Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Feb. 2010 - 1 WB 23/09

published on 23/02/2010 00:00
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Feb. 2010 - 1 WB 23/09
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Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen eine von seinem Disziplinarvorgesetzten erlassene Erzieherische Maßnahme.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen.

Entscheidungsgründe

...

19

Der Antrag ist unzulässig.

20

Zwar können Erzieherische Maßnahmen im Sinne des Erlasses "Erzieherische Maßnahmen" (ZDv 14/3 Teil B 151) grundsätzlich als truppendienstliche Maßnahmen gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO im Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten angegriffen werden, wenn sie die Rechtssphäre des betroffenen Soldaten berühren (Beschlüsse vom 27. November 1996 - BVerwG 1 WB 37.96 - BVerwGE 113, 37 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 17 -, vom 10. März 1998 - BVerwG 1 WB 70.97 - BVerwGE 113, 204 <205> = Buchholz 235.0 § 29 WDO Nr. 1 = NZWehrr 1998, 166 - und vom 20. Mai 1999 - BVerwG 1 WB 85.98 -). Erzieherische Maßnahmen sind nach Nr. 503 des Erlasses unter anderem Belehrungen, Zurechtweisungen und Warnungen.

21

Die Anfechtung einer Erzieherischen Maßnahme hat unmittelbar mit den Rechtsbehelfen nach der Wehrbeschwerdeordnung und nicht mit der Beschwerde nach § 42 WDO zu erfolgen.

22

Die durch Art. 1 Nr. 31 des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung anderer Vorschriften (vom 16. August 2001, BGBl. I Seite 2093) neugeregelte, am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Fassung des § 42 WDO hat die Rechtsschutzmöglichkeiten des Soldaten erweitert und auch gegen "sonstige Maßnahmen und Entscheidungen des Disziplinarvorgesetzten... nach diesem Gesetz" die Disziplinarbeschwerde (so Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 42, Rn. 8) ermöglicht. Der Erlass einer Erzieherischen Maßnahme ist jedoch nicht als sonstige Maßnahme oder Entscheidung "nach diesem Gesetz", also nach der Wehrdisziplinarordnung zu qualifizieren. Das ergibt sich schon aus der Vorschrift des § 1 Abs. 1 WDO, die den sachlichen Geltungsbereich der Wehrdisziplinarordnung auf die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen und auf die Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen beschränkt. Eine Erzieherische Maßnahme stellt hingegen keine Disziplinarmaßnahme im Sinne der gesetzlich abschließend geregelten Maßnahmenkataloge in § 22 Abs. 1 und § 58 Abs. 1 WDO dar; sie weist auch nicht die Rechtsnatur einer "Vorstufe" oder einer Nebenentscheidung zu einer Disziplinarmaßnahme auf, sondern bildet ein eigenständiges Erziehungsmittel des zuständigen (Disziplinar-)Vorgesetzten außerhalb der Wehrdisziplinarordnung. Die Erzieherische Maßnahme ist grundsätzlich kein Ersatz für eine (einfache) Disziplinarmaßnahme. Deshalb ist bei der Feststellung eines Dienstvergehens das Ausweichen in eine Erzieherische Maßnahme unzulässig, wenn eine einfache Disziplinarmaßnahme geboten ist; andererseits darf neben einer disziplinaren Ahndung wegen desselben Sachverhalts keine Erzieherische Maßnahme ausgesprochen werden (Dau, a.a.O., § 33, Rn. 5; Nr. 308 und Nr. 310 Abs. 1 des Erlasses "Erzieherische Maßnahmen"). Aus § 33 Abs. 1 WDO folgt ebenfalls, dass Erzieherische Maßnahmen nicht als Maßnahmen "nach diesem Gesetz" zu werten sind. Nach dieser Vorschrift kann es der Disziplinarvorgesetzte nach der Feststellung eines Dienstvergehens "bei einer Erzieherischen Maßnahme bewenden lassen", die jedoch in Inhalt, Art, Form und Verfahren nicht in der Wehrdisziplinarordnung geregelt ist, weil sie eine Maßnahme außerhalb des Katalogs der Ahndungsmaßnahmen der Wehrdisziplinarordnung bildet. Deshalb werden die Erzieherischen Maßnahmen in der Literatur zutreffend nicht bei den Fallbeispielen für den sachlichen Geltungsbereich des § 42 WDO erwähnt (Bachmann: Das Zweite Gesetz zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung anderer Vorschriften, in: NZWehrr 2001, 177, 186; Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 42, Rn. 8 und 9).

23

Der Antrag ist jedoch unzulässig, weil die Anfechtung der Erzieherischen Maßnahme des Kommandeurs nicht Gegenstand des für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Vorverfahrens war. (wird ausgeführt) ...

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(1) Ist die weitere Beschwerde erfolglos geblieben, kann der Beschwerdeführer die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen, wenn seine Beschwerde eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüb

(1) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sind: 1. Kürzung der Dienstbezüge,2. Beförderungsverbot,3. Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,4. Dienstgradherabsetzung und5. Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

Annotations

(1) Ist die weitere Beschwerde erfolglos geblieben, kann der Beschwerdeführer die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen, wenn seine Beschwerde eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Der Antrag kann auch gestellt werden, wenn über die weitere Beschwerde innerhalb eines Monats nicht entschieden worden ist.

(2) Das Verfahren vor dem Truppendienstgericht tritt insoweit an die Stelle des Verwaltungsrechtsweges gemäß § 82 des Soldatengesetzes.

(3) Mit dem Antrag kann nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung rechtswidrig sei. Rechtswidrigkeit ist auch gegeben, wenn der Beschwerdeführer durch Überschreitung oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse verletzt ist.

(4) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheides oder nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist bei dem zuständigen Truppendienstgericht schriftlich oder mündlich zur Niederschrift einzulegen. Dabei soll der Beschwerdeführer unter Beifügung des Beschwerdebescheides sowie des Bescheides über die weitere Beschwerde die zur Begründung des Antrags dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Antrag bei dem nächsten Disziplinarvorgesetzten oder in den Fällen des § 5 Absatz 2 und des § 11 Buchstabe b bei den dort bezeichneten Vorgesetzten eingelegt wird. Der Antrag ist dem Truppendienstgericht unverzüglich vorzulegen. Zuständig ist das Truppendienstgericht, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Betroffene zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört.

(5) Nach Ablauf eines Jahres seit Einlegung der weiteren Beschwerde ist die Anrufung des Truppendienstgerichts ausgeschlossen. § 7 gilt entsprechend.

(6) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Truppendienstgericht, in dringenden Fällen sein Vorsitzender, kann auf Antrag des Beschwerdeführers oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung nach Anhörung des zuständigen Disziplinarvorgesetzten anordnen. Die Anordnung kann schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung getroffen werden, wenn der zuständige Disziplinarvorgesetzte einen Antrag nach § 3 Absatz 2 abgelehnt oder die Vollziehung nicht innerhalb einer vom Truppendienstgericht gesetzten Frist ausgesetzt hat.

(1) Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, übt der nächste Disziplinarvorgesetzte die Disziplinarbefugnis aus. Nächster Disziplinarvorgesetzter ist der unterste Vorgesetzte mit Disziplinarbefugnis, dem der Soldat unmittelbar unterstellt ist. Die Zuständigkeit für die disziplinare Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson regelt § 15 Absatz 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes.

(2) Wechselt vor Erledigung eines Falles das Unterstellungsverhältnis, wird der neue Disziplinarvorgesetzte zuständig. Dies gilt insbesondere bei Versetzungen oder zeitweiligem Ausscheiden von Truppenteilen aus ihrem Verband sowie bei Kommandierungen, sofern nicht die Dienststelle, die die Kommandierung ausspricht, etwas anderes bestimmt.

(3) In den Fällen einer vorübergehenden Unterstellung kann die Disziplinarbefugnis gegen Dienstgradgleiche und Dienstgradhöhere nicht ausgeübt werden.

Auf Beschwerden der Soldaten und der früheren Soldaten gegen Disziplinarmaßnahmen sowie gegen sonstige Maßnahmen und Entscheidungen des Disziplinarvorgesetzten und vorläufige Festnahmen nach diesem Gesetz sind die Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung mit folgender Maßgabe anzuwenden:

1.
Beschwerden gegen Disziplinararrest, bei dem der Richter die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet hat, dürfen vor Ablauf einer Nacht eingelegt werden.
2.
Die Beschwerde hemmt die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme, wenn der Soldat sie vor Beginn der Vollstreckung eingelegt hat. Dieser Zeitpunkt ist dem Soldaten rechtzeitig zu eröffnen, in der Regel bei Verhängung der Disziplinarmaßnahme. Die Vollstreckung wird nicht gehemmt bei Beschwerden gegen Disziplinararrest, sofern der Richter die sofortige Vollstreckbarkeit nach § 40 Abs. 1 angeordnet hat, und bei weiteren Beschwerden. Im Übrigen hat die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.
3.
Über die Beschwerde entscheidet der nächste Disziplinarvorgesetzte des Vorgesetzten, der die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat.
4.
Über die weitere Beschwerde entscheidet das Truppendienstgericht. Zuständig ist das Truppendienstgericht, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Vorgesetzte, der die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat, zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört. Hat der Bundesminister der Verteidigung oder der Generalinspekteur der Bundeswehr über die Beschwerde entschieden, ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Die angefochtene Disziplinarmaßnahme, Maßnahme oder Entscheidung unterliegt der Prüfung des Wehrdienstgerichts in vollem Umfang; das Gericht trifft zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung. § 40 Abs. 4 Satz 7 gilt entsprechend.
5.
Gegen die Rücknahme einer förmlichen Anerkennung, gegen Maßnahmen nach § 20 und gegen Disziplinararrest ist nur die Beschwerde an das Truppendienstgericht zulässig. Richtet sich die Beschwerde in diesen Fällen gegen eine Maßnahme oder Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung oder des Generalinspekteurs der Bundeswehr, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Nummer 4 Satz 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.
6.
Die Entscheidung über die Beschwerde darf die Disziplinarmaßname nicht verschärfen.
7.
Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Beschwerde herabgesetzt oder aufgehoben, ist gleichzeitig nach § 54 über die Anrechnung der Vollstreckung und über den Ausgleich für eine zu Unrecht vollstreckte Disziplinarmaßnahme zu entscheiden.
8.
Hebt das Wehrdienstgericht die Disziplinarmaßnahme auf, weil ein Dienstvergehen nicht vorliegt oder nicht erwiesen ist oder weil es ein Dienstvergehen zwar für erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht für angebracht hält, kann der Disziplinarvorgesetzte den Fall nur dann erneut verfolgen, wenn erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden.
9.
Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgehoben, ohne dass eine andere Disziplinarmaßnahme an ihre Stelle tritt, ist die Aufhebung in derselben Weise bekannt zu machen, in der die Verhängung bekannt gemacht worden ist.
10.
Wird über die Beschwerden eines Soldaten gegen mehrere Disziplinarmaßnahmen gleichzeitig entschieden, so sind die Pflichtverletzungen, die jeder Disziplinarmaßnahme zu Grunde liegen, abweichend von § 18 Abs. 2 jeweils als ein Dienstvergehen zu ahnden.
11.
Eine Disziplinarmaßnahme kann auch dann herabgesetzt oder statt ihrer eine andere, mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden, wenn der Soldat zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist.
12.
Missbilligende Äußerungen, die mit der Feststellung eines Dienstvergehens verbunden werden (§ 23 Abs. 3 Satz 2), können nur zusammen mit dieser Feststellung angefochten werden.

(1) Dieses Gesetz regelt die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen und die Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen.

(2) Das Gesetz gilt für Soldaten. Es gilt ferner für diejenigen, die in einem Wehrdienstverhältnis gestanden haben (frühere Soldaten), soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(3) Frühere Soldaten, die keinen Anspruch auf Ruhegehalt, jedoch einen sonstigen Anspruch auf Dienstzeitversorgung, Altersgeld nach dem Altersgeldgesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3386) oder auf Berufsförderung haben, gelten bis zur Beendigung der Gewährung dieser Leistungen im Sinne dieses Gesetzes als Soldaten im Ruhestand. Die Leistungen, die sie erhalten, gelten als Ruhegehalt.

(1) Die Disziplinarmaßnahmen, die von den Disziplinarvorgesetzten verhängt werden können (einfache Disziplinarmaßnahmen), sind:

1.
Verweis,
2.
strenger Verweis,
3.
Disziplinarbuße,
4.
Ausgangsbeschränkung,
5.
Disziplinararrest.

(2) Nebeneinander können verhängt werden:

1.
Disziplinararrest und Ausgangsbeschränkung,
2.
bei unerlaubter Abwesenheit des Soldaten von mehr als einem Tag Ausgangsbeschränkung und Disziplinarbuße oder Disziplinararrest und Disziplinarbuße.
Im Übrigen ist wegen desselben Dienstvergehens nur eine Disziplinarmaßnahme zulässig.

(3) Eine einfache Disziplinarmaßnahme steht der Beförderung eines im Übrigen bewährten Soldaten nicht entgegen.

(4) Gegen Soldaten in einem Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz kann außerhalb einer Aktivierung nach § 8 des Reservistengesetzes oder einer Zuziehung nach § 9 des Reservistengesetzes nur ein Verweis verhängt werden.

(1) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sind:

1.
Kürzung der Dienstbezüge,
2.
Beförderungsverbot,
3.
Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
4.
Dienstgradherabsetzung und
5.
Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

(2) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Soldaten im Ruhestand sowie gegen frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten (§ 1 Abs. 3), sind:

1.
Kürzung des Ruhegehalts,
2.
Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
3.
Dienstgradherabsetzung und
4.
Aberkennung des Ruhegehalts.
Sind sie zugleich Angehörige der Reserve oder nicht wehrpflichtige frühere Soldaten, die noch zu Dienstleistungen herangezogen werden können, dürfen nur die in Satz 1 genannten gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen verhängt werden.

(3) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Soldaten in einem Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz, gegen Angehörige der Reserve sowie gegen nicht wehrpflichtige frühere Soldaten, die noch zu Dienstleistungen herangezogen werden können, sind:

1.
Dienstgradherabsetzung und
2.
Aberkennung des Dienstgrades.
Für Soldaten im Ruhestand und frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten (§ 1 Absatz 3), die in ein Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz berufen werden, bleibt Absatz 2 Satz 1 unberührt.

(4) Wegen desselben Dienstvergehens dürfen nur Kürzung der Dienstbezüge und Beförderungsverbot nebeneinander verhängt werden. Sie sollen insbesondere nebeneinander verhängt werden, wenn erkennbar ist, dass ein Beförderungsverbot keine Auswirkungen auf den weiteren dienstlichen Werdegang des Soldaten haben wird; § 16 Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Neben oder anstelle der Kürzung des Ruhegehalts kann auf Kürzung des Ausgleichs (§ 38 des Soldatenversorgungsgesetzes) erkannt werden. Im Übrigen darf wegen desselben Dienstvergehens nur eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme verhängt werden.

(5) Wegen eines Verhaltens, das nach § 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 Nr. 2 Zweite Alternative des Soldatengesetzes als Dienstvergehen gilt, dürfen bei Soldaten im Ruhestand sowie bei früheren Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten, als gerichtliche Disziplinarmaßnahmen nur Dienstgradherabsetzung oder Aberkennung des Ruhegehalts verhängt werden.

(6) Die Wehrdienstgerichte dürfen auch einfache Disziplinarmaßnahmen verhängen.

(7) Die §§ 38 und 39 gelten auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren.

(1) Hat der Soldat ein Dienstvergehen begangen, prüft der Disziplinarvorgesetzte, ob er es bei einer erzieherischen Maßnahme bewenden lassen oder ob er eine Disziplinarmaßnahme verhängen will. Er prüft ferner, ob er das Dienstvergehen zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme weiterzumelden oder die Entscheidung der Einleitungsbehörde herbeizuführen hat.

(2) Der Disziplinarvorgesetzte soll erst dann disziplinar einschreiten, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Will der Disziplinarvorgesetzte eine Disziplinarmaßnahme verhängen, muss er die Schuld des Soldaten für erwiesen halten.

