Europäischer Gerichtshof Urteil, 10. Nov. 2017 - T-180/15

ECLI: ECLI:EU:T:2017:795
published on 10/11/2017 00:00
Europäischer Gerichtshof Urteil, 10. Nov. 2017 - T-180/15
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URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

10. November 2017 ( *1 )

„Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Yen-Zinsderivate – Beschluss, mit dem sechs Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt werden – Manipulation der Interbanken-Referenzzinssätze JPY‑LIBOR und Euroyen‑TIBOR – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Beteiligung eines Brokers an den Zuwiderhandlungen – ‚Hybrides‘ Vergleichsverfahren – Grundsatz der Unschuldsvermutung – Grundsatz der guten Verwaltung – Geldbußen – Grundbetrag – Anpassung in Ausnahmefällen – Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑180/15

Icap plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Icap Management Services Ltd mit Sitz in London,

Icap New Zealand Ltd mit Sitz in Wellington (Neuseeland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Riis-Madsen und S. Frank,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, B. Mongin und J. Norris-Usher als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV, mit der die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2015) 432 final der Kommission vom 4. Februar 2015 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39861 – Yen-Zinsderivate) und, hilfsweise, die Herabsetzung der den Klägerinnen in diesem Beschluss auferlegten Geldbußen begehrt wird,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek (Berichterstatter), der Richter E. Buttigieg, F. Schalin und B. Berke sowie der Richterin J. Costeira,

Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2017

folgendes

Urteil

I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Die Klägerinnen, die Icap plc, die Icap Management Services Ltd und die Icap New Zealand Ltd, sind Teil eines Vermittlungsdienstleistungen über Sprachnetze und elektronische Netze anbietenden Unternehmens, das auch nachbörsliche Dienstleistungen erbringt (im Folgenden: Icap).

2

Mit ihrem Beschluss C(2015) 432 final vom 4. Februar 2015 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39861 – Yen-Zinsderivate) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission fest, dass Icap an der Begehung von sechs Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens betreffend die Manipulation der Interbanken-ReferenzsätzeLondon Interbank Offered Rate (LIBOR, in London praktizierter Interbankenzinssatz) und Tokyo Interbank Offered Rate (TIBOR, in Tokyo praktizierter Interbankenzinssatz) auf dem Markt für Zinsderivate in japanischen Yen, die zuvor mit dem Beschluss C(2013) 8602 final der Kommission vom 4. Dezember 2013 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39861 – Yen-Zinsderivate) (im Folgenden: Beschluss von 2013) festgestellt worden waren, mitgewirkt habe.

3

Am 17. Dezember 2010 beantragten die UBS AG und die UBS Securities Japan (im Folgenden gemeinsam: UBS) bei der Kommission einen sogenannten „Marker“ nach der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) und informierten sie über das Bestehen eines Kartells im Yen-Zinsderivatesektor.

4

Am 24. April 2011, 18. November 2011, 28. September 2012 und 3. Dezember 2012 stellten die Citigroup Inc. und die Citigroup Global Markets Japan Inc. (im Folgenden gemeinsam: Citi), die Deutsche Bank Aktiengesellschaft (im Folgenden: DB), die R. P. Martin Holdings und die Martin Brokers (UK) Ltd sowie The Royal Bank of Scotland (im Folgenden: RBS) jeweils Anträge nach der Mitteilung über Zusammenarbeit (Erwägungsgründe 47 bis 50 des angefochtenen Beschlusses). Am 29. Juni 2011 und am 12. Februar 2013 gewährte die Kommission UBS und Citi einen bedingten Geldbußenerlass nach Rn. 8 Buchst. b dieser Mitteilung (Erwägungsgründe 45 und 47 dieses Beschlusses).

5

Am 12. Februar 2013 leitete die Kommission nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ein Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung gegen UBS, RBS, DB, Citi, R. P. Martin Holdings und Martin Brokers (UK) sowie die JP Morgan Chase & Co., die JP Morgan Chase Bank, National Association und die J. P. Morgan Europe Ltd ein (51. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

6

Am 29. Oktober 2013 übermittelte die Kommission den oben in Rn. 5 genannten Gesellschaften eine Mitteilung der Beschwerdepunkte (52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

7

Die Kommission erließ im Vergleichsverfahren nach Art. 10a der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 (ABl. 2008, L 171, S. 3) geänderten Fassung den Beschluss von 2013, mit dem sie feststellte, dass die oben in Rn. 5 genannten Gesellschaften gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR verstoßen hätten, indem sie an Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen hätten, die darauf abgezielt hätten, den Wettbewerb im Yen-Zinsderivatesektor zu beschränken oder zu verfälschen.

A. Dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegendes Verwaltungsverfahren

8

Am 29. Oktober 2013 leitete die Kommission nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 gegen die Klägerinnen ein Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung ein (53. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

9

Am 31. Oktober 2013 fand eine Besprechung im Hinblick auf einen Vergleich im Sinne von Art. 10a der Verordnung Nr. 773/2004 statt, in der die Kommission den Klägerinnen die Beschwerdepunkte, die sie gegen Icap zu erheben beabsichtigte, sowie die ihnen zugrunde liegenden Hauptbeweise in ihrem Besitz vorlegte (54. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

10

Am 12. November 2013 informierten die Klägerinnen die Kommission über ihre Absicht, sich nicht für ein Vergleichsverfahren zu entscheiden (55. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

11

Am 6. Juni 2014 übermittelte die Kommission den Klägerinnen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Letztere antworteten darauf am 14. August 2014 sowie in der Anhörung vom 12. September 2014 (Erwägungsgründe 58 und 59 des angefochtenen Beschlusses).

12

Am 4. Februar 2015 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, in dem sie Icap vorwarf, sechs Zuwiderhandlungen „unterstützt“ zu haben, und ihr sechs Geldbußen von insgesamt 14960000 Euro auferlegte.

B. Angefochtener Beschluss

1.   In Rede stehende Produkte

13

Die in Rede stehenden Zuwiderhandlungen betreffen Yen-Zinsderivate, die an den JPY-LIBOR oder den Euroyen-TIBOR gebunden sind. Der JPY-LIBOR ist eine in London (Vereinigtes Königreich) praktizierte Gesamtheit von Referenzzinssätzen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses von der British Bankers Association (BBA, britischer Bankenverband) festgesetzt und veröffentlicht und für zahlreiche in japanischen Yen denominierte Finanzprodukte verwendet wurde. Er wird anhand der Preisangebote berechnet, die täglich von einem Panel von Banken, die diesem Verband angehören (im Folgenden: JPY-LIBOR-Panel), vorgelegt werden. Diese Angebote erlauben es, den „durchschnittlichen“ Satz festzustellen, zu dem jede Bank, die diesem Panel angehört, Mittel ausleihen könnte, indem sie Interbanken-Angebote in marktüblichem Umfang einholt und annimmt. Anhand der von diesen Banken übermittelten Informationen legte die BBA unter Ausschluss der vier höchsten und der vier niedrigsten Referenzwerte somit die JPY-LIBOR-Tagessätze fest. Der Euroyen-TIBOR ist eine in Tokyo (Japan) praktizierte Gesamtheit von Referenzzinssätzen, die eine vergleichbare Aufgabe erfüllt, aber von der Japanese Banker Association (JBA, japanischer Bankenverband) anhand der Angebote eines Mitglieder-Panels dieses Verbands berechnet wird, wobei die zwei höchsten und die zwei niedrigsten Referenzwerte ausgeschlossen werden. Die Kommission stellte fest, dass die JPY-LIBOR- und Euroyen-TIBOR-Sätze einen Bestandteil der Preise der Yen-Zinsderivate darstellten. Sie können die Höhe der Zahlungsmittel beeinflussen, die eine Bank bei Fälligkeit ihrer Gegenleistung oder in spezifischen Intervallen bezahlen müssen oder erhalten wird. Die häufigsten Derivate sind Forward Rate Agreements, Zins-Swaps, Zins-Optionen und Zins-Futures (vgl. Erwägungsgründe 9 bis 19 des angefochtenen Beschlusses).

2.   Icap vorgeworfenes Verhalten

14

Das Icap vorgeworfene Verhalten besteht in der „Unterstützung“ von sechs Zuwiderhandlungen, nämlich:

der „Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007“ vom 14. August bis zum 1. November 2007;

der „Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008“ vom 28. August bis zum 3. November 2008;

der „Zuwiderhandlung UBS/DB“ vom 22. Mai bis zum 10. August 2009;

der „Zuwiderhandlung Citi/RBS“ vom 3. März bis zum 22. Juni 2010;

der „Zuwiderhandlung Citi/DB“ vom 7. April bis zum 7. Juni 2010;

der „Zuwiderhandlung Citi/UBS“ vom 28. April bis zum 2. Juni 2010.

15

Erstens stellte die Kommission insbesondere fest, dass Icap als Broker auf dem Markt für Bareinlagen in japanischen Yen über ihren in London ansässigen „Cash/Money Market desk“ tätig gewesen sei. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe Icap den Teilnehmern dieses Marktes Schätzungen sowohl über die verfügbaren Mengen als auch über die Preise zur Verfügung gestellt, mit dem Ziel, den Abschluss von Vereinbarungen zwischen diesen Marktteilnehmern zu unterstützen. Insbesondere legte die Kommission zu den von Icap an diese Marktteilnehmer übermittelten Schätzungen im Wesentlichen dar, dass diese die Schätzungen von Icap zum JPY-LIBOR-Tagessatz in Form eines Berichts an Finanzinstitute, von denen einige dem JPY-LIBOR-Panel angehört hätten, umfasst hätten. Dieser Bericht habe einen bedeutenden Einfluss auf das Verhalten der Banken bei der Abgabe ihrer Angebote für die Zinssätze gehabt (Erwägungsgründe 98 bis 101 des angefochtenen Beschlusses).

16

Zweitens stellte die Kommission fest, dass Icap auch ein Broker auf dem Markt für Yen-Zinsderivate gewesen sei, wobei diese Rolle über eine besondere Abteilung ausgeübt worden sei. Ihrer Ansicht nach versuchten einige in dieser Abteilung tätige Händler neben rechtmäßigen Geschäften mit Herrn H., Händler von UBS und sodann von Citi, auf Wunsch des Letzteren auch, die JPY-LIBOR-Kurse zu beeinflussen, entweder durch eine Änderung des in Rede stehenden Berichts oder durch Nutzung der Kontakte von Icap mit bestimmten Banken des JPY-LIBOR-Panels (Erwägungsgründe 102 und 103 des angefochtenen Beschlusses).

17

Drittens nahm die Kommission an, dass dies dazu geführt habe, dass Icap die Begehung der sechs im Beschluss von 2013 festgestellten Zuwiderhandlungen unterstützt habe (Erwägungsgründe 165 bis 171 des angefochtenen Beschlusses). Was als Erstes die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/RBS 2008 und UBS/DB anbelangt, wies sie darauf hin, dass ein Händler von UBS die Dienste von Icap genutzt habe, um die Angebote gewisser Banken zu beeinflussen, die dem JPY-LIBOR-Panel angehört hätten und an diesen drei Kartellen nicht beteiligt gewesen seien. Insoweit warf sie Icap vor, ihre Kontakte zu den Banken, die diesem Panel angehört hätten, in dem von UBS angestrebten Sinn genutzt zu haben und falsche Informationen über die künftigen JPY-LIBOR-Sätze verbreitet zu haben (77. Erwägungsgrund Buchst. a und b sowie Erwägungsgründe 106 bis 141 dieses Beschlusses). Als Zweites stellte sie zu den Zuwiderhandlungen Citi/UBS und Citi/DB fest, dass ein Händler von Citi die Dienste von Icap genutzt habe, um die Angebote gewisser Banken zu beeinflussen, die diesem Panel angehört hätten und an diesen zwei Kartellen nicht beteiligt gewesen seien. In diesem Rahmen warf sie Icap auch vor, ihre Kontakte zu den Banken, die diesem Panel angehört hätten, genutzt und falsche Informationen verbreitet zu haben (83. Erwägungsgrund Buchst. a und b sowie Erwägungsgründe 154 bis 164 dieses Beschlusses). Als Drittes warf sie Icap zur Zuwiderhandlung Citi/RBS vor, als Kommunikationskanal zwischen einem Händler von Citi und einem Händler von RBS gedient zu haben, um die Kommunikation zu unterstützen (Erwägungsgründe 84 und 142 bis 153 dieses Beschlusses).

3.   Berechnung der Geldbuße

18

Die Kommission wies vorab darauf hin, dass der Grundbetrag der Geldbuße nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) unter Berücksichtigung des Kontexts der Zuwiderhandlung sowie insbesondere der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung festzusetzen sei und dass die Rolle, die jeder Beteiligte spiele, individuell zu beurteilen sei, wobei etwaige erschwerende oder mildernde Umstände zu berücksichtigen seien (284. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

19

Die Kommission legte dar, dass die Leitlinien von 2006 nur wenige Hinweise zur Methode der Berechnung der Geldbuße für die Kartellgehilfen enthielten. Da Icap ein auf dem Markt für Vermittlungsleistungen und nicht ein auf dem Markt für Zinsderivate tätiger Wirtschaftsteilnehmer sei, habe sie nicht die Vermittlungsgebühren durch die Preise der Yen-Zinsderivate austauschen können, um die Umsätze zu ermitteln und die Höhe der Geldbuße festzusetzen, da ein solcher Austausch die Schwere und die Natur der Zuwiderhandlung nicht widerspiegeln würde. Sie schloss daraus im Wesentlichen, dass Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 anzuwenden sei, die ein Abweichen von diesen Leitlinien bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße gestatte (287. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

20

In Anbetracht der Schwere der in Rede stehenden Verhaltensweisen und der Dauer der Beteiligung von Icap an jeder der sechs fraglichen Zuwiderhandlungen setzte die Kommission für jede von ihnen einen Grundbetrag der Geldbuße fest, nämlich 1040000 Euro für die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007, 1950000 Euro für die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008, 8170000 Euro für die Zuwiderhandlung UBS/DB, 1930000 Euro für die Zuwiderhandlung Citi/RBS, 1150000 Euro für die Zuwiderhandlung Citi/DB und 720000 Euro für die Zuwiderhandlung Citi/UBS (296. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

21

Zur Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße stellte die Kommission keinen erschwerenden oder mildernden Umstand fest und wies darauf hin, dass die Obergrenze von 10 % des Jahresumsatzes nicht überschritten worden sei (299. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Art. 2 des Tenors des angefochtenen Beschlusses verhängt daher gegen die Klägerinnen Geldbußen, deren Endbetrag demjenigen ihres Grundbetrags entspricht.

II. Verfahren und Anträge der Parteien

22

Mit Klageschrift, die am 14. April 2015 bei der Kanzlei eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

23

Am 15. Februar 2016 hat das Gericht (Vierte Kammer) auf Vorschlag des Berichterstatters im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts die Klägerinnen aufgefordert, im Anschluss an das Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717), eine Frage zu ihrem zweiten Klagegrund zu beantworten.

24

Die Klägerinnen antworteten am 29. Februar 2016 auf die Frage des Gerichts und zogen einen Teil ihres zweiten Klagegrundes zurück.

25

Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Zweiten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

26

Das Gericht hat die Rechtssache auf Vorschlag der Zweiten Kammer gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen.

27

Das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung den Parteien schriftliche Fragen gestellt und die Kommission aufgefordert, die Vergleichsersuchen von UBS für die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007 und UBS/RBS 2008 vorzulegen.

28

Am 30. November 2016 hat die Kommission es abgelehnt, der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen nachzukommen. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2016 hat das Gericht der Kommission aufgegeben, ihm diese beiden Dokumente vorzulegen. Gemäß Art. 92 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verfahrensordnung, und um einerseits den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und andererseits die Besonderheiten des Vergleichsverfahrens miteinander in Einklang zu bringen, hat der Beschluss vom 1. Dezember 2016 bestimmt, dass nur die Vertreter der Parteien bei der Kanzlei diese beiden Dokumente einsehen dürfen und dass keine Kopien angefertigt werden dürfen. Am 7. Dezember 2016 ist die Kommission dieser Anordnung nachgekommen.

29

Am 8. und am 9. Dezember 2016 haben die Klägerinnen und die Kommission jeweils die Fragen des Gerichts beantwortet. Am 31. Dezember 2016 und am 5. Januar 2017 haben die Kommission und die Klägerinnen jeweils ihre Erklärungen zu den Antworten der anderen Partei abgegeben.

30

Die Parteien haben in der Sitzung vom 10. Januar 2017 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

31

Die Klägerinnen beantragen,

den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären;

hilfsweise, die festgesetzten Geldbußen aufzuheben oder herabzusetzen;

der Kommission die Verfahrenskosten sowie die sonstigen Kosten und Auslagen im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits aufzuerlegen;

alle Maßnahmen zu erlassen, die das Gericht für angemessen hält.

32

Die Kommission beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen;

den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.  Zur Zulässigkeit eines Dokuments und eines Klageantrags

33

Die Kommission hält den vierten Klageantrag der Klägerinnen sowie ein an das Gericht gerichtetes Schreiben für unzulässig.

1.   Zur Zulässigkeit des vierten Klageantrags

34

Mit ihrem vierten Antrag begehren die Klägerinnen, „alle Maßnahmen zu erlassen, die das Gericht für angemessen hält“.

