flugzeugführer bei einem Echtflug mit Passagieren treffe.
94Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
95das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.12.2013, Aktenzeichen 20 Ca 401/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.
96Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
97die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
98Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und dessen Begründung und wiederholt und vertieft ebenfalls seine eigenen Argumente erster Instanz.
99Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten und der Berufungserwiderung des Klägers wird Bezug genommen.
100E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
101I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.06.2013 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.
102II. Die Berufung der Beklagten konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat zur Überzeugung des Berufungsgerichts den einschlägigen Tarifvertrag zutreffend ausgelegt und der Klage zu Recht stattgegeben.
103Die Berufungskammer hat bereits in ihrer Musterentscheidung 7 Sa 727/13 vom 06.02.2014 zu einem in rechtlicher Hinsicht identisch gelagerten Streitfall wie folgt Stellung genommen:
104„1. Die Frage, ob dem Kläger für den Monat Oktober 2012 die von ihm in rechnerisch unstreitiger Höhe geltend gemachte Mehrflugstundenvergütung im Sinne von § 19 Abs. 1 c) i. V. m. § 20 des Manteltarifvertrags Nr. 3 a für das Cockpitpersonal der G vom 29.06.2011 zusteht oder nicht, hängt von der Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften ab. Der Kläger hat im Monat Oktober 2012 78 Stunden 41 Minuten an unstreitiger „bezahlungswirksamer Flugzeit“ absolviert. Mehrflugstundenvergütung wird nach § 20 Abs. 2 MTV Nr. 3 a jedoch erst dann gezahlt, wenn in einem Kalendermonat mehr als 79 Flugstunden angefallen sind. Zugleich hat der Kläger im Monat Oktober 2012 aber auch auf Anordnung der Beklagten 8 Stunden im Simulatortraining verbracht. Diese Stunden hat die Beklagte bei der Prüfung, ob im Oktober 2012 gemäß § 20 Abs. 2 MTV Nr. 3 a für den Kläger ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entstanden ist, nicht angerechnet.
1052. Die Beklagte wäre jedoch verpflichtet gewesen, die angeordneten Simulatorstunden als bezahlungswirksame Mehrflugstunden in Ansatz zu bringen. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der einschlägigen tarifvertraglichen Normen.
106a. Wie bereits das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt korrekt ausgeführt hat, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebende Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, wenn und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist jedoch diejenige Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt(z. B. BAG vom 19.09.2007, 4 AZR 670/06; BAG vom 21.03.2001, 10 AZR 41/00).
107b. Die hier zu beantwortende Auslegungsfrage betrifft die Höhe der Vergütung für vom Kläger geleistete Arbeit. Sie betrifft somit den Kern des arbeitsvertraglichen Austauschverhältnisses (sogenanntes Synallagma). Im Arbeitsvertragsverhältnis verpflichtet sich der Arbeitnehmer typischerweise, dem Arbeitgeber in einem vertraglich vereinbarten zeitlichen Umfang seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und erhält hierfür als Gegenleistung eine Vergütung. Die arbeitsvertraglichen Vorgaben zur Arbeitszeit einerseits und zur Vergütung andererseits hängen somit aufs engste zusammen. Dies gilt erst recht, wenn es wie hier bei der streitigen Mehrflugstundenvergütung um einen Vergütungsbestandteil geht, der seiner Funktion nach, wie die Beklagte selbst ausführt, der Mehrarbeitsvergütung des Bodenpersonals gleichkommt.
108c. Im vorliegenden Fall weist die Beklagte zwar zu Recht darauf hin, dass der auszulegende Haustarifvertrag die Regeln über die Arbeitszeit der Arbeitnehmer einerseits und die Regeln über die Vergütung der Arbeitnehmer andererseits in zwei verschiedenen Abschnitten, einmal unter „II. Einsatz und Freizeit“, zum anderen unter „III. Ansprüche des Mitarbeiters“ zusammengefasst hat. Dies ändert aber nichts daran, dass auf Grund des aus der Natur der Sache folgenden engsten Sachzusammenhangs eine starke tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass die Tarifvertragsparteien im Abschnitt über die Vergütung hinsichtlich der dort verwendeten arbeitszeitlichen Kriterien von denselben Begrifflichkeiten und Definitionen ausgegangen sind, wie zuvor im Abschnitt II. über die Arbeitszeit. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn aus dem Wortlaut der Vergütungsregelungen eindeutig und unmissverständlich entnommen werden könnte, dass hier andere arbeitszeitliche Begriffe zu Grunde gelegt werden sollten als im Abschnitt über die Arbeitszeit selbst. Dies ist jedoch nicht der Fall.
109d. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages kann kein Zweifel daran bestehen, dass die sogenannten Simulatorstunden, also die „auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit“, einerseits zur Flugdienstzeit im Sinne von
110§ 11 MTV zählt, andererseits zur Flugzeit (Blockzeit) im Sinne von § 12 MTV. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 1 f) und aus § 12 Abs. 2 MTV und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
111e. Entgegen der Auffassung der Beklagten und in Übereinstimmung mit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass der Tarifvertrag bei der Vergütungsregelung in § 19 Abs. 1 c) und insbesondere in§ 20 an die Regelung in § 12 zur „Flugzeit (Blockzeit)“ anknüpft und diese der Vergütungsregelung zu Grunde legt.
112aa. § 19 Abs. 1 c) etabliert die „Mehrflugstundenvergütung“ als eine von drei dem Cockpitpersonal der Beklagten gezahlten Vergütungsarten. Wie dem Wortlaut des Begriffs „Mehrflugstundenvergütung“ unschwer zu entnehmen ist, erhält der Cockpitmitarbeiter eine solche Vergütung, wenn er in einem Monat mehr Flugstunden absolviert, als dies in der Klausel über das „Entstehen des Anspruchs“ in § 20 Abs. 2 MTV mit der Richtgröße von 79 Flugstunden festgelegt ist.
113bb. Was aber unter Flugstunden zu verstehen ist, ergibt sich wiederum aus§ 12 MTV. Danach bezeichnen Flugstunden zum einen die Zeit, die der Dauer eines tatsächlich absolvierten Fluges entspricht, wie sie in § 12 Abs. 1 MTV angesprochen ist und die man mit ‚Flugzeit‘ bzw. ‚Flugstunden‘ im engeren Sinne‘ bezeichnen könnte. „Außerdem“, so sagt der Tarifvertrag in § 12 Abs. 2 jedoch ausdrücklich, gehören hierzu auch die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachten Stunden, also die Simulatorstunden.
114cc. Entgegen der in der Berufungsinstanz geäußerten Ansicht der Beklagten kann gegen die Annahme, dass § 20 MTV an die in § 12 MTV festgelegten Begriffe anknüpft, nicht ernsthaft eingewandt werden, dass in § 19 Abs. 1 c) und § 20 MTV von Mehrflugstunden die Rede ist, in § 12 MTV aber von Flugzeit. Bei dieser Differenzierung handelt es sich nämlich um ein typisches ‚Klauben am Buchstaben‘, der den inhaltlichen Sinn eines sprachlichen Ausdrucks außer Acht lässt und damit den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen widerspricht; denn ‚Stunden‘, ‚Minuten‘, ‚Sekunden‘ etc. bezeichnen lediglich Untereinheiten des Oberbegriffs der ‚Zeit‘, wie sie zur Konkretisierung und – bei Vergütungen – zur Abrechnung notwendig sind, während der Begriff der Flugzeit eine Ansammlung von Stunden, Minuten etc. bezeichnet. Die Synonymität der Begriffe wird im Tarifvertrag selbst deutlich, wenn es in § 20 Abs. 3 unter der Überschrift „Anrechnung von Flugzeiten“ im Folgesatz heißt: „Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,0 Flugstunden angerechnet. … Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,0 Stunden angeordnet“.
115dd. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt auch nicht aus der Verwendung des Begriffes „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“ in § 20 Abs. 1 a) MTV, dass die Vergütungsvorschrift von einer eigenständigen, von § 12 MTV abweichenden Definition der Flugstunde ausgeht.
