Europäischer Gerichtshof Urteil, 05. Okt. 2017 - T-175/15

ECLI:ECLI:EU:T:2017:694
bei uns veröffentlicht am05.10.2017

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

5. Oktober 2017 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien - Maßnahmen gegen Personen, die für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder verantwortlich sind, sowie gegen mit ihnen verbundene Personen und Organisationen - Einfrieren von Geldern - Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder eingefroren werden - Belassung des Namens des Klägers auf der Liste - Unzureichende Tatsachengrundlage - Offensichtlicher Ermessensfehler - Rechtsfehler - Eigentumsrecht - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Angemessene Verfahrensdauer - Unschuldsvermutung - Antrag auf Anpassung - Bestätigende Maßnahme - Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑175/15

Mohamed Marouen Ben Ali Ben Mohamed Mabrouk, wohnhaft in Tunis (Tunesien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.‑R. Farthouat, J.‑P. Mignard und N. Boulay sowie S. Crosby, Solicitor,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch A. de Elera-San Miguel Hurtado und G. Étienne, dann durch A. de Elera-San Miguel Hurtado als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2015/157 des Rates vom 30. Januar 2015 zur Änderung des Beschlusses 2011/72/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien (ABl. 2015, L 26, S. 29), soweit er den Kläger betrifft, des Beschlusses des Rates vom 16. November 2015, mit dem dieser den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2015 auf Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72/GASP des Rates vom 31. Januar 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien (ABl. 2011, L 28, S. 62) abgelehnt hat, und des Beschlusses (GASP) 2016/119 des Rates vom 28. Januar 2016 zur Änderung des Beschlusses 2011/72/GASP (ABl. 2016, L 23, S. 65), soweit er den Kläger betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Labucka und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2016

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt

1

Im Anschluss an die politischen Ereignisse in Tunesien in den Monaten Dezember 2010 und Januar 2011 erließ der Rat der Europäischen Union am 31. Januar 2011 auf der Grundlage des Art. 29 EUV den Beschluss 2011/72/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien (ABl. 2011, L 28, S. 62).

2

Die Erwägungsgründe 1 und 2 des Beschlusses 2011/72 lauten:

„(1)

Am 31. Januar 2011 hat der Rat Tunesien und dem tunesischen Volk seine volle Solidarität und Unterstützung bei ihren Bemühungen um die Verwirklichung einer stabilen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, des demokratischen Pluralismus und der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten bekräftigt.

(2)

Der Rat hat ferner beschlossen, gegen Personen, die für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlich sind und damit das tunesische Volk um den Ertrag der nachhaltigen Entwicklung seiner Wirtschaft und Gesellschaft bringen und die Entwicklung der Demokratie im Land untergraben, restriktive Maßnahmen zu erlassen.“

3

Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2011/72 bestimmt:

„(1)   Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der – im Anhang aufgeführten – für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

(2)   Den in der Liste im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

4

Art. 2 des Beschlusses 2011/72 bestimmt:

„(1)   Der Rat erstellt und ändert die Liste im Anhang auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik.

(2)   Der Rat setzt die betreffende Person oder Organisation entweder auf direktem Weg, falls ihre Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung von seinem Beschluss und den Gründen für die Aufnahme in die Liste in Kenntnis, und gibt dabei dieser Person oder Organisation Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3)   Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat seinen Beschluss und unterrichtet die betreffende Person oder Organisation entsprechend.“

5

Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 bestimmt:

„Im Anhang werden die Gründe für die Aufnahme der Personen und Organisationen in die Liste angegeben.“

6

Art. 5 des Beschlusses 2011/72 sah in seiner ursprünglichen Fassung vor:

„Dieser Beschluss gilt für einen Zeitraum von 12 Monaten. Er wird fortlaufend überprüft. Er wird gegebenenfalls verlängert oder geändert, wenn der Rat der Auffassung ist, dass seine Ziele nicht erreicht wurden.“

7

In der ursprünglich im Anhang beigefügten Liste des Beschlusses 2011/72 waren nur Herr Zine el Abidine Ben Hamda Ben Ali, der frühere Präsident der Tunesischen Republik, und seine Ehefrau Leïla Bent Mohammed Trabelsi namentlich aufgeführt.

8

Am 4. Februar 2011 erließ der Rat gemäß Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 und Art. 31 Abs. 2 EUV den Durchführungsbeschluss 2011/79/GASP zur Durchführung des Beschlusses 2011/72/GASP (ABl. 2011, L 31, S. 40). Art. 1 des Durchführungsbeschlusses sah vor, dass der Anhang des Beschlusses 2011/72 die Fassung des Anhangs des Durchführungsbeschlusses erhielt. Der Anhang enthielt die Namen von 48 natürlichen Personen, darunter in den Nrn. 1 und 2 die Namen der beiden oben in Rn. 7 genannten Personen und in Nr. 28 den Namen des Klägers, Herrn Mohamed Marouen Ben Ali Ben Mohamed Mabrouk. Nr. 28 des Anhangs enthielt darüber hinaus in der Spalte „Angaben zur Identifizierung“ die Angabe „Tunesier, geboren am 11. März 1972 in Tunis, Sohn von Jaouida El BEJI, verheiratet mit Sirine BEN ALI, Generaldirektor eines Unternehmens, Wohnsitz: 8 rue du Commandant Béjaoui – Carthage – Tunis, Personalausweisnr. 04766495“ und in der Spalte „Gründe“ die Angabe „Die Person ist Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen der tunesischen Behörden im Zusammenhang mit der Unterschlagung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, der Eröffnung von Bankkonten und dem Besitz von Vermögen in verschiedenen Ländern im Zusammenhang mit Vorgängen der Geldwäsche.“

9

Die erstmalige Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Durchführungsbeschluss 2011/79 geänderten Fassung wurde nacheinander durch den Beschluss 2012/50/GASP des Rates vom 27. Januar 2012 (ABl. 2012, L 27, S. 11), den Beschluss 2013/72/GASP des Rates vom 31. Januar 2013 (ABl. 2013, L 32, S. 20) und den Beschluss 2014/49/GASP des Rates vom 30. Januar 2014 (ABl. 2014, L 28, S. 38) verlängert.

10

Im Anschluss an die Urteile vom 28. Mai 2013, Trabelsi u. a./Rat (T‑187/11, EU:T:2013:273), Chiboub/Rat (T‑188/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:274) und Al Matri/Rat (T‑200/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:275), änderte der Rat die Gründe für die Aufnahme des Namens der genannten Personen in die Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Durchführungsbeschluss 2011/79 geänderten Fassung. In Bezug auf den Kläger wurden die Gründe für die Aufnahme seines Namens durch den Beschluss 2014/49 wie folgt geändert: „Die Person ist Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen der tunesischen Behörden im Zusammenhang mit der Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher Gelder durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, der Mittäterschaft beim Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, Dritten ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen und die Verwaltung zu schädigen, und der Mittäterschaft bei der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen.“

11

Mit Schreiben vom 12. Januar 2015 teilte der Rat dem Kläger mit, dass er beabsichtige, die gegen ihn erlassenen restriktiven Maßnahmen erneut zu verlängern. Er fügte dem Schreiben eine Bescheinigung der tunesischen Behörden bei, die auf den 19. Dezember 2014 datiert war und ein laufendes Gerichtsverfahren gegen den Kläger in Tunesien betraf. Der Kläger nahm mit Schreiben vom15. Januar 2015 Stellung und beantragte beim Rat, ihn aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Beschluss 2014/49 geänderten Fassung aus den im Schreiben genannten Gründen zu streichen.

12

Am 30. Januar 2015 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2015/157 zur Änderung des Beschlusses 2011/72 (ABl. 2015, L 26, S. 29). Gemäß Art. 1 Abs. 1 dieses Beschlusses erhält Art. 5 des Beschlusses 2011/72 folgende Fassung: „Dieser Beschluss gilt bis zum 31. Januar 2016. Er wird fortlaufend überprüft. Er kann gegebenenfalls verlängert oder geändert werden, wenn der Rat der Auffassung ist, dass seine Ziele nicht erreicht wurden.“ Der Name des Klägers sowie die Gründe für seine Aufnahme in die Liste wurden in der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Beschluss 2014/49 geänderten Fassung beibehalten.

13

Mit Schreiben vom 4. Februar 2015 ging der Rat auf die Stellungnahme des Klägers vom 15. Januar 2015 ein. Er vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass die gegen den Kläger erlassenen restriktiven Maßnahmen aus den im Schreiben genannten Gründen in Kraft bleiben müssten. Dem Schreiben lag eine Abschrift des Beschlusses 2015/157 bei. Der Rat wies jedoch darauf hin, dass er angesichts der Stellungnahme des Klägers zum Stand der gegen ihn in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen die restriktiven Maßnahmen vor dem 31. Juli 2015 erneut prüfen werde.

14

Der Kläger reichte am 18. Februar, am 29. Mai und am 7. September 2015 Stellungnahmen ein. Mit Schreiben vom 16. November 2015 ging der Rat auf diese Stellungnahmen ein. Als Erstes wies der Rat den vom Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2015 gestellten Antrag auf Zugang der den Kläger betreffenden Akte mit der Begründung zurück, die oben in Rn. 11 genannte Bescheinigung sei die Grundlage, auf der er entschieden habe, die gegen den Kläger verhängten Maßnahmen zu verlängern, und ihm lägen keine anderen Dokumente vor. Als Zweites wies der Rat darauf hin, dass er seinem Schreiben Auszüge aus zwei Dokumenten vom 11. Mai 2015 beilege, die von tunesischen Behörden ausgestellt worden seien und sich auf die gegen den Kläger eingeleiteten Gerichtsverfahren bezögen. Als Drittes wies der Rat, nachdem er auf die Argumente des Klägers in dessen Stellungnahme vom 29. Mai 2015 eingegangen war und dessen Antrag auf Anhörung zurückgewiesen hatte, darauf hin, dass die gegen den Kläger verhängten Maßnahmen aufrechterhalten werden müssten.

15

Am 30. November 2015 reichte der Kläger eine neue Stellungnahme ein, die der Rat mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 beantwortete. In diesem Schreiben zog der Rat den Schluss, dass er beabsichtige, die gegen den Kläger verhängten Maßnahmen zu verlängern und die Gründe für die Aufnahme seines Namens in die Liste wie folgt zu ändern: „Die Person ist Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen der tunesischen Behörden im Zusammenhang mit der Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher Gelder durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, der Mittäterschaft beim Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, Dritten ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen und die Verwaltung zu schädigen, und der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen.“ Mit Schreiben vom 5. Januar 2016 nahm der Kläger zu diesem Schreiben Stellung.

16

Am 28. Januar 2016 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2016/119 zur Änderung des Beschlusses 2011/72 (ABl. 2016, L 23, S. 65), der in Art. 1 Abs. 1 vorsieht, dass der Beschluss 2011/72 bis zum 31. Januar 2017 verlängert wird. Gemäß Art. 1 Abs. 2 erhält der Anhang des Beschlusses 2011/72 die Fassung des Anhangs des Beschlusses 2016/119. Der Name des Klägers ist in Nr. 28 des neuen Anhangs aufgeführt. Der Wortlaut der Gründe für die Aufnahme des Klägers ist mit dem Wortlaut der Gründe identisch, die der Rat dem Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 mitteilte. Wie der Rat dem Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2016 mitteilte, beruht der neue Wortlaut auf einer Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015, die dem Schreiben beigefügt war.

Verfahren und Anträge der Parteien

17

Mit Klageschrift, die am 10. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

18

Am 2. Juli 2015 hat der Rat die Klagebeantwortung eingereicht.

19

Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 14. September 2015 bzw. 8. Januar 2016 eingereicht worden.

20

Am 25. Januar 2016 hat der Kläger gemäß Art. 86 der Verfahrensordnung des Gerichts einen ersten Anpassungsschriftsatz eingereicht. Dieser ist auf die Erstreckung der Klageanträge auf den Beschluss des Rates vom 16. November 2015 gerichtet, mit dem dieser den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2015 auf Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 zurückgewiesen hat. Am 4. April 2016 hat der Kläger einen zweiten Anpassungsschriftsatz eingereicht, in dem er die Erstreckung der Klageanträge auf den Beschluss 2016/119 beantragt.

21

Der Rat hat am 30. März 2016 zum ersten Anpassungsschriftsatz und am 4. Mai 2016 zum zweiten Anpassungsschriftsatz Stellung genommen.

22

Infolge der Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache durch Entscheidung vom 3. Oktober 2016 der Fünften Kammer zugewiesen worden.

23

Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

24

In der Sitzung vom 14. Dezember 2016 haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

25

Der Kläger beantragt,

den Beschluss 2015/157, soweit er ihn betrifft, den Beschluss des Rates vom 16. November 2015, mit dem dieser den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2015 auf Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 zurückgewiesen hat, und den Beschluss 2016/119, soweit er ihn betrifft, für nichtig zu erklären;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

26

Der Rat beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen;

dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2015/157

27

Der Kläger macht förmlich sechs Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügt der Kläger im Wesentlichen einen Rechtsfehler und trägt vor, die gegen ihn in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen stellten keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Belassung seines Namens im Anhang des Beschlusses 2011/72 dar. Der Klagegrund besteht aus zwei Teilen: Erstens habe der Rat günstige Entwicklungen der verschiedenen den Kläger betreffenden Gerichtsverfahren in Tunesien nicht berücksichtigt, und zweitens habe er den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen der genannten strafrechtlichen Ermittlungen nicht berücksichtigt. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) durch den Verstoß des Rates gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund macht der Kläger geltend, der Beschluss 2015/157 sei gegenstandslos. Der erste Teil dieses Klagegrundes stützt sich auf offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der Entwicklung des demokratischen Prozesses in Tunesien und der Notwendigkeit restriktiver Maßnahmen gegen Staatsangehörige dieses Drittstaats, die für die Veruntreuung staatlicher Gelder verantwortlich gemacht werden. Hilfsweise rügt der Kläger einen Begründungsmangel. Mit dem zweiten Teil dieses Klagegrundes wird geltend gemacht, der Rat habe rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, die Sachverhaltsangaben der tunesischen Behörden bewiesen, dass der Kläger strafrechtlich verfolgt werde. Der vierte Klagegrund besteht aus zwei Teilen, und zwar erstens der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 48 der Charta und zweitens der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta. Mit dem ersten Teil dieses Klagegrundes rügt der Kläger eine Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011. Mit dem zweiten Teil dieses Klagegrundes rügt der Kläger eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und insbesondere des Rechts auf unparteiische Behandlung. Für den Fall, dass die genannten Klagegründe zurückgewiesen werden, macht der Kläger einen fünften Klagegrund geltend, der sich auf einen „offensichtlichen Beurteilungsfehler“ aufgrund der unzureichenden Berücksichtigung des „strafrechtlichen Aspekts“ des Beschlusses 2015/157 stützt. Der sechste Klagegrund stützt sich auf eine Verletzung des Rechts auf Eigentum und einen Verstoß gegen Art. 17 der Charta.

28

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der zweite Teil des dritten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, dass der Rat bei der Beurteilung, ob die von den tunesischen Behörden vorgelegten Beweise ausreichen, einen Fehler begangen habe, in Wirklichkeit mit dem ersten Klagegrund verbunden ist. Folglich ist er als dritter Teil des ersten Klagegrundes anzusehen. Ebenso ist der gesamte vierte Klagegrund in Wirklichkeit mit dem zweiten Klagegrund verbunden, soweit er Verletzungen der Grundrechte des Klägers betrifft, die im Zusammenhang mit dem Verfahren geltend gemacht werden, das zum Erlass des Beschlusses 2015/157 geführt hat. Somit ist davon auszugehen, dass der zweite Klagegrund aus drei Teilen besteht, mit denen ein Verstoß des Rates gegen die Art. 47, 48 und 41 Abs. 1 der Charta geltend gemacht wird. Schließlich folgt daraus, dass der fünfte und der sechste Klagegrund als vierter bzw. fünfter Klagegrund anzusehen sind.

Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler des Rates durch unzutreffende Einstufung der gegen den Kläger in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen als hinreichende Tatsachengrundlage

29

Mit dem ersten Klagegrund macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die gegen ihn in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen hätten zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 nicht mehr als Grundlage für die Beibehaltung der gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen des Rates dienen können. Dem Rat sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem er die Umstände nicht berücksichtigt habe, die der Kläger ihm hierzu vorgetragen habe. Wie der Kläger in der Einleitung dieses Klagegrundes anerkennt, verfügt der Rat gemäß den Rn. 77 und 84 des Urteils vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat (C‑220/14 P, EU:C:2015:147), über eine Grundlage für den Erlass restriktiver Maßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) aufgrund eines laufenden gerichtlichen Verfahrens wegen rechtswidriger Verwendung staatlicher Gelder. Der Kläger ist jedoch der Auffassung, dass die Entwicklung dieses Gerichtsverfahrens und seine Regelwidrigkeit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beibehaltung der fraglichen Maßnahmen relevant seien.

30

Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass im Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat (T‑256/11, EU:T:2014:93), das im Rechtsmittelverfahren durch Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat (C‑220/14 P, EU:C:2015:147), bestätigt worden ist, eine weite Auslegung der allgemeinen Kriterien vorgenommen wurde, die in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/172/GASP des Rates vom 21. März 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Ägypten (ABl. 2011, L 76, S. 63) festgelegt sind (Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 67, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat, C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 72, 77, 82 und 84).

31

Im Übrigen hat das Gericht in mehreren Urteilen in Rechtssachen, die die Nichtigerklärung restriktiver Maßnahmen des Rates angesichts der Lage in Tunesien betrafen, diesen Grundsatz der weiten Auslegung auf Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 angewandt, dessen Wortlaut mit Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 fast identisch ist (Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 114, vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑224/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:375, Rn. 91, vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 85, und vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑516/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:377, Rn. 71).

32

Insoweit geht aus Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 hervor, dass diese Vorschrift dazu dient, die Vermögenswerte der im Anhang des Beschlusses aufgeführten und für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen Personen einzufrieren, da nach dem zweiten Erwägungsgrund dieses Beschlusses die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder und die dadurch hervorgerufene Störung der Funktionsweise der öffentlichen Einrichtungen Tunesiens und der von diesen abhängigen Institutionen „das tunesische Volk um den Ertrag der nachhaltigen Entwicklung seiner Wirtschaft und Gesellschaft bringen und die Entwicklung der Demokratie im Land untergraben“.