35

Soweit ein solcher Klageantrag als Antrag auszulegen ist, der Kommission Weisungen zu erteilen, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Unionsrichter im Rahmen der von ihm ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt ist, den Organen der Union Weisungen zu erteilen, oder sich an ihre Stelle zu setzen. Nach Art. 266 AEUV ist es Sache des betreffenden Organs, die Maßnahmen zur Durchführung eines auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteils zu ergreifen (vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, Omnis Group/Kommission, T‑74/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:283, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Der vierte Klageantrag ist daher, soweit er einen Antrag auf Erteilung einer Weisung umfasst, für unzulässig zu erklären.

2.   Zur Rüge der Unzulässigkeit eines Schreibens der Klägerinnen

37

In der Gegenerwiderung bringt die Kommission vor, dass ein an das Gericht gerichtetes Schreiben der Klägerinnen, von dem ihr von den Klägerinnen eine Kopie direkt übermittelt worden sei, für unzulässig zu erklären sei, da es nicht im Einklang mit der Verfahrensordnung stehe.

38

Insoweit genügt der Hinweis, dass mit einer Entscheidung vom 2. März 2016 beschlossen worden ist, dieses Schreiben nicht zu den Akten zu nehmen. Die von der Kommission erhobene Rüge der Unzulässigkeit ist daher gegenstandslos.

B.  Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung

39

Die Klägerinnen stützen ihren Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses auf sechs Klagegründe. Die ersten vier Klagegründe betreffend erstens die Auslegung und die Anwendung des Begriffs „bezweckte“ Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, zweitens die Anwendung des Begriffs „Unterstützung“ auf die Umstände des vorliegenden Falles, drittens die Dauer der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen und viertens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der guten Verwaltung beziehen sich auf die Rechtmäßigkeit von Art. 1 des fraglichen Beschlusses über das Vorliegen dieser Zuwiderhandlungen. Der fünfte und der sechste Klagegrund betreffend die Festsetzung der Höhe der Geldbußen sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem beziehen sich auf die Rechtmäßigkeit von Art. 2 dieses Beschlusses über die von der Kommission für jede dieser Zuwiderhandlungen verhängten Geldbußen.

1.   Zum ersten Klagegrund: Fehler bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs „bezweckte“ Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV

40

Im Rahmen des ersten Klagegrundes rügen die Klägerinnen die von der Kommission vorgenommene Einstufung der beanstandeten Verhaltensweisen als bezweckte Zuwiderhandlung, da diese keinen Einfluss auf den Wettbewerb haben könnten, und leiten daraus ab, dass Icap nicht für die „Unterstützung“ einer Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden könne.

41

Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

42

Soweit die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlungen in Rede steht, ist darauf hinzuweisen, dass, um unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV genannte Verbot zu fallen, eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts „bezwecken oder bewirken“ muss.

43

Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass bestimmte Arten der Koordinierung zwischen Unternehmen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 49, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 113; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34).

44

Bestimmte Formen der Koordinierung zwischen Unternehmen können nämlich schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 50, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 114; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 35).

45

So steht fest, dass bestimmte kollusive Verhaltensweisen, wie z. B. diejenigen, die zur horizontalen Festsetzung der Preise durch Kartelle führen, als derart geeignet angesehen werden können, negative Auswirkungen auf insbesondere den Preis, die Menge oder die Qualität der Waren und Dienstleistungen zu haben, dass für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig erachtet werden kann. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 115).

46

Lässt jedoch die Prüfung einer Art von Koordinierung zwischen Unternehmen keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Merkmale vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 52, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 116).

47

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, um als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgefasst zu werden, auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 117; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 36).

48

Ferner ist es den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Union nicht verwehrt, die Absicht der Beteiligten zu berücksichtigen, auch wenn sie kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen wettbewerbsbeschränkenden Charakter hat (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 37, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 54, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 118).

49

Was insbesondere den Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern betrifft, sind die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sind, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt betreiben will (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 32, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 119).

50

Zwar nimmt dieses Selbständigkeitspostulat den Wirtschaftsteilnehmern nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die geeignet ist, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Verhalten ins Bild zu setzen, das man selbst auf dem betreffenden Markt an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, wenn diese Kontakte bezwecken oder bewirken, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und Zahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des in Betracht kommenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 33, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 120).

51

So hat der Gerichtshof entschieden, dass der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen konnte, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringerte oder beseitigte und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führte (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 89, vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 35, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 121).

52

Insbesondere ist davon auszugehen, dass ein Informationsaustausch, der geeignet ist, die Unsicherheiten unter den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ausmaßes und der Modalitäten der von dem betreffenden Unternehmen vorzunehmenden Anpassung auszuräumen, einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 122; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 41).

53

Im Übrigen kann eine abgestimmte Verhaltensweise, auch wenn sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen steht, als Verhaltensweise angesehen werden, die einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt. Der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass nur abgestimmte Verhaltensweisen verboten wären, die sich unmittelbar auf die von den Endverbrauchern zu zahlenden Preise auswirken (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 123; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 36).

54

Aus Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV geht im Gegenteil hervor, dass aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der „unmittelbare[n] oder mittelbare[n] Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen“ bestehen, geeignet sind, einen wettbewerbswidrigen Zweck zu verfolgen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 37, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 124).

55

Jedenfalls ist Art. 101 AEUV, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Die Feststellung, dass mit einer abgestimmten Maßnahme ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, setzt daher nicht voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen festgestellt wird (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 38 und 39, sowie vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 125).

56

Schließlich ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV, dass der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise über die Abstimmung zwischen den Unternehmen hinaus ein dieser entsprechendes Marktverhalten und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden voraussetzt (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 126).

57

Insoweit ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gilt, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass eine abgestimmte Verhaltensweise selbst dann unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn auf diesem Markt keine wettbewerbswidrigen Wirkungen eintreten (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 127).

58

Im vorliegenden Fall stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 77 und 78 des angefochtenen Beschlusses fest, dass die sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen beide Formen von Verhaltensweisen umfassten, nämlich zum einen Gespräche über Quotierungen von mindestens einer der Banken, um die Richtung dieser Quotierung zu beeinflussen, und zum anderen die Übermittlung oder den Empfang von sensiblen Geschäftsinformationen, die sich entweder auf Handelspositionen oder die künftigen Quotierungen von mindestens einer der jeweiligen Banken bezogen. Außerdem wies sie zur Zuwiderhandlung UBS/DB im 78. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auch darauf hin, dass die Banken die Möglichkeit ausgelotet hätten, Geschäfte abzuschließen, um ihre Geschäftsinteressen im Bereich der Derivate abzustimmen, und dass sie bei seltenen Gelegenheiten möglicherweise solche Geschäfte abgeschlossen hätten.

59

Die Kommission stellte fest, dass die streitigen Verhaltensweisen eine Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze bezweckt hätten, die eine Verbesserung der Position der beteiligten Banken auf dem Markt für Yen-Zinsderivate erlaubt habe.

60

In den Erwägungsgründen 13 bis 17 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass die Derivate und insbesondere die Forward Rate Agreements und die Zins-Swaps aus zwei Teilen oder „Legs“ bestünden, wovon der eine einem zu zahlenden Zahlungsstrom und der andere einem zu erhaltenden Zahlungsstrom entspreche. Der eine werde durch einen festen Zinssatz und der andere durch einen variablen Zinssatz gebildet. Eine Partei zahle der anderen einen Betrag, der auf der Grundlage des variablen Zinssatzes berechnet werde, und erhalte einen Betrag, der auf der Grundlage des festen Zinssatzes, der beim Abschluss festgesetzt worden sei, bestimmt werde und umgekehrt.

61

Die Kommission legte dar, dass sich die Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze unmittelbar auf den aufgrund des „variablen“ Teils der oben in Rn. 60 angeführten Verträge erhaltenen oder gezahlten Zahlungsstrom (Cashflow) ausgewirkt habe (Erwägungsgründe 199 und 201 des angefochtenen Beschlusses), da dieser unmittelbar unter Bezugnahme auf diese Zinssätze berechnet worden sei.

62

Die Kommission ging davon aus, dass die Manipulation der JPY‑LIBOR-Sätze sich auch auf den „festen“ Teil der oben in Rn. 60 angeführten Verträge ausgewirkt habe, da sich die aktuelle Höhe dieser Zinssätze im festen Zinssatz der zukünftigen Verträge mittelbar widergespiegelt habe, weil diese im Wesentlichen eine Schätzung darüber darstellten, wie hoch diese Zinssätze in Zukunft sein würden (Erwägungsgründe 200 und 201 des angefochtenen Beschlusses).

63

Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel sowie der Austausch vertraulicher Informationen unter den beteiligten Banken einer Einschränkung des Wettbewerbs, der normalerweise zwischen ihnen stattzufinden habe, entsprächen, die zu einer Verzerrung des Wettbewerbs zu ihren Gunsten und zum Nachteil der nicht beteiligten Banken geführt habe. Dies habe die Schaffung einer Situation „asymmetrischer Information“ zugunsten nur der beteiligten Banken erlaubt, so dass sie Verträge zu besseren Bedingungen als die anderen auf dem Markt für Yen-Zinsderivate tätigen Banken hätten anbieten können (Erwägungsgründe 202 bis 204 dieses Beschlusses). Die streitigen Verhaltensweisen hätten somit den Wettbewerb zugunsten der beteiligten Banken und zum Nachteil der anderen Teilnehmer dieses Marktes verfälscht. Die Kommission schloss daraus, dass die sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs darstellten, um als bezweckte Zuwiderhandlung eingestuft zu werden (Erwägungsgründe 219 und 220 dieses Beschlusses).

64

Die Klägerinnen bringen gegen diese Würdigung vor, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung den Begriff der bezweckten Zuwiderhandlung eng auslege. Die in Rede stehenden Verhaltensweisen beeinträchtigten den normalen Wettbewerb auf dem Markt für Yen‑Zinsderivate nicht in einem solchen Maß, dass ihre Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung gerechtfertigt sei. Der beanstandete Austausch von Informationen stelle kein Verhalten dar, das die Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bezwecke“. Außerdem seien bestimmte für die Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung maßgebliche Umstände zum ersten Mal im 200. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt worden. Schließlich habe die Kommission hinsichtlich der Zuwiderhandlung UBS/DB den Abschluss von Geschäften zwischen den Banken, die auf eine Abstimmung ihrer Geschäftsinteressen im Bereich der Derivate abgezielt hätten, nicht nachgewiesen und dieses Verhalten nicht als Informationsaustausch eingestuft.

65

Da die Kommission für die sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen gleichzeitig das Vorliegen einer Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel und einen Austausch vertraulicher Informationen festgestellt hat, braucht lediglich geprüft zu werden, ob eine dieser beiden Verhaltensweisen einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt.

66

Was die erste, den sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen gemeinsame, Verhaltensweise anbelangt, nämlich die Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel, hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass die von einem Finanzinstitut einem anderen für ein Derivat geschuldeten Zahlungen entweder unmittelbar oder mittelbar mit der Höhe der JPY-LIBOR-Sätze im Zusammenhang standen.

67

So kann erstens zu den aufgrund von laufenden Verträgen geschuldeten Zahlungen die Auswirkung der JPY-LIBOR-Sätze als offensichtlich angesehen werden. Sie betrifft die aufgrund des „variablen“ Teils der oben in Rn. 60 angeführten Verträge geschuldeten Zahlungen, die unmittelbar auf diesen Sätzen basieren. Daher konnte ihnen gegenüber eine Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel dazu führen, die Höhe dieser Zinssätze in einer für die Interessen der Banken, von denen diese Koordinierung ausging, günstigen Weise zu beeinflussen, wie die Kommission im Wesentlichen in den Erwägungsgründen 199 und 201 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat.

68

Was zweitens die aufgrund von künftigen Verträgen geschuldeten Zahlungen anbelangt, ist festzustellen, dass die Kommission auch zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel eine Auswirkung auf die aufgrund des „festen“ Teils der oben in Rn. 60 angeführten Verträge geschuldeten Zahlungen hatte.

69

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 34 bis 44 und 200 des angefochtenen Beschlusses die Gründe dargelegt hat, aus denen die Höhe der JPY-LIBOR-Sätze sich auf den „festen“ Teil der oben in Rn. 60 angeführten Verträge auswirkte. Im Wesentlichen führte sie aus, dass die Bestimmung der festen Zinssätze durch eine auf einer mathematischen Formel basierende Projektion der aktuellen Zinsstrukturkurve der Derivate erfolge, die selbst eine Funktion der aktuellen Höhe der JPY‑LIBOR-Sätze sei.

70

Zum anderen kann man infolgedessen davon ausgehen, dass eine Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel den daran beteiligten Banken erlaubte, die Unsicherheit betreffend die Höhe, in der sich die JPY-LIBOR-Sätze befinden würden, deutlich zu verringern und ihnen damit einen Wettbewerbsvorteil bei der Verhandlung und dem Angebot von Derivaten gegenüber den Banken, die nicht an dieser Koordinierung beteiligt waren, verschaffte, was die Kommission in den Erwägungsgründen 201 bis 204 des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat.

71

Nach alledem ist die Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel sowohl für die aufgrund des „variablen“ als auch für die aufgrund des „festen“ Teils der oben in Rn. 60 angeführten Verträge geschuldeten Zahlungen relevant.

72

Es ist festzustellen, dass eine solche Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel klar einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, da sie die Höhe der von den betreffenden Banken geschuldeten oder an sie zu leistenden Zahlungen beeinflussen soll.

73

Da alle sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen eine Koordinierung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel beinhalten, die geeignet ist, die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung zu rechtfertigen, braucht nicht geprüft zu werden, ob die andere diesen Zuwiderhandlungen gemeinsame Verhaltensweise, nämlich der Austausch vertraulicher Informationen, eine solche Einstufung ebenso rechtfertigen kann.

74

Können bestimmte Gründe einer Entscheidung für sich allein die Entscheidung rechtlich hinreichend rechtfertigen, wirken sich nämlich nach ständiger Rechtsprechung etwaige Mängel, mit denen andere Gründe der Entscheidung behaftet sein können, keinesfalls auf deren verfügenden Teil aus (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, C‑302/99 P und C‑308/99 P, EU:C:2001:408, Rn. 27, und vom 12. Dezember 2006, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, T‑155/04, EU:T:2006:387, Rn. 47).

75

Jedenfalls ist in Anbetracht der Bedeutung der Auswirkung der Höhe der JPY-LIBOR-Sätze auf die Höhe der sowohl aufgrund des „variablen“ als auch des „festen“ Teils der oben in Rn. 60 angeführten Verträge erfolgten Zahlungen festzustellen, dass allein die Übermittlung von Informationen über die zukünftigen Quotierungen einer Bank, die dem JPY-LIBOR-Panel angehörte, den betreffenden Banken einen Vorteil verschaffen konnte und sie von der Teilnahme am normalen Wettbewerb auf dem Markt für Yens-Zinsderivate in einer Weise entfernte, dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Informationsaustausch nach der oben in den Rn. 49 bis 52 angeführten Rechtsprechung eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV bezweckte. Dieselbe Erwägung ist auf die Verhaltensweise betreffend den Austausch vertraulicher Informationen über die zukünftigen Euroyen-TIBOR-Quotierungen, die die Kommission nur im Rahmen der Zuwiderhandlung Citi/UBS festgestellt hat, anwendbar.

76

Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission keinen Rechts- oder Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie festgestellt hat, dass die sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckten.

77

Dieses Ergebnis wird durch die verschiedenen Argumente der Klägerinnen nicht entkräftet.

78

Dies gilt erstens für das Vorbringen der Klägerinnen zur Widerlegung einer Beeinträchtigung des normalen Wettbewerbs durch die streitigen Verhaltensweisen.

79

Als Erstes machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, dass auf dem Markt für Yen-Zinsderivate zwischen den Banken kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Da der Abschluss von Verträgen auf diesem Markt Verhandlungen über diese Produkte und insbesondere über den anwendbaren festen Zinssatz impliziert, besteht zwischen den verschiedenen auf diesem Markt tätigen Banken zwangsläufig ein Wettbewerb hinsichtlich des Angebots dieser Produkte.

80

Als Zweites kann infolgedessen auch dem Vorbringen der Klägerinnen zu einem angeblichen Widerspruch zwischen einerseits der Möglichkeit der betreffenden Banken, bessere Bedingungen als ihre Wettbewerber anzubieten, und andererseits der Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung nicht gefolgt werden. Im Gegenteil stellt diese Möglichkeit vielmehr den Ausdruck der Störung des Wettbewerbs auf dem Markt für Yen-Zinsderivate zugunsten der an der Kollusion beteiligten Banken dar.

81

Als Drittes ist der von den Klägerinnen hervorgehobene Umstand, dass die Banken zahlreiche Geschäfte abschlössen, in denen sie entgegengesetzte Standpunkte einnähmen, unerheblich. Eines der insbesondere die laufenden Verträge betreffenden Interessen an einer Manipulation des JPY-LIBOR-Satzes besteht nämlich darin, dass dieser die Interessen der betreffenden Banken, d. h. ein hoher Zinssatz im Fall einer Nettogläubigerposition und ein niedriger im Fall einer Nettoschuldnerposition, bestmöglich widerspiegeln kann.

