Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2004 - XII ZR 185/01

bei uns veröffentlicht am21.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 185/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Haben die Parteien kraft - gegebenenfalls stillschweigender - Vereinbarung eine arbeitsrechtliche
Abfindung des Unterhaltsverpflichteten in die Unterhaltsberechnung
einbezogen, steht dies einem zusätzlichen güterrechtlichen Ausgleich zugunsten des
Unterhaltsberechtigten entgegen (im Anschluß an Senatsurteil vom 11. Dezember
2002 - XII ZR 27/00 - FamRZ 2003, 432).
BGH, Versäumnisurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - OLG München
AG Landshut
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 21. Juni 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Berufung der Antragsgegnerin stattgegeben und die Berufung des Antragstellers wegen eines 7.013 DM nebst Zinsen übersteigenden Betrages zurückgewiesen wurde. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren nur noch darum, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Abfindung, die dem am 30. November 1998 in den Vorruhestand getretenen Antragsteller für den Verlust seines Ar-
beitsplatzes gezahlt wurde, beim Zugewinnausgleich in dessen Endvermögen zu berücksichtigen ist. Auf den der Antragsgegnerin am 9. Januar 1999 zugestellten Antrag wurde die am 15. Juli 1977 geschlossene Ehe des am 13. November 1943 geborenen Antragstellers und der am 3. Juni 1949 geborenen Antragsgegnerin durch Verbundurteil des Familiengerichts vom 28. Juli 2000, das insoweit sowie hinsichtlich des durchgeführten Versorgungsausgleichs inzwischen rechtskräftig ist, geschieden. Zugleich wurde der Antragsteller unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich von 14.215 DM zu zahlen. Hiergegen legten beide Parteien Berufung ein. Das Berufungsgericht hat den Antragsteller unter Zurückweisung seiner Berufung sowie der weitergehenden Berufung der Antragsgegnerin verurteilt, einen Zugewinnausgleich von 86.100 DM nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Antragstellers, mit der er seine Verurteilung bekämpft, soweit sie 7.013 DM nebst Zinsen übersteigt.

Entscheidungsgründe:

I.

Aufgrund der Säumnis der Revisionsbeklagten ist durch Versäumnisurteil zu erkennen, obwohl die Entscheidung inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge beruht (BGHZ 37, 79, 82).

II.

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß die Antragsgegnerin weder ein Anfangsvermögen noch ein Endvermögen hatte, und der Antragsteller - ohne Berücksichtigung der Abfindung - ebenfalls kein Anfangsvermögen, als Endvermögen hingegen eine Lebensversicherung mit einem Zeitwert zum Stichtag (9. Januar 1999) von 14.026 DM hatte. Die Verurteilung zum hälftigen Ausgleich dieses Betrages nimmt der Antragsteller hin. 2. Das Berufungsgericht hat dem Endvermögen des Antragstellers auch die von dessen Arbeitgeber gemäß Vereinbarung vom 17./22. Dezember 1997 gezahlte Abfindung hinzugerechnet, und zwar in Höhe von 25.947 DM, die von der am 31. Dezember 1998 gezahlten ersten Rate von 36.000 DM (brutto) am Stichtag noch auf dem Konto des Antragstellers vorhanden waren, sowie in Höhe weiterer 171.000 DM netto (224.400 DM brutto), deren Fälligkeit zwar durch gesonderte Vereinbarung des Antragstellers mit seinem Arbeitgeber auf den 31. Januar 1999 - also nach dem Stichtag - hinausgeschoben worden war, die das Berufungsgericht aber als Anspruch auf eine künftige, nicht von einer Gegenleistung abhängige und daher ebenfalls zum Endvermögen zählende Leistung bewertet hat.
Somit hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung ein Endvermögen von 25.947 DM + 171.000 DM + 14.026 DM (Lebensversicherung) = 210.973 DM zugrunde gelegt.
Zugleich hat das Berufungsgericht es abgelehnt, die Abfindung in Bezug zur Dauer der Betriebszugehörigkeit des Antragstellers zu setzen und den Anteil , der dann rechnerisch auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit vor der Eheschließung entfallen würde, als Anfangsvermögen des Antragstellers anzusehen. Gleichwohl hat das Berufungsgericht den Antragsteller nicht verurteilt, den gesamten Zugewinn von 210.973 DM auszugleichen, sondern den Zugewinnausgleichsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1381 BGB auf die Hälfte von 172.200 DM = 86.100 DM begrenzt, um ein nach seiner Auffassung grob unbilliges Ergebnis zu vermeiden. Insoweit hat es darauf abgestellt, daß der Antragsteller in der Zeit vom Stichtag bis zur zweitinstanzlichen Entscheidung (Februar 1999 bis Juni 2001) unstreitig monatlich 1.670 DM Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt hat. Davon seien nur monatlich 333 DM aus dem vom Antragsteller bezogenen Arbeitslosengeld zu decken gewesen, so daß er insgesamt 29 x (1.670 DM – 333 DM) = 38.773 DM aus dem Abfindungsbetrag gezahlt habe. Um diesen Betrag hat das Berufungsgericht den auszugleichenden Zugewinn des Antragstellers mit der Begründung gekürzt, dies sei erforderlich , aber auch ausreichend, um eine grob unbillige Doppelbelastung zu vermeiden.

III.

Dies hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. 1. Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob Abfindungen, die einem Arbeitnehmer vor dem Stichtag gewährt worden sind, im Zugewinn stets und in
vollem Umfang ausgleichspflichtig sind, und zwar unabhängig von der Art der Ansprüche, die dadurch abgegolten werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 37/97 - FamRZ 1998, 362). Insoweit kann auch dahinstehen, ob es - mit dem Berufungsgericht - als gerechtfertigt anzusehen ist, den gegebenenfalls auszugleichenden Zugewinn gemäß § 1381 BGB um den Teilbetrag der Abfindung zu kürzen, den der Ausgleichspflichtige bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zugewinnausgleich dazu verwandt hat, Unterhalt an den Ausgleichsberechtigten zu zahlen. Denn durch die vom Berufungsgericht vorgenommene Kürzung ist der Antragsteller und Revisionskläger nicht beschwert. 2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Antragsteller aufgrund einer in der Trennungszeit getroffenen Vereinbarung der Parteien monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.670 DM (davon 370 DM durch Übernahme der Leasingraten für den PKW der Antragsgegnerin) zahlte, nach Einstellung dieser Zahlungen zum Jahresende 1998 durch einstweilige Anordnung verpflichtet wurde, diese Zahlungen ab 1. Februar 1999 wieder aufzunehmen, und seitdem monatlichen Unterhalt von 1.670 DM an die Antragsgegnerin zahlt. Dies läßt den bereits in erster Instanz vom Familiengericht gezogenen Schluß zu, daß die Parteien mit ihrer Unterhaltsvereinbarung, zumindest aber mit der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers (30. November 1998) stillschweigend getroffenen Vereinbarung, sie unverändert beizubehalten bzw. wieder in Kraft zu setzen, den an die Stelle laufenden Arbeitseinkommens getretenen Abfindungsbetrag einvernehmlich als unterhaltsrelevant angesehen haben. Denn es lag - wie auch die fiktive Unterhaltsberechnung des Berufungsgerichts auf der Grundlage des ab Februar 1999 vom Antragsgegner bezogenen Arbeitslosengeldes zeigt - auf der Hand, daß eine
Unterhaltsverpflichtung in dieser Höhe für die Zukunft nur in Betracht kam, wenn die Abfindung in die Unterhaltsregelung einbezogen wurde. Mit einer solchen Vereinbarung können die Parteien im Rahmen der Privatautonomie (§ 1408 Abs. 1 BGB) eine Abfindung durch Ehevertrag dem güterrechtlichen Ausgleich entziehen und statt dessen ihren unterhaltsrechtlichen Ausgleich vereinbaren. Die hier getroffene Vereinbarung entspricht zwar nicht der erforderlichen Form eines Ehevertrages. Gleichwohl steht sie dem von der Antragsgegnerin begehrten Ausgleich der Abfindung im Wege des Zugewinnausgleichs nach Treu und Glauben entgegen, soweit die Antragsgegnerin sich damit in Widerspruch zu der früheren Vereinbarung setzt, aufgrund derer sie bereits erhebliche Zahlungen erhalten hat und an der sie ersichtlich auch nach Geltendmachung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs festhält. Eine solche zweifache Teilhabe an der Abfindung, nämlich sowohl unterhaltsrechtlich als auch güterrechtlich, widerspräche dem Grundsatz, daß ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden hat, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs , ausgeglichen wird (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 - XII ZR 27/00 - FamRZ 2003, 432, 433 m.N.). 3. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat nämlich - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, welche Vorstellungen der Parteien im einzelnen der Unterhaltsvereinbarung zugrunde lagen. Insbesondere fehlen Feststellungen dazu, ob mit dem vereinbarten Unterhalt die gesamte Abfindung als ausgeglichen gelten sollte oder gegebenenfalls nur der noch zu berechnende Teil, der bei verzinslicher Anlage benötigt wird, um den Unterhalt der Antragsgegnerin und den eigenen Unterhalt des Antragstellers bis zu dessen Rentenbezug zu decken.
Der Rechtsstreit war daher im Umfang der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen nachholen und den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag hierzu gewähren kann. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu klären haben, ob der Antragsteller den vereinbarten Unterhalt auch über den 30. Juni 2001 hinaus unverändert weitergezahlt hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

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(1) Der Berechnung des Anfangsvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbs hatte. (2) Der Berech

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(1) Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. (2) Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geri

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(1) Der Berechnung des Anfangsvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbs hatte.

(2) Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, eine dem Endvermögen hinzuzurechnende Vermögensminderung in dem Zeitpunkt hatte, in dem sie eingetreten ist.

(3) Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend für die Bewertung von Verbindlichkeiten.

(4) Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu berücksichtigen ist, ist mit dem Ertragswert anzusetzen, wenn der Eigentümer nach § 1378 Abs. 1 in Anspruch genommen wird und eine Weiterführung oder Wiederaufnahme des Betriebs durch den Eigentümer oder einen Abkömmling erwartet werden kann; die Vorschrift des § 2049 Abs. 2 ist anzuwenden.

(1) Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre.

(2) Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat.

(1) Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.

(2) Schließen die Ehegatten in einem Ehevertrag Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, so sind insoweit die §§ 6 und 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
11. Dezember 2002
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
XII ZR 27/00
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Bewertung einer gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Mitarbeiterbeteiligung im
Zugewinnausgleich, wenn die Parteien die daraus künftig zu erwartenden laufenden
Erträge in einem Unterhaltsvergleich bereits als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen
berücksichtigt haben (Abgrenzung zum Senatsurteil BGHZ 75, 195).
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - XII ZR 27/00 - OLG Hamburg
AG Hamburg
Der XII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 17. Dezember 1999 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien, deren am 28. Februar 1969 geschlossenen Ehe durch insoweit rechtskräftiges Verbundurteil vom 20. Mai 1998 geschieden wurde, streiten im Rahmen des Zugewinnausgleichs im Revisionsverfahren noch um die Bewertung einer stillen Beteiligung des Antragsgegners. Die Parteien waren zu Beginn ihrer Ehe vermögenslos. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts belief sich das Endvermögen der Antragstellerin zum Stichtag 16. März 1994 auf 9.756,96 DM, das des Antragsgegners - ohne die stille Beteiligung - auf 52.437,47 DM (unstreitige Vermögenswerte von 19.503,88 DM zuzüglich einer
Darlehensforderung von 35.054,00 DM und eines Kautionsrückzahlungsanspruchs von 3.000 DM abzüglich Bankverbindlichkeiten von 5.120,41 DM. Mit der stillen Beteiligung hat es folgende Bewandtnis: Der 1944 geborene Antragsgegner ist seit vielen Jahren beim S. - V. in Hamburg beschäftigt, der seinen Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit bietet, sich als stille Gesellschafter an einer Mitarbeiter -Kommanditgesellschaft zu beteiligen, die ihrerseits an den Verlagsgesellschaften beteiligt ist und 49,5 % der von diesen ausgeschütteten Gewinne erhält sowie eigene Gewinne aus der Anlage flüssiger Mittel erzielt. Der Nominalwert der stillen Beteiligung, der auf maximal 7.250 DM begrenzt ist, bemißt sich nach einem Punktesystem, mit dessen Hilfe der für den jeweiligen stillen Gesellschafter maßgebliche Werte aus dessen Jahreseinkommen und dessen Dienstjahren errechnet wird. Der Antragsgegner hatte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und war am Stichtag mit der Höchsteinlage von 7.250 DM, die bedingungsgemäß weder verpfändbar noch abtretbar ist, beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, daß der verteilungsfähige Gewinn der KG bis zur Gesamthöhe von 1 Mio. DM nach Kopfteilen und im übrigen - ebenso wie ein eventueller Verlust, der indes keine Nachschußpflicht auslöst - entsprechend der jeweiligen Höhe der Beteiligung unter den stillen Gesellschaftern (am 1. Januar 1993: 740 Gesellschafter mit Einlagen zwischen 250 und 7.250 DM) verteilt wird, die ihren Gewinnanteil zu 60 % für die persönlichen Steuern, zu 10 % als langfristiges Darlehen an die KG und - bis zum Erreichen des 55. Lebensjahres - zu 30 % für die individuelle Altersversorgung und Vermögensbildung einzusetzen haben. Die der KG gewährten Darlehen haben eine Laufzeit von 18 Jahren und erbringen 4 % Zinsen p.a., die jährlich mit dem Gewinnanteil ausgeschüttet werden. Bei Beendigung der stillen Beteiligung, die
unter anderem mit dem Ende des Dienstverhältnisses zum Verlag endet, erhält der Gesellschafter lediglich den Nennwert seiner Einlage zurück. An Gewinnanteilen aus dieser Beteiligung erhielt der Antragsgegner 1993 67.000 DM, 1994 rund 32.000 DM, 1995 rund 21.000 DM, 1996 18.000 DM und 1997 knapp 27.000 DM. Seine Darlehensforderung gegenüber der KG war zum Stichtag auf den vorstehend bereits berücksichtigten Betrag von 35.054 DM angewachsen. Im Scheidungsverfahren haben die Parteien am 6. September 1994 einen Unterhaltsvergleich geschlossen und dabei ausdrücklich zur Vergleichsgrundlage gemacht, daß 70 % der Nettobeträge der dort als "Tantiemen" bezeichneten Gewinnanteile als unterhaltsrelevantes Einkommen des Antragsgegners angesetzt werden. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die stille Beteiligung sei auf der Grundlage des voraussichtlichen Ertrags bei einer vom Stichtag an gerechneten Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners von 15 Jahren und 7 Monaten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mit mindestens 200.000 DM anzusetzen, während der Antragsgegner nur den Nennwert von 7.250 DM für maßgeblich hält, da er bei seinem Ausscheiden nur diesen zurückerhalte. Das Amtsgericht hat die Beteiligung auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens mit 168.480 DM bewertet und der Antragstellerin insgesamt 66.540,34 DM Zugewinnausgleich zugesprochen. Auf die Berufung des Antragsgegners hat das Berufungsgericht, das die Beteiligung nur mit dem Nennwert bewertet, dem Zahlungsantrag in Höhe von (52.437,47 DM + 7.250,00 DM - 9.756,96 DM) : 2 = 24.965,26 DM stattgegeben und den weitergehenden Zahlungsanspruch, auch soweit er mit der Anschluß-
berufung der Antragstellerin geltend gemacht wurde, abgewiesen. Dagegen richtet sich die (zugelassene) Revision der Antragstellerin, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Zutreffend weist das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 75, 195 = FamRZ 1980, 37 ff. sowie vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361) zur Bewertung unveräußerlicher Unternehmensbeteiligungen im Zugewinnausgleich hin. Danach ist in Fällen, in denen der Gesellschafter bei seinem Ausscheiden nur eine geringere Abfindung erhält, als sie dem anteiligen Unternehmenswert entspricht, grundsätzlich nicht nur dieser Abfindungswert zugrunde zu legen, sondern auch der in der Vergangenheit aufgebaute und am Stichtag vorhandene Nutzungswert zu bemessen, den die Beteiligung für den Inhaber hat (vgl. ferner Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 69/85 - FamRZ 1986, 1196, 1197). Die eingeschränkte Verfügbarkeit der Beteiligung ist insoweit allenfalls wertmindernd zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht legt indes mit umfangreicher Begründung dar, diese Bewertung werde den Besonderheiten der hier zu beurteilenden Mitarbeiterbeteiligung nicht gerecht. Deren Bestand und Höhe sei nämlich untrennbar mit dem Arbeitsverhältnis des Antragsgegners verknüpft; zudem seien die Gewinnanteile bis 1975 als Gehaltsbestandteile und erst danach als Kapitalerträge zu versteuern gewesen. Die geänderte steuerliche Behandlung der Erträge recht-
fertige es nicht, diese zivilrechtlich anders zu beurteilen als zuvor, nämlich - bezogen auf den Stichtag - als künftiges Arbeitseinkommen, welches nicht dem Zugewinn unterliege. Für diese Beurteilung spricht, daß der im Zugewinnausgleich zu berücksichtigende Nutzungswert sich auf die am Stichtag vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten beschränkt - so etwa bei einer Beteiligung an einer freiberuflichen Praxis die Nutzung eines Mandantenstammes - und nicht etwa künftig zu erzielende Gewinne zu kapitalisieren und hinzuzurechnen sind (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 aaO 363), während sich im vorliegenden Fall ein den Abfindungsbetrag übersteigender objektiver Wert der stillen Beteiligung des Antragsgegners allein aus der Aussicht ergibt, auch künftig am Gewinn der Mitarbeiter -KG beteiligt zu werden. Anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil BGHZ 75 aaO zugrundelag, wird die durch die Abfindungsklausel bedingte Wertminderung der stillen Beteiligung auch nicht durch die Chance kompensiert , beim Ausscheiden eines anderen