Europäischer Gerichtshof Schlussantrag des Generalanwalts, 06. Dez. 2018 - C-566/17

ECLI:ECLI:EU:C:2018:995
bei uns veröffentlicht am06.12.2018

Vorläufige Fassung


SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 6. Dezember 2018(1)

Rechtssache C566/17

Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach

gegen

Szef Krajowej Administracji Skarbowej

(Vorabentscheidungsersuchen des Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu [Woiwodschaftsverwaltungsgericht Wrocław, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Recht zum Abzug der Vorsteuer auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die untrennbar sowohl für wirtschaftliche als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden – Bestimmung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer – Grundsatz der steuerlichen Neutralität – Frage, ob und inwieweit die Berechnung der Vorsteuer gesetzlich geregelt sein muss – Fehlen nationaler Vorschriften über die Methoden für die Bestimmung der anteilsmäßigen Zuordnung der Vorsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen, die untrennbar sowohl für wirtschaftliche als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden“






1.        Dieses Vorabentscheidungsersuchen ist im Rahmen eines Rechtsstreits über den Umfang des Rechts auf Abzug der Vorsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen ergangen, die von Steuerpflichtigen untrennbar sowohl für ihre wirtschaftlichen als auch für ihre nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden.

2.        Die Systematik der Richtlinie 2006/112(2) würde dafür sprechen, dass dieses Recht nur insoweit geltend gemacht werden kann, als die Gegenstände und Dienstleistungen für Tätigkeiten der erstgenannten Art verwendet werden; die Richtlinie regelt jedoch nicht die Methoden oder Kriterien für die anteilsmäßige Zuordnung der Vorsteuer in solchen Situationen. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Tatsache, dass auch das nationale Recht keine spezifischen Regelungen zu diesem Punkt enthält, Einfluss darauf hat, inwieweit ein Steuerpflichtiger das Recht auf Vorsteuerabzug für derartige Gegenstände und Dienstleistungen ausüben kann. Insbesondere stellt sich die Frage, ob das nationale Gericht unter solchen Umständen im Ausgangsverfahren durch einen allgemeinen Grundsatz oder ein Grundrecht des Unionsrechts gehindert wäre, solche Einschränkungen auf das Abzugsrecht anzuwenden.

 Richtlinie 2006/112

3.        Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 gilt als „‚Steuerpflichtiger‘, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt“. Nach Art. 13 dieser Richtlinie gelten Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, „soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben“.

4.        Titel X der Richtlinie 2006/112 („Vorsteuerabzug“) ist in mehrere Kapitel untergliedert. Art. 168 in Kapitel 1 („Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug“) bestimmt: „Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer[(3)] folgende Beträge abzuziehen: a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden“(4).

5.        In Kapitel 2 („Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs“) bestimmt Art. 173 Abs. 1: „Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug … besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, darf nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.“ Des Weiteren bestimmt der genannte Artikel: „Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird gemäß [der in] den Artikeln 174 und 175 [geregelten Formel] für die Gesamtheit der von dem Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.“(5)

 Nationales Recht

 Verfassung der Republik Polen

6.        Nach Art. 217 der Verfassung der Republik Polen erfolgen die Auferlegung von Steuern sowie die Bestimmung der Steuerpflichtigen, der Steuersätze, der Grundsätze für die Zuerkennung von Vergünstigungen und Niederschlagungen sowie der Festlegung der von der Steuer befreiten Personengruppen durch Gesetz.

 Mehrwertsteuergesetz

7.        Die Richtlinie 2006/112 wurde durch die Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom 11. März 2004 mit Änderungen in polnisches Recht umgesetzt(6).

8.        Nach Art. 15 Abs. 6 des Mehrwertsteuergesetzes gelten Organe der öffentlichen Gewalt sowie Ämter, die diese Organe im Bereich der durch einschlägige Rechtsvorschriften auferlegten Aufgaben, zu deren Erfüllung sie bestellt worden sind, unterstützen, nicht als Steuerpflichtige, außer bei Umsätzen, die aufgrund privatrechtlicher Verträge ausgeführt werden.

9.        Art. 86 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes setzt Art. 168 der Richtlinie 2006/112 in nationales Recht um. Danach sind, „[s]oweit Gegenstände und Dienstleistungen zur Ausführung besteuerter Umsätze verwendet werden, … die in Art. 15 genannten Steuerpflichtigen … berechtigt, den Betrag der Vorsteuer vom Betrag der geschuldeten Steuer abzuziehen“ (Hervorhebung nur hier).

10.      Art. 90 Abs. 1 bis 3 des Mehrwertsteuergesetzes entspricht den Art. 173 bis 175 der Richtlinie 2006/112, soweit er im Fall von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger sowohl für Umsätze verwendet, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, den anteilsmäßigen Abzug der Mehrwertsteuer vorsieht.

11.      Am 1. Januar 2016 traten die Art. 86 des Mehrwertsteuergesetzes hinzugefügten Abs. 2a bis 2h in Kraft. Diese Bestimmungen enthalten eine nicht erschöpfende Auflistung der Methoden, nach denen ein Steuerpflichtiger den abzugsfähigen Teil der Vorsteuer bestimmen kann, die auf Lieferungen angefallen ist, die sowohl für seine wirtschaftlichen als auch für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden.

 Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefrage

12.      Der Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach (Gemeindeverband des Kupfer-Reviers mit Sitz in Polkowice, im Folgenden: Gemeindeverband) ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, der mehrere Gemeinden die Aufgabe übertragen haben, im Zuständigkeitsgebiet der Gemeinden deren gesetzliche Pflichten in Bezug auf die Abfallbewirtschaftung zu erfüllen. Für die Erfüllung dieser Pflichten erhält der Gemeindeverband eine Abfallbewirtschaftungsgebühr. Nach dem nationalen Recht gilt der Gemeindeverband nicht als Steuerpflichtiger, und seine Tätigkeiten unterliegen dementsprechend nicht der Mehrwertsteuer.

13.      Von 2013 bis 2015 erbrachte der Gemeindeverband zusätzliche zahlungspflichtige Dienstleistungen in Form der Bereitstellung und des Transports von Behältern (Containern) für verschiedene Arten von Abfällen. Die Erbringung dieser Dienstleistungen stellt eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie 2006/112 dar. Einige dieser Dienstleistungen unterliegen unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen, während andere von der Mehrwertsteuer befreit sind.

14.      In diesem Zeitraum hatte der Gemeindeverband Ausgaben für Anlagegüter und Betriebskosten. Einige dieser Ausgaben betrafen Lieferungen, die sowohl für seine wirtschaftlichen als auch für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgten.

15.      Der Gemeindeverband hatte Zweifel bezüglich der richtigen Berechnung des abzugsfähigen Teils der auf solche Lieferungen erhobenen Vorsteuer. Er beantragte daher beim Szef Krajowej Administracji Skarbowej (Leiter der nationalen Finanzverwaltung, Polen)(7) eine Einzelfallauslegung zu den Mehrwertsteuerbestimmungen.

16.      Am 17. Oktober 2016 entschied der Leiter der Finanzverwaltung(8), der Gemeindeverband müsse zur Bestimmung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer erstens den mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Teil der Vorsteuer bestimmen, d. h. die Umsätze, die der Mehrwertsteuer unterliegen oder von der Mehrwertsteuer befreit sind; zweitens sei, da einige seiner Tätigkeiten steuerbefreit seien, auf den solchermaßen ermittelten Betrag die in Art. 90 des Mehrwertsteuergesetzes definierte Formel anzuwenden. Für die Wahl der Berechnungsmethode sei allein der Steuerpflichtige verantwortlich.

17.      Gegen diese Entscheidung erhob der Gemeindeverband Klage beim vorlegenden Gericht. Er führte aus, dass das Mehrwertsteuergesetz keine anfängliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorsehe und dass sein Steuerabzugsrecht daher lediglich der Anwendung der in Art. 90 des Mehrwertsteuergesetzes definierten Formel unterliegen könne.

18.      In diesem Zusammenhang erklärt das vorlegende Gericht, dass das innerstaatliche Recht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt keine Regelungen dazu enthalten habe, nach welchen Kriterien oder Berechnungsmethoden der abzugsfähige Teil der Vorsteuer auf Lieferungen zu bestimmen sei, die ein Steuerpflichtiger untrennbar sowohl für seine wirtschaftlichen als auch für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verwende. Das Fehlen solcher Regelungen habe im Fall juristischer Personen, die ihnen gesetzlich übertragene öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllten, zu einer Verwaltungspraxis geführt, nach der – auch wenn nur ein Bruchteil der betreffenden Lieferungen der wirtschaftlichen Tätigkeit gedient habe, während der Rest für nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/112 fallende Tätigkeiten verwendet worden sei – das Recht auf vollen Abzug der auf solche Lieferungen anfallenden Vorsteuer anerkannt worden sei(9). Entwickelt habe sich diese Praxis auf Grundlage einer Entscheidung des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) vom 24. Oktober 2011(10) in Verbindung mit dem in Art. 217 der Verfassung der Republik Polen niedergelegten Grundsatz, dass das Recht, Steuern und sonstige Abgaben aufzuerlegen, allein dem Gesetzgeber vorbehalten sei.

19.      Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage vorgelegt:

Stehen Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 und der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer einer nationalen Praxis entgegen, nach der das volle Recht auf Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen gewährt wird, die sowohl für Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet werden, die vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden (besteuerte und befreite), als auch für solche, die vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer nicht erfasst werden, und zwar angesichts dessen, dass im nationalen Gesetz keine Methoden und Kriterien für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf die oben genannten Arten von Umsätzen geregelt werden?

20.      Der Gemeindeverband, die Republik Polen und die Kommission haben schriftliche Stellungnahmen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung am 20. September 2018 haben alle Genannten wie auch der Beklagte im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht (Leiter der Finanzverwaltung) mündliche Erklärungen abgegeben.

 Vorbemerkungen

21.      Wie ich bereits vorstehend erklärt habe(11), besteht die gesetzliche Hauptpflicht des Gemeindeverbands in der Erbringung von Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse liegen. Das vorlegende Gericht weist zu Recht darauf hin, dass solche Tätigkeiten keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 9 der Richtlinie 2006/112 darstellen und außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie liegen. Daraus folgt, dass der Gemeindeverband diesbezüglich gemäß Art. 13 der Richtlinie nicht als Steuerpflichtiger gilt.

22.      Aus der Vorlageentscheidung ist ersichtlich, dass es sich nur beim restlichen Teil der Tätigkeiten des Gemeindeverbands um wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 handelt und dass er deshalb lediglich hinsichtlich dieser letztgenannten Tätigkeiten Steuerpflichtiger im Sinne dieser Richtlinie ist.

23.      Der Gemeindeverband erhebt für die Leistungen, die er in Verbindung mit der Wahrnehmung seiner im öffentlichen Interesse liegenden gesetzlichen Aufgaben erbringt, keine Mehrwertsteuer. Dagegen ist er verpflichtet, auf den Preis der zusätzlichen Leistungen, die er für seine Kunden erbringt, Mehrwertsteuer in Höhe des einschlägigen Steuersatzes zu erheben und diese Steuer von ihnen einzuziehen.

24.      Die Lieferanten des Gemeindeverbands erheben zu den einschlägigen Steuersätzen Vorsteuer auf die Gegenstände und Dienstleistungen, die dieser erwirbt, unabhängig davon, zu welchem Zweck er diese Lieferungen dann verwendet. Somit lassen sich drei Kategorien von Lieferungen unterscheiden: (i) ausschließlich zum Zweck der wirtschaftlichen Tätigkeit verwendete Lieferungen; (ii) ausschließlich zum Zweck seiner im öffentlichen Interesse liegenden gesetzlichen Tätigkeit sowie (iii) Lieferungen, die untrennbar für die Zwecke beider Arten von Tätigkeiten verwendet werden(12).

