Finanzgericht Baden-Württemberg Entscheidung, 20. März 2018 - 11 K 1067/18

bei uns veröffentlicht am20.03.2018

Gericht

Finanzgericht Baden-Württemberg

Tenor

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden gemäß Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 so auszulegen, dass die darin genannte Frist auch für die Änderung einer rechtzeitig erfolgten Mitteilung des Überschussbetrages gilt, die aus einer nach Ablauf der Frist geänderten Feststellung der anzurechnenden Menge Überschusszucker aufgrund einer Kontrolle nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 resultiert?

2. Wenn die erste Frage bejaht wird:

Gelten in diesem Fall, wenn es sich um die Änderung einer rechtzeitigen Mitteilung handelt, die aufgrund von Feststellungen im Rahmen von Kontrollen erfolgt ist, die im Urteil des EuGH vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99 ECLI:EU:C:2002:7 – British Sugar – genannten Voraussetzungen für eine Überschreitung der Mitteilungsfrist nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81 in der durch die Verordnung Nr. 3559/91 geänderten Fassung auch für eine Überschreitung der Mitteilungsfrist gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 967/2006?

3. Ist, wenn Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 nicht für Änderungsmitteilungen aufgrund von Kontrollen gilt (siehe erste Frage) oder wenn die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Frist vorliegen (siehe zweite Frage), zur Bestimmung der Frist, in der die Änderung des Überschussbetrags mitgeteilt werden muss, auf den nächsten 1. Mai abzustellen oder ist nationales Recht anzuwenden?

4. Wenn Frage drei dahingehend beantwortet wird, dass weder auf den nächsten 1. Mai abzustellen noch nationales Recht anzuwenden ist:

Ist es mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, zu denen auch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gehören, zu vereinbaren, wenn in einem Fall wie dem vorliegenden aufgrund der Dauer der Prüfung, der Dauer der Erstellung des Prüfungsberichts und dessen Auswertung eine Mitteilung des Überschussbetrages für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 am 20. Oktober 2010 bzw. am 27. Oktober 2011 erfolgt? Kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, ob der Zuckerhersteller gegen die Feststellung der Mehrmengen Einwendungen erhoben hat?

II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorabentscheidungsfrage ausgesetzt.