33

Im Übrigen geht nach der Rechtsprechung aus Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 im Licht seiner Erwägungsgründe 1 und 2 hervor, dass das in dieser Vorschrift vorgesehene Einfrieren von Vermögenswerten nicht darauf gerichtet ist, die verwerflichen Handlungen der betreffenden Personen zu ahnden oder sie mittels Zwang von solchen Handlungen abzuhalten. Das Einfrieren von Vermögenswerten dient allein dem Zweck, den tunesischen Behörden die Feststellung der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder zu erleichtern und ihnen die Möglichkeit offenzuhalten, Erträge aus einer solchen Verwendung zurückzuerlangen. Es erfolgt somit ausschließlich zur Sicherung und hat keine strafrechtliche Konnotation (Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 81 und 82, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 62 und 64, vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 77, 78 und 206).

34

Insbesondere muss angesichts der Ziele des Beschlusses 2011/72 der Begriff der für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses nicht nur Personen erfassen, die bereits für solche Handlungen verantwortlich gemacht wurden, sondern auch Personen, die Gegenstand laufender gerichtlicher Ermittlungen zum Nachweis einer solchen Verantwortung sind (Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 124, vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑224/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:375, Rn. 100, vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 86, und vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑516/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:377, Rn. 80).

35

Somit sind die verschiedenen Teile des ersten Klagegrundes unter Berücksichtigung dieser – im Übrigen vom Kläger nicht in Frage gestellten (siehe oben, Rn. 29) – Auslegung von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 zu prüfen. Trotz gewisser Abweichungen in der Terminologie der Klageschrift ist der vorliegende Klagegrund so zu verstehen, dass er auf eine fehlerhafte rechtliche Einstufung von Umständen gerichtet ist, die die Tatsachengrundlage der streitigen restriktiven Maßnahmen bilden, und nicht auf das Fehlen einer Rechtsgrundlage der Maßnahmen.

– Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Berücksichtigung günstiger Entwicklungen der verschiedenen den Kläger betreffenden Gerichtsverfahren in Tunesien durch den Rat

36

Im Rahmen des ersten Teils seines ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, aufgrund der für ihn günstigen Entwicklungen der Rechtsprechung sei es unwahrscheinlich, dass er im Rahmen eines Gerichtsverfahrens verurteilt werde. Er stützt dieses Vorbringen auf drei Gesichtspunkte. Als Erstes beruft er sich auf ein Urteil der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) vom 1. Juli 2014, in dem festgestellt worden sei, dass das Vermögen, das der Kläger von seinem Vater geerbt habe, für die Zwecke des tunesischen Gesetzesdekrets Nr. 2011-47 vom 31. Mai 2011 die Erträge aus diesem Vermögen sowie ihre Reinvestition erfasse. Das Urteil beweise die Rechtmäßigkeit seines tunesischen Vermögens. Als Zweites beruft sich der Kläger auf drei Urteile tunesischer Gerichte vom 28. Mai 2013, 21. August 2014 und 17. Dezember 2014, mit denen die gegen ihn verhängten Verbote, Tunesien zu verlassen, aufgehoben worden seien. Als Drittes macht er geltend, er werde nicht beschuldigt, rechtswidriges Vermögen außerhalb Tunesiens zu besitzen. In der Erwiderung trägt der Kläger ferner vor, der Rat sei verpflichtet, sich zu vergewissern, dass eine angemessene Aussicht auf ein Gerichtsverfahren bestehe, und müsse, wenn dies nicht der Fall sei, die streitigen restriktiven Maßnahmen aufheben, da er sich andernfalls am missbräuchlichen Verhalten der tunesischen Behörden beteilige, das darin bestehe, die den Kläger betreffenden Gerichtsverfahren endlos in die Länge zu ziehen.

37

In der Klagebeantwortung macht der Rat zunächst geltend, das Urteil der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) vom 1. Juli 2014 beweise entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht, dass dessen gesamtes Vermögen in Tunesien rechtmäßig sei. Ferner sei das Vorbringen des Klägers zur Aufhebung der gegen ihn verhängten Ausreiseverbote und zum Fehlen eines Zusammenhangs zwischen den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen und dem Vermögen, das er außerhalb Tunesiens besitze, nicht relevant. Der Kläger setze insoweit die streitigen restriktiven Maßnahmen zu Unrecht mit Rechtshilfemaßnahmen gleich.

38

Angesichts der oben in den Rn. 33 und 34 dargelegten Rechtsprechung ist das Vorbringen des Klägers im Rahmen des vorliegenden Teils zurückzuweisen.

39

Der Rat hat im vorliegenden Fall nämlich zu prüfen, ob zum einen anhand der ihm vorliegenden Beweise nachgewiesen werden kann, dass der Kläger Gegenstand eines oder mehrerer laufender Gerichtsverfahren ist, die Umstände betreffen, die mit einer rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder zusammenhängen können, und ob zum anderen dieses bzw. diese Gerichtsverfahren die Einstufung des Klägers als Person, die für eine solche rechtswidrige Verwendung verantwortlich ist, oder als Person, die mit einer für die rechtswidrige Verwendung verantwortlichen Person verbunden ist, im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 156, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 65).

40

Insoweit ist der Rat im Rahmen dieses Beschlusses grundsätzlich nicht verpflichtet, die Relevanz und Richtigkeit der Gesichtspunkte zu prüfen und zu beurteilen, auf denen die Gerichtsverfahren gegen die im Anhang des Beschlusses aufgeführten Personen beruhen. Wie nämlich oben in Rn. 33 dargelegt, sind der Beschluss 2011/72 und die nachfolgenden Beschlüsse nicht darauf gerichtet, die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder, derentwegen die tunesischen Behörden ermitteln, zu sanktionieren, sondern sie dienen dazu, den Behörden die Möglichkeit offenzuhalten, die rechtswidrige Verwendung festzustellen und Erträge aus einer solchen Verwendung zurückzuerlangen. Es obliegt somit den zuständigen tunesischen Behörden, die Umstände zu überprüfen und daraus die gebotenen Konsequenzen zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 158, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 66). Insoweit obliegt dem Rat oder dem Gericht grundsätzlich nur die Überprüfung der Begründetheit des Beschlusses über das Einfrieren der Gelder in Anbetracht der von den tunesischen Behörden dargelegten Umstände, nicht aber der Begründetheit der Gerichtsverfahren (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat, C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 77).

41

Der Rat kann zwar die Feststellungen der tunesischen Justizbehörden, die sich in den von ihnen übermittelten Dokumenten befinden, jedenfalls nicht bestätigen. Nach der Rechtsprechung muss er nämlich die Beweise, die ihm die zuständigen – hier die tunesischen – Behörden übermitteln, im Licht insbesondere der Stellungnahme des Klägers und der ihr gegebenenfalls beigefügten entlastenden Gesichtspunkte sorgfältig und unparteiisch prüfen. Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der in Art. 41 der Charta verankert ist (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 99 und 114, vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 158 und 159, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 58 und 67).

42

Aus der Rechtsprechung folgt jedoch auch, dass der Rat, um seiner Pflicht zu sorgfältiger und unparteiischer Prüfung nachzukommen, zu beurteilen hat, ob es notwendig ist, angesichts der Stellungnahme des Klägers und der von ihm vorgetragenen tatsächlichen Umstände von den zuständigen Behörden zusätzliche Informationen oder Beweise anzufordern. Insbesondere darf sich der Rat zwar bei der Beurteilung der Begründetheit der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger nicht an die Stelle der tunesischen Justizbehörden setzen, doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass er verpflichtet ist, nähere Angaben zu den Umständen anzufordern, auf denen die Ermittlungen beruhen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 115, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 68).

43

Wie oben in Rn. 11 dargelegt, stützte sich der Rat im vorliegenden Fall für die Beibehaltung des Namens des Klägers auf der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 auf eine Bescheinigung der tunesischen Behörden, die auf den 19. Dezember 2014 datiert war und ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen den Kläger betraf. Die Bescheinigung, die der Klageschrift beigefügt ist, wurde vom erstinstanzlichen Gericht in Tunis ausgestellt und vom Urkundsbeamten des ersten Ermittlungsrichters beim Tribunal de première instance de Tunis (Gericht erster Instanz Tunis) unterzeichnet (Kabinett Nr. 1). Es wird darin bescheinigt, dass „die Ermittlungssache mit dem Aktenzeichen Nr. 19592/1 gegen Zine El Abidine Ben Haj Hamda Ben Haj Hassen Ben Ali und Mitbeteiligte im Gang ist und Mohamed Marouen Ben Ali Ben Mohamed Mabrouk betrifft, der u. a. wegen Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher Gelder durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, Mittäterschaft beim Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, Dritten ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen und die Verwaltung zu schädigen, und Mittäterschaft bei der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen, verfolgt wird.“

44

Der Kläger bestreitet nicht, dass diese Bescheinigung ausreicht, um nachzuweisen, dass gegen ihn in Tunesien ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren läuft, in dem seine Mitwirkung an einem Sachverhalt, der als rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder eingestuft werden kann, festgestellt werden soll. Die vom Kläger vorgebrachten entlastenden Gesichtspunkte sind nämlich, wie er selbst geltend macht, nur darauf gerichtet, nachzuweisen, dass in Bezug auf ihn keine angemessene Aussicht auf ein Gerichtsverfahren nach Abschluss der Ermittlungen bestehe. Mit anderen Worten scheint der Kläger der Auffassung zu sein, dass die Ermittlungen zu einer Abschwächung, wenn nicht gar einem Wegfall der ihn belastenden Umstände führen werden. Dagegen macht er keineswegs geltend, über Beweise dafür zu verfügen, dass die tunesischen Justizbehörden die Ermittlungen eingestellt hätten, weil der den Ermittlungen zugrunde liegende Sachverhalt keinen Anlass für eine Verurteilung böte.

45

Da aber die strafrechtlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen sind, können entgegen dem Vorbringen des Klägers günstige Entwicklungen der Rechtsprechung, die auf eine Abschwächung der ihn belastenden Umstände hindeuten, selbst wenn sie erwiesen wären, den Rat nicht dazu verpflichten, den Namen des Klägers aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 zu streichen, sobald er von diesen Umständen Kenntnis erlangt.

46

Wie nämlich oben in Rn. 40 dargelegt, obliegt es nicht dem Rat, sondern den zuständigen tunesischen Behörden, die Umstände zu prüfen, auf denen die strafrechtlichen Ermittlungen beruhen, und daraus die gebotenen Konsequenzen für den Ausgang des Verfahrens zu ziehen. Andernfalls wären Situationen denkbar, in denen der Rat verpflichtet wäre, vorzeitige Schlüsse über die Begründetheit der Ermittlungen zu ziehen, die von den Schlussfolgerungen der tunesischen Behörden abweichen könnten. Eine solche Situation könnte zu dem paradoxen Ergebnis führen, dass zu dem Zeitpunkt, da die betreffende Person von diesen Behörden verurteilt und gegebenenfalls als verantwortlich für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder angesehen wird, die Vermögenswerte der Person in der Europäischen Union nicht mehr eingefroren sind und eine Einziehung des Ertrags aus der ihr vorgeworfenen rechtswidrigen Verwendung nicht mehr möglich ist. Die praktische Wirksamkeit des Beschlusses 2011/72 wäre offensichtlich nicht gewährleistet (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 124, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 86).

47

Im Übrigen ist es zwar nach der Rechtsprechung Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind, doch sind bei der Beurteilung von Natur, Art und Intensität des Beweises, der vom Rat verlangt werden kann, die Natur und der konkrete Umfang der restriktiven Maßnahmen sowie ihr Zweck zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 121, vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 74 bis 85, und vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 50 und 74).

48

Da im vorliegenden Fall der Rat Beweise für das Bestehen laufender strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger erbracht hat und deren Verlässlichkeit nicht bestritten wird, obliegt es dem Kläger, die konkreten Umstände darzutun, auf die er sich beruft, um die Begründetheit der Ermittlungen in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 74). Zwar kann, wie der Kläger in der Erwiderung geltend macht, die Verpflichtung des Rates, Überprüfungen vorzunehmen, dadurch gerechtfertigt sein, dass der Rat eine Mitwirkung an einem etwaigen missbräuchlichen Verhalten der tunesischen Behörden vermeiden muss, das darin bestehen könnte, die Ermittlungen für unbegrenzte Zeit nicht abzuschließen, obwohl keine belastenden Umstände vorliegen. Ein solcher Fall ist jedoch nicht gegeben, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die geeignet sind, beim Rat berechtigte Fragen nach den Gründen für den Nichtabschluss der Ermittlungen aufkommen zu lassen.

49

Entgegen dem Vorbringen des Klägers sind die von ihm vorgetragenen entlastenden Umstände nicht geeignet, berechtigte Fragen bezüglich der Aussicht auf ein Gerichtsurteil nach Abschluss der gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen oder bezüglich der Gründe für den Nichtabschluss der Ermittlungen aufkommen zu lassen.

50

Als Erstes hat der Kläger keine Umstände dargetan, anhand deren sich nachvollziehen ließe, inwiefern das Urteil der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) vom 1. Juli 2014 Einfluss auf die Beurteilung seiner Mitwirkung an den Straftaten haben konnte, die Gegenstand der gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen sind.

51

Aus dem Schreiben des Rechtsbeistands des Klägers in Tunesien vom 2. September 2014, das der Klageschrift beigefügt ist, geht hervor, dass die tunesische Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) in ihrem Urteil vom 1. Juli 2014 festgestellt hat, unter das nachgelassene Vermögen, das vom Geltungsbereich der Vermögenseinziehung nach dem Gesetzesdekret Nr. 2011‑47 vom 31. Mai 2011 ausgenommen sei, falle nicht nur das Vermögen, das im Wege der Rechtsnachfolge übertragen worden sei, sondern auch der Ertrag aus diesem Vermögen und jeglicher Gewinn aus seiner Reinvestition in jedweder Form. In diesem Schreiben zieht der Rechtsbeistand des Klägers in Tunesien aus dem Urteil den Schluss, dass „[seine] Anwendung dazu führen müsste, dass das gesamte Vermögen [des Klägers] vom Geltungsbereich des Gesetzesdekrets über die Vermögenseinziehung ausgenommen ist, da das Vermögen entweder unmittelbar aus dem Nachlass seines Vaters stammt oder aus der Reinvestition des nachgelassenen Vermögens und den damit erzielten Erträgen“.

52

Hierzu genügt die Feststellung, dass die vorgenannten Ausführungen im Urteil der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) vom 1. Juli 2014 für sich genommen es in keiner Weise auszuschließen erlauben, dass die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger zu dem Ergebnis führen, dass er für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlich ist.

53

Aus diesen Ausführungen kann nämlich nur gefolgert werden, dass die Erträge des Vermögens des Klägers, das ihm im Wege der Rechtsnachfolge übertragen wurde, und der Gewinn aus seiner Reinvestition nicht Gegenstand der Vermögenseinziehung im Sinne des Gesetzesdekrets Nr. 2011‑47 vom 31. Mai 2011 sein können. Dagegen kann keine Schlussfolgerung im Hinblick auf den Ausgang der betreffenden strafrechtlichen Ermittlungen gezogen werden. Selbst wenn das Vorbringen des Klägers, er könne infolge dieses Urteils frei über sein tunesisches Vermögen verfügen, erwiesen wäre, greift es in keiner Weise dem Ausgang der strafrechtlichen Ermittlungen vor, die angesichts des ihnen zugrunde liegenden Sachverhalts die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Klägers in Bezug auf bestimmte Vermögenswerte in Frage stellen können.

54

Im Übrigen war der Kläger nicht in der Lage, den Zusammenhang zwischen dem genannten Gesetzesdekret und dem Zivilprozess, in dem das Urteil der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) vom 1. Juli 2014 ergangen ist, auf der einen und den fraglichen strafrechtlichen Ermittlungen auf der anderen Seite zu erläutern. Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat er lediglich bestätigt, dass das Gesetzesdekret Nr. 2011‑47 vom 31. Mai 2011 nicht nur für ihn, sondern für eine Reihe von Personen, gegen die entsprechende strafrechtliche Ermittlungen liefen, gelte und der Fall, in dem das genannte und ihn betreffende Urteil ergangen sei, möglicherweise auch einige dieser Personen betreffe. Der Umstand, dass parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen, die gegen den Kläger und andere Personen laufen, der Anwendungsbereich der gegen sie verhängten administrativen Maßnahmen der tunesischen Behörden zur Einziehung von Vermögen durch eine Entscheidung der tunesischen Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) eingeschränkt wurde, reicht jedoch nicht aus, um berechtigte Fragen nach der Grundlage für die strafrechtlichen Ermittlungen aufkommen zu lassen.

55

Als Zweites erscheint auch die Aufhebung der gegen den Kläger verhängten Verbote, Tunesien zu verlassen, infolge der drei Urteile tunesischer Gerichte vom 28. Mai 2013, 21. August 2014 und 17. Dezember 2014 nicht geeignet, solche Fragen aufkommen zu lassen. Aus dem Vorbringen des Klägers und aus dem Akteninhalt geht nämlich hervor, dass die fraglichen Urteile im Rahmen von anderen Rechtssachen ergingen als dem Strafprozess, der den strafrechtlichen Ermittlungen zugrunde liegt, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 noch im Gang waren. Der Kläger hat überdies in keiner Weise geltend gemacht, dass diese Urteile in Fällen ergangen wären, die einen Zusammenhang zu den strafrechtlichen Ermittlungen aufwiesen. Darüber hinaus ist es völlig unerheblich, ob es dem Kläger infolge der Urteile freisteht, Tunesien zu verlassen, selbst wenn dies erwiesen wäre.

56

Die im erstgenannten Urteil verkündete Aufhebung des Verbots, das tunesische Staatsgebiet zu verlassen, erfolgte zwar nach den Akten im Rahmen des Freispruchs des Klägers durch jenes Urteil in einer Rechtssache, in der der Kläger wegen eines Sachverhalts, der seiner Art nach mit dem Sachverhalt vergleichbar ist, der den fraglichen strafrechtlichen Ermittlungen zugrunde liegt, vor das betreffende Gericht gebracht worden war. Es ist jedoch weder bewiesen noch überhaupt geltend gemacht worden, dass der Freispruch des Klägers in jener Rechtssache seinen Freispruch in der Rechtssache, die Gegenstand dieser strafrechtlichen Ermittlungen ist, zur Folge haben oder einen entlastenden Umstand im Rahmen dieser Rechtssache darstellen würde.