116aaa. So könnte die Verwendung dieses Wortpaares zwar darauf hindeuten, dass es nach der Vorstellung des Tarifvertrages auch Mehrflugstunden geben kann, die nicht „bezahlungswirksam“ wären.
117bbb. Dies stellt aber keineswegs die einzige Auslegungsmöglichkeit dar. Ebenso gut kann das Wortpaar auch mit § 20 Abs. 2 MTV in Verbindung stehen und einen Hinweis darauf bieten, dass in einem Monat eben „mehr Flugstunden“ als 79 anfallen müssen, um „bezahlungswirksam“ zu sein. Bei der Bezeichnung „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“ kann es sich demnach ohne weiteres um eine bloße Redewendung ohne spezifische Zusatzbedeutung handeln, etwa im Sinne eines Pleonasmus („weißer Schimmel“) oder eines Epitethon ornans („sonnige Gipfel“).
118ccc. Eine weitere Auslegungsmöglichkeit steht in einem diametralen Gegensatz zu der von der Beklagten für richtig gehaltenen Version. Die sprachliche Wendung könnte nämlich auch lediglich einen Hinweis darauf darstellen, dass es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sogar Arbeitsstunden gibt, die als Mehrflugstunden bezahlungswirksam werden können, obwohl es sich nicht einmal um „Flugstunden“ handelt, auch nicht solche im Sinne von § 12 MTV. Gemäß § 20 Abs. 3 MTV werden für die Vergütung von Mehrflugstunden nämlich auch vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen mit einem gewissen Zeitkontingent als „Flugstunden angerechnet“. Bei der Teilnahme an Schulungen handelt es sich aber weder um „Flugzeit“ im Sinne von § 12 MTV, noch um „Flugdienstzeit“ im Sinne von § 11 MTV, sondern lediglich um eine „sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistung und Tätigkeit“ gemäß § 10 Abs.2 g) MTV.
119ee. Wenn man dagegen der Auffassung der Beklagten näher treten wollte, wonach der Tarifvertrag in seinem Abschnitt über die Vergütung neben bezahlungswirksamen Mehrflugstunden auch Mehrflugstunden kennt, die nicht bezahlungswirksam sind, und wenn man es mit der Beklagten für richtig hält, dass zwischen den Abschnitten II. und III. des Tarifvertrages streng zu trennen sei, so müsste sich allein aus dem Abschnitt III. über die Vergütung eine eigenständige klare Definition der bezahlungspflichtigen Mehrflugstunden ergeben, die die Simulatorstunden eindeutig ausschließt. Dies ist aber gerade nicht der Fall.
120aaa. Im Text der §§ 19, 20 MTV findet sich keine Definition der „bezahlungswirksamen“ in Abgrenzung zu etwaigen „nicht bezahlungswirksamen“ (Mehr-)Flugstunden.
121bbb. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich eine solche Definition auch nicht aus der Protokollnotiz V. Der Sinn der Protokollnotiz Nr. V vom 09.11.2011 besteht ersichtlich darin, die sogenannte „BLZ 68-Regelung“ zu etablieren. Diese besagt vereinfacht ausgedrückt, dass die tatsächlich zurückgelegten Flugstunden, also die ‚Flugzeit im engeren Sinne‘, gemäß § 12 Abs. 1 MTV, in stärkerem Maße als bisher nach dengeplanten Zeiten und weniger nach den tatsächlich angefallenen Zeiten bemessen werden sollen. Darauf bezieht sich der in der Protokollnotiz V beschriebene komplizierte Mechanismus. Die Protokollnotiz V stellt somit eine Anwendungsanleitung für die Berechnung der Flugstunden im engeren Sinne gemäß § 12 Abs.1 MTV dar. Darin erschöpft sie sich aber auch. Sie enthält an keiner Stelle die Aussage, dass daneben die in § 12 Abs. 2 MTV als Flugzeit definierten Simulatorstunden gar nicht mehr angerechnet werden dürfen. Die Frage des Ob und Wie der Anrechnung bzw. Bemessung der Simulatorstunden im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung ist nicht Gegenstand der Protokollnotiz Nr. V.
122ccc. Darauf deutet auch bereits der Wortlaut von § 20 Abs. 1 b) MTV. Dort heißt es nämlich: „Bei der Berechnung … werden zugrundegelegt“. Dies deutet gerade darauf hin, dass es sich bei der Protokollnotiz V nur um eine Berechnungsvorschrift für einen Teilbereich der Mehrflugstundenvergütung handelt. Weder findet sich der Verweis auf die Protokollnotiz V in § 20 Abs. 1 a) bei der Einführung des Begriffs „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“, noch deutet die Formulierung des Verweises auf die Protokollnotiz in § 20 Abs. 1 b) darauf hin, dass unter „bezahlungswirksamen Mehrflugstunden“ ausschließlich die in der Protokollnotiz erwähnten pauschalisierten Stunden zu verstehen sind.
123ff. Dann aber steht § 20 MTV einschließlich der Protokollnotiz V nicht der Auslegung entgegen, dass, wie es auch in § 12 Abs. 2 MTV heißt, „außerdem“ auch die Simulatorstunden als potentiell vergütungspflichtige Mehrflugstunden anzusehen sind.
124gg. Wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat, ist ein weiterer Beleg dafür, dass die in Abschnitt III. enthaltenen Regelungen über die Vergütung an die in Abschnitt II. definierten verschiedenen Arbeitszeitkategorien anknüpfen und sich diese zu Eigen machen, in § 19 Abs. 5 MTV zu sehen. Betrachtet man nämlich nur § 19 MTV und die übrigen Regelungen in Abschnitt III. über die Vergütung, so bliebe für den Leser und Anwender des MTV gänzlich unverständlich, worum es sich bei einem sogenannten „Dead-Head-Einsatz“ überhaupt handelt. Dies erschließt sich überhaupt nur durch einen Rückgriff auf den in Abschnitt II. enthaltenen § 14, in dem der Begriff der „Dead-Head-Zeit“ definiert wird.
125f. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts lässt sich auch § 19 Abs. 6 MTV nicht entnehmen, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien Simulatorstunden entgegen § 12 Abs. 2 MTV nicht als Flugstunden gewertet werden dürften, die, wenn sie in ihrer Gesamtheit die Anzahl von 79 pro Monat übersteigen, „bezahlungswirksam“ werden und zu einem Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung führen.
126aa. § 19 Abs. 6 MTV bestimmt, dass Simulatorstunden „mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß 19 Abs. 5 zusätzlich vergütet“ werden. Dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 MTV lässt sich nichts darüber entnehmen, ob es sich bei den Simulatorstunden um Flugstunden handelt, die – zusammen mit anderen, hier begrifflich unstreitigen Flugstunden – dazu führen können, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Mehrflugstundenvergütung entsteht.
127bb. Ebenso wenig lässt sich dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 MTV entnehmen, dass es sich hierbei um eine abschließende Regelung mit Ausschließlichkeitscharakter handeln soll. Dem steht schon die Verwendung des Wortes „zusätzlich“ entgegen. Keineswegs lässt sich §19 Abs. 6 MTV entnehmen, dass etwa Simulatorstundennur mit dem doppelten Dead-Head-Satz zu vergüten sind. Unstreitig handelt es sich auch bei Simulatorstunden jedenfalls um einen Bestandteil der allgemeinen Arbeitszeit des Klägers, die durch das Grundgehalt vergütet wird. Insofern begründet § 19 Abs. 6 MTV eine ‚Simulatorstundenzulage‘. Leistet der Arbeitnehmer angeordnete Simulatorstunden, so fällt die Zulage nach § 19 Abs. 6 MTV ganz unabhängig davon an, ob in demselben Monat zugleich auch ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entstanden ist oder nicht. Der Anspruch auf die Simulatorzulage entsteht sowohl dann, wenn selbst bei Addition der angeordneten Simulatorstunden mit der Anzahl der unstreitigen, ‚geflogenen‘ Flugstunden in dem betreffenden Monat die Schwelle des § 20 Abs. 2 MTVnicht erreicht wird und somit kein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entsteht, wie auch dann, wenn umgekehrt schon bereits auf Grund der Anzahl der unstreitigen, ‚geflogenen‘ Flugstunden ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung begründet ist.