Tatbestand

 
I.
Die Klägerin ist Zuckererzeugerin mit insgesamt [ ___ ] Werken. Im Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 (Oktober 2007 bis September 2008) verfügte sie über eine Zuckerquote von [ ___ ] dt Weißzucker.
Mit Feststellungsbescheid vom 14. November 2008 ([ ___ ]) stellte das beklagte Hauptzollamt (HZA) im Rahmen der Feststellung über die endgültige Zuckererzeugung im Wirtschaftsjahr 2007/2008 auf der Grundlage der Anzeige der Klägerin vom 30. Oktober 2008 unter anderem eine Menge von [ ___ ] dt ([ ___ ] t) als anzurechnenden Überschusszucker fest.
Auf dieser Grundlage erteilte das HZA wegen sogenannter Überschusserzeugung mit Bescheid vom 7. April 2009 ([ ___ ]) für eine Menge von [ ___ ] t Weißzucker einen Abgabenbescheid über [ ___ ] EUR. Der Bescheid war gestützt auf Artikel 15 Absatz 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 und mit dem Hinweis versehen, dass er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß der §§ 181, 164 der Abgabenordnung stehe.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2009 ([ ___ ]) änderte das HZA den Bescheid vom 7. April 2009 aufgrund des Ergebnisses einer bei einer Kundin der Klägerin durchgeführten Außenprüfung (Bericht des HZA X - Sachgebiet Prüfungsdienst - über die Prüfung bei der A GmbH vom 13. Januar 2009) und setzte den Überschussbetrag für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 auf [ ___ ] EUR für [ ___ ] t Weißzucker fest. Auch dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren ruhte im Einverständnis der Klägerin zunächst im Hinblick auf eine bereits laufende, den Zeitraum 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 betreffende Marktordnungsprüfung bei der Klägerin. Die Prüfung wurde von den Prüfungsdiensten der Hauptzollämter, die für die jeweiligen Standorte der einzelnen Werke der Klägerin zuständig waren, durchgeführt. Dabei wurde der Mengenermittlung die nach der neuen Dienstvorschrift vom 27. März 2008 maßgebliche Schüttdichtenbandbreite von 0,85 bis 0,90 t/m3 zugrunde gelegt. Bis dahin war der Mengenermittlung im gegenseitigen Einvernehmen eine Schüttdichtenbandbreite von 0,84 bis 0,89 t/m3 zugrunde gelegt worden. Die neue Dienstvorschrift war nach den Angaben der Klägerin noch am 27. März 2008 in die elektronische Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung eingestellt und ihr am 11. April 2008 übermittelt worden.
Bereits am 27. Januar 2009 hatte das HZA X - Sachgebiet Prüfungsdienst - einen Teilbericht über die Prüfung der Produktionsabgabe bei der Klägerin hinsichtlich ihres Werkes in Y erstellt. Unter Tz. 10 des Teilberichts ist festgehalten, dass am 26. Januar 2009 ein abschließendes Gespräch über die Teilprüfung stattgefunden habe, in dessen Rahmen die Feststellungen von der Klägerin durch ihren Vertreter als sachlich richtig anerkannt worden seien.
Am 18. März 2010 erstellte das beklagte HZA - Sachgebiet Prüfungsdienst - einen Mantelbericht, mit dem die Feststellungen der Marktordnungsprüfung in den einzelnen Werken der Klägerin zusammengefasst wurden. Unter Tz. 10 des Mantelberichts wird das Ergebnis des abschließenden Gesprächs mit der Klägerin zu den Feststellungen wiedergegeben. Demnach hatte die Klägerin unter anderem hinsichtlich der ermittelten Mehrerzeugung im Werk Y Einwendungen erhoben. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 79 des Mantelberichts verwiesen.
Noch im Verlauf des Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid über die Festsetzung eines Überschussbetrags vom 19. Oktober 2009 wurde der Feststellungsbescheid über die endgültige Zuckererzeugung vom 14. November 2008 mit Bescheid vom 20. Mai 2010 ([ ___ ]) aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Prüfung im Werk Y geändert. Als anzurechnender Überschusszucker wurden danach [ ___ ] dt festgestellt. Daraufhin änderte das HZA auch die Festsetzung des Überschussbetrages mit Bescheid vom selben Tag (20. Mai 2010 [ ___ ]) und setzte den Überschussbetrag für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 auf insgesamt [ ___ ] EUR für [ ___ ] t Weißzucker fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Gegen den Feststellungsbescheid legte die Klägerin nun ebenfalls Einspruch ein.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2011 ([ ___ ]) änderte das HZA die Feststellung der endgültigen Zuckererzeugung aufgrund des Ergebnisses der wiederaufgenommenen Marktordnungsprüfung im Werk Zeitz der Klägerin erneut und stellte nunmehr eine anzurechnende Menge Überschusszucker von [ ___ ] dt fest (siehe auch Mantelprüfungsbericht vom 18. März 2010, Tz. 5.17, Seite 39). Mit Bescheid vom gleichen Tag (27. Oktober 2011 [ ___ ]) änderte das HZA auch die Festsetzung des Überschussbetrages auf nunmehr [ ___ ] EUR.
10 
Nachdem beide Einspruchsverfahren im Hinblick auf das damals beim EuGH unter dem Aktenzeichen C-131/11 anhängige Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf geruht hatten, wies das beklagte HZA mit Entscheidung vom 17. März 2015 ([ ___ ]) den Einspruch gegen den Bescheid über die Festsetzung des Überschussbetrages für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 vom 27. Oktober 2011 hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Festsetzungsverjährung als unbegründet zurück und verwarf den Einspruch im Übrigen als unzulässig, weil es sich dabei um Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid handle, mit dem die Feststellung der Zuckererzeugung geändert worden sei. Dieser könne jedoch nicht im Rahmen eines gegen den Folgebescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens angefochten werden. Die Entscheidung wurde der Klägerin ausweislich der hierüber aufgenommenen Zustellungsurkunde am 27. März 2015 zugestellt.
11 
Mit Entscheidung ebenfalls vom 17. März 2015 wies das HZA auch den Einspruch gegen den geänderten Bescheid über die Feststellung der endgültigen Zuckererzeugung im Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 als unbegründet zurück. Während die Klägerin insoweit von einem weiteren Rechtsbehelf absah, ließ sie wegen der geänderten Festsetzung des Überschussbetrags mit am 24. April 2015 bei Gericht eingegangenem Schreiben Klage erheben. Die Klägerin rügt dabei ausschließlich die nicht rechtzeitige Mitteilung des Überschussbetrags.
12 
Am 20. März 2018 wurde die Sache mündlich verhandelt. Aufgrund der mündlichen Verhandlung hat der Senat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die im Tenor aufgelisteten Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Für die Entscheidung sind die folgenden Vorschriften der EU relevant:
14 
Grundverordnung (EG) Nr. 318/2006 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1260/2007 des Rates vom 9. Oktober 2007
Artikel 15
(1) Ein Überschussbetrag wird erhoben auf Mengen von:
a) Überschusszucker, Überschussisoglucose und Überschussinulinsirup, die in einem Wirtschaftsjahr erzeugt wurden, ausgenommen die auf die Erzeugung im Rahmen der Quoten des folgenden Wirtschaftsjahres übertragenen und gemäß Artikel 14 gelagerten Mengen sowie die in Artikel 12 Buchstaben c und d genannten Mengen;
b) Industriezucker, Industrieisoglucose und Industrieinulinsirup, für die bis zu einem noch festzusetzenden Termin nicht der Nachweis erbracht wurde, dass sie zu einem der in Artikel 13 Absatz 2 genannten Erzeugnisse verarbeitet worden sind;
c) Zucker und Isoglucose, die gemäß den Artikeln 19 und 19a vom Markt genommen und für die die Verpflichtungen des Artikels 19 Absatz 3 nicht eingehalten worden sind.
(2) Der Überschussbetrag wird nach dem in Artikel 39 Absatz 2 genannten Verfahren auf einem hinreichend hohen Niveau festgesetzt, um die Anhäufung der in Absatz 1 genannten Mengen zu vermeiden.
(3) Der gemäß Absatz 1 gezahlte Überschussbetrag wird vom Mitgliedstaat bei den auf seinem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen nach Maßgabe der in Absatz 1 genannten Erzeugnismengen erhoben, die für die Unternehmen für das betreffende Wirtschaftsjahr festgesetzt worden sind.
15 
Verordnung (EG) Nr. 967/2006 vom 29. Juni 2006
Artikel 3 Betrag
(1) Der Überschussbetrag gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 wird auf 500 EUR/t festgesetzt.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen den Herstellern bis zum 1. Mai, der auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Überschuss erzeugt wurde, den zu zahlenden Gesamtbetrag mit. Dieser Gesamtbetrag ist von den betreffenden Herstellern bis zum 1. Juni desselben Jahres zu zahlen.
(3) Die Menge, für die der Überschussbetrag entrichtet wurde, gilt als auf dem Gemeinschaftsmarkt abgesetzt.
Artikel 4 Abgabepflichtige Überschussmengen
(1) Der Überschussbetrag wird bei den Herstellern auf die Mengen erhoben, die sie über die ihnen für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zugeteilte Quote hinaus erzeugt haben.
Der Überschussbetrag wird jedoch nicht auf die Mengen gemäß Absatz 1 erhoben, die
a) bis zum 30. November des folgenden Wirtschaftsjahres an einen Verarbeiter zwecks Herstellung der im Anhang aufgeführten Erzeugnisse geliefert wurden;
b) gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 übertragen und im Falle von Zucker vom Hersteller bis zum letzten Tag des betreffenden Wirtschaftsjahres gelagert wurden;
c) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen der besonderen Versorgungsregelung für die Regionen in äußerster Randlage gemäß Titel II der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 geliefert wurden;
d) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen einer Ausfuhrlizenz ausgeführt wurden;
e) unter von der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats anerkannten Umständen zerstört oder unwiederbringlich beschädigt wurden.
(2) Jeder Zuckerhersteller teilt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, der ihn zugelassen hat, bis zum 1. Februar des betreffenden Wirtschaftsjahres die Menge Zucker mit, die er über seine Produktionsquote hinaus erzeugt hat.
Gegebenenfalls teilt jeder Zuckerhersteller außerdem bis zum Ende jedes Folgemonats die Anpassungen dieser Erzeugung mit, die im Laufe des Vormonats des betreffenden Wirtschaftsjahres stattgefunden haben.
