Europäischer Gerichtshof Urteil, 02. Juni 2016 - C-226/14,C-228/14

ECLI:ECLI:EU:C:2016:405
02.06.2016

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

2. Juni 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Mehrwertsteuer — Zolllagerverfahren — Externes Versandverfahren — Entstehung einer Zollschuld im Anschluss an die Nichterfüllung einer Pflicht — Mehrwertsteueranspruch“

In den verbundenen Rechtssachen C‑226/14 und C‑228/14

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidungen vom 18. Februar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 8. bzw. 12. Mai 2014, in den Verfahren

Eurogate Distribution GmbH

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Stadt (C‑226/14)

und

DHL Hub Leipzig GmbH

gegen

Hauptzollamt Braunschweig (C‑228/14)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richter F. Biltgen und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Eurogate Distribution GmbH und der DHL Hub Leipzig GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt U. Schrömbges,

des Hauptzollamts Hamburg-Stadt, vertreten durch J. Thaler als Bevollmächtigten,

des Hauptzollamts Braunschweig, vertreten durch F. Zimmerer als Bevollmächtigten,

der hellenischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis und K. Karavasili als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Owsiany-Hornung, M. Wasmeier und A. Caeiros als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Januar 2016

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 204 und 236 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (ABl. 2005, L 117, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex), der Art. 7, 10 Abs. 3 Unterabs. 2 und 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2004/66/EG des Rates vom 26. April 2004 (ABl. 2004, L 168, S. 35) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) sowie der Art. 30 und 61 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen der Eurogate Distribution GmbH (im Folgenden: Eurogate) und dem Hauptzollamt Hamburg-Stadt sowie zwischen der DHL Hub Leipzig GmbH (im Folgenden: DHL) und dem Hauptzollamt Braunschweig über die diesen Unternehmen auferlegte Mehrwertsteuerpflicht aufgrund der Entstehung einer Zollschuld nach Art. 204 des Zollkodex.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Gegenstand des Sachverhalts der Ausgangsverfahren sind die Jahre 2006 und 2011. Infolgedessen ist in der Rechtssache C‑226/14 die Sechste Richtlinie und in der Rechtssache C‑228/14 die Mehrwertsteuerrichtlinie anzuwenden.

Sechste Richtlinie

4

Art. 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

2.

die Einfuhr von Gegenständen.“

5

Art. 7 der Richtlinie sieht vor:

„(1)   Die Einfuhr eines Gegenstands liegt vor,

a)

wenn ein Gegenstand, der nicht die Bedingungen der Artikel [23 EG und 24 EG] erfüllt oder wenn ein Gegenstand im Sinne des [EGKS-Vertrags], der sich nicht im freien Verkehr befindet, in die Gemeinschaft verbracht wird,

b)

wenn ein nicht unter Buchstabe a) fallender Gegenstand mit Herkunft aus einem Drittlandsgebiet in die Gemeinschaft verbracht wird.

(2)   Die Einfuhr eines Gegenstandes erfolgt in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Gemeinschaft verbracht wird.

(3)   Bei einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe a), der vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 16 Absatz 1 Teil B, Buchstaben a), b), c) und d), der Regelung der vorübergehenden Einfuhr bei vollständiger Befreiung von Eingangsabgaben oder dem externen Versandverfahren unterliegt, erfolgt abweichend von Absatz 2 die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Gegenstand nicht mehr diesen Regelungen unterliegt.

Unterliegt ein Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe b) vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 33a Absatz 1 Buchstabe b) oder c), so erfolgt die Einfuhr in den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Gegenstand nicht mehr diesen Regelungen unterliegt.“

6

Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie bestimmt:

„Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt. Unterliegen Gegenstände vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Gemeinschaft an einer der Regelungen nach Artikel 7 Absatz 3, so treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Gegenstände diesen Regelungen nicht mehr unterliegen.

…“

7

Art. 17 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

„(1)   Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

(2)   Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)

die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

b)

die Mehrwertsteuer, die für eingeführte Gegenstände geschuldet wird oder entrichtet worden ist,

…“

8

In Art. 21 dieser Richtlinie heißt es:

„Die Mehrwertsteuer schuldet

2.

bei der Einfuhr die Person oder Personen, die vom Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bezeichnet oder anerkannt wird oder werden.“

Mehrwertsteuerrichtlinie

9

Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

d)

die Einfuhr von Gegenständen.“

10

Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

…“

11

Art. 30 der Richtlinie sieht vor:

„Als ‚Einfuhr eines Gegenstands‘ gilt die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Artikels 24 des Vertrags befindet, in die Gemeinschaft.

Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gilt als Einfuhr eines Gegenstands auch die Verbringung eines im freien Verkehr befindlichen Gegenstands mit Herkunft aus einem Drittgebiet, das Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft ist, in die Gemeinschaft.“

12

Art. 60 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Die Einfuhr von Gegenständen erfolgt in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Gemeinschaft verbracht wird.“

13

Art. 61 dieser Richtlinie lautet:

„Abweichend von Artikel 60 erfolgt bei einem Gegenstand, der sich nicht im freien Verkehr befindet und der vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft [an] einem Verfahren oder einer sonstigen Regelung im Sinne des Artikels 156, der Regelung der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben oder dem externen Versandverfahren unterliegt, die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand nicht mehr diesem Verfahren oder der sonstigen Regelung unterliegt.

Unterliegt ein Gegenstand, der sich im freien Verkehr befindet, vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft [an] einem Verfahren oder einer sonstigen Regelung im Sinne der Artikel 276 und 277, erfolgt die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand nicht mehr diesem Verfahren oder der sonstigen Regelung unterliegt.“

14

Art. 70 der Richtlinie lautet:

„Steuertatbestand und Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt.“

15

Art. 71 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Unterliegen Gegenstände vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Gemeinschaft [an] einem Verfahren oder einer sonstigen Regelung im Sinne der Artikel 156, 276 und 277, der Regelung der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben oder dem externen Versandverfahren, treten Steuertatbestand und Steueranspruch erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Gegenstände diesem Verfahren oder dieser sonstigen Regelung nicht mehr unterliegen.“

16

Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“

17

Art. 168 der Richtlinie bestimmt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)

die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

e)

die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist.“

18

Art. 201 der Richtlinie lautet:

„Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.“

Zollkodex

19

Art. 4 Nrn. 7 und 10 des Zollkodex sieht vor:

„Im Sinne dieses Zollkodex ist oder sind

7.