57

Als Drittes ist zum Vorbringen des Klägers, er werde nicht „beschuldigt“, rechtswidrig Vermögen außerhalb Tunesiens zu besitzen, festzustellen, dass der Umstand, dass die fraglichen strafrechtlichen Ermittlungen einen Sachverhalt betreffen, der als rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder eingestuft werden kann, eine ausreichende Tatsachengrundlage darstellt, um das Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union zu rechtfertigen. Wie nämlich oben in Rn. 33 dargelegt, dient diese Maßnahme allein dem Zweck, den tunesischen Behörden die Feststellung der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder zu erleichtern und diesen Behörden die Möglichkeit offenzuhalten, Erträge aus einer solchen Verwendung zurückzuerlangen. Sie dient somit nicht dem Zweck, die Feststellung einer Straftat wegen Besitzes rechtswidrigen Vermögens außerhalb Tunesiens, insbesondere in der Union, zu ermöglichen. Im Übrigen ist unstrittig, dass der Sachverhalt, der den strafrechtlichen Ermittlungen zugrunde liegt, insbesondere der Sachverhalt der Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher Gelder durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, einen unmittelbaren und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Begriff der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 aufweist. Folglich ist es nicht maßgeblich, dass die Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 19. Dezember 2014, auf die sich der Rat stützt, und somit die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers nicht auf den Besitz rechtswidrigen Vermögens außerhalb Tunesiens, insbesondere in der Union, Bezug nehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 116).

58

Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

– Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Berücksichtigung der Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen der gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen durch den Rat

59

Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht der Kläger geltend, bei den gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen in Tunesien sei der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nicht gewahrt. Dieser Grundsatz sei in Art. 7 Abs. 1 Buchst. d der am 27. Juni 1981 in Nairobi (Kenia) angenommenen Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker (im Folgenden: Afrikanische Charta) verankert, die von der Tunesischen Republik ratifiziert worden sei. Im vorliegenden Fall liefen die Ermittlungen seit über vier Jahren, ohne dass Aussicht auf ihren Abschluss bestehe. Die Verzögerung sei allein den tunesischen Behörden zuzurechnen. Angesichts der Dauer der Ermittlungen und der für den Kläger günstigen Entwicklungen sei es nicht rechtens, dass die Ermittlungen nicht eingestellt worden seien. Dieses Vorbringen werde durch das Urteil des EGMR vom 3. Mai 2012, Masár/Slowakei (CE:ECHR:2012:0503JUD006688209), bestätigt. In der Erwiderung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Kontrolle des ordnungsgemäßen Ablaufs des Gerichtsverfahrens in Tunesien, die dem Rat obliege, müsse zur Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 führen, da das Gerichtsverfahren die angemessene Verfahrensdauer überschritten habe.

60

Der Rat erwidert, es sei nicht seine Aufgabe, das Verhalten von Drittstaaten zu bewerten, sondern er habe lediglich zu prüfen, ob die von den drittstaatlichen Behörden vorgelegten Beweise relevant und ausreichend seien. Auf der Grundlage dieser Grundsätze habe er dem Kläger mit Schreiben vom4. Februar 2015 mitgeteilt, dass er dessen Vorbringen zur Kenntnis nehme und seine Lage vor Juli 2015 erneut prüfen werde. In seiner Gegenerwiderung macht der Rat geltend, ihm lägen Hinweise vor, denen zufolge das Gerichtsverfahren gegen den Kläger in Tunesien im Gang sei und die Dauer des Verfahrens angesichts der Komplexität aller betroffenen Rechtssachen nicht unangemessen sei. Die Dokumente, aus denen diese Hinweise hervorgehen, sind der Gegenerwiderung des Rates beigefügt.

61

Vorab ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist, wie sie bei Erlass des Aktes bestand (vgl. Urteile vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 4. September 2015, NIOC u. a./Rat, T‑577/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:596, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall können die im Rahmen dieses Teils geltend gemachten Rügen nicht im Licht von Umständen geprüft werden, die nach dem Beschluss 2015/157 eingetreten sind. Zu diesen gehören das Schreiben des Rates an den Kläger vom 4. Februar 2015 und erst recht die erneute Prüfung der Lage des Klägers, die vom Rat in diesem Schreiben für einen späteren Zeitpunkt zugesagt wurde. Gleiches gilt für die der Gegenerwiderung beigefügten Dokumente, die der Rat in der Gegenerwiderung als Beleg dafür anführt, dass die Dauer des Gerichtsverfahrens gegen den Kläger in Tunesien nicht unangemessen sei, und die von den tunesischen Behörden am 11. Mai 2015 ausgestellt wurden. Folglich waren diese Dokumente dem Rat zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 nicht bekannt, so dass sie vom Gericht nicht berücksichtigt werden können.

62

Zur Begründetheit führt der Kläger im Rahmen dieses Teils im Wesentlichen aus, da das gegen ihn laufende Gerichtsverfahren den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verletze und folglich rechtswidrig sei, könne der Rat die Beibehaltung seines Namens im Anhang des Beschlusses 2011/72 nicht auf dieses Verfahren stützen. Folglich müsse sich die Kontrolle des Gerichts im Rahmen dieses Teils auf die Prüfung beschränken, ob der Rat zu Recht oder zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass die Dauer des Gerichtsverfahrens kein Grund für die Aufhebung der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen sei.

63

Hierzu ist aus den oben in Rn. 46 dargelegten Gründen festzustellen, dass es Sache der tunesischen Gerichte ist, über einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen des gegen den Kläger laufenden Gerichtsverfahrens zu entscheiden. Insbesondere ist die Tunesische Republik, wie der Kläger selbst einräumt, Vertragspartei der Afrikanischen Charta, und Art. 7 Abs. 1 Buchst. d dieses internationalen Übereinkommens garantiert das Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist durch ein unparteiisches Gericht. Folglich obliegt es den gegebenenfalls mit einem Rechtsbehelf des Klägers befassten tunesischen Gerichten, darüber zu entscheiden, ob die Bestimmungen dieser Vorschrift im Rahmen des genannten Gerichtsverfahrens eingehalten wurden. Im Übrigen sind weder die Union noch die Mitgliedstaaten Vertragsparteien der Afrikanischen Charta, so dass der Rat und das Gericht dieses internationale Übereinkommen nicht auslegen oder anwenden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 52 und 62).

64

Nach der Rechtsprechung muss zwar jede Maßnahme der Union – auch im Bereich der GASP – die Grundsätze zur Gewährleistung des Rechtsstaatsprinzips sowie zur Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde beachten, wie sich aus Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 EUV sowie Art. 23 EUV ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2016, Parlament/Rat, C‑263/14, EU:C:2016:435, Rn. 47). Insbesondere heißt es in Art. 21 Abs. 1 EUV, dass die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene u. a. der Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und der Achtung des Völkerrechts weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will. Der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist ein Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren, das durch die Bestimmungen mehrerer rechtsverbindlicher Instrumente des Völkerrechts gewährleistet ist, insbesondere durch Art. 14 Abs. 3 Buchst. c des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, der am 16. Dezember 1966 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde und zu dessen Vertragsparteien alle Mitgliedstaaten und die Tunesische Republik gehören. Darüber hinaus geht aus dem ersten Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/72 hervor, dass der Beschluss und die nachfolgenden Beschlüsse im Rahmen einer Politik zur Unterstützung Tunesiens erlassen wurden, die u. a. dem Ziel der Förderung der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Buchst. b EUV dienen.

65

Folglich kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Rat bei Vorliegen objektiver, zuverlässiger und übereinstimmender Informationen, die geeignet sind, berechtigte Fragen bezüglich der Wahrung des Rechts des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer im Rahmen der gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen, mit denen das Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union begründet wird, aufkommen zu lassen, die notwendigen Überprüfungen vornimmt.

66

Der vorliegende Teil des ersten Klagegrundes beruht jedoch auf der These, dass der Rat angesichts der überlangen Dauer der strafrechtlichen Ermittlungen, die nach Auffassung des Klägers bereits hätten eingestellt werden müssen, und somit der Rechtswidrigkeit der Ermittlungen zur sofortigen Aufhebung der Maßnahmen zum Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union verpflichtet sei. Dieser These kann indes nicht gefolgt werden.

67

Als Erstes ist nämlich weder bewiesen noch überhaupt geltend gemacht worden, dass nach tunesischem Recht der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen eines Strafprozesses die Einstellung oder die Aushebung des Verfahrens zur Folge hat.

68

Ferner beruft sich der Kläger auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zur Anwendung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der in Rom am 4. November 1950 unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) in Strafprozessen. Zwar ist diese Rechtsprechung ein maßgeblicher Umstand, der für die vorliegende Rechtssache unter vergleichenden Gesichtspunkten herangezogen werden kann, da der in Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerte Grundsatz seine Entsprechung in Art. 14 Abs. 3 Buchst. c des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und in Art. 7 Abs. 1 Buchst. d der Afrikanischen Charta findet. Dennoch ist festzustellen, dass der EGMR im Rahmen dieser Rechtsprechung aus dem Grundsatz keine Verpflichtung der nationalen Behörden zur Beendigung eines Strafprozesses, der sich als übermäßig lang erweist, abgeleitet hat (vgl. in diesem Sinne EGMR vom 28. Juni 2016, O’Neill und Lauchlan/Vereinigtes Königreich, CE:ECHR:2016:0628JUD004151610, § 87).

69

Im Übrigen ist der EGMR selbst im Rahmen der Anwendung von Art. 5 Abs. 3 EMRK, der die vorläufige oder präventive Festnahme oder Freiheitsentziehung davon abhängig macht, dass innerhalb angemessener Frist ein Urteil ergeht, nicht der Auffassung, dass der Verstoß gegen diese Voraussetzung zur Einstellung der jeweiligen strafrechtlichen Ermittlungen führen muss. Zwar ist er der Ansicht, dass die Bearbeitung des Falles der betreffenden Person unter diesen Umständen besonders zügig erfolgen muss. Er vertritt jedoch ebenfalls die Auffassung, dass die besonders zügige Bearbeitung seines Falles, die einem festgenommenen Beschuldigten zusteht, den Bemühungen der Gerichte bei der sorgfältigen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht schaden darf (EGMR vom 11. Dezember 2007, Pecheur/Luxemburg, CE:ECHR:2007:1211JUD001630802, § 62, und vom 5. November 2009, Shabani/Schweiz, CE:ECHR:2009:1105JUD002904406, § 65).

70

Folglich liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein etwaiger Verstoß gegen das Recht des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer im Rahmen des gegen ihn laufenden Strafprozesses in Tunesien zur Einstellung oder zur Aufhebung dieses Verfahrens führen muss.

71

Als Zweites ist festzustellen, dass im Licht der Rechtsprechung des EGMR die Wahrung des Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer, wie es im Völkerrecht verankert ist, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist, was eine Gesamtwürdigung insbesondere anhand von Kriterien im Zusammenhang mit der Komplexität des Falles, dem Verhalten des Klägers und dem Verhalten der zuständigen Behörden voraussetzt (vgl. EGMR vom 28. Juni 2016, O’Neill und Lauchlan/Vereinigtes Königreich, CE:ECHR:2016:0628JUD004151610, § 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). Entsprechende Grundsätze gelten in der Rechtsprechung der Gerichte der Union für die Prüfung der Wahrung des Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer im Sinne von Art. 47 der Charta (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 85 und 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72

Selbst wenn man annimmt, dass der Rat eine solche Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vornehmen könnte, müsste er dafür zwangsläufig bei den tunesischen Behörden ergänzende Informationen zum fraglichen Gerichtsverfahren anfordern. Wie nämlich oben in den Rn. 43 bis 45 dargelegt, ist der Rat für die Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/172 im vorliegenden Fall nur verpflichtet, Beweise für die Existenz eines den Kläger betreffenden Gerichtsverfahrens wegen eines Sachverhalts, der als rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder eingestuft werden kann, zu sammeln. Angesichts der oben in Rn. 71 genannten Voraussetzungen können diese Beweise jedoch offensichtlich nicht ausreichen, um das Vorliegen eines etwaigen Verstoßes gegen das Recht des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer im Rahmen des genannten Verfahrens zu beurteilen. Im Übrigen können die vom Kläger vorgelegten Beweise, selbst wenn sie geeignet wären, berechtigte Fragen bezüglich der Wahrung dieses Rechts aufkommen zu lassen, jedenfalls nicht ausreichen, um den Rat zu der Feststellung zu veranlassen, dass dieses Recht verletzt ist.

73

Folglich konnte der Rat nicht verpflichtet sein, den Namen des Klägers aus dem Anhang des Beschlusses 2011/72 zu streichen, ohne zuvor die gebotenen Überprüfungen bei den tunesischen Behörden vorzunehmen.

74

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger dem Rat die Umstände, auf die er sich im Rahmen der vorliegenden Klage beruft, um die Verletzung seines Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer durch die tunesischen Behörden geltend zu machen, in seiner Stellungnahme vom 15. Januar 2015 mitgeteilt hat. Nach Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/49 endete die auf diesem Beschluss beruhende Verlängerung der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen am 31. Januar 2015. Der Beschluss 2015/157 trat am selben Tag in Kraft. Selbst wenn man daher annimmt, dass diese Umstände geeignet waren, vom Rat durchgeführte Überprüfungen bei den tunesischen Behörden zu rechtfertigen, konnte vom Rat nicht verlangt werden, die Überprüfungen und die daraus zu ziehenden Konsequenzen innerhalb des Zeitraums vorzunehmen, der ihm bis zum Ende der Wirkungen des Beschlusses 2014/49 gegenüber dem Kläger und bis zum Erlass eines neuen entsprechenden Beschlusses blieb, da dieser Zeitraum nur zwei Wochen betrug.

75

Nach alledem macht der Kläger zu Unrecht geltend, dass der Rat bereits aufgrund dieser Umstände verpflichtet gewesen sei, den Namen des Klägers aus dem Anhang des Beschlusses 2011/172 zu streichen.

76

Die Umstände waren jedenfalls nicht geeignet, beim Rat berechtigte Fragen aufkommen zu lassen, die die Vornahme zusätzlicher Überprüfungen bei den tunesischen Behörden durch den Rat rechtfertigten.

77

Die Dauer des fraglichen Gerichtsverfahrens, das dem Kläger zufolge seit vier Jahren andauert, erweist sich nämlich auf den ersten Blick nicht als übermäßig lang, da es sich im vorliegenden Fall, wie aus den der Klageschrift beigefügten Unterlagen hervorgeht, um strafrechtliche Ermittlungen wegen rechtswidriger Verwendung staatlicher Gelder in Verbindung mit anderen zusammenhängenden Gerichtsverfahren handelt, die zahlreiche weitere Personen betreffen und Ermittlungen im Ausland erfordern. Im Übrigen kann das vom Kläger angeführte Beispiel zur Stützung seines Vorbringens, das sich auf die Bearbeitung seines Antrags auf Trennung seiner Rechtssache von der die anderen Personen betreffenden Rechtssache durch die tunesischen Behörden bezieht, für sich genommen kein signifikantes Indiz für eine überlange Dauer des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens insgesamt sein. In seiner Stellungnahme vom 15. Januar 2015 weist der Kläger darauf hin, dass die Einstufung des Sachverhalts, zu dem die tunesischen Justizbehörden in seiner Sache ermittelten, im Laufe des Ermittlungsverfahrens geändert worden sei. Dieser Umstand kann eine zusätzliche Hintergrundinformation darstellen, die geeignet ist, die Dauer des Verfahrens zu erklären. Entgegen dem Vorbringen des Klägers erscheinen die verschiedenen für ihn günstigen Entwicklungen der Rechtsprechung, auf die er sich im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes beruft, aus den oben in den Rn. 49 bis 58 dargelegten Gründen nicht geeignet, die Einstellung des Verfahrens zu rechtfertigen.

78

Das Urteil des EGMR vom 3. Mai 2012, Masár/Slowakei (CE:ECHR:2012:0503JUD006688209), auf das der Kläger den vorliegenden Teil stützt, ist nicht geeignet. die vorstehenden Erwägungen in Frage zu stellen. Jene Rechtssache betrifft nämlich einen Strafprozess, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der keinerlei Ähnlichkeit mit dem Sachverhalt aufweist, der dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger in Tunesien zugrunde liegt. Folglich ist es unerheblich, dass der EGMR in jenem Urteil festgestellt hat, dass die Dauer des fraglichen Strafprozesses, die der Dauer des genannten Ermittlungsverfahrens vergleichbar ist, nicht mit dem Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar ist. Gleiches gilt für die Urteile des EGMR, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführt hat.

79

Aus alledem folgt, dass der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen ist.

– Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler des Rates, soweit er zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, die Sachverhaltsangaben der tunesischen Behörden bewiesen die strafrechtliche Verfolgung des Klägers

80

Zur Stützung dieses Teils macht der Kläger geltend, der Rat habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 19. Dezember 2014 die strafrechtliche Verfolgung des Klägers in Tunesien beweise, obwohl die Bescheinigung lediglich eine laufende Ermittlung erwähne. Folglich sei diese Bescheinigung keine ausreichende Tatsachengrundlage für den Beschluss 2015/157.

81

Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

82

Als Erstes betrifft nämlich das Vorbringen des Klägers das Schreiben des Rates vom 4. Februar 2015, in dem der Rat darauf hinweist, dass in der Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 19. Dezember 2014 bestätigt werde, dass der Kläger wegen Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher tunesischer Gelder gemäß den Art. 32, 87, 96 und 99 des tunesischen Strafgesetzbuchs verfolgt werde. Es handelt sich hierbei jedoch um ein Dokument, das nach dem Erlass des Beschlusses 2015/157 ausgestellt wurde. Außerdem wird in der Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses 2011/72, der durch den Beschluss 2014/49 geändert und durch den Beschluss 2015/157 verlängert wurde, nicht erwähnt, dass der Kläger verfolgt wird, sondern lediglich, dass gegen ihn strafrechtlich ermittelt wird. Die Aufrechterhaltung der restriktiven Maßnahmen, die aufgrund des Beschlusses 2015/157 gegen den Kläger verhängt wurden, beruht somit nicht darauf, dass der Kläger wegen des Sachverhalts verfolgt wird, der in der Begründung für die Aufnahme des Namens genannt ist.

83

Als Zweites ist, wie oben in Rn. 34 dargelegt und wie der Kläger selbst im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes anerkennt, der Umstand, dass wegen rechtswidriger Verwendung staatlicher Gelder gerichtliche Verfahren im Gang sind, auf denen die Gründe für die Aufnahme des Namens beruhen, grundsätzlich eine ausreichende Grundlage für den Erlass restriktiver Maßnahmen. Unter diesen Umständen wäre dieser Fehler selbst dann ohne Bedeutung, wenn der Rat zu Unrecht die Auffassung vertreten hätte, dass die Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 19. Dezember 2014 die strafrechtliche Verfolgung des Klägers beweise.