82

Zweitens machen die Klägerinnen im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend, da bestimmte für die Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung maßgebliche Umstände zum ersten Mal im 200. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt worden seien.

83

Zwar erfordert nach ständiger Rechtsprechung die Wahrung der Verteidigungsrechte, dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit des angeführten Sachverhalts sowie zu den von der Kommission zur Stützung ihres Vorbringens, dass ein Verstoß gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung nehmen kann (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 265 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84

Dieser Grundsatz kommt in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck, der vorsieht, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, so klar angeführt sein müssen, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, und sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor diese eine endgültige Entscheidung erlässt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die genannte Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung hatten (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 266 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85

Diese Darstellung kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die endgültige Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein, da es sich bei dieser um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind. Zulässig sind daher Ergänzungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 267 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86

Daher ist eine Ergänzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nur dann erforderlich, wenn die Kommission sich aufgrund des Ermittlungsergebnisses veranlasst sieht, den betroffenen Unternehmen neue Handlungen zur Last zu legen oder den Nachweis bestrittener Zuwiderhandlungen auf eine erheblich geänderte Grundlage zu stellen (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 268 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87

Schließlich liegt eine Verletzung der Verteidigungsrechte nach der Rechtsprechung auch vor, wenn aufgrund eines von der Kommission begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das von ihr durchgeführte Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Zum Nachweis einer solchen Verletzung braucht ein klagendes Unternehmen nicht darzutun, dass die Entscheidung der Kommission einen anderen Inhalt gehabt hätte, sondern muss nur hinreichend belegen, dass es sich ohne den Fehler besser hätte verteidigen können, z. B. deshalb, weil es zu seiner Verteidigung Schriftstücke hätte einsetzen können, in die ihm im Verwaltungsverfahren keine Einsicht gewährt wurde (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 269 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88

Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass der Hinweis auf eine mittelbare Festsetzung der Preise im 200. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht, wie von den Klägerinnen behauptet, ein neues Argument ist. Zwar können die Rn. 137 und 175 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die sich die Kommission bezieht, nicht als Darlegung eines Beschwerdepunkts der mittelbaren Festsetzung der Preise angesehen werden, da sie einen einfachen Hinweis auf die Rechtsgrundsätze für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen. Dennoch ergibt sich aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass der Kern der darin enthaltenen Argumentation derselbe war wie in diesem Beschluss und insbesondere in dessen 200. Erwägungsgrund, nämlich die Auswirkung der Höhe des JPY‑LIBOR auf die Höhe der auf die künftigen Verträge anwendbaren Zinssätze (vgl. insbesondere Rn. 157 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Die Klägerinnen hatten daher während des Verwaltungsverfahrens Gelegenheit, sich zu diesem Beschwerdepunkt zu äußern.

89

Zum anderen ist zum Vorbringen der Neuheit des Hinweises im 200. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf den Umstand, dass die Manipulation des JPY‑LIBOR auch eine Festsetzung der Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV darstelle, darauf hinzuweisen, dass aus den in den vorstehenden Rn. 66 bis 76 dargelegten Gründen die Auswirkungen dieser Manipulation auf die Höhe der aus Derivaten geschuldeten Zahlungen hinreichen, um die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung zu rechtfertigen. Folglich kann man nicht davon ausgehen, dass die etwaige fehlende Möglichkeit der Klägerinnen, sich zum Beschwerdepunkt einer Festsetzung der Geschäftsbedingungen zu äußern, sie daran gehindert hätte, sich im Sinne der oben in Rn. 87 angeführten Rechtsprechung besser verteidigen zu können.

90

Drittens geht zu den Rügen der Klägerinnen hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens eines Verhaltens, das darin bestanden habe, dass die Banken die Möglichkeit ausgelotet hätten, Geschäfte abzuschließen, um ihre Geschäftsinteressen im Bereich der Derivate abzustimmen, und bei seltenen Gelegenheiten möglicherweise solche Geschäfte abgeschlossen hätten, durch die Kommission, die nur die Zuwiderhandlung UBS/DB betrifft, aus dem 78. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass dieses Verhalten von der Kommission nur als Unterstützung der Koordinierung der künftigen Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel angesehen wurde. Da dieses Verhalten keinen eigenständigen Charakter gegenüber demjenigen dieser Koordinierung, deren wettbewerbswidriger Zweck rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, zu haben scheint, ist es nicht erforderlich, auf diesen Aspekt des Vorbringens der Klägerinnen einzugehen.

91

Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

2.   Zum zweiten Klagegrund: Fehler bei der Anwendung des Begriffs „Unterstützung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und der Rechtsprechung

92

Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass Icap die sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen unterstützt habe. Nach der Verkündung des Urteils vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717), haben sie einen Teil ihres Vorbringens zurückgezogen, so dass der vorliegende Klagegrund nunmehr aus drei Teilen besteht.

93

Mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes, der nicht die Zuwiderhandlung Citi/RBS betrifft, sondern nur die fünf anderen in Rede stehenden Zuwiderhandlungen, machen die Klägerinnen geltend, das auf Icap angewandte Kriterium der „Unterstützung“ sei zu weit gefasst und neu und verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Mit dem zweiten Teil dieses Klagegrundes, der dieselben fünf Zuwiderhandlungen betrifft, bringen sie vor, dass die Rolle von Icap nicht den Kriterien der Rechtsprechung für die „Unterstützung“ entspreche. Schließlich rügen sie mit dem dritten Teil dieses Klagegrundes, der nur die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, Citi/UBS und Citi/DB betrifft, die Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach Icap ihre Kontakte bei mehreren Banken genutzt habe, um deren Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel zu beeinflussen, sei nicht stichhaltig.

94

Nach Auffassung des Gerichts sind zunächst der zweite und der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen, da diese im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit des Icap vorgeworfenen Verhaltens betreffen, und sodann die im ersten Teil dieses Klagegrundes enthaltene Beanstandung der Vereinbarkeit der festgestellten Rechtswidrigkeit mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit.

a)   Zum zweiten Teil: Verstoß der Kommission gegen die Kriterien der Rechtsprechung für die „Unterstützung“

95

Die Klägerinnen machen im Rahmen des vorliegenden Teils des zweiten Klagegrundes im Wesentlichen geltend, dass die Schlussfolgerung, wonach das Verhalten von Icap in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV falle, falsch sei.

96

Die Kommission beantragt, den vorliegenden Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

97

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV keinen Anhaltspunkt dafür enthält, dass dieses Verbot ausschließlich die Parteien der Vereinbarungen oder der aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betrifft, die auf den davon betroffenen Märkten tätig sind (Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 27).

98

Außerdem wird nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine „Vereinbarung“ dadurch begründet, dass der übereinstimmende Wille mindestens zweier Parteien zum Ausdruck kommt, wobei die Form, in der dies geschieht, als solche nicht entscheidend ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99

Zum Begriff „abgestimmte Verhaltensweise“ ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass er in Art. 101 Abs. 1 AEUV insbesondere von den Begriffen „Vereinbarung“ und „Beschluss von Unternehmensvereinigungen“ allein deshalb unterschieden wird, um verschiedene Formen der Kollusion zwischen Unternehmen zu erfassen, die in subjektiver Hinsicht in ihrer Art übereinstimmen und sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100

Handelt es sich weiter um Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit wettbewerbswidrigem Zweck, kann die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann auf die Teilnahme eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung und seine Verantwortlichkeit für die verschiedenen Elemente, die diese umfasst, schließen, wenn sie nachweist, dass das betreffende Unternehmen durch sein Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten tatsächlichen Verhalten wusste oder dieses vernünftigerweise vorhersehen konnte und es bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof u. a. festgestellt, dass passive Formen der Beteiligung an der Zuwiderhandlung, wie die Teilnahme eines Unternehmens an Sitzungen, bei denen, ohne dass es sich offen dagegen ausgesprochen hat, wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, eine Komplizenschaft zum Ausdruck bringen, die geeignet ist, die Verantwortlichkeit des Unternehmens im Rahmen von Art. 101 Abs. 1 AEUV zu begründen, da die stillschweigende Billigung einer rechtswidrigen Initiative, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren oder sie bei den Behörden anzuzeigen, dazu führt, dass die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert wird (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102

Zwar hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass es bei einer „Vereinbarung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV um die Erklärung des übereinstimmenden Willens der Parteien ging, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten, und dass die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die eine „abgestimmte Verhaltensweise“ nach dieser Bestimmung begründen, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zu verstehen sind, wonach jeder Wirtschaftsteilnehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenkt; aus diesen Erwägungen geht aber nicht hervor, dass die Begriffe „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ eine wechselseitige Beschränkung der Handlungsfreiheit auf ein und demselben Markt, auf dem alle Parteien vertreten wären, voraussetzen (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 32 und 33).

103

Außerdem kann aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht abgeleitet werden, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur entweder Unternehmen, die auf dem von den Wettbewerbsbeschränkungen betroffenen Markt oder auch auf den diesem Markt vorgelagerten, nachgelagerten oder benachbarten Märkten tätig sind, oder Unternehmen betrifft, die ihre Selbständigkeit im Verhalten auf einem bestimmten Markt aufgrund einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise beschränken. Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs bezieht sich nämlich der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV allgemein auf alle Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die – sei es in horizontalen oder vertikalen Beziehungen – den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verfälschen, unabhängig davon, auf welchem Markt die Parteien tätig sind, und unabhängig davon, dass nur das Geschäftsverhalten einer der Parteien durch die Bedingungen der in Rede stehenden Vereinbarungen betroffen ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

104

Es ist auch festzustellen, dass das Hauptziel des Verbots von Art. 101 Abs. 1 AEUV in der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes besteht und dass seine volle Wirksamkeit bedeutet, dass der aktive Beitrag eines Unternehmens zu einer Wettbewerbsbeschränkung betrachtet wird, selbst wenn dieser Beitrag keine wirtschaftliche Tätigkeit auf dem relevanten Markt betrifft, auf dem die Beschränkung eintritt oder eintreten soll (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105

Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht das Vorliegen von eigenständigen Zuwiderhandlungen zwischen Icap und UBS und sodann zwischen Icap und Citi feststellte, deren Gegenstand es gewesen wäre, die Höhe der Quotierungen der Banken durch die Verbreitung von falschen Informationen durch Icap in einem den Interessen von UBS und sodann von Citi entsprechenden Sinn zu manipulieren. Im angefochtenen Beschluss wird Icap auf der Grundlage ihrer Beteiligung an den von der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen verantwortlich gemacht, die Letztere als „Unterstützung“ einstufte.

106

In Anbetracht der von der Kommission im angefochtenen Beschluss angestellten Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beteiligung von Icap die Kriterien erfüllt, die in der oben in Rn. 100 angeführten Rechtsprechung hervorgehoben wurden, wobei die Verantwortlichkeit von Icap für die von den betreffenden Banken begangenen Zuwiderhandlungen nur bei Erfüllung dieser Kriterien gerechtfertigt werden kann.

107

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen die Erfüllung dieser Kriterien im Rahmen von drei Rügen in Abrede stellen, nach denen die Kommission erstens eine Kenntnis von Icap vom Vorliegen einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken im Rahmen einiger der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen (erste Rüge), zweitens das Vorliegen eines Willens von Icap, zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken beizutragen (zweite Rüge), und drittens einen Beitrag von Icap zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken (dritte Rüge) nicht nachgewiesen habe. Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst die erste Rüge, sodann die dritte Rüge und schließlich die zweite Rüge zu prüfen.

1) Zur ersten Rüge: fehlender Nachweis der Kenntnis von Icap vom Vorliegen einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken im Rahmen einiger der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen

108

Im Rahmen der ersten Rüge bringen die Klägerinnen vor, die Kommission habe nicht hinreichend nachgewiesen, dass Icap von einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken im Rahmen der Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/RBS 2008, Citi/DB und Citi/UBS Kenntnis gehabt habe, sondern allenfalls von einseitigen Versuchen eines Händlers, die JPY-LIBOR-Sätze zu manipulieren.

109

Die vorliegende Rüge betrifft daher nur vier der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen.

110

Die Klägerinnen machen geltend, dass die von der Kommission als Beweismittel gebrauchten Kurznachrichten nur belegen könnten, dass ein Händler einer der betreffenden Banken über die künftigen Quotierungen einer anderen Bank Bescheid gewusst habe. In einem insbesondere durch das Bestehen rechtmäßiger Kontakte zwischen diesen Banken gekennzeichneten Kontext könne daraus nicht abgeleitet werden, dass Icap Kenntnis vom gemeinsamen Willen dieser Banken gehabt habe, ihre Quotierungen für das JPY-LIBOR-Panel abzustimmen. Dies sei hinsichtlich der Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/RBS 2008, Citi/DB und Citi/UBS der Fall.

111

Die Klägerinnen bringen vor, die Struktur des Yen-Zinsderivatemarkts, die ständige Verhandlungen zwischen den betreffenden Banken impliziere, könne die Kenntnis einer bestimmten Bank von der Richtung der Quotierungen einer anderen Bank erklären, ohne dass diese Kenntnis das Ergebnis eines Informationsaustauschs sei. Sie leiten daraus ab, dass Icap vernünftigerweise davon habe ausgehen können, dass die Bezugnahmen auf den künftigen Standpunkt einer anderen Bank in den Mitteilungen eines Händlers nicht die Folge eines rechtswidrigen Kartells gewesen seien. Sie werfen der Kommission vor, diese mögliche Würdigung der Beweismittel weder für die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 noch für die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 berücksichtigt zu haben. Zur Bezugnahme der Kommission darauf, dass UBS in ihrem Vergleichsersuchen die Unterstützerrolle von Icap anerkannt habe, machen sie insbesondere geltend, dass der Vergleichsbeschluss ausdrücklich darauf hinweise, dass die von den Parteien anerkannten Tatsachen in Bezug auf Icap keine Verantwortlichkeit belegen könnten. Zu den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS wiederholen sie, dass die geltend gemachten Umstände nicht das Vorliegen einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken während des festgestellten Zeitraums der Zuwiderhandlung bewiesen.

112

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Erwägungsgründe 214 bis 221 des angefochtenen Beschlusses rechtlich hinreichend nachwiesen, dass Icap bewusst gewesen sei oder hätte bewusst sein müssen, dass ihre Handlungen zu wettbewerbsbeschränkenden Zuwiderhandlungen beigetragen hätten. Bei jeder der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen sei Icap von UBS und sodann von Citi darüber informiert worden, wer die andere Bank des JPY-LIBOR-Panels gewesen sei, mit der sie wettbewerbswidrige Kontakte unterhalten hätten. Dies sei sowohl hinsichtlich der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 als auch der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 der Fall. Zu den letztgenannten Zuwiderhandlungen weist die Kommission darauf hin, dass sich der Nachweis der Kenntnis von Icap von der Kollusion zwischen den betreffenden Banken auch auf das in den Erwägungsgründen 115 und 126 des angefochtenen Beschlusses angeführte Anerkenntnis der Unterstützerrolle von Icap durch UBS in ihrem Vergleichsersuchen stütze, wobei dieses Anerkenntnis von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt worden sei. Sie bezieht sich auch auf die Kenntnis des Yen-Zinsderivatemarkts von Icap und deren Eigenschaft als Hauptvermittler auf diesem Markt, um hervorzuheben, dass an der wettbewerbswidrigen Natur dieser Kollusion kein Zweifel habe bestehen können. Zu den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS weist sie darauf hin, dass die Klägerinnen nicht bestritten, dass Icap Kenntnis von der Kollusion zwischen den betreffenden Banken gehabt habe, sondern nur deren zeitliche Tragweite. Insoweit sei der Zeitpunkt des Beginns einer Zuwiderhandlung derjenige der Kollusion und nicht der ihrer Umsetzung.

113

Dazu ist festzustellen, dass es nach der oben in Rn. 100 angeführten Rechtsprechung Sache der Kommission war nachzuweisen, dass Icap von dem von jeder der betreffenden Banken beabsichtigten oder an den Tag gelegten tatsächlichen Verhalten wusste oder dieses vernünftigerweise vorhersehen konnte.

114

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es im Wettbewerbsrecht, wenn ein Rechtsstreit über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung entstanden ist, der Kommission obliegt, die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen nachzuweisen und Beweise beizubringen, die geeignet sind, das Vorliegen der Tatsachen, die eine Zuwiderhandlung darstellen, rechtlich hinreichend zu belegen (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115

Um das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nachzuweisen, ist es erforderlich, dass die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise beibringt. Nicht jeder der von der Kommission beigebrachten Beweise muss jedoch notwendigerweise diesem Kriterium in Bezug auf jedes Element der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, dass das Bündel der von diesem Organ angeführten Indizien bei einer Gesamtbetrachtung dieses Erfordernis erfüllt (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116

Ferner müssen dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen. Die Unschuldsvermutung ist nämlich ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist außerdem der Grundsatz der Unschuldsvermutung in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118

Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung zur Beurteilung der Beweiskraft eines Dokuments die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Information zu prüfen und insbesondere zu berücksichtigen, woher das Dokument stammt, unter welchen Umständen es erstellt worden ist, an wen es gerichtet ist und ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubwürdig erscheint (vgl. Urteil vom 14. April 2011, Visa Europe und Visa International Service/Kommission, T‑461/07, EU:T:2011:181, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung).