Gemeinschaftswaren:

Waren, die unter den in Artikel 23 genannten Voraussetzungen vollständig im Zollgebiet der Gemeinschaft gewonnen oder hergestellt worden sind, ohne dass ihnen aus nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Ländern oder Gebieten eingeführte Waren hinzugefügt wurden. In den nach dem Ausschussverfahren festgelegten Fällen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung gelten Waren, die aus in einem Nichterhebungsverfahren befindlichen Waren gewonnen oder hergestellt worden sind, nicht als Gemeinschaftswaren;

aus nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörenden Ländern oder Gebieten eingeführte Waren, die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind;

Waren, die im Zollgebiet der Gemeinschaft entweder ausschließlich unter Verwendung von nach dem zweiten Gedankenstrich bezeichneten Waren oder unter Verwendung von nach den ersten beiden Gedankenstrichen bezeichneten Waren gewonnen oder hergestellt worden sind;

10.

Einfuhrabgaben:

Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren;

…“

20

Art. 79 des Zollkodex bestimmt:

„Durch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr erhält eine Nichtgemeinschaftsware den zollrechtlichen Status einer Gemeinschaftsware.

…“

21

Art. 89 Abs. 1 des Zollkodex sieht vor:

„Ein Nichterhebungsverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung endet, wenn die in dieses Verfahren übergeführten Waren oder gegebenenfalls die im Rahmen dieses Verfahrens gewonnenen Veredelungs- oder Umwandlungserzeugnisse eine zulässige neue zollrechtliche Bestimmung erhalten.“

22

Art. 91 des Zollkodex bestimmt:

„(1)   Im externen Versandverfahren können folgende Waren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden:

a)

Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen;

(2)   Die Beförderung nach Absatz 1 erfolgt

a)

im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren;

…“

23

In Art. 92 des Zollkodex heißt es:

„(1)   Das externe Versandverfahren endet und die Verpflichtungen des Inhabers des Verfahrens sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.

(2)   Die Zollbehörden erledigen das externe Versandverfahren, wenn für sie auf der Grundlage eines Vergleichs der der Abgangszollstelle zur Verfügung stehenden Angaben mit den der Bestimmungszollstelle zur Verfügung stehenden Angaben ersichtlich ist, dass das Verfahren ordnungsgemäß beendet ist.“

24

Art. 96 des Zollkodex lautet:

„(1)   Der Hauptverpflichtete ist der Inhaber des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens. Er hat

a)

die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen;

b)

die Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren einzuhalten.

(2)   Unbeschadet der Pflichten des Hauptverpflichteten nach Absatz 1 ist ein Warenführer oder Warenempfänger, der die Waren annimmt und weiß, dass sie dem gemeinschaftlichen Versandverfahren unterliegen, auch verpflichtet, sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen.“

25

Art. 98 Abs. 1 des Zollkodex sieht vor:

„Im Zolllagerverfahren können folgende Waren im Zollgebiet der Gemeinschaft gelagert werden:

a)

Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen;

…“

26

In Art. 105 des Zollkodex heißt es:

„Die von den Zollbehörden bezeichnete Person hat über alle in das Zolllagerverfahren übergeführten Waren in der von den Zollbehörden zugelassenen Form Bestandsaufzeichnungen zu führen. Bestandsaufzeichnungen sind nicht erforderlich, wenn ein öffentliches Zolllager von den Zollbehörden betrieben wird.

…“

27

Art. 204 des Zollkodex bestimmt:

„(1)   Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen

a)

eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder

b)

eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,

es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.

(2)   Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.

(3)   Zollschuldner ist die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat.“

28

Art. 236 des Zollkodex bestimmt:

„(1)   Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.

Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.

Eine Erstattung oder ein Erlass wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrags auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist.

(2)   Die Erstattung oder der Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben erfolgt auf Antrag; der Antrag ist vor Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner bei der zuständigen Zollstelle zu stellen.

Diese Frist wird verlängert, wenn der Beteiligte nachweist, dass er infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt gehindert war, den Antrag fristgerecht zu stellen.

Die Zollbehörden nehmen die Erstattung oder den Erlass von Amts wegen vor, wenn sie innerhalb dieser Frist selbst feststellen, dass einer der in Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 beschriebenen Sachverhalte vorliegt.“

Durchführungsverordnung

29

Art. 866 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. 1993, L 253, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung) lautet:

„Ist eine Einfuhrzollschuld nach Artikel 202, 203, 204 oder 205 des Zollkodex entstanden und sind die Einfuhrabgaben entrichtet worden, so gilt unbeschadet der Einhaltung der auf die Ware gegebenenfalls anwendbaren Vorschriften über Verbote und Beschränkungen die betreffende Ware als Gemeinschaftsware, ohne dass es hierfür einer Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr bedarf.“

Deutsches Recht

30

§ 1 des Umsatzsteuergesetzes vom 21. Februar 2005 (BGBl. 2005 I S. 386) in seiner für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: UStG) bestimmt:

„(1)   Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.

die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. …

4.

die Einfuhr von Gegenständen im Inland … (Einfuhrumsatzsteuer);

…“

31

§ 5 UStG sieht vor:

„…

(2)

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung … Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung anordnen

5.

für Gegenstände, die nur vorübergehend eingeführt und danach unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt werden;

(3)

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung … anordnen, dass unter den sinngemäß anzuwendenden Voraussetzungen von Rechtsakten des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Erstattung oder den Erlass von Einfuhrabgaben die Einfuhrumsatzsteuer ganz oder teilweise erstattet oder erlassen wird.“

32

§ 13 UStG bestimmt:

„(1)   Die Steuer entsteht

1.

für Lieferungen und sonstige Leistungen

(2)   Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt § 21 Abs. 2.

