Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Feb. 2016 - 4 TaBV 8/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.12.2015 - 11 BV 306/15 - wird zurückgewiesen.
1
G R Ü N D E :
2Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle.
3Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt in N. ein Unternehmen der Metallverarbeitung mit circa 1050 Arbeitnehmern. Der Antragssteller ist der dort gebildete Betriebsrat. Dieser hat nach § 107 Abs. 3 die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses einem Ausschuss des Betriebsrats übertragen.
4Am 16.10.2015 versandte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, der auch zugleich Vorsitzender des Betriebsrats ist, eine zweiseitige Tagesordnung für eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 19.10.2015 mit circa 29 Tagesordnungspunkten nebst Unterpunkten (Bl. 48 bis 49 d. A.). In der Sitzung am 19.10.2015 konnten nicht alle Punkte behandelt werden. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses wies auf die Möglichkeit hin, dass der Arbeitgeber schriftlich auf die einzelnen Punkte eingehen könne. Mit Schreiben vom 19.10.2015 (Bl. 96 bis 99 d. A.) nahm der Geschäftsführer Stellung. Mit E-Mail vom 20.10.2015 hakte der stellvertretende Vorsitzende wegen bestimmter Unterlagen nach. Welche Unterlagen in der Folge zwischen den Beteiligten gewechselten wurden, ist streitig.
5Mit Schreiben vom 16.11.2015 (Bl. 50 bis 52 d. A.) lud der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses zu einer Wirtschaftsausschusssitzung. Die Ladung enthielt die Tagesordnung mit circa 55 Unterpunkten. Am 18.11.2015 beschloss der Betriebsrat, "bezüglich der von der Arbeitgeberin dem WA-Ausschuss nicht erteilten Informationen" die Einigungsstelle anzurufen und zur Durchführung eines entsprechenden Beschlussverfahrens einschließlich der Rechtsmittelinstanz einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Sitzung des Wirtschaftsausschusses fand am 14.12.2015 statt. Wegen eines Auslandstermins verließ der Geschäftsführer die Sitzung nach circa eineinhalb Stunden.
6Am selben Tag hat der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragt,
7I.den Direktor des Arbeitsgerichts a.D. G.-K. U. als Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen zu dem folgenden Regelungsgegenstand:
8"Die Beklagte ist verpflichtet, dem Wirtschaftsausschuss folgende Informationen zu erteilen sowie die jeweiligen dazugehörenden Unterlagen vorzulegen:
91. wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens
10a) Monatsabschlüsse Januar bis Oktober 2015 (in gleicher Form wie sie nach T. übermittelt werden)
11b) Welche Kosten kommen auf das Unternehmen bei der Nachzahlung ERA zu? Gibt es dazu Rücklagen? Wann soll die Zahlung erfolgen? (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
12c) Welche Kredite hat das Unternehmen? Wie sind die Konditionen? Wie hoch sind die Zinslasten? (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
13d) Wie hoch waren die Rechtsanwaltskosten für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 (Bitte entsprechende Unterlagen (Verträge/Aufträge) vorlegen und erläutern)
14e) Wie hoch waren die Kosten für Berater, Sachverständige, Seminarleiter, Moderatoren etc. für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 (Bitte entsprechende Unterlagen (Verträge/Aufträge) vorlegen und erläutern)