119

Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission für jede der vier in Rede stehenden Zuwiderhandlungen rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass Icap wusste oder vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass die Anfragen von UBS und sodann von Citi nicht im ausschließlichen Interesse ihres Gesprächspartners an Icap gerichtet wurden, sondern das Ergebnis einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken waren.

120

Dazu geht aus der oben in Rn. 100 angeführten Rechtsprechung zwar hervor, dass es der Kommission freistand, nachzuweisen, dass entweder zum einen Icap von der Beteiligung der betreffenden anderen Bank an jeder der vier in Rede stehenden Zuwiderhandlungen wusste oder zum anderen Icap eine solche Beteiligung vernünftigerweise vorhersehen konnte, doch ist diese zweite Möglichkeit unter Berücksichtigung des Kontexts zu prüfen, in den sich der Austausch zwischen UBS, sodann Citi, und Icap einfügte.

121

Wie nämlich die Klägerinnen im Wesentlichen vorbringen, implizierten die auf eine Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze abzielenden Anfragen von UBS und sodann von Citi an Icap ihrer Natur nach nicht das Bestehen einer vorherigen Abstimmung mit einer anderen Bank. Solche Anfragen konnten von Icap legitimerweise dahin ausgelegt werden, dass sie von UBS und sodann von Citi zu dem Zweck getätigt wurden, die genannten Sätze in Verfolgung allein ihrer eigenen Interessen zu manipulieren. Es ist festzustellen, dass ein solcher Umstand den Nachweis durch die Kommission, dass Icap aus den Anfragen von UBS und sodann von Citi vernünftigerweise hätte ableiten müssen, dass sie sich in den Rahmen einer Kollusion mit einer anderen Bank einfügten, erschwert.

i) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 durch die Kommission

122

Die tatsächlichen Umstände, auf die sich die Kommission für die Feststellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens von Icap stützte, werden hinsichtlich der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 in Nr. 5.3.2 des angefochtenen Beschlusses dargelegt.

123

Die Kommission stützte sich zunächst auf den Hinweis in einem Gespräch vom 14. August 2007 zwischen Herrn H., damals Händler von UBS, und Herrn R., Mitarbeiter von Icap (im Folgenden: Gespräch vom 14. August 2007), wonach „RBS und UBS für sechs Monate ein hohes Niveau anstreben“, um festzustellen, dass ab diesem Gespräch „[Icap] wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass [UBS] die künftigen Quotierungen der JPY-LIBOR-Sätze mit RBS abstimmte und die UBS nach diesem Gespräch geleistete Hilfe die wettbewerbswidrigen Praktiken zwischen UBS und RBS unterstützte oder unterstützen hätte können“ (106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

124

Sodann wies die Kommission auf verschiedene Mitteilungen zwischen Herrn H. und Herrn R. sowie zwischen Letzterem und anderen Mitarbeitern von Icap am 15. August 2007 und am 1. November 2007 hin, um die Rolle von Icap bei der Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze zu belegen (Erwägungsgründe 107 bis 114 des angefochtenen Beschlusses).

125

Schließlich bezog sich die Kommission auf das Anerkenntnis der Inanspruchnahme der Dienste von Icap für die Beeinflussung der künftigen JPY-LIBOR-Quotierungen gewisser Banken des JPY-LIBOR-Panels durch UBS in ihrem Vergleichsersuchen. Sie stellte fest, dass RBS über die Rolle von Icap nicht Bescheid gewusst habe (115. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

126

Somit führt der angefochtene Beschluss nur zwei Beweismittel an, die möglicherweise belegen könnten, dass Icap Kenntnis von der Beteiligung von RBS an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 hatte, nämlich zum einen das Gespräch vom 14. August 2007 und zum anderen die Erklärungen von UBS in ihrem Vergleichsersuchen. Es ist zwischen den Parteien nämlich unstreitig, dass der Austausch zwischen Icap und UBS nach dem 14. August 2007 keine Bezugnahmen auf RBS enthielt.

127

Zu den Erklärungen von UBS in ihrem Vergleichsersuchen ergibt sich aus der Prüfung dieses Dokuments nicht, dass UBS darin anerkennt, Icap von der Beteiligung von RBS an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 informiert zu haben, da UBS sich auf den Hinweis beschränkt, die Dienste von Icap in Anspruch genommen zu haben.

128

Daraus folgt, dass das einzige Beweismittel, das belegen könnte, dass Icap Kenntnis von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 hatte, in einer Passage des Gesprächs vom 14. August 2007 besteht, in dem Herr H. Herrn R. darüber informiert, dass „RBS und UBS für sechs Monate ein hohes Niveau anstreben“. Im 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission diesen Satz dahin aus, dass er bedeute, dass Herr H., damals Händler von UBS, Herrn R., Mitarbeiter von Icap, über seine laufenden Gespräche mit RBS über die künftigen Quotierungen von JPY-LIBOR-Sätzen informiert habe.

129

Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen sind die Parteien dazu aufgefordert worden, zur Auslegung dieses Satzes unter Berücksichtigung der Fortsetzung des Gesprächs „[Icap:] gut, das wird helfen:); [UBS:] will tut mir einen Gefallen; [Icap:] das [sollte] er“ Stellung zu nehmen sowie anzugeben, ob das Wort „will“ einen Mitarbeiter von RBS bezeichnete. Daraus hat sich ergeben, dass dieses Gespräch W. H., Händler von RBS, betraf, dessen Austausch mit Herrn H. für die Feststellung des Vorliegens der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 berücksichtigt wurde.

130

Daraus ist abzuleiten, dass Herr R., Mitarbeiter von Icap, infolge dieses Gesprächs von Herrn H., damals Händler von UBS, unzweideutig darüber informiert worden war, dass er sich mit W. H., Händler von RBS, auf eine Erhöhung ihrer Quotierungen in Bezug auf die Sechsmonatszinssätze geeinigt hatte. Da dieser Beweis in einem Gespräch besteht, an dem Herr R. unmittelbar teilnahm, ist ihm in Anbetracht seines Inhalts nach der oben in Rn. 118 angeführten Rechtsprechung hohe Beweiskraft beizumessen.

131

Unter diesen Umständen erlaubt das Gespräch vom 14. August 2007 für sich allein den Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007.

132

Folglich ist die erste Rüge, soweit sie die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 betrifft, zurückzuweisen.

ii) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 durch die Kommission

133

In Nr. 5.3.3 („Unterstützung der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 durch Icap“) des angefochtenen Beschlusses bezog sich die Kommission zunächst auf ein Gespräch vom 28. August 2008, in dem Herr H., damals Händler von UBS, Herrn R., Mitarbeiter von Icap, die Richtung der Quotierungen im JPY-LIBOR-Panel von RBS offenbart habe, nämlich „durchgängig niedrige“ Quotierungen (im Folgenden: Gespräch vom 28. August 2008) (116. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

134

Sodann wies die Kommission auf verschiedene Mitteilungen zwischen Herrn H. und Herrn R. sowie Letzterem und anderen Mitarbeitern von Icap am 28. August 2008 und am 3. November 2008 hin, um die Rolle von Icap bei der Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze zu belegen (Erwägungsgründe 117 bis 125 des angefochtenen Beschlusses). Zu diesen Beweismitteln gehört eine Icap-interne E‑Mail vom 5. September 2008, in der darauf hingewiesen wurde, dass UBS und RBS ein besonderes Interesse an einem niedrigen Dreimonats-JPY-LIBOR hätten.

135

Schließlich bezog sich die Kommission auf das Anerkenntnis der Inanspruchnahme der Dienste von Icap für die Beeinflussung der künftigen Quotierungen von Zinssätzen im JPY-LIBOR-Panel durch UBS in ihrem Vergleichsersuchen. Sie stellte fest, dass RBS über die Rolle von Icap nicht Bescheid gewusst habe (126. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

136

Somit führt der angefochtene Beschluss drei Beweismittel an, die möglicherweise die Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 belegen könnten, nämlich zunächst das Gespräch vom 28. August 2008, sodann die Icap-interne E‑Mail vom 5. September 2008 (vgl. oben, Rn. 134) und schließlich die Erklärungen von UBS in ihrem Vergleichsersuchen.

137

Zu den Erklärungen von UBS in ihrem Vergleichsersuchen ist zunächst festzustellen, dass sich auch hinsichtlich dieser Zuwiderhandlung aus der Prüfung dieses Dokuments nur ergibt, dass UBS anerkennt, die Dienste von Icap in Anspruch genommen zu haben, ohne zu behaupten, Icap von der Beteiligung von RBS an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 informiert zu haben.

138

Sodann nahm die Kommission zum Gespräch vom 28. August 2008 an, dass der Hinweis von Herrn H., damals Händler von UBS, wonach die Quotierungen von RBS „durchgängig niedrig“ sein würden, Herrn R., Mitarbeiter von Icap, zu der Annahme hätte veranlassen müssen, dass zwischen UBS und RBS Kontakte bestünden und die ab diesem Zeitpunkt Herrn H. geleistete Hilfe bei der Änderung der JPY‑LIBOR-Sätze auch eine Hilfe bei den wettbewerbswidrigen Praktiken zwischen UBS und RBS gewesen sei oder sein könne (118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

139

Es ist festzustellen, dass die von der Kommission angeführte Passage des Gesprächs vom 28. August 2008 keinen eindeutigen Sinn hat, der den Verdacht von Icap hätte erwecken müssen, dass UBS vertrauliche Informationen über die Höhe der künftigen Quotierungen von RBS an das JPY-LIBOR-Panel erhalten hatte. Sie konnte auch als Ausdruck einer Analyse oder einer Meinung von Herrn H. über die wahrscheinlichen künftigen Positionen eines seiner Wettbewerber ausgelegt werden.

140

Außerdem erlaubt die Prüfung der von der Kommission angeführten Passage des Gesprächs vom 28. August 2008 im allgemeineren Kontext dieses Gesprächs nicht, ihren Sinn zu klären. Zwar geht aus ihr die gemeinsame Absicht von UBS und Icap hervor, den normalen Ablauf der Festsetzung der JPY-LIBOR-Sätze zu verfälschen, sie enthält jedoch kein zusätzliches Element zu einer möglichen Beteiligung von RBS an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008.

141

Folglich erlaubt dieses Beweismittel für sich allein genommen nicht, die Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 zu belegen. Es ist jedoch zu prüfen, ob es gemeinsam mit anderen Elementen ein Indizienbündel im Sinne der oben in Rn. 115 angeführten Rechtsprechung darstellen kann.

142

Was schließlich die E‑Mail zwischen zwei Mitarbeitern von Icap anbelangt, so heißt es darin, dass „UBS und RBS ein besonderes Interesse an einem niedrigen Dreimonats-[JPY-LIBOR] haben“ (121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Es ist festzustellen, dass die von der Kommission vertretene Auslegung, nämlich dass diese E‑Mail den Ausdruck der Kenntnis von Icap vom Vorliegen einer Zuwiderhandlung zwischen RBS und UBS darstelle, nicht die einzig mögliche ist. Da Icap durch ihre Funktionen in ständigem Kontakt mit den betreffenden Banken steht, kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass Icap sich ihre eigene Meinung über die Interessen jeder der auf dem Yen-Zinsderivatemarkt tätigen Banken bildet. Die Plausibilität dieser anderen Auslegung kann durch den von den Klägerinnen hervorgehobenen verkürzten Charakter des von der Kommission verwendeten Zitats erhöht scheinen, da der genaue Wortlaut der E‑Mail, nämlich „[ich] denke, dass [UBS] und [RBS] ein offensichtliches Interesse daran haben, dass die [Sätze] niedrig sind“, sich eher in den Rahmen einer persönlichen Meinungsäußerung einfügt.

143

Es ist festzustellen, dass diese beiden Elemente nicht als ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise im Sinne der oben in Rn. 115 angeführten Rechtsprechung eingestuft werden können. Im Gegenteil impliziert die Mehrdeutigkeit der enthaltenen Formulierungen zwangsläufig einen Zweifel hinsichtlich einer Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008, der Icap nach der oben in Rn. 116 angeführten Rechtsprechung zugutekommen muss.

144

Außerdem kann aus den oben in Rn. 121 dargelegten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass Icap den Verdacht hätte haben müssen, dass sich die Anfragen von UBS in die Umsetzung einer Kollusion mit einer anderen Bank einfügten, da solche Anfragen von Herrn H. durchaus allein in Verfolgung der Interessen von UBS getätigt worden sein konnten.

145

Nach alledem ist der ersten Rüge betreffend die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 stattzugeben und Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit er die Beteiligung von Icap an dieser Zuwiderhandlung feststellt.

iii) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von DB und UBS in den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS

146

In Nr. 5.3.6 („Unterstützung der Zuwiderhandlung Citi/DB durch ICAP“) des angefochtenen Beschlusses stützte sich die Kommission auf den Hinweis auf ein Gespräch vom 7. April 2010 zwischen Herrn H., nunmehr Händler von Citi, und Herrn R., Mitarbeiter von Icap, über eine künftige abgestimmte Senkung der von Citi, UBS und DB im JPY-LIBOR-Panel nach Juni 2010 quotierten Zinssätze (im Folgenden: Gespräch vom 7. April 2010). Sie wies auch auf zwei Anfragen von Herrn H. an Herrn R. vom 18. Mai 2010 hin, wovon die eine niedrige Einjahreszinssätze und die andere allgemein niedrige JPY-LIBOR-Sätze bis Ende Juni betraf, sowie auf eine Anfrage vom 23. Mai 2010 betreffend niedrige Werte für die JPY-LIBOR-Sätze mit einer Laufzeit von einem Jahr und hohe Werte für diejenigen mit einer Laufzeit von drei Jahren hin (155. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

147

Außerdem stützte sich die Kommission auch auf eine Kommunikation am 1. Juni 2010 zwischen Herrn R. und Herrn G., beides Mitarbeiter von Icap, über eine Anpassung des oben in Rn. 15 angeführten Berichts (157. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) sowie auf ein Gespräch vom 2. Juni 2010, in dem Herr R. Herrn H., nunmehr Händler von Citi, unterrichtet habe, dass Herr G. die gewünschten Änderungen vorgenommen habe (156. Erwägungsgrund dieses Beschlusses).

148

Schließlich führt der angefochtene Beschluss ein Gespräch vom 7. Juni 2010 an, in dem Herr H., nunmehr Händler von Citi, Herrn R., Mitarbeiter von Icap, um niedrige Zinssätze für diesen Monat ersucht habe (158. Erwägungsgrund) (im Folgenden: Gespräch vom 7. Juni 2010). Es ist festzustellen, dass Icap sich in diesem Gespräch klar auf das Vorliegen einer Kollusion zwischen Citi, DB und UBS bezieht.

149

In Nr. 5.3.7 („Unterstützung der Zuwiderhandlung Citi/UBS durch Icap“) des angefochtenen Beschlusses stützte sich die Kommission ausschließlich auf die oben in den Rn. 146 und 147 angeführten Umstände (Erwägungsgründe 161 bis 163), wobei das Gespräch vom 7. Juni 2010 hinsichtlich dieser Zuwiderhandlung nicht als Beweismittel herangezogen wird.

150

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das zentrale Element, auf dem der Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von DB und UBS in den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS beruht, im Inhalt des Gesprächs vom 7. April 2010 besteht.

151

Erstens ist festzustellen, dass im Rahmen dieses Gesprächs Herr H., nunmehr Händler von Citi, Herrn R., Mitarbeiter von Icap, unzweideutig mitteilt, dass er sich mit zwei Händlern von DB und RBS abgestimmt habe, um eine Senkung der von Citi, UBS und DB im JPY-LIBOR-Panel nach Juni 2010 quotierten Zinssätze zu erreichen.

152

Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht den wettbewerbswidrigen Charakter des Gesprächs vom 7. April 2010 in Abrede stellen, sondern seinen Beweiswert im Hinblick auf die Zuwiderhandlungen Citi/UBS und Citi/DB, da die Kommission als Enddatum dieser Zuwiderhandlungen jeweils den 2. Juni 2010 und den 7. Juni 2010 feststellte, d. h. vor dem im Gespräch vom 7. April 2010, das den Zeitraum nach Juni 2010 betraf, ins Auge gefassten Sinken der Zinssätze.

153

Zwar genügt, wie die Kommission im Wesentlichen ausführt, das Gespräch vom 7. April 2010 als Nachweis der Kenntnis von Icap von einer Abstimmung im Hinblick auf die Veränderung der JPY-LIBOR‑Sätze und folglich vom Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens zwischen Citi, DB und UBS, jedoch betraf dieses Verhalten einen anderen Zeitraum der Zuwiderhandlung als diejenigen Zeiträume, die von der Kommission für die Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS, deren Begünstigung Icap vorgeworfen wird, festgestellt wurden.

154

Nach der Rechtsprechung ist jedoch die Dauer einer Zuwiderhandlung ein integraler Bestandteil derselben und als solcher ein untrennbarer Bestandteil der Feststellung einer Zuwiderhandlung (Urteil vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, EU:T:2006:350, Rn. 21).