…“

33

§ 15 Abs. 1 UStG bestimmt:

„Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.

die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. …;

2.

die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs.1 Nr. 4 eingeführt worden sind;

…“

34

§ 21 UStG sieht vor:

„(1)   Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2)   Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr nach dem Verfahren der Zollrückvergütung und über den passiven Veredelungsverkehr.

…“

35

§ 1 Abs. 2 der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung vom 11. August 1992 (BGBl. 1992 I S. 1526) sieht in seiner für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (BGBl. 2004 I S. 21) vor:

„Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich des § 11, die vorübergehende Einfuhr von Gegenständen, die

1.

nach den Artikeln 137 bis 144 des Zollkodex frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 des Zollkodex eingeführt werden können …

in sinngemäßer Anwendung der genannten Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Vorschriften über die vorübergehende Verwendung bei teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C‑226/14

36

Seit 2006 verfügt Eurogate über die Bewilligung für den Betrieb eines privaten Zolllagers. Die dieses Lager betreffenden Bestandsaufzeichnungen werden mit Hilfe eines Computerprogramms geführt.

37

Als Lagerhalterin nahm Eurogate in ihr privates Zolllager Nichtgemeinschaftswaren ihrer Kunden auf, die anschließend wieder in Gebiete außerhalb der Europäischen Union versandt wurden. Bei der Entnahme dieser Waren aus dem Zolllager wurden Zollanmeldungen für ihre Wiederausfuhr abgegeben.

38

Bei einer Zollprüfung am 31. Januar 2007 wurde festgestellt, dass die Entnahmen der in Rede stehenden Waren erst mit einer zeitlichen Verzögerung von 11 bis 126 Tagen – d. h. nach Art. 105 Abs. 1 des Zollkodex in Verbindung mit den Art. 529 Abs. 1 und 530 Abs. 3 der Durchführungsverordnung verspätet – in den Bestandsaufzeichnungen erfasst wurden.

39

Mit Bescheid vom 1. Juli 2008 setzte das Hauptzollamt Hamburg-Stadt Zoll und Einfuhrumsatzsteuer für die verspätet in den Bestandsaufzeichnungen erfassten Waren fest. Eurogate focht diesen Bescheid an.

40

Nach Erlass eines Teils der Abgaben mit Bescheid vom 11. August 2009 wies das Hauptzollamt Hamburg-Stadt den Einspruch von Eurogate mit Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2009 für die verbleibenden Abgaben als unbegründet zurück, weil die verspätete Erfassung in den Bestandsaufzeichnungen als Verletzung der ihr im Rahmen des Zolllagerverfahrens obliegenden Pflichten anzusehen sei und diese Pflichtverletzung zur Entstehung einer Zollschuld nach Art. 204 Abs. 1 des Zollkodex geführt habe.

41

Eurogate erhob daraufhin beim Finanzgericht Hamburg Klage auf Aufhebung des Einfuhrabgabenbescheids vom 1. Juli 2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11. August 2009 und der Entscheidung vom 8. Dezember 2009, wobei sie insbesondere geltend machte, dass die verspätete Erfassung der Entnahmen aus dem Zolllager in den Bestandsaufzeichnungen keine Verletzung ihrer Pflichten im Sinne von Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex sei, weil es sich bei der Anschreibungspflicht gemäß Art. 105 des Zollkodex in Verbindung mit Art. 530 Abs. 3 der Durchführungsverordnung um eine erst nach Beendigung des Zolllagerverfahrens zu erfüllende Pflicht handele.

42

Die Frage der Festsetzung der Zölle wurde dem Gerichtshof in einer Rechtssache vorgelegt, in der das Urteil vom 6. September 2012, Eurogate Distribution (C‑28/11, EU:C:2012:533), ergangen ist.

43

In Rn. 35 dieses Urteils hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass bei Nichtgemeinschaftsware die Nichterfüllung der Pflicht, die Entnahme der Ware aus einem Zolllager spätestens zum Zeitpunkt ihrer Entnahme in den dafür vorgesehenen Bestandsaufzeichnungen anzuschreiben, auch dann zur Entstehung einer Zollschuld für diese Ware führt, wenn sie wieder ausgeführt wurde.

44

In Bezug auf die Einfuhrumsatzsteuer wird der Einfuhrabgabenbescheid von Eurogate mit der Begründung angefochten, dass unabhängig von der Frage der Zollschuldentstehung die Voraussetzungen für die Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer nicht erfüllt seien, weil die Ware nicht in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen sei.

45

Das Hauptzollamt Hamburg-Stadt entgegnete auf dieses Vorbringen, dass mit der Entstehung der Zollschuld auch die Einfuhrumsatzsteuer entstanden sei, weil das nationale Umsatzsteuerrecht und das Umsatzsteuerrecht der Union auf das Zollrecht verwiesen.

46

Hierzu weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass diese Begründung der Rechtsprechung der deutschen Gerichte entspreche, so dass die Klage auf dieser Grundlage abzuweisen wäre, da keiner der in § 5 UStG und in § 1 Abs. 2 der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung in der zum maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Fassung geregelten Steuerbefreiungstatbestände bei der Einfuhr erfüllt sei.

47

Fraglich sei allerdings zum einen, ob im Fall der Entstehung einer Einfuhrzollschuld gemäß Art. 204 des Zollkodex zwangsläufig Einfuhrumsatzsteuer geschuldet werde, und zum anderen, ob ein Zolllagerhalter wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens gegebenenfalls Umsatzsteuerschuldner sein könne.

48

Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Steht es im Widerspruch zu den Vorschriften der Sechsten Richtlinie, Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände zu erheben, die als Nichtgemeinschaftsware wieder ausgeführt worden sind, für die jedoch wegen einer Pflichtverletzung nach Art. 204 des Zollkodex – hier: nicht rechtzeitige Erfüllung der Pflicht, die Entnahme der Ware aus einem Zolllager spätestens zum Zeitpunkt ihrer Entnahme in den dafür vorgesehenen Bestandsaufzeichnungen aufzuschreiben – eine Zollschuld entstanden ist?

Falls die Frage zu 1 verneint wird:

2.

Gebieten es die Vorschriften der Sechsten Richtlinie, in solchen Fällen Einfuhrumsatzsteuer für die Gegenstände zu erheben, oder besteht insoweit ein Spielraum für die Mitgliedstaaten?

und

3.