84

Jedenfalls ist festzustellen, dass in der Bescheinigung, die der Kläger der Klageschrift selbst beigefügt hat, auf eine strafrechtliche Verfolgung des Klägers hingewiesen wird. In der Bescheinigung, die auf Französisch abgefasst ist, heißt es nämlich, dass „die Ermittlungssache mit dem Aktenzeichen Nr. 19592/1 … im Gang ist und Mohamed Marouen Ben Ali Ben Mohamed Mabrouk betrifft, der u. a. wegen Mittäterschaft bei der Veruntreuung staatlicher Gelder durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, Mittäterschaft beim Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, Dritten ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen und die Verwaltung zu schädigen, und Mittäterschaft bei der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen, verfolgt wird“. Folglich beruht der vorliegende Teil des ersten Klagegrundes auf einem unterstellten Sachverhalt, der unzutreffend ist.

85

Daher ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes und somit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzungen der Grundrechte des Klägers im Zusammenhang mit dem Verfahren, das zum Erlass des Beschlusses 2015/157 geführt hat

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 47 der Charta wegen Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer durch den Rat

86

Zur Stützung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, Art. 47 der Charta sei im vorliegenden Fall anwendbar, da die gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen des Rates im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren erlassen worden seien. Zum Nachweis einer Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Rahmen des ersten Klagegrundes. Die Verpflichtung des Rates, den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 47 der Charta zu wahren, sei durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt worden. In der Erwiderung hält der Kläger den Argumenten des Rates entgegen, es spiele keine Rolle, dass der Rat im vorliegenden Fall nicht im Rahmen richterlicher Befugnisse gehandelt habe. Im Übrigen sei es unerheblich, dass das Verfahren der erneuten Prüfung durch den Rat die Voraussetzungen von Art. 47 der Charta erfülle, da der Rat kein unparteiisches, unabhängiges Gericht sei.

87

In der Klagebeantwortung macht der Rat geltend, er habe im vorliegenden Fall nicht in Wahrnehmung richterlicher Aufgaben gehandelt, da diese Aufgaben im Rahmen des institutionellen Systems der Union dem Gerichtshof der Europäischen Union vorbehalten seien. Im Übrigen habe das Gericht bereits festgestellt, dass Maßnahmen wie die streitigen restriktiven Maßnahmen keinen Rechtsprechungscharakter hätten. Selbst wenn der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 47 der Charta auf den Rat anwendbar sein sollte, verletze die Dauer des beim Rat anhängigen Verfahrens nicht das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer, da die Frage, ob der Name des Klägers auf der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 beibehalten werden müsse, jedes Jahr erneut geprüft worden sei.

88

Vorab ist festzustellen, dass das Vorbringen des Klägers im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht anhand von Art. 47 der Charta geprüft werden kann.

89

Nach Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Des Weiteren bestimmt Art. 51 Abs. 1 der Charta, dass diese für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt. In Art. 51 Abs. 2 heißt es, dass die Charta den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnt und weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union begründet noch die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben ändert.

90

Im Licht von Art. 51 Abs. 1 und 2 der Charta sind die Bestimmungen von Art. 47 dahin auszulegen, dass sie das Recht auf wirksamen Rechtsschutz nur in Verfahren gewährleisten, in denen die vom Unionsrecht garantierten Rechte und Freiheiten auf dem Spiel stehen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin, C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 52).

91

Somit ist Art. 47 der Charta im vorliegenden Fall insoweit anwendbar, als er dem Kläger gewährleistet, dass das Einfrieren der streitigen Vermögenswerte einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch das Gericht unterzogen wird, was u. a. beinhaltet, dass geprüft wird, ob der Beschluss über den Erlass der Maßnahmen auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 119). Eine solche Überprüfungspflicht im Sinne von Art. 47 der Charta obliegt dem Gericht und nicht dem Rat.

92

Dagegen gelten die Bestimmungen von Art. 47 der Charta nicht für das Recht des Klägers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz im Rahmen des gegen ihn anhängigen Gerichtsverfahrens im Drittstaat Tunesien. Zudem kann der Umstand, dass der Beschluss über den Erlass der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen auf dem Gerichtsverfahren beruht, nicht dazu führen, eine Kontrolle seiner Rechtmäßigkeit anhand dieser Bestimmungen zu rechtfertigen. Zum einen wurde der Beschluss nämlich von einem Unionsorgan erlassen, das nach den Verträgen nicht befugt ist, richterliche Aufgaben wahrzunehmen. Zum anderen hat der Beschluss, der im Übrigen im Rahmen der GASP erlassen wurde, keinen Rechtsprechungscharakter, da er nicht das Ziel hat, über eine Klage oder einen Rechtsstreit zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 24. März 2011, Bengtsson, C‑344/09, EU:C:2011:174, Rn. 22 bis 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93

Diese Auslegung wird durch die Rn. 178 bis 184 und 188 des Urteils vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission (C‑385/07 P, EU:C:2009:456), die der Kläger zur Stützung des vorliegenden Teils anführt, nicht in Frage gestellt. Aus diesen Randnummern, insbesondere aus Rn. 188, geht nämlich eindeutig hervor, dass sich der Gerichtshof darauf beschränkt hat, den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 47 Abs. 2 Satz 1 der Charta auf die Verhandlung einer Klage durch das Gericht im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht anzuwenden, und diese Anwendung nicht auf Unionsorgane ausdehnen wollte, die keine richterlichen Befugnisse haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 178 bis 184 und 188 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94

Der Rat ist zwar verpflichtet, die Fälle von Personen, gegen die er restriktive Maßnahmen verhängt, innerhalb einer angemessenen Frist zu bearbeiten. Dies folgt aus Art. 41 Abs. 1 der Charta, der das Recht jeder Person auf eine gute Verwaltung beinhaltet.

95

Auch wenn jedoch der vorliegende Teil entgegen dem Vorbringen des Klägers dahin auszulegen sein sollte, dass er einen Verstoß des Rates gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta betrifft, geht aus den oben in den Rn. 62 bis 78 dargelegten Umständen hervor, dass er jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen ist.

96

Zum einen konnten diese Umstände nämlich aus den oben in den Rn. 66 bis 75 dargelegten Gründen selbst dann, wenn sie vom Rat vorgenommene Überprüfungen bei den tunesischen Behörden zum Stand der gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gerechtfertigt haben sollten, den Rat nicht zu einer Freigabe der eingefrorenen Vermögenswerte des Klägers in der Union verpflichten. Zum anderen waren, wie oben in den Rn. 76 bis 78 dargelegt, die Beweise, die der Kläger vor dem Erlass des Beschlusses 2015/157 vorgelegt hatte, nicht geeignet, berechtigte Fragen bezüglich der Wahrung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer durch die tunesischen Behörden aufkommen zu lassen. Aus den gleichen Gründen kann dem Rat entgegen dem Vorbringen des Klägers kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er die tunesischen Behörden nicht über die zeitlichen Grenzen des Einfrierens seiner Vermögenswerte in der Union und die Notwendigkeit eines zügigen gerichtlichen Ermittlungsverfahrens informiert hat.

97

Wie aus dem Wortlaut der Klageschrift und der Erwiderung hervorgeht, beanstandet der Kläger im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes aber nur, dass der Rat sein Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer dadurch verletzt habe, dass er nicht die in seiner Zuständigkeit liegenden Maßnahmen ergriffen habe, um zu verhindern, dass das gegen ihn anhängige Gerichtsverfahren in Tunesien eine angemessene Dauer überschreite.

98

Soweit daher aus den Umständen, die der Kläger dem Rat vorgetragen hat, nicht hervorgeht, dass die Dauer des Gerichtsverfahrens mit einem solchen Mangel behaftet ist, kann auch die Dauer des Einfrierens der Vermögenswerte des Klägers in der Union nicht mit diesem Mangel behaftet sein.

99

Im Übrigen macht der Kläger nicht geltend, dem Rat vor seinem Schreiben vom 15. Januar 2015 Umstände vorgetragen zu haben, die es gerechtfertigt hätten, dass der Rat bei den tunesischen Behörden Schritte unternimmt, um sich davon zu überzeugen, dass das Recht des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer im Rahmen der gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gewahrt wird. Folglich kann der Kläger dem Rat nicht vorwerfen, in dieser Hinsicht für den Zeitraum vor dem Schreiben vom 15. Januar 2015 mangelnde Sorgfalt an den Tag gelegt zu haben.

100

Nach alledem ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011

101

Zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes macht der Kläger geltend, die Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011 habe die Unschuldsvermutung dadurch verletzt, dass sie die Öffentlichkeit dazu anhalte, die Personen für schuldig zu halten, die in der Pressemitteilung als verantwortlich für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder genannt seien. In Rn. 126 der Klageschrift ersucht der Kläger das Gericht, „festzustellen, dass diese Erklärung gegen die Unschuldsvermutung und Art. 48 der Charta verstößt“. In der Erwiderung macht der Kläger zur Argumentation des Rates in der Klagebeantwortung geltend, das Vorliegen eines Verstoßes werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Pressemitteilung ein vom Beschluss 2015/157 getrenntes Dokument sei, „selbst wenn die gerichtliche Feststellung gesondert erfolgt“. Es ändere auch nichts an der Wirkung der Pressemitteilung, dass gegen sie keine Nichtigkeitsklage erhoben worden sei. Schließlich sei es unerheblich, dass die fragliche Pressemitteilung vier Jahre vor dem genannten Beschluss ergangen sei, da der Beschluss die Aufrechterhaltung von restriktiven Maßnahmen vorsehe, die am selben Tag wie die Pressemitteilung erlassen worden seien. Ferner sei die Verletzung der Unschuldsvermutung geeignet, die Durchführung eines fairen Verfahrens in Tunesien zu verhindern, da sie das Verhalten der tunesischen Behörden gegenüber dem Kläger beeinflussen könne.

102

Der Rat macht in der Klagebeantwortung geltend, er habe durch den Erlass des Beschlusses 2015/157 nicht festgestellt, dass sich der Kläger der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder schuldig gemacht habe, und der Würdigung des Sachverhalts durch das zuständige Gericht in Tunesien nicht vorgegriffen. Die Pressemitteilung, die der Kläger im Rahmen des vorliegenden Teils beanstande, sei mit dem genannten Beschluss nicht identisch und nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten worden. Jedenfalls sei die rechtliche Natur der Pressemitteilung von derjenigen des Beschlusses zu unterscheiden, und ihre Rechtmäßigkeit müsse gesondert geprüft werden. In seiner Gegenerwiderung macht der Rat im Wesentlichen geltend, dass der Satz, den der Kläger zur Stützung der vorliegenden Rüge geltend mache, im übergeordneten Zusammenhang der Pressemitteilung nicht als Verletzung der Unschuldsvermutung angesehen werden könne.

103

Es ist festzustellen, dass es bei dem Dokument, auf das sich der vorliegende Teil des zweiten Klagegrundes bezieht und das der Klageschrift beigefügt ist, um eine Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011 (5881/1/2011 REV 1) handelt, in der der Rat die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 31. Januar 2011 veröffentlichte. Auf der ersten Seite des Dokuments befindet sich ein eingerahmter Text, dessen zweiter Absatz die folgende Erklärung enthält:

„Der Rat hat ferner die Vorkommnisse in Tunesien erörtert und Schlussfolgerungen angenommen, in denen erklärt wird, dass die EU bereit ist, die Demokratisierung und insbesondere die Vorbereitung von Wahlen zu unterstützen. Er hat restriktive Maßnahmen angenommen, mit denen die Vermögenswerte von Personen eingefroren werden, die öffentliche Gelder Tunesiens veruntreut haben.“

104

Im Übrigen weist der Rat auf S. 8 Nr. 6 der oben in Rn. 103 genannten Pressemitteilung darauf hin, dass er „in Absprache mit den tunesischen Regierungsstellen restriktive Maßnahmen gegen Personen erlassen [hat], die öffentliche Gelder unterschlagen haben“.

105

Nach Auffassung des Klägers verletzen diese zwei Erklärungen die Unschuldsvermutung. Die erste Erklärung sei so formuliert, dass der Eindruck entstehe, die fraglichen Personen seien bereits für die rechtswidrige Verwendung öffentlicher Gelder verurteilt worden. Was die zweite Erklärung betrifft, erkennt der Kläger zwar an, dass das Gericht bereits festgestellt hat, dass solche Erklärungen der Würdigung des Sachverhalts durch das zuständige Gericht nicht vorgreifen (Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat,T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 83), beanstandet jedoch im Wesentlichen, dass der Rat der Formulierung „Personen, die öffentliche Gelder unterschlagen haben“ einen „absoluten“ Charakter verliehen habe, da er nicht darauf hingewiesen habe, dass er sich auf Verfahren stütze, in denen die strafrechtliche Verantwortung dieser Personen noch nicht festgestellt worden sei.

106

Vorab ist festzustellen, dass der Kläger auf eine in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage erklärt hat, der in Rn. 126 der Klageschrift formulierte Antrag, eine Verletzung der Unschuldsvermutung durch die beiden fraglichen Erklärungen festzustellen, sei von dem Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2015/157 zu unterscheiden und als Unterstützung dieses Antrags auszulegen. Daraus folgt zwangsläufig, dass der Kläger der Auffassung ist, die behauptete Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Wirkung der Erklärungen sei geeignet, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2015/157 zu beeinträchtigen.

107

Hierzu ist festzustellen, dass, wie der Rat im Wesentlichen geltend macht, die streitige Pressemitteilung von den Beschlüssen 2011/72 und 2015/157 zu unterscheiden ist und nur dem Ziel dient, die Öffentlichkeit über den Inhalt des Beschlusses 2011/72 zu informieren. Darüber hinaus stellt er keine Handlung dar, die im Rahmen des Verfahrens vorgenommen wurde, das zum Erlass eines der Beschlüsse geführt hat. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Beschlüsse für sich genommen die Unschuldsvermutung nicht verletzen. Folglich kann er sich nicht auf eine behauptete Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Erklärungen in der streitigen Pressemitteilung berufen, um die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2015/157 in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 413 und 423). Somit geht der vorliegende Teil des zweiten Klagegrundes ins Leere.

108

Jedenfalls beruht der vorliegende Teil des zweiten Klagegrundes auf einem am Wortlaut haftenden Verständnis der beiden oben in den Rn. 103 und 104 angeführten Erklärungen, ohne deren Kontext zu berücksichtigen.

109

Der Inhalt der fraglichen Pressemitteilung bestätigt nämlich, dass sie, wie sich aus ihrer Überschrift ergibt, nur dem Ziel dient, die Öffentlichkeit über die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 31. Januar 2011, insbesondere über den Erlass des Beschlusses 2011/72, zu informieren.

110

Folglich sind die beiden fraglichen Erklärungen unter Bezugnahme auf den Inhalt des Beschlusses 2011/72 auszulegen. Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 bestimmt, dass sämtliche Vermögenswerte der für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen eingefroren werden. Wie jedoch bereits oben in Rn. 34 dargelegt, muss der Begriff der „für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses nicht nur Personen erfassen, die bereits für solche Handlungen verantwortlich gemacht wurden, sondern auch Personen, die Gegenstand laufender gerichtlicher Ermittlungen zum Nachweis einer solchen Verantwortung sind.

111

Des Weiteren sind die Erklärungen auch unter Einbeziehung der Gründe für die Aufnahme des Namens der Personen in die Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 auszulegen. Was den Kläger betrifft, geht seit der ersten Aufnahme seines Namens in die Liste aus diesen Gründen ausdrücklich hervor, dass gegen ihn wegen eines Sachverhalts, der als rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder eingestuft werden kann, strafrechtlich ermittelt wird.

112

Somit macht der Kläger zu Unrecht geltend, die Erklärungen suggerierten die Schuld der Personen, deren Namen in der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 aufgeführt seien. Denn der Inhalt der Erklärungen verweist auf den Inhalt des genannten Beschlusses, und dieser Beschluss betrifft, wie oben dargelegt, den Kläger nicht als Person, die bereits als verantwortlich für die rechtswidrige Verwendung öffentlicher tunesischer Gelder verurteilt wurde, sondern als Person, gegen die wegen einer solchen rechtswidrigen Verwendung gerichtlich ermittelt wird. Aus denselben Gründen können diese Erklärungen nicht als geeignet angesehen werden, die zuständigen tunesischen Behörden zu beeinflussen oder der Würdigung des Sachverhalts durch das zuständige Gericht vorzugreifen. Somit können sie jedenfalls nicht so gewertet werden, als begründeten sie eine Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung.

113

Aus alledem ergibt sich, dass der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen ist.

– Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung und insbesondere des Rechts auf eine unparteiische Behandlung der eigenen Angelegenheiten im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Charta

114

Zur Stützung dieses Teils beruft sich der Kläger auf eine Reihe von Umständen, die seiner Meinung nach beweisen, dass er vom Rat nicht unparteiisch behandelt worden sei. Als Erstes habe der Rat im Rahmen seiner „ersten öffentlichen Erklärung“ bestätigt, dass alle Personen, deren Namen in der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 aufgeführt seien, für die rechtswidrige Verwendung öffentlicher Gelder verantwortlich seien, „ohne jede genauere Einordnung“. Als Zweites hätten die derzeitigen Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in diese Liste keine „Unions-Dimension“ mehr, was nach Auffassung des Klägers zu einer Freigabe der fraglichen eingefrorenen Vermögenswerte hätte führen müssen. Als Drittes habe es der Rat im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen entlastenden Umstände zu Unrecht abgelehnt, die Richtigkeit des behaupteten Sachverhalts zu überprüfen. Als Viertes sei der Beschluss 2015/157 ungeachtet der Untätigkeit der tunesischen Justizbehörden erlassen worden, die zu einem vierjährigen Verfahren geführt habe. Als Fünftes habe der Rat diesen Beschluss angenommen, ohne die Umstände zu berücksichtigen, die eine Rückkehr zur Demokratie in Tunesien belegten. Als Sechstes habe der Rat den Beschluss erlassen, ohne insbesondere den Einwand zu prüfen, dass dieser das Recht des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer verletze.

115

Der Rat tritt jedem dieser Argumente entgegen und weist allgemein darauf hin, dass die Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und dem Kläger im Hinblick auf die Würdigung der vom Kläger zu seiner Entlastung geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht als fehlende Unparteilichkeit des Rates ausgelegt werden könne.

116

In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass der Rat beim Erlass restriktiver Maßnahmen verpflichtet ist, den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne von Art. 41 der Charta zu wahren, der nach ständiger Rechtsprechung die Verpflichtung des zuständigen Organs umfasst, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117

Der Kläger wiederholt zur Stützung des vorliegenden Teils des zweiten Klagegrundes im Wesentlichen die verschiedenen Rügen, die er im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes sowie in den anderen Teilen des zweiten Klagegrundes geltend gemacht hat. Aus den bei der Prüfung dieser Klagegründe und Teile dargelegten Gründen sind diese Rügen jedoch zurückzuweisen.