Gesellschafters davon zu profitieren, daß auch dieser nur den Abfindungsbetrag erhält und der darüber hinausgehende wirkliche Wert seiner Beteiligung den verbleibenden Gesellschaftern zugute kommt. Denn das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der MitarbeiterKG wird nach dem Beteiligungskonzept dadurch kompensiert, daß jüngere Mitarbeiter als neue Gesellschafter in die KG eintreten, ohne hierfür ein Entgelt an die Gesellschaft zu entrichten. Es bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, ob die tatrichterliche Bewertung der stillen Beteiligung an der fraglichen Mitarbeiter-KG durch das Berufungsgericht der revisionsrechtlichen Prüfung generell standhält. Ihre Bewertung mit dem Abfindungsbetrag erweist sich nämlich im vorliegenden Fall schon deshalb als gerechtfertigt, weil die Parteien die nach dem Stichtag anfallenden Gewinnanteile des Antragsgegners als zusätzliches unterhaltsrelevantes Ar-
beitseinkommen ("Tantiemen") in ihren Unterhaltsvergleich einbezogen haben. Dies ist im Rahmen der Privatautonomie der Parteien (§§ 1408 Abs. 1, 127a BGB) zu respektieren und erscheint angesichts der im vorliegenden Rechtsstreit zutage getretenen Bewertungsschwierigkeiten jedenfalls sachgerecht, da der Unterhaltsbetrag, zu dessen Zahlung sich der Antragsgegner verpflichtet hat, einer unerwarteten Entwicklung der Gewinnanteile in den Folgejahren angepaßt werden kann, während eine Bewertung im Zugewinnausgleich, die auf einer Prognose der künftigen Gewinnentwicklung beruht, nach Durchführung des Zugewinnausgleichs auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wenn sich diese Prognose in der Folgezeit als verfehlt erweist. Der von den Parteien vereinbarte unterhaltsrechtliche Ausgleich der künftigen Gewinnanteile steht jedenfalls dem von der Antragstellerin begehrten Ausgleich eines den Abfindungswert der Beteiligung übersteigenden Zugewinns entgegen. Zu Recht wendet die Revisionserwiderung ein, andernfalls partizipiere die Antragstellerin an der Beteiligung des Antragsgegners in zweifacher Weise , nämlich vorab im Zugewinnausgleich an dem durch die künftigen Gewinnerwartungen geprägten Vermögenswert der Beteiligung und sodann im Wege des Unterhalts nochmals an jenen nunmehr als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigenden Gewinnanteilen. Eine solche zweifache Teilhabe widerspräche dem Grundsatz, daß ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden hat, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs , ausgeglichen wird. Für das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich ergibt sich dies bereits aus § 1587 Abs. 3 BGB. Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich kann nichts anderes gelten, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt.
So wäre es beispielsweise unbillig, einen Ehegatten auch güterrechtlich an einer dem anderen Ehegatten vor dem Stichtag ausgezahlten Arbeitnehmerabfindung teilhaben zu lassen, soweit er daran bereits durch die Gewährung des unter Einbeziehung dieser insoweit als Einkommen behandelten Abfindung bemessenen Unterhalts partizipiert (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2000, 611, 612; Klingelhöffer BB 1997, 2216, 2217). Auf dem gleichen Gedanken beruht auch die Erwägung, daß der Ehegatte, der im Anwaltshaftungsprozeß Schadensersatz wegen einer aufgrund falscher Beratung im Zugewinnausgleich nicht geltend gemachten Vermögensposition des anderen Ehegatten verlangt, sich darauf gegebenenfalls den Vorteil anrechnen lassen muß, der sich aus einer Berücksichtigung dieser Position in einem Unterhaltsvergleich ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 37/97 - FamRZ 1998, 362, 364). Auch außerhalb des Güterrechts ist eine doppelte Teilhabe eines Ehegatten an geldwerten Positionen des anderen nicht gerechtfertigt; so kann etwa neben einem rechtskräftig titulierten Trennungsunterhalt, bei dem der Nutzungsvorteil mietfreien Wohnens in der bisherigen Ehewohnung dem unterhaltspflichtigen Ehegatten bereits als Einkommen zugerechnet worden ist, nicht für den gleichen Zeitraum ein Nutzungsentgelt verlangt werden (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 83/84 - FamRZ 1986, 436, 437; Hahne FF 1999, 99, 103).
Hahne Sprick Weber-Monecke
Fuchs Ahlt