Ist ein Zolllagerhalter, der einen Gegenstand aus einem Drittstaat aufgrund eines Dienstleistungsverhältnisses in sein Zolllager einlagert, ohne über diesen verfügen zu können, Schuldner der Einfuhrmehrwertsteuer, die infolge seiner Pflichtverletzung gemäß Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie in Verbindung mit Art. 204 Abs. 1 des Zollkodex entstanden ist, auch wenn der Gegenstand nicht im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wird?

Rechtssache C‑228/14

49

Am 5. Januar 2011 wurde ein externes Versandverfahren T 1 für Nichtgemeinschaftswaren eröffnet. Danach sollten die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist (bis zum 12. Januar 2011) über das Zollamt Hannover-Flughafen bzw. das Zollamt Leipzig/Flughafen nach Macao (China) transportiert werden. DHL, die Warenführerin im Sinne von Art. 96 Abs. 2 des Zollkodex, versäumte es, die Waren beim Zollamt Leipzig/Flughafen zu gestellen, bevor sie nach Macao befördert wurden.

50

Eine Beendigung des Versandverfahrens nach Art. 366 Abs. 2 der Durchführungsverordnung konnte nicht erfolgen, weil die erforderlichen Dokumente nicht vorgelegt werden konnten.

51

Am 8. August 2011 erließ das Hauptzollamt Braunschweig auf der Grundlage von Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex gegenüber DHL einen Abgabenbescheid. Darin wurde u. a. Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 6002,01 Euro festgesetzt. Einspruch wurde nicht eingelegt.

52

Am 29. Februar 2012 beantragte DHL die Erstattung der aufgrund dieses Steuerbescheids entrichteten Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 236 des Zollkodex.

53

Das Hauptzollamt Braunschweig lehnte den Antrag auf Erstattung von Einfuhrabgaben mit Bescheid vom 28. März ab und wies den Einspruch von DHL mit Bescheid vom 5. Juli 2012 zurück.

54

DHL erhob beim Finanzgericht Hamburg Klage, zu deren Begründung sie geltend macht, dass für Transitwaren, die nicht in den deutschen Wirtschaftskreislauf eingingen, keine Umsatzsteuer erhoben werden könne.

55

Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Gilt Einfuhrmehrwertsteuer für Gegenstände, die als Nichtgemeinschaftsware unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt worden sind, für die jedoch wegen einer Pflichtverletzung nach Art. 204 des Zollkodex – hier: Unterlassen der fristgerechten Erledigung des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens durch Gestellung bei der zuständigen Zollstelle vor der Verbringung ins Drittland – eine Zollschuld entstanden ist, als im Sinne von Art. 236 Abs. 1 des Zollkodex in Verbindung mit den Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht gesetzlich geschuldet, jedenfalls wenn als Schuldner derjenige in Anspruch genommen wird, dem die verletzte Pflicht oblag, ohne dass er über die Gegenstände verfügungsberechtigt war?

56

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2014 sind die Rechtssachen C‑226/14 und C‑228/14 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage in der Rechtssache C‑226/14

57

Mit seiner ersten Frage in der Rechtssache C‑226/14 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass Mehrwertsteuer für als Nichtgemeinschaftswaren wieder ausgeführte Waren geschuldet wird, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 des Zollkodex entstanden ist.

58

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie die Einfuhr von Gegenständen sowie Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer unterliegen.

59

Zunächst ist zu prüfen, ob Waren wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Sechsten Richtlinie eingeführt wurden.

60

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie liegt die „Einfuhr eines Gegenstands“ vor, wenn ein Gegenstand, der nicht die Bedingungen der Art. 23 und 24 EG erfüllt, in die Union verbracht wird.

61

Nach Art. 7 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie erfolgt, wenn ein solcher Gegenstand vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Union an einer der Regelungen nach Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. a bis d dieser Richtlinie unterliegt, seine Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Gegenstand nicht mehr diesen Regelungen unterliegt.

62

Im vorliegenden Fall unterlagen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, aus einem Drittland stammenden Waren dem Zolllagerverfahren eines Mitgliedstaats, bevor sie wieder aus dem Zollgebiet ausgeführt wurden.

63

Demnach unterlagen diese Waren vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Union an bis zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr einer der Regelungen nach Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c der Sechsten Richtlinie.

64

Wie der Gerichtshof in Rn. 35 des Urteils vom 6. September 2012, Eurogate Distribution (C‑28/11, EU:C:2012:533), entschieden hat, führt bei Nichtgemeinschaftsware die Nichterfüllung der Pflicht, die Entnahme der Ware aus dem Zolllager spätestens zum Zeitpunkt ihrer Entnahme in den dafür vorgesehenen Bestandsaufzeichnungen anzuschreiben, auch dann zur Entstehung einer Zollschuld für diese Ware gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex, wenn sie wieder ausgeführt wurde.

65

Im Ausgangsverfahren ist jedoch unstreitig, dass die Nichterfüllung dieser Pflicht nach der Wiederausfuhr der fraglichen Waren festgestellt wurde. Deshalb unterlagen die Waren bis zu ihrer Wiederausfuhr dem Zolllagerverfahren, und es bestand unstreitig keine Gefahr, dass sie in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangen. Wie der Generalanwalt nämlich in Nr. 97 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann neben der Zollschuld eine Mehrwertsteuerpflicht bestehen, wenn aufgrund des Fehlverhaltens, das zur Entstehung der Zollschuld führte, angenommen werden kann, dass die fraglichen Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind und damit einem Verbrauch, d. h. dem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang, zugeführt werden konnten.

66

Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren dem genannten Verfahren zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr nach wie vor unterlagen, kann bei ihnen, obwohl sie sich physisch im Gebiet der Union befanden, nicht von einer „Einfuhr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Sechsten Richtlinie ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2012, Profitube, C‑165/11, EU:C:2012:692, Rn. 46).

67

Mangels einer Einfuhr zu dem im Ausgangsverfahren erheblichen Zeitpunkt unterlagen die fraglichen Waren folglich nicht gemäß Art. 2 Nr. 2 der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer (Urteil vom 8. November 2012, Profitube, C‑165/11, EU:C:2012:692, Rn. 48).

