Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2000 - XII ZR 237/98

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien, deren Ehe auf den am 8. Februar 1994 zugestellten Scheidungsantrag geschieden wurde, streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden Zugewinnausgleichs. Die Klägerin hat keinen Zugewinn erzielt, während das Endvermögen des Beklagten zum Stichtag (8. Februar 1994) sein Anfangsvermögen von 7.382,74 DM übersteigt. Zum Endvermögen des Beklagten zählen unter anderem Guthaben, Einlagen und eine Lebensversicherung im Gesamtwert von14.852,07 DM sowie die Geschäftsausstattung seines nebenberuflich betriebenen Architekturbüros mit einem Zeitwert von 7.708 DM, jeweils bezogen auf den Stichtag. Ferner gehört zum Endvermögen des Beklagten ein Wohnmobil, das dieser etwa ein Jahr nach dem Stichtag für 34.000 DM verkauft hat und über dessen Wert am Stichtag die Parteien streiten. Außerdem streiten die Parteien darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Weise im Rahmen des Zugewinnausgleichs festverzinsliche Wertpapiere im Nennwert von 50.000 DM zu berücksichtigen sind, die sich in einem auf den Namen des Beklagten lautenden Depot befanden, von den Parteien anläßlich ihrer Trennung im Juni 1993 zum Zwecke der Vermögensauseinandersetzung hälftig untereinander aufgeteilt und sämtlich vor dem Stichtag veräußert wurden. Das Amtsgericht gab der Klage in Höhe von 24.588,67 DM statt und wies die weitergehende Klage sowie eine vom Beklagten erhobene Widerklage ab. Auf die Berufung des Beklagten, mit der er lediglich seine Verurteilung zur Zahlung angriff, und nachdem die Parteien den Rechtsstreit in Höhe vom Beklagten gezahlter 5.297,18 DM übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, änderte das Berufungsgericht die Entscheidung des Amtsgerichts über die Klage ab und verurteilte den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von noch 15.290 DM nebst Zinsen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der nach Teilerledigung noch rechtshängigen Klage weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daû das Berufungsgericht den Wert des Wohnmobils zum Stichtag gemäû § 287 ZPO auf 26.000 DM schätzt. Dabei geht es von dem ein Jahr später erzielten Kaufpreis von 34.000 DM aus, von dem es zunächst 4.043 DM Mehrwertsteuer absetzt, die der Beklagte abführen muûte, weil das Fahrzeug zu seinem Betriebsvermögen gehört hatte. Sodann berücksichtigt das Berufungsgericht nach dem Stichtag vorgenommene werterhöhende Aufwendungen des Beklagten in Höhe von rund 4.600 DM in der Weise anteilig, daû es, der eigenen Berechnungsweise des Beklagten folgend , die Zahl der zwischen Stichtag und Tag des Verkaufs mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer zu der vom Beklagten in Kilometern angegebenen voraussichtlich erzielbaren Restnutzungsdauer ins Verhältnis setzt und annimmt, daû die werterhöhenden Aufwendungen sich mit noch rund 3.900 DM im Verkaufspreis niedergeschlagen haben. Dies läût Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten nicht erkennen. Soweit die Revision Verfahrensrügen im Hinblick auf weitere vom Beklagten geltend gemachte Wertsteigerungen durch Reparatur- und Wartungsaufwendungen sowie im Oktober 1994 erneuerte Reifen erhebt, hat der Senat diese Rügen geprüft und für nicht durchgreifend befunden. 2. Rechtsfehlerhaft läût das Berufungsgericht indes dahinstehen, ob das Wertpapierdepot gemeinsames Vermögen der Parteien war, wie die Klägerin geltend macht, oder ob die Wertpapiere dem Beklagten allein gehörten. Gehörten die der Klägerin übertragenen Wertpapiere ursprünglich dem Beklagten allein, wovon zu dessen Gunsten revisionsrechtlich auszugehen ist, waren sieentgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beim Zugewinn zu berücksichtigen , und zwar nicht mit ihrem Nennwert, sondern mit ihrem Kurswert im Zeitpunkt der Übertragung zuzüglich der bis zu diesem Tag aufgelaufenen Stückzinsen.
a) Wie die Revision zutreffend rügt, kann die hälftige Übertragung eigener Wertpapiere des Beklagten hier nicht als ein die Anwendung des § 1380 Abs. 1 BGB ausschlieûendes entgeltliches Rechtsgeschäft angesehen werden (vgl. Staudinger/Thiele, BGB 12. Aufl. § 1380 Rdn. 7). Auch wenn die Parteien zugleich vereinbart haben, daû der Beklagte seine sonstigen Vermögenswerte, nämlich das Wohnmobil, die Guthaben, die Geschäftsausstattung und die restlichen Wertpapiere solle behalten dürfen, macht dies die Übertragung der Wertpapiere - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu einer entgeltlichen, weil die Vereinbarung nicht auf eine Gegenleistung zielt, sondern die bestehende Vermögenslage insoweit unverändert läût. Auch die weitere Voraussetzung des § 1380 BGB, daû nämlich die Zuwendung nicht geschuldet, sondern freiwillig ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - IX ZR 42/82 - FamRZ 1983, 351, 352), liegt hier vor. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere, auch später nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes nicht, weil der Zugewinnausgleichsberechtigte regelmäûig (vgl. § 1383 BGB) keinen Anspruch auf einen Teil der Vermögenswerte des anderen Ehegatten, sondern nur einen Anspruch auf Ausgleich des von diesem erzielten Zugewinns in Geld hat.
b) Auf den Ausgleichsanspruch der Klägerin ist der Wert der Wertpapiere im Zeitpunkt der Übertragung anzurechnen, wenn der Beklagte dies bei der Übertragung bestimmt hat, § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies gilt auch, wenn die Bestimmung bereits mit dem der Übertragung vorausgehenden Rechtsgeschäft
verbunden wird (vgl. MünchKomm-BGB/Koch 4. Aufl. § 1380 Rdn. 4). Sie bedarf keiner Form (vgl. Staudinger/Thiele aaO § 1380 Rdn. 12). Im vorliegenden Fall liegt es nahe, in der Übertragung der Wertpapiere zum erklärten Zweck der Vermögensauseinandersetzung nach dem Scheitern der Ehe die stillschweigende Bestimmung zu sehen, daû der Wert der zugewendeten Wertpapiere jedenfalls dann auf eine mögliche Ausgleichsforderung der Klägerin angerechnet werden sollte, wenn diese nach Beendigung des Güterstandes Ausgleich des Zugewinns verlangt. Denn nach der für die Klägerin erkennbaren Vorstellung des Beklagten wollte dieser mit der Übertragung der Wertpapiere die wegen des Scheiterns der Ehe schon jetzt für erforderlich gehaltene Vermögensauseinandersetzung der Parteien abschlieûend bewirken. Die Bestimmung eines solchen Leistungszwecks schlieût regelmäûig die unausgesprochene Bestimmung ein, daû die Leistung zumindest eine im Voraus bewirkte Teilleistung sein soll, falls sich herausstellt, daû sie nicht ausreicht , den Anspruch des Leistungsempfängers vollständig zu erfüllen.
c) Ob das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Übertragung der Wertpapiere in dieser Weise auszulegen ist, bedarf indes keiner Entscheidung. Denn die Anrechnung hat nach § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zweifel auch dann zu erfolgen, wenn die Übertragung der Wertpapiere nicht mit einer solchen Bestimmung verknüpft war. So unterliegen der Anrechnung auch unbenannte Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen während bestehender Ehe als Anerkennung und Ausgleich für dessen familiäre Leistungen gemacht hat (vgl. BGHZ 82, 227, 231 ff.), denn nach der Wertung des Gesetzes gilt die Anrechnung auf eine etwaige künftige Zugewinnausgleichsforderung des anderen Ehegatten, die das gleiche Ziel verfolgt, im Zweifel als gewollt (vgl. Schwab, Handbuch des Scheidungs-
rechts, 4 Aufl. Kap. VII Rdn. 187). Mit dieser Regelung soll nach Möglichkeit vermieden werden, daû der Zuwendungsempfänger sich im Falle des Zugewinnausgleichs besser steht, als er stehen würde, wenn die Zuwendung unterblieben und der Wert im (End-)Vermögen des Zuwendenden verblieben wäre, so daû der Empfänger hieran über den Zugewinnausgleich partizipiert hätte (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1380 BGB Rdn. 3). Diese grundsätzlichen Erwägungen gelten erst recht für Zuwendungen, die - wie hier - nicht mehr der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollen, sondern erst nach deren Scheitern mit dem Ziel einer Vermögensauseinandersetzung zwischen den Ehegatten vorgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Zuwendende die erforderliche Vermögensauseinandersetzung mit seiner Zuwendung bereits endgültig und abschlieûend herbeigeführt zu haben glaubte. In einem solchen Fall ist nämlich erst recht gemäû § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zweifel anzunehmen, daû der Zuwendende eine Anrechnungsbestimmung getroffen hätte, wenn er vorausgesehen hätte, daû der andere Ehegatte die Vermögensauseinandersetzung in Form des Zugewinnausgleichs weiter betreiben werde. 3. Die angefochtene Entscheidung kann daher im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht - auch nicht hinsichtlich eines Teilbetrags - selbst in der Sache entscheiden, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob die Wertpapiere dem Beklagten allein gehörten und welchen Kurswert zuzüglich aufgelaufener Stückzinsen sie im Zeitpunkt der Übertragung hatten. Auch wenn die Angriffe des Beklagten gegen die Schätzung des Wertes seines Wohnmobils keinen Erfolg haben, ist nicht auszuschlieûen , daû der Klägerin kein über den bereits bezahlten Betrag hinausge-
hender Anspruch auf Zugewinn verbleibt, wenn der Wert der übertragenen Wertpapiere gemäû § 1380 Abs. 2 BGB dem Endvermögen des Beklagten von 48.560,07 DM hinzugerechnet und sodann auf die sich daraus ergebende Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin angerechnet wird. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke

Annotations
(1) Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
(2) Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
(2) Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
(1) Das Familiengericht kann auf Antrag des Gläubigers anordnen, dass der Schuldner bestimmte Gegenstände seines Vermögens dem Gläubiger unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn dies erforderlich ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu vermeiden, und wenn dies dem Schuldner zugemutet werden kann; in der Entscheidung ist der Betrag festzusetzen, der auf die Ausgleichsforderung angerechnet wird.
(2) Der Gläubiger muss die Gegenstände, deren Übertragung er begehrt, in dem Antrag bezeichnen.
(3) § 1382 Abs. 5 gilt entsprechend.
(1) Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
(2) Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.