25.      Im Ausgangsverfahren besteht Einigkeit darüber, dass Vorsteuer, die auf Lieferungen der ersten Kategorie erhoben wird, voll abzugsfähig ist, wohingegen Vorsteuer auf Lieferungen der zweiten Kategorie nicht abzugsfähig ist.

 Prüfung der Vorlagefrage

26.      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob mit dem Unionsrecht eine nationale Verwaltungspraxis vereinbar ist, wonach Steuerpflichtige, die – wie zum Beispiel der Gemeindeverband – zugleich eine im öffentlichen Interesse liegende gesetzliche Tätigkeit und eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, für Lieferungen, die untrennbar sowohl für die wirtschaftliche als auch für die nichtwirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet werden (die vorgenannte dritte Kategorie), das Recht auf vollen Abzug der Vorsteuer haben.

27.      Die Zweifel des vorlegenden Gerichts rühren ersichtlich daher, dass nicht nur das Mehrwertsteuergesetz, sondern auch die Richtlinie 2006/112 keine Regelungen zu dieser Frage enthält.

28.      Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt die Richtlinie 2006/112 keine Harmonisierung der Methoden oder Kriterien, die die Mitgliedstaaten anwenden müssen, wenn sie Bestimmungen erlassen, die eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach zulassen, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf wirtschaftliche oder auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten beziehen(13).

29.      Insbesondere hat der Gerichtshof festgestellt, dass das in den Art. 173 bis 175 der Richtlinie 2006/112 vorgesehene System eines Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nur die Fälle erfasst, in denen der Steuerpflichtige die Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, verwendet(14). Seine Anwendung im Zusammenhang mit Vorsteuer auf Lieferungen, die untrennbar sowohl für die der wirtschaftlichen als auch für die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen verwendet werden, ist daher nicht vorgesehen.

30.      Aus Respekt für die bei den Mitgliedstaaten verbleibende Kompetenz wie auch aus praktischen Gründen in Bezug auf die Vielfalt und Komplexität der Sachlagen, angesichts derer es dem Gerichtshof verwehrt ist, einer Methode oder Formel den Vorzug zu geben, hat der Gerichtshof erklärt, dass es nicht seine Sache ist, sich an die Stelle des Unionsgesetzgebers bzw. an die der nationalen Behörden zu setzen, um eine allgemeine Methode zur Berechnung des Verhältnisses zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten festzulegen(15).

31.      In solchen Fällen obliegt es daher den Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen, damit die Steuerpflichtigen die notwendigen Berechnungen anstellen können(16). Die Mitgliedstaaten sind folglich verpflichtet, solche Methoden und Kriterien festzulegen, haben aber bezüglich dieser Regeln ein gewisses Ermessen(17), vorausgesetzt, sie verkennen nicht den Sinn und Zweck des Art. 168 der Richtlinie 2006/112 und dessen Stellung im Gefüge des Mehrwertsteuersystems(18).

32.      Ich werde meine Prüfung daher mit der Untersuchung der Grenzen dieses Ermessens beginnen. Dabei werde ich in mehreren Schritten vorgehen: Erstens werde ich untersuchen, ob die Richtlinie 2006/112 oder der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ausschließt, dass dem Steuerpflichtigen das Recht gewährt wird, die Vorsteuer auf Lieferungen, die untrennbar sowohl für seine wirtschaftlichen als auch für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden, voll in Abzug zu bringen. Sollte diese Frage zu bejahen sein, werde ich anschließend prüfen, was dies für das den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessen und die Verpflichtungen der nationalen Gerichte bedeutet. Abschließend werde ich prüfen, ob sich der Gemeindeverband möglicherweise dennoch auf andere Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 oder auf allgemeine Grundsätze des Unionsrechts stützen kann, um ein Recht auf vollen Abzug geltend zu machen.

 Steht die Richtlinie 2006/112 oder der Grundsatz der steuerlichen Neutralität dem Recht auf vollen Abzug entgegen?

33.      Eingangs sind die Grundmerkmale des Mechanismus der Mehrwertsteuer im Sinne der Richtlinie 2006/112 in Erinnerung zu rufen.

34.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs weist die Mehrwertsteuer die folgenden „wesentlichen Merkmale“ auf: (i) allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte (Grundsatz der Allgemeinheit der Mehrwertsteuer); (ii) Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; (iii) Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; und (iv) Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird, der kein Recht auf Abzug der Vorsteuer hat(19). Wirtschaftlich handelt es sich bei der Mehrwertsteuer folglich um eine allgemeine, nichtkumulative Mehrphasenumsatzsteuer.

 Position des Vorsteuerabzugsrechts innerhalb des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems

35.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und ein fundamentaler Grundsatz des durch das Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems(20).

36.      Dieses Recht ist jedoch nicht eigenständig und daher nicht isoliert zu untersuchen.

37.      Erstens ist ein Hauptmerkmal des Mechanismus der Mehrwertsteuer, dass jeder Steuerpflichtige von seinen Kunden die Mehrwertsteuer für Rechnung des Staates einnimmt, indem er sie auf den Preis der gelieferten Gegenstände und Dienstleistungen erhebt. Diese Mehrwertsteuer gehört nicht dem Steuerpflichtigen: Sie ist vielmehr innerhalb vorgegebener Fristen an den Fiskus abzuführen. Zweitens hat der Steuerpflichtige nur insoweit das Recht, den Umfang dieser Steuerschuld zu beschränken, als er seinen Lieferanten Vorsteuer gezahlt hat, die diese dem Preis ihrer Lieferungen aufgeschlagen und in gleicher Weise für den Staat eingezogen haben.

38.      Dies bringt das Wesen des in Art. 168 der Richtlinie 2006/112 geregelten Vorsteuerabzugsrechts auf den Punkt. Man könnte sagen, dass der Grundsatz der Steuererhebung primären Charakter hat, das Abzugsrecht jedoch sekundären Charakter.

39.      Daraus folgt unvermeidlich, dass das Abzugsrecht ausschließlich dazu vorgesehen ist, den Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer zu entlasten. Auf diese Weise gewährleistet das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, dass alle derartigen Tätigkeiten, unabhängig von ihrem Zweck oder Ergebnis, sofern sie selbst der Mehrwertsteuer unterliegen, in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden (Grundsatz der steuerlichen Neutralität)(21).

40.      Darüber hinaus ist das Recht an eine Reihe von Bedingungen geknüpft.

41.      So habe ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Stradasfalti(22) ausgeführt, dass die Wendung „[s]oweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden“ in Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie(23) (der Vorgängerin der Richtlinie 2006/112) eine Einschränkung dieses Rechts enthält. Einige Jahre später wurde meine Rechtsauffassung ausdrücklich durch den Gerichtshof bestätigt, der feststellte, dass sich aus dem einleitenden Teil von Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie, der die Entstehungsvoraussetzungen und den Umfang des Abzugsrechts regelt, ergibt, dass nur auf der Vorstufe belastete Umsätze zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigen, die für den Erwerb der für die Bewirkung dieser Umsätze verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen entrichtet wurde(24). Daraus folgt, dass das Abzugsrecht voraussetzt, dass der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit selbst steuerpflichtige Lieferungen getätigt hat.

42.      Des Weiteren folgt daraus, dass dieses Recht nicht zu dem Zeitpunkt entsteht, zu dem die Vorsteuer erhoben wird, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige die Lieferungen für den Zweck seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet. Soweit Gegenstände oder Dienstleistungen auf der folgenden Stufe für die Zwecke besteuerter Umsätze verwendet werden, wird der Abzug der Steuern, mit der sie auf der Vorstufe belastet waren, erforderlich, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden(25).

43.      Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Recht auf Abzug der für den Bezug von Gegenständen oder Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der auf der Ausgangsstufe versteuerten, zum Abzug berechtigenden Umsätze gehören. Die Mehrwertsteuer kann somit nur abgezogen werden, wenn die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen(26). Bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen hat der Steuerpflichtige ein Recht auf Vorsteuerabzug, wenn die Kosten für den betreffenden Umsatz zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen(27).

44.      Umgekehrt gilt, sobald der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den Eingangskosten und den anschließenden wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen unterbrochen ist, dass keine Vorsteuer abgezogen werden kann. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt klar, dass dies insbesondere der Fall ist, wenn die von einem Steuerpflichtigen bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen für die Zwecke steuerbefreiter Umsätze oder solcher Umsätze verwendet werden, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden. In diesen beiden Fällen kann es weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen(28).

45.      Nach der Logik des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist der Vorsteuerabzug an die Erhebung von Mehrwertsteuern geknüpft(29). Die Ansicht der Generalanwältin Kokott, dass ein Steuerpflichtiger kein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen könne, ohne die geschuldete Steuer für Ausgangsumsätze zu entrichten, wird daher von mir in vollem Umfang geteilt. Angesichts der Logik der Richtlinie 2006/112 ist eine solche „asymmetrische Berufung“ grundsätzlich ausgeschlossen(30).

46.      Für mich ist daher völlig klar, dass sich der Gemeindeverband nicht auf die Richtlinie 2006/112 stützen kann, um ein Recht auf vollen Abzug der Vorsteuer auf Lieferungen geltend zu machen, die untrennbar sowohl für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten als auch für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden.

47.      Zwar stehen diese Lieferungen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Gemeindeverbands, doch nur ein geringer Bruchteil jeder dieser Lieferungen wurde tatsächlich für diejenige Tätigkeit verwendet, auf die der Gemeindeverband Mehrwertsteuer erhob.

48.      Natürlich ist dem Gemeindeverband zu gestatten, den entsprechenden Bruchteil der Vorsteuer gemäß Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 abzuziehen. Es liefe jedoch dem Symmetriegrundsatz zuwider, wenn dem Gemeindeverband gestattet würde, auch den übrigen Teil der Vorsteuer, dem keine geschuldete Mehrwertsteuer gegenübersteht, in Abzug zu bringen.

49.      In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Český rozhlas hat sich Generalanwalt Szpunar damit befasst, welche Auswirkungen die Gewährung eines solchen Rechts hätte(31). Er kam zu dem Schluss, dass dies der Logik des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und insbesondere dem kategorischen und klaren Wortlaut von Art. 168 der Richtlinie 2006/112 widerspräche. Diese Schlussfolgerung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

50.      Wenn also der Gemeindeverband berechtigt wäre, seine gesamte Vorsteuer abzuziehen, würde deren Betrag die von ihm geschuldete Mehrwertsteuer zwangsläufig um ein Erhebliches übersteigen. Der Gemeindeverband hätte somit nach Art. 183 der Richtlinie 2006/112 Anspruch auf Erstattung der Differenz(32). Infolge dieser Erstattung wäre sowohl seine wirtschaftliche Tätigkeit als auch ein Teil seiner Tätigkeit in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben völlig frei von Mehrwertsteuer, obwohl der Gemeindeverband hinsichtlich der letztgenannten Tätigkeit am Ende der Lieferkette steht und seine Position gemäß Art. 13 der Richtlinie 2006/112 der eines Endverbrauchers gleichzusetzen ist. Da der Gemeindeverband von den Kunden im Rahmen seiner Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben keine Mehrwertsteuer erhebt, bliebe der Teil der Eingangsleistungen, die für diese Tätigkeit verwendet werden, innerhalb der gesamten Lieferkette unbesteuert. Mit anderen Worten: Es ergäbe sich für eine bestimmte Kategorie von Lieferungen an Steuerpflichtige, die sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausüben, eine auf dem persönlichen Anwendungsbereich beruhende Ausnahme. Eine solche Ausnahme ist in der Richtlinie 2006/112 nicht vorgesehen. Sie würde auch gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Mehrwertsteuer und die Logik des Mechanismus der Mehrwertsteuer verstoßen(33).