68

Wie die Europäische Kommission zutreffend ausführt, vermag das Urteil vom 15. Mai 2014, X (C‑480/12, EU:C:2014:329), diese Antwort nicht in Frage zu stellen. In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, wurde Art. 866 der Durchführungsverordnung angewandt; danach gilt, wenn eine Einfuhrzollschuld u. a. nach den Art. 203 oder 204 des Zollkodex entstanden ist und die Einfuhrabgaben entrichtet worden sind, die betreffende Ware als Gemeinschaftsware, ohne dass es hierfür einer Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr bedarf.

69

Wie der Generalanwalt in Nr. 84 seiner Schlussanträge festgestellt hat, erstreckt sich der Anwendungsbereich von Art. 866 aber nur auf Waren, die sich im Zollgebiet der Union befinden, und nicht auf Waren, die wieder ausgeführt wurden. Aus Rn. 65 des vorliegenden Urteils geht jedoch hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren das Zollgebiet der Union bereits verlassen hatten und somit materiell nicht in ihren Wirtschaftskreislauf gelangen konnten.

70

Folglich kann, wie der Generalanwalt in den Nrn. 86 und 87 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, Art. 866 der Durchführungsverordnung im Ausgangsverfahren keine Anwendung finden, da die Zollschuld für die dort in Rede stehenden Waren, die ohne Unterbrechung einem Nichterhebungsverfahren unterlagen, erst nach ihrer Wiederausfuhr entstand. Die Waren unterlagen nämlich nur wegen ihrer Wiederausfuhr nicht mehr dem Zolllagerverfahren; eine Einfuhr erfolgte somit nicht.

71

Nach alledem ist auf die erste Frage in der Rechtssache C‑226/14 zu antworten, dass Art. 7 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass für Waren, die als Nichtgemeinschaftswaren wieder ausgeführt werden und den in dieser Vorschrift genannten Zollverfahren zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr noch unterliegen, ihnen danach aber wegen der Wiederausfuhr nicht mehr unterliegen, keine Mehrwertsteuer geschuldet wird, und zwar auch dann, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 des Zollkodex entstanden ist.

Zur zweiten und zur dritten Frage in der Rechtssache C‑226/14

72

Angesichts der Antwort auf die erste Frage in der Rechtssache C‑226/14 sind die zweite und die dritte Frage in dieser Rechtssache nicht zu beantworten.

Zur Frage in der Rechtssache C‑228/14

73

Mit seiner Frage in der Rechtssache C‑228/14 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 236 Abs. 1 des Zollkodex in Verbindung mit den Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass für Waren, die als Nichtgemeinschaftswaren unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt worden sind, für die jedoch wegen einer Pflichtverletzung nach Art. 204 des Zollkodex eine Zollschuld entstanden ist, die Einfuhrmehrwertsteuer als nicht gesetzlich geschuldet gilt, wenn als Schuldner derjenige in Anspruch genommen wird, dem die verletzte Pflicht oblag, ohne dass er über die Waren verfügungsberechtigt war.

74

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache C‑228/14 die Mehrwertsteuerrichtlinie Anwendung findet. Da die in dieser Rechtssache anwendbaren Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie den in der Rechtssache C‑226/14 anwendbaren Vorschriften der Sechsten Richtlinie entsprechen, kann jedoch bei der Prüfung, ob die Mehrwertsteuer tatsächlich geschuldet wird, mutatis mutandis auf die vom Gerichtshof in den Rn. 58 bis 61 des vorliegenden Urteils vorgenommene Analyse verwiesen werden.

75

Insoweit unterlagen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, aus einem Drittland stammenden Waren dem externen Versandverfahren, bevor sie wieder aus dem Zollgebiet ausgeführt wurden.

76

Demnach unterlagen diese Waren vom Zeitpunkt ihrer Verbringung in die Union an einem der in Art. 61 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Verfahren.

77

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Nichterfüllung der Pflicht zur Erledigung des externen Versandverfahrens durch Gestellung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren bei der zuständigen Zollstelle vor ihrer Verbringung in das Drittland zur Entstehung einer Zollschuld auf der Grundlage von Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex geführt hat, was von den Parteien des Ausgangsverfahrens nicht bestritten wird. Jedoch ist festzustellen, dass diese Waren, die wieder ausgeführt wurden, ohne in den Wirtschaftskreislauf der Union zu gelangen, somit bis zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr dem externen Versandverfahren unterlagen.

78

Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren dem genannten Verfahren zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr nach wie vor unterlagen, kann bei ihnen, obwohl sie sich physisch im Gebiet der Union befanden, nicht von einer „Einfuhr“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2012, Profitube, C‑165/11, EU:C:2012:692, Rn. 46).

79

Mangels einer Einfuhr zu dem im Ausgangsverfahren erheblichen Zeitpunkt unterlagen die fraglichen Waren folglich nicht gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie der Mehrwertsteuer (Urteil vom 8. November 2012, Profitube, C‑165/11, EU:C:2012:692, Rn. 48).

80

Da der Entstehungstatbestand der Mehrwertsteuer – die Einfuhr gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie – nicht vorliegt, stellt sich die Frage nach der Identität des Steuerschuldners nicht mehr.

81

Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Art. 4 Nr. 10 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Einfuhrabgaben“ nicht die Mehrwertsteuer umfasst, die auf die Einfuhr von Gegenständen zu erheben ist (Urteil vom 29. Juli 2010, Pakora Pluss, C‑248/09, EU:C:2010:457, Rn. 47).

82

Folglich kann Art. 236 Abs. 1 des Zollkodex, der vorsieht, dass Einfuhrabgaben insoweit erstattet werden, als nachgewiesen wird, dass ihr Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war, die Erstattung der Mehrwertsteuer nicht mit einschließen.