118

Als Erstes ergibt sich, wenn der Kläger mit der Formulierung „erste öffentliche Erklärung“ die Pressemitteilung meinen sollte, deren Rechtmäßigkeit er im Rahmen des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes bestreitet, oben aus den Rn. 107 bis 112, dass sein Vorbringen zur behaupteten Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Pressemitteilung zurückzuweisen ist.

119

Als Zweites ist es aus den oben in den Rn. 39 und 57 dargelegten Gründen nicht relevant, dass die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 sich nicht auf Tatsachen beziehen, die in der Union stattgefunden haben, da sich diese Gründe auf ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen eines Sachverhalts, der als Veruntreuung öffentlicher Gelder eingestuft werden kann, beziehen.

120

Als Drittes verpflichteten die vom Kläger vorgetragenen entlastenden Umstände, mit denen insbesondere nachgewiesen werden soll, dass keine Aussicht auf ein Gerichtsverfahren gegen den Kläger bestand, aus den oben in den Rn. 49 bis 57 dargelegten Gründen den Rat nicht, zusätzliche Überprüfungen zum Stand der gegen den Kläger in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen durchzuführen.

121

Als Viertes konnten die Beweise, die der Kläger zum Nachweis einer Verletzung seines Rechts auf eine angemessene Verfahrensdauer durch die tunesischen Behörden vorgelegt hat, aus den oben in den Rn. 63 bis 78 dargelegten Gründen keine Freigabe seiner eingefrorenen Vermögenswerte in der Union rechtfertigen.

122

Als Fünftes hat der Rat aus den oben in den Rn. 127 bis 134 im Rahmen des dritten Klagegrundes dargelegten Gründen keinen Fehler begangen, als er die streitigen restriktiven Maßnahmen trotz der Entwicklung des demokratischen Prozesses in Tunesien aufrechterhielt. Schließlich ist das sechste Argument, mit dem eine Verletzung des Rechts des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer durch den Rat geltend gemacht wird, aus den oben in den Rn. 88 bis 96 im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes dargelegten Gründen zurückzuweisen.

123

Nach alledem macht der Kläger folglich zu Unrecht geltend, dass der Rat gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und insbesondere den Grundsatz der Unparteilichkeit verstoßen habe. Daher ist der vorliegende Teil und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Gegenstandslosigkeit des Beschlusses 2015/157 angesichts der Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses in Tunesien

124

Zur Stützung des dritten Klagegrundes rügt der Kläger offensichtliche Fehler des Rates bei der Beurteilung der Entwicklung des demokratischen Prozesses in Tunesien und der Notwendigkeit restriktiver Maßnahmen gegen tunesische Staatsangehörige, die für die Veruntreuung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlich gemacht würden. Zum einen belegten seit dem 31. Januar 2011 eine Reihe von Entwicklungen in den Bereichen Justiz, Verfassungsrecht und Wahlen den Abschluss des demokratischen Übergangsprozesses in Tunesien. Indem der Rat die streitigen restriktiven Maßnahmen angesichts der „Lage in Tunesien“ – so der Wortlaut des Beschlusses 2011/72 – aufrechterhalten habe, habe er das Wesen dieser Entwicklungen falsch beurteilt oder zumindest nicht berücksichtigt. Zum anderen habe sich der Rat, wenn er den Übergang zur Demokratie in Tunesien als vollzogen angesehen haben sollte, nicht mehr auf das Ziel stützen können, den Demokratisierungsprozess zu schützen, um die fraglichen restriktiven Maßnahmen aufrechtzuerhalten. Hilfsweise macht der Kläger geltend, der Beschluss 2015/157 sei mit einem Begründungsmangel behaftet, da der Rat nicht dargelegt habe, warum er die streitigen restriktiven Maßnahmen trotz der Entwicklungen des Demokratieprozesses in Tunesien aufrechterhalte.

125

Der Rat entgegnet, das Vorbringen des Klägers beruhe auf der fehlerhaften Annahme, dass der demokratische Übergangsprozess in Tunesien abgeschlossen sei. Wie jedoch insbesondere aus den Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Januar 2015 hervorgehe, sei der Rat der Auffassung gewesen, dass der Prozess zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 noch im Gang gewesen sei.

126

Vorab ist festzustellen, dass der vorliegende Klagegrund, auch wenn sich der Kläger nicht ausdrücklich auf Art. 277 AEUV bezieht, als Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 in seiner durch den Beschluss 2015/157 verlängerten Fassung auszulegen ist. Die behaupteten offensichtlichen Beurteilungsfehler, die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemacht werden, beziehen sich nämlich nicht auf die Aufrechterhaltung der Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses 2011/72 als solche, sondern allgemein auf die Aufrechterhaltung des Einfrierens der Vermögenswerte von für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder Tunesiens verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen Personen gemäß Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 31). Somit spricht der Kläger dem Rat die Befugnis ab, die restriktiven Maßnahmen, die im Rahmen des Beschlusses 2011/72 im Hinblick auf die Ziele des Beschlusses und die Entwicklung des demokratischen Prozesses in Tunesien getroffen wurden, in ihrer Gesamtheit aufrechtzuerhalten.

127

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Beschluss 2011/72, der sich auf Art. 29 EUV stützt, gemäß seinem ersten Erwägungsgrund darauf gerichtet ist, die „Bemühungen [des tunesischen Volkes] um die Verwirklichung einer stabilen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, des demokratischen Pluralismus und der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ zu unterstützen. Namentlich soll er gemäß seinem zweiten Erwägungsgrund die tunesischen Behörden bei ihrem Kampf gegen die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder unterstützen, indem das Vermögen von Personen eingefroren wird, die für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder „verantwortlich“ sind und damit das tunesische Volk um den Ertrag der nachhaltigen Entwicklung seiner Wirtschaft und Gesellschaft bringen und die Entwicklung der Demokratie im Land untergraben.

128

Folglich ist, wie bereits entschieden worden ist, der Beschluss 2011/72 Teil einer allgemeineren Politik der Union zur Unterstützung der tunesischen Behörden, die die politische und wirtschaftliche Stabilisierung der Tunesischen Republik fördern soll, und entspricht somit den Zielen der GASP, die insbesondere in Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und d EUV festgelegt sind, wonach die Union eine internationale Zusammenarbeit verfolgt, um zum einen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern und zum anderen die nachhaltige Entwicklung, u. a. in Bezug auf die Wirtschaft, in den Entwicklungsländern zu fördern (vgl. Urteile vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑516/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:377, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

129

Nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der GASP verfügt der Rat in einem Bereich, in dem er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Würdigungen vornehmen muss, über ein weites Ermessen, so dass eine in diesen Bereichen erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig ist, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteil vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

130

Im vorliegenden Fall war der Rat, wie er unter Bezugnahme auf seine Schlussfolgerungen vom 19. Januar 2015 geltend macht, im Gegensatz zum Kläger nicht der Auffassung, dass der demokratische Übergangsprozess in Tunesien zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 abgeschlossen war. Die vom Kläger angeführten Entwicklungen in den Bereichen Justiz, Verfassungsrecht und Wahlen lassen keinen offensichtlichen Fehler des Rates bei der Beurteilung dieses Prozesses erkennen. Zwar bezeugten die Entwicklungen Fortschritte, doch ließen sie nicht den offensichtlichen Schluss zu, dass der Prozess beendet sei, da er u. a., wie der Rat in seinen oben genannten Schlussfolgerungen feststellt, an die Konsolidierung des Rechtsstaats und der demokratischen Errungenschaften der neuen tunesischen Verfassung gebunden war.

131

Jedenfalls beruht der vorliegende Klagegrund implizit, aber zwangsläufig auf der fehlerhaften Annahme, dass die Beendigung des demokratischen Übergangsprozesses in Tunesien den Rat zu einer Aufhebung der im Beschluss 2011/72 vorgesehenen restriktiven Maßnahmen veranlassen müsste. Wie nämlich oben in Rn. 33 dargelegt, dient das Einfrieren von Vermögenswerten gemäß Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 im Licht seiner Erwägungsgründe 1 und 2 allein dem Zweck, den tunesischen Behörden die Feststellung der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder zu erleichtern und diesen Behörden die Möglichkeit einzuräumen, Erträge aus einer solchen Verwendung zurückzuerlangen. Folglich kann eine etwaige Aufhebung der restriktiven Maßnahmen nur von einem Abschluss der Gerichtsverfahren, auf die sich die Maßnahmen beziehen, und nicht von einem Abschluss des demokratischen Übergangsprozesses in Tunesien abhängen, da die Unterstützung dieses Prozesses nur ein Endziel der Politik ist, die das Einfrieren von Geldern beinhaltet, und keine zusätzliche Bedingung für die Aufrechterhaltung des Einfrierens von Geldern darstellt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 143).

132

Selbst wenn man annimmt, dass der demokratische Übergangsprozess beendet ist, wäre zudem das Einfrieren von Geldern entgegen dem Vorbringen des Klägers kein Eingriff des „Gesetzgebers“ in Angelegenheiten, die der Zuständigkeit der Gerichte unterliegen.

133

Unabhängig davon nämlich, dass der Rat nach Art. 24 EUV in der GASP keine Gesetzgebungsakte erlässt, kann die Beendigung des demokratischen Übergangsprozesses in Tunesien, wie oben in Rn. 131 dargelegt, nicht dazu führen, dass der Rat verpflichtet ist, die aufgrund des Beschlusses 2011/72 verhängten restriktiven Maßnahmen wieder aufzuheben. Die Aufhebung der Maßnahmen vor Abschluss der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen wäre nämlich, da sie geeignet wäre, den tunesischen Behörden die Feststellung der rechtswidrigen Verwendung staatlicher Gelder und die Wiedererlangung der Erträge aus einer solchen Verwendung zu erschweren, geeignet, das dem Beschluss zugrunde liegende Ziel der Konsolidierung und Unterstützung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Tunesien zu gefährden. Insoweit ist die Aufrechterhaltung der Maßnahmen, die, wie oben in Rn. 33 dargelegt, ausschließlich der Sicherung dienen und keine strafrechtliche Konnotation haben, im Hinblick auf die Ziele der GASP weiterhin gerechtfertigt. Wenn daher das Vorbringen des Klägers so zu verstehen ist, dass ein Eingriff durch einen Träger politischer Gewalt, wie den Rat, in Angelegenheiten, die der alleinigen Zuständigkeit der tunesischen Justizbehörden unterliegen, beanstandet wird, ist festzustellen, dass die Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen kein solcher Eingriff ist.

134

Folglich ist dieser Klagegrund, soweit mit ihm offensichtliche Fehler des Rates bei der Beurteilung der Entwicklung der politischen Lage in Tunesien geltend gemacht werden, zurückzuweisen.

135

Soweit mit diesem Klagegrund, hilfsweise, ein Begründungsmangel geltend gemacht wird, ist festzustellen, dass aus den Rn. 127 bis 133 oben hervorgeht, dass die politische Lage in Tunesien seit Erlass des Beschlusses 2011/72 keine besondere Begründung der Aufrechterhaltung der im Rahmen des Beschlusses 2011/72 angesichts der genannten Entwicklungen erlassenen restriktiven Maßnahmen durch den Beschluss 2015/157 rechtfertigte. Auch insoweit ist dieser Klagegrund daher zurückzuweisen.

136

Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum vierten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund: „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ aufgrund unzureichender Berücksichtigung des „strafrechtlichen Aspekts“ des Beschlusses 2015/157 durch den Rat

137

Zur Stützung des vierten Klagegrundes macht der Kläger geltend, der Rat habe die Argumente, die er in seinem Schreiben vom 15. Januar 2015„unter strafrechtlichen Gesichtspunkten“ dargelegt habe, nicht objektiv gewürdigt. Der Rat habe seine Erläuterungen in Bezug auf die Abschwächung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Tunesien nicht berücksichtigt und sich auf spekulative Erwägungen gestützt, die ausschließlich auf den Zielen der GASP beruhten. Folglich habe der Rat es unterlassen, die Rechte des Klägers als Person, gegen die strafrechtlich ermittelt werde, anhand des Unionsrechts zu prüfen. In der Erwiderung macht der Kläger geltend, der Beschluss 2015/157 habe eine strafrechtliche Dimension oder zumindest strafrechtliche Wirkungen oder ein strafrechtliches Ziel, da er die gleiche Wirkung wie eine Rechtshilfemaßnahme habe, die ein Strafgericht aufgrund des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption anordne, das die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 31. Oktober 2003 angenommen habe.

138

Der Rat entgegnet, der Beschluss 2015/157 sei auf der einzig möglichen Rechtsgrundlage erlassen worden, nämlich Art. 29 EUV, und habe keine strafrechtliche Dimension.

139

Der vorliegende Klagegrund ist so zu verstehen, dass der Kläger im Wesentlichen geltend macht, der Rat habe einen Rechtsfehler begangen, als er die Aufrechterhaltung der gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen im Rahmen des Erlasses des Beschlusses 2015/157 erneut und ausschließlich im Hinblick auf die Ziele der GASP und somit ohne Anwendung der Anforderungen und Garantien, die in einem Strafverfahren zu wahren sind, geprüft habe. Dieser Klagegrund ist offensichtlich unbegründet.

140

Zum einen tragen, wie oben in den Rn. 127 und 128 dargelegt, der Beschluss 2011/72 und folglich der Beschluss 2015/157, der ihn verlängert, den Zielen Rechnung, die im Rahmen der GASP in Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und d EUV festgelegt sind. Zum anderen entbehrt, wie oben in Rn. 33 dargelegt, das Einfrieren der Vermögenswerte des Klägers in der Union, das nicht auf eine Ahndung seiner Handlungen in Tunesien gerichtet ist, jeglicher strafrechtlichen Konnotation. Folglich hat der Rat im Rahmen des Erlasses des Beschlusses 2015/157 zu Recht nur geprüft, ob die ihm bekannten Umstände im Hinblick auf die Ziele des Beschlusses 2011/72, die unter die GASP fallen, eine ausreichende Grundlage für die Aufrechterhaltung des Einfrierens der Vermögenswerte bildeten. Somit konnte er nicht verpflichtet sein, die Aufrechterhaltung des Einfrierens anhand der Anforderungen des Strafrechts zu prüfen und dem Kläger besondere Garantien, die den Garantien im Rahmen von Strafverfahren entsprechen, zugutekommen zu lassen.

141

Das Vorbringen des Klägers in der Erwiderung, das darauf gerichtet ist, den strafrechtlichen Charakter des Einfrierens der streitigen Vermögenswerte nachzuweisen, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

142

Als Erstes können der Sicherungscharakter des Einfrierens der streitigen Vermögenswerte und der Umstand, dass dessen Aufrechterhaltung vom Ausgang der Strafprozesse in Tunesien abhängt, für sich genommen der Maßnahme keinen strafrechtlichen Charakter verleihen.

143

Wie nämlich oben in den Rn. 33, 127 und 128 dargelegt, hat der Rat im Rahmen einer Politik zur Unterstützung der tunesischen Behörden im Hinblick auf die Förderung der Stabilisierung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Art. 29 EUV die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, die zum wirksamen Abschluss der in Tunesien anhängigen Strafprozesse wegen rechtswidriger Verwendung staatlicher Gelder beitragen. Wie der Rat zu Recht geltend macht, sind die Strafprozesse in Tunesien nicht die Rechtsgrundlage, sondern die Tatsachengrundlage für das Einfrieren der streitigen Vermögenswerte. Wie im Übrigen aus der Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses 2011/72 hervorgeht, die sich auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen diesen bezieht, hat der Rat den Beschluss 2015/157 nicht aufgrund der Überzeugung erlassen, dass der Kläger staatliche Gelder rechtswidrig verwendet hat.

144

Als Zweites kann der vom Kläger vorgenommene Vergleich zwischen den Wirkungen des Einfrierens seiner Gelder und den Wirkungen einer Rechtshilfemaßnahme im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen nicht überzeugen.

145

Das vom Rat angeordnete Einfrieren der Gelder des Klägers hat zwar konkret zur Folge, dass die Gelder in der Union blockiert werden, was mit der Sperrung von Geldern vergleichbar ist, die durch eine nationale Justizbehörde im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen verhängt werden könnte. Dennoch sind diese beiden Maßnahmen unterschiedlicher Natur.

146

Zum einen ist das Einfrieren der Gelder des Klägers, das gemäß Art. 29 EUV beschlossen wurde, eine eigenständige Maßnahme zur Verwirklichung der Ziele der GASP und keine Maßnahme, die auf ein Rechtshilfeersuchen tunesischer Behörden ergeht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat, T‑290/14, EU:T:2015:806, Rn. 45).

147

Zum anderen beschränken sich die Befugnisse des Rates hier gemäß Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und d und Art. 29 EUV auf die Anordnung eines Einfrierens der Vermögenswerte der betroffenen Personen, welches zur Sicherung erfolgt und naturgemäß vorübergehend und umkehrbar ist. Dagegen sind die Befugnisse nationaler Justizbehörden im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen nicht unbedingt auf den Erlass solcher Maßnahmen beschränkt.

148

Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Eigentum und Verstoß gegen Art. 17 der Charta

149

Zur Stützung des fünften Klagegrundes macht der Kläger geltend, da der Beschluss 2015/157 nicht gerechtfertigt und rechtswidrig sei, seien die Beschränkungen seines Eigentumsrechts ebenfalls nicht gerechtfertigt und verstießen gegen Art. 17 der Charta. Der Rat tritt diesem Vorbringen entgegen.

150

Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Einschränkung der Ausübung des Eigentumsrechts nur dann mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss die Einschränkung „gesetzlich vorgesehen“ sein. Die Maßnahme muss mit anderen Worten eine Rechtsgrundlage haben. Zweitens muss die Einschränkung ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel verfolgen, das als solches von der Union anerkannt wird. Drittens darf die Einschränkung nicht unverhältnismäßig sein. Einerseits muss sie in Bezug auf das verfolgte Ziel erforderlich und angemessen sein. Andererseits darf die Substanz, des fraglichen Rechts oder der in Rede stehenden Freiheit nicht beeinträchtigt werden (vgl. Urteile vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 197 bis 200 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑516/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:377, Rn. 165 bis 168 und die dort angeführte Rechtsprechung).