51.      Auf dieser Grundlage gelange ich zu dem Zwischenergebnis, dass Art. 168 der Richtlinie 2006/112 offenkundig ausschließt, dass Steuerpflichtigen, die sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausüben, das Recht gewährt wird, die Vorsteuer auf Lieferungen, die untrennbar für beide Arten von Tätigkeit verwendet werden, voll in Abzug zu bringen.

 Grundsatz der steuerlichen Neutralität

52.      In seinem Vorbringen zur Begründung seiner Geltendmachung des Rechts auf vollen Abzug stützt sich der Gemeindeverband auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, den er als Grundrecht der Steuerpflichtigen ansieht. Seiner Ansicht nach ist jede Einschränkung dieses Rechts eng auszulegen.

53.      Es ist richtig, dass das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität beruht(34) und dass dieser ein grundlegendes Prinzip dieses Systems ist(35). Dennoch vermag das Vorbringen des Gemeindeverbands mich nicht zu überzeugen.

54.      Erstens ist es sicherlich so, dass der Unionsgesetzgeber im Grundsatz der steuerlichen Neutralität den Grundsatz der Gleichbehandlung im Mehrwertsteuerbereich zum Ausdruck gebracht hat(36). Während jedoch der letztgenannte Grundsatz nach Unionsrecht Verfassungsrang hat, bedarf der Grundsatz der steuerlichen Neutralität einer gesetzgeberischen Ausarbeitung, die nur durch einen Rechtsakt des abgeleiteten Unionsrechts erfolgen kann; er kann daher in einem solchen Rechtsetzungsakt Gegenstand von Klarstellungen sein(37). Hinzu kommt, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität keine Regel des Primärrechts ist, sondern ein Auslegungsgrundsatz, der neben anderen Grundsätzen des Mechanismus der Mehrwertsteuer anzuwenden ist(38). Entgegen der vom Gemeindeverband vertretenen Auffassung lässt sich daher aus diesem Grundsatz kein Grundrecht des Steuerpflichtigen ableiten.

55.      Zweitens hat der Gerichtshof entschieden, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität auf Umsätze, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, keine Anwendung findet. Angesichts der eindeutigen Einschränkung im einleitenden Teil des Art. 168 der Richtlinie 2006/112 erlaubt er es daher nicht, den Anwendungsbereich des Vorsteuerabzugsrechts auf andere als diejenigen Umsätze auszuweiten, die strikt für die Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet werden(39).

56.      Unter dem Vorwand, für das Abzugsrecht die Einhaltung des Grundsatzes der engen Auslegung von Ausnahmen zu fordern, vertritt der Gemeindeverband eine Auslegung, die darauf hinausläuft, alle solche Beschränkungen zu beseitigen, und das ist – meiner Meinung nach – offenkundig eine Auslegung contra legem.

57.      Würde einem Steuerpflichtigen, der sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausübt, gestattet, vom Recht auf vollen Abzug Gebrauch zu machen, so wäre er dadurch sowohl in Bezug auf seine Eingangsumsätze (das Recht auf Vorsteuerabzug) als auch in Bezug auf seine Ausgangsumsätze (das Recht auf Nichterhebung der Mehrwertsteuer) bevorteilt. Die wirtschaftliche Wirkung der Mehrwertsteuer wäre dann offensichtlich nicht neutral, sondern (zu seinen Gunsten) positiv. Die Position des Gemeindeverbands wäre daher über das sich durch Anwendung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität ergebende Maß hinaus verbessert.

58.      Dadurch würde einem solchen Steuerpflichtigen eine günstigere Behandlung zuteil als anderen Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern in vergleichbaren Situationen, was Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zur Folge hätte – also genau das, was der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu verhindern sucht(40). Darüber hinaus würde dem Steuerpflichtigen ein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil gegenüber dem Endverbraucher verschafft(41).

59.      Würde dieser Auslegung gefolgt, so würde für eine unter Art. 13 der Richtlinie 2006/112 fallende Einrichtung die Ausübung irgendeiner noch so marginalen wirtschaftlichen Tätigkeit – etwa, im Fall einer Gemeinde, die Bereitstellung eines Getränkeautomaten im Rathaus oder der Weihnachtsbaumverkauf an die Bürger – genügen, um ihre gesamte Vorsteuer auf Lieferungen, die untrennbar sowohl für ihre öffentlichen Aufgaben als auch für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten verwendet werden, in Abzug bringen zu können. Eine solche unzulässige Bevorteilung kann der Unionsgesetzgeber nicht beabsichtigt haben.

60.      Ich gelange daher zu dem Zwischenergebnis, dass sowohl Art. 168 der Richtlinie 2006/112 als auch die dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Grundsätze, insbesondere derjenige der steuerlichen Neutralität, offenkundig ausschließen, dass einem Steuerpflichtigen, der sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausübt, das Recht auf vollen Vorsteuerabzug gewährt wird.

 Ermessen der Mitgliedstaaten und Verpflichtungen der nationalen Gerichte

61.      Aus den obigen Ausführungen folgt, dass der zugrunde liegende Zweck und die gemeinsame Zielsetzung des Mechanismus der Mehrwertsteuer der Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Erhebung der Mehrwertsteuer ist(42). In Ausübung ihres Ermessens bezüglich der Regeln für die anteilsmäßige Zuordnung der Mehrwertsteuer, müssen die Mitgliedstaaten im Interesse der Gleichbehandlung verschiedener Kategorien von Steuerpflichtigen sowie der Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausüben, und Endverbrauchern soweit möglich vermeiden, dass es zu einem unversteuerten Endverbrauch kommt(43).

 Allgemeine Verpflichtung, dem Unionsrecht volle Wirkung zu verschaffen

62.      Die Mitgliedstaaten müssen dabei ihr Ermessen so ausüben, dass der Abzug nur für den Teil der Vorsteuer erfolgt, der auf die zum Abzug berechtigenden Umsätze entfällt. Sie müssen also darauf achten, dass die Berechnung des Verhältnisses zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.(44)

63.      So wie ich die in Polen bis zum 1. Januar 2016 geltende Lage verstehe, bestand die vom vorlegenden Gericht beschriebene Verwaltungspraxis darin, auf Lieferungen, die untrennbar sowohl für die wirtschaftlichen als auch für die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen verwendet wurden, das Recht auf vollen Vorsteuerabzug zu gewähren.

64.      Eine solche Praxis zerstört das Gleichgewicht zwischen dem Abzug der Vorsteuer und der Erhebung der Mehrwertsteuer, sie beeinträchtigt die Höhe der Steuern und führt zur Ungleichbehandlung verschiedener Kategorien von Steuerpflichtigen wie auch im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und damit zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt. Sie ist daher geeignet, den Grundsatz der einheitlichen Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu unterminieren(45).

65.      Da sich jede Veränderung des Umfangs des Rechts auf Vorsteuerabzug auf die Höhe der steuerlichen Belastung auswirkt und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten muss, berührt diese Praxis den Kern der Funktionsweise des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems(46). Der 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112, wonach „die Pro-rata-Sätze des Vorsteuerabzugs … in allen Mitgliedstaaten auf gleiche Weise berechnet werden [sollten]“, bestätigt, dass dies tatsächlich die Absicht des Unionsgesetzgebers war.

66.      Des Weiteren beruhen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom(47) die Eigenmittel der Union u. a. auf Einnahmen aus der Mehrwertsteuer(48). Folglich besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhebung von Einnahmen aus der Mehrwertsteuer und der Zurverfügungstellung der entsprechenden Mittel für den Haushalt der Union. Jedes Versäumnis bei der Mehrwertsteuererhebung, insbesondere durch Ausweitung des Rechts auf Vorsteuerabzug, bewirkt eine Verringerung der Besteuerungsgrundlage und damit eine Verringerung der Haushaltsmittel. Um den Schutz der finanziellen Interessen der Union wie in Art. 325 AEUV vorgeschrieben zu gewährleisten, sind die Mitgliedstaaten daher verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die tatsächliche und vollständige Bestimmung und Erhebung der Mehrwertsteuer im jeweiligen Hoheitsgebiet sicherzustellen(49).

67.      Daraus folgt, dass die Anwendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Praxis dem Zweck und den Grundprinzipien des durch die Richtlinie 2006/112 geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems klar zuwiderliefe und geeignet wäre, dessen Wirksamkeit zu behindern und somit die finanziellen Interessen der Union zu unterminieren.

68.      Die Mitgliedstaaten genießen zwar Freiheit bezüglich der Auswahl der für die anteilsmäßige Zuordnung der abzugsfähigen Vorsteuer anzuwendenden Methode, sind jedoch nach Art. 288 AEUV gehalten, sicherzustellen, dass der Umfang des Abzugsrechts den in Richtlinie 2006/112 niedergelegten Anforderungen entspricht. In dieser Hinsicht haben sie keinerlei Ermessen(50).

69.      In einem solchen Fall obliegt es in erster Linie dem nationalen Gesetzgeber, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Verpflichtungen nachzukommen(51).

70.      Der Vorlageentscheidung entnehme ich, dass der polnische Gesetzgeber das Mehrwertsteuergesetz mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 geändert und dadurch der Verwaltungspraxis ein Ende gesetzt hat, nach der für Lieferungen, die untrennbar sowohl für die wirtschaftlichen als auch für die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen verwendet werden, das Recht auf vollen Abzug der Vorsteuer gewährt wurde(52).

71.      Das Verfahren vor dem vorlegenden Gericht betrifft jedoch den Zeitraum 2013 bis 2015. Das vorlegende Gericht ist daher gehalten, die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2006/112 auch für diesen Zeitraum sicherzustellen, indem es die anwendbaren Rechtsvorschriften soweit möglich im Licht von Art. 168 Unterabs. a der genannten Richtlinie in seiner Auslegung durch den Gerichtshof auslegt oder, erforderlichenfalls, die betreffenden Rechtsvorschriften unangewendet lässt(53). Ermöglicht es das nationale Recht durch die Anwendung seiner Auslegungsmethoden, eine innerstaatliche Bestimmung unter bestimmten Umständen so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden wird, oder die Reichweite dieser Bestimmung zu diesem Zweck einzuschränken und sie nur insoweit anzuwenden, als sie mit dieser Norm vereinbar ist, so ist das nationale Gericht verpflichtet, die gleichen Methoden anzuwenden, um das von der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen(54). Natürlich bedeuten diese Verpflichtungen nicht, dass das vorlegende Gericht gehalten wäre, die einschlägigen nationalen Bestimmungen contra legem auszulegen(55).

72.      Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung die Verpflichtung der nationalen Gerichte umfasst, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist. Folglich darf ein nationales Gericht nicht davon ausgehen, dass es eine nationale Vorschrift nicht im Einklang mit dem Unionsrecht auslegen könne, nur weil sie in ständiger Rechtsprechung in einem nicht mit dem Unionsrecht vereinbaren Sinne ausgelegt worden ist(56).

73.      Ich schließe daraus, dass die Richtlinie 2006/112 grundsätzlich so auszulegen ist, dass ein nationales Gericht in Verfahren, die einen Steuerpflichtigen wie den Gemeindeverband betreffen, das nationale Recht soweit möglich auf solche Weise auslegen muss, dass sichergestellt ist, dass die Abzüge lediglich in Bezug auf den Teil der Vorsteuer erfolgen, der objektiv widerspiegelt, inwieweit die Eingangsaufwendungen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet wurden.