155

Folglich ist daraus abzuleiten, dass das Gespräch vom 7. April 2010 eine andere Zuwiderhandlung als die Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS, deren Unterstützung Icap vorgeworfen wird, betraf und dass es für sich genommen die Kenntnis von Icap von diesen letzteren Zuwiderhandlungen nicht belegen kann.

156

Sodann ist hinsichtlich der anderen im angefochtenen Beschluss angeführten Beweismittel zwischen der Zuwiderhandlung Citi/DB und der Zuwiderhandlung Citi/UBS zu unterscheiden.

157

Was die Zuwiderhandlung Citi/DB anbelangt, ergibt sich, soweit sich die Kommission auf das Gespräch vom 7. Juni 2010 als Beweis beruft, in dem Icap selbst auf ein abgestimmtes Handeln von Citi, UBS und DB Bezug nimmt, aus diesem Gespräch zwangsläufig, dass die Kenntnis von Icap vom Vorliegen einer Kollusion zwischen Citi und DB rechtlich hinreichend nachgewiesen ist.

158

Zur Zuwiderhandlung Citi/UBS ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission als ihr Enddatum den 2. Juni 2010 festgestellt hat und daher das Gespräch vom 7. Juni 2010 nicht als Beweismittel heranzieht.

159

Hieraus folgt, dass die Kommission für die Zuwiderhandlung Citi/UBS keinen Beweis für eine Kenntnis von Icap von der Kollusion zwischen Citi und UBS vorlegt.

160

Gleichwohl ist zu prüfen, ob Icap, durch das Gespräch vom 7. April 2010 über die künftigen abgestimmten Handlungen von Citi, UBS und DB unterrichtet, nicht im Sinne der oben in Rn. 100 angeführten Rechtsprechung „vernünftigerweise vorhersehen“ hätte müssen, dass gewisse Anfragen, die Citi ab dem 18. Mai 2010 an Icap richtete, zur Umsetzung einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken gehörten.

161

Insoweit ist festzustellen, dass das Gespräch vom 7. April 2010 insgesamt den Eindruck erweckt, dass das Ziel von Citi, UBS und DB, wie es Icap zur Kenntnis gebracht wurde, ein Sinken gewisser JPY‑LIBOR-Sätze bis Dezember, gefolgt von einem Anstieg dieser Zinssätze, zumindest derjenigen mit einer Laufzeit von drei Monaten, war.

162

Es ist daher zu untersuchen, ob einige der Anfragen von Herrn H., nunmehr Händler von Citi, an Herrn R., Mitarbeiter von Icap, während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Icap vernünftigerweise zu der Annahme hätten veranlassen müssen, dass sie zur Vorbereitung der im Gespräch vom 7. April 2010 genannten Kollusion zwischen den betreffenden Banken gehörten.

163

Aus den Erwägungsgründen 161 bis 163 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass – mit Ausnahme einer Bezugnahme auf hohe Dreijahreszinssätze – die Anfragen von Herrn H., nunmehr Händler von Citi, an Icap am 18. Mai 2010 und am 23. Mai 2010 darauf abzielten, niedrige Zinssätze beizubehalten. Folglich konnte Icap vernünftigerweise vorhersehen, dass die auf eine Senkung oder Stabilisierung der JPY-LIBOR-Sätze gerichteten Anfragen im April und Mai zur Vorbereitung der Kollusion zwischen Citi, DB und UBS gehörten, die ihr am 7. April 2010 zur Kenntnis gebracht worden war.

164

Die erste Rüge ist daher hinsichtlich der Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS zurückzuweisen.

2) Zur dritten Rüge, mit der der Beitrag von Icap zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken bestritten wird

165

Mit der dritten Rüge beanstanden die Klägerinnen, dass für die Feststellung des Bestehens gemeinsamer Ziele im Sinne der oben in Rn. 100 angeführten Rechtsprechung das Icap im Rahmen von fünf der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen vorgeworfene Verhalten zu stark von demjenigen abweiche, das gegenüber den betreffenden Banken festgestellt worden sei. Da der angefochtene Beschluss, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 feststellt, aus den oben in den Rn. 133 bis 145 dargelegten Gründen für nichtig zu erklären ist, genügt es, die vorliegende Rüge in Bezug auf die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/DB, Citi/DB und Citi/UBS zu prüfen.

166

Die Klägerinnen sind im Wesentlichen der Auffassung, dass für jede der oben in Rn. 165 angeführten Zuwiderhandlungen zwischen zum einen dem Verhalten der zwei von jeder der Zuwiderhandlungen betroffenen Banken, das die Manipulation ihrer eigenen Quotierungen an das JPY-LIBOR-Panel betrifft, und zum anderen dem Icap vorgeworfenen Verhalten, das den Versuch einer Manipulation der Quotierungen anderer Banken an dieses Panel betrifft, unterschieden werden müsse. Außerdem habe bei jeder dieser Zuwiderhandlungen eine der beiden betreffenden Banken über die Rolle von Icap nicht Bescheid gewusst.

167

Die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass die zwei oben in Rn. 166 angeführten Verhaltensweisen zu ein und derselben Zuwiderhandlung gehört hätten. So seien die Bezugnahmen auf ein gemeinsames Ziel, den Wettbewerb auf dem Markt der Yen-Zinsderivate zu beschränken oder zu verfälschen oder den JPY‑LIBOR zu ändern, vage, fehlerhaft und nicht belegt. Der Umstand, dass bei diesen beiden Verhaltensweisen nicht dieselben Beteiligten tätig gewesen seien, stelle einen objektiven Grund für die Annahme dar, dass sie zwei getrennte Ereignisse darstellten. Zudem seien die bei jeder dieser beiden Verhaltensweisen verwendeten Methoden grundlegend verschieden, was ausschließe, dass sie zu derselben Zuwiderhandlung gehörten.

168

Die Klägerinnen machen außerdem geltend, die Kommission habe während einer Besprechung im Verwaltungsverfahren zugesagt, sich im angefochtenen Beschluss nicht auf den Vorwurf einer Verstärkung der Wirkungen der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen durch Icap zu stützen. In der Erwiderung werfen sie der Kommission vor, kein Protokoll von dieser Besprechung erstellt zu haben, und verlangen, dass Letztere dem Gericht ihre im Hinblick auf diese Besprechung vorbereiteten Notizen vorlege; sie sind im Wesentlichen der Ansicht, dass die Nichteinhaltung einer solchen Zusage einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gleichkomme.

169

Die Kommission beantragt, diese Rüge zurückzuweisen.

170

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der oben in Rn. 165 angeführten vier Zuwiderhandlungen die Kommission Icap vorwarf, insbesondere durch eine Änderung des oben in Rn. 15 angeführten Berichts die Höhe der von bestimmten dem JPY-LIBOR-Panel angehörenden Banken angebotenen Zinssätze beeinflusst zu haben (siehe oben, Rn. 15 bis 17), und dass dieses Verhalten von den Klägerinnen nicht bestritten wird.

171

Sodann steht fest, dass das Icap vorgeworfene Verhalten und dasjenige, das den betreffenden Banken vorgeworfen wird, einander ergänzen, da die JPY-LIBOR-Sätze ausgehend von den Quotierungen von Banken, die dem JPY-LIBOR-Panel angehören, berechnet werden. Die Änderung dieser Sätze hätte daher eine viel geringere Erfolgswahrscheinlichkeit gehabt, wenn die oben in Rn. 165 angeführten vier Zuwiderhandlungen nur auf einer Abstimmung der Quotierungen der von jeder der Zuwiderhandlungen betroffenen zwei Banken beruht hätte. Folglich verfügte Icap über eine zentrale Rolle bei der Umsetzung dieser Zuwiderhandlungen, indem sie bestimmte Quotierungen an dieses Panel im von den betreffenden Banken angestrebten Sinn beeinflusste.

172

Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass das Icap vorgeworfene Verhalten zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der von jeder der oben in Rn. 165 angeführten vier Zuwiderhandlungen betroffenen Banken beitrug.

173

Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Klägerinnen zu ihrem berechtigten Vertrauen in den Umstand, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf eine Verstärkung der Wirkungen der Manipulationen des JPY‑LIBOR durch Icap berufen werde, nicht in Frage gestellt.

174

Ein solches Vorbringen gründet sich auf das Vorliegen von Zusicherungen, die den Vertretern von Icap von Kommissionsbeamten angeblich bei einer Besprechung nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte gemacht wurden.

175

Dazu genügt jedoch – ohne dass geprüft zu werden brauchte, ob im informellen Rahmen einer Besprechung gemachte Zusicherungen der Kommission geeignet sind, ein berechtigtes Vertrauen der Klägerinnen hervorzurufen – der Hinweis, dass dieses Vorbringen auf einer fehlerhaften Tatsachenprämisse beruht. Aus der von den Klägerinnen vorgelegten Anlage C.1, die aus handschriftlichen Notizen ihrer Vertreter bei dieser Besprechung besteht, geht hervor, dass solche Zusicherungen von der Kommission nur hinsichtlich der Festsetzung der Geldbuße gemacht wurden und nicht im Rahmen des Anerkenntnisses des Vorliegens einer Zuwiderhandlung. Jede der drei Reihen von Notizen belegt nämlich, dass diese Frage während des Gesprächs über den Betrag der Geldbuße und in Reaktion auf den Wortlaut von Nr. 248 der Mitteilung der Beschwerdepunkte angesprochen wurde, die diese Festsetzung betraf.

176

Die dritte Rüge ist daher zurückzuweisen, ohne dass die von den Klägerinnen beantragte prozessleitende Maßnahme zu erlassen wäre.

3) Zur zweiten Rüge, mit der das Vorliegen eines Vorsatzes von Icap, zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken beizutragen, bestritten wird

177

Mit der zweiten Rüge machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe das Vorliegen eines Willens von Icap, zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken im Rahmen der fünf Zuwiderhandlungen beizutragen, nicht nachgewiesen. Aus den bereits oben in Rn. 165 dargelegten Gründen genügt es, die vorliegende Rüge in Bezug auf die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/DB, Citi/DB und Citi/UBS zu prüfen.

178

Den Klägerinnen zufolge geht aus den Beweismitteln nur der Wille von Icap hervor, die Wünsche eines Händlers zu erfüllen, der der einzige Kunde eines der Broker von Icap gewesen sei. Sie sind der Ansicht, die Argumentation der Kommission wolle das in der einschlägigen Rechtsprechung verankerte Kriterium des Vorsatzes in Frage stellen.

179

Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieser Rüge.

180

Da zum einen die Kommission für die vier noch in Rede stehenden Zuwiderhandlungen zu Recht festgestellt hat, dass Icap vom Vorliegen einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken wusste, und zum anderen festgestellt wurde, dass die Verhaltensweisen der betreffenden Banken und diejenigen von Icap einander sehr weit ergänzten, folgt daraus zwangsläufig das Vorliegen eines Vorsatzes von Icap, zur Erreichung der gemeinsamen Ziele dieser Banken beizutragen.

181

Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerinnen auf einer Verwechslung zwischen den Motiven von Icap, die tatsächlich in dem Wunsch bestehen konnten, die Anfragen eines Händlers zu erfüllen, und dem Bewusstsein beruht, dass deren Verhalten das Ziel hatte, die Manipulation der JPY-LIBOR-Sätze zu unterstützen, indem die Quotierungen an das JPY-LIBOR-Panel in dem Sinne beeinflusst wurden, der von den von der Zuwiderhandlung betroffenen Banken gewünscht war.

182

Die zweite Rüge ist daher zurückzuweisen.

b)   Zum dritten Teil: fehlerhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses betreffend Icaps Nutzung ihrer Kontakte für die Beeinflussung der Quotierungen bestimmter Banken

183

Mit dem vorliegenden Teil, der nur die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, Citi/UBS und Citi/DB betrifft, beanstanden die Klägerinnen die Auslegung bestimmter Mitteilungen zwischen Icap und ihren Kunden durch die Kommission. Zum einen lege die Kommission nicht dar, inwiefern die als Beweismittel herangezogenen Mitteilungen relevant für die betreffenden Zuwiderhandlungen seien. Zum anderen habe sie den Sinn dieser Mitteilungen verkannt, die keinen Vorsatz zur Manipulation der Quotierungen anderer Banken an das JPY-LIBOR-Panel offenbarten.

184

Die Kommission beantragt, den vorliegenden Teil zurückzuweisen.

185

Zur Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 wies die Kommission im 79. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass Icap am 24. Oktober 2007 ihre Kontakte genutzt habe, um zu versuchen, das Verhalten einer Panel-Bank zu beeinflussen. Zu den Zuwiderhandlungen Citi/UBS und Citi/DB stellte sie im 83. Erwägungsgrund Buchst. a dieses Beschlusses ein entsprechendes Verhalten am 30. April 2010 fest.

186

Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, dass zum einen aus dem 79. Erwägungsgrund Buchst. b und aus dem 83. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, dass die Kommission sich nicht darauf beschränkte, die Beteiligung von Icap an diesen drei Zuwiderhandlungen allein auf der Grundlage der Nutzung ihrer Kontakte festzustellen, sondern sie auch auf die Verbreitung irreführender Informationen an die Banken des JPY-LIBOR-Panels mittels des oben in Rn. 15 angeführten Berichts stützte, und dass zum anderen die Klägerinnen die Erwägungen der Kommission in dieser Hinsicht nicht beanstanden.

187

Da die Verbreitung irreführender Informationen für sich genommen geeignet ist, die Beteiligung von Icap an diesen drei Zuwiderhandlungen nachzuweisen, ist dieser Teil des Klagegrundes somit nach der oben in Rn. 74 angeführten Rechtsprechung als ins Leere gehend zurückzuweisen.

c)   Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

188

Mit dem vorliegenden Teil machen die Klägerinnen geltend, das auf Icap angewandte Kriterium der „Unterstützung“ sei zu weit gefasst und neu und verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Die Einstufung von Icap als „Unterstützer“ habe vernünftigerweise nicht aus dem Urteil vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, EU:T:2008:256), abgeleitet werden können und widerspreche daher sowohl dem Grundsatz der Rechtssicherheit als auch dem Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen.

189

Insoweit machen die Klägerinnen geltend, der Begriff „Unterstützung“ sei jung und wenig entwickelt. Die Situation von Icap unterscheide sich deutlich von der Rolle von AC‑Treuhand sowohl in der Rechtssache, in der das Urteil vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, EU:T:2008:256), ergangen sei, als auch in derjenigen, in der das Urteil vom 6. Februar 2014, AC‑Treuhand/Kommission (T‑27/10, EU:T:2014:59), ergangen sei. Während AC‑Treuhand die Kollusion ermöglicht habe, werde Icap nur vorgeworfen, im Dienste der Kollusion gehandelt zu haben oder dazu beigetragen zu haben. Insoweit weisen die Klägerinnen darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Kollusion zwischen den betreffenden Banken auch ohne jede Tätigkeit von Icap bestanden hätte.

190

Anders als die „Unterstützung“ einer horizontalen Vereinbarung beschränke sich die Rolle von Icap auf eine vertikale Beschränkung mit einem Händler, die für sich genommen den Wettbewerb weder beschränke noch verfälsche. In fünf der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen habe die andere an der Kollusion beteiligte Bank von der Beteiligung von Icap nichts gewusst. Die Anwendung eines so weiten Kriteriums wie des Begriffs „Unterstützung“ habe besonders schwere Auswirkungen für an der Kollusion nicht beteiligte Drittunternehmen.

191

Die Kommission beantragt, den vorliegenden Teil zurückzuweisen.

192

Da der angefochtene Beschluss, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 feststellt, aus den oben in den Rn. 133 bis 145 dargelegten Gründen für nichtig zu erklären ist, genügt es, den vorliegenden Teil des Klagegrundes in Bezug auf die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/DB, Citi/RBS, Citi/DB und Citi/UBS zu prüfen.

193

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit es insbesondere gebietet, dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können – klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2015, X‑Steuerberatungsgesellschaft, C‑342/14, EU:C:2015:827, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

194

In Strafsachen findet der Grundsatz der Rechtssicherheit seine besondere Ausprägung im Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen, der von Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte garantiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a., C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 70) und besagt, dass das Gesetz klar die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen definieren muss, wobei diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

195

Der Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen darf folglich nicht so verstanden werden, dass er die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit durch richterliche Auslegung von Fall zu Fall untersagt, vorausgesetzt, dass das Ergebnis zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung insbesondere unter Berücksichtigung der Auslegung, die zu dieser Zeit in der Rechtsprechung zur fraglichen Rechtsvorschrift vertreten wurde, hinreichend vorhersehbar ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

196

Die Bedeutung des Begriffs der Vorhersehbarkeit hängt in hohem Maß vom Inhalt der in Rede stehenden Vorschriften, von dem durch sie geregelten Bereich sowie von der Zahl und der Eigenschaft ihrer Adressaten ab. Mit der Vorhersehbarkeit des Gesetzes ist es nicht unvereinbar, dass die betreffende Person gezwungen ist, fachkundigen Rat einzuholen, um unter den Umständen des konkreten Falles angemessen zu beurteilen, welche Folgen sich aus einer bestimmten Handlung ergeben können. Das gilt insbesondere für berufsmäßig tätige Personen, die gewohnt sind, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sehr umsichtig verhalten zu müssen. Von ihnen kann daher erwartet werden, dass sie die Risiken ihrer Tätigkeit besonders sorgfältig beurteilen (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

197

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Icap, nötigenfalls nach Einholung fachkundigen Rates, insbesondere unter Berücksichtigung der sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden weiten Bedeutung der Begriffe „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“, hätte davon ausgehen müssen, dass ihr Verhalten für mit den Wettbewerbsregeln des Unionsrechts unvereinbar erklärt werden könnte.