151

Der Kläger macht im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nur geltend, da er im Rahmen der vorangegangenen Klagegründe die Rechtswidrigkeit und fehlende Rechtfertigung des Einfrierens seiner Vermögenswerte in der Union nachgewiesen habe, sei die Beschränkung seines Eigentumsrechts ebenfalls nicht gerechtfertigt. Folglich stellt er nur in Frage, dass die Beschränkung die ersten zwei der oben in Rn. 150 genannten Voraussetzungen erfüllt. Aus den Rn. 36 bis 148 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass der Kläger im Rahmen der vorangegangenen Klagegründe weder die Rechtswidrigkeit noch die fehlende Rechtfertigung des Einfrierens der Vermögenswerte nachweisen konnte. Folglich hat er auch nicht nachgewiesen, dass die Einschränkungen seines Eigentumsrechts durch das Einfrieren der Vermögenswerte keine Rechtsgrundlage hätten oder im Hinblick auf die Ziele des Beschlusses 2011/72 und der GASP nicht gerechtfertigt seien. Der vorliegende Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

152

Aus alledem folgt, dass der Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2015/157 zurückzuweisen ist, da keiner der Klagegründe durchgreift.

Zum Antrag aus dem ersten Anpassungsschriftsatz: Nichtigerklärung des „Beschlusses“ des Rates vom 16. November 2015, mit dem dieser den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2015 auf Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 zurückgewiesen hat

153

Gemäß Art. 86 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann der Kläger, wenn der ursprünglich angefochtene Rechtsakt im Laufe des Verfahrens durch einen anderen Rechtsakt mit demselben Gegenstand ersetzt oder geändert wird, vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor der Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, die Klageschrift anpassen, um diesem neuen Umstand Rechnung zu tragen. Gemäß Art. 86 Abs. 2 der Verfahrensordnung muss die Anpassung der Klageschrift mit gesondertem Schriftsatz und innerhalb der in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehenen Frist erfolgen, innerhalb deren die Nichtigerklärung des Rechtsakts beantragt werden kann, der die Anpassung der Klageschrift rechtfertigt.

154

Des Weiteren ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Anpassung der Klageschrift gegen eine Handlung gerichtet sein muss, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gegeben ist, d. h. eine Handlung, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, durch die die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 3. Juli 2014, Alchaar/Rat, T‑203/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:602, Rn. 58 und 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche Handlung nicht gegeben, wenn eine bloße Bestätigung einer früheren Handlung vorliegt, d. h., wenn eine Handlung gegenüber einer früheren Handlung keine neuen Umstände enthält und nicht auf einer Überprüfung der Rechtslage des Betroffenen beruht (vgl. Beschlüsse vom 7. Dezember 2004, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑521/03 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2004:778, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. Juni 2009, Cofra/Kommission, C‑295/08 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:407, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

155

Eine rein bestätigende Handlung liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht vor, wenn eine Handlung nach einer Überprüfung der früheren Handlung vorgenommen wird, die aufgrund des Vorliegens neuer wesentlicher Tatsachen erforderlich wurde. Eine Tatsache ist zum einen als neu einzustufen, wenn sie zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung nicht bestanden hat oder bei deren Vornahme nicht berücksichtigt worden ist, und zum anderen als wesentlich einzustufen, wenn sie die rechtliche Situation des Klägers, wie sie zum Zeitpunkt der Vornahme der früheren Handlung gegeben war, wesentlich verändert, so dass sie geeignet ist, Zweifel an der Begründetheit der Handlung aufkommen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. November 2014, Kommission/Spanien, T‑481/11, EU:T:2014:945, Rn. 34 bis 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156

Im Bereich restriktiver Maßnahmen geht zum einen aus der Rechtsprechung hervor, dass ein Kläger grundsätzlich berechtigt ist, die Klageanträge und ‑gründe, die er gegen einen ihn betreffenden Beschluss über das Einfrieren von Geldern richtet, in Anbetracht des Erlasses eines nachfolgenden Beschlusses über die Verlängerung des Einfrierens der Gelder anzupassen. In diesem Fall beschränkt sich der nachfolgende Beschluss nämlich nicht darauf, den früheren Beschluss zu bestätigen, da er das Einfrieren der Gelder im Hinblick auf den Betroffenen infolge der Überprüfung seiner Situation für einen neuen Zeitraum verlängert, der über den Geltungszeitraum des früheren Beschlusses hinausgeht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 15. Februar 2005, PKK und KNK/Rat, T‑229/02, EU:T:2005:48, Rn. 44, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 103).

157

Zum anderen geht aus Art. 2 Abs. 3 und Art. 5 des Beschlusses 2011/72 hervor, dass der Rat die Aufnahme des Namens einer Person in den Anhang des Beschlusses angesichts stichhaltiger neuer Beweise oder Stellungnahmen, die ihm vorgelegt werden, jederzeit erneut prüfen kann, so dass die Aufnahme des Namens fortlaufend überprüft wird. Diese Bestimmungen sollen gewährleisten, dass Personen, die die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Anhang des genannten Beschlusses nicht mehr erfüllen, nicht nur nach der regelmäßigen jährlichen Überprüfung, sondern gegebenenfalls sofort aus dem Anhang gestrichen werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 129). Folglich ist ein Beschluss des Rates, den Namen einer Person nicht aus dem Anhang des Beschlusses 2011/72 zu streichen, der nach einer Überprüfung der Situation dieser Person in Anbetracht neuer wesentlicher Tatsachen im Sinne der oben in Rn. 155 dargelegten Rechtsprechung erlassen wird, keine rein bestätigende Handlung, selbst wenn der Beschluss nicht die Eintragung des Namens verlängert, sondern lediglich die Geltung des früheren Beschlusses aufrechterhält (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 13. November 2014, Kommission/Spanien, T‑481/11, EU:T:2014:945, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

158

Hier ist zum einen festzustellen, dass der Beschluss des Rates vom 16. November 2015, der mit dem ersten Anpassungsschriftsatz angefochten wird, den Beschluss 2015/157, der den Gegenstand der Klage bildet, nicht geändert oder ersetzt hat. In seinem Schreiben vom 16. November 2015 beschränkte sich der Rat darauf, den Antrag des Klägers zurückzuweisen, der im Wesentlichen darauf gerichtet war, den Beschluss 2015/157 aufzuheben, soweit er den Kläger betrifft. Der Beschluss enthält somit keine neuen Umstände im Sinne der oben in Rn. 154 angeführten Rechtsprechung.

159

Zum anderen ist die Zurückweisung des Antrags nicht nach einer Überprüfung erfolgt, die aufgrund von Umständen, die sowohl neu als auch wesentlich im Sinne der oben in Rn. 155 angeführten Rechtsprechung waren, gerechtfertigt war.

160

Als Erstes beziehen sich nämlich die Stellungnahmen des Klägers vom 29. Mai und 7. September 2015 im Wesentlichen auf Umstände, die vor dem Erlass des Beschlusses 2015/157 lagen, sowie auf Fragen, die bereits in der Stellungnahme des Klägers vom 15. Januar 2015 enthalten waren, und somit auf Umstände, die nicht neu waren.

161

Im Übrigen sind die einzigen zeitlich nach dem Beschluss 2015/157 liegenden Umstände, die in den Stellungnahmen geltend gemacht werden, nämlich ein Urteil des Berufungsgerichts Tunis vom 25. Februar 2015 sowie drei tunesische im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangene verwaltungsgerichtliche Entscheidungen vom 30. März 2015, keine wesentlichen Umstände, d. h. keine Umstände, die geeignet sind, die Lage des Klägers in Bezug auf die restriktiven Maßnahmen, die ihm gegenüber mit dem Beschluss 2015/157 verlängert wurden, wesentlich zu verändern.

162

Insoweit beruhen die restriktiven Maßnahmen, wie bereits mehrfach dargelegt, auf dem Bestehen eines laufenden gerichtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen eines Sachverhalts, der als rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder eingestuft werden kann. Zum einen geht zwar aus der Mitteilung des Rechtsbeistands des Klägers in Tunesien vom 24. April 2015 hervor, dass das Urteil des Berufungsgerichts Tunis dem Antrag des Klägers auf Trennung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens von diesen Ermittlungen stattgegeben hat, doch ist diese Entwicklung des Verfahrens für sich genommen offensichtlich nicht geeignet, den Fortgang dieser Ermittlungen in Frage zu stellen. Zum anderen besagt die Mitteilung des Rechtsbeistands des Klägers in Tunesien, die der Stellungnahme des Klägers vom 29. Mai 2015 beigefügt ist, dass die drei Gerichtsentscheidungen vom 30. März 2015 die Aussetzung des Vollzugs von drei Verwaltungsentscheidungen über die Einziehung bestimmter Vermögensgegenstände des Klägers angeordnet haben, wobei nicht klar ersichtlich ist, in welchem Zusammenhang sie zu den gerichtlichen Ermittlungen stehen, die dem Einfrieren der Gelder des Klägers in der Union zugrunde liegen.

163

Als Zweites geht aus dem Akteninhalt hervor, dass die Dokumente, die von den tunesischen Behörden am 11. Mai 2015 ausgestellt wurden und auf die sich der Rat in seinem Schreiben vom 16. November 2015 stützt, lediglich bestätigen, dass das gerichtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger in Tunesien im Gang ist, und dass sie vom Rat nur vorgelegt wurden, um dem Vorbringen des Klägers entgegenzutreten, mit dem dieser die Grundlage dieser Ermittlungen beanstandet. Folglich können diese Dokumente, bei denen es sich zwar um neue Umstände handelt, nicht als wesentlich eingestuft werden. Sie führen nämlich nicht zu einer wesentlichen Veränderung der Lage des Klägers im Vergleich zu der Situation, in der er sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/157 befand.

164

Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Dokumente vom Rat nach Überprüfungen vorgelegt wurden, deren Durchführung er mit Schreiben vom 4. Februar 2015 infolge der Stellungnahme des Klägers angekündigt hatte.

165

Gemäß Art. 2 Abs. 3 und Art. 5 des Beschlusses 2011/72 hat der Rat nämlich bei der Entscheidung, ob die Prüfung von Umständen, die ihm von den tunesischen Behörden oder dem Kläger vorgetragen werden, zweckmäßig ist, etwa um sich über den Stand des gegen den Kläger anhängigen Gerichtsverfahrens zu erkundigen, einen bedeutenden Ermessensspielraum. Folglich ist nicht jeder neue Umstand, der bei den Prüfungen bekannt wird, die der Rat von Amts wegen oder auf Antrag des Klägers vornimmt, zwangsläufig ein wesentlicher Umstand, der geeignet ist, eine Überprüfung der Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses zu rechtfertigen und bei einer Weigerung, die Aufnahme des Namens in Frage zu stellen, in eine beschwerende Entscheidung zu münden.

166

Aus dem Akteninhalt geht hervor, dass der Rat in seinem Schreiben vom 4. Februar 2015 im Wesentlichen darauf hinwies, dass er die Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/72 für gerechtfertigt halte, jedoch die Stellungnahme des Klägers zum Stand der gegen ihn in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen zur Kenntnis nehme und die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen vor dem 31. Juli 2015 erneut prüfen werde. Nach diesem Schreiben nahm der Rat auch Stellungnahmen des Klägers vom 18. Februar, 29. Mai und 7. September 2015 zur Kenntnis, und er antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 16. November 2015, wobei er ihm das Ergebnis seiner zwischenzeitlich bei den tunesischen Behörden vorgenommenen Prüfungen mitteilte und ihm insbesondere die oben in Rn. 163 genannten Dokumente übermittelte. Indem der Rat es für zweckmäßig hielt, diese Prüfungen vorzunehmen, beschränkte er sich darauf, von dem Ermessensspielraum Gebrauch zu machen, der ihm durch die oben in den Rn. 157 und 165 genannten Bestimmungen eingeräumt wird, und nahm keine erneute Prüfung der Lage des Klägers vor, die aufgrund von Umständen erforderlich geworden wäre, die geeignet wären, dessen Lage wesentlich zu verändern.

167

Somit traf der Rat, als er in seinem Schreiben vom 16. November 2015 feststellte, dass die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen aufrechterhalten werden müssten, keine neue Entscheidung, die sich von dem Beschluss 2015/157 unterschied, sondern bestätigte nur den zuletzt genannten Beschluss. Demnach ist dieses Schreiben, soweit mit ihm der Antrag des Klägers auf Streichung seines Namens aus dem Anhang des Beschlusses 2011/72 zurückgewiesen wird, eine rein bestätigende Handlung, die den Kläger nicht beschwert. Daher ist der Antrag aus dem ersten Anpassungsschriftsatz, der auf die Nichtigerklärung dieser Handlung gerichtet ist, als unzulässig zurückzuweisen.

168

Das Vorbringen des Klägers, das darauf gerichtet ist, die Zulässigkeit des Anpassungsschriftsatzes darzutun, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

169

Als Erstes ist das Vorbringen des Klägers unbegründet, der Beschluss des Rates vom 16. November 2015 habe den Beschluss 2015/157 geändert, da er diesen Beschluss, der bis dahin ein „bedingter Beschluss“ gewesen sei, in einen „unbedingten Beschluss“ umgewandelt habe. Zum einen beruht dieses Vorbringen nämlich, wie der Rat in seiner Stellungnahme zum Anpassungsschriftsatz festgestellt hat, auf der fehlerhaften Annahme, dass das Schreiben des Rates vom 4. Februar 2015, in dem dieser darauf hingewiesen habe, dass er die Lage des Klägers vor dem 31. Juli 2015 erneut prüfen werde, den Beschluss 2015/157 mit einer Bedingung versehen habe. Zum anderen bewirkt die Befugnis des Rates, die gegen den Kläger durch den Beschluss 2011/72 verhängten restriktiven Maßnahmen gemäß den oben in Rn. 157 genannten Bestimmungen des Beschlusses 2011/72 zu überprüfen, um sie gegebenenfalls aufzuheben oder zu ändern, keineswegs, dass die Maßnahmen mit einer „Bedingung“ versehen werden. Folglich führte der Umstand, dass der Rat in seinem Schreiben vom 16. November 2015 feststellte, dass die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen aufrechterhalten werden müssten, nicht zu einer Umwandlung des Beschlusses 2015/157 in einen unbedingten Rechtsakt. Im Übrigen war der Rat in Anbetracht ihm gegebenenfalls zur Kenntnis gebrachter neuer und wesentlicher Umstände in der Lage, die Maßnahmen nach seinem Schreiben vom 16. November 2015 aufzuheben oder zu ändern.

170

Als Zweites kann entgegen dem Vorbringen des Klägers die Zulässigkeit dieses Anpassungsschriftsatzes nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden, dem Kläger gemäß dem Grundsatz der Waffengleichheit die Möglichkeit zu gewähren, zu den vom Rat in der Gegenerwiderung vorgebrachten Umständen Stellung zu nehmen.

171

Zum einen kann der Grundsatz der Waffengleichheit hier nicht dazu führen, die Rechtsbehelfsfristen gegenüber dem Beschluss 2015/157 erneut in Lauf zu setzen. Im Übrigen ist die Anfechtbarkeit einer Handlung nur anhand einer objektiven Beurteilung ihres Inhalts und nicht im Hinblick auf die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 20. September 2012, Frankreich/Kommission, T‑154/10, EU:T:2012:452, Rn. 37 bis 40).

172

Zum anderen hat der Kläger jedenfalls die Möglichkeit gehabt, in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2016 zu den vom Rat in der Gegenerwiderung vorgebrachten Umständen Stellung zu nehmen. Darüber hinaus hat, wie oben in Rn. 61 dargelegt, das Gericht festgestellt, dass diese Umstände, die zeitlich nach dem Beschluss 2015/157 liegen, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses nicht berücksichtigt werden können. Folglich kann es nicht gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, dass der Antrag aus dem ersten Anpassungsschriftsatz als unzulässig zurückgewiesen wird.

173

Aus alledem ergibt sich, dass der Antrag unzulässig ist.

Zum Antrag aus dem zweiten Anpassungsschriftsatz: Nichtigerklärung des Beschlusses 2016/119

174

Im Rahmen des zweiten Anpassungsschriftsatzes, der den Beschluss 2016/119 betrifft, macht der Kläger im Wesentlichen fünf Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügt er eine Verletzung der Unschuldsvermutung und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, mit dem zweiten Klagegrund beanstandet er das Fehlen einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage der streitigen Maßnahmen, mit dem dritten Klagegrund macht er einen Wegfall des Gegenstands des genannten Beschlusses geltend, mit dem vierten Klagegrund beanstandet er eine Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer, und mit dem fünften Klagegrund beruft er sich auf einen offensichtlich unverhältnismäßigen Eingriff in sein Eigentumsrecht durch den Rat.

175

Vorab ist daran zu erinnern, dass, wie oben in Rn. 16 dargelegt, der Beschluss 2016/119 die Geltung des Beschlusses 2011/72 bis zum 31. Januar 2017 verlängert und die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste im Anhang des Beschlusses auf der Grundlage der oben in Rn. 16 genannten Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015 geändert hat. Die Änderung bestand darin, dass der Hinweis auf die Straftat der Mittäterschaft bei der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen, durch den Hinweis auf die Straftat der missbräuchlichen Einflussnahme auf den Inhaber eines öffentlichen Amtes in der Absicht, einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar Vorteile zu verschaffen, ersetzt wurde.

176

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag aus dem zweiten Anpassungsschriftsatz auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2016/119, der den Beschluss 2011/72 über den im Beschluss 2015/157 vorgesehenen Zeitraum hinaus verlängert, nach der oben in Rn. 156 angeführten Rechtsprechung zulässig ist.

Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Unschuldsvermutung und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung

177

Im Rahmen des ersten Klagegrundes wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im Rahmen des zweiten und des dritten Teils des zweiten Klagegrundes der Klageschrift zu einer behaupteten Verletzung der Unschuldsvermutung. Er beruft sich dabei zum einen auf eine Pressemitteilung vom 25. Januar 2016 der Nichtregierungsorganisation Transparency International, in der darauf hingewiesen werde, dass das Vermögen von 48 Personen in Tunesien „aufgrund von Beweisen, aus denen hervorgeht, dass sie öffentliche Gelder rechtswidrig verwendet und ihre Ämter missbraucht haben“, eingefroren worden sei. Zum anderen beruft er sich auf die Mitteilung der tunesischen Behörden vom 15. Januar 2016, mit der das Auskunftsersuchen des Rates zur Lage des Klägers beantwortet wurde und die nach Auffassung des Klägers beweist, dass ihm im Rahmen der gegen ihn laufenden strafrechtlichen Ermittlungen in Tunesien „in der Sache nicht stattgegeben werden wird“.

178

Der Rat bestreitet die Relevanz dieser neuen Beweise.