(3) Ist das Dienstvergehen eine Straftat, gibt der Disziplinarvorgesetzte die Sache unabhängig von der Prüfung nach Absatz 1 an die zuständige Strafverfolgungsbehörde ab, wenn dies entweder zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung oder wegen der Art der Tat oder der Schwere des Unrechts oder der Schuld geboten ist. Er kann die disziplinare Erledigung bis zur Beendigung des auf die Abgabe eingeleiteten oder eines sonstigen wegen derselben Tat schwebenden Strafverfahrens aussetzen. Das gilt nicht, wenn die Sachaufklärung gesichert ist oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person oder in dem Verhalten des Soldaten liegen.

Auf Beschwerden der Soldaten und der früheren Soldaten gegen Disziplinarmaßnahmen sowie gegen sonstige Maßnahmen und Entscheidungen des Disziplinarvorgesetzten und vorläufige Festnahmen nach diesem Gesetz sind die Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung mit folgender Maßgabe anzuwenden:

1.
Beschwerden gegen Disziplinararrest, bei dem der Richter die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet hat, dürfen vor Ablauf einer Nacht eingelegt werden.
2.
Die Beschwerde hemmt die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme, wenn der Soldat sie vor Beginn der Vollstreckung eingelegt hat. Dieser Zeitpunkt ist dem Soldaten rechtzeitig zu eröffnen, in der Regel bei Verhängung der Disziplinarmaßnahme. Die Vollstreckung wird nicht gehemmt bei Beschwerden gegen Disziplinararrest, sofern der Richter die sofortige Vollstreckbarkeit nach § 40 Abs. 1 angeordnet hat, und bei weiteren Beschwerden. Im Übrigen hat die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.
3.
Über die Beschwerde entscheidet der nächste Disziplinarvorgesetzte des Vorgesetzten, der die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat.
4.
Über die weitere Beschwerde entscheidet das Truppendienstgericht. Zuständig ist das Truppendienstgericht, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Vorgesetzte, der die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat, zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört. Hat der Bundesminister der Verteidigung oder der Generalinspekteur der Bundeswehr über die Beschwerde entschieden, ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Die angefochtene Disziplinarmaßnahme, Maßnahme oder Entscheidung unterliegt der Prüfung des Wehrdienstgerichts in vollem Umfang; das Gericht trifft zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung. § 40 Abs. 4 Satz 7 gilt entsprechend.
5.
Gegen die Rücknahme einer förmlichen Anerkennung, gegen Maßnahmen nach § 20 und gegen Disziplinararrest ist nur die Beschwerde an das Truppendienstgericht zulässig. Richtet sich die Beschwerde in diesen Fällen gegen eine Maßnahme oder Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung oder des Generalinspekteurs der Bundeswehr, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Nummer 4 Satz 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.
6.
Die Entscheidung über die Beschwerde darf die Disziplinarmaßname nicht verschärfen.
7.
Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Beschwerde herabgesetzt oder aufgehoben, ist gleichzeitig nach § 54 über die Anrechnung der Vollstreckung und über den Ausgleich für eine zu Unrecht vollstreckte Disziplinarmaßnahme zu entscheiden.
8.
Hebt das Wehrdienstgericht die Disziplinarmaßnahme auf, weil ein Dienstvergehen nicht vorliegt oder nicht erwiesen ist oder weil es ein Dienstvergehen zwar für erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht für angebracht hält, kann der Disziplinarvorgesetzte den Fall nur dann erneut verfolgen, wenn erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden.
9.
Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgehoben, ohne dass eine andere Disziplinarmaßnahme an ihre Stelle tritt, ist die Aufhebung in derselben Weise bekannt zu machen, in der die Verhängung bekannt gemacht worden ist.
10.
Wird über die Beschwerden eines Soldaten gegen mehrere Disziplinarmaßnahmen gleichzeitig entschieden, so sind die Pflichtverletzungen, die jeder Disziplinarmaßnahme zu Grunde liegen, abweichend von § 18 Abs. 2 jeweils als ein Dienstvergehen zu ahnden.
11.
Eine Disziplinarmaßnahme kann auch dann herabgesetzt oder statt ihrer eine andere, mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden, wenn der Soldat zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist.
12.
Missbilligende Äußerungen, die mit der Feststellung eines Dienstvergehens verbunden werden (§ 23 Abs. 3 Satz 2), können nur zusammen mit dieser Feststellung angefochten werden.