198

Zum Vorbringen der Klägerinnen, mit dem die Rolle von Icap in den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen im Vergleich zu derjenigen, die AC‑Treuhand in den Rechtssachen zukam, in denen die Urteile vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, EU:T:2008:256), und vom 6. Februar 2014, AC‑Treuhand/Kommission (T‑27/10, EU:T:2014:59), ergangen sind, heruntergespielt werden soll, ist im Gegenteil die Bedeutung dieser Beteiligung für bestimmte dieser Zuwiderhandlungen zu unterstreichen. Da nämlich die JPY‑LIBOR-Sätze ausgehend von den Quotierungen der Mitglieder des Panels berechnet werden, erlaubte der von Icap über den oben in Rn. 15 angeführten Bericht ausgeübte Einfluss auf ihre Kunden, die Mitglieder dieses Panels waren, den Manipulationen dieser Sätze ein viel größeres Ausmaß zu verleihen, als wenn sie sich allein auf die Quotierungen der beiden von jeder dieser Zuwiderhandlungen betroffenen Banken beschränkt hätte.

199

Der erste Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

200

Nach alledem ist dem vorliegenden Klagegrund hinsichtlich der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 stattzugeben; im Übrigen ist er zurückzuweisen.

3.   Zum dritten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Bestimmung der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen

201

Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, keine Beweise für die festgestellte Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beigebracht zu haben. Die Kommission weise zum einen nicht nach, dass die Beteiligung von Icap an diesen Zuwiderhandlungen die gleiche Dauer wie diejenige der betreffenden Banken gehabt habe, und zum anderen, dass diese Beteiligung zwischen den Zeitpunkten, für die sie davon ausgehe, Beweise zu haben, ohne Unterbrechung angedauert habe. Insbesondere müsse die Kommission eine durchgängige Kenntnis vom rechtswidrigen Verhalten der betreffenden Banken über den gesamten für jede dieser Zuwiderhandlungen festgestellten Zeitraum nachweisen.

202

Dies sei umso mehr erforderlich, als zum einen die Zinssätze täglich berechnet worden seien und zum anderen die Kommission anerkannt habe, dass Icap nicht von allen Maßnahmen der betreffenden Banken Kenntnis gehabt habe. Außerdem weisen die Klägerinnen im Wesentlichen auf den unterschiedlichen oder sogar widersprüchlichen Inhalt der einseitigen Anfragen von UBS und sodann von Citi hin und dass Icap vernünftigerweise habe annehmen dürfen, dass sie nicht zum rechtswidrigen Verhalten der betreffenden Banken gehört hätten.

203

Die Kommission macht geltend, die im angefochtenen Beschluss angeführten Beweismittel seien sowohl hinsichtlich des Vorliegens der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen als auch hinsichtlich ihrer Dauer relevant. Aus ihnen gehe das Bestehen regelmäßiger Kontakte hervor, die in unregelmäßigen Zeiträumen je nach Bedarf der betreffenden Banken stattgefunden hätten. Es wäre daher künstlich, eine Reihe eng miteinander verbundener Vorkommnisse aus dem einfachen Grund, dass die JPY-LIBOR-Sätze auf Tagesbasis bestimmt würden, in Einzelfälle mit einer Dauer von einigen Tagen aufzuspalten. Die Kommission verweist dazu auf die Ausführungen im 234. Erwägungsgrund Buchst. c des angefochtenen Beschlusses und erinnert daran, dass die vorsätzliche Mitwirkung an der Erreichung der gemeinsamen Ziele der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen durch Icap nachgewiesen worden sei.

204

Die Kommission weist auch darauf hin, dass die betreffenden Banken für jede der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen dieselbe Dauer wie die gegen Icap festgestellte anerkannt hätten und dass für jede Zuwiderhandlung eine der betreffenden Banken die Rolle von Icap anerkannt habe. Das Vorbringen, wonach Icap hätte denken können, dass jede der Zuwiderhandlungen nach einem kurzen Anfangszeitraum beendet worden sei, sei daher nicht stichhaltig.

205

Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 156 und die dort angeführte Rechtsprechung).

206

Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff der Vereinbarung oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise mit wettbewerbswidrigem Ziel im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer solchen einheitlichen und komplexen Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 157 und die dort angeführte Rechtsprechung).

207

Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 158 und die dort angeführte Rechtsprechung).

208

Hat sich ein Unternehmen dagegen an einer oder mehreren wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bilden, unmittelbar beteiligt, ist aber nicht nachgewiesen, dass es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung sämtlicher von den anderen Kartellbeteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die genannten Kartellbeteiligten in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, so ist die Kommission lediglich berechtigt, dieses Unternehmen für die Verhaltensweisen, an denen es sich unmittelbar beteiligt hat, und die Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen, die die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen wie der von ihm verfolgten Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten und für die nachgewiesen ist, dass es von ihnen wusste oder sie vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 159 und die dort angeführte Rechtsprechung).

209

Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission für die Bestimmung der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen auf ihre Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, wie aus den Erwägungsgründen 210 bis 217 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. Im 234. Erwägungsgrund Buchst. c dieses Beschlusses stellte sie fest, dass die beigebrachten Beweise das Bestehen regelmäßiger Kontakte belegten, die in unregelmäßigen Zeiträumen je nach Bedarf der verschiedenen Beteiligten stattgefunden hätten, und leitete daraus ab, dass es künstlich wäre, eine Reihe eng miteinander verbundener Vorkommnisse aus dem Grund, dass die JPY‑LIBOR-Sätze täglich bestimmt würden, in Einzelfälle mit einer Dauer von einigen Tagen aufzuspalten. Im 234. Erwägungsgrund Buchst. d dieses Beschlusses stellte sie fest, dass die Kenntnis von den Kontakten zwischen UBS, sodann Citi, und der anderen betreffenden Bank bedeutet habe, dass Icap habe annehmen können, dass alle ihre gewöhnlichen Handlungen für UBS und sodann für Citi auch einen Mechanismus zwischen diesen Banken und den von diesen Zuwiderhandlungen betroffenen anderen Banken fördern könnten.

210

Das Vorbringen der Klägerinnen kann in zwei Rügen unterteilt werden. Sie stellen zum einen die Erheblichkeit gewisser Verhaltensweisen von Icap, auf die sich die Kommission gestützt habe, in Abrede und rügen zum anderen die Einbeziehung von Zeiten in die Zuwiderhandlungszeiträume, für die kein Beweis der Teilnahme von Icap erbracht worden sei.

211

Da der angefochtene Beschluss, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 feststellt, aus den oben in den Rn. 133 bis 145 dargelegten Gründen für nichtig zu erklären ist, genügt es, den vorliegenden Klagegrund in Bezug auf die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/DB, Citi/RBS, Citi/DB und Citi/UBS zu prüfen.

212

Zwei Vorbemerkungen sind erforderlich, bevor die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der jeweiligen von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlungszeiträume beurteilt wird.

213

Zur ersten Rüge ist an die Feststellung oben in Rn. 105 zu erinnern, wonach die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht das Vorliegen von eigenständigen Zuwiderhandlungen zwischen Icap und UBS und sodann zwischen Icap und Citi feststellte, deren Gegenstand es gewesen wäre, die fraglichen JPY-LIBOR-Sätze durch die Verbreitung von falschen Informationen durch Icap in einem den Interessen von UBS und sodann von Citi entsprechenden Sinn zu manipulieren. Sie stützte sich auf die Umsetzung der jeweils zwischen zwei Banken vereinbarten Zuwiderhandlungen durch Icap. Folglich konnten aus ähnlichen Gründen wie den oben in den Rn. 119 bis 121 angeführten nur diejenigen Beweismittel als Nachweis für ihre Beteiligung an diesen Zuwiderhandlungen berücksichtigt werden, anhand deren nachgewiesen werden konnte, dass Icap wusste oder vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass die Anfragen von UBS und sodann von Citi zur Erreichung der gemeinsamen Ziele dieser zwei von jeder dieser Zuwiderhandlungen betroffenen Banken an Icap gerichtet wurden.

214

Zur zweiten Rüge ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerinnen im Wesentlichen auf dem Umstand beruht, dass die JPY‑LIBOR-Sätze täglich festgesetzt würden und dass demzufolge die Manipulation jeden Tag wiederholt werden müsste, um weiter ihre Wirkungen zu zeitigen.

215

Ein solches Vorbringen läuft darauf hinaus, die Stichhaltigkeit der Feststellung des fortgesetzten Charakters der Beteiligung von Icap an den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen durch die Kommission in Abrede zu stellen.

216

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung je nach den Umständen fortgesetzt oder wiederholt sein kann.

217

Zwar erfasst nämlich der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem dauerhaften Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel – die Verfälschung des Wettbewerbs -verfolgt wurde, oder aber an einzelnen, miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks und der Personen verbundenen Zuwiderhandlungen, jedoch ist eine einheitliche Zuwiderhandlung je nach den Modalitäten ihrer Begehung als fortgesetzte oder als wiederholte Zuwiderhandlung einzustufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 85 und 86, sowie vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 484).

218

Was die fortgesetzte Zuwiderhandlung angeht, ermöglicht der Begriff des Gesamtplans es der Kommission, zu vermuten, dass die Begehung einer Zuwiderhandlung nicht unterbrochen wurde, auch wenn sie für einen bestimmten Zeitraum keine Beweise für die Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der Zuwiderhandlung hat, sofern es vor und nach diesem Zeitraum an der Zuwiderhandlung beteiligt war und keine Beweise oder Indizien dafür vorliegen, dass die Zuwiderhandlung in seinem Fall unterbrochen war. In einem solchen Fall kann die Kommission eine Geldbuße für die gesamte Zeit der Zuwiderhandlung verhängen, einschließlich der Zeit, für die sie über keinen Beweis für die Beteiligung des betreffenden Unternehmens verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 87, sowie vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 481).

219

Der Grundsatz der Rechtssicherheit verpflichtet die Kommission jedoch, wenn kein Beweismaterial vorliegt, das geeignet ist, die Dauer einer Zuwiderhandlung unmittelbar nachzuweisen, Beweismaterial beizubringen, das sich auf Fakten bezieht, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass vernünftigerweise der Schluss gezogen werden kann, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 482 und die dort angeführte Rechtsprechung).

220

Auch wenn der Zeitraum, der zwischen zwei Ausdrucksformen einer Zuwiderhandlung liegt, ein relevantes Kriterium für den Nachweis der Kontinuität einer Zuwiderhandlung ist, kann doch die Frage, ob dieser Zeitraum hinreichend lang ist, um als Unterbrechung der Zuwiderhandlung zu gelten, nicht abstrakt beantwortet werden. Sie ist vielmehr im Zusammenhang der Funktionsweise des fraglichen Kartells zu beurteilen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 483 und die dort angeführte Rechtsprechung).

221

Kann schließlich davon ausgegangen werden, dass die Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung unterbrochen worden ist, und war das Unternehmen vor und nach der Unterbrechung an der Zuwiderhandlung beteiligt, kann diese Zuwiderhandlung als wiederholt eingestuft werden, wenn – wie bei der fortgesetzten Zuwiderhandlung – ein einheitliches, von dem Unternehmen vor und nach der Unterbrechung verfolgtes Ziel vorliegt, was aus der Identität der Ziele der in Rede stehenden Praktiken, der betroffenen Waren, der an der Kollusion beteiligten Unternehmen, der wesentlichen Modalitäten ihrer Durchführung, der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und des räumlichen Anwendungsbereichs dieser Praktiken hergeleitet werden kann. Es handelt sich dann um eine einheitliche und wiederholte Zuwiderhandlung, wobei die Kommission für die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängen kann, nicht aber für den Zeitraum, in dem die Zuwiderhandlung unterbrochen war (Urteile vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 88, sowie vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 484).

222

Im vorliegenden Fall ist im Zusammenhang mit der Funktionsweise der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen, die für die Beurteilung relevant ist, ob der Zeitraum, der zwischen zwei Ausdrucksformen einer Zuwiderhandlung liegt, das Vorliegen einer Unterbrechung der Beteiligung eines Unternehmens nach der oben in Rn. 220 angeführten Rechtsprechung bedeutet, tatsächlich die tägliche Festsetzung der JPY‑LIBOR-Sätze zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass eine Manipulation dieser Zinssätze zeitlich begrenzte Wirkung hat und wiederholt werden muss, damit diese Wirkungen fortgesetzt werden.

223

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass bei Vorliegen von Umständen, unter denen die Fortsetzung einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise besonderer Durchführungsmaßnahmen bedarf, die Kommission bei Fehlen eines Beweises für das Ergreifen dieser Maßnahmen nicht von der Fortsetzung des Kartells ausgehen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 2803 und 2804).

224

Daraus ergibt sich, dass der Nachweis der Beteiligung von Icap an einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen und folglich die Auslösung ihrer Verantwortlichkeit für die Gesamtheit der Zuwiderhandlungszeiträume für die Kommission das Anführen von täglich oder zumindest in hinreichend kurzen zeitlichen Abständen ergriffenen Durchführungsmaßnahmen von Icap bedeutete. Im gegenteiligen Fall oblag es der Kommission, das Vorliegen einheitlicher und wiederholter Zuwiderhandlungen festzustellen und in die gegen Icap festgestellten Zuwiderhandlungszeiträume die Zeiträume nicht einzubeziehen, für die sie über keine Beweise ihrer Beteiligung verfügt.

225

Die beiden von den Klägerinnen vorgebrachten Rügen sind für jede der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen gemeinsam zu prüfen.

a)   Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007

226

Zum gegenüber Icap für die Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 festgestellten Zuwiderhandlungszeitraum beruht, wie bereits oben in den Rn. 128 bis 131 dargelegt, die Kenntnis von Icap von den gemeinsamen Zielen von UBS und RBS allein auf dem im 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Gespräch vom 14. August 2007. Obwohl dieses Gespräch Icap erlaubte, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zwischen UBS und RBS zu erkennen, war die darin enthaltene Information jedoch in doppelter Hinsicht begrenzt. Zum einen betraf sie nur Manipulationen des Sechsmonats-JPY-LIBOR. Zum anderen bezog sie sich nur auf eine Manipulation dieses Satzes nach oben.

227

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im 107. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Anfragen von Herrn H., damals Händler von UBS, an Herrn R., Mitarbeiter von Icap, vom 15., 16. und 17. August 2007 angeführt sind, die hohe Sechsmonatssätze betrafen. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Anfragen mit dem Sinn des Gesprächs vom 14. August 2007 in Einklang stehen und sich sämtlich in einen kurzen Zeitraum einfügen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass sie die Beteiligung von Icap an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bis zu diesem Zeitpunkt nachweisen können.

228

Sodann ist jedoch festzustellen, dass die von der Kommission gegen Icap anschließend berücksichtigten Beweismittel entweder Zinssätze für andere Laufzeiten als die im Gespräch vom 14. August 2007 angeführten oder Zinssatzmanipulationen in einem dem Inhalt dieses Gesprächs entgegengesetzten Sinn betreffen.

229

So betraf die im 107. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Anfrage von Herrn H., damals Händler von UBS, an Herrn R., Mitarbeiter von Icap, vom 20. August 2007 hohe Sätze für den Dreimonats-JPY-LIBOR, während Icap nur über eine Vereinbarung zwischen UBS und RBS über einen Anstieg der Sechsmonatssätze informiert worden war. Mehr noch: Mit der im 108. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Anfrage von Herrn H. an Herrn R. vom 22. August 2007 wird um niedrige Sätze für den Sechsmonats-JPY-LIBOR ersucht, also um das Gegenteil des Inhalts der Vereinbarung zwischen UBS und RBS, wie sie Icap zur Kenntnis gebracht wurde.

230

Somit konnte Icap zumindest ab dem 22. August 2007 vernünftigerweise annehmen, dass die Zuwiderhandlung UBS/RBS beendet worden war. Folglich kann Icap mangels ihr später zugegangener Informationen über eine Fortsetzung oder Wiederholung der Kollusion zwischen UBS und RBS nicht vorgeworfen werden, sich ab diesem Zeitpunkt an dieser Zuwiderhandlung beteiligt zu haben.

231

Folglich ist dem dritten Klagegrund stattzugeben, soweit der angefochtene Beschluss die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 nach dem 22. August 2007 festgestellt hat.

b)   Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/RBS

232

Zur gegenüber Icap festgestellten Dauer der Zuwiderhandlung Citi/RBS ist festzustellen, dass die Klägerinnen die Beteiligung von Icap an dieser Zuwiderhandlung für die Zeitpunkte, für die die Kommission Beweismittel beibringt, nicht bestreiten. Mit ihrem Vorbringen soll nur der fortgesetzte Charakter dieser Beteiligung für die gesamte festgestellte Dauer der Zuwiderhandlung, nämlich vom 3. März bis zum 22. Juni 2010, in Abrede gestellt werden.