179

Es ist festzustellen, dass die oben in den Rn. 107 bis 112 und 118 im Rahmen der Prüfung des zweiten und des dritten Teils des zweiten Klagegrundes der Klageschrift dargelegten Erwägungen auch hier gelten. Zum einen ist nämlich die oben in Rn. 103 genannte Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011 eine Handlung, die sich von den Beschlüssen 2011/72 und 2016/119 unterscheidet und nicht im Rahmen des Verfahrens zum Erlass dieser Beschlüsse vorgenommen wurde. Der Kläger, der nicht bestreitet, dass diese beiden Beschlüsse für sich genommen die Unschuldsvermutung nicht verletzen, kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, die von ihm behauptete Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Pressemitteilung stelle die Rechtmäßigkeit dieser Beschlüsse in Frage. Zum anderen beruht diese Rüge auf einem am Wortlaut haftenden Verständnis der Pressemitteilung, die indes unter Bezugnahme auf den Inhalt des Beschlusses 2011/72 auszulegen ist, dessen Erlass mit ihr der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden sollte. Da jedoch der Inhalt des Anhangs des zuletzt genannten Beschlusses den Kläger nicht als Person betrifft, die als verantwortlich für die rechtswidrige Verwendung öffentlicher tunesischer Gelder verurteilt wurde, sondern als Person, gegen die wegen eines solchen Sachverhalts gerichtlich ermittelt wird, kann der Inhalt der darauf Bezug nehmenden Pressemitteilung nicht das Recht des Klägers auf Wahrung der Unschuldsvermutung verletzen.

180

Selbst wenn daher die Erklärungen in der oben in Rn. 177 genannten Pressemitteilung von Transparency International das Recht des Klägers auf Wahrung der Unschuldsvermutung verletzt haben sollten, kann diese Verletzung nicht der Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011 zugeschrieben werden und jedenfalls nicht die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2016/119 beeinträchtigen.

181

Zur Mitteilung der tunesischen Behörden vom 15. Januar 2016 ist festzustellen, dass das Vorbringen des Klägers hierzu jedenfalls rein spekulativ ist. Die Mitteilung beschränkt sich nämlich auf die Darlegung der verfahrensrechtlichen Gründe, aus denen das für die Sachverhaltsaufklärung zuständige Gericht die Rechtssache des Klägers nicht von den Rechtssachen der anderen betroffenen Personen getrennt hat. Folglich lässt sich dieser Mitteilung nicht entnehmen, welche Schlussfolgerungen die tunesischen Behörden aus den strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger ziehen werden oder dass eine plausible Verbindung zwischen den in der Mitteilung enthaltenen Erwägungen und der fraglichen Pressemitteilung des Rates besteht.

182

Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Fehlen einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage der streitigen Maßnahmen

183

Der zweite Klagegrund besteht im Wesentlichen aus vier Teilen: Erstens seien die Behauptungen, die der Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/72 zugrunde lägen, zu vage, zweitens sei die Akte des Klägers von den tunesischen Justizbehörden nicht gesondert geprüft worden, was die Illusion einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage schaffe, drittens sei in Bezug auf den Kläger keine signifikante Tätigkeit im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens festzustellen, und viertens seien die genannten Behauptungen zu ungenau, was den dem Kläger vorgeworfenen Sachverhalt und dessen individuelle Verantwortung betreffe.

184

Der Rat bestreitet die Relevanz der vom Kläger vorgetragenen Umstände und beruft sich auf das Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat (T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216).

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Unbestimmtheit der Behauptungen, die der Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/72 zugrunde liegen

185

Vorab ist festzustellen, dass mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes eine neue Rüge erhoben wird, die im Rahmen der Klageschrift, insbesondere ihres ersten Klagegrundes, nicht geltend gemacht worden ist. Diese Rüge kann nicht als Erweiterung einer der Rügen angesehen werden, die bereits mit dem genannten Klagegrund vorgetragen worden sind (vgl. Urteil vom 15. März 2006, Italien/Kommission, T‑226/04, EU:T:2006:85, Rn. 64 und 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Kläger ist jedoch im Licht der im Beschluss 2016/119 genannten neuen Gründe für die Aufnahme seines Namens und der Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015, die jeweils neue Umstände darstellen, berechtigt, diese Rüge im Rahmen der Anpassung des ersten Klagegrundes erstmals zu erheben (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 13. September 2013, Anbouba/Rat, T‑563/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:429, Rn. 52).

186

Aus den unten in den Rn. 187 bis 195 dargelegten Gründen ist diese Rüge jedoch unbegründet.

187

Als Erstes beruft sich der Kläger zum einen auf Abweichungen zwischen der Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015 und den Gründen für die Aufnahme seines Namens in den Anhang des Beschlusses 2011/72, der durch den Beschluss 2016/119 geändert wurde, in Bezug auf die Art der genannten Straftaten und zum anderen auf die fehlende Präzisierung dieser Straftaten und der konkreten Umstände zu deren Nachweis.

188

Zwar werden die Straftaten, auf die sich die gegen den Kläger in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen beziehen, in den vom Rat genannten Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des durch den Beschluss 2016/119 geänderten Beschlusses 2011/72 knapper beschrieben als in der fraglichen Bescheinigung der tunesischen Behörden, doch weichen die Gründe und die Bescheinigung nicht nennenswert voneinander ab. Im Übrigen kann der Rat nicht verpflichtet sein, in den Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers die Beweise aufzuführen, auf die sich die Gründe stützen, zumal er dem Kläger diese Beweise mitgeteilt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 132 und 133).

189

Als Zweites ist festzustellen, dass die fragliche Bescheinigung zwar nicht die konkreten Umstände benennt, auf die sich die betreffenden Straftaten beziehen, doch werden die Straftaten und der angenommene Beteiligungsgrad des Klägers als Täter bzw. Mittäter hinreichend konkret bezeichnet, um den Rat in die Lage zu versetzen, festzustellen, ob der Kläger die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 erfüllt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 123).

190

Zudem lässt u. a. der Rückgriff des Klägers auf den Begriff des actus reus erkennen, dass sich seine Argumentation auf die falsche Annahme stützt, die vom Rat zugrunde gelegten Beweise müssten den gleichen Präzisionsgrad aufweisen, der für den Nachweis seiner Verantwortung für die genannten Straftaten erforderlich ist. Der Kläger bestreitet jedoch nicht, dass sich der Rat auf laufende strafrechtliche Ermittlungen in Bezug auf diese Straftaten stützen kann, d. h. auf ein Stadium des Strafverfahrens, in dem die Feststellung der Umstände, die den Nachweis oder den Ausschluss einer solchen strafrechtlichen Verantwortung ermöglichen, naturgemäß noch nicht erfolgt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 83 bis 90).

191

Aus denselben Gründen ist die fehlende Angabe der Identität der anderen Personen, die neben dem Kläger der Teilnahme an den genannten Straftaten verdächtigt werden und auf die sich die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers und die Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015 beziehen, nicht relevant. Wie nämlich oben in Rn. 189 dargelegt, reicht es aus, dass die Bescheinigung die Straftaten und den angenommenen Beteiligungsgrad des Klägers hinreichend konkret bezeichnet. Gleiches gilt für die in der Bescheinigung fehlende Angabe von Ort und Zeit in Bezug auf die betreffenden Straftaten.

192

Ebenso irrelevant ist die behauptete Falscheinstufung des ehemaligen Präsidenten der Tunesischen Republik als Beamter. Es genügt nämlich die Feststellung, dass sich weder die oben in Rn. 16 genannte Bescheinigung noch die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in den Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Beschluss 2016/119 geänderten Fassung auf diese Person beziehen. Im Übrigen ist festzustellen, dass, da die von dieser Person wahrgenommenen Aufgaben die Verwaltung öffentlicher Mittel beinhalten können, diese Aufgaben jedenfalls für die Zwecke der Feststellung einer Straftat, die als rechtswidrige Verwendung öffentlicher Gelder im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2011/72 eingestuft werden kann, mit den Aufgaben gleichgesetzt werden können, die von einem Beamten wahrgenommen werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 120 und 178).

193

Als Drittes ist der Kläger der Auffassung, trotz der vom Rat vor dem Erlass des Beschlusses 2016/119 angeführten neuen Umstände, insbesondere des Dokuments vom 18. Januar 2016 mit dem Aktenzeichen MD 7/16 EXT 1 RELEX, das dem Schreiben des Rates vom 29. Januar 2016 beigefügt gewesen sei, habe der Rat zu keinem Zeitpunkt über Beweise verfügt, die geeignet seien, die gegen den Kläger vorgebrachten Behauptungen zu untermauern. Der Kläger macht in Bezug auf das genannte Dokument insbesondere geltend, der darin enthaltene Hinweis auf internationale Rechtshilfeersuchen sei nicht präzise genug, um die Feststellung des Gegenstands der Rechtshilfeersuchen, der anderen davon betroffenen Personen sowie ihrer Adressaten zu ermöglichen.

194

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich der Kläger gegenüber dem Beschluss 2016/119 nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass der Rat bis zur Vorlage des Dokuments MD 7/16 EXT 1 RELEX vom 18. Januar 2016 nicht über Beweise für die Beteiligung des Klägers an den Straftaten, derentwegen in Tunesien gegen ihn strafrechtlich ermittelt werde, verfügt habe. Wie oben in Rn. 61 dargelegt, ist nämlich die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen, wie sie bei Erlass des Aktes bestand. Folglich ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2016/119 im Licht der Beweise zu beurteilen, über die der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses verfügte, d. h. am 28. Januar 2016.

195

Im Übrigen hat der Kläger keinen Umstand dargetan, der geeignet ist, die sachliche Richtigkeit der im Dokument MD 7/16 EXT 1 RELEX genannten Umstände in Frage zu stellen, insbesondere des Hinweises in Nr. 3 des Dokuments auf fünf internationale Rechtshilfeersuchen in Bezug auf den Kläger vom 19. Januar 2011, 21. Januar 2011, 10. Januar 2012, 22. Oktober 2013 und 5. Mai 2015. Da die Bescheinigung der tunesischen Behörden vom 20. Oktober 2015 beweist, dass gegen den Kläger wegen eines Sachverhalts, der als rechtswidrige Verwendung öffentlicher Gelder eingestuft werden kann, strafrechtlich ermittelt wird, ist jedenfalls diese Bescheinigung insofern ein ausreichender Beweis, auf den sich der Rat für die Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/72 stützen konnte. Selbst wenn daher der Hinweis auf die internationalen Rechtshilfeersuchen nicht präzise genug sein sollte, ist dieser Umstand nicht entscheidend.

196

Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: keine gesonderte Prüfung der Akte des Klägers durch die tunesischen Justizbehörden

197

Zur Stützung dieses Teils macht der Kläger geltend, die tunesischen Justizbehörden müssten seine Akte getrennt von der Akte der anderen Personen prüfen. Insoweit beanstandet der Kläger die Entscheidung des für die Sachverhaltsaufklärung zuständigen Gerichts, das, wie die tunesischen Behörden in ihrer Mitteilung vom 15. Januar 2016 darlegen, trotz des Urteils des Berufungsgerichts Tunis vom 25. Februar 2015 der Auffassung war, es sei notwendig, eine solche Trennung nicht vorzunehmen.

198

Diese Umstände können die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2016/119 jedoch nicht beeinträchtigen. Sie werfen nämlich Fragen auf, die das tunesische Verfahrensrecht betreffen und über die ausschließlich tunesische Gerichte zu entscheiden haben, und zwar gegebenenfalls im Rahmen eines neuen Rechtsbehelfs des Klägers gegen die genannte Entscheidung des für die Sachverhaltsaufklärung zuständigen Gerichts. Im Übrigen bestätigen die Erläuterungen, die die tunesischen Behörden in der genannten Mitteilung in Beantwortung des Auskunftsersuchens des Rates abgaben, dass sich die Behörden bei der Behandlung der Frage der Trennung der Akte des Klägers auf rein rechtliche Erwägungen stützten und in diesem Zusammenhang kein Umstand vorlag, der geeignet war, berechtigte Fragen zu einem etwaigen Ermessensmissbrauch der Behörden aufkommen zu lassen, die die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen in Frage stellten.

199

Im Übrigen ist der Umstand, dass der Kläger keine familiären Bindungen zur Ehefrau des ehemaligen Präsidenten der Tunesischen Republik haben soll, hier nicht relevant. Der Name des Klägers ist nämlich nicht aufgrund dieser familiären Bindungen, sondern aufgrund strafrechtlicher Ermittlungen der tunesischen Behörden wegen seiner persönlichen Beteiligung an einem Sachverhalt, der als rechtswidrige Verwendung öffentlicher Gelder eingestuft werden kann, in die Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 in der durch den Beschluss 2016/119 geänderten Fassung aufgenommen worden.

200

Darüber hinaus bemüht sich der Kläger zwar, darzutun, dass die tunesischen Gerichte ihn anders als die übrigen Personen, die von den verbundenen strafrechtlichen Ermittlungen betroffen seien, schrittweise von den im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ihn verhängten Zwangsmaßnahmen befreit hätten, doch haben die Umstände, die er hierfür anführt, keine Bedeutung. Wie nämlich oben in den Rn. 49 bis 56 dargelegt, können die verschiedenen Gerichtsentscheidungen über die Aufhebung der Verbote, das tunesische Staatsgebiet zu verlassen, und die Aufhebung der Entscheidungen über die Einziehung des Vermögens des Klägers dem endgültigen Standpunkt der tunesischen Gerichte im Hinblick auf den Ausgang der Strafprozesse, auf die sich der Rat stützt, nicht vorgreifen. Im Übrigen hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt näher dargelegt, welche Verbindung zwischen den verschiedenen Gerichtsentscheidungen und den fraglichen Strafprozessen bestehen soll. Insofern hat der Rat keinen Fehler bei der Beurteilung der von den tunesischen Behörden dargelegten Umstände begangen und sich nicht an einem „rechtswidrigen Handeln“ dieser Behörden beteiligt, als er feststellte, dass die genannten Umstände eine Verlängerung der gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen erlauben.

201

Somit ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

– Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: keine signifikante Tätigkeit in Bezug auf den Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in Tunesien

202

Der Kläger macht geltend, aus dem Dokument vom 10. Dezember 2015 mit dem Aktenzeichen MD 745/15 ADD 1 EXT 1, das eine von den tunesischen Behörden vorgenommene Aufstellung der wichtigsten Umstände der ihn betreffenden Rechtssache Nr. 19592/1 enthalte, gehe hervor, dass die Justizbehörden bezüglich der Untersuchung dieser Rechtssache untätig geblieben seien.

203

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

204

Zum einen geht aus der fraglichen Aufstellung nämlich hervor, dass der Kläger im Rahmen der Rechtssache Nr. 19592/1 am 14. Mai 2014 vom Ermittlungsrichter vernommen wurde, was der Kläger nicht bestreitet. Wie ferner aus der Mitteilung des Rechtsbeistands des Klägers in Tunesien vom 4. Februar 2016 hervorgeht, die dem zweiten Anpassungsschriftsatz beigefügt ist, war der Kläger bereits zuvor am 15. Februar 2012 und am 21. Februar 2012 im Rahmen der gleichen Rechtssache befragt worden.

205

Zum anderen geht aus der fraglichen Aufstellung klar hervor, dass die Rechtssache Nr. 19592/1 nicht nur den Kläger betrifft, sondern alle Personen, die von einer Klage betroffen sind, deren Gegenstand die Nutzung eines Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnisses zum ehemaligen Präsidenten der Tunesischen Republik im Hinblick auf den Abschluss fiktiver Verträge und rechtswidriger öffentlicher Aufträge ist. Aus der Aufstellung geht ebenfalls hervor, dass die zuständigen Gerichte zwischen dem 14. Mai 2014 und dem 4. März 2015 zahlreiche Maßnahmen zur Beweiserhebung im Rahmen dieser Rechtssache durchgeführt haben. Außerdem deutet nichts in der Aufstellung darauf hin, dass außerhalb dieses Zeitraums keine Ermittlungshandlung stattgefunden hat.

206

Nach alledem ist somit der Umstand, dass im Rahmen der genannten Rechtssache die letzte in der Aufstellung genannte Ermittlungsmaßnahme in Bezug auf den Kläger am 14. Mai 2014 stattfand, für sich genommen nicht geeignet, eine Verschleppung des Verfahrens in dieser Rechtssache und mangelnde Sorgfalt der tunesischen Behörden zu beweisen. Selbst wenn solches vorliegen sollte, kann der Rat jedenfalls aus den oben in den Rn. 67 bis 75 genannten Gründen nicht allein deshalb verpflichtet sein, die eingefrorenen Vermögenswerte des Klägers freizugeben. Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

– Zum vierten Teil des zweiten Klagegrundes: fehlende Einhaltung der Genauigkeitsvorgaben der Rechtsprechung hinsichtlich des vorgeworfenen Sachverhalts und der individuellen Verantwortung des Klägers

207

Zur Stützung des vorliegenden Teils beruft sich der Kläger auf Rn. 44 des Urteils vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), sowie die Rn. 44 und 48 des Urteils vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), und macht geltend, der Rat sei nicht nur verpflichtet, die Straftaten genau zu bezeichnen, deren die in die fragliche Liste aufgenommene Person verdächtigt werde, sondern er müsse auch Einzelheiten zur individuellen Verantwortung der Person in Bezug auf die betreffenden Handlungen benennen. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Darüber hinaus könne sich der Rat angesichts dieser Urteile nicht auf die Feststellung beschränken, er dürfe die Vermögenswerte eines Drittstaatsangehörigen in der Union allein deshalb einfrieren, weil der Betroffene in dem Drittstaat strafrechtlich verfolgt werde. Schließlich könne der Kläger nicht als strafrechtlich verfolgt angesehen werden, da der gegen ihn anhängige Strafprozess nicht voranschreite.

208

Hierzu ist festzustellen, dass sich die Urteile vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), und vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), auf den Beschluss 2014/119/GASP des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26) beziehen.

209

In Rn. 44 des Urteils vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), und in Rn. 44 des Urteils vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), hat das Gericht festgestellt, dass der einzige Beweis, auf den sich die streitigen restriktiven Maßnahmen stützten, zwar von einer hohen Justizbehörde eines Drittlands, nämlich der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, stammte, jedoch lediglich eine allgemeine und unspezifische Behauptung enthielt, die den Namen der Kläger, wie auch die Namen anderer ehemaliger hoher Beamter, mit einem Ermittlungsverfahren in Verbindung brachte, das im Wesentlichen darauf gerichtet war, das Vorliegen einer rechtswidrigen Veruntreuung öffentlicher Gelder zu überprüfen. Ferner hat das Gericht in diesen Randnummern festgestellt, dass dieses Schreiben zwar die Straftat benannte, deren die Kläger nach den Bestimmungen des ukrainischen Strafgesetzbuchs verdächtigt wurden, nämlich die Unterschlagung von Geldern des ukrainischen Staates, die nach Art. 191 des ukrainischen Strafgesetzbuchs strafbar ist, aber keine genauen Angaben zur Feststellung der Handlungen enthielt, die im Zuge der von den ukrainischen Behörden geführten Ermittlungen geprüft werden sollten, und erst recht keine Angaben zu einer – zumindest mutmaßlichen – entsprechenden individuellen Verantwortung des Klägers.