(3) Bis spätestens 30. Juni stellen die Mitgliedstaaten die in Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Mengen, die überschüssigen Gesamtmengen und die für das vorangegangene Wirtschaftsjahr erhobenen Überschussbeträge fest und teilen diese Angaben der Kommission mit.
(4) Können die Vorgänge gemäß Absatz 1 Buchstaben a, c und d im Falle höherer Gewalt nicht fristgerecht durchgeführt werden, so ergreift die zuständige Stelle des Mitgliedstaats, auf dessen Hoheitsgebiet die überschüssigen Mengen Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugt worden sind, die Maßnahmen, die aufgrund der vom Beteiligten geltend gemachten Umstände notwendig sind.
16 
Für die Entscheidung sind die folgenden deutschen Vorschriften des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz – MOG –) in der Fassung vom 24. Juni 2005 maßgeblich:
§ 1 Gemeinsame Marktorganisationen und Direktzahlungen
(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.
(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichneten Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums.
(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind
1. die Bestimmungen des EG-Vertrages,
2. die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die auf Grund des EG-Vertrages zustande gekommen sind oder zu dessen Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3. Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4. Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.
§ 12 Abgaben
(1) 1Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch dieses Gesetz oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. 2Die Bundesfinanzbehörden sind befugt, dem Bundesministerium und der Marktordnungsstelle Auskünfte über Umstände zu erteilen, die im Zusammenhang mit der Erhebung dieser Abgaben stehen; § 7 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) 1Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken sowie über die Voraussetzungen und die Höhe dieser Abgaben, soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 bestimmt, bestimmbar oder nach oben begrenzt sind. 2Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen jedoch der Zustimmung des Bundesrates, soweit der eigentlichen Abgabenerhebung ein selbständiges Verwaltungsverfahren vorgeschaltet ist, das von den Ländern durchgeführt wird. 3§ 6 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) …
17 
Darüber hinaus gelten die folgenden Regelungen der nationalen Rechtsverordnung über die im Rahmen der Produktionsregelung für Zucker zu erhebenden Abgaben (Zucker-Produktionsabgaben-Verordnung - ZuckProdAbgV) vom 13. März 1983 in der Fassung vom 9. November 2006:
§ 1 Anwendungsbereich
Die Vorschriften dieser Verordnung gelten im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker für die Durchführung der Rechtsakte des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Regelungen im Rahmen der Umstrukturierung und über die Erhebung der Abgaben für
1. die innerhalb und außerhalb von Produktionsquoten hergestellten oder gewonnenen Zucker- und Isoglukosemengen und
2. die auf das folgende Wirtschaftsjahr übertragenen Zuckermengen.
§ 8 Amtliche Feststellung der Zucker- und Isoglukoseerzeugung
(1) Das zuständige Hauptzollamt erteilt zu den durch die in § 1 genannten Rechtsakte festgelegten Terminen
1. jedem Zuckerhersteller einen Feststellungsbescheid über seine vorläufige und endgültige Zuckererzeugung im Wirtschaftsjahr und
2. jedem Isoglukosehersteller einen Feststellungsbescheid über seine monatliche Isoglukoseerzeugung und seine endgültige Isoglukoseerzeugung im Wirtschaftsjahr.
(2) 1In den Feststellungsbescheiden nach Absatz 1 Nr. 1 werden die Entscheidungen nach § 5 Absatz 2 berücksichtigt. 2Außerdem wird darin über die nach § 6 angezeigten Übertragungen und die Lagerzeiträume für die Übertragungsmengen entschieden.
18 
Folgende Vorschriften der deutschen Abgabenordnung in der Fassung vom 18. August 2007 (AO) sind für den vorliegenden Fall relevant:
§ 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
(1) 1Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. 2Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) 1Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. 2Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. 3Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) 1Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. 2Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Absatz 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. 3Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) 1Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. 2§ 169 Absatz 2 Satz 2 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
§ 169 Festsetzungsfrist
(1) 1Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. 2Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. 3Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist
1. der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2. bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.
(2) 1Die Festsetzungsfrist beträgt:
1. ein Jahr für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2. vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
§ 171 Ablaufhemmung
(10) 1Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. 2
§ 179 Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
(1) Abweichend von § 157 Absatz 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.
(2) 1Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. 2Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. 3Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt, so kann insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.
(3) Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, ist sie in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen.
§ 181 Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht
(1) 1Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. 2Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. 3Wird eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 2 ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde abgegeben, gilt § 170 Absatz 3 sinngemäß.
(2) 1Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung hat derjenige abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. 2Erklärungspflichtig sind insbesondere …
(5) 1Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Absatz 10 außer Betracht. 2Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen. 3§ 169 Absatz 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
III.
19 
Vorliegend hängt die Entscheidung in der Sache davon ab, ob der Überschussbetrag für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 der Klägerin am 20. Mai 2010 und 27. November 2011 noch mitgeteilt werden durfte. Hierauf beziehen sich die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen.
20 
Zur ersten Frage:
Nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 teilen die Mitgliedstaaten den Herstellern bis zum 1. Mai, der auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Überschuss erzeugt wurde, den zu zahlenden Gesamtbetrag mit. Für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 war somit Fristende der 1. Mai 2009. Im Rahmen dieser Frist wurde der Klägerin zwar am 7. April 2009 hinsichtlich der von ihr angemeldeten Menge Überschusszucker ein Überschussbetrag in Höhe von [ ___ ] EUR mitgeteilt; die mit der Klage beanstandete Mitteilung eines  – aufgrund der Prüfung im Werk Y und des daraufhin geänderten Feststellungsbescheides über die Überschusserzeugung –  höheren Überschussbetrages mit Bescheid vom 20. Mai 2010, erneut geändert durch Bescheid vom 27. Oktober 2011, erfolgte dagegen nach dem 1. Mai 2009. Wenn die Frist nur für die erstmalige Mitteilung des Überschussbetrages auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen gälte, wäre die Frist vorliegend eingehalten, nicht aber, wenn sie auch auf eine aufgrund einer nachträglichen Kontrolle geänderte Mitteilung anzuwenden wäre.
21 
In seinem Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99, ECLI:EU:C:2002:7 – British Sugar –  (Sammlung der Entscheidungen des EuGH und des Gerichts Erster Instanz  – Slg. –  2002 I-205 ff.) hat der EuGH unter Randnummer 57 entschieden, dass die in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81, der Vorgängervorschrift zu dem hier maßgeblichen Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006, festgelegte Frist zwingend sei. In dem dort maßgeblichen Sachverhalt handelte es sich bei der nach Ablauf der Frist erfolgten Mitteilung – soweit dies der Entscheidung entnommen werden kann –  um die erste Mitteilung des Überschussbetrages.
22 
Nach Auffassung des vorlegenden Senates muss zwischen der ersten Mitteilung des Überschussbetrages und der Änderung aufgrund der vom Verordnungsgeber in Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 vorgeschriebenen Kontrollen differenziert werden.
23 
Für die Änderung einer Mitteilung von Zusatzabgaben im Rahmen der Milchmarktordnung hat der EuGH in seinem Urteil vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-480/00, ECLI:EU:C:2004:179  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi –  (Slg. 2004, I-2943, HFR 2004, 929) entschieden, dass die in den entsprechenden Artikeln vorgesehenen Fristen zwar zwingend seien, es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats jedoch nicht verwehrten, Kontrollen und nachträgliche Berichtigungen vorzunehmen, mit denen gesichert werden solle, dass die Produktion dieses Mitgliedstaats die ihm zugeteilte Gesamtgarantiemenge nicht überschreite (Randnummer 52). Unter Randnummer 53 wurde zudem ausgeführt, sowohl die in den Artikeln 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 vorgesehenen Fristen als auch die Kontrollen und die nachträglichen Berichtigungen … bezweckten, das wirksame Funktionieren der Zusatzabgabenregelung im Milchsektor und die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Regelung zu gewährleisten. Weiter heißt es in diesem Urteil, es sei offensichtlich, dass solche Kontrollen erst nach Ablauf des betreffenden Milchwirtschaftsjahres stattfinden könnten und möglicherweise zu einer Berichtigung der zugeteilten Referenzmengen und demgemäß zu einer Neuberechnung der geschuldeten Abgaben führten (Randnummer 54). Die entsprechenden Vorschriften seien dahin auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt sei, im Anschluss an Kontrollen die den einzelnen Erzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen und dementsprechend die geschuldeten Zusatzabgaben nach Neuzuweisung der nicht genutzten Referenzmengen und nach Ablauf der Frist für die Zahlung der für das betreffende Milchwirtschaftsjahr geschuldeten Abgaben neu zu berechnen (Randnummer 68). Dabei machte der EuGH die Änderung der Abgabenmitteilung nach Ablauf der Frist (anders als im vorausgegangenen Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar – für die Fristüberschreitung bei einer wohl erstmaligen Mitteilung) nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig.