128cc. Wortlaut und Systematik des Tarifvertrages bieten somit keinen Anhaltspunkt dafür, dass, wie die Beklagte es für richtig hält, die in § 19 Abs. 6 enthaltene ‚Simulatorstundenzulage‘ gerade als Kompensation dafür gedacht gewesen sein könnte, dass angeordnete Simulatorstunden – entgegen § 12 Abs. 2 MTV – im Rahmen des § 20 MTV bei der Ermittlung der in einem bestimmten Monat absolvierten „Flugstunden“ nicht zu berücksichtigen wäre.
129dd. Auch aus der Geschichte des Zustandekommens des Tarifvertrages heraus hat die Beklagte keinen ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkt für einen solchen Regelungszusammenhang begründen können. Selbst wenn den Tarifvertragsparteien aber ein solcher Regelungszusammenhang vorgeschwebt hätte, hätte er jedenfalls keinerlei Ausdruck im Text des Tarifvertrages gefunden und müsste daher ohnehin bei der Auslegung unberücksichtigt bleiben.
130g. Ein Hinweis auf die Richtigkeit der Auslegung der Beklagten ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht daraus, dass die Vergütungsregelung des MTV ansonsten einen Wertungswiderspruch beinhaltete, indem sie anordnete, Simulatorstunden – wie die Beklagte offenbar meint: zu Unrecht – besser zu bezahlen als ‚echte‘ Flugstunden.
131aa. Die Aussage der Beklagten, dass angeordnete Simulatorstunden „besser bezahlt“ würden als echte Flugstunden, trifft nur im Hinblick auf die Zulage im § 19 Abs. 6 MTV zu, hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob Simulatorstunden als Flugstunden auch bei der Entstehung der Mehrflugstundenvergütung gemäß § 20 Abs. 2 MTV mit zu berücksichtigen sind. Dies zeigt sich gerade bei der Betrachtung eines Monats, in welchem selbst bei einer Addition von Simulatorstunden mit tatsächlich geflogenen Flugstunden die Schwellenzahl des § 20 Abs. 2 MTV von 79 Flugstundennicht überschritten wird. In einem solchen Monat erhält der Kläger in der Tat für Simulatorstunden zusätzlich zu der Grundvergütung und Flugzulage auch den Zuschlag nach § 19 Abs. 6 MTV, während die ‚echten‘ Flugstunden nur durch die Grundvergütung und die Flugzulage abgedeckt sind. Dasselbe gilt in gleicher Weise aber auch für den sogenannten Dead-Head-Zuschlag gemäß § 19 Abs. 5 MTV. Auch ein solcher Dead-Head-Einsatz wird in einem solchen Monat besser vergütet als eine echte Flugstunde, obwohl die Dead-Head-Situation für den betroffenen Arbeitnehmer weder mit einer erhöhten psychischen Belastung noch mit irgendeiner Form besonderer Verantwortung verbunden ist.
132bb. In Monaten wie dem hier streitigen Oktober 2012, in dem erst die Zusammenrechnung der ‚echten‘ Flugstunden und der angeordneten Simulatorstunden zu einer Überschreitung des Schwellenwertes von § 20 Abs. 2 MTV führt, erscheint es allerdings verfehlt davon zu sprechen, dass die Mehrflugstundenvergütung quasi als zusätzliche Bezahlung für die Simulatorstunden anzusehen wäre. Vielmehr haben im Monat Oktober 2012 die angeordneten Simulatorstunden, folgt man der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts und Berufungsgerichts, gerade einmal zu etwas mehr als 10 % zu dem entstandenen Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung beigetragen; denn 78 Std. 41Min. anrechenbarer Flugzeit im engeren Sinne stehen nur 8 anrechenbare Simulatorstunden gegenüber.
133cc. Das Arbeitsgericht hat eine Erklärung für den Simulatorstundenzuschlag aus § 19 Abs. 6 MTV darin gesehen, dass es für die betroffenen Piloten mit einer besonderen psychischen Belastung verbunden sei, solche Pflichtsimulatortrainings zu absolvieren. Diese Erklärung hat die Beklagte nicht überzeugend entkräften können.
134aaa. Es trifft zwar zu, wie die Beklagte ausführt, dass der Pilot bei einem Echteinsatz mit Passagieren eine ganz besondere Verantwortung trägt, die während des Simulatortrainings in dieser Form nicht anfällt.
135bbb. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass die psychische Belastung, die ein angeordnetes und verpflichtendes Simulatortraining mit sich bringt, nicht nur und nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht einmal in erster Linie darauf beruht, dass ein denkbares negatives Testergebnis die weitere berufliche Laufbahn negativ beeinflussen kann. Die psychische Belastung wird vielmehr auch gerade dadurch hervorgerufen, dass in dem Simulatortraining in lebensnaher Form denkbare Katastrophenszenarien durchgespielt werden. Dem Flugzeugführer wird dabei lebensnah vor Augen geführt, dass in solchen Situationen das Leben der Passagiere zu einem wesentlichen Teil von seinem fliegerischen Können abhängt. Die psychische Belastung durch das Simulatortraining steht somit in einem sehr engen Zusammenhang mit der Verantwortung, die ein Flugzeugführer während eines Echtfluges trägt, die ihm aber bei einem Echtflug, auf dem alles routinemäßig verläuft, weniger intensiv ins aktuelle Bewusstsein gerückt wird.
136h. Auf der anderen Seite kommt hinzu, dass gerade auch die Auslegung der Beklagten ihrerseits ebenfalls Wertungswidersprüche innerhalb der Gesamtsystematik des MTV hervorruft.
137aa. So haben die Flugzeugführer auf Weisung der Beklagten gelegentlich auch an Schulungen teilzunehmen. Während einer solchen Schulungsteilnahme unterliegen die Arbeitnehmer weder der herausgehobenen Verantwortung wie während eines Echtfluges, noch sind sie einer psychischen Belastung ausgesetzt wie bei einem verpflichtenden Simulatortraining. Bei den Schulungsstunden handelt es sich auch nicht um Flugdienstzeit im Sinne von § 11 MTV, und erst recht nicht um Flugzeit im Sinne von § 12 MTV, sondern lediglich um eine „sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistung und Tätigkeit“ im Sinne von § 10 Abs. 2 g) MTV. Trotzdem ordnet § 20 Abs. 3 MTV an, dass bei der Teilnahme an vom Arbeitgeber angeordneten Schulungen ein Teil der damit verbrachten Arbeitszeit als bezahlungswirksame Mehrflugstunde angerechnet wird.
138bb. Das Auslegungsergebnis der Beklagten stünde auch in einem schwer erklärbaren Spannungsverhältnis zu den Regelungen in § 12 Abs. 2 und Abs. 3 MTV. In § 12 Abs. 3 wird nämlich eine Höchstzahl zulässiger Flugstunden definiert, die ein Flugzeugführer in bestimmten Zeitabschnitten absolvieren darf. Hierbei zählen die in § 12 Abs. 2 als Flugzeit definierten Simulatorstunden unzweifelhaft mit. Die angeordneten Simulatorstunden verringern somit auch die Anzahl der „echten“ Flugstunden, die der Flugzeugführer in den bestimmten Zeiträumen höchstens erbringen darf. Trotzdem soll nach der Vorstellung der Beklagten die eine Art von Flugstunden bei der Bezahlung der Mehrarbeit berücksichtigt werden, die andere Art nicht.