210

Zudem hat das Gericht in Rn. 48 des Urteils vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), festgestellt, dass unabhängig von dem Stadium, in dem sich das Verfahren befand, das gegen den Kläger eingeleitet worden sein sollte, der Rat keine restriktiven Maßnahmen gegen ihn erlassen durfte, ohne die als Veruntreuung staatlicher Mittel gewerteten Handlungen, die die ukrainischen Behörden dem Kläger konkret zur Last legten, zu kennen, da der Rat nur bei Kenntnis dieser Handlungen hätte feststellen können, ob sie möglicherweise als Veruntreuung öffentlicher Mittel einzustufen waren und die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine gefährdeten, die mit dem Erlass der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen gestärkt und unterstützt werden sollte (Urteil vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat, T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45, Rn. 48).

211

Unabhängig von der Frage, ob die aufgrund des Beschlusses 2014/119 erlassenen restriktiven Maßnahmen in allen Punkten mit den Maßnahmen vergleichbar sind, die aufgrund des Beschlusses 2011/72 erlassen wurden, genügt die Feststellung, dass, wie aus Rn. 44 des Urteils vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), und den Rn. 44 und 48 des Urteils vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), hervorgeht, der tatsächliche Kontext der Rechtssachen, in denen diese Urteile ergangen sind, sich erheblich von dem der vorliegenden Rechtssache unterscheidet.

212

Auf der einen Seite ist der Kontext der vorliegenden Rechtssache nämlich durch das Bestehen laufender strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger gekennzeichnet, das durch Bescheinigungen des mit den Ermittlungen befassten Gerichts nachgewiesen wurde, die nähere Angaben zu den Aktenzeichen der betreffenden Rechtssache enthalten und die Art der Straftaten, derentwegen ermittelt wird, sowie den Grad der mutmaßlichen Beteiligung des Klägers an diesen Straftaten genau bezeichnen. Folglich beruhen die gegen den Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen entgegen seinem Vorbringen auf konkreten tatsächlichen Umständen, die sich auf die Straftaten, deren er verdächtigt wird, und auf seine mutmaßliche individuelle Verantwortung für diese Straftaten beziehen. Im Übrigen geht aus dem Akteninhalt hervor, dass der Rat abgesehen von diesen Bescheinigungen zum Zeitpunkt, als der Beschluss 2016/119 erlassen wurde, auch über Dokumente verfügte, die von den tunesischen Behörden ausgestellt worden waren und zusätzliche Angaben zur Art des Sachverhalts, dessentwegen gegen den Kläger ermittelt wurde, sowie zum Stand der Ermittlungen enthielten (vgl. die oben in den Rn. 193 und 202 genannten Dokumente).

213

Auf der anderen Seite beruhten, wie das Gericht in Rn. 44 des Urteils vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), und in Rn. 44 des Urteils vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), festgestellt hat, die streitigen restriktiven Maßnahmen ausschließlich auf einem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, das lediglich eine allgemeine und unspezifische Aussage enthielt, die den Namen der Kläger, wie auch die Namen anderer ehemaliger hoher Beamter, mit einem Ermittlungsverfahren in Verbindung brachte, das im Wesentlichen darauf gerichtet war, das Vorliegen einer rechtswidrigen Veruntreuung öffentlicher Gelder zu überprüfen, und keine sonstigen näheren Angaben enthielt.

214

Folglich kann der Kläger nicht geltend machen, dass der Rat beim Erlass des Beschlusses 2016/119 die Anforderungen der Urteile vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat (T‑290/14, EU:T:2015:806), und vom 28. Januar 2016, Stavytskyi/Rat (T‑486/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:45), nicht erfüllt habe.

215

Das Vorbringen des Klägers, er könne nicht als von den tunesischen Behörden verfolgt angesehen werden, ist aus den oben in den Rn. 82 bis 84 genannten Gründen unbegründet.

216

Nach alledem ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Gegenstandslosigkeit des Beschlusses 2016/119

217

Im Rahmen dieses Klagegrundes beschränkt sich der Kläger darauf, sein Vorbringen im Rahmen des dritten Klagegrundes der Klageschrift an den Kontext des Beschlusses 2016/119 anzupassen, indem er im Wesentlichen die Auffassung vertritt, die Entwicklung des demokratischen Prozesses in Tunesien entziehe dem Beschluss die Rechtsgrundlage. Dieses Vorbringen ist jedoch aus den oben in den Rn. 127 bis 133 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

218

Im Rahmen des vierten Klagegrundes passt der Kläger sein Vorbringen zur angemessenen Verfahrensdauer in der Klageschrift zur Stützung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes und des ersten Teils des zweiten Klagegrundes an. Der Kläger ist der Auffassung, die Argumentation des Rates im Rahmen der Gegenerwiderung, wonach die Art der Straftaten, derentwegen ermittelt werde, und das Vorliegen von Rechtshilfeersuchen die Dauer der strafrechtlichen Ermittlungen der tunesischen Behörden rechtfertigten, sei in Bezug auf ihn nicht auf Tatsachen gestützt. Die Aufrechterhaltung der restriktiven Maßnahmen beruhe zudem auf einem „zirkulären Mechanismus“. Die tunesischen Behörden seien nämlich daran interessiert, den Strafprozess gegen den Kläger nicht zu beschleunigen, damit das Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union „maximalen Strafcharakter“ entfalte, während der Rat die Dauer des Einfrierens mit der Dauer des Strafprozesses in Tunesien rechtfertigen könne.

219

In seiner Stellungnahme zum zweiten Anpassungsschriftsatz erwidert der Rat, er handle unabhängig von den tunesischen Behörden und sei nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, seine Beurteilung der Lage des Klägers auf eine Entscheidung der tunesischen Justizbehörden zu stützen. Folglich liege vorliegend kein „zirkulärer Mechanismus“ vor, und das vom Kläger angeführte Urteil vom 9. September 2010, Al-Aqsa/Rat (T‑348/07, EU:T:2010:373), sei insofern nicht relevant.

220

Bei der Zurückweisung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes der Klageschrift ist zum einen oben in den Rn. 61 bis 75 dargelegt worden, dass selbst dann, wenn die vom Kläger vor Erlass des Beschlusses 2015/157 vorgetragenen Umstände die Überprüfungen des Rates zum Stand der gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gerechtfertigt haben sollten, diese Umstände den Rat nicht zu einer Freigabe der eingefrorenen Gelder des Klägers in der Union verpflichten konnten. Zum anderen waren, wie oben in den Rn. 77 und 78 dargelegt, diese Umstände nicht geeignet, berechtigte Fragen bezüglich einer etwaigen Verletzung des Rechts des Klägers auf eine angemessene Verfahrensdauer durch die tunesischen Behörden aufkommen zu lassen. In Rn. 96 des vorliegenden Urteils hat sich das Gericht bei der Zurückweisung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes der Klageschrift auf dieselben Erwägungen gestützt.

221

Des Weiteren ist der Rat, wie er in seiner Gegenerwiderung darlegt, der Auffassung, dass ihm Beweise vorlägen, aus denen sich ergebe, dass das Gerichtsverfahren in Tunesien nicht über Gebühr verzögert werde und es sich um ein Verfahren in einer besonders komplizierten Rechtssache handle, die zahlreiche Verdächtige betreffe. Er stützt sich dabei auf die Dokumente mit den Aktenzeichen MD 2015/552 EXT 2 und MD 2015/553 EXT 2, die einen Bericht der tunesischen Behörden zum Stand der Entwicklung der strafrechtlichen Ermittlungen vom 11. Mai 2015 bzw. eine Aufstellung gleichen Datums zur Rechtssache Nr. 19592/1 des ersten Ermittlungsbüros des Tribunal de grande instance Tunis (Regionalgericht Tunis, Tunesien) enthalten.

222

Aus den in der vorstehenden Randnummer genannten Dokumenten ergibt sich, dass es im Rahmen des Verfahrens zur Ermittlung der den Kläger betreffenden Angelegenheit ein tatsächliches Verfahrenshandeln gibt und dass die Rechtssache aufgrund der Vielzahl der betroffenen Personen und der erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen, u. a. internationaler Rechtshilfeersuchen, komplex ist.

223

Diese Dokumente beziehen sich zwar kaum auf die persönliche Lage des Klägers, doch kann dieser nicht geltend machen, dass das entsprechende Vorbringen des Rates in Bezug auf ihn einer tatsächlichen Grundlage entbehre. Da nämlich das Ermittlungsverfahren in Bezug auf die Straftaten, deren der Kläger verdächtigt wird, im Rahmen umfassenderer Ermittlungen stattfindet, die zahlreiche weitere Personen betreffen und von internationaler Bedeutung sind, kann sich die Komplexität dieser Ermittlungen auf die Dauer des Verfahrens in Bezug auf den Kläger auswirken. Dieses Ergebnis wird durch das oben in Rn. 202 genannte Dokument vom 10. Dezember 2015 mit dem Aktenzeichen MD 745/15 ADD 1 EXT 1 bestätigt. Unter diesen Umständen geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass der Rat im Hinblick auf die Wahrung der angemessenen Verfahrensdauer durch die tunesischen Behörden einen Beurteilungsfehler begangen hat.

224

Jedenfalls geht aus diesen Dokumenten insgesamt hervor, dass der Rat angesichts der Stellungnahme des Klägers vor dem Erlass des Beschlusses 2016/119 eine gründliche Überprüfung des Stands der gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen vorgenommen hat und ihm folglich nicht vorgeworfen werden kann, er habe die Dauer der Strafprozesse in Tunesien nicht berücksichtigt. Selbst wenn diese Verfahren wegen nicht gerechtfertigter Verzögerungen bei der Bearbeitung des Falles des Klägers fehlerhaft sein sollten, können diese Verzögerungen den Rat aus den oben in den Rn. 61 bis 75 genannten Gründen nicht zwangsläufig zu einer Freigabe der eingefrorenen Vermögenswerte des Klägers in der Union verpflichten.

225

Das Vorbringen des Klägers, im Verhältnis zwischen den Gerichtsverfahren in Tunesien und dem Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union bestehe ein zirkulärer Mechanismus, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

226

Dieses Argument beruht nämlich auf der Annahme, dass die tunesischen Behörden das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger absichtlich verschleppten, um eine Verlängerung des Einfrierens seiner Vermögenswerte in der Union zu bewirken und ihn dadurch zu bestrafen, und dass der Rat wissentlich an diesem missbräuchlichen Verhalten teilnehme. Es ist jedoch zum einen festzustellen, dass der Kläger hierzu nichts vorgetragen hat, was auf eine solche Absicht der tunesischen Behörden oder die Billigung eines solchen missbräuchlichen Verhaltens durch den Rat hindeutet. Zum anderen kann das Einfrieren der Vermögenswerte des Klägers in der Union keinen Sanktionscharakter haben, da es keine strafrechtliche Konnotation hat und bestimmten Grenzen unterliegt. Abgesehen davon, dass es vorübergehend und umkehrbar ist, führt nämlich das Einfrieren der Vermögenswerte, wovon nach Art. 1 Abs. 3 und 4 des Beschlusses 2011/72 bestimmte Abweichungen möglich sind und gemäß dessen Art. 1 Abs. 5 eine Ausnahme gilt, nicht dazu, dass dem Kläger die Erträge vorenthalten werden, die aus der Verzinsung seiner Konten oder aus der Vergütung von Verträgen, Abkommen oder Verpflichtungen stammen, die vor dem Einfrieren der Vermögenswerte abgeschlossen wurden. Die Auswirkungen, die das Einfrieren der Vermögenswerte für den Kläger hat, sind daher nicht mit den Auswirkungen einer strafrechtlichen Sanktion gleichzusetzen. Somit ist das Vorbringen rein spekulativ.

227

Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts

228

Im Rahmen des fünften Klagegrundes passt der Kläger den fünften Klagegrund der Klageschrift an und macht geltend, da es an einer tatsächlichen Grundlage für die Rechtfertigung des Einfrierens seiner Vermögenswerte in der Union fehle und das Einfrieren eine angemessene Dauer überschritten habe, liege ein offensichtlich unverhältnismäßiger Eingriff in sein Eigentumsrecht vor.

229

Der Rat tritt diesem Vorbringen entgegen.

230

Vorab ist festzustellen, dass der Kläger, wie oben in Rn. 151 festgestellt, im Rahmen des fünften Klagegrundes der Klageschrift nur in Frage gestellt hat, dass das Einfrieren seiner Vermögenswerte in der Union die von der Rechtsprechung festgelegten ersten zwei Voraussetzungen für die Einschränkung der Ausübung des Eigentumsrechts erfüllt, d. h. erstens das Vorliegen einer Rechtsgrundlage für die Einschränkung und zweitens das Verfolgen von Zielen, die dem Gemeinwohl dienen und von der Union anerkannt werden. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes stellt der Kläger jedoch auch das Vorliegen der dritten Voraussetzung in Frage, d. h. die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Einschränkung im Hinblick auf das verfolgte Ziel. Die Erhebung der letztgenannten Rüge, die nicht als Erweiterung einer der Rügen angesehen werden kann, die im fünften Klagegrund der Klageschrift vorgetragen worden sind, und die somit eine neue Rüge darstellt, ist jedoch nicht durch die neuen Umstände gerechtfertigt, die vor dem Erlass des Beschlusses 2016/119 eingetreten sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 13. September 2013, Anbouba/Rat, T‑563/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:429, Rn. 52 und 53). Demgemäß ist diese Rüge jedenfalls unbegründet.

231

In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass das Einfrieren der Vermögenswerte von Personen, die in einem Beschluss genannt sind, der auf der Grundlage der Bestimmungen der GASP erlassen wird, im Hinblick auf den verfolgten Zweck keinen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen darf, der das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 121 und 122 und die dort angeführte Rechtsprechung). Des Weiteren hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich die Einschränkungen des Gebrauchs des Eigentumsrechts von Personen, die von einer restriktiven Maßnahme wie dem vorliegend in Rede stehenden Einfrieren von Vermögenswerten betroffen sind, nicht nur aus der umfassenden Geltung der fraglichen Maßnahme, sondern gegebenenfalls auch aus der tatsächlichen Dauer ihrer Anwendung ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 132 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich ist die Dauer des Zeitraums, in dem eine Maßnahme wie die streitige Maßnahme angewandt wird, ein Umstand, den das Unionsgericht bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme berücksichtigen muss (Urteil vom 30. Juni 2016, CW/Rat, T‑516/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:377, Rn. 172).

232

Da der Kläger im vorliegenden Fall den fünften Klagegrund nur darauf stützt, dass es für das Einfrieren der streitigen Vermögenswerte keine Tatsachengrundlage gebe und die Dauer unverhältnismäßig sei, genügt die Feststellung, dass, wie sich aus den Erwägungen zum einen in den Rn. 186 bis 216 im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes und zum anderen in den Rn. 220 bis 226 im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes ergibt, das Einfrieren der Vermögenswerte des Klägers auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruht und nicht von unverhältnismäßig langer Dauer war. Demnach kann die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme davon nicht beeinträchtigt werden.

233

Daher ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen. Da keiner der im Rahmen des zweiten Anpassungsschriftsatzes geltend gemachten Klagegründe begründet ist, ist der Antrag des Klägers auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2016/119 zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

234

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

235

Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Herr Mohamed Marouen Ben Ali Ben Mohamed Mabrouk trägt seine eigenen Kosten und die Kosten des Rates der Europäischen Union.

 

Gratsias

Labucka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2017.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt

 

Verfahren und Anträge der Parteien

 

Rechtliche Würdigung

 

Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2015/157

 

Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler des Rates durch unzutreffende Einstufung der gegen den Kläger in Tunesien laufenden strafrechtlichen Ermittlungen als hinreichende Tatsachengrundlage

 

– Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Berücksichtigung günstiger Entwicklungen der verschiedenen den Kläger betreffenden Gerichtsverfahren in Tunesien durch den Rat

 

– Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Berücksichtigung der Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen der gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen durch den Rat

 

– Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler des Rates, soweit er zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, die Sachverhaltsangaben der tunesischen Behörden bewiesen die strafrechtliche Verfolgung des Klägers

 

Zum zweiten Klagegrund: Verletzungen der Grundrechte des Klägers im Zusammenhang mit dem Verfahren, das zum Erlass des Beschlusses 2015/157 geführt hat

 

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 47 der Charta wegen Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer durch den Rat

 

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Pressemitteilung des Rates vom 31. Januar 2011

 

– Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung und insbesondere des Rechts auf eine unparteiische Behandlung der eigenen Angelegenheiten im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Charta

 

Zum dritten Klagegrund: Gegenstandslosigkeit des Beschlusses 2015/157 angesichts der Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses in Tunesien

 

Zum vierten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund: „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ aufgrund unzureichender Berücksichtigung des „strafrechtlichen Aspekts“ des Beschlusses 2015/157 durch den Rat

 

Zum fünften Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Eigentum und Verstoß gegen Art. 17 der Charta

 

Zum Antrag aus dem ersten Anpassungsschriftsatz: Nichtigerklärung des „Beschlusses“ des Rates vom 16. November 2015, mit dem dieser den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2015 auf Streichung seines Namens aus der Liste im Anhang des Beschlusses 2011/72 zurückgewiesen hat

 

Zum Antrag aus dem zweiten Anpassungsschriftsatz: Nichtigerklärung des Beschlusses 2016/119

 

Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Unschuldsvermutung und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung

 

Zum zweiten Klagegrund: Fehlen einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage der streitigen Maßnahmen

 

– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Unbestimmtheit der Behauptungen, die der Beibehaltung des Namens des Klägers im Anhang des Beschlusses 2011/72 zugrunde liegen

 

– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: keine gesonderte Prüfung der Akte des Klägers durch die tunesischen Justizbehörden

 

– Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: keine signifikante Tätigkeit in Bezug auf den Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in Tunesien

 

– Zum vierten Teil des zweiten Klagegrundes: fehlende Einhaltung der Genauigkeitsvorgaben der Rechtsprechung hinsichtlich des vorgeworfenen Sachverhalts und der individuellen Verantwortung des Klägers

 

Zum dritten Klagegrund: Gegenstandslosigkeit des Beschlusses 2016/119

 

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

 

Zum fünften Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts

 

Kosten


( *1 ) Verfahrenssprachen: Englisch und Französisch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Europäischer Gerichtshof Urteil, 05. Okt. 2017 - T-175/15

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