24 
Nach Auffassung des vorlegenden Senates ist eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Zuckermarktordnung zulässig und sachgerecht. Eine entsprechende Auslegung der Frist des Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 würde den Zielen der Zuckermarktordnung entsprechen, mit denen sich der EuGH in seinem Urteil vom 15. November 2012 in der Rechtssache C-131/11 ECLI:EU:C:2012:715  – Pfeifer & Langen –  (HFR 2013, 76,  ZfZ 2013, 49) ausführlich auseinander gesetzt hat. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte die Zollbehörde aufgrund einer nachträglichen Prüfung im Jahr 1999, fortgeführt im Jahr 2003, Mehrmengen festgestellt, die sie in einem Prüfungsbericht vom 9. Mai 2006 festgehalten hatte. Mit Bescheiden jeweils vom 28. Dezember 2006 stellte die Zollbehörde eine im Wirtschaftsjahr 1998/1999 erzeugte Menge C-Zucker fest und teilte der dortigen Klägerin die entsprechend geänderten Abgaben C-Zucker für das Zuckerwirtschaftsjahr 1998/1999 mit. Beide Bescheide wurden im Rahmen des Einspruchsverfahrens erneut geändert. Der EuGH hatte im Ergebnis die Frage zu beantworten, ob nach der damaligen Rechtslage bei einer nachträglich festgestellten Menge C-Zucker diese dem Wirtschaftsjahr, in dem die Feststellung getroffen worden ist, zuzuordnen ist. Der EuGH lehnte dies ab, u. a. mit der Begründung, eine solche Auslegung widerspreche dem Ziel der C-Zuckerregelung, das darin bestanden habe, ein Absetzen dieses Zuckers auf dem Binnenmarkt zu verhindern (Randnummer 56 der Entscheidung). Abgaben, die für den Fall, dass der C-Zucker innerhalb der Frist des Artikels 26 Absatz 1 der  – damals gültigen –  Grundverordnung nicht ausgeführt werde, oder dafür vorgesehen seien, dass dieser Zucker im Sinne von Artikel 27 Absatz 3 dieser Verordnung auf dem Binnenmarkt abgesetzt werde, seien ohne Rücksicht darauf zu erheben, ob ein betrügerisches Verhalten des Erzeugers vorliege (Randnummer 60 der Entscheidung).
25 
Daraus folgt nach Auffassung des vorlegenden Senates, dass eine Fristüberschreitung bei der Mitteilung des Überschussbetrags aufgrund des Ergebnisses von Kontrollen unabhängig von weiteren Voraussetzungen möglich sein muss. Denn wenn eine solche Mitteilung wegen vermeintlichen Ablaufs der in Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 geregelten Frist unterbliebe, würden die vom EuGH in der Entscheidung Pfeifer & Langen herausgearbeiteten Ziele der Zuckermarktordnung unterlaufen. Die Feststellung der Mehrmenge hätte für sich genommen dann keine Konsequenzen, so dass gerade der vom EuGH in Randnummer 57 der Entscheidung geschilderte Anreiz für die Zuckerhersteller fehlen würde, Mehrmengen auszuführen oder zu melden und auf das folgende Wirtschaftsjahr zu übertragen. Die Kontrollen verlören ihren Sinn und Zweck und könnten unterbleiben.
26 
Zur zweiten Frage:
Sollte die Entscheidung des EuGH vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-480/00  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi –  nicht übertragbar sein und die Mitteilungsfrist des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 auch für geänderte Mitteilungen gelten, stellt sich die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen eine Überschreitung der Frist zulässig ist. Der EuGH hat bereits in seinem Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar –  unter Randnummer 63 zu Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81, der Vorgängervorschrift zu dem vorliegend maßgeblichen Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006, ausgeführt,
„Eine Überschreitung der Frist kann zulässig sein, wenn der zuständigen nationalen Behörde, ohne dass ihr Fahrlässigkeit zur Last fiele, keine Einzelheiten über die Zuckererzeugung des Unternehmens bekannt waren und diese Unkenntnis von dem Unternehmen zu vertreten ist, weil es nicht in gutem Glauben gehandelt und nicht alle einschlägigen Vorschriften eingehalten hat.“
27 
Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass diese Ausführungen  – wenn die erste Frage bejaht wird –  auch für die Auslegung des vorliegend maßgeblichen Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 gelten.
28 
Zur dritten Frage:
Unabhängig davon, ob Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 auf Änderungsmitteilungen aufgrund von Kontrollen anwendbar ist (erste Frage) oder die darin geregelte Frist überschritten werden darf, stellt sich die Frage, wie lange eine Änderung der Mitteilung des Überschussbetrages noch mitgeteilt werden darf. Denn dass auch eine Änderung der ursprünglichen Mitteilung nicht unbegrenzt möglich sein kann, folgt schon aus den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
29 
Den maßgeblichen Verordnungen ist hierzu nichts zu entnehmen. Denkbar wäre allenfalls eine Auslegung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 dahingehend, dass die Mitteilung eines geänderten Überschussbetrags aufgrund von Kontrollen bis zu dem auf das Vorliegen des Prüfungsberichtes folgenden 1. Mai zu erfolgen hat. Ein fester kalendarischer Zeitpunkt würde sowohl den Wirtschaftsbeteiligten als auch den Zollbehörden Rechtssicherheit bieten und eine Gleichbehandlung innerhalb der EU garantieren.
30 
Für den Fall, dass eine solche Auslegung nicht in Frage kommt, käme die Anwendung nationaler Vorschriften in Betracht. Gemäß den allgemeinen Grundsätzen, auf denen die Gemeinschaft beruht und die die Beziehungen zwischen ihr und den Mitgliedstaaten beherrschen, ist es Sache der Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet für die Durchführung der Gemeinschaftsregelungen zu sorgen. Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich seiner allgemeinen Grundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei der Durchführung dieser Regelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen ihres nationalen Rechts vor (vgl. dazu u. a. Urteile vom 21. September 1983 in der Rechtssache C-205/82 ECLI:EU:C:1983:233  – Deutsche Milchkontor GmbH –  Randnummer 17, Slg. 1983, I-02633; vom 27. Mai 1993 in der Rechtssache C-290/91  – Peter – Slg 1993, I-2981; vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-285/93  – Dominikanerinnen-Kloster Altenhohenau –  Slg. 1995, I-4069, Randnummer 26, und vom 25. März 2004 C-480/00 u. a.  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi – Randnummer 42).
31 
Das deutsche Recht regelt nicht nur, unter welchen Umständen Bescheide geändert werden dürfen, es sieht auch einen bestimmten Zeitraum vor, nach dessen Ablauf eine solche Änderung nicht mehr zulässig ist (Festsetzungsfrist). Im vorliegenden Fall wären nach § 12 Absatz 1 Satz des deutschen MOG auf den Überschussbetrag als einer Abgabe zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben wird, die Vorschriften der AO (mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 AO) entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch das MOG oder durch Rechtsverordnung auf Grund des MOG eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. Bei den vorliegenden Verordnungen (EG) Nr. 318/2006 und Nr. 967/2006 handelt es sich um Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 MOG. Sollte die erste Frage verneint werden, wäre durch Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 keine abweichende Regelung bezüglich der Frist getroffen, so dass nach nationalem deutschen Recht die Vorschriften der AO anzuwenden wären.
32 
Nach § 169 Absatz 2 Nummer 2 AO betrüge die Festsetzungsfrist vorliegend 4 Jahre. Die Festsetzungsfrist hätte mit Ablauf des Jahres, in dem die Anzeige der hergestellten Zuckermengen erfolgt ist (30. Oktober 2008), begonnen und wäre am 31. Dezember 2012 abgelaufen. Damit wären beide Mitteilungen des Überschussbetrages für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 (vom 20. Oktober 2010 und vom 27. Oktober 2011) auch unabhängig von den Vorschriften über die Ablaufhemmung für sogenannte Folgebescheide (§ 171 Absatz 10 AO) nach nationalen Vorschriften rechtzeitig erfolgt.
33 
Zur vierten Frage:
Diese Frage stellt sich nur, wenn die Auslegung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 nicht zur Anwendung einer allgemein gültigen Frist wie dem nächsten 1. Mai oder einer Frist nach den jeweiligen nationalen Regelungen führt.
34 
Auch wenn nationales Recht nicht angewendet werden dürfte, könnte eine Mitteilung des geänderten Überschussbetrages aufgrund der allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht unbegrenzt erfolgen. Mit der Frage, wie lange eine solche Mitteilung noch erfolgen kann, hatten sich auch die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 15. Mai 2001, in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar –  befasst (ECLI:EU:C:2001:272, Slg. 2001, I- 00208, Randnummern 112 bis 145).
35 
Mangels allgemeingültiger Fristen wäre dann in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Mitteilung der Änderung des Überschussbetrags nach dem jeweiligen Zeitablauf noch mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist. Dabei ist es (auch im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 20. Dezember 2017 in der Rechtssache C-276/16   ECLI:EU:C:2017:1010– Presqu'Italia –) fraglich, ob es eine Rolle spielt, dass der Zuckerhersteller Einwendungen gegen die Feststellungen erhoben hat.