233

Insoweit ist festzustellen, dass aus Nr. 5.3.5 des angefochtenen Beschlusses, der die „Unterstützung“ der Zuwiderhandlung Citi/RBS durch Icap betrifft, hervorgeht, dass die Kommission nur hinsichtlich der folgenden Zeitpunkte Beweismittel beibringt: 3. und 4. März 2010 (Erwägungsgründe 142 bis 144), 28. und 29. April 2010 (Erwägungsgründe 146 und 147), 4. Mai 2010 (149. Erwägungsgrund), 12. Mai 2010 (148. Erwägungsgrund), 13. Mai 2010 (149. Erwägungsgrund), 25. Mai 2010 (150. Erwägungsgrund), 15. Juni 2010 (151. Erwägungsgrund) und 22. Juni 2010 (152. Erwägungsgrund).

234

Da das Icap vorgeworfene Verhalten insgesamt darin bestand, auf Anfrage von Herrn H., nunmehr Händler von Citi, Informationen von RBS über die Höhe ihrer künftigen Quotierungen an das JPY-LIBOR-Panel zu erhalten, sowie manchmal, sie zu beeinflussen, ergibt sich daraus zunächst zwangsläufig, dass es sich in den Rahmen einer einheitlichen Zuwiderhandlung einfügte.

235

Sodann ist zur Stichhaltigkeit der Einstufung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung als fortgesetzte Zuwiderhandlung festzustellen, dass die Kommission zwar ab dem 28. April und bis zum 22. Juni 2010 den Beweis einer regelmäßigen Tätigkeit von Icap in relativ häufigen Intervallen erbringt, jedoch zum Zeitraum vom 5. März bis zum 27. April 2010, d. h. für mehr als sieben Wochen, keine Beweismittel beibringt.

236

Außerdem belegen zwar die den 3. und den 4. März 2010 betreffenden Beweismittel eindeutig eine Tätigkeit von Icap auf Anfrage von Herrn H., nunmehr Händler von Citi, um niedrige Quotierungen von RBS an das JPY-LIBOR-Panel zu erreichen, aus ihnen ergibt sich jedoch auch, dass Herr H. am 3. März 2010 ein punktuelles Sinken des Dreimonats-JPY-LIBOR anstrebte, um seine Positionen zu verbessern. Daraus kann nicht das Bestehen einer Rahmenvereinbarung hergeleitet werden, mit der RBS akzeptiert hätte, über einen längeren Zeitraum ihre Quotierungen im von Herrn H. gewünschten Sinn zu ändern.

237

Nach alledem hätte aus den oben in den Rn. 222 bis 224 dargelegten Gründen insbesondere im Hinblick auf die tägliche Festsetzung der JPY-LIBOR-Sätze das Fehlen von Beweismitteln für eine Tätigkeit von Icap für einen so langen Zeitraum die Kommission zur Feststellung einer Unterbrechung ihrer Beteiligung zwischen dem 5. März und dem 27. April 2010 führen müssen.

238

Folglich ist dem dritten Klagegrund stattzugeben, soweit der angefochtene Beschluss die Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung Citi/RBS zwischen dem 5. März und dem 27. April 2010 festgestellt hat.

c)   Zur Dauer der Beteiligung von Icap an den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS

239

Zur Rechtmäßigkeit der gegenüber Icap für die Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS festgestellten Zuwiderhandlungszeiträume stellen die Klägerinnen sowohl die Erheblichkeit der gegenüber Icap herangezogenen Beweismittel als auch den fortgesetzten Charakter ihrer Beteiligung an diesen Zuwiderhandlungen in Abrede.

240

Zunächst ist zur Erheblichkeit der von der Kommission hinsichtlich der Zuwiderhandlungen Citi/UBS und Citi/DB berücksichtigten Beweismittel auf die nachstehenden Erwägungen zu verweisen.

241

Erstens ist zu dem in den Erwägungsgründen 154 und 160 des angefochtenen Beschlusses angeführten Gespräch vom 7. April 2010 aus Gründen, die den oben in den Rn. 152 bis 155 dargelegten entsprechen, anzumerken, dass dieses eine andere als die von der Kommission zugrunde gelegten Zuwiderhandlungen betraf. Ebenso wie festgestellt wurde, dass dieses Gespräch für sich genommen die Kenntnis von Icap von den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen nicht belegen konnte, ist somit daraus abzuleiten, dass es keinen Beweis ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung Citi/DB darstellen kann.

242

Zweitens ist aus Gründen, die den oben in Rn. 163 dargelegten entsprechen, zu den in den Erwägungsgründen 155 und 161 des angefochtenen Beschlusses angeführten Anfragen von Herrn H., nunmehr Händler von Citi, an Herrn R., Mitarbeiter von Icap, vom 18. Mai und vom 23. Mai 2010 die Schlussfolgerung zu ziehen, dass Icap vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass sie sich in den Rahmen der Umsetzung einer Kollusion zwischen Citi, DB und RBS einfügten. Die Kommission hat sie daher zu Recht berücksichtigt.

243

Drittens gilt Gleiches für die in den Erwägungsgründen 157 und 163 des angefochtenen Beschlusses angeführten Mitteilungen vom 1. Juni 2010 zwischen Herrn R. und Herrn G, Mitarbeitern von Icap, im Hinblick auf eine Anpassung des oben in Rn. 15 angeführten Berichts, da diese Mitteilungen nach den oben in Rn. 242 angeführten Anfragen erfolgten und daher deren Umsetzung sein könnten. Dies wird außerdem durch das in den Erwägungsgründen 156 und 162 des angefochtenen Beschlusses angeführte Gespräch vom nächsten Tag, dem 2. Juni 2010, zwischen Herrn R. und Herrn H., nunmehr Händler von Citi, bestätigt, in dem Herr R. Herrn H. darüber informiert, dass Herr G. die gewünschten Änderungen vorgenommen habe.

244

Viertens schließlich hat die Kommission zur Zuwiderhandlung Citi/DB auch zu Recht das im 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Gespräch vom 7. Juni 2010 berücksichtigt, da aus den oben in Rn. 157 dargelegten Gründen sein Inhalt eindeutig die Kenntnis von Icap vom Bestehen einer Kollusion zwischen Citi und DB beweist.

245

Sodann ist zur Begründetheit der Feststellung des fortgesetzten Charakters der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/DB zwischen dem 7. April und dem 7. Juni 2010 festzustellen, dass der angefochtene Beschluss auf keinem Beweismittel für eine Anfrage an Icap im Hinblick auf eine Manipulation der Quotierungen an das JPY‑LIBOR-Panel vor dem 18. Mai 2010 beruht. Hingegen geht oben aus den Rn. 242 bis 244 hervor, dass die Kommission den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit von Icap nach diesem Zeitpunkt in relativ häufigen Intervallen bis zum 7. Juni 2010 erbringt.

246

Daraus folgt, dass die Kommission zu Unrecht als Beginn der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/DB den 7. April 2010 feststellte, obwohl sie eine solche Beteiligung erst ab dem 18. Mai 2010 beweisen kann.

247

Folglich ist dem dritten Klagegrund stattzugeben, soweit der angefochtene Beschluss eine Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung Citi/DB zwischen dem 7. April und dem 18. Mai 2010 festgestellt hat.

248

Was schließlich die Prüfung der Begründetheit der Feststellung des fortgesetzten Charakters der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/UBS zwischen dem 28. April und dem 2. Juni 2010 anbelangt, genügt der Hinweis, dass die Kommission sich auf dieselben Beweismittel stützt wie die im Rahmen der Zuwiderhandlung Citi/DB angeführten. Daraus folgt zwangsläufig, dass die Kommission den Beginn dieser Beteiligung zu Unrecht mit dem 28. April 2010 feststellte, obwohl sie eine solche Beteiligung erst ab dem 18. Mai 2010 beweisen kann.

249

Folglich ist dem dritten Klagegrund stattzugeben, soweit der angefochtene Beschluss eine Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/UBS zwischen dem 28. April und dem 18. Mai 2010 festgestellt hat.

d)   Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/DB

250

Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich des für die Zuwiderhandlung UBS/DB gegenüber Icap festgestellten Zuwiderhandlungszeitraums, nämlich vom 22. Mai bis zum 10. August 2009, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen die Stichhaltigkeit der gegenüber Icap herangezogenen Beweise nicht in Abrede stellen.

251

Sodann geht aus Nr. 5.3.4 des angefochtenen Beschlusses und insbesondere aus den Erwägungsgründen 129 bis 139 dieses Beschlusses hervor, dass die Kommission den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit von Icap in sehr häufigen Intervallen und über den gesamten festgestellten Zuwiderhandlungszeitraum erbringt. Die Kommission hat daher zu Recht eine fortgesetzte Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/DB vom 22. Mai bis zum 10. August 2009 festgestellt.

252

Nach alledem ist dem vorliegenden Klagegrund stattzugeben und Art. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 nach dem 22. August 2007 feststellt, Art. 1 Buchst. d dieses Beschlusses, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/RBS zwischen dem 5. März und dem 27. April 2010 feststellt, sowie Art. 1 Buchst. e und f dieses Beschlusses, soweit er die Beteiligung von Icap an den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS vor dem 18. Mai 2010 feststellt, für nichtig zu erklären.

4.   Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der guten Verwaltung

253

Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass der angefochtene Beschluss wegen der schon im Beschluss von 2013 enthaltenen Bezugnahmen auf das Verhalten von Icap für nichtig zu erklären sei, und erheben zwei Rügen betreffend zum einen den Grundsatz der Unschuldsvermutung und zum anderen den Grundsatz der guten Verwaltung.

254

Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

255

Da der angefochtene Beschluss, soweit er die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 feststellt, aus den oben in den Rn. 133 bis 145 dargelegten Gründen für nichtig zu erklären ist, genügt es, den vorliegenden Klagegrund in Bezug auf die Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, UBS/DB, Citi/RBS, Citi/DB und Citi/UBS zu prüfen.

256

Zur Rüge, der Beschluss von 2013 sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung erlassen worden, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte niedergelegt und in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

257

Der Grundsatz der Unschuldsvermutung bedeutet, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Er verbietet damit jede ausdrückliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (Urteile vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, EU:T:2005:349, Rn. 106, vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission,T‑474/04, EU:T:2007:306, Rn. 76, und vom 16. September 2013, Villeroy & Boch Austria/Kommission, T‑373/10 und T‑374/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:455, Rn. 158).

258

Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Teil „Darstellung des Sachverhalts“ des Beschlusses von 2013, insbesondere in den Erwägungsgründen 43, 45, 46, 49, 50, 54, 56, 59, 60, 62 und 64, darlegt, wie Icap die in Rede stehenden und den am Vergleichsverfahren teilnehmenden Banken angelasteten Zuwiderhandlungen „unterstützt“ habe.

259

Es ist festzustellen, dass sich diese Passagen zwar in dem Teil des Beschlusses von 2013 befinden, der die Wiedergabe des Sachverhalts betrifft, und als solche keine rechtliche Beurteilung im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 AEUV umfassen, jedoch den Standpunkt der Kommission zur Beteiligung von Icap an den gegenüber den betreffenden Banken festgestellten Zuwiderhandlungen besonders deutlich erkennen lassen. Insoweit ist der 45. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, was das Bestehen eines von der Kommission zu dieser Frage vertretenen Standpunkts betrifft, besonders aufschlussreich, da sie darin Folgendes ausführt:

„… Icap versuchte, ihre Quotierung des JPY-LIBOR-Satzes zu beeinflussen und in die vom Händler von UBS gewünschte Richtung zu lenken; … in bestimmten Fällen, indem über Berichte bestimmten Banken des Panels irreführende Informationen mitgeteilt wurden …, die als ‚Vorhersagen‘ oder ‚Ausblicke‘ zur künftig festgesetzten Höhe der JPY-LIBOR-Sätze präsentiert wurden[; d]iese irreführenden Informationen hatten das Ziel, bestimmte Banken des Panels zu beeinflussen, die nicht an den Zuwiderhandlungen teilnahmen, damit diese den angepassten ‚Vorhersagen‘ oder ‚Ausblicken‘ entsprechende JPY-LIBOR-Sätze quotieren.“

260

Zweitens heißt es zwar im 51. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2013, dass dieser Beschluss weder die rechtliche Beurteilung des Verhaltens von Icap noch deren Verantwortlichkeit betreffe, jedoch konnte der Standpunkt der Kommission zur rechtlichen Beurteilung des Verhaltens von Icap sowie zur Auslösung ihrer Verantwortlichkeit aufgrund der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen leicht aus diesem Beschluss abgeleitet werden.

261

Zum einen übernimmt nämlich die Kommission im 69. Erwägungsgrund des Beschlusses von 2013 den Inhalt von Rn. 130 des Urteils vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, EU:T:2008:256), auf das sie verweist, in dem das Gericht die Voraussetzungen für die Auslösung der Verantwortlichkeit eines Unternehmens wegen dessen, was sie als „Unterstützung“ einer Zuwiderhandlung einstuft, dargelegt hat. Zum anderen bezieht sich der Beschluss von 2013 insbesondere in den Überschriften seiner Nrn. 4.1.2.1, 4.1.2.3, 4.1.2.4 und 4.1.3 auf die „Unterstützung“ der betreffenden Zuwiderhandlungen durch Icap.

262

Drittens ist festzustellen, dass der Beschluss von 2013 eine endgültige und „verfahrensbeendende“ Entscheidung im Sinne der oben in Rn. 257 angeführten Rechtsprechung darstellt.

263

Insoweit ist die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung hergestellte Parallele zwischen der Äußerung eines Standpunkts über die Rechtmäßigkeit des Verhaltens von Icap im Beschluss von 2013 und der, die in einer Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten sein könnte, nicht relevant. In diesem zweiten Fall kann das betroffene Unternehmen nämlich seine Verteidigung sachgerecht wahrnehmen, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt. Da die Klägerinnen beschlossen hatten, sich nicht am Vergleichsverfahren zu beteiligen, waren sie nicht in der Lage, ihren Standpunkt vor dem Erlass dieser Entscheidung geltend zu machen. Ebenso ändert die Möglichkeit für die Klägerinnen, ihre Verteidigungsrechte anlässlich der gegen den angefochtenen Beschluss erhobenen Klage auszuüben, nichts an der Tatsache, dass in einer vor dem letztgenannten Beschluss ergangenen endgültigen Entscheidung die Kommission bereits eine formelle Feststellung zur Beteiligung von Icap an sechs Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV geäußert hatte.

264

Viertens schließlich wird dieses Ergebnis durch das Vorbringen der Kommission, wonach im Wesentlichen die Bezugnahmen auf die Beteiligung Dritter erforderlich sein könnten, um das Verschulden derer beurteilen zu können, die an einem Vergleichsverfahren teilnähmen, nicht in Frage gestellt. Die Kommission weist darauf hin, dass das Bestreben nach größerer Schnelligkeit und Effizienz eines der Ziele des Vergleichsverfahrens darstelle, und leitet daraus ab, dass es der Verwirklichung dieser Ziele entgegenstünde, einer Partei, die sich gegen einen Vergleich entschieden habe, zu erlauben, den Erlass des Vergleichsbeschlusses gegenüber den anderen Parteien zu verzögern.

265

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass zwar der Grundsatz der Unschuldsvermutung in Art. 48 der Charta der Grundrechte niedergelegt ist, die nach Art. 6 EUV den gleichen Rang wie die Verträge hat, das Vergleichsverfahren jedoch auf einer allein von der Kommission auf der Grundlage von Art. 33 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassenen Verordnung beruht, nämlich der Verordnung Nr. 622/2008, und dass es sowohl für die Kommission als auch für die betreffenden Unternehmen fakultativen Charakter hat.

266

Folglich können Erwägungen im Zusammenhang mit der Wahrung der Ziele der Schnelligkeit und Effizienz des Vergleichsverfahrens, so löblich sie auch sein mögen, nichts an den Erfordernissen im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung ändern. Im Gegenteil ist es Sache der Kommission, ihr Vergleichsverfahren in einer Weise anzuwenden, die mit den Anforderungen aus Art. 48 der Charta der Grundrechte vereinbar ist.

267

Wie das Gericht in seinem Urteil vom 20. Mai 2015, Timab Industrie und CFPR/Kommission (T‑456/10, EU:T:2015:296, Rn. 71), festgestellt hat, darf zwar die Kommission, wenn der Vergleich nicht alle Teilnehmer einer Zuwiderhandlung erfasst, zum einen nach einem vereinfachten Verfahren einen Beschluss erlassen, der an diejenigen Teilnehmer der Zuwiderhandlung, die sich für einen Vergleich entschieden haben, gerichtet ist und der Zusage jedes Einzelnen von ihnen Rechnung trägt, und zum anderen, im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens, einen Beschluss, der an die Teilnehmer der Zuwiderhandlung gerichtet ist, die sich gegen einen Vergleich entschieden haben.

268

Ein solches „hybrides“ Vergleichsverfahren ist jedoch unter Wahrung der Unschuldsvermutung in Bezug auf das Unternehmen durchzuführen, das sich gegen einen Vergleich entschieden hat. Folglich obliegt es der Kommission unter Umständen, unter denen sie sich nicht in der Lage sieht, sich zur Verantwortlichkeit der Unternehmen zu äußern, die am Vergleich teilnehmen, ohne sich auch zur Beteiligung des Unternehmens, das sich gegen einen Vergleich entschieden hat, an der Zuwiderhandlung zu äußern, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen – darunter der etwaige gleichzeitige Erlass der Beschlüsse hinsichtlich der Gesamtheit der vom Kartell betroffenen Unternehmen, wie sie es in der Rechtssache tat, in der das Urteil vom 20. Mai 2015, Timab Industries und CFPR/Kommission (T‑456/10, EU:T:2015:296), ergangen ist –, um die Unschuldsvermutung zu wahren.