 Ausnahme wegen allgemeiner Grundsätze und Grundrechte

74.      Da die beim vorlegenden Gericht anhängige Sache die Umsetzung insbesondere von Art. 168 der Richtlinie 2006/112 und somit die Anwendung von Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(57) betrifft, muss das vorlegende Gericht auch darauf achten, dass die Grundrechte, die Steuerpflichtigen des Ausgangsverfahrens nach der Charta zustehen, gewahrt werden. Diese Rechte können nicht einfach durch die Verpflichtung, die wirksame Erhebung der Eigenmittel der Union zu garantieren, verdrängt werden(58).

75.      Mit anderen Worten: Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts findet da seine Grenzen, wo seine Anwendung auf den Sachverhalt im Ausgangsverfahren zur Verletzung der in der Charta verankerten Grundrechte oder der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts führen würde(59). Der Gerichtshof hat insbesondere festgestellt, dass ein nationales Gericht, falls es zu der Auffassung gelangen sollte, dass eine solche Auslegung zur Verletzung dieser Rechte oder Grundsätze führen würde, nicht zu der betreffenden Auslegung verpflichtet wäre, selbst wenn dadurch einer mit dem Unionsrecht unvereinbaren nationalen Sachlage abgeholfen werden könnte(60).

76.      Im Folgenden werde ich daher prüfen, ob die Verpflichtung zur Anwendung dieser Auslegung im Ausgangsverfahren zur Verletzung eines Grundrechts oder allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts führen könnte. Dazu werde ich zunächst die relevanten Grundrechte oder allgemeinen Grundsätze ermitteln und dann prüfen, wie sich die Anwendung der vorstehend von mir dargelegten Auslegung des Unionsrechts auf den Sachverhalt im Ausgangsverfahren auswirken würde.

77.      Der Gemeindeverband führt aus, es ergebe sich nicht nur aus dem polnischen Recht, sondern auch aus Unionsrecht, dass in seinem Fall keine Berechnungsmethode angewendet werden dürfe, die sein Recht auf den vollen Vorsteuerabzug beeinträchtigen würde, es sei denn, die betreffende Methode sei ausdrücklich gesetzlich geregelt.

78.      Ich bin bereit, der Auffassung zu folgen, dass der Grundsatz, dass eine Steuer nur erhoben werden kann, wenn sie gesetzlich geregelt ist (mit anderen Worten das steuerrechtliche Legalitätsprinzip: nullum tributum sine lege), Teil der Unionsrechtsordnung ist. Man kann ihn als spezifischen Ausdruck der unternehmerischen Freiheit, des Grundrechts auf Achtung des Eigentums und des allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit im Bereich des Steuerrechts sehen.

79.      Dennoch denke ich nicht, dass sich der Gemeindeverband im Ausgangsverfahren mit Erfolg auf Unionsrecht stützen kann, um ein Recht auf vollen Abzug derjenigen Vorsteuer geltend zu machen, die auf Lieferungen angefallen ist, die untrennbar sowohl für wirtschaftliche als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet wurden. Wie ich nachstehend aufzeigen werde, geht es beim steuerrechtlichen Legalitätsprinzip des Unionsrechts um das Steuererhebungsrecht des Mitgliedstaats, wohingegen das Ausgangsverfahren lediglich die Methode für die Berechnung des geschuldeten Steuerbetrags betrifft.

80.      Ich beginne mit der Prüfung des Anwendungsbereichs des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips nach dem Unionsrecht. Unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 3 EUV(61) und Art. 52 Abs. 3 der Charta(62) werde ich diese Prüfung unter Bezugnahme zunächst auf die EMRK und dann auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten vornehmen.

 Prüfung im Licht der EMRK

81.      Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) hat den Grundsatz des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips im Zusammenhang mit Art. 1 des Zusatzprotokolls(63) aufgestellt. Dieser Artikel lautet: „Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.“ Dies „beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält“.

82.      Da eine Steuer nach der Rechtsprechung des EGMR ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Eigentums ist, fällt sie in den Schutzbereich von Art. 1 des Zusatzprotokolls(64). Der EGMR hat anerkannt, dass den Vertragsstaaten in Steuerangelegenheiten ein „weiter Ermessensspielraum“ zusteht(65) und dass man, „soweit sie ihre steuerlichen Aufgaben wahrnehmen, bei der Rechtmäßigkeitsprüfung einen gewissen Grad zusätzlicher Zurückhaltung üben und ihnen ein gewisses Maß an zusätzlichen Handlungsspielräumen zugestehen“ sollte(66). Des Weiteren hat er festgestellt, dass sich die Prüfung darauf beschränkt, ob die Steuer „mit dem innerstaatlichen Recht in Einklang steht und ob das Recht selbst von hinreichender Qualität ist, so dass die Folgen seines Verhaltens für den Beschwerdeführer vorhersehbar sind“; dies erfordert, „dass die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts hinreichend zugänglich, bestimmt und vorhersehbar“ sind(67).

83.      Der in Art. 1 des Zusatzprotokolls verwendete Begriff des „Gesetzes“ verweist auf denselben Rechtsbegriff, der auch anderswo in der EMRK zu finden ist(68). Er hat daher einen eigenständigen, weiten Anwendungsbereich, der sich nicht auf vom Gesetzgeber erlassene Gesetze beschränkt. Er umfasst Verfassungen, Gesetzesrecht im engen Sinne, Verordnungsrecht und vom Vertragsstaat abgeschlossene völkerrechtliche Verträge(69).

84.      Dabei ist hervorzuheben, dass auch die Rechtsprechung als vom Begriff „Gesetz“ im Sinne von Art. 1 des Zusatzprotokolls erfasst anzusehen ist(70). Folglich „[kann] klare, kohärente und öffentlich zugängliche Rechtsprechung … eine ausreichende Grundlage für einen ‚rechtmäßigen‘ Eingriff in durch die Konvention gewährleistete Rechte bieten, sofern die Rechtsprechung auf einer angemessenen Auslegung des Gesetzesrechts beruht“(71).

85.      Abschließend ist zu sagen, dass der EGMR anerkannt hat, dass es in der Gesetzgebung, insbesondere im Bereich des Steuerrechts, objektiv unmöglich ist, absolute Präzision zu erzielen. Folglich sind viele Gesetze unweigerlich in „allgemeinen Begriffen“ formuliert, deren Auslegung und Anwendung der Praxis zu überlassen ist(72).

86.      Demnach bedeutet das sich aus Art. 1 des Zusatzprotokolls ergebende Legalitätsprinzip, dass diewesentlichen Elemente der Steuer durch Gesetz oder Rechtsprechung geregelt sein müssen, wohingegen bezüglich gewisser anderer, sekundärer Elemente zur Bestimmung des Umfangs der Steuerschuld keine solche Anforderung besteht.

 Prüfung im Licht der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten

87.      Das steuerrechtliche Legalitätsprinzip ist wohl in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten anerkannt. In einigen Mitgliedstaaten ist es Teil einer weit zurückreichenden Verfassungstradition(73). Die meisten Mitgliedstaaten haben es ausdrücklich in einem Rechtsakt von Verfassungsrang verankert, während es von anderen aus dem Verfassungsrang der Rechtsstaatlichkeit abgeleitet wird(74).

88.      In den Verfassungen der Mitgliedstaaten ist das Prinzip stets in recht allgemeinen Begriffen verankert(75), so dass die Aufgabe der Auslegung den Verfassungsgerichten und den übrigen Gerichten überlassen bleibt. In einigen Verfassungen sind jedoch die durch Gesetz zu bestimmenden Elemente genau angegeben. Dies ist insbesondere in Frankreich(76), Griechenland(77), Portugal(78) und Polen(79) der Fall.

89.      Die eingehende Prüfung eines Querschnitts der Gesetze und Rechtsprechung von elf Mitgliedstaaten(80) zeigt, dass die Verfassungstraditionen dieser Mitgliedstaaten darin übereinstimmen, dass im Bereich der Steuern alle wesentlichen Elemente gesetzlich zu regeln sind. Acht der elf Mitgliedstaaten sehen die folgenden Elemente als wesentlich an: die Bestimmung des Steuerpflichtigen, den Steuertatbestand, die Steuerbemessungsgrundlage, den Steuersatz und die Verfahrensgarantien zugunsten der Steuerpflichtigen(81).

90.      Nur einige Mitgliedstaaten halten darüber hinaus bestimmte zusätzliche Elemente für wesentlich. Diese zusätzlichen Elemente umfassen die Angabe des Steuerempfängers (Estland), die Zahlungsverfahren (Polen und Estland), die Fristen für die Entstehung des Steueranspruchs (Estland), die Regeln für die Gewährung von Steuervergünstigungen und die Niederschlagung von Steuern sowie die Kategorien der von der Steuer befreiten Personengruppen (Polen und Griechenland) und die Verfahren für die Steuerzahlung und ‑erstattung sowie die Bestimmung der Strafen und Sanktionen (Portugal).

91.      Darüber hinaus ist in diesen Mitgliedstaaten wohl allgemein anerkannt, dass es zwar objektiv nicht möglich ist, alle eine Steuer betreffenden Regeln gesetzlich festzulegen, dass das Gesetz aber dennoch so formuliert sein muss, dass es dem Steuerpflichtigen möglich ist, den Betrag des Steueranspruchs vorab zu kennen und zu berechnen.

92.      So muss offenbar nach der deutschen Verfassungsordnung die Berechnung der geschuldeten Steuer für den Steuerpflichtigen aus den Steuergesetzen hervorgehen, was aber nicht erfordert, dass die Gesetze detaillierte Vorschriften enthalten, die die mathematisch exakte Berechnung der Steuerverbindlichkeit ermöglichen. Es genügt, dass es dem Steuerpflichtigen anhand der Gesetze möglich ist, den Umfang der steuerlichen Belastung vorauszusehen und sein Verhalten darauf auszurichten. Ähnlich ist es in Portugal, wo sich aus dem Legalitätsprinzip wohl keine strenge Anforderung ergibt, dass das einschlägige Gesetz alle Elemente enthalten muss, anhand deren dem Steuerzahler die exakte Berechnung des Betrags der geschuldeten Steuer ohne jeden Zweifel möglich ist. Es ist jedoch erforderlich, dass die Steuerlast – anhand der im Gesetz bestimmten wesentlichen Elemente – quantifizierbar sowie, in gewissem Maß, vorhersehbar und berechenbar ist. Auch in Griechenland zählt die für Besteuerungszwecke angewendete Methode der Einkommensberechnung wohl nicht zu den wesentlichen Elementen der Steuer.

93.      Was die Frage angeht, was ein „Gesetz“ ist, wird in diesen Mitgliedstaaten wohl allgemein angenommen, dass eine Steuer grundsätzlich in einem vom Gesetzgeber angenommenen und ordnungsgemäß veröffentlichten allgemeinverbindlichen Rechtsakt bestimmt sein muss. In etlichen Mitgliedstaaten kann das Gesetz selbst jedoch durch untergeordnete Rechtsakte ergänzt werden, die von der Exekutive im Rahmen der ihr übertragenen spezifischen Ermächtigung(82) oder im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeit(83) erlassen werden. In mehreren anderen Mitgliedstaaten werden spezifische Elemente (zumeist technischer Art) wohl von den zuständigen Behörden durch unverbindliche Auskünfte oder Empfehlungen bestimmt(84).

94.      Eine weitere Gemeinsamkeit dieser elf Mitgliedstaaten ist offenbar das Erfordernis der Bestimmtheit, Klarheit und Vorhersehbarkeit von Steuergesetzen(85). Es kann z. B. sein, dass für die Anwendung von Steuergesetzen das Analogieverbot gilt und dass das Gesetz im Zweifelsfall zugunsten des Steuerpflichtigen auszulegen ist(86).