Gründe

 
II.
13 
Für die Entscheidung sind die folgenden Vorschriften der EU relevant:
14 
Grundverordnung (EG) Nr. 318/2006 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1260/2007 des Rates vom 9. Oktober 2007
Artikel 15
(1) Ein Überschussbetrag wird erhoben auf Mengen von:
a) Überschusszucker, Überschussisoglucose und Überschussinulinsirup, die in einem Wirtschaftsjahr erzeugt wurden, ausgenommen die auf die Erzeugung im Rahmen der Quoten des folgenden Wirtschaftsjahres übertragenen und gemäß Artikel 14 gelagerten Mengen sowie die in Artikel 12 Buchstaben c und d genannten Mengen;
b) Industriezucker, Industrieisoglucose und Industrieinulinsirup, für die bis zu einem noch festzusetzenden Termin nicht der Nachweis erbracht wurde, dass sie zu einem der in Artikel 13 Absatz 2 genannten Erzeugnisse verarbeitet worden sind;
c) Zucker und Isoglucose, die gemäß den Artikeln 19 und 19a vom Markt genommen und für die die Verpflichtungen des Artikels 19 Absatz 3 nicht eingehalten worden sind.
(2) Der Überschussbetrag wird nach dem in Artikel 39 Absatz 2 genannten Verfahren auf einem hinreichend hohen Niveau festgesetzt, um die Anhäufung der in Absatz 1 genannten Mengen zu vermeiden.
(3) Der gemäß Absatz 1 gezahlte Überschussbetrag wird vom Mitgliedstaat bei den auf seinem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen nach Maßgabe der in Absatz 1 genannten Erzeugnismengen erhoben, die für die Unternehmen für das betreffende Wirtschaftsjahr festgesetzt worden sind.
15 
Verordnung (EG) Nr. 967/2006 vom 29. Juni 2006
Artikel 3 Betrag
(1) Der Überschussbetrag gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 wird auf 500 EUR/t festgesetzt.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen den Herstellern bis zum 1. Mai, der auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Überschuss erzeugt wurde, den zu zahlenden Gesamtbetrag mit. Dieser Gesamtbetrag ist von den betreffenden Herstellern bis zum 1. Juni desselben Jahres zu zahlen.
(3) Die Menge, für die der Überschussbetrag entrichtet wurde, gilt als auf dem Gemeinschaftsmarkt abgesetzt.
Artikel 4 Abgabepflichtige Überschussmengen
(1) Der Überschussbetrag wird bei den Herstellern auf die Mengen erhoben, die sie über die ihnen für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zugeteilte Quote hinaus erzeugt haben.
Der Überschussbetrag wird jedoch nicht auf die Mengen gemäß Absatz 1 erhoben, die
a) bis zum 30. November des folgenden Wirtschaftsjahres an einen Verarbeiter zwecks Herstellung der im Anhang aufgeführten Erzeugnisse geliefert wurden;
b) gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 übertragen und im Falle von Zucker vom Hersteller bis zum letzten Tag des betreffenden Wirtschaftsjahres gelagert wurden;
c) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen der besonderen Versorgungsregelung für die Regionen in äußerster Randlage gemäß Titel II der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 geliefert wurden;
d) bis zum 31. Dezember des folgenden Wirtschaftsjahres im Rahmen einer Ausfuhrlizenz ausgeführt wurden;
e) unter von der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats anerkannten Umständen zerstört oder unwiederbringlich beschädigt wurden.
(2) Jeder Zuckerhersteller teilt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, der ihn zugelassen hat, bis zum 1. Februar des betreffenden Wirtschaftsjahres die Menge Zucker mit, die er über seine Produktionsquote hinaus erzeugt hat.
Gegebenenfalls teilt jeder Zuckerhersteller außerdem bis zum Ende jedes Folgemonats die Anpassungen dieser Erzeugung mit, die im Laufe des Vormonats des betreffenden Wirtschaftsjahres stattgefunden haben.
(3) Bis spätestens 30. Juni stellen die Mitgliedstaaten die in Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Mengen, die überschüssigen Gesamtmengen und die für das vorangegangene Wirtschaftsjahr erhobenen Überschussbeträge fest und teilen diese Angaben der Kommission mit.
(4) Können die Vorgänge gemäß Absatz 1 Buchstaben a, c und d im Falle höherer Gewalt nicht fristgerecht durchgeführt werden, so ergreift die zuständige Stelle des Mitgliedstaats, auf dessen Hoheitsgebiet die überschüssigen Mengen Zucker, Isoglucose oder Inulinsirup erzeugt worden sind, die Maßnahmen, die aufgrund der vom Beteiligten geltend gemachten Umstände notwendig sind.
16 
Für die Entscheidung sind die folgenden deutschen Vorschriften des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz – MOG –) in der Fassung vom 24. Juni 2005 maßgeblich:
§ 1 Gemeinsame Marktorganisationen und Direktzahlungen
(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.
(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichneten Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums.
(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind
1. die Bestimmungen des EG-Vertrages,
2. die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die auf Grund des EG-Vertrages zustande gekommen sind oder zu dessen Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3. Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4. Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.
§ 12 Abgaben
(1) 1Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch dieses Gesetz oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. 2Die Bundesfinanzbehörden sind befugt, dem Bundesministerium und der Marktordnungsstelle Auskünfte über Umstände zu erteilen, die im Zusammenhang mit der Erhebung dieser Abgaben stehen; § 7 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) 1Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken sowie über die Voraussetzungen und die Höhe dieser Abgaben, soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 bestimmt, bestimmbar oder nach oben begrenzt sind. 2Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen jedoch der Zustimmung des Bundesrates, soweit der eigentlichen Abgabenerhebung ein selbständiges Verwaltungsverfahren vorgeschaltet ist, das von den Ländern durchgeführt wird. 3§ 6 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) …
17 
Darüber hinaus gelten die folgenden Regelungen der nationalen Rechtsverordnung über die im Rahmen der Produktionsregelung für Zucker zu erhebenden Abgaben (Zucker-Produktionsabgaben-Verordnung - ZuckProdAbgV) vom 13. März 1983 in der Fassung vom 9. November 2006:
§ 1 Anwendungsbereich
Die Vorschriften dieser Verordnung gelten im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker für die Durchführung der Rechtsakte des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Regelungen im Rahmen der Umstrukturierung und über die Erhebung der Abgaben für
1. die innerhalb und außerhalb von Produktionsquoten hergestellten oder gewonnenen Zucker- und Isoglukosemengen und
2. die auf das folgende Wirtschaftsjahr übertragenen Zuckermengen.
§ 8 Amtliche Feststellung der Zucker- und Isoglukoseerzeugung
(1) Das zuständige Hauptzollamt erteilt zu den durch die in § 1 genannten Rechtsakte festgelegten Terminen
1. jedem Zuckerhersteller einen Feststellungsbescheid über seine vorläufige und endgültige Zuckererzeugung im Wirtschaftsjahr und
2. jedem Isoglukosehersteller einen Feststellungsbescheid über seine monatliche Isoglukoseerzeugung und seine endgültige Isoglukoseerzeugung im Wirtschaftsjahr.
(2) 1In den Feststellungsbescheiden nach Absatz 1 Nr. 1 werden die Entscheidungen nach § 5 Absatz 2 berücksichtigt. 2Außerdem wird darin über die nach § 6 angezeigten Übertragungen und die Lagerzeiträume für die Übertragungsmengen entschieden.
18 
Folgende Vorschriften der deutschen Abgabenordnung in der Fassung vom 18. August 2007 (AO) sind für den vorliegenden Fall relevant:
§ 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