15f) Welche Kosten sind dem Unternehmen für Sponsoring, Werbung, Anzeigen, Kooperationen, Veranstaltungen, Feiern (z.B. Jahresabschluss u.Ä.), Dienstwagen, Mitgliedschaften in Vereinen, Vereinigungen etc., Kosten für Konzerne/Division, Nutzungsrechte der Marke +H.+, Werbemittel und sonstige einmalige Aufwendungen entstanden? (Bitte entsprechende aufgeschlüsselte Unterlagen für die Jahre 2010-2015 vorlegen und erläutern)
16g) Aufgeschlüsselte Personalkosten anhand von Bruttolohnlisten (auch für AT-Angestellte und GL-Mitglieder), Abfindungen, Kosten für Leiharbeitnehmer, Kosten für Aushilfskräfte, Kosten für Praktikanten und Diplomanden (bitte entsprechende aufgeschlüsselte Unterlagen für die Jahre 2010-2015 vorlegen und erläutern)
17h) Wir wünschen eine detaillierte Darstellung der tatsächlichen Einsparungen, die durch die Vereinbarung 2008/2009 (Reduktion der Personalkosten) erzielt werden konnte
182. Produktions- und Absatzlage
19a) Wie ist die Auftragslage für die nächsten fünf Jahre? (in Tonnen, abgegossene Kästen und Produktionsschichten)
203. Schließung der FL IMC
21a) Wir wünschen eine detaillierte Darstellung der Herstellkosten, auch im Vergleich zu anderen Fertigungslinien
22b) Wir wünschen eine detaillierte Darstellung der Personalkosten seit 2010, auch im Vergleich zu den anderen Fertigungslinien
23c) Wie wirkt sich die Schließung der FL IMC auf die anderen Bereiche im Werk aus? (z.B. personell sowie in Bezug auf die Verteilung der fixen Herstellkosten): Werden andere Produkte oder Abteilungen dadurch teurer?
24d) Was soll mit der Anlage passieren? Abriss? Reserve?
25e) Wirtschaftlichkeit der FL IMC im Vergleich zu anderen Fertigungslinien ME, SI und HE, jeweils pro Modell
26f) Liste aller an der FL IMC produzierten oder produzierbaren Modelle mit Menge, Laufzeit, Gewinnmarge, Kunde, Lieferort und wo diese zukünftig produziert werden sollen
27g) Was soll mit dem Personal passieren, einschließlich Vorgesetzte und Nebenbetriebe, wenn die FL IMC geschlossen wird?
28h) Welches Risiko besteht bei der Schließung der FL IMC?
294. Verlagerung von Artikeln
30a) Angabe von Modellnummern mit Menge, Laufzeit, Gewinnmarge, Kunde, Lieferort und wo diese zukünftig produziert werden sollen
31b) welches Risiko besteht dabei?
325. Rationalisierungsvorhaben und Sparmaßnahmen
33a) Wie ist der Stand bei den Maßnahmen für 2015 (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
34b) Welche Maßnahmen sind für 2016 geplant? (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
356. Schichtsysteme
36a) Vorlage aller beabsichtigten oder geprüften Schichtsysteme einschließlich der Berechnungsgrundlagen hierfür
37b) Vorlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung für alle Bereiche, in denen beabsichtigt ist, Schichtsysteme einzuführen oder geprüft wurde Schichtsysteme einzuführen
38c) Hat es tatsächlich einen nachweisbaren Kundenstillstand in Zusammenhang mit vom BR nicht zugestimmter Mehrarbeit gegeben?
39d) Welches Risiko gibt es durch die neuen Schichtsysteme?
407. Auslagerung von Arbeiten
41a) Welche Arbeiten werden für eine Fremdvergabe geprüft?
42b) Welche Arbeiten werden oder wurden fremdvergeben?
43c) Gibt es Wirtschaftlichkeitsberechnungen dazu? (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
44d) Legen Sie uns bitte alle Werk- und Dienstleistungsverträge mit allen Anlagen, Einzelbeauftragungen und Abnahmeprotokollen für das Jahr 2015 vor.
45e) Welches Risiko gibt es durch die Auslagerung von Arbeiten
468. Outsourcing Pförtnerei
47a) Wirtschaftlichkeitsberechnung
48b) Welche Firmen wurden angefragt? Wer bekommt den Auftrag?
49c) Wie soll der Datenschutz gewährleistet werden?
50d) Wie wird eine strikte Abgrenzung zwischen den Werksvertragsanbieter und unseren Beschäftigten sichergestellt?
51e) Welches Risiko besteht dabei?
529. Mittel- /Langfristplanung für den Standort N.
5310. Strategie 2020
5411. Personal
55a) genaue Personalbedarfsrechnung aktuell
56b) genaue Personalbedarfsrechnung 2016
57c) wie viele Auszubildende sind für das Ausbildungsjahr 2016 geplant und in welchen Ausbildungsberufen?
5812. Stand der Dinge bei der elektronischen Personalakte
59a) Welche Kosten kommen auf das Unternehmen zu? (Bitte entsprechende Unterlagen vorlegen und erläutern)
6013. Aufstellung der in den Jahren 2014 und 2015 durchgeführten Bildungsmaßnahmen, Schulungen, Teambuilding-Maßnahmen, Klausuren etc. und die damit verbundenen Kosten. Dazu gehören z.B. Angaben über die Teilnehmer, Inhalt der Maßnahmen, zeitliche Lage, Ort, Kosten (aufgeschlüsselt) usw.
6114. Erklärung, warum dem WA-Ausschuss die im Protokoll der WA-Sitzung vom 06.03.2014 geforderten Informationen/Unterlagen vorenthalten worden sind sowie die Einbeziehung in die Planungsphase nicht erfolgt ist.
6215. Warum haben Sie unsere E-Mail, die Ihnen Herr U. am 20.10.2015, 12:36 Uhr zugesandt hat, nicht vollständig beantwortet?"
63II.Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf 3 festgesetzt.
64Die Arbeitgeberin hat beantragt,
65die Anträge zurückzuweisen.
66Mit Beschluss vom 22.12.2015, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Einigungsstelle sei offensichtlich unbegründet. Der Verhandlungsanspruch der Arbeitgeberin über das streitgegenständliche Auskunftsverlangen sei noch nicht erfüllt. Von einem Scheitern der Verhandlungen könne nicht die Rede sein. Der Betriebsrat habe am Tage der Sitzung des Wirtschaftsausschusses ohne weitere Verhandlungen mit dem Arbeitgeber das Verfahren eingeleitet.
67Gegen den ihm am 04.01.2016 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 18.01.2016 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Er macht geltend: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Verhandlungsanspruch der Arbeitgeberin erfüllt. Hierzu verweist er auf umfangreiche Rechtsprechung.
68Der Betriebsrat beantragt,
69unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses nach den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen mit der Maßgabe, dass der Antrag zu 1 a nicht weiter verfolgt wird.
70Die Arbeitgeberin beantragt,
71die Beschwerde zurückzuweisen.
72Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens der Beteiligten wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.
73II.
74Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Die Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.
75Das auf § 109 Satz 1 BetrVG gestützte Begehren des Betriebsrats auf Errichtung einer Einigungsstelle zum Thema der Erteilung von Auskünften bzw. zur Vorlage von Unterlagen über bestimmte wirtschaftliche Angelegenheiten im Sinne des § 106 BetrVG scheitert bereits daran, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Es fehlt bereits an einer Beschlussfassung des Wirtschaftsausschusses in Bezug auf sein Verlangen von konkreten Auskünften bzw. Unterlagen. Entgegen der vom Betriebsrat in seinem Schriftsatz vom 25.02.2016 geäußerten Auffassung bedarf es sehr wohl eines formalen Beschlusses des Wirtschaftsausschusses insoweit.
76Nach allgemeiner Meinung (vgl. etwa Fitting u.a., BetrVG, 27. Aufl., § 109 Rdn. 6; Richardi/Annuß, 13. Aufl. § 109 Rdn. 11; LAG Hamm 02.11.2015 - 13 TaBV 70/15, juris, mwN) muss ein Wirtschaftsausschuss in formeller Hinsicht zu dem Begehren konkreter Auskünfte und Unterlagen über bestimmte wirtschaftliche Angelegenheiten einen Beschluss fassen, wenn im Falle der Nichterfüllung nachfolgend zur Durchsetzung des Begehrens gemäß § 109 BetrVG die Einigungsstelle angerufen werden soll. Erst wenn der Arbeitgeber trotz des auf ordnungsgemäßer Beschlussfassung beruhenden Auskunftsverlangens des Wirtschaftsausschusses diesem nicht rechtzeitig oder nur ungenügend oder gar nicht nachkommt, kann sich der Betriebsrat der Sache annehmen und mit dem Arbeitgeber eine Einigung hierüber versuchen. Kommt diese nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Der Wirtschaftsausschuss ist dabei ein gegenüber dem Betriebsrat eigenständiges Gremium, auch wenn er als Hilfsorgan des Betriebsrats tätig wird. Maßgeblich ist daher die eigene Beschlussfassung des Wirtschaftsausschusses, die sich formell nach den Regeln der Beschlussfassung des Betriebsrats richtet. Einen solchen Beschluss hat der Betriebsrat nicht dargelegt. Er hat lediglich die vom Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses verfasste Tagesordnung der Einladung zur Wirtschaftsausschusssitzung vorgelegt und diese mit zuletzt circa 45 Unterpunkten vollständig seinem Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle zugrunde gelegt.
77Das vom Gesetz vorgegebene Verfahren ist einzuhalten. Es soll insbesondere die der Einigungsstelle vorzulegende Frage auf die wirklich streitigen Punkte konzentrieren. Da das Verfahren vom Wirtschaftsausschuss nicht eingehalten worden ist, kann der Betriebsrat die Errichtung einer Einigungsstelle nicht verlangen.
78Damit bedurfte es keiner Beantwortung der Frage, die Einigungsstelle auch deshalb offenkundig unzuständig war, weil das Begehren des Betriebsrats, das immerhin auf Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen zu 45 zT s Einzelpunkten, darunter detaillierte Rechnungen, Verträge und Kostenaufstellungen aus den letzten sechs Jahren, möglicherweise rechtsmissbräuchlich war. Einen Anhaltspunkt hierfür könnte geben, dass die Betriebspartner in den letzten fünf Jahren, wie sie in ihrer Anhörung vor der Beschwerdekammer mitteilten, durch circa 130 arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren miteinander verbunden waren. Ebenfalls konnte offenbleiben, ob - wofür viel spricht - die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle außerdem daraus folgt, dass der Betriebsrat bereits im Vorhinein, sozusagen auf Vorrat, die Anrufung der Einigungsstelle beschlossen hat, obwohl die Sitzung des Wirtschaftsausschusses erst bevorstand und damit noch gar nicht feststand, ob und welche Auskünfte bzw. Unterlagen von der Arbeitgeberin darin nicht oder unzureichend gegeben würden.
79Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
80gez.: Quecke
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(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinn des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Einigungsstelle kann, wenn dies für ihre Entscheidung erforderlich ist, Sachverständige anhören; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend. Hat der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat eine anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses beschlossen, so gilt Satz 1 entsprechend.
(1) In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.
(2) Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 9a insbesondere die Angabe über den potentiellen Erwerber und dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer; Gleiches gilt, wenn im Vorfeld der Übernahme des Unternehmens ein Bieterverfahren durchgeführt wird.
(3) Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift gehören insbesondere
- 1.
die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens; - 2.
die Produktions- und Absatzlage; - 3.
das Produktions- und Investitionsprogramm; - 4.
Rationalisierungsvorhaben; - 5.
Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden; - 5a.
Fragen des betrieblichen Umweltschutzes; - 5b.
Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz; - 6.
die Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder von Betriebsteilen; - 7.
die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen; - 8.
der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben; - 9.
die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks; - 9a.
die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist, sowie - 10.
sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können.
Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinn des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Einigungsstelle kann, wenn dies für ihre Entscheidung erforderlich ist, Sachverständige anhören; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend. Hat der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat eine anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses beschlossen, so gilt Satz 1 entsprechend.