83

Nach alledem ist auf die in der Rechtssache C‑228/14 gestellte Frage zu antworten, dass Art. 236 Abs. 1 des Zollkodex in Verbindung mit den Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keinen Mehrwertsteuerschuldner gibt, da für Waren, die als Nichtgemeinschaftswaren wieder ausgeführt werden, keine Mehrwertsteuer geschuldet wird, sofern sie noch den in Art. 61 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Zollverfahren unterliegen, und zwar auch dann, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 des Zollkodex entstanden ist. Art. 236 des Zollkodex ist dahin auszulegen, dass er in Fällen, die die Erstattung der Mehrwertsteuer betreffen, nicht zur Anwendung kommen kann.

Kosten

84

Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 7 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2004/66/EG des Rates vom 26. April 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass für Waren, die als Nichtgemeinschaftswaren wieder ausgeführt werden und den in dieser Vorschrift genannten Zollverfahren zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr noch unterliegen, ihnen danach aber wegen der Wiederausfuhr nicht mehr unterliegen, keine Mehrwertsteuer geschuldet wird, und zwar auch dann, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 geänderten Fassung entstanden ist.

 

2.

Art. 236 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 648/2005 geänderten Fassung ist in Verbindung mit den Vorschriften der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dahin auszulegen, dass es in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keinen Mehrwertsteuerschuldner gibt, da für Waren, die als Nichtgemeinschaftswaren wieder ausgeführt werden, keine Mehrwertsteuer geschuldet wird, sofern sie noch den in Art. 61 der Richtlinie vorgesehenen Zollverfahren unterliegen, und zwar auch dann, wenn eine Zollschuld ausschließlich auf der Grundlage von Art. 204 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 648/2005 geänderten Fassung entstanden ist. Art. 236 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass er in Fällen, die die Erstattung der Mehrwertsteuer betreffen, nicht zur Anwendung kommen kann.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Europäischer Gerichtshof Urteil, 02. Juni 2016 - C-226/14,C-228/14

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Referenzen - Gesetze

Europäischer Gerichtshof Urteil, 02. Juni 2016 - C-226/14,C-228/14 zitiert 9 §§.

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 13 Entstehung der Steuer


(1) Die Steuer entsteht 1. für Lieferungen und sonstige Leistungen a) bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch fü

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 21 Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer


(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung. (2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr. (2a) Abfert

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 5 Steuerbefreiungen bei der Einfuhr


(1) Steuerfrei ist die Einfuhr 1. der in § 4 Nr. 8 Buchstabe e und Nr. 17 Buchstabe a sowie der in § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten Gegenstände;2. der in § 4 Nr. 4 und Nr. 8 Buchstabe b und i sowie der in § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten

Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung - EUStBV 1993 | § 1 Allgemeines


(1) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich der §§ 2 bis 10, die Einfuhr von Gegenständen, die nach Kapitel I und III der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. EG Nr. L

Referenzen

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Steuerfrei ist die Einfuhr

1.
der in § 4 Nr. 8 Buchstabe e und Nr. 17 Buchstabe a sowie der in § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten Gegenstände;
2.
der in § 4 Nr. 4 und Nr. 8 Buchstabe b und i sowie der in § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten Gegenstände unter den in diesen Vorschriften bezeichneten Voraussetzungen;
3.
der Gegenstände, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b, § 6a) verwendet werden; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat zum Zeitpunkt der Einfuhr
a)
seine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die im Geltungsbereich dieses Gesetzes erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Fiskalvertreters und
b)
die im anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers mitzuteilen sowie
c)
nachzuweisen, dass die Gegenstände zur Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestimmt sind;
4.
der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände, die im Anschluss an die Einfuhr zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 1 verwendet werden sollen; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen;
5.
der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände, wenn die Einfuhr im Zusammenhang mit einer Lieferung steht, die zu einer Auslagerung im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 führt und der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen;
6.
von Erdgas über das Erdgasnetz oder von Erdgas, das von einem Gastanker aus in das Erdgasnetz oder ein vorgelagertes Gasleitungsnetz eingespeist wird, von Elektrizität oder von Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze;
7.
von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro, für die die Steuer im Rahmen des besonderen Besteuerungsverfahrens nach § 18k zu erklären ist und für die in der Anmeldung zur Überlassung in den freien Verkehr die nach Artikel 369q der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte individuelle Identifikationsnummer des Lieferers oder die dem in seinem Auftrag handelnden Vertreter für diesen Lieferer erteilte individuelle Identifikationsnummer angegeben wird;
8.
von Gegenständen durch die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank sowie die von der Europäischen Union geschaffenen Einrichtungen, auf die das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügte Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 266) anwendbar ist, und zwar in den Grenzen und zu den Bedingungen, die in diesem Protokoll und den Übereinkünften zu seiner Umsetzung oder in den Abkommen über den Sitz festgelegt sind;
9.
von Gegenständen durch die Europäische Kommission sowie nach dem Unionsrecht geschaffene Agenturen und Einrichtungen, sofern die Gegenstände in Wahrnehmung der ihnen durch das Unionsrecht übertragenen Aufgaben eingeführt werden, um auf die COVID-19-Pandemie zu reagieren. Dies gilt nicht für Gegenstände, die von der Europäischen Kommission oder der nach dem Unionsrecht geschaffenen Agentur oder Einrichtung zur Ausführung von eigenen entgeltlichen Lieferungen verwendet werden. Soweit die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach der Einfuhr wegfallen, ist die Europäische Kommission oder die nach dem Unionsrecht geschaffene Agentur oder Einrichtung verpflichtet, dies dem für die Besteuerung dieser Einfuhr zuständigen Hauptzollamt innerhalb eines Monats anzuzeigen. In diesem Fall wird die Einfuhrumsatzsteuer nach den im Zeitpunkt des Wegfalls geltenden Bestimmungen festgesetzt.
10.
von Gegenständen durch die Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten für den eigenen Gebrauch oder Verbrauch oder für den ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen, wenn diese Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Erleichterung des Warenverkehrs über die Grenze und zur Vereinfachung der Verwaltung Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung anordnen