(1) 1Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. 2Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) 1Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. 2Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. 3Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) 1Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. 2Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Absatz 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. 3Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) 1Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. 2§ 169 Absatz 2 Satz 2 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
§ 169 Festsetzungsfrist
(1) 1Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. 2Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. 3Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist
1. der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2. bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.
(2) 1Die Festsetzungsfrist beträgt:
1. ein Jahr für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2. vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
§ 171 Ablaufhemmung
(10) 1Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. 2
§ 179 Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
(1) Abweichend von § 157 Absatz 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.
(2) 1Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. 2Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. 3Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt, so kann insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.
(3) Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, ist sie in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen.
§ 181 Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht
(1) 1Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. 2Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. 3Wird eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 2 ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde abgegeben, gilt § 170 Absatz 3 sinngemäß.
(2) 1Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung hat derjenige abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. 2Erklärungspflichtig sind insbesondere …
(5) 1Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Absatz 10 außer Betracht. 2Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen. 3§ 169 Absatz 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
III.
19 
Vorliegend hängt die Entscheidung in der Sache davon ab, ob der Überschussbetrag für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 der Klägerin am 20. Mai 2010 und 27. November 2011 noch mitgeteilt werden durfte. Hierauf beziehen sich die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen.
20 
Zur ersten Frage:
Nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 teilen die Mitgliedstaaten den Herstellern bis zum 1. Mai, der auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Überschuss erzeugt wurde, den zu zahlenden Gesamtbetrag mit. Für das Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008 war somit Fristende der 1. Mai 2009. Im Rahmen dieser Frist wurde der Klägerin zwar am 7. April 2009 hinsichtlich der von ihr angemeldeten Menge Überschusszucker ein Überschussbetrag in Höhe von [ ___ ] EUR mitgeteilt; die mit der Klage beanstandete Mitteilung eines  – aufgrund der Prüfung im Werk Y und des daraufhin geänderten Feststellungsbescheides über die Überschusserzeugung –  höheren Überschussbetrages mit Bescheid vom 20. Mai 2010, erneut geändert durch Bescheid vom 27. Oktober 2011, erfolgte dagegen nach dem 1. Mai 2009. Wenn die Frist nur für die erstmalige Mitteilung des Überschussbetrages auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen gälte, wäre die Frist vorliegend eingehalten, nicht aber, wenn sie auch auf eine aufgrund einer nachträglichen Kontrolle geänderte Mitteilung anzuwenden wäre.
21 
In seinem Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99, ECLI:EU:C:2002:7 – British Sugar –  (Sammlung der Entscheidungen des EuGH und des Gerichts Erster Instanz  – Slg. –  2002 I-205 ff.) hat der EuGH unter Randnummer 57 entschieden, dass die in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81, der Vorgängervorschrift zu dem hier maßgeblichen Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006, festgelegte Frist zwingend sei. In dem dort maßgeblichen Sachverhalt handelte es sich bei der nach Ablauf der Frist erfolgten Mitteilung – soweit dies der Entscheidung entnommen werden kann –  um die erste Mitteilung des Überschussbetrages.
22 
Nach Auffassung des vorlegenden Senates muss zwischen der ersten Mitteilung des Überschussbetrages und der Änderung aufgrund der vom Verordnungsgeber in Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 vorgeschriebenen Kontrollen differenziert werden.
23 
Für die Änderung einer Mitteilung von Zusatzabgaben im Rahmen der Milchmarktordnung hat der EuGH in seinem Urteil vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-480/00, ECLI:EU:C:2004:179  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi –  (Slg. 2004, I-2943, HFR 2004, 929) entschieden, dass die in den entsprechenden Artikeln vorgesehenen Fristen zwar zwingend seien, es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats jedoch nicht verwehrten, Kontrollen und nachträgliche Berichtigungen vorzunehmen, mit denen gesichert werden solle, dass die Produktion dieses Mitgliedstaats die ihm zugeteilte Gesamtgarantiemenge nicht überschreite (Randnummer 52). Unter Randnummer 53 wurde zudem ausgeführt, sowohl die in den Artikeln 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 vorgesehenen Fristen als auch die Kontrollen und die nachträglichen Berichtigungen … bezweckten, das wirksame Funktionieren der Zusatzabgabenregelung im Milchsektor und die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Regelung zu gewährleisten. Weiter heißt es in diesem Urteil, es sei offensichtlich, dass solche Kontrollen erst nach Ablauf des betreffenden Milchwirtschaftsjahres stattfinden könnten und möglicherweise zu einer Berichtigung der zugeteilten Referenzmengen und demgemäß zu einer Neuberechnung der geschuldeten Abgaben führten (Randnummer 54). Die entsprechenden Vorschriften seien dahin auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt sei, im Anschluss an Kontrollen die den einzelnen Erzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen und dementsprechend die geschuldeten Zusatzabgaben nach Neuzuweisung der nicht genutzten Referenzmengen und nach Ablauf der Frist für die Zahlung der für das betreffende Milchwirtschaftsjahr geschuldeten Abgaben neu zu berechnen (Randnummer 68). Dabei machte der EuGH die Änderung der Abgabenmitteilung nach Ablauf der Frist (anders als im vorausgegangenen Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar – für die Fristüberschreitung bei einer wohl erstmaligen Mitteilung) nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig.
24 
Nach Auffassung des vorlegenden Senates ist eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Zuckermarktordnung zulässig und sachgerecht. Eine entsprechende Auslegung der Frist des Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 würde den Zielen der Zuckermarktordnung entsprechen, mit denen sich der EuGH in seinem Urteil vom 15. November 2012 in der Rechtssache C-131/11 ECLI:EU:C:2012:715  – Pfeifer & Langen –  (HFR 2013, 76,  ZfZ 2013, 49) ausführlich auseinander gesetzt hat. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte die Zollbehörde aufgrund einer nachträglichen Prüfung im Jahr 1999, fortgeführt im Jahr 2003, Mehrmengen festgestellt, die sie in einem Prüfungsbericht vom 9. Mai 2006 festgehalten hatte. Mit Bescheiden jeweils vom 28. Dezember 2006 stellte die Zollbehörde eine im Wirtschaftsjahr 1998/1999 erzeugte Menge C-Zucker fest und teilte der dortigen Klägerin die entsprechend geänderten Abgaben C-Zucker für das Zuckerwirtschaftsjahr 1998/1999 mit. Beide Bescheide wurden im Rahmen des Einspruchsverfahrens erneut geändert. Der EuGH hatte im Ergebnis die Frage zu beantworten, ob nach der damaligen Rechtslage bei einer nachträglich festgestellten Menge C-Zucker diese dem Wirtschaftsjahr, in dem die Feststellung getroffen worden ist, zuzuordnen ist. Der EuGH lehnte dies ab, u. a. mit der Begründung, eine solche Auslegung widerspreche dem Ziel der C-Zuckerregelung, das darin bestanden habe, ein Absetzen dieses Zuckers auf dem Binnenmarkt zu verhindern (Randnummer 56 der Entscheidung). Abgaben, die für den Fall, dass der C-Zucker innerhalb der Frist des Artikels 26 Absatz 1 der  – damals gültigen –  Grundverordnung nicht ausgeführt werde, oder dafür vorgesehen seien, dass dieser Zucker im Sinne von Artikel 27 Absatz 3 dieser Verordnung auf dem Binnenmarkt abgesetzt werde, seien ohne Rücksicht darauf zu erheben, ob ein betrügerisches Verhalten des Erzeugers vorliege (Randnummer 60 der Entscheidung).
