Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 23. Okt. 2014 - 7 Ta 523/14


Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.09.2014 – 2 BVGa 04/14 – abgeändert.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
1
G r ü n d e:
2I.
3Im Ausgangsverfahren haben zwei Arbeitnehmer als Antragsteller gegenüber dem Wahlvorstand die Bescheidung eines Einspruchs gegen die Wählerliste im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt; das Verfahren ist nach Erledigung durch Beschluss eingestellt worden.
4Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 08.09.2014 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 500,00 € festgesetzt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die begehrte Bescheidung für die Antragsteller weder wirtschaftliche noch geldwerte Vorteile habe und deshalb ein minimaler Wert angemessen sei. Auf die angegriffene Entscheidung Bl. 53 d.A. wird Bezug genommen.
5Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 09.09.2014 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 10.09.2014 nicht abgeholfen hat.
6Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller ist der Auffassung, bei der Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes müsse beachtet werden, dass es nicht um einen wirtschaftlichen Wert, sondern eben um eine Streitigkeit nichtvermögensrechtlicher Art gehe; ansonsten hätte der Wert auch mit „0“ angenommen werden können.
7Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
8II.
9Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller führt zu einer Neufestsetzung des Streitwertes; der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war gemäß § 23 Abs. 3 RVG auf 2.500,00 € festzusetzen.
101.
11Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
12a)
131. § 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Weg nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, 24.11.1994 - 8 TaBV 144/94 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, 12.06.2001 - 10 TaBV 50/01 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50 = NZA-RR 2002, 472; LAG Hamm, 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 - NZA-RR 2005, 435), worauf auch das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung hingewiesen hat.
14Daraus folgt indessen nicht, dass in den Fällen, in denen ein wirtschaftlicher Wert nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - feststellbar ist, stets ein ‚minimaler Wert‘ anzusetzen ist, da ansonsten die Vorschrift des § 23 Abs. 3 RVG leerlaufen würde. Sie erkennt an, dass auch in solchen Verfahren nichtvermögensrechtlicher Art der Aufwand des beauftragten Prozessbevollmächtigten zu honorieren ist, bei denen zumindest eine Anlehnung an einen wirtschaftlichen Wert nicht möglich erscheint. Diesem Gedanken trägt auch der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit (Fassung 2014: z.B. NZA 2014, 745, 747) Rechnung, der für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes während des Wahlverfahrens z.B. betr. die Herausgabe von Unterlagen den ½ Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG vorsieht.
15b)
16Ausgehend hiervon ergibt sich, dass der Streitwert für das vorliegende Beschlussverfahren auf 2.500,00 Euro festzusetzen war.
17Die Beschwerdekammer folgt hierbei den Empfehlungen des Streitwertkataloges (s.o.) unter II.2.2., da es sich bei dem beantragten einstweiligen Rechtsschutz um eine Maßnahme innerhalb eines laufenden Verfahrens zur Betriebsratswahl handelt, ohne dass ein Wahlabbruch begehrt war; für letztgenannten Fall gehen die zuständigen Beschwerdekammer des LAG Hamm entgegen den Empfehlungen des Streitwertkataloges vom vollen Wert des Anfechtungsverfahrens aus (vgl. zuletzt LAG Hamm, 15.09.2014 - 13 Ta 434/14; 08.08.2014 - 13 TaBVGa 12/14; 11.08.2014 - 7 TaBVGa 17/14 und 7 TaBVGa 19/14).
18Die Festsetzung in dieser Höhe wird auch der Bedeutung des Sache gerecht (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 15.09.2014 aaO, bei juris Rdnr. 8 m. w. Nachw.), die den Verordnungsgeber immerhin dazu veranlasst hat, in § 4 Abs. 2 WO BetrVG einen Anspruch auf Bescheidung eines Einspruchs gegen die Wählerliste zu regeln, wodurch eine Befassung und ggfls. eine Korrektur während des laufenden Wahlverfahrens sichergestellt werden kann.
19III.
20Eine Gebühr war gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4; Abs. 5 GKG i.V.m. Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG nicht zu erheben.

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(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.