139cc. Schließlich erscheint es auch nicht ausschlaggebend, wenn die Beklagte darauf hinweist, dass bei der Mehrarbeitsvergütung in Form der Mehrflugstundenvergütung nur sogenannte produktive Flugstunden erfasst werden sollten. Zum einen lässt sich dies nicht dem Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschriften entnehmen. Zum anderen ist zu bedenken, dass eine gewisse Anzahl von Simulatorstunden unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass der jeweilige Flugzeugführer überhaupt bei ‚produktiven‘ Echtflügen eingesetzt werden darf. Auch deshalb erscheint es eher naheliegend, die Simulatorstunden entsprechend der Maßgabe des § 12 Abs. 2 MTV auch bei der Mehrflugstundenvergütung wie tatsächlich geflogene Flugstunden zu behandeln.“
140Die Ausführungen der Beklagten im vorliegenden Berufungsverfahren geben der Berufungskammer keinen Anlass, von der vorstehend zitierten Rechtsauffassung der Entscheidung vom 06.02.2014 Abstand zu nehmen. Legt man zugrunde, dass auch die von der Beklagten angeordneten Simulatorstunden bei der Berechnung der bezahlungswirksamen Mehrflugstunden mitzählen, erweist sich die vorliegende Klage als begründet.
141Der Abrechnungsanspruch folgt aus § 108 Abs.1 GewO.
142III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
143Nach Auffassung der Kammer war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zuzulassen. Derzeit sind beim Arbeitsgericht Köln sowie beim Berufungsgericht auch eine Vielzahl von Parallelverfahren vergleichbaren Sachverhalts anhängig.
144Eine Divergenz zu der Entscheidung des Landesarbeitsgericht Köln vom 01.03.2013 (10 Sa 848/12) besteht hingegen nicht, da die Entscheidung der 10. Kammer des Berufungsgerichtes nicht zu dem Manteltarifvertrag Nr. 3 a) sondern zu dessen Vorgängertarifvertrag ergangen ist, der in den hier entscheidenden Regelungen einen abweichenden Wortlaut aufweist.
145RECHTSMITTELBELEHRUNG
146Gegen dieses Urteil kann vonder beklagten Partei
147R E V I S I O N
148eingelegt werden.
149Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
150Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
151Bundesarbeitsgericht
152Hugo-Preuß-Platz 1
15399084 Erfurt
154Fax: 0361-2636 2000
155eingelegt werden.
156Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
157Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
158- 159
1. Rechtsanwälte,
- 160
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 161
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
163Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
164Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
165* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 388/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 388/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 388/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.06.2013 in Sachen16 Ca 350/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um einen Zahlungsanspruch für den Monat Oktober 2012, welcher davon abhängt, ob die Arbeitszeit, die der Kläger auf Anordnung der Beklagten im Flugübungsgerät verbracht hat (sogenannte Simulatorstunden), als bezahlungswirksame Mehrflugstunden gelten.
3Der im Jahre 1987 geborene Kläger steht seit dem 13.06.2009 in einem Anstellungsverhältnis zur Beklagten als Flugzeugführer. Er wird zur Zeit als First Officer beschäftigt. Er bezieht eine Grundvergütung in Höhe von5.465,11 € brutto monatlich sowie eine Flugzulage, die nach Darstellung der Parteien eine Art von Schichtzulage darstellt, in Höhe von 745,23 € brutto monatlich.
4Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag Nr. 3 a für das Cockpitpersonal der G in der Fassung vom 29.06.2011, gültig ab 01.07.2011, anwendbar. Dieser Tarifvertrag enthält, soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse, insbesondere die folgenden Vorschriften:
5„II. Einsatz und Freizeit
6…
7§ 10 Arbeitszeit
81) Die Arbeitszeit ist die Zeit, in welcher der Mitarbeiter auf Anordnung der GWI Dienst leistet.
9…
102) Zur Arbeitszeit zählen:
11a) Die Flugdienstzeit (§ 11)
12b) Die Beförderungszeit (§ 14)
13c) Die Bereitschaftszeit gemäß § 15 dieses Tarifvertrages …
14d) Die notwendige Zeit für vorgeschriebene und von der GWI angeordnete fliegerärztliche/tropenmedizinische Untersuchungen und Impfungen.
15e) Die Zeit zur Wahrnehmung der Verpflichtungen als Personalvertreter im
16Rahmen der Erforderlichkeit gemäß § 38 TV Personalvertretung sowie die Zeit zur Teilnahme an Personalversammlungen.
17f) Die notwendige Zeit für Tarifverhandlungen und Tarifkommissionssitzungen.
18g) Sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistungen und Tätigkeiten (z. B.
19Schulungen, PR).
203) Für die Arbeitszeit gelten folgende Beschränkungen:
21a) 2000 Stunden im Kalenderjahr
22b) 210 Stunden im Kalendermonat
23c) 70 Stunden in 7 aufeinanderfolgenden Tagen.
24§ 11 Flugdienstzeit
251) Zur Flugdienstzeit zählen:
26a) Die Flugzeit
27b) Die Zeit für Flugvorbereitungsarbeiten (mindestens 60 Minuten)
28c) Die Zeit für Abschlussarbeiten (mindestens 30 Minuten)
29d) Die Bodenzeit bei Zwischenaufenthalten, soweit nicht Ruhezeit (§ 13)
30e) Arbeitszeit, die vor Antritt eines Flugdienstes geleistet wird, wenn zwischen
31Arbeitszeit und Flugdienstzeit keine Ruhezeit nach § 13 gewährt wird.
32f) Die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit einschließlich der
33Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten nach b) und c).
34…
35§ 12 Flugzeit (Blockzeit)
361) Als Flugzeit gilt die Gesamtzeit von dem Zeitpunkt an, an dem ein Luftfahrzeug mit eigener oder fremder Kraft vom Start abrollt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es nach dem Flug zum Stillstand kommt.
37…
382) Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte
39Zeit.
403) Die Flugzeiten sind wie folgt beschränkt:
41a) 900 Stunden während eines Kalenderjahres.
42b) 300 Stunden in 91 aufeinanderfolgenden Tagen.
43c) 100 Stunden im Kalendermonat…
44…
45§ 14 Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)
461) Die Beförderungszeit ist eine Zeit, die ein Mitarbeiter auf Anordnung der GWI ohne eigene Dienstleistung zum Antritt bzw. nach Beendigung seines Dienstes mitfliegt oder mit anderen Transportmitteln befördert wird.
47…
48§ 15 Bereitschaftszeit (Stand-by und Stand-by-Reserve)
491) Stand-by-Zeit ist eine Zeit, in der die Mitarbeiter verpflichtet sind, sich ständig bereit zu halten, um innerhalb von 60 Minuten nach Abruf den Flugdienst anzutreten.
50…
51III. Ansprüche des Mitarbeiters
52§ 19 Vergütung
531) Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:
54a) Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)
55b) Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)
56c) Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweiligen gültigen GWI MTV)
57…
585) Die in jedem Monat erfolgenden Dead-Head-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden Dead-Head-Stunden werden mit dem Dead-Head-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet.
59…
606) Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.
61§ 20 Mehrflugstundenvergütung
621) Berechnung der Mehrflugstundenvergütung
63a) Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine
64Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:
65Individuelle Grundvergütung + Flugzulage
6679
67Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro
68bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:
69für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %,
70ab dem 86. Flugstunde 140 %
71dieses Mehrflugstundensatzes.
72b) Berechnung Flugstunden
73Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.
742) Entstehen des Anspruchs
75Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.
763) Anrechnung von Flugzeiten
77Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4.0 Flugstunden angerechnet.
78…“
79Die Protokollnotiz Nr. V trägt die Überschrift „BLZ 68 – Regelung“. Auf deren Text (Anlage K 6, Bl. 169 f. d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.
80Die Flugzeugführer sind verpflichtet, in regelmäßigen zeitlichen Abständen an teils vom Luftfahrtbundesamt, teils von der Beklagten firmenintern vorgesehenen Simulatortrainings mit entsprechenden Check-Flügen teilzunehmen. Dabei kann das Nichtbestehen eines LBA-Checks – welches nach Darstellung beider Parteien in der Praxis eher selten vorkommt – die sofortige Suspendierung vom Flugbetrieb zur Folge haben. In den Simulatortrainings geht es insbesondere darum, irreguläre Flugsituationen zu bewältigen, wie sie z. B. auf Grund technischer Defekte am Flugzeug auftreten können.
81Für den Monat Oktober 2012 wurden dem Kläger 78 Stunden und 41 Minuten an bezahlungswirksamen Flugstunden angerechnet. Eine Mehrflugstundenvergütung nach § 20 MTV Nr. 3 a) erhielt der Kläger demzufolge nicht, da gemäß § 20 Abs. 2 MTV eine Mehrflugstundenvergütung erst ab mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt wird. Im Monat Oktober 2012 absolvierte der Kläger darüber hinaus 8 Simulatorstunden. Diese rechnete ihm die Beklagte bei der Ermittlung, ob ihm nach § 20 Abs. 2 MTV eine Mehrflugstundenvergütung zustehe, nicht an. Wäre die Anrechnung erfolgt, hätte dem Kläger für Oktober 2012 rechnerisch unstreitig eine Mehrflugstundenvergütung in Höhe von 774,83 € brutto zugestanden.
82Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm für Oktober 2012 zu Unrecht keine Mehrflugstundenvergütung gezahlt. Dies folge aus § 11 Abs. 1 f) MTV, wonach auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit Flugdienstzeit sei und erst Recht aus § 12 Abs. 2 MTV, wonach als Flugzeit ausdrücklich auch die auf Anordnung im Simulator verbrachte Zeit gelte. § 20 MTV, welcher die Mehrflugstundenvergütung regele, knüpfe inhaltlich an diese in § 11, 12 MTV enthaltenen Definitionen an. Keinesfalls enthalte § 20 MTV eine davon abweichende eigenständige Definition der „bezahlungswirksamen Mehrflugstunde“. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Protokollnotiz V oder aus § 19 Abs. 6 MTV. Wenn § 19 Abs. 6 MTV bestimme, dass Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz „zusätzlich“ vergütet würden, so beziehe sich dies auf alle drei in § 19 Abs. 1 erwähnten Vergütungsbestandteile, also auch die Mehrflugstundenvergütung.
83Der Kläger hat beantragt,
84die Beklagte zu verteilen, an ihn 774,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.12.2012 zu zahlen.
85Die Beklagte hat beantragt,
86die Klage abzuweisen.
87Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den tarifvertraglichen Abschnitten II. „Einsatz und Freizeit“, in dem auch die Flugdienstzeit und die Flugdienst geregelt seien, sowie dem Abschnitt III. „Ansprüche des Mitarbeiters“, die die Vergütungsregelungen enthalten, streng zu trennen sei. § 20 MTV enthaltene eine eigenständige Bestimmung, indem dort ausdrücklich von „bezahlungswirksamer Mehrflugstunde“ die Rede sei. Diese werde letztlich, wie aus § 20 Abs. 1 b) MTV folge, in der Protokollnotiz Nr. V näher bestimmt. In dieser Protokollnotiz sei jedoch gerade nicht davon die Rede, dass auch Simulatorstunden bei der Berechnung der Mehrflugstunden mitzählten.
88Vielmehr enthalte im Hinblick auf die Simulatorstunden § 19 Abs. 6 eine abschließende Regelung. Das Wort „zusätzlich“ beziehe sich dabei nur auf das in § 19 Abs. 1 a) MTV erwähnte Grundgehalt. Die Tarifvertragsparteien hätten nicht das widersinnige Ergebnis gewollt, dass sogenannte Simulatorstunden letztendlich besser bezahlt würden als produktive Flugstunden. Vielmehr stelle die Regelung in § 19 Abs. 6 MTV gerade eine Kompensation dafür dar, dass die Simulatorstunden bei der Mehrflugstundenvergütung nicht zu berücksichtigen seien.
89Die 16. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat mit Urteil vom 11.06.2013 der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
90Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 19.08.2013 zugestellt. Sie hat hiergegen am 11.09.2013 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 19.11.2013 - am 18.11.2013 begründen lassen.
91Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich geäußerten Rechtsansichten zur richtigen Auslegung des Tarifvertrags. Sie meint, das Arbeitsgericht habe den falschen Ansatz gewählt, indem es die Definition der Flugzeit in § 12 MTV auch im Rahmen des § 20 MTV angewandt habe. Es bleibe dabei, dass § 20 MTV sich nur auf die „bezahlungswirksame“ Mehrflugstunde beziehe und diese in der Protokollnotiz V näher bestimmt werde, wo aber von Simulatorstunden keine Rede sei. Zu beachten sei auch, dass in § 20 von „Flugstunden“, in § 12 hingegen von „Flugzeit“ die Rede sei.
92Es sei auch nach wie vor kein Grund dafür ersichtlich, warum Simulatorstunden, obwohl sie bereits nach § 19 Abs. 6 MTV zusätzlich vergütet werden, dann auch noch bei den Mehrflugstunden in § 20 MTV berücksichtigt werden sollten. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dies könne mit der besonderen psychischen Belastung zu tun haben, die durch die möglichen Folgen eines nicht bestandenen Simulatorchecks für die weitere berufliche Laufbahn hervorgerufen werde, sei verfehlt. Zum einen gebe es diese psychische Belastung nicht, da die Simulatorchecks meistens bestanden würden. Zum anderen stehe eine solche etwaige psychische Belastung der großen Verantwortung weit nach, die einen Flugzeugführer bei einem Echtflug mit Passagieren treffe.
93Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
94das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.06.2013, Aktenzeichen 16 Ca 350/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.
95Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
96die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
97Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und dessen Begründung und wiederholt und vertieft ebenfalls seine eigenen Argumente erster Instanz.
98Für die Auffassung der Beklagten sprächen weder der Wortlaut, noch die Systematik oder die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages. Es könne auch keine Rede davon sein, dass Simulatorstunden, wenn sie bei der Ermittlung der bezahlungswirksamen Mehrflugstunden mitberücksichtigt würden, deshalb ‚besser bezahlt‘ würden als von der Beklagten so genannte ‚produktive Flugstunden‘. Die Verwendung des Begriffes „bezahlungswirksame Mehrflugstunden“ in § 20 Abs. 1 MTV spreche sogar eher für seine, des Klägers Auslegung des Tarifvertrages als für diejenige der Beklagten; denn sie verdeutliche, dass die Tarifvertragsparteien der Mehrflugstundenvergütung keineswegs nur die tatsächlich geflogenen Zeiten zu Grunde legen wollten. Dies ergebe sich tendenziell auch aus der Protokollnotiz V, die bei den tatsächlich geflogenen Flugstunden eine gewisse Pauschalierung vorsehe, indem sie schwerpunktmäßig auf die geplanten und nicht auf die tatsächlich angefallenen Zeiten abstelle. Die Protokollnotiz V treffe dagegen keinerlei Aussage dahingehend, dass Simulatorstunden keine vergütungsrelevanten Mehrflugstunden seien.
99Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten, der Berufungserwiderung des Klägers sowie des weiteren Schriftsatzes der Beklagten vom 04.02.2014 wird der Vollständigkeit halber ebenfalls Bezug genommen.
100E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
101I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.06.2013 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.
102II. Die Berufung der Beklagten konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat zur Überzeugung des Berufungsgerichts den einschlägigen Tarifvertrag zutreffend ausgelegt und der Klage zu Recht stattgegeben. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsinstanz sind nicht geeignet, das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Urteils in Frage zu stellen.
103- 104
1. Die Frage, ob dem Kläger für den Monat Oktober 2012 die von ihm in rechnerisch unstreitiger Höhe geltend gemachte Mehrflugstundenvergütung im Sinne von § 19 Abs. 1 c) i. V. m. § 20 des Manteltarifvertrags Nr. 3 a für das Cockpitpersonal der G vom 29.06.2011 zusteht oder nicht, hängt von der Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften ab. Der Kläger hat im Monat Oktober 2012 78 Stunden 41 Minuten an unstreitiger „bezahlungswirksamer Flugzeit“ absolviert. Mehrflugstundenvergütung wird nach § 20 Abs. 2 MTV Nr. 3 a jedoch erst dann gezahlt, wenn in einem Kalendermonat mehr als 79 Flugstunden angefallen sind. Zugleich hat der Kläger im Monat Oktober 2012 aber auch auf Anordnung der Beklagten 8 Stunden im Simulatortraining verbracht. Diese Stunden hat die Beklagte bei der Prüfung, ob im Oktober 2012 gemäß § 20 Abs. 2 MTV Nr. 3 a für den Kläger ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entstanden ist, nicht angerechnet.
- 106
2. Die Beklagte wäre jedoch verpflichtet gewesen, die angeordneten Simulatorstunden als bezahlungswirksame Mehrflugstunden in Ansatz zu bringen. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der einschlägigen tarifvertraglichen Normen.
a. Wie bereits das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt korrekt ausgeführt hat, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebende Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, wenn und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist jedoch diejenige Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt(z. B. BAG vom 19.09.2007, 4 AZR 670/06; BAG vom 21.03.2001, 10 AZR 41/00).
108b. Die hier zu beantwortende Auslegungsfrage betrifft die Höhe der Vergütung für vom Kläger geleistete Arbeit. Sie betrifft somit den Kern des arbeitsvertraglichen Austauschverhältnisses (sogenanntes Synallagma). Im Arbeitsvertragsverhältnis verpflichtet sich der Arbeitnehmer typischerweise, dem Arbeitgeber in einem vertraglich vereinbarten zeitlichen Umfang seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und erhält hierfür als Gegenleistung eine Vergütung. Die arbeitsvertraglichen Vorgaben zur Arbeitszeit einerseits und zur Vergütung andererseits hängen somit aufs engste zusammen. Dies gilt erst recht, wenn es wie hier bei der streitigen Mehrflugstundenvergütung um einen Vergütungsbestandteil geht, der seiner Funktion nach, wie die Beklagte selbst ausführt, der Mehrarbeitsvergütung des Bodenpersonals gleichkommt.
109c. Im vorliegenden Fall weist die Beklagte zwar zu Recht darauf hin, dass der auszulegende Haustarifvertrag die Regeln über die Arbeitszeit der Arbeitnehmer einerseits und die Regeln über die Vergütung der Arbeitnehmer andererseits in zwei verschiedenen Abschnitten, einmal unter „II. Einsatz und Freizeit“, zum anderen unter „III. Ansprüche des Mitarbeiters“ zusammengefasst hat. Dies ändert aber nichts daran, dass auf Grund des aus der Natur der Sache folgenden engsten Sachzusammenhangs eine starke tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass die Tarifvertragsparteien im Abschnitt über die Vergütung hinsichtlich der dort verwendeten arbeitszeitlichen Kriterien von denselben Begrifflichkeiten und Definitionen ausgegangen sind, wie zuvor im Abschnitt II. über die Arbeitszeit. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn aus dem Wortlaut der Vergütungsregelungen eindeutig und unmissverständlich entnommen werden könnte, dass hier andere arbeitszeitliche Begriffe zu Grunde gelegt werden sollten als im Abschnitt über die Arbeitszeit selbst. Dies ist jedoch nicht der Fall.
110d. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages kann kein Zweifel daran bestehen, dass die sogenannten Simulatorstunden, also die „auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit“, einerseits zur Flugdienstzeit im Sinne von
111§ 11 MTV zählt, andererseits zur Flugzeit (Blockzeit) im Sinne von § 12 MTV. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 1 f) und aus § 12 Abs. 2 MTV und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
112e. Entgegen der Auffassung der Beklagten und in Übereinstimmung mit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass der Tarifvertrag bei der Vergütungsregelung in § 19 Abs. 1 c) und insbesondere in§ 20 an die Regelung in § 12 zur „Flugzeit (Blockzeit)“ anknüpft und diese der Vergütungsregelung zu Grunde legt.
113aa. § 19 Abs. 1 c) etabliert die „Mehrflugstundenvergütung“ als eine von drei dem Cockpitpersonal der Beklagten gezahlten Vergütungsarten. Wie dem Wortlaut des Begriffs „Mehrflugstundenvergütung“ unschwer zu entnehmen ist, erhält der Cockpitmitarbeiter eine solche Vergütung, wenn er in einem Monat mehr Flugstunden absolviert, als dies in der Klausel über das „Entstehen des Anspruchs“ in § 20 Abs. 2 MTV mit der Richtgröße von 79 Flugstunden festgelegt ist.
114bb. Was aber unter Flugstunden zu verstehen ist, ergibt sich wiederum aus§ 12 MTV. Danach bezeichnen Flugstunden zum einen die Zeit, die der Dauer eines tatsächlich absolvierten Fluges entspricht, wie sie in § 12 Abs. 1 MTV angesprochen ist und die man mit ‚Flugzeit‘ bzw. ‚Flugstunden‘ im engeren Sinne‘ bezeichnen könnte. „Außerdem“, so sagt der Tarifvertrag in § 12 Abs. 2 jedoch ausdrücklich, gehören hierzu auch die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachten Stunden, also die Simulatorstunden.
115cc. Entgegen der in der Berufungsinstanz geäußerten Ansicht der Beklagten kann gegen die Annahme, dass § 20 MTV an die in § 12 MTV festgelegten Begriffe anknüpft, nicht ernsthaft eingewandt werden, dass in § 19 Abs. 1 c) und § 20 MTV von Mehrflugstunden die Rede ist, in § 12 MTV aber von Flugzeit. Bei dieser Differenzierung handelt es sich nämlich um ein typisches ‚Klauben am Buchstaben‘, der den inhaltlichen Sinn eines sprachlichen Ausdrucks außer Acht lässt und damit den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen widerspricht; denn ‚Stunden‘, ‚Minuten‘, ‚Sekunden‘ etc. bezeichnen lediglich Untereinheiten des Oberbegriffs der ‚Zeit‘, wie sie zur Konkretisierung und – bei Vergütungen – zur Abrechnung notwendig sind, während der Begriff der Flugzeit eine Ansammlung von Stunden, Minuten etc. bezeichnet. Die Synonymität der Begriffe wird im Tarifvertrag selbst deutlich, wenn es in § 20 Abs. 3 unter der Überschrift „Anrechnung von Flugzeiten“ im Folgesatz heißt: „Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,0 Flugstunden angerechnet. … Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,0 Stunden angeordnet“.
116dd. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt auch nicht aus der Verwendung des Begriffes „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“ in § 20 Abs. 1 a) MTV, dass die Vergütungsvorschrift von einer eigenständigen, von § 12 MTV abweichenden Definition der Flugstunde ausgeht.
117aaa. So könnte die Verwendung dieses Wortpaares zwar darauf hindeuten, dass es nach der Vorstellung des Tarifvertrages auch Mehrflugstunden geben kann, die nicht „bezahlungswirksam“ wären.
118bbb. Dies stellt aber keineswegs die einzige Auslegungsmöglichkeit dar. Ebenso gut kann das Wortpaar auch mit § 20 Abs. 2 MTV in Verbindung stehen und einen Hinweis darauf bieten, dass in einem Monat eben „mehr Flugstunden“ als 79 anfallen müssen, um „bezahlungswirksam“ zu sein. Bei der Bezeichnung „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“ kann es sich demnach ohne weiteres um eine bloße Redewendung ohne spezifische Zusatzbedeutung handeln, etwa im Sinne eines Pleonasmus („weißer Schimmel“) oder eines Epitethon ornans („sonnige Gipfel“).
119ccc. Eine weitere Auslegungsmöglichkeit steht in einem diametralen Gegensatz zu der von der Beklagten für richtig gehaltenen Version. Die sprachliche Wendung könnte nämlich auch lediglich einen Hinweis darauf darstellen, dass es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sogar Arbeitsstunden gibt, die als Mehrflugstunden bezahlungswirksam werden können, obwohl es sich nicht einmal um „Flugstunden“ handelt, auch nicht solche im Sinne von § 12 MTV. Gemäß § 20 Abs. 3 MTV werden für die Vergütung von Mehrflugstunden nämlich auch vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen mit einem gewissen Zeitkontingent als „Flugstunden angerechnet“. Bei der Teilnahme an Schulungen handelt es sich aber weder um „Flugzeit“ im Sinne von § 12 MTV, noch um „Flugdienstzeit“ im Sinne von § 11 MTV, sondern lediglich um eine „sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistung und Tätigkeit“ gemäß § 10 Abs.2 g) MTV.