25 
Daraus folgt nach Auffassung des vorlegenden Senates, dass eine Fristüberschreitung bei der Mitteilung des Überschussbetrags aufgrund des Ergebnisses von Kontrollen unabhängig von weiteren Voraussetzungen möglich sein muss. Denn wenn eine solche Mitteilung wegen vermeintlichen Ablaufs der in Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 geregelten Frist unterbliebe, würden die vom EuGH in der Entscheidung Pfeifer & Langen herausgearbeiteten Ziele der Zuckermarktordnung unterlaufen. Die Feststellung der Mehrmenge hätte für sich genommen dann keine Konsequenzen, so dass gerade der vom EuGH in Randnummer 57 der Entscheidung geschilderte Anreiz für die Zuckerhersteller fehlen würde, Mehrmengen auszuführen oder zu melden und auf das folgende Wirtschaftsjahr zu übertragen. Die Kontrollen verlören ihren Sinn und Zweck und könnten unterbleiben.
26 
Zur zweiten Frage:
Sollte die Entscheidung des EuGH vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-480/00  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi –  nicht übertragbar sein und die Mitteilungsfrist des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 auch für geänderte Mitteilungen gelten, stellt sich die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen eine Überschreitung der Frist zulässig ist. Der EuGH hat bereits in seinem Urteil vom 10. Januar 2002 in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar –  unter Randnummer 63 zu Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2670/81, der Vorgängervorschrift zu dem vorliegend maßgeblichen Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006, ausgeführt,
„Eine Überschreitung der Frist kann zulässig sein, wenn der zuständigen nationalen Behörde, ohne dass ihr Fahrlässigkeit zur Last fiele, keine Einzelheiten über die Zuckererzeugung des Unternehmens bekannt waren und diese Unkenntnis von dem Unternehmen zu vertreten ist, weil es nicht in gutem Glauben gehandelt und nicht alle einschlägigen Vorschriften eingehalten hat.“
27 
Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass diese Ausführungen  – wenn die erste Frage bejaht wird –  auch für die Auslegung des vorliegend maßgeblichen Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 gelten.
28 
Zur dritten Frage:
Unabhängig davon, ob Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 auf Änderungsmitteilungen aufgrund von Kontrollen anwendbar ist (erste Frage) oder die darin geregelte Frist überschritten werden darf, stellt sich die Frage, wie lange eine Änderung der Mitteilung des Überschussbetrages noch mitgeteilt werden darf. Denn dass auch eine Änderung der ursprünglichen Mitteilung nicht unbegrenzt möglich sein kann, folgt schon aus den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
29 
Den maßgeblichen Verordnungen ist hierzu nichts zu entnehmen. Denkbar wäre allenfalls eine Auslegung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 dahingehend, dass die Mitteilung eines geänderten Überschussbetrags aufgrund von Kontrollen bis zu dem auf das Vorliegen des Prüfungsberichtes folgenden 1. Mai zu erfolgen hat. Ein fester kalendarischer Zeitpunkt würde sowohl den Wirtschaftsbeteiligten als auch den Zollbehörden Rechtssicherheit bieten und eine Gleichbehandlung innerhalb der EU garantieren.
30 
Für den Fall, dass eine solche Auslegung nicht in Frage kommt, käme die Anwendung nationaler Vorschriften in Betracht. Gemäß den allgemeinen Grundsätzen, auf denen die Gemeinschaft beruht und die die Beziehungen zwischen ihr und den Mitgliedstaaten beherrschen, ist es Sache der Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet für die Durchführung der Gemeinschaftsregelungen zu sorgen. Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich seiner allgemeinen Grundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei der Durchführung dieser Regelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen ihres nationalen Rechts vor (vgl. dazu u. a. Urteile vom 21. September 1983 in der Rechtssache C-205/82 ECLI:EU:C:1983:233  – Deutsche Milchkontor GmbH –  Randnummer 17, Slg. 1983, I-02633; vom 27. Mai 1993 in der Rechtssache C-290/91  – Peter – Slg 1993, I-2981; vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-285/93  – Dominikanerinnen-Kloster Altenhohenau –  Slg. 1995, I-4069, Randnummer 26, und vom 25. März 2004 C-480/00 u. a.  – Azienda Agricola Ettore Ribaldi – Randnummer 42).
31 
Das deutsche Recht regelt nicht nur, unter welchen Umständen Bescheide geändert werden dürfen, es sieht auch einen bestimmten Zeitraum vor, nach dessen Ablauf eine solche Änderung nicht mehr zulässig ist (Festsetzungsfrist). Im vorliegenden Fall wären nach § 12 Absatz 1 Satz des deutschen MOG auf den Überschussbetrag als einer Abgabe zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben wird, die Vorschriften der AO (mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 AO) entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch das MOG oder durch Rechtsverordnung auf Grund des MOG eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. Bei den vorliegenden Verordnungen (EG) Nr. 318/2006 und Nr. 967/2006 handelt es sich um Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 MOG. Sollte die erste Frage verneint werden, wäre durch Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 keine abweichende Regelung bezüglich der Frist getroffen, so dass nach nationalem deutschen Recht die Vorschriften der AO anzuwenden wären.
32 
Nach § 169 Absatz 2 Nummer 2 AO betrüge die Festsetzungsfrist vorliegend 4 Jahre. Die Festsetzungsfrist hätte mit Ablauf des Jahres, in dem die Anzeige der hergestellten Zuckermengen erfolgt ist (30. Oktober 2008), begonnen und wäre am 31. Dezember 2012 abgelaufen. Damit wären beide Mitteilungen des Überschussbetrages für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 (vom 20. Oktober 2010 und vom 27. Oktober 2011) auch unabhängig von den Vorschriften über die Ablaufhemmung für sogenannte Folgebescheide (§ 171 Absatz 10 AO) nach nationalen Vorschriften rechtzeitig erfolgt.
33 
Zur vierten Frage:
Diese Frage stellt sich nur, wenn die Auslegung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 nicht zur Anwendung einer allgemein gültigen Frist wie dem nächsten 1. Mai oder einer Frist nach den jeweiligen nationalen Regelungen führt.
34 
Auch wenn nationales Recht nicht angewendet werden dürfte, könnte eine Mitteilung des geänderten Überschussbetrages aufgrund der allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht unbegrenzt erfolgen. Mit der Frage, wie lange eine solche Mitteilung noch erfolgen kann, hatten sich auch die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 15. Mai 2001, in der Rechtssache C-101/99  – British Sugar –  befasst (ECLI:EU:C:2001:272, Slg. 2001, I- 00208, Randnummern 112 bis 145).
35 
Mangels allgemeingültiger Fristen wäre dann in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Mitteilung der Änderung des Überschussbetrags nach dem jeweiligen Zeitablauf noch mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist. Dabei ist es (auch im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 20. Dezember 2017 in der Rechtssache C-276/16   ECLI:EU:C:2017:1010– Presqu'Italia –) fraglich, ob es eine Rolle spielt, dass der Zuckerhersteller Einwendungen gegen die Feststellungen erhoben hat.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Entscheidung, 20. März 2018 - 11 K 1067/18