95.      In mehreren der von mir untersuchten Mitgliedstaaten, etwa in Polen, scheint es keine spezifischen Regeln dafür zu geben, wie im Fall von Steuerpflichtigen, die sowohl nichtsteuerpflichtige als auch steuerpflichtige Tätigkeiten ausüben, die Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorzunehmen ist(87).

96.      In den Niederlanden(88), in Schweden(89) und im Vereinigten Königreich wurde der Mangel an solchen Gesetzen durch untergeordnete Rechtsakte der zuständigen Finanzbehörden behoben. In diesen drei Mitgliedstaaten ist es wohl so, dass Steuerpflichtige allgemein verpflichtet sind, eine angemessene Methode für die anteilsmäßige Zuordnung auszuwählen und anzuwenden, wobei dies der Überprüfung durch die zuständigen Behörden unterliegt.

97.      So haben im Vereinigten Königreich die Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (Steuer- und Zollverwaltung, Vereinigtes Königreich) aufgrund von Section 26(3) des Value Added Tax Act 1994 (Mehrwertsteuergesetz von 1994) Rechtsverordnungen erlassen, in denen Beispiele für Kriterien und Methoden für die anteilsmäßige Zuordnung angegeben sind(90). Nach Section 102ZA(1) dieses Gesetzes kann die Behörde eine vom Steuerpflichtigen vorgeschlagene Methode genehmigen oder ihn auf eine geeignetere Methode hinweisen.

98.      Die Rechtspraxis der Gerichte im Vereinigten Königreich bestätigt meiner Ansicht nach, dass mangels verbindlicher Kriterien oder Methoden die Auswahl einer Methode, die die faire und angemessene Zuordnung der Vorsteuer ermöglicht, vom Steuerpflichtigen vorzunehmen ist und von dessen konkreten Umständen abhängt. Es ist wohl auch anerkannt, dass ein Recht auf den vollen Abzug der Vorsteuer auf Umsätze, die untrennbar sowohl für nichtwirtschaftliche als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstieße.

99.      In Deutschland gelten die Regeln, durch die die Art. 173 und 174 der Richtlinie 2006/112 ins deutsche Recht umgesetzt wurden, wohl als analog anwendbar für die Zwecke der Bestimmung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer, die auf Umsätze entfällt, die untrennbar sowohl für nichtwirtschaftliche als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden.

100. Interessanterweise hat sich der tschechische Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Český rozhlas(91) sowie auf die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in dieser Sache(92) gestützt, um das vom Antragsteller vorgebrachte Argument, dass er zum vollen Abzug berechtigt sei, weil das einschlägige Gesetz keine Methode für die Aufteilung der Vorsteuer vorsehe, zurückzuweisen. Der Nejvyšší správní soud ist offenbar der Auffassung, dass der Antragsteller selbst die geeignetste Methode auswählen und den abzugsfähigen Teil der Vorsteuer berechnen müsse(93).

101. Aus diesem Querschnitt ist ersichtlich, dass es nach den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten wie auch nach der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 1 des Zusatzprotokolls erforderlich ist, die wesentlichen Elemente einer Steuer hinreichend klar, bestimmt und vorhersehbar in einem Gesetz zu regeln, dass aber keine Verpflichtung besteht, jede Einzelheit erschöpfend zu regeln.

102. Abgesehen von den oben in den Nrn. 96 bis 100 erörterten Elementen sind mir keine Maßnahmen oder Entscheidungen aus den übrigen Mitgliedstaaten bekannt, die die Methode für die anteilsmäßige Zuordnung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer auf Lieferungen, die untrennbar sowohl für nichtwirtschaftliche als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, regeln oder einer Einschränkung des Rechts auf Abzug einer solchen Steuer deshalb entgegenstehen, weil im innerstaatlichen Steuerrecht keine Methoden oder Kriterien für die Berechnung des Betrags der geschuldeten Steuer vorgegeben sind. In dieser Hinsicht stellt die in der Vorlageentscheidung beschriebene Verwaltungspraxis wohl eine Ausnahmeerscheinung dar.

 Prüfung im Licht der Charta und der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts

103. In Art. 16 der Charta wird die unternehmerische Freiheit „nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“ anerkannt. Nach Art. 17 Abs. 1 der Charta hat „jede Person … das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben“. Im Weiteren ist dort bestimmt: „Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

104. Soweit die Verpflichtung des Steuerpflichtigen lediglich darin gesehen wird, die Mehrwertsteuer, die er für den Staat von seinen Kunden erhoben hat, an den Fiskus abzuführen, ist das Eigentumsrecht nicht von Belang. Die auf den Schutz des Eigentumsrechts ausgelegten Bestimmungen der Charta sind jedoch relevant hinsichtlich des Umfangs des Rechts auf Abzug der Vorsteuer(94).

105. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs werden das Eigentumsrecht und die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung nicht uneingeschränkt gewährleistet. Ihre Ausübung kann Beschränkungen unterworfen werden, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde. Was speziell die Freiheit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit angeht, hat der Gerichtshof entschieden, dass – angesichts des Wortlauts von Art. 16 der Charta, der sich von dem der anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten, die in ihrem Titel II verankert sind, unterscheidet und dabei dem Wortlaut einiger Bestimmungen ihres Titels IV ähnelt – diese Freiheit einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden kann, die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschränken können(95).

106. Darüber hinaus ist im vorliegenden Zusammenhang auch der Grundsatz der Rechtssicherheit relevant. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert dieser Grundsatz, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind und dass ihre Wirkungen voraussehbarsind, insbesondere, wenn sie für natürliche oder juristische Personen negative Folgen haben können(96). Der Grundsatz der Rechtssicherheit ist umso strenger einzuhalten, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen(97). Ferner verstößt es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, wenn der nationale Gesetzgeber den Beginn der Geltungsdauer eines in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallenden Rechtsakts auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung legt (Rückwirkungsverbot), sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, unter denen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel dies rechtfertigt(98).

 Zwischenergebnis zur Bedeutung des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips

107. An dieser Stelle ist zu betonen, dass eine Bestimmung des durch das Unionsrecht gewährten Schutzstandards im Licht der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und der Charta nicht mit absoluter Sicherheit möglich ist.

108. Ob eine bestimmte Steuer dem Schutzstandard genügt, der sich aus dem solchermaßen verstandenen steuerrechtlichen Legalitätsprinzip ergibt, lässt sich nur im Einzelfall feststellen, wobei auf die Position des Steuerpflichtigen in der Gesamtrechtsordnung abzustellen ist. Meiner Ansicht nach sollte der Gerichtshof daher der Versuchung widerstehen, in seinem Urteil eine erschöpfende Auflistung derjenigen die Steuer bestimmenden Elemente, die das Gesetz vorsehen muss, vorzunehmen.

109. Gleichzeitig räume ich ein, dass es erforderlich ist, gewisse gemeinsame Parameter für die Einhaltung dieses Prinzips zu bestimmen. Meinem Eindruck nach sind leichte Unterschiede in dem von den Mitgliedstaaten gebotenen Schutz dieses Prinzips festzustellen. Ich denke, dass diese Unterschiede hinsichtlich der erforderlichen Vollständigkeit oder Bestimmtheit lediglich den Umstand widerspiegeln, dass die verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche Mittel einsetzen, um zu einem gemeinsamen Ergebnis zu gelangen. Ich habe keinen Grund zur Annahme, dass sich die Lage in den übrigen Mitgliedstaaten anders darstellt.

110. Meines Erachtens sind, allgemein gesagt, alle wesentlichen Elemente, die die materiell-rechtlichen Aspekte einer Steuer ausmachen, in eindeutiger Weise in den einschlägigen Bestimmungen zu regeln. In der vorliegenden Rechtssache sind das diejenigen Elemente, die sich unmittelbar oder mittelbar auf den Umfang auswirken, in dem der Steuerpflichtige verpflichtet ist, Vorsteuer anzumelden. Die in Rede stehende Steuer ist ausreichend gesetzlich geregelt, wenn die einschlägigen Regeln, insgesamt gesehen, den Steuerpflichtigen in die Lage versetzen, den Betrag der geschuldeten Steuer vorherzusehen und zu berechnen sowie festzustellen, zu welchem Zeitpunkt sie zu zahlen ist.

111. Dagegen teile ich nicht die Auffassung, dass allein das Fehlen einschlägiger Bestimmungen zu einem Nebenaspekt, das keine solche Auswirkungen haben kann, für sich genommen gegen das steuerrechtliche Legalitätsprinzip verstößt.

112. Fehlt es z. B. an einer Methode für die Berechnung des Betrags der geschuldeten Steuer, verletzt dies für sich genommen nicht die Rechte des Steuerpflichtigen, wenn sonstige anwendbare Bestimmungen die notwendigen Parameter enthalten, die es jemandem ermöglichen, den Betrag vorherzusehen und zu bestimmen(99). Gleichermaßen bewirkt, falls eine bestimmte Situation nicht erschöpfend geregelt ist, die bloße Tatsache, dass der Steuerpflichtige im Rahmen des Spielraums, den der Mitgliedstaat ihm zu gewähren beschlossen hat, eine von mehreren Vorgehensweisen auswählen muss, für sich genommen keine Beeinträchtigung seiner Rechte, sofern sich seine Steuerverbindlichkeit dadurch nicht erhöht.

113. Wenn sich dagegen durch Anwendung einer neu eingeführten Anforderung oder Formalität der Betrag des Steueranspruchs rückwirkend erhöht, ist der vorstehend dargelegte Schutzstandard offenkundig nicht erfüllt, ganz gleich, wie untergeordnet oder unerheblich die betreffende Anforderung oder Formalität sein mag. Dies ist aber nicht der Fall im Hinblick auf Art. 168 der Richtlinie 2006/112, der – im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs gelesen – den Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug eindeutig regelt(100).

114. Zusammenfassend ist, soweit hier relevant, zu sagen, dass die folgenden Elemente als Teil des gemeinsamen funktionalen Schutzstandards anzusehen sind: Eine Steuer muss in rechtsverbindlichen, den Steuerpflichtigen vorab zugänglichen Vorschriften geregelt sein, und zwar hinreichend klar, bestimmt und erschöpfend, damit der betreffende Steuerpflichtige den Betrag der zu einem gegebenen Zeitpunkt geschuldeten Steuer auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden oder zugänglichen Texte und Daten vorhersehen und bestimmen kann. Durch solche Vorschriften kann somit nicht rückwirkend eine Steuerlast auferlegt oder erhöht werden.

115. Ich komme daher zu dem Schluss, dass dieser Standard insbesondere bedeutet, dass die zuständigen Steuerbehörden dem betreffenden Steuerpflichtigen – wenn die einschlägigen Vorschriften keine Methode für die Berechnung des Betrags der geschuldeten Steuer enthalten – gestatten sollten, eine Methode seiner Wahl anzuwenden, sofern diese Methode im Hinblick auf die Art der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet ist, objektiv widerzuspiegeln, inwieweit die Eingangsaufwendungen für die wirtschaftliche Tätigkeit verwendet wurden, auf objektiven Kriterien und glaubhaften Daten beruht und der zuständigen Behörde die Überprüfung der richtigen Anwendung der Methode ermöglicht.

 Kann der Gemeindeverband aus dem allgemeinen steuerrechtlichen Legalitätsprinzip ein Recht auf vollen Abzug ableiten?

116. Nach der oben angeführten Rechtsprechung(101) ist die Feststellung, ob die Anwendung des Unionsrechts im Ausgangsverfahren zur Verletzung allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts führt, allein Sache des vorlegenden Gerichts. Im Vorabentscheidungsverfahren ist der Gerichtshof darauf beschränkt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen können, die Frage der Vereinbarkeit zu beurteilen(102).

117. Mit diesem Ziel werde ich nun die verschiedenen Elemente umreißen, die das vorlegende Gericht bei der Prüfung der Folgen der Anwendung des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips – im Licht der EMRK, der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und der Charta – auf den Sachverhalt im Ausgangsverfahren für relevant erachten mag.

 Rechtslage für den Gemeindeverband nach polnischem Recht

118. Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts und dem mündlichen Vortrag geht klar hervor, dass das Mehrwertsteuergesetz zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt, d. h. bis zum 1. Januar 2016, keinerlei Methode oder Kriterien für die Berechnung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer auf Lieferungen vorsah, die untrennbar sowohl für die wirtschaftlichen als auch für die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten eines Steuerpflichtigen verwendet werden.

119. Alle Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung waren sich einig, dass sich die in Art. 86 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes verwendeten Begriffe eng an Art. 168 der Richtlinie 2006/112 anlehnen. Insbesondere enthält die erstere Bestimmung die Wendung „soweit“, die meines Erachtens sehr klar und genau den Umfang des Abzugsrechts bestimmt, indem sie dieses strikt auf die Vorsteuer auf für steuerpflichtige Tätigkeiten verwendete Lieferungen beschränkt. Dem Gerichtshof liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die erstere Bestimmung anders auszulegen sein sollte als die letztere(103).

120. Die folgenden Elemente könnten sich diesbezüglich als von Belang erweisen:

121. Erstens: In der mündlichen Verhandlung haben die Prozessbevollmächtigten für Polen und den Leiter der Finanzverwaltung – ohne dass der Gemeindeverband dem widersprochen hätte – bestätigt, dass die allgemeine Verpflichtung, binnen vorgegebener Fristen den Betrag der geschuldeten Steuer zu berechnen und zu erklären sowie die betreffende Steuer zu zahlen, grundsätzlich eindeutig beim Steuerpflichtigen liegt(104).

122. Zweitens: In ihrem mündlichen Vorbringen waren sich die Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung einig, dass nach polnischem Recht für Steuerpflichtige wie den Gemeindeverband aus haushaltstechnischen Gründen und für die Zwecke der Finanzaufsicht im öffentlichen Finanzwesen sehr detaillierte Rechnungslegungsvorschriften gelten, die u. a. die Verpflichtung beinhalten, alle Geschäfte, einschließlich der für die Zwecke der Mehrwertsteuer relevanten Umsätze, buchhalterisch zu erfassen.

123. Dazu hat der Prozessbevollmächtigte des Gemeindeverbands vorgetragen, dass die Bestimmung des Betrags der abzugsfähigen Vorsteuer sehr kompliziert und aufwendig sei, weil es an einer gesetzlich geregelten Methode fehle; der Prozessbevollmächtigte des Leiters der Finanzverwaltung hat dagegen – wiederum unwidersprochen – betont, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts wie der Gemeindeverband viel besser als die Steuerbehörden in der Lage seien, die notwendigen Berechnungen vorzunehmen.

124. Drittens: In ihrem mündlichen Vorbringen haben die Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass der Steuerpflichtige bei Zweifeln hinsichtlich der richtigen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen das Recht habe, durch Antrag an die Steuerbehörde eine Einzelfallauslegung zu seiner konkreten Situation mit Hinweisen zur ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschriften einzuholen(105). Der Prozessbevollmächtigte des Leiters der Finanzverwaltung hat bestätigt, dass, wie der Gemeindeverband im Ausgangsverfahren, mehrere andere Steuerpflichtige in vergleichbarer Situation dieses Verfahren in Anspruch genommen und eine Einzelfallauslegung bezüglich des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer eingeholt hätten.

125. Viertens: Der Prozessbevollmächtigte des Leiters der Finanzverwaltung hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es den Steuerpflichtigen sowohl vor dem 1. Januar 2016 als auch danach frei gestanden habe, für die anteilsmäßige Zuordnung der Vorsteuer eine Methode ihrer Wahl anzuwenden. Die zuständige Behörde könne der getroffenen Wahl nur widersprechen, wenn die Methode ungeeignet sei, weil sie nicht objektiv widerspiegele, inwieweit die Eingangsaufwendungen für die zum Abzug berechtigenden Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet worden seien. Das Abzugsrecht könne auch nicht allein aus dem Grund verweigert werden, dass die Behörde mit der vom Steuerpflichtigen angewandten Methode nicht einverstanden sei. Der Gemeindeverband hat keiner dieser Ausführungen widersprochen.

126. Meinem Verständnis nach ergibt sich bezüglich der vorgenannten Bestimmungen und Umstände, dass zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt alle für den zu erhebenden Teil der Mehrwertsteuer relevanten wesentlichen Elemente der Mehrwertsteuer (tributum) in solcher Weise durch Gesetz (lex) geregelt waren, dass Steuerpflichtige in der Lage waren, die erforderlichen Berechnungen anhand der in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen und sonstigen Daten vorzunehmen und den Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer in ihrer Steuererklärung anzugeben.

127. Vor diesem Hintergrund stellt die eigentliche Methode für die Berechnung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer ersichtlich lediglich ein technisches Mittel dar, dessen sich der Steuerpflichtige unweigerlich bedienen muss, um den Umfang seines Abzugsrechts richtig zu bestimmen – sofern er sich überhaupt dafür entscheidet, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Die zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt implizit bestehende Notwendigkeit, eine geeignete Methode auszuwählen, ist wohl eine offensichtliche Nebenfolge dieses Rechts – und nicht eine selbstständige, zusätzliche Verpflichtung, die einer spezifischen gesetzlichen Regelung bedürfte(106).

128. Wenn man bedenkt, dass der Gemeindeverband die Möglichkeit hatte, eine Einzelfallauslegung einzuholen, dürfte das Fehlen einer spezifischen Methode in den einschlägigen Bestimmungen weder dem Gemeindeverband die Ausübung seines Abzugsrechts unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert haben noch zu unüberwindbarer Rechtsunsicherheit hinsichtlich seiner Verpflichtungen gegenüber dem Fiskus geführt haben.

129. Aus den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten ist vielmehr ersichtlich, dass die Erwartung, dass der Gesetzgeber zu Besteuerungszwecken alle technischen Aspekte der Vorgehensweise des Steuerpflichtigen erschöpfend regele, angesichts der Vielzahl möglicher Sachverhalte optimistisch und vielleicht objektiv zu hoch wäre(107). Dieses Ergebnis steht völlig in Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR und der Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten(108).

130. Ich bin daher der Ansicht, dass die gesetzliche Regelung, die zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt auf den Gemeindeverband Anwendung fand, keine Regelungslücke hinsichtlich der Definition der Steuer aufwies.

 Abschließende Bemerkungen

131. Meines Erachtens sind mit den vorstehenden Ausführungen alle vom Gemeindeverband vorgebrachten Argumente entkräftet. Gemessen an dem von mir vorstehend beschriebenen Schutzstandard(109) dürfte die Auslegung der einschlägigen Regeln in Einklang mit der Richtlinie 2006/112 in deren ständiger Auslegung durch den Gerichtshof(110) im Ausgangsverfahren weder Grundrechte noch allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verletzen.

132. Diese Auslegung dürfte insbesondere weder zu Rechtsunsicherheit noch zu einer rückwirkenden Anwendung nicht gesetzlich geregelter neuer Verpflichtungen führen. Da alle wesentlichen Elemente der Steuer (tributum) zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gesetzlich geregelt waren, dürfte diese Auslegung auch nicht ergeben, dass die Richtlinie 2006/112 eine nicht im innerstaatlichen Recht geregelte Verpflichtung begründet(111). Abschließend ist zu sagen, dass diese Auslegung die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts wohl weder unmöglich macht noch übermäßig erschwert.

133. Meine Schlussfolgerungen in den obigen Nrn. 73 und 115 werden auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass es den nationalen Behörden und Gerichten aufgrund von Art. 53 der Charta weiterhin freisteht, nationale Schutzstandards für Grundrechte und allgemeine Grundsätze des Unionsrechts anzuwenden, wenn – wie in der vorliegenden Rechtssache – ein Unionsrechtsakt nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich macht(112).

134. Die dem Gerichtshof vorliegenden Informationen sprechen dafür, dass – ungeachtet der in der Vorlagefrage genannten Verwaltungspraktiken – kein offensichtlicher Konflikt zwischen dem Standpunkt, den ich dem Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache vorschlage, und den sich aus Art. 217 der polnischen Verfassung ergebenden Grundsätzen besteht.

135. Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, sind im Licht der genannten Bestimmung Maßnahmen, die die Auferlegung von Steuern betreffen – einschließlich der Bestimmung der Steuerpflichtigen, der Steuersätze wie auch der Grundsätze für Steuervergünstigungen und Niederschlagungen sowie der Festlegung der von der Steuer befreiten Personengruppen – gesetzlich zu regeln. Den mündlichen Erklärungen der Prozessbevollmächtigten Polens und des Leiters der Finanzverwaltung vor dem Gerichtshof lässt sich entnehmen, dass diese Bestimmung vom Trybunał Konstytucyjny (Verfassungsgericht, Polen) in ständiger Rechtsprechung so ausgelegt wird, dass die wesentlichen Elemente der Steuer, die Auswirkungen auf den Umfang der Steuerverbindlichkeit des Steuerpflichtigen haben, gesetzlich zu regeln sind, nicht jedoch sämtliche Elemente der betreffenden Steuer(113).

136. Meinem Verständnis nach dürften diese Anforderungen einer unionsrechtskonformen Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften durch das vorlegende Gericht, die in der vorstehend beschriebenen Weise vorgenommen wird, nicht entgegenstehen.

137. Sollte das vorlegende Gericht dennoch der Auffassung sein, dass das auf solche Weise ausgelegte nationale Recht nicht dem in der polnischen Verfassung garantierten Schutzstandard genügt, kann es sich nicht damit zufrieden geben, dem Gemeindeverband einfach das Recht auf vollen Vorsteuerabzug zu gewähren, weil dies zulasten des Gesamthaushalts der Union ginge und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstieße(114).

138. Meines Erachtens befreit eine bloße Uneinheitlichkeit der nationalen Schutzstandards das nationale Gericht nicht von seiner vorrangigen Verpflichtung, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen. Dies ist erst recht der Fall, wenn andernfalls im Ergebnis ein vom Unionsgesetzgeber nicht beabsichtigter erheblicher unzulässiger wirtschaftlicher Vorteil gewährt würde(115). Bei der Auslegung der nationalen Gesetze muss das vorlegende Gericht vielmehr alle seine im Licht einer Prüfung der gesamten nationalen Rechtsordnung gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen, um diejenige Lösung zu wählen, die die wesentlichen Merkmale der Unionsrechtsordnung – nämlich den Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts – achtet(116).

139. In Anbetracht der vorgenannten Erwägungen gelange ich zusätzlich zu den Ausführungen oben in den Nrn. 73 und 115 zu dem Schluss, dass das nationale Gericht nur dann von der Verpflichtung, sein nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, befreit sein kann, wenn eine solche Auslegung gegen den Grundsatz verstieße, dass Steuern in rechtsverbindlichen, dem Steuerpflichtigen vorab zugänglichen Vorschriften zu regeln sind, und zwar hinreichend klar, bestimmt und erschöpfend, damit der betreffende Steuerpflichtige den Betrag der zu einem gegebenen Zeitpunkt geschuldeten Steuer auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden oder zugänglichen Texte und Daten vorhersehen und bestimmen kann. Ein solcher Verstoß läge vor, wenn diese Vorschriften zu Unsicherheit hinsichtlich des Betrags der geschuldeten Steuer führten oder wenn sie diesen Betrag rückwirkend auferlegten oder erhöhten.

 Ergebnis

140. Angesichts der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Wrocław, Polen) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

–      Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht in Verfahren, die einen Steuerpflichtigen wie den Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach (Gemeindeverband des Kupfer-Reviers mit Sitz in Polkowice) betreffen, das nationale Recht soweit möglich auf solche Weise auslegen muss, dass sichergestellt ist, dass die Abzüge lediglich in Bezug auf den Teil der Vorsteuer erfolgen, der objektiv widerspiegelt, inwieweit die Eingangsaufwendungen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen verwendet wurden.

–      Wenn die einschlägigen Vorschriften keine Methode für die Berechnung des Betrags der geschuldeten Steuer enthalten, sollten die zuständigen Steuerbehörden dem betreffenden Steuerpflichtigen gestatten, eine Methode seiner Wahl anzuwenden, sofern diese Methode im Hinblick auf die Art der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet ist, objektiv widerzuspiegeln, inwieweit die Eingangsaufwendungen für die wirtschaftliche Tätigkeit verwendet wurden, auf objektiven Kriterien und glaubhaften Daten beruht und der zuständigen Behörde die Überprüfung der richtigen Anwendung der Methode ermöglicht.

–      Ein nationales Gericht kann nur dann von der Verpflichtung, sein nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, befreit sein, wenn eine solche Auslegung gegen den Grundsatz verstieße, dass Steuern in rechtsverbindlichen, dem Steuerpflichtigen vorab zugänglichen Vorschriften zu regeln sind, und zwar hinreichend klar, bestimmt und erschöpfend, damit der betreffende Steuerpflichtige den Betrag der zu einem gegebenen Zeitpunkt geschuldeten Steuer auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden oder zugänglichen Texte und Daten vorhersehen und bestimmen kann. Ein solcher Verstoß läge vor, wenn diese Vorschriften zu Unsicherheit hinsichtlich des Betrags der geschuldeten Steuer führten oder wenn sie diesen Betrag rückwirkend auferlegten oder erhöhten.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie 2006/112 des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).


3      Im Folgenden: Mehrwertsteuer.


4      Im Folgenden: Vorsteuer.


5      Art. 174 definiert die Elemente, aus denen sich Nenner und Zähler des zur Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu verwendenden Bruchs zusammensetzen. Art. 175 bestimmt, dass der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs auf Jahresbasis berechnet oder vom Steuerpflichtigen unter Überwachung durch die Finanzverwaltung nach den voraussichtlichen Verhältnissen vorläufig geschätzt wird, wobei der vorläufige Pro-rata-Satz im Laufe des folgenden Jahres, wenn das genaue Verhältnis bekannt ist, zu berichtigen ist.


6      Dziennik Ustaw (Gesetzblatt) 2011, Nr. 177, Eintrag 1054 (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz).


7      Im Folgenden: Leiter der Finanzverwaltung.


8      Meinem Verständnis nach ist diese Art Verwaltungsakt im Wesentlichen eine förmliche Erklärung der Behörde über ihre Auffassung bezüglich der richtigen Auslegung und Anwendung einer bestimmten Steuervorschrift in Bezug auf die tatsächlichen Umstände eines bestimmten Steuerpflichtigen. Dieses Verfahren ist in den Art. 14b bis 14s der Ordynacja podatkowa (Verfahrensordnung für Steuersachen) vom 29. August 1997, Dziennik Ustaw (Gesetzblatt) 1997, Nr. 137, Eintrag 926, mit Änderungen, geregelt.


9      Im Folgenden: Recht auf vollen Abzug.


10      Rechtssache I FPS 9/10. Das vorlegende Gericht führt aus, der Naczelny Sąd Administracyjny habe in der genannten Entscheidung festgestellt, die in Art. 90 des Mehrwertsteuergesetzes niedergelegte Formel seinicht dazu vorgesehen, auf Vorsteuer angewendet zu werden, die auf Lieferungen anfalle, die untrennbar sowohl für die wirtschaftlichen als auch für die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten eines Steuerpflichtigen verwendet würden. Der Naczelny Sąd Administracyjny habe in seiner Begründung der genannten Entscheidung ausgeführt, dass der Steuerpflichtige, da der polnische Gesetzgeber keine Methoden und Kriterien für die Aufteilung der Vorsteuer auf die der Mehrwertsteuer unterliegenden und die ihr nicht unterliegenden Umsätze geregelt habe, das Recht auf vollen Abzug der auf solche Lieferungen angefallenen Vorsteuer hat.


11      Siehe oben, Nrn. 12 bis 14.


12      Siehe oben, Nr. 14.


13      Urteil vom 13. März 2008, Securenta (C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 33).


14      Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 26). Der Gerichtshof hat des Weiteren ausgeführt, dass Umsätze, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/112 fallen und für die daher kein Vorsteuerabzugsrecht besteht, im Nenner des Bruchs, der zur Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs im Sinne von Art. 173 dient, unberücksichtigt bleiben müssen, da andernfalls der Zweck der völligen Neutralität, die das gemeinsame Mehrwertsteuersystem garantiert, vereitelt würde (Urteile vom 29. April 2004, EDM (C‑77/01, EU:C:2004:243, Rn. 54, und vom 27. September 2001, Cibo Participations, C‑16/00, EU:C:2001:495, Rn. 44).


15      Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 32).


16      Urteil vom 13. März 2008, Securenta (C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 34).


17      Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 27).


18      Vgl. entsprechend Urteil vom 14. September 2006, Wollny (C‑72/05, EU:C:2006:573, Rn. 28).


19      Siehe in diesem Sinne z. B. Urteil vom 3. Oktober 2006, Banca popolare di Cremona (C‑475/03, EU:C:2006:629, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2008, Sosnowska (C‑25/07, EU:C:2008:395, Rn. 14 und 15).


21      Urteil vom 23. November 2017, Di Maura (C‑246/16, EU:C:2017:887, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22      Schlussanträge vom 22. Juni 2006, Stradasfalti (C‑228/05, EU:C:2006:425, Nrn. 82 und 83 [Hervorhebung nur hier]).


23      Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) (jetzt Art. 168 der Richtlinie 2006/112).


24      Urteil vom 28. November 2013, MDDP (C‑319/12, EU:C:2013:778, Rn. 42).


25      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 30. März 2006, Uudenkaupungin kaupunki (C‑184/04, EU:C:2006:214, Rn. 24) und Beschluss vom 5. Juni 2014, Gmina Międzyzdroje (C‑500/13, EU:C:2014:1750, Rn. 19).


26      Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 23).


27      Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 24).


28      Urteile vom 16. Februar 2012, Eon Aset Menidjmunt (C‑118/11, EU:C:2012:97, Rn. 44), und vom 22. Oktober 2015, Sveda (C‑126/14, EU:C:2015:712, Rn. 32).


29      Urteil vom 16. Juni 2016, Mateusiak (C‑229/15, EU:C:2016:454, Rn. 24).


30      Siehe ihre Schlussanträge in der Rechtssache VDP Dental Laboratory (C‑401/05, EU:C:2006:537, Nrn. 95 bis 97) und in der Rechtssache MDDP (C‑319/12, EU:C:2013:421, Nrn. 38 und 39).


31      Schlussanträge vom 17. März 2016, Český rozhlas (C‑11/15, EU:C:2016:181, Nr. 51).


32      Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten, wenn der Betrag der abgezogenen Vorsteuer den Betrag der für einen Steuerzeitraum geschuldeten Mehrwertsteuer übersteigt, den Überschuss entweder auf den folgenden Zeitraum vortragen lassen oder nach den von ihnen festgelegen Einzelheiten erstatten. Hier würde es sich zwangsläufig um einen strukturellen Überschuss handeln, welcher, selbst wenn er vorgetragen würde, im Laufe der Zeit immer weiter anstiege. Im Ergebnis würde dieses Ungleichgewicht zwangsläufig auf eine Erstattung hinauslaufen.


33      Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar, Český rozhlas (C‑11/15, EU:C:2016:181, Nr. 51).


34      Urteil vom 28. November 2013, MDDP (C‑319/12, EU:C:2013:778, Rn. 25).


35      Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C‑174/08, EU:C:2009:669, Rn. 40).


36      Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C‑174/08, EU:C:2009:669, Rn. 41).


37      Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C‑174/08, EU:C:2009:669, Rn. 42 und 43).


38      Siehe Urteil vom 19. Juli 2012, Deutsche Bank (C‑44/11, EU:C:2012:484, Rn. 45), in welchem der Gerichtshof die von mir in Nr. 60 meiner Schlussanträge in derselben Sache (EU:C:2012:276) getroffene Schlussfolgerung bestätigte.


39      Urteil vom 13. März 2014, Malburg (C‑204/13, EU:C:2014:147, Rn. 42 und 43).


40      Urteil vom 29. Oktober 2009, NCC Construction Danmark (C‑174/08, EU:C:2009:669, Rn. 44).


41      Urteil vom 14. September 2006, Wollny (C‑72/05, EU:C:2006:573, Rn. 35).


42      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Wollny (C‑72/05, EU:C:2006:573, Rn. 33 und 37).


43      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Wollny (C‑72/05, EU:C:2006:573, Rn. 48).


44      Urteil vom 13. März 2008, Securenta (C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 34 und 37). Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Mitgliedstaaten diesbezüglich das Recht haben, gegebenenfalls einen Investitionsschlüssel, einen Umsatzschlüssel oder jeden anderen geeigneten Schlüssel zu verwenden, und nicht verpflichtet sind, sich auf eine einzige dieser Methoden zu beschränken (Rn. 38 dieses Urteils).


45      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 1988, Direct Cosmetics Ltd und Laughtons Photographs/Commissioners of Customs and Excise (C‑138/86 und C‑139/86, EU:C:1988:383, Rn. 23). Siehe auch Urteil vom 6. Mai 2010, Kommission/Frankreich (C‑94/09, EU:C:2010:253, Rn. 40).


46      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2012, Portugal Telecom (C‑496/11, EU:C:2012:557, Rn. 35).


47      Beschluss des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2007, L 163, S. 17).


48      So belief sich der Anteil der auf Mehrwertsteuer beruhenden Eigenmittel z. B. im Jahr 2014, das eines der Steuerjahre ist, für die der Gemeindeverband das Recht auf vollen Abzug geltend macht, auf 13,2 % des Gesamthaushalts der Union. Vgl. Mehrjähriger Finanzrahmen 2014–2020 und EU-Haushalt 2014, S. 24.


49      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2018, Kolev u. a. (C‑612/15, EU:C:2018:392, Rn. 51 und 52). Falls Polen den Wunsch hat, Steuerpflichtige wie z. B. den Gemeindeverband weiter zu begünstigen, könnte es – vorbehaltlich der Einhaltung der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen – eine aus eigenen Mitteln finanzierte Subvention leisten, anstatt zulasten des Unionshaushalts eine Steuerbefreiung zuzulassen.


50      Vgl. entsprechend Urteil vom 5. Dezember 2017, M.A.S. und M.B. (C‑42/17, EU:C:2017:936, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


51      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2018, Kolev u. a. (C‑612/15, EU:C:2018:392, Rn. 64).


52      Siehe oben, Nr. 11.


53      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2015, Taricco u. a. (C‑105/14, EU:C:2015:555, Rn. 49).


54      Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 116).


55      Urteil vom 11. September 2018, IR (C‑68/17, EU:C:2018:696, Rn. 63).


56      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2016, DI (C‑441/14, EU:C:2016:278, Rn. 33 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Siehe auch Urteil vom 17. April 2018, Egenberger (C‑414/16, EU:C:2018:257, Rn. 72 und 73).


57      ABl. 2010, C 83, S. 389 (im Folgenden: Charta).


58      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2018, Kolev u. a. (C‑612/15, EU:C:2018:392, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).


59      Die jüngste Rechtsprechung liefert mehrere Beispiele für Situationen, in denen der Gerichtshof zu der Meinung gelangte, dass die Effizienz der Union unter Umständen hinter dem Schutz der Grundrechte zurückstehen muss. Siehe in diesem Sinne Urteile vom 16. Februar 2017, C. K. u. a. (C‑578/16 PPU, EU:C:2017:127) (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Zusammenhang mit der Verordnung [EU] Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [ABl. 2013, L 180, S. 31]); vom 5. Dezember 2017, M.A.S. und M.B. (C‑42/17, EU:C:2017:936 [Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen im Zusammenhang mit Art. 325 AEUV]); und vom 25. Juli 2018, Minister for Justice and Equality (C‑216/18 PPU, EU:C:2018:586) (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Zusammenhang mit dem Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten [ABl. 2002, L 190, S. 1]).


60      Siehe in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, X (C‑60/02, EU:C:2004:10, Rn. 61 und 63), und vom 5. Dezember 2017, M.A.S. und M.B. (C‑42/17, EU:C:2017:936, Rn. 61).


61      Dieser Artikel lautet: „Die Grundrechte, wie sie in der [am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten] Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten [im Folgenden: EMRK] gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.“


62      Nach dieser Bestimmung der Charta gilt, dass, „[s]oweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die [EMRK] garantierten Rechten entsprechen, … sie die gleiche Bedeutung und Tragweite [haben], wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird“, wobei dies dem nicht entgegensteht, dass das Recht der Union „einen weiter gehenden Schutz gewährt“. Folglich sind bei der Bestimmung dieses durch die Charta gewährleisteten Mindestschutzstandards die vom EGMR in der Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der EMRK entwickelten Kriterien anzuwenden (Urteil vom 28. Februar 2013, Überprüfung in der Rechtssache Arango Jaramillo u. a./EIB, C‑334/12 RX‑II, EU:C:2013:134, Rn. 28).


63      Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unterzeichnet in Paris am 20. März 1952 (im Folgenden: Zusatzprotokoll).


64      EGMR, 9. Juli 2002, Orion Břeclav s.r.o./Tschechische Republik, CE:ECHR:2002:0709DEC004378398, S. 7.


65      EGMR, 29. Januar 2003, Masa Invest Group/Ukraine, CE:ECHR:2005:1011DEC000354003, S. 12.


66      EGMR, 14. Mai 2013, N.K.M./Ungarn, CE:ECHR:2013:0514JUD006652911, § 50.


67      EGMR, 20. September 2011, OAO Neftyanaya Kompaniya Yukos/Russland, CE:ECHR:2011:0920JUD001490204, § 559 (Hervorhebung nur hier).


68      EGMR, 14. Oktober 2010, Shchokin/Ukraine, CE:ECHR:2010:1014JUD002375903, § 51.


69      Grgić, A., Mataga, Z., Longar, M., und Vilfan, A., Council of Europe – Directorate General of Human Rights and Legal Affairs, Le droit à la propriété dans la convention européenne des Droits de l’Homme. Un guide sur la mise en oeuvre de la convention européenne des Droits de l’Homme et de ses protocoles, Précis sur les droits de l’homme n° 10, September 2007, S. 13 (öffentlich zugänglich über den folgenden Link: https://rm.coe.int/168007ff64).


70      EGMR, 9. November 1999, Špaček/Tschechische Republik, CE:ECHR:1999:1109JUD002644995, § 54.


71      EGMR, 25. Juli 2013, Khodorkovskiy und Lebedev/Russland, CE:ECHR:2013:0725JUD001108206, §§ 881 bis 885.


72      EGMR, 29. Januar 2003, Masa Invest Group/Ukraine, CE:ECHR:2005:1011DEC000354003, S. 12 und 13.


73      Beispiele dafür sind u. a. das Vereinigte Königreich, wo der Grundsatz erstmals in der (nach wie vor geltenden) Bill of Rights von 1689 gesetzlich verankert wurde; Frankreich, wo es sich aus der Déclaration des droits de l’homme et du citoyen (Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte) vom 26. August 1789 (ebenfalls nach wie vor geltend) ergibt; und Polen, wo es im Verfassungsdokument Artykuły henrykowskie (Articuli Henriciani) von 1573 verankert wurde, das bis zum 24. Oktober 1795 in Kraft blieb.


74      Dies ist wohl in Österreich und Deutschland der Fall.


75      Dies ist wohl insbesondere der Fall in: Belgien (Art. 170 Abs. 1 der belgischen Verfassung), Zypern (Art. 24 Abs. 2 der zyprischen Verfassung), Estland (Art. 113 der estnischen Verfassung), Finnland (Art. 81 Abs. 1 der finnischen Verfassung), Italien (Art. 23 der italienischen Verfassung), Irland (Art. 22.2.1 bis 22.2.6 der irischen Verfassung), den Niederlanden (Art. 104 der niederländischen Verfassung), der Tschechischen Republik (Art. 11 Abs. 5 der Charta der Grundrechte der Tschechischen Republik), Litauen (Art. 127 Abs. 3 der litauischen Verfassung), Luxemburg (Art. 99 der luxemburgischen Verfassung), Rumänien (Art. 56 Abs. 3 und Art. 139 Abs. 1 der rumänischen Verfassung), Slowakei (Art. 59 Abs. 2 der slowakischen Verfassung) und Schweden (Art. 4 in Abschnitt 1 der Regeringsformen, einem der drei Gesetze, die zusammen die schwedische Verfassung bilden).


76      Art. 14 der Déclaration des droits de l’homme et du citoyen vom 26. August 1789 schreibt vor, dass die folgenden Elemente gesetzlich geregelt sein müssen: die Steuerbemessungsgrundlage, der Steuersatz und die Verfahren für die Erhebung von Steuern aller Arten.


77      Art. 78 Abs. 1 und 4 der griechischen Verfassung schreibt vor, dass die folgenden Elemente gesetzlich geregelt sein müssen: die Bestimmung des Steuerpflichtigen, die Art der steuerpflichtigen Einkommen, Vermögen, Ausgaben oder Umsätze, der Steuersatz, die Ausnahmen und Steuergutschriften.


78      Art. 103 Abs. 2 der portugiesischen Verfassung schreibt vor, dass die folgenden Elemente gesetzlich geregelt sein müssen: die Steuerbemessungsgrundlage, der Steuersatz, die steuerlichen Vergünstigungen, die Garantien für die Steuerpflichtigen.


79      Siehe Art. 217 der oben in Nr. 6 angeführten polnischen Verfassung.


80      Dies sind: Bulgarien, die Tschechische Republik, Estland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, die Niederlande, Polen, Portugal, Schweden und das Vereinigte Königreich.


81      Die sich aus der EMRK ergebende Rechtslage ist in dieser Hinsicht wohl recht ähnlich (siehe oben, Nrn. 85 und 86).


82      Dies ist wohl in der Tschechischen Republik, Estland, Deutschland, Griechenland und Polen sowie im Vereinigten Königreich der Fall.


83      Dies ist wohl in Frankreich der Fall.


84      Dies ist wohl in den Niederlanden und in Schweden der Fall.


85      Dazu ist anzumerken, dass sich ein ähnliches Erfordernis aus der vorstehend in diesen Schlussanträgen erörterten Rechtsprechung des EGMR ergibt (siehe oben, Nr. 82).


86      Dies ist wohl in Bulgarien (bis zum 1. Januar 2017), in der Tschechischen Republik, Deutschland, Griechenland (seit 2000), den Niederlanden, Schweden und im Vereinigten Königreich der Fall.


87      Außer in Polen ist dies wohl auch in Bulgarien, der Tschechischen Republik, Griechenland und Schweden der Fall.


88      In den Niederlanden gibt es z. B. einen Erlass des Staatssecretaris van Financiën (Finanzminister) über den Vorsteuerabzug, in dem Quadratmeter, Kubikmeter, relevante Einnahmen oder Kosten als mögliche Kriterien für die Berechnung des abzugsfähigen Teils der Vorsteuer genannt sind.


89      Siehe für Schweden die unverbindlichen Weisungen der Steuerverwaltung Nr. 131 446423-15/111 vom 25. August 2015 und Nr. 202 377677-17/111 vom 19. Dezember 2017.


90      Siehe VAT Notice 700 vom 17. Dezember 2014 (der Mehrwertsteuerleitfaden mit Erklärungen zu den Regeln und Verfahren), Section 32(5).


91      Urteil vom 22. Juni 2016, Český rozhlas (C‑11/15, EU:C:2016:470).


92      Schlussanträge vom 17. März 2016, Český rozhlas (C‑11/15, EU:C:2016:181).


93      Urteil vom 30. August 2016 (Nr. 5 Afs 124/2014-178).


94      Siehe oben, Nr. 39.


95      Urteil vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776 Rn. 121 bis 123).


96      Urteil vom 10. September 2009, Plantanol (C‑201/08, EU:C:2009:539, Rn. 46).


97      Urteil vom 16. September 2008, Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 47).


98      Urteil vom 26. April 2005, „Goed Wonen“ (C‑376/02, EU:C:2005:251, Rn. 33).


99      Dies ließe sich grundsätzlich auch hinsichtlich verfahrensbezogener und technischer Anforderungen sagen. Da diese Frage jedoch über den Rahmen dieser Schlussanträge hinausgeht, werde ich hier nicht weiter darauf eingehen.


100      Siehe oben, Nrn. 41, 48 und 55.


101      Vgl. die oben in den Nrn. 74 und 75 angeführte Rechtsprechung.


102      Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 126).


103      Zur Auslegung des Art. 168 der Richtlinie 2006/112 siehe oben, Nrn. 41, 48 und 55.


104      Wie ich es verstehe, ergibt sich diese Verpflichtung aus Art. 103 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes, durch den wohl Art. 250 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 umgesetzt wird.


105      Siehe obige Fn. 8.


106      Siehe oben, Nr. 112.


107      An dieser Stelle ist anzumerken, dass der Leiter der Finanzverwaltung – unwidersprochen – betont hat, dass dies objektiv unmöglich sei.


108      Siehe oben, Nrn. 85 und 91.


109      Siehe die Erörterung des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips oben in den Nrn. 78 bis 115.


110      Das heißt, gemäß den oben in den Nrn. 35 bis 60 erörterten Parametern.


111      Diese Rechtslage steht im Gegensatz zu derjenigen in der Rechtssache Pfeiffer u. a. (Urteil vom 5. Oktober 2004, C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 108).


112      Siehe Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni (C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 60). In der genannten Rechtssache kam der Gerichtshof allerdings zu dem Schluss, dass es dem nationalen Gericht gerade deswegen nicht mehr gestattet ist, den durch sein nationales Verfassungsrecht gewährleisteten höheren Grundrechtsschutzstandard anzuwenden, weil die einschlägigen Regelungen auf Unionsebene vollständig harmonisiert worden sind.


113      Urteil des Trybunał Konstytucyjny vom 16. Juni 1998, U 9/97, Nr. 51. Aus der mündlichen Verhandlung ist außerdem hervorgegangen, dass das Trybunał Konstytucyjny noch keine Gelegenheit hatte, sich mit der Frage zu befassen, ob es mit der Verfassung vereinbar ist, dass keine Methoden für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgegeben sind.


114      Siehe oben, Nrn. 61, 64 und 65.


115      Siehe oben, Nrn. 57 bis 59.


116      Urteil vom 5. Dezember 2017, M.A.S. und M.B. (C‑42/17, EU:C:2017:936, Rn. 47).

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