120ee. Wenn man dagegen der Auffassung der Beklagten näher treten wollte, wonach der Tarifvertrag in seinem Abschnitt über die Vergütung neben bezahlungswirksamen Mehrflugstunden auch Mehrflugstunden kennt, die nicht bezahlungswirksam sind, und wenn man es mit der Beklagten für richtig hält, dass zwischen den Abschnitten II. und III. des Tarifvertrages streng zu trennen sei, so müsste sich allein aus dem Abschnitt III. über die Vergütung eine eigenständige klare Definition der bezahlungspflichtigen Mehrflugstunden ergeben, die die Simulatorstunden eindeutig ausschließt. Dies ist aber gerade nicht der Fall.
121aaa. Im Text der §§ 19, 20 MTV findet sich keine Definition der „bezahlungswirksamen“ in Abgrenzung zu etwaigen „nicht bezahlungswirksamen“ (Mehr-)Flugstunden.
122bbb. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich eine solche Definition auch nicht aus der Protokollnotiz V. Der Sinn der Protokollnotiz Nr. V vom 09.11.2011 besteht ersichtlich darin, die sogenannte „BLZ 68-Regelung“ zu etablieren. Diese besagt vereinfacht ausgedrückt, dass die tatsächlich zurückgelegten Flugstunden, also die ‚Flugzeit im engeren Sinne‘, gemäß § 12 Abs. 1 MTV, in stärkerem Maße als bisher nach dengeplanten Zeiten und weniger nach den tatsächlich angefallenen Zeiten bemessen werden sollen. Darauf bezieht sich der in der Protokollnotiz V beschriebene komplizierte Mechanismus. Die Protokollnotiz V stellt somit eine Anwendungsanleitung für die Berechnung der Flugstunden im engeren Sinne gemäß § 12 Abs.1 MTV dar. Darin erschöpft sie sich aber auch. Sie enthält an keiner Stelle die Aussage, dass daneben die in § 12 Abs. 2 MTV als Flugzeit definierten Simulatorstunden gar nicht mehr angerechnet werden dürfen. Die Frage des Ob und Wie der Anrechnung bzw. Bemessung der Simulatorstunden im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung ist nicht Gegenstand der Protokollnotiz Nr. V.
123ccc. Darauf deutet auch bereits der Wortlaut von § 20 Abs. 1 b) MTV. Dort heißt es nämlich: „Bei der Berechnung … werden zugrundegelegt“. Dies deutet gerade darauf hin, dass es sich bei der Protokollnotiz V nur um eine Berechnungsvorschrift für einen Teilbereich der Mehrflugstundenvergütung handelt. Weder findet sich der Verweis auf die Protokollnotiz V in § 20 Abs. 1 a) bei der Einführung des Begriffs „bezahlungswirksame Mehrflugstunde“, noch deutet die Formulierung des Verweises auf die Protokollnotiz in § 20 Abs. 1 b) darauf hin, dass unter „bezahlungswirksamen Mehrflugstunden“ ausschließlich die in der Protokollnotiz erwähnten pauschalisierten Stunden zu verstehen sind.
124ff. Dann aber steht § 20 MTV einschließlich der Protokollnotiz V nicht der Auslegung entgegen, dass, wie es auch in § 12 Abs. 2 MTV heißt, „außerdem“ auch die Simulatorstunden als potentiell vergütungspflichtige Mehrflugstunden anzusehen sind.
125gg. Wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat, ist ein weiterer Beleg dafür, dass die in Abschnitt III. enthaltenen Regelungen über die Vergütung an die in Abschnitt II. definierten verschiedenen Arbeitszeitkategorien anknüpfen und sich diese zu eigen machen, in § 19 Abs. 5 MTV zu sehen. Betrachtet man nämlich nur § 19 MTV und die übrigen Regelungen in Abschnitt III. über die Vergütung, so bliebe für den Leser und Anwender des MTV gänzlich unverständlich, worum es sich bei einem sogenannten „Dead-Head-Einsatz“ überhaupt handelt. Dies erschließt sich überhaupt nur durch einen Rückgriff auf den in Abschnitt II. enthaltenen § 14, in dem der Begriff der „Dead-Head-Zeit“ definiert wird.
126f. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts lässt sich auch § 19 Abs. 6 MTV nicht entnehmen, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien Simulatorstunden entgegen § 12 Abs. 2 MTV nicht als Flugstunden gewertet werden dürften, die, wenn sie in ihrer Gesamtheit die Anzahl von 79 pro Monat übersteigen, „bezahlungswirksam“ werden und zu einem Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung führen.
127aa. § 19 Abs. 6 MTV bestimmt, dass Simulatorstunden „mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß 19 Abs. 5 zusätzlich vergütet“ werden. Dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 MTV lässt sich nichts darüber entnehmen, ob es sich bei den Simulatorstunden um Flugstunden handelt, die – zusammen mit anderen, hier begrifflich unstreitigen Flugstunden – dazu führen können, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Mehrflugstundenvergütung entsteht.
128bb. Ebenso wenig lässt sich dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 MTV entnehmen, dass es sich hierbei um eine abschließende Regelung mit Ausschließlichkeitscharakter handeln soll. Dem steht schon die Verwendung des Wortes „zusätzlich“ entgegen. Keineswegs lässt sich §19 Abs. 6 MTV entnehmen, dass etwa Simulatorstundennur mit dem doppelten Dead-Head-Satz zu vergüten sind. Unstreitig handelt es sich auch bei Simulatorstunden jedenfalls um einen Bestandteil der allgemeinen Arbeitszeit des Klägers, die durch das Grundgehalt vergütet wird. Insofern begründet § 19 Abs. 6 MTV eine ‚Simulatorstundenzulage‘. Leistet der Arbeitnehmer angeordnete Simulatorstunden, so fällt die Zulage nach § 19 Abs. 6 MTV ganz unabhängig davon an, ob in demselben Monat zugleich auch ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entstanden ist oder nicht. Der Anspruch auf die Simulatorzulage entsteht sowohl dann, wenn selbst bei Addition der angeordneten Simulatorstunden mit der Anzahl der unstreitigen, ‚geflogenen‘ Flugstunden in dem betreffenden Monat die Schwelle des § 20 Abs. 2 MTVnicht erreicht wird und somit kein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entsteht, wie auch dann, wenn umgekehrt schon bereits auf Grund der Anzahl der unstreitigen, ‚geflogenen‘ Flugstunden ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung begründet ist.
129cc. Wortlaut und Systematik des Tarifvertrages bieten somit keinen Anhaltspunkt dafür, dass, wie die Beklagte es für richtig hält, die in § 19 Abs. 6 enthaltene ‚Simulatorstundenzulage‘ gerade als Kompensation dafür gedacht gewesen sein könnte, dass angeordnete Simulatorstunden – entgegen § 12 Abs. 2 MTV – im Rahmen des § 20 MTV bei der Ermittlung der in einem bestimmten Monat absolvierten „Flugstunden“ nicht zu berücksichtigen wäre.
130dd. Auch aus der Geschichte des Zustandekommens des Tarifvertrages heraus hat die Beklagte keinen ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkt für einen solchen Regelungszusammenhang begründen können. Selbst wenn den Tarifvertragsparteien aber ein solcher Regelungszusammenhang vorgeschwebt hätte, hätte er jedenfalls keinerlei Ausdruck im Text des Tarifvertrages gefunden und müsste daher ohnehin bei der Auslegung unberücksichtigt bleiben.
131g. Ein Hinweis auf die Richtigkeit der Auslegung der Beklagten ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht daraus, dass die Vergütungsregelung des MTV ansonsten einen Wertungswiderspruch beinhaltete, indem sie anordnete, Simulatorstunden – wie die Beklagte offenbar meint: zu Unrecht – besser zu bezahlen als ‚echte‘ Flugstunden.
132aa. Die Aussage der Beklagten, dass angeordnete Simulatorstunden „besser bezahlt“ würden als echte Flugstunden, trifft nur im Hinblick auf die Zulage im § 19 Abs. 6 MTV zu, hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob Simulatorstunden als Flugstunden auch bei der Entstehung der Mehrflugstundenvergütung gemäß § 20 Abs. 2 MTV mit zu berücksichtigen sind. Dies zeigt sich gerade bei der Betrachtung eines Monats, in welchem selbst bei einer Addition von Simulatorstunden mit tatsächlich geflogenen Flugstunden die Schwellenzahl des § 20 Abs. 2 MTV von 79 Flugstundennicht überschritten wird. In einem solchen Monat erhält der Kläger in der Tat für Simulatorstunden zusätzlich zu der Grundvergütung und Flugzulage auch den Zuschlag nach § 19 Abs. 6 MTV, während die ‚echten‘ Flugstunden nur durch die Grundvergütung und die Flugzulage abgedeckt sind. Dasselbe gilt in gleicher Weise aber auch für den sogenannten Dead-Head-Zuschlag gemäß § 19 Abs. 5 MTV. Auch ein solcher Dead-Head-Einsatz wird in einem solchen Monat besser vergütet als eine echte Flugstunde, obwohl die Dead-Head-Situation für den betroffenen Arbeitnehmer weder mit einer erhöhten psychischen Belastung noch mit irgendeiner Form besonderer Verantwortung verbunden ist.
133bb. In Monaten wie dem hier streitigen Oktober 2012, in dem erst die Zusammenrechnung der ‚echten‘ Flugstunden und der angeordneten Simulatorstunden zu einer Überschreitung des Schwellenwertes von § 20 Abs. 2 MTV führt, erscheint es allerdings verfehlt davon zu sprechen, dass die Mehrflugstundenvergütung quasi als zusätzliche Bezahlung für die Simulatorstunden anzusehen wäre. Vielmehr haben im Monat Oktober 2012 die angeordneten Simulatorstunden, folgt man der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts und Berufungsgerichts, gerade einmal zu etwas mehr als 10 % zu dem entstandenen Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung beigetragen; denn 78 Std. 41Min. anrechenbarer Flugzeit im engeren Sinne stehen nur 8 anrechenbare Simulatorstunden gegenüber.
134cc. Das Arbeitsgericht hat eine Erklärung für den Simulatorstundenzuschlag aus § 19 Abs. 6 MTV darin gesehen, dass es für die betroffenen Piloten mit einer besonderen psychischen Belastung verbunden sei, solche Pflichtsimulatortrainings zu absolvieren. Diese Erklärung hat die Beklagte nicht überzeugend entkräften können.
135aaa. Es trifft zwar zu, wie die Beklagte ausführt, dass der Pilot bei einem Echteinsatz mit Passagieren eine ganz besondere Verantwortung trägt, die während des Simulatortrainings in dieser Form nicht anfällt.
136bbb. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass die psychische Belastung, die ein angeordnetes und verpflichtendes Simulatortraining mit sich bringt, nicht nur und nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht einmal in erster Linie darauf beruht, dass ein denkbares negatives Testergebnis die weitere berufliche Laufbahn negativ beeinflussen kann. Die psychische Belastung wird vielmehr auch gerade dadurch hervorgerufen, dass in dem Simulatortraining in lebensnaher Form denkbare Katastrophenszenarien durchgespielt werden. Dem Flugzeugführer wird dabei lebensnah vor Augen geführt, dass in solchen Situationen das Leben der Passagiere zu einem wesentlichen Teil von seinem fliegerischen Können abhängt. Die psychische Belastung durch das Simulatortraining steht somit in einem sehr engen Zusammenhang mit der Verantwortung, die ein Flugzeugführer während eines Echtfluges trägt, die ihm aber bei einem Echtflug, auf dem alles routinemäßig verläuft, weniger intensiv ins aktuelle Bewusstsein gerückt wird.
137h. Auf der anderen Seite kommt hinzu, dass gerade auch die Auslegung der Beklagten ihrerseits ebenfalls Wertungswidersprüche innerhalb der Gesamtsystematik des MTV hervorruft.
138aa. So haben die Flugzeugführer auf Weisung der Beklagten gelegentlich auch an Schulungen teilzunehmen. Während einer solchen Schulungsteilnahme unterliegen die Arbeitnehmer weder der herausgehobenen Verantwortung wie während eines Echtfluges, noch sind sie einer psychischen Belastung ausgesetzt wie bei einem verpflichtenden Simulatortraining. Bei den Schulungsstunden handelt es sich auch nicht um Flugdienstzeit im Sinne von § 11 MTV, und erst recht nicht um Flugzeit im Sinne von § 12 MTV, sondern lediglich um eine „sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistung und Tätigkeit“ im Sinne von § 10 Abs. 2 g) MTV. Trotzdem ordnet § 20 Abs. 3 MTV an, dass bei der Teilnahme an vom Arbeitgeber angeordneten Schulungen ein Teil der damit verbrachten Arbeitszeit als bezahlungswirksame Mehrflugstunde angerechnet wird.
139bb. Das Auslegungsergebnis der Beklagten stünde auch in einem schwer erklärbaren Spannungsverhältnis zu den Regelungen in § 12 Abs. 2 und Abs. 3 MTV. In § 12 Abs. 3 wird nämlich eine Höchstzahl zulässiger Flugstunden definiert, die ein Flugzeugführer in bestimmten Zeitabschnitten absolvieren darf. Hierbei zählen die in § 12 Abs. 2 als Flugzeit definierten Simulatorstunden unzweifelhaft mit. Die angeordneten Simulatorstunden verringern somit auch die Anzahl der „echten“ Flugstunden, die der Flugzeugführer in den bestimmten Zeiträumen höchstens erbringen darf. Trotzdem soll nach der Vorstellung der Beklagten die eine Art von Flugstunden bei der Bezahlung der Mehrarbeit berücksichtigt werden, die andere Art nicht.
140cc. Schließlich erscheint es auch nicht ausschlaggebend, wenn die Beklagte darauf hinweist, dass bei der Mehrarbeitsvergütung in Form der Mehrflugstundenvergütung nur sogenannte produktive Flugstunden erfasst werden sollten. Zum einen lässt sich dies nicht dem Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschriften entnehmen. Zum anderen ist zu bedenken, dass eine gewisse Anzahl von Simulatorstunden unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass der jeweilige Flugzeugführer überhaupt bei ‚produktiven‘ Echtflügen eingesetzt werden darf. Auch deshalb erscheint es eher naheliegend, die Simulatorstunden entsprechend der Maßgabe des § 12 Abs. 2 MTV auch bei der Mehrflugstundenvergütung wie tatsächlich geflogene Flugstunden zu behandeln.
141III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
142Nach Auffassung der Kammer war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zuzulassen. Derzeit sind beim Arbeitsgericht Köln sowie beim Berufungsgericht auch eine Vielzahl von Parallelverfahren vergleichbaren Sachverhalts anhängig.
143Eine Divergenz zu der Entscheidung des Landesarbeitsgericht Köln vom 01.03.2013 (10 Sa 848/12) besteht hingegen nicht, da die Entscheidung der 10. Kammer des Berufungsgerichtes nicht zu dem Manteltarifvertrag Nr. 3 a) sondern zu dessen Vorgängertarifvertrag ergangen ist, der in den hier entscheidenden Regelungen einen abweichenden Wortlaut aufweist.
144RECHTSMITTELBELEHRUNG
145Gegen dieses Urteil kann vonder beklagten Partei
146R E V I S I O N
147eingelegt werden.
148Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
149Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
150Bundesarbeitsgericht
151Hugo-Preuß-Platz 1
15299084 Erfurt
153Fax: 0361-2636 2000
154eingelegt werden.
155Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
156Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
157- 158
1. Rechtsanwälte,
- 159
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 160
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
162Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
163Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
164* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.