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Finanzgericht Baden-Württemberg Entscheidung, 20. März 2018 - 11 K 1067/18 zitiert 11 §§.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 171 Ablaufhemmung


(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. (2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 181 Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist, Erklärungspflicht


(1) Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. Wird eine Erklärung zur gesondert

Marktorganisationsgesetz - MOG | § 1 Gemeinsame Marktorganisationen und Direktzahlungen


(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) oder in

Abgabenordnung - AO 1977 | § 222 Stundung


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. D

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 10 Öffentliche Zustellung


(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn 1. der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,2. bei juristischen Personen, die zur

Referenzen

(1) Für die gesonderte Feststellung gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Steuererklärung im Sinne des § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung. Wird eine Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 2 ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde abgegeben, gilt § 170 Absatz 3 sinngemäß. In den Fällen des § 180 Absatz 1a ist keine Erklärung zur gesonderten Feststellung abzugeben; als Steuererklärung nach § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 gilt in diesem Fall die Steuererklärung, für deren Besteuerungszeitraum der Teilabschlussbescheid unmittelbar Bindungswirkung entfaltet.

(2) Eine Erklärung zur gesonderten Feststellung hat derjenige abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. Erklärungspflichtig sind insbesondere

1.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist;
2.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b der Unternehmer;
3.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den Wirtschaftsgütern, Schulden oder sonstigen Abzügen zuzurechnen ist;
4.
in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 3 auch die in § 34 bezeichneten Personen.
Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

(2a) Die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung zur gesonderten Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben.

(3) Die Frist für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten oder von Grundsteuerwerten (Feststellungsfrist) beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung eines Einheitswerts oder eines Grundsteuerwerts vorzunehmen ist. Ist eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Einheitswerts oder des Grundsteuerwerts abzugeben, beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung oder die Grundsteuerwertfeststellung vorzunehmen oder aufzuheben ist. Wird der Beginn der Feststellungsfrist nach Satz 2 hinausgeschoben, wird der Beginn der Feststellungsfrist für die weiteren Feststellungszeitpunkte des Hauptfeststellungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 beginnt die Feststellungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, auf dessen Beginn der Einheitswert oder der Grundsteuerwert erstmals steuerlich anzuwenden ist.

(5) Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 außer Betracht. Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen. § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn

1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist oder
3.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
Die Anordnung über die öffentliche Zustellung trifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter.

(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger. Die Benachrichtigung muss

1.
die Behörde, für die zugestellt wird,
2.
den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten,
3.
das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie
4.
die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann,
erkennen lassen. Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument öffentlich zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.

(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) oder in Anhang I des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.

(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, die

1.
in Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichnet sind oder
2.
aus für Direktzahlungen im Sinne der Nummer 1 bestimmten Finanzmitteln gewährt werden.

(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bestimmungen des EG-Vertrages, des Vertrages über die Europäische Union (EU-Vertrag) sowie die Bestimmungen des AEU-Vertrages,
2.
die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die
a)
auf Grund des EG-Vertrages oder
b)
auf Grund des EU-Vertrages oder des AEU-Vertrages zustande gekommen sind oder zu deren Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4.
Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.

(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) oder in Anhang I des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.

(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, die

1.
in Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichnet sind oder
2.
aus für Direktzahlungen im Sinne der Nummer 1 bestimmten Finanzmitteln gewährt werden.

(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bestimmungen des EG-Vertrages, des Vertrages über die Europäische Union (EU-Vertrag) sowie die Bestimmungen des AEU-Vertrages,
2.
die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die
a)
auf Grund des EG-Vertrages oder
b)
auf Grund des EU-Vertrages oder des AEU-Vertrages zustande gekommen sind oder zu deren Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4.
Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn

1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist oder
3.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
Die Anordnung über die öffentliche Zustellung trifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter.

(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger. Die Benachrichtigung muss

1.
die Behörde, für die zugestellt wird,
2.
den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten,
3.
das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie
4.
die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann,
erkennen lassen. Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument öffentlich zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.

(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) oder in Anhang I des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.

(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, die

1.
in Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichnet sind oder
2.
aus für Direktzahlungen im Sinne der Nummer 1 bestimmten Finanzmitteln gewährt werden.

(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bestimmungen des EG-Vertrages, des Vertrages über die Europäische Union (EU-Vertrag) sowie die Bestimmungen des AEU-Vertrages,
2.
die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die
a)
auf Grund des EG-Vertrages oder
b)
auf Grund des EU-Vertrages oder des AEU-Vertrages zustande gekommen sind oder zu deren Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4.
Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.

(1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) oder in Anhang I des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) aufgeführten Erzeugnisse.

(1a) Direktzahlungen im Sinne dieses Gesetzes sind Vergünstigungen im Rahmen von Einkommensstützungsregelungen, ausgenommen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, die

1.
in Regelungen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 bis 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik als Direktzahlungen bezeichnet sind oder
2.
aus für Direktzahlungen im Sinne der Nummer 1 bestimmten Finanzmitteln gewährt werden.

(2) Regelungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bestimmungen des EG-Vertrages, des Vertrages über die Europäische Union (EU-Vertrag) sowie die Bestimmungen des AEU-Vertrages,
2.
die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die
a)
auf Grund des EG-Vertrages oder
b)
auf Grund des EU-Vertrages oder des AEU-Vertrages zustande gekommen sind oder zu deren Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und als in Kraft getreten bekannt gegeben sind,
3.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union auf Grund oder im Rahmen der in den Nummern 1 und 2 genannten Verträge,
4.
Bundesgesetze zur Durchführung von in den Nummern 1 bis 3 genannten Regelungen, soweit die Bundesgesetze jeweils auf diese Vorschrift Bezug nehmen, sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Rechtsverordnungen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.