1.
für Gegenstände, die nicht oder nicht mehr am Güterumsatz und an der Preisbildung teilnehmen;
2.
für Gegenstände in kleinen Mengen oder von geringem Wert;
3.
für Gegenstände, die nur vorübergehend ausgeführt worden waren, ohne ihre Zugehörigkeit oder enge Beziehung zur inländischen Wirtschaft verloren zu haben;
4.
für Gegenstände, die nach zollamtlich bewilligter Veredelung in Freihäfen eingeführt werden;
5.
für Gegenstände, die nur vorübergehend eingeführt und danach unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt werden;
6.
für Gegenstände, für die nach zwischenstaatlichem Brauch keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird;
7.
für Gegenstände, die an Bord von Verkehrsmitteln als Mundvorrat, als Brenn-, Treib- oder Schmierstoffe, als technische Öle oder als Betriebsmittel eingeführt werden;
8.
für Gegenstände, die weder zum Handel noch zur gewerblichen Verwendung bestimmt und insgesamt nicht mehr wert sind, als in Rechtsakten des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission über die Verzollung zum Pauschalsatz festgelegt ist, soweit dadurch schutzwürdige Interessen der inländischen Wirtschaft nicht verletzt werden und keine unangemessenen Steuervorteile entstehen. Es hat dabei Rechtsakte des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission zu berücksichtigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, anordnen, dass unter den sinngemäß anzuwendenden Voraussetzungen von Rechtsakten des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission über die Erstattung oder den Erlass von Einfuhrabgaben die Einfuhrumsatzsteuer ganz oder teilweise erstattet oder erlassen wird.

(1) Die Steuer entsteht

1.
für Lieferungen und sonstige Leistungen
a)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist,
b)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind,
c)
in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt,
d)
in den Fällen des § 18 Abs. 4c mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Abs. 1a Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
e)
in den Fällen des § 18 Absatz 4e mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1b Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
f)
in den Fällen des § 18i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1c Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
g)
in den Fällen des § 18j vorbehaltlich des Buchstabens i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1d Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
h)
in den Fällen des § 18k mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1e Satz 1, in dem die Lieferungen ausgeführt worden sind; die Gegenstände gelten als zu dem Zeitpunkt geliefert, zu dem die Zahlung angenommen wurde,
i)
in den Fällen des § 3 Absatz 3a zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung angenommen wurde;
2.
für Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und 9a mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgeführt worden sind;
3.
in den Fällen des § 14c im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung;
4.
(weggefallen)
5.
im Fall des § 17 Abs. 1 Satz 6 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist;
6.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 1a mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats;
7.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen im Sinne des § 1b am Tag des Erwerbs;
8.
im Fall des § 6a Abs. 4 Satz 2 in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung ausgeführt wird;
9.
im Fall des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert wird.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt § 21 Abs. 2.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

(1) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich der §§ 2 bis 10, die Einfuhr von Gegenständen, die nach Kapitel I und III der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. EG Nr. L 105 S. 1, Nr. L 274 S. 40, 1984 Nr. L 308 S. 64, 1985 Nr. L 256 S. 47, 1986 Nr. L 271 S. 31), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 274/2008 vom 17. März 2008 (ABl. EU Nr. L 85 S. 1) geändert worden ist, zollfrei eingeführt werden können, in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Artikel 27 bis 31, 45, 52 bis 59b, 63a und 63b der Verordnung (EWG) Nr. 918/83.

(1a) Im Sinne dieser Verordnung gilt als Zollkodex die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 302 S. 1, 1993 Nr. L 79 S. 84, 1996 Nr. L 97 S. 387), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. EG Nr. L 311 S. 17), in der jeweils geltenden Fassung. Im Sinne dieser Verordnung gilt als Durchführungsverordnung zum Zollkodex die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 253 S. 1, 1994 Nr. L 268 S. 32, 1996 Nr. L 180 S. 34, 1997 Nr. L 156 S. 59, 1999 Nr. L 111 S. 88), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1335/2003 der Kommission vom 25. Juli 2003 (ABl. EU Nr. L 187 S. 16), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich des § 11, die vorübergehende Einfuhr von Gegenständen, die

1.
nach den Artikeln 137 bis 144 des Zollkodex frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 des Zollkodex eingeführt werden können oder die
2.
gelegentlich und ohne gewerbliche Absicht eingeführt werden, sofern der Verwender hinsichtlich dieser Gegenstände nicht oder nicht in vollem Umfang nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zum Vorsteuerabzug berechtigt ist,
in sinngemäßer Anwendung der genannten Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Vorschriften über die vorübergehende Verwendung bei teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex.

(2a) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich des § 12, die Einfuhr der Gegenstände, die nach den Artikeln 185 bis 187 Zollkodex als Rückwaren frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex eingeführt werden können, in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu. Die Steuerfreiheit gilt auch für die Gegenstände, die in Artikel 185 Abs. 2 Buchstabe b Zollkodex aufgeführt sind.

(3) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist ferner die Einfuhr der Gegenstände, die nach den §§ 12, 14 bis 22 der Zollverordnung vom 23. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2449) in der jeweils geltenden Fassung frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex eingeführt werden können, in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften.