269

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission in Bezug auf Icap anlässlich des Erlasses des Beschlusses von 2013 gegen die Unschuldsvermutung verstoßen hat. In Anbetracht des unterschiedlichen und eigenständigen Charakters der Verfahren, in denen die zwei Beschlüsse ergingen, ist zwar festzustellen, dass dieser Verstoß gegen die Unschuldsvermutung anlässlich des Erlasses des Beschlusses von 2013 keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses haben kann.

270

Jedoch ist zu prüfen, ob eine solche Feststellung der Beteiligung von Icap an den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen durch die Kommission vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses diesen mit fehlender objektiver Unparteilichkeit ihrerseits behaften könnte und folglich mit einem Verstoß gegen den in Art. 41 der Charta angeführten Grundsatz der guten Verwaltung, wie die Klägerinnen im Rahmen ihrer zweiten Rüge vorbringen.

271

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission verpflichtet, im Verwaltungsverfahren in Kartellsachen das in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerte Recht auf eine gute Verwaltung zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

272

Nach Art. 41 der Charta der Grundrechte hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).

273

Nur der Begriff der objektiven Unparteilichkeit ist Gegenstand des vorliegenden Klagegrundes. Die Klägerinnen bringen im Wesentlichen vor, dass berechtigte Zweifel hinsichtlich der objektiven Unparteilichkeit der Kommission bestünden, da sie über die Stichhaltigkeit ihrer eigenen Beurteilungen habe befinden müssen.

274

Allerdings ist festzustellen, dass eine solche Rüge unter den Umständen des vorliegenden Falles für sich allein genommen nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen kann. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Kommission anlässlich der Einstufung der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen oder der Prüfung der Beteiligung von Icap keinerlei Ermessen ausübte, dem ein Mangel an objektiver Unparteilichkeit anhaften hätte können, wie die gesamte Nachprüfung durch das Gericht im Rahmen der Prüfung des ersten, des zweiten und des dritten Klagegrundes belegt.

275

Insoweit ist festzustellen, dass die Beanstandungen der Klägerinnen die Stichhaltigkeit der Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlungen durch die Kommission (erster Klagegrund) sowie der Feststellungen der Beteiligung von Icap an diesen Zuwiderhandlungen (zweiter und dritter Klagegrund) betreffen.

276

Was erstens die Beteiligung von Icap an den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen betrifft, ist die Frage, ob eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission eine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses haben konnte, nicht von der Frage zu trennen, ob die Feststellungen in diesem Beschluss von den durch die Kommission vorgelegten Beweisen ausreichend getragen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 270, und vom 16. Juni 2011, Bavaria/Kommission, T‑235/07, EU:T:2011:283, Rn. 226), die im Rahmen der Prüfung des zweiten und des dritten Klagegrundes untersucht wurde.

277

Somit ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss – auch wenn eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission sie dazu veranlassen konnte, zu Unrecht die Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 oder für bestimmte Zeiträume der Zuwiderhandlungen UBS/RBS 2007, Citi/RBS, Citi/DB und Citi/UBS anzunehmen – schon insoweit für nichtig zu erklären ist.

278

Was die anderen Feststellungen im angefochtenen Beschluss anbelangt, könnte eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission nur dann zur Nichtigerklärung dieses Beschlusses führen, wenn erwiesen wäre, dass er ohne diese Unregelmäßigkeit anders ausgefallen wäre (Urteil vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 283). Im vorliegenden Fall wurde jedoch im Rahmen einer umfassenden Überprüfung der einschlägigen Gründe dieses Beschlusses festgestellt, dass mit Ausnahme der oben in Rn. 277 angeführten Gesichtspunkte die Kommission die Beteiligung von Icap an fünf der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

279

Zweitens ist zur Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlungen durch den angefochtenen Beschluss ebenso festzustellen, dass die Unregelmäßigkeit betreffend eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission keine Auswirkung auf den Inhalt dieses Beschlusses haben konnte, da bei der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt wurde, dass die Anwendung einer solchen Einstufung auf die in Rede stehenden Zuwiderhandlungen mit keinem Rechts- oder Beurteilungsfehler behaftet war.

280

Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

5.   Zum fünften Klagegrund betreffend die Festsetzung der Höhe der Geldbußen

281

Mit dem vorliegenden Klagegrund beanstanden die Klägerinnen die Höhe der Geldbußen, deren Zahlung ihnen auferlegt wurde. In diesem Rahmen erheben sie mehrere Rügen, darunter die einer mangelhaften Begründung des angefochtenen Beschlusses.

282

Das Gericht ist der Ansicht, dass zunächst diese letzte Rüge zu prüfen ist.

283

Die Klägerinnen bringen vor, die Kommission sei an ihre Leitlinien von 2006 gebunden gewesen und die Anwendung von Ziff. 37 dieser Leitlinien von 2006 impliziere, dass sie die Gründe, aus denen sie von ihrer allgemeinen Methodik abweiche, darlege. Der angefochtene Beschluss enthalte insoweit keine angemessene Begründung, und die Geldbußen hätten auf der Grundlage der von Icap erhaltenen Vermittlungsgebühren festgesetzt werden müssen. Die Kommission liefere auch keine ausreichende Begründung hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der verhängten Geldbußen. Die von der Kommission in ihren Schreiben oder im Laufe einer Besprechung im Verwaltungsverfahren dargelegte Methodik sei zu komplex, willkürlich und unangemessen.

284

Die Kommission erwidert auf das Vorbringen zu einer unzureichenden Begründung der Entscheidung, die Geldbuße nicht auf der Grundlage der Vermittlungsgebühren zu berechnen, ihre Gründe seien im 287. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klar dargelegt.

285

Zum Vorbringen eines Begründungsmangels hinsichtlich der angewandten Methode für die Berechnung der Geldbußen weist die Kommission darauf hin, dass den Klägerinnen im Laufe des Verwaltungsverfahrens die Methode, die angewandt werden würde, mitgeteilt worden sei. Der angefochtene Beschluss sei rechtlich hinreichend begründet, da auf die Schwere, die Dauer sowie die Art der Beteiligung von Icap an den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen Bezug genommen werde. Die Kommission weist zwar darauf hin, dass sie dazu nicht verpflichtet sei, liefert jedoch in ihren Schriftsätzen zusätzliche Erläuterungen zu der von ihr in diesem Beschluss befolgten Methodik.

286

Es ist festzustellen, dass die Kommission in Nr. 9.3 des angefochtenen Beschlusses, der die Berechnung der Geldbußen betrifft, erstens darauf hinwies, dass sie Ziff. 37 ihrer Leitlinien von 2006 angewandt habe, wonach die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von der in diesen Leitlinien enthaltenen Methodik rechtfertigen könnten (Erwägungsgründe 286 bis 288). Zweitens führt sie darin aus, bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße für die Zuwiderhandlungen Citi/UBS und Citi/DB, für die sie annehme, dass Icap sich in gleicher Weise verhalten habe, habe sie eine angemessene Herabsetzung vorgenommen, um eine unverhältnismäßige Sanktionshöhe zu verhindern, ohne die Höhe dieser Herabsetzung näher zu erläutern (289. Erwägungsgrund). Drittens wies sie zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße darauf hin, dass sie die Schwere und die Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung sowie die Art der Beteiligung von Icap berücksichtigt habe, ohne die Auswirkung dieser Umstände auf die festgesetzten Grundbeträge zu erläutern (Erwägungsgründe 290 bis 296). Was viertens die Bestimmung des Endbetrags der Geldbußen anbelangt, so wurde dieser mangels erschwerender oder mildernder Umstände und mangels einer Überschreitung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes in derselben Höhe wie der Grundbetrag festgesetzt (Erwägungsgründe 297 bis 300).

287

Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Blickwinkel muss die vorgeschriebene Begründung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 146 bis 148 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 114 und 115, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 44).

288

Außerdem ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 116, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 45).

289

Beschließt die Kommission, von der in den Leitlinien von 2006 dargelegten allgemeinen Methodik, durch die sie sich in der Ausübung ihres Ermessens bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen selbst gebunden hat, abzuweichen, indem sie sich, wie im vorliegenden Fall, auf Ziff. 37 dieser Leitlinien stützt, sind diese Begründungserfordernisse umso strenger zu beachten (Urteil vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 48). Die Leitlinien stellen nach ständiger Rechtsprechung Verhaltensnormen dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthalten, von der die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 53, und vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Begründung muss umso genauer sein, als Ziff. 37 der Leitlinien sich nur vage auf die „besonderen Umstände eines Falles“ bezieht und der Kommission daher einen weiten Ermessensspielraum einräumt, um eine ausnahmsweise Anpassung der Grundbeträge der Geldbußen der betroffenen Unternehmen vorzunehmen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14).

290

Nach der Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46).

291

In Bezug auf eine Entscheidung, mit der eine Geldbuße verhängt wird, ist die Kommission verpflichtet, eine Begründung insbesondere für die Höhe der verhängten Geldbuße und hinsichtlich der dafür angewandten Methode zu geben (Urteil vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, EU:T:2006:270, Rn. 91). Es ist Sache der Kommission, in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien anzugeben, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermessen, wobei sie nicht verpflichtet ist, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Methode für die Berechnung der Geldbuße zu machen (Urteil vom 13. Juli 2011,Schindler Holding u. a./Kommission, T‑138/07, EU:T:2011:362, Rn. 243). Sie muss jedoch darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat (Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 61).

292

Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Gründe, aus denen die Kommission beschloss, nach Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 von der in diesen Leitlinien angeführten Methodik abzuweichen, aus dem 287. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses abgeleitet werden können. Sie ergeben sich aus dem Umstand, dass Icap auf dem Yen-Zinsderivatemarkt nicht tätig war, so dass die Berücksichtigung der Umsätze, nämlich der erhaltenen Vermittlungsgebühren, die Schwere und die Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen nicht widerspiegeln würde.

293

Sodann ist jedoch festzustellen, dass der 287. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keine Hinweise zu der von der Kommission bevorzugten anderen Methode enthält, sondern sich mit der allgemeinen Versicherung begnügt, dass die Grundbeträge die Schwere, die Dauer und die Art der Beteiligung von Icap an den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen sowie die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung der Geldbußen widerspiegelten.

294

So formuliert erlaubt der 287. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weder den Klägerinnen, die Stichhaltigkeit der von der Kommission bevorzugten Methodik nachzuvollziehen, noch dem Gericht, sie zu überprüfen. Dieser Begründungsmangel findet sich auch in den Erwägungsgründen 290 bis 296 dieses Beschlusses wieder, die, unter Verstoß gegen die oben in Rn. 291 angeführte Rechtsprechung, nicht das Mindestmaß an Informationen enthalten, das es erlaubt hätte, die Erheblichkeit und die Gewichtung der von der Kommission bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbußen berücksichtigten Umstände nachzuvollziehen und zu überprüfen.

295

Aus den Schriftsätzen der Parteien geht hervor, dass die Frage der Methodik, die die Kommission für die Berechnung des Betrags der Geldbußen zu verwenden beabsichtigte, angeblich während eines Gesprächs mit den Vertretern der Klägerinnen im Verwaltungsverfahren erörtert worden ist. Nach der oben in Rn. 288 angeführten Rechtsprechung ist zwar die Begründung eines angefochtenen Rechtsakts unter Berücksichtigung seines Kontexts zu prüfen, jedoch kann der Inhalt solcher informellen Erkundungsgespräche die Kommission nicht ihrer Verpflichtung entheben, im angefochtenen Beschluss die Methodik darzulegen, die sie angewandt hat, um die Beträge der verhängten Geldbußen festzusetzen.

296

In Rn. 176 der Klagebeantwortung weist die Kommission auf das Bestehen eines fünfstufigen Tests für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbußen hin. Nach der oben in Rn. 290 angeführten Rechtsprechung kann eine solche im Stadium des Verfahrens vor dem Gericht gegebene Erläuterung bei der Beurteilung, ob die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist, jedoch keine Berücksichtigung finden.

297

Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Festsetzung der gegen Icap verhängten Geldbußen für die in Rede stehenden Zuwiderhandlungen mit einem Begründungsmangel behaftet ist.

298

Dem fünften Klagegrund ist folglich stattzugeben, und Art. 2 des angefochtenen Beschlusses ist zur Gänze für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen Rügen dieses Klagegrundes und die des sechsten Klagegrundes, der ausschließlich die Rechtmäßigkeit dieses Artikels betrifft, geprüft zu werden brauchen.

299

Da Art. 2 des angefochtenen Beschlusses zur Gänze für nichtig erklärt wird, ist es außerdem nicht erforderlich, die von den Klägerinnen hilfsweise gestellten Abänderungsanträge zu prüfen.

IV. Kosten

300

Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

301

Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen mit einem erheblichen Teil ihrer Anträge obsiegt. Bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles hat daher die Kommission ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Klägerinnen zu tragen.

302

Soweit schließlich die Klägerinnen beantragen, der Kommission die Kosten des Verfahrens und „sonstige Aufwendungen im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits“ aufzuerlegen, ist daran zu erinnern, dass nach Art. 140 Buchst. b der Verfahrensordnung als erstattungsfähige Kosten die Aufwendungen der Parteien gelten, die für das Verfahren notwendig waren.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Art. 1 Buchst. a des Beschlusses C(2015) 432 final der Europäischen Kommission vom 4. Februar 2015 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39861 – Yen-Zinsderivate) wird für nichtig erklärt, soweit er den Zeitraum nach dem 22. August 2007 betrifft.

 

2.

Art. 1 Buchst. b des Beschlusses C(2015) 432 final wird für nichtig erklärt.

 

3.

Art. 1 Buchst. d des Beschlusses C(2015) 432 final wird für nichtig erklärt, soweit er den Zeitraum vom 5. März bis zum 27. April 2010 betrifft.

 

4.

Art. 1 Buchst. e des Beschlusses C(2015) 432 final wird für nichtig erklärt, soweit er den Zeitraum vor dem 18. Mai 2010 betrifft.

 

5.

Art. 1 Buchst. f des Beschlusses C(2015) 432 final wird für nichtig erklärt, soweit er den Zeitraum vor dem 18. Mai 2010 betrifft.

 

6.

Art. 2 des Beschlusses C(2015) 432 final wird für nichtig erklärt.

 

7.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

8.

Die Icap plc, die Icap Management Services Ltd und die Icap New Zealand Ltd tragen ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

 

9.

Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten von Icap, Icap Management Services und Icap New Zealand.

 

Prek

Buttigieg

Schalin

Berke

Costeira

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. November 2017.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

A. Dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegendes Verwaltungsverfahren

 

B. Angefochtener Beschluss

 

1. In Rede stehende Produkte

 

2. Icap vorgeworfenes Verhalten

 

3. Berechnung der Geldbuße

 

II. Verfahren und Anträge der Parteien

 

III. Rechtliche Würdigung

 

A. Zur Zulässigkeit eines Dokuments und eines Klageantrags

 

1. Zur Zulässigkeit des vierten Klageantrags

 

2. Zur Rüge der Unzulässigkeit eines Schreibens der Klägerinnen

 

B. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung

 

1. Zum ersten Klagegrund: Fehler bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs „bezweckte“ Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV

 

2. Zum zweiten Klagegrund: Fehler bei der Anwendung des Begriffs „Unterstützung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und der Rechtsprechung

 

a) Zum zweiten Teil: Verstoß der Kommission gegen die Kriterien der Rechtsprechung für die „Unterstützung“

 

1) Zur ersten Rüge: fehlender Nachweis der Kenntnis von Icap vom Vorliegen einer Kollusion zwischen den betreffenden Banken im Rahmen einiger der sechs in Rede stehenden Zuwiderhandlungen

 

i) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007 durch die Kommission

 

ii) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von RBS in der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2008 durch die Kommission

 

iii) Zum Nachweis der Kenntnis von Icap von der Rolle von DB und UBS in den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS

 

2) Zur dritten Rüge, mit der der Beitrag von Icap zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken bestritten wird

 

3) Zur zweiten Rüge, mit der das Vorliegen eines Vorsatzes von Icap, zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der betreffenden Banken beizutragen, bestritten wird

 

b) Zum dritten Teil: fehlerhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses betreffend Icaps Nutzung ihrer Kontakte für die Beeinflussung der Quotierungen bestimmter Banken

 

c) Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

 

3. Zum dritten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Bestimmung der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen

 

a) Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/RBS 2007

 

b) Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung Citi/RBS

 

c) Zur Dauer der Beteiligung von Icap an den Zuwiderhandlungen Citi/DB und Citi/UBS

 

d) Zur Dauer der Beteiligung von Icap an der Zuwiderhandlung UBS/DB

 

4. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der guten Verwaltung

 

5. Zum fünften Klagegrund betreffend die Festsetzung der Höhe der Geldbußen

 

IV. Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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1 Referenzen - Gesetze

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