(1) Steuerfrei ist die Einfuhr

1.
der in § 4 Nr. 8 Buchstabe e und Nr. 17 Buchstabe a sowie der in § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten Gegenstände;
2.
der in § 4 Nr. 4 und Nr. 8 Buchstabe b und i sowie der in § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 bezeichneten Gegenstände unter den in diesen Vorschriften bezeichneten Voraussetzungen;
3.
der Gegenstände, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b, § 6a) verwendet werden; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat zum Zeitpunkt der Einfuhr
a)
seine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die im Geltungsbereich dieses Gesetzes erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Fiskalvertreters und
b)
die im anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers mitzuteilen sowie
c)
nachzuweisen, dass die Gegenstände zur Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestimmt sind;
4.
der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände, die im Anschluss an die Einfuhr zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 1 verwendet werden sollen; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen;
5.
der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände, wenn die Einfuhr im Zusammenhang mit einer Lieferung steht, die zu einer Auslagerung im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 führt und der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist; der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen;
6.
von Erdgas über das Erdgasnetz oder von Erdgas, das von einem Gastanker aus in das Erdgasnetz oder ein vorgelagertes Gasleitungsnetz eingespeist wird, von Elektrizität oder von Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze;
7.
von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro, für die die Steuer im Rahmen des besonderen Besteuerungsverfahrens nach § 18k zu erklären ist und für die in der Anmeldung zur Überlassung in den freien Verkehr die nach Artikel 369q der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte individuelle Identifikationsnummer des Lieferers oder die dem in seinem Auftrag handelnden Vertreter für diesen Lieferer erteilte individuelle Identifikationsnummer angegeben wird;
8.
von Gegenständen durch die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank sowie die von der Europäischen Union geschaffenen Einrichtungen, auf die das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügte Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 266) anwendbar ist, und zwar in den Grenzen und zu den Bedingungen, die in diesem Protokoll und den Übereinkünften zu seiner Umsetzung oder in den Abkommen über den Sitz festgelegt sind;
9.
von Gegenständen durch die Europäische Kommission sowie nach dem Unionsrecht geschaffene Agenturen und Einrichtungen, sofern die Gegenstände in Wahrnehmung der ihnen durch das Unionsrecht übertragenen Aufgaben eingeführt werden, um auf die COVID-19-Pandemie zu reagieren. Dies gilt nicht für Gegenstände, die von der Europäischen Kommission oder der nach dem Unionsrecht geschaffenen Agentur oder Einrichtung zur Ausführung von eigenen entgeltlichen Lieferungen verwendet werden. Soweit die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach der Einfuhr wegfallen, ist die Europäische Kommission oder die nach dem Unionsrecht geschaffene Agentur oder Einrichtung verpflichtet, dies dem für die Besteuerung dieser Einfuhr zuständigen Hauptzollamt innerhalb eines Monats anzuzeigen. In diesem Fall wird die Einfuhrumsatzsteuer nach den im Zeitpunkt des Wegfalls geltenden Bestimmungen festgesetzt.
10.
von Gegenständen durch die Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten für den eigenen Gebrauch oder Verbrauch oder für den ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen, wenn diese Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Erleichterung des Warenverkehrs über die Grenze und zur Vereinfachung der Verwaltung Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung anordnen

1.
für Gegenstände, die nicht oder nicht mehr am Güterumsatz und an der Preisbildung teilnehmen;
2.
für Gegenstände in kleinen Mengen oder von geringem Wert;
3.
für Gegenstände, die nur vorübergehend ausgeführt worden waren, ohne ihre Zugehörigkeit oder enge Beziehung zur inländischen Wirtschaft verloren zu haben;
4.
für Gegenstände, die nach zollamtlich bewilligter Veredelung in Freihäfen eingeführt werden;
5.
für Gegenstände, die nur vorübergehend eingeführt und danach unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt werden;
6.
für Gegenstände, für die nach zwischenstaatlichem Brauch keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird;
7.
für Gegenstände, die an Bord von Verkehrsmitteln als Mundvorrat, als Brenn-, Treib- oder Schmierstoffe, als technische Öle oder als Betriebsmittel eingeführt werden;
8.
für Gegenstände, die weder zum Handel noch zur gewerblichen Verwendung bestimmt und insgesamt nicht mehr wert sind, als in Rechtsakten des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission über die Verzollung zum Pauschalsatz festgelegt ist, soweit dadurch schutzwürdige Interessen der inländischen Wirtschaft nicht verletzt werden und keine unangemessenen Steuervorteile entstehen. Es hat dabei Rechtsakte des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission zu berücksichtigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, anordnen, dass unter den sinngemäß anzuwendenden Voraussetzungen von Rechtsakten des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission über die Erstattung oder den Erlass von Einfuhrabgaben die Einfuhrumsatzsteuer ganz oder teilweise erstattet oder erlassen wird.

(1) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich der §§ 2 bis 10, die Einfuhr von Gegenständen, die nach Kapitel I und III der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. EG Nr. L 105 S. 1, Nr. L 274 S. 40, 1984 Nr. L 308 S. 64, 1985 Nr. L 256 S. 47, 1986 Nr. L 271 S. 31), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 274/2008 vom 17. März 2008 (ABl. EU Nr. L 85 S. 1) geändert worden ist, zollfrei eingeführt werden können, in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Artikel 27 bis 31, 45, 52 bis 59b, 63a und 63b der Verordnung (EWG) Nr. 918/83.

(1a) Im Sinne dieser Verordnung gilt als Zollkodex die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 302 S. 1, 1993 Nr. L 79 S. 84, 1996 Nr. L 97 S. 387), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. EG Nr. L 311 S. 17), in der jeweils geltenden Fassung. Im Sinne dieser Verordnung gilt als Durchführungsverordnung zum Zollkodex die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 253 S. 1, 1994 Nr. L 268 S. 32, 1996 Nr. L 180 S. 34, 1997 Nr. L 156 S. 59, 1999 Nr. L 111 S. 88), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1335/2003 der Kommission vom 25. Juli 2003 (ABl. EU Nr. L 187 S. 16), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich des § 11, die vorübergehende Einfuhr von Gegenständen, die

1.
nach den Artikeln 137 bis 144 des Zollkodex frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 des Zollkodex eingeführt werden können oder die
2.
gelegentlich und ohne gewerbliche Absicht eingeführt werden, sofern der Verwender hinsichtlich dieser Gegenstände nicht oder nicht in vollem Umfang nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zum Vorsteuerabzug berechtigt ist,
in sinngemäßer Anwendung der genannten Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu; ausgenommen sind die Vorschriften über die vorübergehende Verwendung bei teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex.

(2a) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist, vorbehaltlich des § 12, die Einfuhr der Gegenstände, die nach den Artikeln 185 bis 187 Zollkodex als Rückwaren frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex eingeführt werden können, in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften sowie der Durchführungsvorschriften dazu. Die Steuerfreiheit gilt auch für die Gegenstände, die in Artikel 185 Abs. 2 Buchstabe b Zollkodex aufgeführt sind.

(3) Einfuhrumsatzsteuerfrei ist ferner die Einfuhr der Gegenstände, die nach den §§ 12, 14 bis 22 der Zollverordnung vom 23. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2449) in der jeweils geltenden Fassung frei von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nr. 10 Zollkodex eingeführt werden können, in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften.