Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2007 - XII ZR 128/05

bei uns veröffentlicht am21.11.2007
vorgehend
Amtsgericht Nürnberg, 21 C 4640/04, 27.10.2004
Landgericht Nürnberg-Fürth, 16 S 11842/04, 15.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 128/05 Verkündet am:
21. November 2007
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg Fürth vom 15. Juli 2005 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 27. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen die Beklagte rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Nach einem Verkehrsunfall am 30. Juli 2003, bei dem der Pkw der Beklagten beschädigt worden war, mietete diese am gleichen Tag von der Klägerin einen Ersatzwagen zum Unfallersatztarif.
3
Mit Rechnung vom 28. April 2003 machte die Klägerin insgesamt 3.141,17 € geltend.
4
Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte 979,92 €, den Betrag, der bei Zugrundelegung des von der Klägerin über das Internet angebotenen Tarifs angefallen wäre. Die Differenz von 2.161,26 € verlangt die Klägerin von der Beklagten.
5
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 2.161,26 € verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg.
7
1. Das Landgericht hat ausgeführt, ein gewerbliches Mietwagenunternehmen sei nicht verpflichtet, ungefragt auf eigene günstigere Tarifgestaltungen oder gar auf mögliche Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung im Zusammenhang mit dem sogenannten Unfallersatztarif hinzuweisen. Der Beklagten stehe deshalb kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht zu. Der Mietvertrag verstoße auch nicht gegen § 138 Abs. 1, 2 BGB. Für die Ausnutzung einer Schwächesituation, wie sie § 138 Abs. 2 BGB verlange, liege kein Anhaltspunkt vor. Für eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB fehle es an der verwerflichen Gesinnung.
8
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
9
a) Im Ergebnis richtig ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist. Der Senat hat sich - nach Erlass des Berufungsurteils - in seinen Entscheidungen vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 - NJW 2007, 1447 und vom 7. Februar 2007 - XII ZR 125/04 - NJW 2007, 2181 mit der Frage der Sittenwidrigkeit von Mietverträgen bei Vereinbarung eines Unfallersatztarifs befasst. Danach können die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung , das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen , wenn sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Eine Sittenwidrigkeit kann sich grundsätzlich nicht schon daraus ergeben, dass der Unfallersatztarif über dem sogenannten Normaltarif liegt. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob der im Einzelfall verlangte Unfallersatztarif den auf dem Markt üblichen Unfallersatztarif in sittenwidriger Weise übersteigt. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass unter diesem Gesichtspunkt bei Berücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
10
b) Mit Erfolg macht die Revision aber geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Aufklärungspflicht verneint hat. Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht gegenüber den Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618 f.; vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 - aaO; vom 7. Februar 2007 - XII ZR 125/04 - aaO; vom 27. Juni 2007 - XII ZR 53/05 - NJW 2007, 2759; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05 -). Zwar muss der Vermieter nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern, ob die ihm angebotenen Ver- tragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
11
c) Danach steht dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 1, 249 BGB) zu, den er der geltend gemachten Mietzinsforderung entgegenhalten kann (Senatsurteil vom 10. Januar 2007 aaO). Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Landgericht Bezug genommen hat, hätte die Beklagte bei ausreichender Aufklärung ein Kraftfahrzeug zu einem Tarif von 979,92 € angemietet und sich damit Kosten in Höhe der Klageforderung erspart. Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina
Vorinstanzen:
AG Nürnberg, Entscheidung vom 27.10.2004 - 21 C 4640/04 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 15.07.2005 - 16 S 11842/04 -

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 50/04 Verkündet am: 28. Juni 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 72/04 Verkündet am:
10. Januar 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, Ba, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2
Zur Aufklärungspflicht des Autovermieters über die Erstattungsfähigkeit von
Unfallersatztarifen (Fortführung des Senatsurteils vom 28. Juni 2006 - XII ZR
50/04 - NJW 2006, 2618).
BGH, Versäumnisurteil vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 - LG Karlsruhe
AG Ettlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 5. April 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ettlingen vom 3. August 2001 wird zurückgewiesen. Der Klägerin werden die Kosten der Rechtsmittel (einschließlich der Nebenintervention) auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Mit Vertrag vom 19. Juni 2000 mietete der Beklagte, vertreten durch seinen Bruder, nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von ihm geführte Pkw beschädigt worden war, von der Klägerin für die Dauer von 15 Tagen einen Ersatzwagen zum Tagessatz von 258 DM (131,90 €). Auf die Mitteilung des Bru- ders des Beklagten, dass dieser den Unfall nicht verschuldet habe, erklärten Mitarbeiter der Klägerin, dass es mit der Regulierung der Mietwagenkosten keinerlei Probleme geben werde. Bei Anmietung des Fahrzeugs händigten sie dem Bruder des Beklagten einen Aufklärungshinweis aus, der u.a. folgenden Passus enthält: "... Unser Service umfasst ... die zur Verfügungstellung eines Mietwagens zu den marktüblichen allgemein anerkannten Preisen ... ... Sollte die Versicherung unserer Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung nicht nachkommen, ist es einzig und allein Ihre Angelegenheit, sich um die Durchsetzung Ihrer Forderung auf Ausgleich der Mietwagenkosten bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu bemühen; Sie sind zum Ausgleich unserer Rechnung verpflichtet".
3
Mit Rechnung vom 5. Juli 2000 machte die Klägerin einen Betrag von 3.759,56 DM (1.922,23 €) geltend. Die gegnerische Haftpflichtversicherung, die im Rechtsstreit dem Beklagten als Streithelferin beigetreten ist, hat 1.675 DM (856,41 €) auf die Rechnung bezahlt. Die Differenz von 2.084,65 DM (1.065,86 €) macht die Klägerin mit ihrer Klage geltend. Der Beklagte ist der Meinung, wegen Verletzung der Aufklärungspflicht sei er zur Verweigerung der Zahlung berechtigt. Hilfsweise erklärt er die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Schadensersatz.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von 1.065,82 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Gegen die im Verhandlungstermin nicht erschienene Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Bestätigung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
7
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der von den Parteien geschlossene Mietvertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) unwirksam. Sittenwidrigkeit sei nicht anzunehmen, wenn sich die vereinbarte Gegenleistung im Rahmen des normalerweise auf dem Markt üblichen halte. Das sei vorliegend der Fall. Die Vermietung von Autos zu einem Unfallersatztarif und zu einem Normaltarif seien unterschiedliche Leistungen, die auf unterschiedlichen Märkten angeboten und nachgefragt würden. Es habe sich ein gesonderter Markt für die Vermietung von Unfallersatzwagen herausgebildet, der eigenen Regeln folge und ein vom Normaltarif abweichendes Preisniveau habe. Die hier vereinbarten Unfallersatztarife hielten sich unstreitig im Rahmen der marktüblichen Unfallersatztarife.
8
Sittenwidrigkeit sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil zwischen dem Autovermieter und dem Mieter eines Unfallersatzwagens regelmäßig ein erhebliches Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition sowie ein Informationsgefälle hinsichtlich der verschiedenen Tarife bestünden und der Autovermieter das mangelnde Interesse des Unfallgeschädigten an den Mietpreisen (wegen seines Anspruches gegenüber dem Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer ) kennen würde und damit letztlich ein Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen werde. Zum einen sei nämlich der Geschädigte selbst unmittelbar durch den Mietvertrag zur Zahlung verpflichtet und die Erstattungspflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung sei zunächst nur eine ungesicherte Erwartung des Geschädigten. Zum anderen könne von einem besonderen Ungleichgewicht nicht ausgegangen werden. Dass der Unfallgeschädigte regelmäßig die Tarifunterschiede zwischen dem Normal- und dem Unfallersatzgeschäft nicht kenne, führe nicht zu einem im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB beachtlichen Ungleichgewicht. In allen Marktbereichen gebe es zwischen Anbieter und Abnehmer ein gewisses Informationsgefälle. Es stehe dem Mietwagenkunden frei, sich über die verschiedenen Angebote auf dem Markt und die verschiedenen Teilmärkte zu informieren.
9
Der Beklagte könne dem Mietzinsanspruch auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht entgegenhalten. Eine allgemeine Aufklärungspflicht über das Bestehen eines gespalteten Mietwagenmarktes und die Existenz von speziellen Unfallersatztarifen gegenüber dem Normaltarif gebe es nicht. Die geltende marktwirtschaftliche Ordnung gestatte es dem Einzelnen grundsätzlich, seine Preise frei zu gestalten und den bestmöglichen Gewinn zu erstreben.
10
Auch die Erklärung der Klägerin, bei der Regulierung der Mietwagenkosten gebe es mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung, wenn zu dem angebotenen Tarif abgeschlossen werde, keinerlei Probleme, führe nicht zu einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin. Die Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin sei objektiv richtig. Der Unfallgeschädigte könne nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, soweit die Kosten eines gemieteten Ersatzfahrzeuges zu ersetzen seien, grundsätzlich auch die Mietwagenkosten ersetzt verlangen, die sich aufgrund eines vom Autovermieter angebotenen Ersatztarifes ergäben. Soweit einzelne Haftpflichtversicherer eine solche Ersatzpflicht bestritten, geschehe dies in Abweichung von einer inzwischen absolut üblichen Rechtspraxis und entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Derartiges brauche ein Autovermieter nicht zu beachten; soweit er bei der Anmietung eines Ersatzwagens nach einem Unfall dem Kunden Rechtsauskünfte erteile, könne er von der gängigen Rechtsprechung ausgehen. Im Übrigen sei es nicht zutreffend, dass einzelne Haftpflichtversicherungen, die sich gegen die gegenüber dem Normaltarif teureren Unfallersatztarife wehrten, insoweit bei der Schadensregulierung gegenüber dem Unfallgeschädigten Einwendungen erheben würden; vielmehr sei die Strategie dieser Versicherungen derzeit die, dass sie versuchten, in Höhe der Differenz zwischen Unfall- und Normaltarifen beim Autovermieter Regress zu nehmen. Hierzu verlangten sie vom Unfallgeschädigten , dass er in entsprechender Anwendung des § 255 BGB einen möglichen Ersatzanspruch gegen den Autovermieter abtrete.
11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand.
12
2. Ohne Rechtsverstoß ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist. Die lediglich pauschale Rüge, es werde nicht nur die unterlegene Verhandlungsposition des Unfallgeschädigten , sondern insbesondere auch die Situation des Haftpflichtversicherers in anstößiger Weise ausgenutzt, zeigt keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich für die Anmietung von Unfallersatzwagen ein gesonderter Markt entwickelt hat, auf dem dem Geschädigten ein Pkw zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif zur Miete angeboten wird. Die Besonderheiten dieses Tarifes können mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnli- ches) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - NJW 2006, 1506). Die Revision zeigt nicht auf, dass bei Berücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
13
Sittenwidriges Verhalten zu Lasten der gegnerischen Haftpflichtversicherung scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, schon deshalb aus, weil der Beklagte entsprechend dem Aufklärungshinweis der Vermieterin unabhängig von der Erstattung durch die Haftpflichtversicherung selbst zur Zahlung des vollen Unfallersatztarifes verpflichtet sein sollte. Daneben scheitert die Annahme der Sittenwidrigkeit auch an der fehlenden Kenntnis des Mieters. Sittenwidriges Verhalten durch vertragliche Vereinbarung zu Lasten Dritter setzt nämlich voraus, dass beide Vertragsparteien die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen (vgl. Palandt/Heinrich BGB 65. Aufl. § 138 Rdn. 40; MünchKomm/Armbrüster BGB 5. Aufl. § 138 Rdn. 96).
14
3. Mit Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass die Klägerin der Beklagten eine fehlerhafte Auskunft erteilt hat.
15
Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618). Zwar muss der Vermieter nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, und zwar weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern , ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Der Vermieter muss aber dann, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und deshalb die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
16
Im Streitfall hat die Klägerin - unabhängig davon, ob für den Zeitpunkt des Vertragschlusses bereits eine Aufklärungspflicht zu bejahen ist - den Beklagten jedenfalls durch den unzutreffenden Hinweis, es gebe mit der Haftpflichtversicherung keinerlei Probleme, zum Abschluss des Mietvertrages mit dem hier deutlich über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif veranlasst.
17
a) Soweit das Berufungsgericht diese Erklärung dahin auslegt, gegenüber der Haftpflichtversicherung bestehe ein Erstattungsanspruch, kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar kann das Revisionsgericht die Auslegung des Tatrichters nur darauf überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGHZ 135, 269, 273). Ein solcher Fall liegt hier jedoch vor. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist bereits mit dem Wortlaut der Erklärung nicht vereinbar. Die Klägerin hat die Regelung als problemlos bezeichnet. Eine Auslegung dahin, dass dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zustehe, findet im Wortlaut der Erklärung keinen Anhalt. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung entspricht auch nicht dem Gebot einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 115, 1, 5; 131, 136, 138). Für den Beklagten war in der gegebenen Situation entscheidend, ob die Haftpflichtversicherung die im beabsichtigten Mietvertrag vorgesehene Miete ohne weiteres übernehmen würde, nicht aber, ob er einen - eventuell erst mit gerichtlicher Hilfe durchsetzbaren - Anspruch auf Er- stattung hat. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Erklärung des Vermieters selbst auslegen (BGHZ 124, 39, 45). Sie war dahin zu verstehen, dass die Haftpflichtversicherung die Miete ohne weiteres - jedenfalls ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - übernehme.
18
b) Die Erklärung war falsch und erfolgte wider besseres Wissen. Die Streithelferin hat vorgetragen, die Klägerin habe gewusst, dass die Streithelferin die Unfallersatztarife der Klägerin nicht akzeptiere; angesichts der Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten allein beim Amtsgericht Karlsruhe von Unfallgeschädigten mit der Streithelferin wegen nur teilweise regulierter Mietwagenkosten gebe es keinen Autovermieter in Karlsruhe, der nicht schon Erfahrung mit der Regulierungspraxis der Streithelferin gehabt habe. Es sei gerichtsbekannt, dass auch die Klägerin in der Vergangenheit in entsprechende Rechtsstreitigkeiten verwickelt gewesen sei. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Sie hat im Gegenteil in ihrer Klagebegründung ausgeführt (S. 3): "Vom gegnerischen Haftpflichtversicherer, es handelt sich um die gerichtsbekannte W. Versicherungs AG, wurden - wie üblich und gerichtsbekannt - die von der Klägerin dem Beklagten berechneten Mietwagenkosten nur teilweise zum Ausgleich gebracht."
19
c) Ob der Beklagte, wie das Berufungsgericht meint, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7. Mai 1996 - BGHZ 132, 373 f.) einen Anspruch auf Vollerstattung des Unfallersatztarifes der Klägerin hatte, ist nicht entscheidungserheblich (zur Regulierungspraxis nach Erlass dieser Entscheidung vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - aaO). Maßgebend ist hier allein, dass die Streithelferin die volle Erstattung verweigerte und die Klägerin dies aufgrund der bisherigen Regulierungspraxis der Streithelferin auch vorhersehen konnte, aber den Beklagten darüber falsch informierte.
20
d) Danach steht dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 1, 249 BGB) zu, den er der geltend gemachten Mietzinsforderung entgegenhalten kann. Denn nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen hätte der Beklagte ohne die Fehlinformation ein Kraftfahrzeug zum Normaltarif angemietet und sich damit Kosten in Höhe der Klageforderung erspart.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 03.08.2001 - 2 C 101/01 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.04.2004 - 5 S 203/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 125/04 Verkündet am:
7. Februar 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, Ba, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2
Zur Aufklärungspflicht des Autovermieters über die Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen
(Fortführung der Senatsurteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR
50/04 - NJW 2006, 2618 und vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 -).
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - XII ZR 125/04 - LG Erfurt
AG Gotha
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Fuchs, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 4. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen die Beklagte rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von der Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete diese für die Dauer von fünf Tagen einen Ersatzwagen zu einem Unfallersatztarif von 156,90 € pro Tag zuzüglich MWSt. Mit dem schriftlichen Mietvertrag unterzeichnete sie einen "Aufklärungshinweis", der u.a. folgenden Passus enthält: "Ich bin darauf hingewiesen worden, dass ich bei Vorauskasse (Euro-Scheck - Intern. Kreditkarte) einen günstigeren Tarif erhalten kann."
3
Mit Rechnung vom 22. Juni 2002 machte die Klägerin einen Betrag von 1.080,39 € geltend. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 300 €. Die Differenz verlangt die Klägerin von der Beklagten.
4
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 780,39 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beklagten stehe kein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu.
7
Soweit es um die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandelte Frage gehe, ob der Autovermieter bei Vermietung eines Unfallersatzwagens ungefragt seine Tarifstruktur mitteilen müsse, folge das Berufungsgericht der von Körber in NZV 2000, 74 ff. vertretenen Auffassung. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn das Verschweigen von Tatsachen gegen Treu und Glauben verstoße und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies setze notwendig ein Informationsgefälle voraus. Das allein reiche aber nicht, um eine Aufklärungspflicht zu begründen. Der in seinem Wissen überlegene Vertragsteil müsse den anderen grundsätzlich nicht von sich aus über alle Umstände aufklären, die für dessen Willensbildung von Bedeutung sein könnten. Vielmehr müsse der gegenläufige Grundsatz berücksichtigt werden, dass derjenige, der einen Vertrag schließe, sich selber darüber zu vergewissern habe, ob dieser für ihn von Vorteil sei oder nicht. Der Anbieter sei grundsätzlich nicht verpflichtet, zum eigenen Schaden oder sogar zum Vorteil seiner Wettbewerber auf günstigere eigene oder gar fremde Angebote hinzuweisen.
8
Eine (weitere) Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmens dahin, dass es bei der Anmietung eines Unfallersatzwagens zu Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung durch die (gegnerische) Haftpflichtversicherung kommen könne, sei bereits deshalb nicht anzunehmen, weil es dem Geschädigten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verwehrt sei, ein Ersatzfahrzeug im Rahmen des sogenannten Unfallersatztarifs anzumieten. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn der vom Autovermieter angebotene Tarif deutlich außerhalb des üblichen Rahmens der Unfallersatztarife liege, was von der Beklagten nicht behauptet werde. Denn nur in diesem Falle laufe der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Gefahr, einen Teil der Mietwagenkosten selbst tragen zu müssen, wenn er keine Preisvergleiche anstelle. Auf Schwierigkeiten, die sich daraus ergäben, dass sich Versicherungen entgegen der BGH-Rechtsprechung weigerten, die erforderlichen Unfallersatzwagenkosten zu begleichen, müsse der Autovermieter nicht hinweisen. Ihm könne nicht auferlegt werden, zum eigenen Schaden auf fremdes Fehlverhalten hinzuweisen und den Geschädigten zu veranlassen, zu einem günstigeren Tarif abzuschließen, obwohl auch der höhere zu erstatten gewesen wäre. Das würde darauf hinauslaufen, den Autovermieter für rechtswidriges Verhalten der Versicherer aus c.i.c. haften zu lassen.
9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand.
10
2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig sei. Mit Urteil vom 10. Januar 2007 (XII ZR 72/04) hat der Senat in einem vergleichbaren Fall darauf abgestellt, dass sich für die Anmietung von Unfallersatzwagen ein gesonderter Markt entwickelt hat, auf dem dem Geschädigten ein Pkw zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif angeboten wird. Die Besonderheiten dieses Tarifes können mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Demzufolge kann nicht ohne Weiteres von einer sittenwidrigen Preisgestaltung ausgegangen werden. Eine Sittenwidrigkeit kann sich grundsätzlich nicht schon daraus ergeben, dass der Unfallersatztarif über dem sogenannten Normaltarif liegt. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob der im Einzelfall verlangte Unfallersatztarif den auf dem Markt üblichen Unfallersatztarif in sittenwidriger Weise übersteigt. Die Revision zeigt nicht auf, dass unter diesen Gesichtspunkten bei Berücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
11
3. Mit Erfolg macht die Revision aber geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Aufklärungspflicht verneint hat. Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618). Zwar muss der Vermieter, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern , ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich , aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
12
Ob der von der Klägerin geforderte Tarif von 156 € pro Tag deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, steht nicht fest, weil das Berufungsgericht zum Normaltarif keine Feststellungen getroffen hat.
13
4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Ob der von der gegnerischen Haftpflichtversicherung der Beklagten erstattete Betrag von 60 € pro Tag dem Normaltarif entspricht, kann dem bisherigen Parteivortrag nicht mit Sicherheit entnommen werden. Der Vortrag der Parteien war darauf ausgerichtet , zu welchem Normaltarif der Kläger anbietet. Nach der Senatsentscheidung vom 28. Juni 2006 kommt es darauf aber nicht an. Maßgebend ist allein der Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt.
14
Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin:
15
Sollte das Berufungsgericht - nach ergänzendem Vortrag der Parteien - im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu der Überzeugung gelangen, dass der Unfallersatztarif der Klägerin deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, so hätte die Klägerin die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung diesen Tarif möglicherweise nicht erstattet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthalten der schriftliche Aufklärungshinweis und die behaupteten mündlichen Hinweise auf günstigere Tarife keine ausreichende Aufklärung. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass die Beklagte bei Vorauskasse einen günstigeren Tarif erhalten könne, stellt aber keineswegs klar, dass der der Beklagten angebotene Unfallersatztarif von der Haftpflichtversicherung möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet wird.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Gotha, Entscheidung vom 03.11.2003 - 2 C 1034/03 -
LG Erfurt, Entscheidung vom 04.06.2004 - 2 S 3/04 -

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 50/04 Verkündet am:
28. Juni 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bietet der Autovermieter den Unfallgeschädigten ein Fahrzeug zu einem Tarif
an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und
besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen
Tarif übernimmt, muss der Vermieter den Mieter darüber aufklären.
Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter mehrere oder nur einen einheitlichen
Tarif anbietet. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, den Mieter deutlich
und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung
den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang
erstatten werde.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - LG Darmstadt
AG Lampertheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 18. Februar 2004 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Lampertheim vom 28. Oktober 2003 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Mit Vertrag vom 26. April 2003 mietete der Sohn des Beklagten nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von ihm geführte Pkw des Beklagten beschädigt worden war, von der Klägerin für die Zeit vom 26. April 2003 bis 10. Mai 2003 einen Ersatzwagen zum so genannten Standardtarif von 136,40 € zuzüglich Mehrwertsteuer je Tag. Die Klägerin stellte 2.137,95 € in Rechnung. Dabei legte sie ihren "Standard-Tarif - 18 Tage" zugrunde, einen Pauschaltarif, der insgesamt für den Beklagten etwas günstiger war als die Berechnung nach dem Einzeltagessatz für 14 Tage. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 746,97 €. Die Differenz verlangt die Klägerin vom Beklagten, der sich darauf beruft, die Klägerin habe vor Abschluss des Mietvertrages nicht darüber aufgeklärt , dass eine Anmietung zu einem erheblich günstigeren Tarif möglich gewesen sei, dessen Ersatz von der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht abgelehnt worden wäre. Wegen der Verletzung dieser Pflicht stehe ihm ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er aufrechne.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 1.390,98 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung ist, abgesehen von einer Reduzierung des Zinszeitraums um einen Tag, erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Klageabweisung.
5
1. Das Landgericht hat ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Mietvertrag zustande gekommen. Dem Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch , mit dem er gegen den Mietzinsanspruch der Klägerin aufrechnen könnte , nicht zu. Eine Pflichtverletzung der Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages sei nicht erkennbar. Die Preiskalkulation der Mietwagenunternehmer bei Unfallersatzwagen sei zwar nicht immer nachvollziehbar. Auch im vorliegenden Fall stimme der Vortrag der Klägerin zur Rechtfertigung des Tarifs bei Unfallersatzwagen nicht mit den tatsächlichen Umständen überein.
6
Neben dem Standardtarif bei Unfallersatzwagen gebe es noch einen günstigeren Tarif, wenn der Kunde mit Kreditkarte zahle. Weitere Vergünstigungen gebe es nicht. Auf die Möglichkeit der Zahlung mit Kreditkarte müsse der Vermieter nicht hinweisen. Grundsätzlich treffe die Parteien die Pflicht, sich gegenseitig über die Umstände aufzuklären, die allein der einen Partei bekannt und für die andere Partei sowie den Vertragsschluss erkennbar von Bedeutung seien. Der Umfang der Aufklärungspflicht hänge dabei von den Umständen des Einzelfalls und den Grundsätzen von Treu und Glauben ab. Zwar verhalte sich der Vermieter vertragswidrig, wenn er trotz ausdrücklicher Frage des Geschädigten , ob eine Vergünstigung bei Bar- oder Kreditzahlung möglich sei, nicht oder wahrheitswidrig antworte. Ungefragt müsse er den Kunden aber nicht darauf hinweisen, dass bei einer Zahlung mittels Kreditkarte der Mietpreis günstiger werde. Eine solche Hinweispflicht könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil bei der Anmietung eines Unfallersatzwagens der Einsatz der Kreditkarte des Geschädigten nicht die Regel sei. Die Anmietung erfolge, weil das Fahrzeug des Anmietenden durch einen Dritten geschädigt worden sei. Der Geschädigte gehe also davon aus, dass er einen Ersatzanspruch gegen den Dritten habe und deshalb letztlich für die Kosten der Ersatzanmietung nicht aufkommen müsse. Bei Einsatz der Kreditkarte müsste der Geschädigte in Vorleistung treten und würde dem Mietwagenunternehmer sein Konto zum unbegrenzten Zugriff zur Verfügung stellen.
7
Dass der Beklagte die Mietwagenkosten in voller Höhe bezahlen müsse, sei nur auf den ersten Blick unbillig. Er könne nämlich von der Haftpflichtversicherung den vollen Ersatz der von ihm zu zahlenden Mietwagenkosten verlangen. Der Preiskampf zwischen den Versicherern und den Mietwagenunterneh- mern könne nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden. Der bei einem Unfall Geschädigte könne deshalb einen Mietwagen zu dem ihm angebotenen Tarif anmieten, wenn er für ihn nicht erkennbar außerhalb des Üblichen liege. Da der Geschädigte dem Unfallgegner gegenüber nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoße, müsse die gegnerische Haftpflichtversicherung die angefallenen Mietwagenkosten als den zur Schadenswiedergutmachung erforderlichen Geldbetrag erstatten.
8
Ein Hinweis auf billigere eigene Internet-Angebote müsse das Mietwagenunternehmen schon wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Vertriebswege und der regelmäßigen Forderung nach Kreditkartenzahlung bei einer Internet -Buchung nicht geben. Die Frage brauche aber nicht entschieden zu werden , da die Klägerin erst seit Mai 2003 über das Internet anbiete.
9
Schließlich müsse der Kunde auch nicht auf mögliche Schwierigkeiten mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung hingewiesen werden. Abgesehen davon, dass dem Vermieter der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemacht werden könne, müsse der Mieter selbst dafür sorgen, ob und wie er den Schaden ersetzt erhalte. Ein solcher Hinweis wäre nichtssagend , weil Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung immer möglich seien und offensichtlich auch nicht alle Haftpflichtversicherer die Bezahlung der geltend gemachten Mietwagenkosten ablehnten.
10
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
11
a) Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter eines Unfallersatzwagens besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig.
12
Eine Aufklärungspflicht wird unter anderem bejaht von OLG Koblenz (NJW-RR 1992, 820); OLG Karlsruhe (DAR 1993, 229, 230); OLG Frankfurt (NZV 1995, 108, 109); OLG Stuttgart (NZV 1999, 169); LG Frankfurt (NZV 1996, 34); LG Regensburg (Urteil vom 7. Oktober 2003 - 2 S 191/03 - NJW-RR 2004, 455); LG Dresden (Urteil vom 15. Dezember 2005 - 8 S 122/05 -); LG Gießen (zfs 1994, 287); LG Bonn (Urteil vom 24. Mai 2004, VersR 2004, 1284); AG Frankfurt (NJW-RR 1999, 708); AG Düsseldorf (NJW-RR 2001, 133, 134); AG Ettlingen (Urteil vom 11. Februar 2004 - 3 C 202/03 -); AG Hamburg -Harburg (Urteil vom 16. April 2003 - 647 C 508/02 -); AG Karlsruhe (Urteil vom 16. September 2003 - 5 C 138/03 -); AG Heidelberg (Urteil vom 5. Februar 2004 - 23 C 504/03 -); MünchKomm/Emmerich BGB 4. Aufl. § 311 Rdn. 141 m.w.N.; Geigel/Rixecker Der Haftpflichtprozess 24. Aufl. § 3 Rdn. 67; Notthoff VersR 1996, 1200, 1205 und 1998, 144, 146 m.w.N.; Etzel/Wagner VersR 1993, 1192, 1193, 1195; Griebenow NZV 2003, 353, 356, 357 m.w.N.; Freyberger MDR 2005, 301, 303.
13
Eine Aufklärungspflicht verneinen OLG Karlsruhe (OLG-Report 2004, 535); LG Heidelberg (Urteil vom 23. September 2004 - 1 S 7/04 -); LG Karlsruhe (Urteil vom 5. April 2004 - 5 S 203/01 -); LG Erfurt (Urteil vom 4. Juni 2004 - 2 S 3/04 -); LG Berlin (Urteil vom 17. Juli 2003 - 51 S 39/03); LG Halle (Urteil vom 7. August 2003 - 2 S 52/03 -); LG Düsseldorf (Urteil vom 19. September 2003 - 20 S 36/03 - Schaden-Praxis 2004, 53); LG Freiburg (Urteil vom 9. Februar 2004 - 1 O 131/03 -); Körber (NZV 2000, 68 f.); Göhringer (zfs 2004, 437 f.).
14
Der Bundesgerichtshof konnte die Frage einer Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter eines Unfallersatzfahrzeuges bisher offenlassen (BGHZ 132, 373 ff.). Sie ist nunmehr zu entscheiden.
15
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteil vom 28. April 2004 - XII ZR 21/02 - NJW 2004, 2674, 2675) obliegt dem Vermieter grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die - für den Vermieter erkennbar - von besonderer Bedeutung für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Das Bestehen der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit. Allerdings ist der Vermieter nicht gehalten, dem Mieter das Vertragsrisiko abzunehmen und dessen Interessen wahrzunehmen. Der Mieter muss selbst prüfen und entscheiden, ob der beabsichtigte Vertrag für ihn von Vorteil ist oder nicht. Es ist seine Sache, sich umfassend zu informieren und zu klärungsbedürftigen Punkten in den Vertragsverhandlungen Fragen zu stellen.
16
c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Aufklärungspflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter, der nach einem Unfall ein Ersatzfahrzeug anmietet , im Grundsatz zu bejahen.
17
aa) Auf dem Markt für Mietwagen herrscht in Deutschland eine Tarifspaltung. Wer aus privaten oder geschäftlichen Gründen einen Pkw mietet und die Miete selbst zahlt, hat dafür den so genannten "Normaltarif" zu entrichten. Benötigt der Geschädigte dagegen nach einem Unfall einen Ersatzwagen, wird ihm von zahlreichen Vermietern ein so genannter "Unfallersatztarif" angeboten (Griebenow aaO 353). Dieser übersteigt meist erheblich den für Selbstzahler angebotenen "Normaltarif". Derzeit liegen die Unfallersatztarife durchschnittlich um mindestens 100 % über dem örtlichen "Normaltarif" (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. § 249 Rdn. 31; Freyberger aaO). Zuschläge bis zu 200 % über dem "Normaltarif" sind keine Seltenheit (vgl. Griebenow aaO 353). Selbst Überhöhungen bis zu 465 % kommen vor (Palandt/Heinrichs aaO m.w.N.).
18
bb) Ein durchschnittlicher Unfallgeschädigter gerät durch einen Verkehrsunfall nicht nur unvermittelt, sondern in aller Regel erstmals in eine Situation , einen Pkw anmieten zu müssen. Hält er den Unfallgegner für verantwortlich , geht er davon aus, dass dessen Haftpflichtversicherung die Kosten eines Mietwagens in vollem Umfang übernimmt. Er wird in dieser Auffassung bestärkt , wenn ihm der Vermieter einen Pkw zum "Unfallersatztarif" anbietet. Diese Anmietung zum "Unfallersatztarif" kann sich nachträglich als nachteilig für den Mieter herausstellen. Lehnt die gegnerische Haftpflichtversicherung die Regulierung nach dem "Unfallersatztarif" ab, weil der Mieter mit der Vereinbarung dieses Tarifs gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe, muss der Mieter die Differenz zum "Normaltarif" aus eigener Tasche bezahlen. Ein Nachteil zu Lasten des Mieters kann auch dann entstehen, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung den Haftungsanteil des Mieters am Unfall anders bewertet und den Schaden des Mieters nicht zu 100 % ersetzt. Der Mieter muss in diesen Fällen die auf ihn entfallende Quote aus dem "Unfallersatztarif" selbst tragen. Hätte er zum "Normaltarif" gemietet, hätte er nur die Quote aus dem "Normaltarif" selbst zu tragen.
19
cc) Diese Tarifspaltung und die ihm damit drohenden Nachteile sind dem Mieter in der Regel nicht bekannt. Er geht vielmehr davon aus, dass der "Unfallersatztarif" gerade für seine Situation entwickelt wurde, von der gegnerischen Haftpflichtversicherung akzeptiert wird und für ihn insgesamt eine günstige Regelung darstellt. Er weiß regelmäßig auch nicht, dass er, falls sein Verursachungsbeitrag nachträglich anders gewertet wird, er bei Anmietung zum "Normaltarif" einen geringeren Nachteil hätte. Demgegenüber weiß der Vermieter , dass die Tarifspaltung zu den genannten Nachteilen führen kann, und er weiß auch, dass dem Mieter weder die Tarifspaltung noch die ihm daraus drohenden Gefahren vertraut sind, sondern dieser davon ausgeht, dass die Mietwagenkosten vollständig ersetzt werden, zumindest ihm aber kein Nachteil entsteht. Mit dem Autovermieter und dem Unfallgeschädigten stehen sich somit zwei ungleiche Vertragspartner gegenüber. Treu und Glauben gebieten es in einem solchen Fall, dass der (wissende) Vermieter den (unwissenden) Mieter aufklärt.
20
dd) Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Haftpflichtversicherer sei zur Erstattung der hohen Unfallersatztarife verpflichtet, so dass schon deshalb keine Aufklärungspflicht bestehen könne. Dem Vermieter könne nicht zugemutet werden, auf das rechtswidrige Verhalten der Versicherer hinzuweisen, um sich dadurch letztlich selbst zu schaden. Dem Mieter sei kein Schaden entstanden , weil er in jedem Fall Anspruch auf Erstattung des Unfallersatztarifs habe.
21
Diese Auffassung mag eine gewisse Berechtigung gehabt haben, weil die Entscheidung des VI. Zivilsenats von 1996 (BGHZ 132 aaO) in der Praxis dahin ausgelegt wurde, der Geschädigte könne einen Unfallersatztarif stets und uneingeschränkt ersetzt verlangen (vgl. Freyberger aaO S. 302). Nach der neueren Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zu den Unfallersatztarifen (Urteile vom 26. Oktober 2004 - VI ZR 300/03 - NJW 2005, 135 ff.; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 - NJW 2005, 1041 ff.; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 160/04 - NJW 2005, 1043 ff.; vom 19. April 2005 - VI ZR 37/04 - BGHZ 163, 19 ff. und vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - NJW 2006, 1506 ff.) ist der Haftpflichtversicherer gerade nicht ohne Weiteres zur Erstattung von über dem "Normaltarif" liegenden "Unfallersatztarifen" verpflichtet. Vielmehr kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 - VI ZR 117/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
22
Einer Aufklärungspflicht steht auch nicht das weitere Argument der Vermieter entgegen, dass die Haftpflichtversicherer bisher die "Unfallersatztarife" beglichen hätten.
23
Seit 1992 bestand zwischen Mietwagenunternehmen und Versicherungswirtschaft Streit darüber, ob die Haftpflichtversicherung den so genannten "Unfallersatztarif" zu ersetzen hatte (Freyberger aaO S. 301). Am 7. Mai 1996 entschied der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGHZ 132, 373 f.), dass der Geschädigte dadurch, dass er nach einem Unfall ein Ersatzfahrzeug zum "Unfallersatztarif" anmietet, nicht gegen die Pflicht verstoße, den Schaden gering zu halten, vielmehr seien "im Grundsatz" die durch den Unfallersatztarif entstandenen Kosten erforderlich im Sinne von § 249 BGB. In der Folge entwickelte sich eine Regulierungspraxis, die den Unfallersatztarif überwiegend als erstattungsfähig ansah. Die Frage, ob der Geschädigte auch Zugriff auf preiswertere Tarife hatte, wurde häufig nicht mehr gestellt (Freyberger aaO 301).
Gleichwohl kam es auch nach dieser Entscheidung immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Regulierung von "Unfallersatztarifen". Die Instanzgerichte haben es oft abgelehnt, erheblich über dem "Normaltarif" liegende "Unfallersatztarife" als erstattungsfähig anzusehen (vgl. LG Bonn, Urteil vom 24. Mai 2004, VersR 1284; LG Freiburg, Urteil vom 11. März 1997, NJW-RR 1997, 1069; LG Bonn, Urteil vom 25. Februar 1998, NZV 1998, 417; AG Frankfurt, Urteile vom 20. November 1998, NJW-RR 1999, 708 und vom 6. September 2001, NZV 2002, 83; AG Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2000, NJW-RR 2001, 133) Nach den Feststellungen des LG Regensburg (Urteil vom 7. Oktober 2003 aaO) wird die Durchsetzbarkeit von Unfallersatztarifen in der Praxis "inzwischen sehr skeptisch bis ablehnend" beurteilt.
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2. Umstritten ist der Umfang der Aufklärungspflicht.
25
a) Das Oberlandesgericht Koblenz (aaO) hat 1992 eine Pflicht des Autovermieters bejaht, potentielle Kunden über die Art des gewünschten Vertrages zu befragen und ihnen alle für ihre Entscheidungen wesentlichen Fakten offen zu legen. Der Kunde sei ungefragt auf mögliche Abrechnungsschwierigkeiten gegenüber Versicherungen im Falle der Anmietung zu einem "Unfallersatztarif" und auf im Vergleich zu diesem Tarif günstigere eigene Tarife des Autovermieters aufmerksam zu machen. Diese Entscheidung hat in Rechtsprechung und Literatur überwiegend Zustimmung gefunden (Nachweise bei Körber NZV 2000, S. 68, 75). Auch der 32. Deutsche Verkehrsgerichtstag 1994 hat empfohlen, den Autovermietern eine Pflicht zur Aufklärung über ihre verschiedenen Tarife aufzuerlegen. Zur Begründung wird angegeben, dass es dem durchschnittlichen Mietwagenkunden nur infolge einer solchen Information möglich sei, Kenntnis über die Möglichkeiten des Autovermietungsmarktes zu erlangen (Körber aaO). Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 1996 (aaO), in der der VI. Zivilsenat die Frage, ob den Vermieter eine Aufklärungs- pflicht treffe, offen gelassen hat, wird der Umfang der Aufklärungspflicht von den Instanzgerichten sehr unterschiedlich beurteilt. Es hat sich ein breites Spektrum an Auffassungen entwickelt.
26
Das Landgericht Bonn (aaO) ist der Auffassung, der gewerbliche Vermieter müsse den Mieter insbesondere darauf hinweisen, dass der angebotene Unfallersatztarif über den Sätzen liege, die von den Haftpflichtversicherungen übernommen würden; zugleich müsse er über seine weiteren günstigeren Tarife informieren. Nach Meinung des Amtsgerichts Ettlingen (aaO) muss der Autovermieter darauf hinweisen, dass neben dem Unfallersatztarif ein billigerer Normaltarif besteht. Nach Meinung des Landgerichts Regensburg (aaO) wissen die Autovermieter aufgrund ihrer Erfahrungen mit Haftpflichtversicherungen und Gerichten, dass die Durchsetzbarkeit von Unfallersatztarifen inzwischen sehr skeptisch bis ablehnend beurteilt werde. Auf bevorstehende Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Mietwagenrechnung müsse der Pkw-Vermieter deshalb vor Abschluss des Mietvertrages den Mieter hinweisen. Insbesondere müsse er ihn auch darüber informieren, dass es "Normaltarife" gebe, die vom "Unfalltarif" erheblich nach unten abwichen. Das Amtsgericht Frankfurt (NJW-RR 1999, 708) hat entschieden, der Vermieter müsse, wenn er wisse, dass der von ihm konkret angebotene Mietwagentarif über den Sätzen liege, die von einer Haftpflichtversicherung ohne Abzug akzeptiert würden, den Unfallgeschädigten auf die möglicherweise entstehenden Schwierigkeiten bei der Erstattung hinweisen und den Kunden von sich aus über günstigere Tarife informieren, und zwar unabhängig davon, ob er selber günstigere Normal- oder Pauschaltarife anbieten könne. Das Amtsgericht Düsseldorf (aaO) ist der Ansicht, der Vermieter müsse den Mieter auf die Besonderheiten des gespaltenen Tarifmarkts hinweisen und ihn darauf aufmerksam machen, dass die Versicherung des Unfallgegners möglicherweise nicht ohne Weiteres bereit sein werde, den angebotenen Unfallersatztarif zu akzeptieren.
27
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2004 aaO) richtet sich nicht nur das Bestehen, sondern auch der Umfang der Aufklärungspflicht nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit. Allerdings ist der Vermieter nicht gehalten, dem Mieter das Vertragsrisiko abzunehmen und dessen Interessen wahrzunehmen. Der Mieter muss selbst prüfen und entscheiden , ob der beabsichtigte Vertrag für ihn von Vorteil ist oder nicht.
28
c) Das bedeutet, dass die Interessen des Vermieters gegen die des Mieters abzuwägen sind. Neben dem Bedürfnis des Unfallgeschädigten nach Information über die Angebote des Vermieters und den gespaltenen Mietmarkt muss berücksichtigt werden, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, auf sein jeweils günstigstes Angebot aufmerksam zu machen. Müsste er gar, wie vom Amtsgericht Frankfurt gefordert (NJW-RR 1999, 708), auf günstigere Angebote der Konkurrenz hinweisen, wäre er gezwungen, seine Preise entsprechend anzupassen oder als Anbieter auszuscheiden. In der Marktwirtschaft hat aber derjenige, der den Vertrag schließt, sich selbst zu vergewissern, ob er für ihn von Vorteil ist oder nicht. Die Aufgabe der Preiskontrolle ist in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB primär dem Markt und dem darauf bestehenden Wettbewerb als "Entdeckungsverfahren" zugewiesen (Körber aaO S. 75). Eine Offenbarungspflicht des Leistungsanbieters über seine Preisgestaltung und diejenige der Mitbewerber besteht in der Marktwirtschaft gerade nicht (Schiemann JZ 1996, 1077, 1078).
29
d) Der Senat hält es deshalb nicht für erforderlich, dass der Autovermieter auf günstigere (eigene) oder gar fremde Angebote hinweist. Lediglich dann, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und dadurch die Gefahr besteht , dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, muss er den Mieter darüber aufklären. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter mehrere oder - wie im vorliegenden Fall von ihm behauptet - nur einen einheitlicher Tarif anbietet. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische ) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet (entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in einem solchen Hinweis kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz, weil der Hinweis nicht der Rechtsverfolgung gegenüber dem Haftpflichtversicherer dient); es ist dann Sache des Mieters, sich kundig zu machen, etwa indem er Kontakt zur Haftpflichtversicherung aufnimmt, weitere Angebote einholt oder sich anwaltlich beraten lässt.
30
3. Danach steht dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 1, 249 BGB) in Höhe der Klageforderung zu, mit dem er wirksam gegen diese aufgerechnet hat.
31
Zwar hat das Landgericht keine Feststellungen zum "Normaltarif" getroffen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten liegt der hier geltend gemachte Mietzins deutlich über dem auf dem örtlich relevanten Markt bestehenden Normaltarif. Die Klägerin hätte den Beklagten deshalb darauf hinweisen müssen, dass die Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang ersetzen werde. Es ist davon auszugehen , dass sich der Beklagte "aufklärungsrichtig" verhalten hätte (vgl. Palandt /Heinrichs aaO § 280 Rdn. 39 unter Hinweis auf BGHZ 72, 92, 106; 124, 151, 159). Die Unsicherheit darüber, zu welchem Preis der Beklagte bei ordnungsgemäßer Aufklärung einen Wagen gemietet hätte, geht zu Lasten des Autovermieters (Körber aaO S. 76). Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte einen Wagen zu einem günstigeren, vom Haftpflichtversicherer nicht beanstandeten Tarif angemietet hätte mit der Folge, dass die Klageforderung nicht entstanden wäre. Der Beklagte kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des Vermieters gestanden hätte (Palandt/Heinrichs aaO § 311 Rdn. 56).
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Vorinstanzen:
AG Lampertheim, Entscheidung vom 28.10.2003 - 3 C 1002/03 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.02.2004 - 7 S 165/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 72/04 Verkündet am:
10. Januar 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, Ba, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2
Zur Aufklärungspflicht des Autovermieters über die Erstattungsfähigkeit von
Unfallersatztarifen (Fortführung des Senatsurteils vom 28. Juni 2006 - XII ZR
50/04 - NJW 2006, 2618).
BGH, Versäumnisurteil vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 - LG Karlsruhe
AG Ettlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 5. April 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ettlingen vom 3. August 2001 wird zurückgewiesen. Der Klägerin werden die Kosten der Rechtsmittel (einschließlich der Nebenintervention) auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Mit Vertrag vom 19. Juni 2000 mietete der Beklagte, vertreten durch seinen Bruder, nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von ihm geführte Pkw beschädigt worden war, von der Klägerin für die Dauer von 15 Tagen einen Ersatzwagen zum Tagessatz von 258 DM (131,90 €). Auf die Mitteilung des Bru- ders des Beklagten, dass dieser den Unfall nicht verschuldet habe, erklärten Mitarbeiter der Klägerin, dass es mit der Regulierung der Mietwagenkosten keinerlei Probleme geben werde. Bei Anmietung des Fahrzeugs händigten sie dem Bruder des Beklagten einen Aufklärungshinweis aus, der u.a. folgenden Passus enthält: "... Unser Service umfasst ... die zur Verfügungstellung eines Mietwagens zu den marktüblichen allgemein anerkannten Preisen ... ... Sollte die Versicherung unserer Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung nicht nachkommen, ist es einzig und allein Ihre Angelegenheit, sich um die Durchsetzung Ihrer Forderung auf Ausgleich der Mietwagenkosten bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu bemühen; Sie sind zum Ausgleich unserer Rechnung verpflichtet".
3
Mit Rechnung vom 5. Juli 2000 machte die Klägerin einen Betrag von 3.759,56 DM (1.922,23 €) geltend. Die gegnerische Haftpflichtversicherung, die im Rechtsstreit dem Beklagten als Streithelferin beigetreten ist, hat 1.675 DM (856,41 €) auf die Rechnung bezahlt. Die Differenz von 2.084,65 DM (1.065,86 €) macht die Klägerin mit ihrer Klage geltend. Der Beklagte ist der Meinung, wegen Verletzung der Aufklärungspflicht sei er zur Verweigerung der Zahlung berechtigt. Hilfsweise erklärt er die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Schadensersatz.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von 1.065,82 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Gegen die im Verhandlungstermin nicht erschienene Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Bestätigung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
7
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der von den Parteien geschlossene Mietvertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) unwirksam. Sittenwidrigkeit sei nicht anzunehmen, wenn sich die vereinbarte Gegenleistung im Rahmen des normalerweise auf dem Markt üblichen halte. Das sei vorliegend der Fall. Die Vermietung von Autos zu einem Unfallersatztarif und zu einem Normaltarif seien unterschiedliche Leistungen, die auf unterschiedlichen Märkten angeboten und nachgefragt würden. Es habe sich ein gesonderter Markt für die Vermietung von Unfallersatzwagen herausgebildet, der eigenen Regeln folge und ein vom Normaltarif abweichendes Preisniveau habe. Die hier vereinbarten Unfallersatztarife hielten sich unstreitig im Rahmen der marktüblichen Unfallersatztarife.
8
Sittenwidrigkeit sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil zwischen dem Autovermieter und dem Mieter eines Unfallersatzwagens regelmäßig ein erhebliches Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition sowie ein Informationsgefälle hinsichtlich der verschiedenen Tarife bestünden und der Autovermieter das mangelnde Interesse des Unfallgeschädigten an den Mietpreisen (wegen seines Anspruches gegenüber dem Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer ) kennen würde und damit letztlich ein Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen werde. Zum einen sei nämlich der Geschädigte selbst unmittelbar durch den Mietvertrag zur Zahlung verpflichtet und die Erstattungspflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung sei zunächst nur eine ungesicherte Erwartung des Geschädigten. Zum anderen könne von einem besonderen Ungleichgewicht nicht ausgegangen werden. Dass der Unfallgeschädigte regelmäßig die Tarifunterschiede zwischen dem Normal- und dem Unfallersatzgeschäft nicht kenne, führe nicht zu einem im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB beachtlichen Ungleichgewicht. In allen Marktbereichen gebe es zwischen Anbieter und Abnehmer ein gewisses Informationsgefälle. Es stehe dem Mietwagenkunden frei, sich über die verschiedenen Angebote auf dem Markt und die verschiedenen Teilmärkte zu informieren.
9
Der Beklagte könne dem Mietzinsanspruch auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht entgegenhalten. Eine allgemeine Aufklärungspflicht über das Bestehen eines gespalteten Mietwagenmarktes und die Existenz von speziellen Unfallersatztarifen gegenüber dem Normaltarif gebe es nicht. Die geltende marktwirtschaftliche Ordnung gestatte es dem Einzelnen grundsätzlich, seine Preise frei zu gestalten und den bestmöglichen Gewinn zu erstreben.
10
Auch die Erklärung der Klägerin, bei der Regulierung der Mietwagenkosten gebe es mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung, wenn zu dem angebotenen Tarif abgeschlossen werde, keinerlei Probleme, führe nicht zu einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin. Die Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin sei objektiv richtig. Der Unfallgeschädigte könne nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, soweit die Kosten eines gemieteten Ersatzfahrzeuges zu ersetzen seien, grundsätzlich auch die Mietwagenkosten ersetzt verlangen, die sich aufgrund eines vom Autovermieter angebotenen Ersatztarifes ergäben. Soweit einzelne Haftpflichtversicherer eine solche Ersatzpflicht bestritten, geschehe dies in Abweichung von einer inzwischen absolut üblichen Rechtspraxis und entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Derartiges brauche ein Autovermieter nicht zu beachten; soweit er bei der Anmietung eines Ersatzwagens nach einem Unfall dem Kunden Rechtsauskünfte erteile, könne er von der gängigen Rechtsprechung ausgehen. Im Übrigen sei es nicht zutreffend, dass einzelne Haftpflichtversicherungen, die sich gegen die gegenüber dem Normaltarif teureren Unfallersatztarife wehrten, insoweit bei der Schadensregulierung gegenüber dem Unfallgeschädigten Einwendungen erheben würden; vielmehr sei die Strategie dieser Versicherungen derzeit die, dass sie versuchten, in Höhe der Differenz zwischen Unfall- und Normaltarifen beim Autovermieter Regress zu nehmen. Hierzu verlangten sie vom Unfallgeschädigten , dass er in entsprechender Anwendung des § 255 BGB einen möglichen Ersatzanspruch gegen den Autovermieter abtrete.
11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand.
12
2. Ohne Rechtsverstoß ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig ist. Die lediglich pauschale Rüge, es werde nicht nur die unterlegene Verhandlungsposition des Unfallgeschädigten , sondern insbesondere auch die Situation des Haftpflichtversicherers in anstößiger Weise ausgenutzt, zeigt keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich für die Anmietung von Unfallersatzwagen ein gesonderter Markt entwickelt hat, auf dem dem Geschädigten ein Pkw zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif zur Miete angeboten wird. Die Besonderheiten dieses Tarifes können mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnli- ches) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - NJW 2006, 1506). Die Revision zeigt nicht auf, dass bei Berücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
13
Sittenwidriges Verhalten zu Lasten der gegnerischen Haftpflichtversicherung scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, schon deshalb aus, weil der Beklagte entsprechend dem Aufklärungshinweis der Vermieterin unabhängig von der Erstattung durch die Haftpflichtversicherung selbst zur Zahlung des vollen Unfallersatztarifes verpflichtet sein sollte. Daneben scheitert die Annahme der Sittenwidrigkeit auch an der fehlenden Kenntnis des Mieters. Sittenwidriges Verhalten durch vertragliche Vereinbarung zu Lasten Dritter setzt nämlich voraus, dass beide Vertragsparteien die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen (vgl. Palandt/Heinrich BGB 65. Aufl. § 138 Rdn. 40; MünchKomm/Armbrüster BGB 5. Aufl. § 138 Rdn. 96).
14
3. Mit Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass die Klägerin der Beklagten eine fehlerhafte Auskunft erteilt hat.
15
Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618). Zwar muss der Vermieter nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, und zwar weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern , ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Der Vermieter muss aber dann, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und deshalb die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
16
Im Streitfall hat die Klägerin - unabhängig davon, ob für den Zeitpunkt des Vertragschlusses bereits eine Aufklärungspflicht zu bejahen ist - den Beklagten jedenfalls durch den unzutreffenden Hinweis, es gebe mit der Haftpflichtversicherung keinerlei Probleme, zum Abschluss des Mietvertrages mit dem hier deutlich über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif veranlasst.
17
a) Soweit das Berufungsgericht diese Erklärung dahin auslegt, gegenüber der Haftpflichtversicherung bestehe ein Erstattungsanspruch, kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar kann das Revisionsgericht die Auslegung des Tatrichters nur darauf überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGHZ 135, 269, 273). Ein solcher Fall liegt hier jedoch vor. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist bereits mit dem Wortlaut der Erklärung nicht vereinbar. Die Klägerin hat die Regelung als problemlos bezeichnet. Eine Auslegung dahin, dass dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zustehe, findet im Wortlaut der Erklärung keinen Anhalt. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung entspricht auch nicht dem Gebot einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 115, 1, 5; 131, 136, 138). Für den Beklagten war in der gegebenen Situation entscheidend, ob die Haftpflichtversicherung die im beabsichtigten Mietvertrag vorgesehene Miete ohne weiteres übernehmen würde, nicht aber, ob er einen - eventuell erst mit gerichtlicher Hilfe durchsetzbaren - Anspruch auf Er- stattung hat. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Erklärung des Vermieters selbst auslegen (BGHZ 124, 39, 45). Sie war dahin zu verstehen, dass die Haftpflichtversicherung die Miete ohne weiteres - jedenfalls ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - übernehme.
18
b) Die Erklärung war falsch und erfolgte wider besseres Wissen. Die Streithelferin hat vorgetragen, die Klägerin habe gewusst, dass die Streithelferin die Unfallersatztarife der Klägerin nicht akzeptiere; angesichts der Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten allein beim Amtsgericht Karlsruhe von Unfallgeschädigten mit der Streithelferin wegen nur teilweise regulierter Mietwagenkosten gebe es keinen Autovermieter in Karlsruhe, der nicht schon Erfahrung mit der Regulierungspraxis der Streithelferin gehabt habe. Es sei gerichtsbekannt, dass auch die Klägerin in der Vergangenheit in entsprechende Rechtsstreitigkeiten verwickelt gewesen sei. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Sie hat im Gegenteil in ihrer Klagebegründung ausgeführt (S. 3): "Vom gegnerischen Haftpflichtversicherer, es handelt sich um die gerichtsbekannte W. Versicherungs AG, wurden - wie üblich und gerichtsbekannt - die von der Klägerin dem Beklagten berechneten Mietwagenkosten nur teilweise zum Ausgleich gebracht."
19
c) Ob der Beklagte, wie das Berufungsgericht meint, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7. Mai 1996 - BGHZ 132, 373 f.) einen Anspruch auf Vollerstattung des Unfallersatztarifes der Klägerin hatte, ist nicht entscheidungserheblich (zur Regulierungspraxis nach Erlass dieser Entscheidung vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - aaO). Maßgebend ist hier allein, dass die Streithelferin die volle Erstattung verweigerte und die Klägerin dies aufgrund der bisherigen Regulierungspraxis der Streithelferin auch vorhersehen konnte, aber den Beklagten darüber falsch informierte.
20
d) Danach steht dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 1, 249 BGB) zu, den er der geltend gemachten Mietzinsforderung entgegenhalten kann. Denn nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen hätte der Beklagte ohne die Fehlinformation ein Kraftfahrzeug zum Normaltarif angemietet und sich damit Kosten in Höhe der Klageforderung erspart.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 03.08.2001 - 2 C 101/01 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.04.2004 - 5 S 203/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 125/04 Verkündet am:
7. Februar 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, Ba, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2
Zur Aufklärungspflicht des Autovermieters über die Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen
(Fortführung der Senatsurteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR
50/04 - NJW 2006, 2618 und vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 -).
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - XII ZR 125/04 - LG Erfurt
AG Gotha
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Fuchs, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 4. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen die Beklagte rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von der Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete diese für die Dauer von fünf Tagen einen Ersatzwagen zu einem Unfallersatztarif von 156,90 € pro Tag zuzüglich MWSt. Mit dem schriftlichen Mietvertrag unterzeichnete sie einen "Aufklärungshinweis", der u.a. folgenden Passus enthält: "Ich bin darauf hingewiesen worden, dass ich bei Vorauskasse (Euro-Scheck - Intern. Kreditkarte) einen günstigeren Tarif erhalten kann."
3
Mit Rechnung vom 22. Juni 2002 machte die Klägerin einen Betrag von 1.080,39 € geltend. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 300 €. Die Differenz verlangt die Klägerin von der Beklagten.
4
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 780,39 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beklagten stehe kein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu.
7
Soweit es um die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandelte Frage gehe, ob der Autovermieter bei Vermietung eines Unfallersatzwagens ungefragt seine Tarifstruktur mitteilen müsse, folge das Berufungsgericht der von Körber in NZV 2000, 74 ff. vertretenen Auffassung. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn das Verschweigen von Tatsachen gegen Treu und Glauben verstoße und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies setze notwendig ein Informationsgefälle voraus. Das allein reiche aber nicht, um eine Aufklärungspflicht zu begründen. Der in seinem Wissen überlegene Vertragsteil müsse den anderen grundsätzlich nicht von sich aus über alle Umstände aufklären, die für dessen Willensbildung von Bedeutung sein könnten. Vielmehr müsse der gegenläufige Grundsatz berücksichtigt werden, dass derjenige, der einen Vertrag schließe, sich selber darüber zu vergewissern habe, ob dieser für ihn von Vorteil sei oder nicht. Der Anbieter sei grundsätzlich nicht verpflichtet, zum eigenen Schaden oder sogar zum Vorteil seiner Wettbewerber auf günstigere eigene oder gar fremde Angebote hinzuweisen.
8
Eine (weitere) Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmens dahin, dass es bei der Anmietung eines Unfallersatzwagens zu Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung durch die (gegnerische) Haftpflichtversicherung kommen könne, sei bereits deshalb nicht anzunehmen, weil es dem Geschädigten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verwehrt sei, ein Ersatzfahrzeug im Rahmen des sogenannten Unfallersatztarifs anzumieten. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn der vom Autovermieter angebotene Tarif deutlich außerhalb des üblichen Rahmens der Unfallersatztarife liege, was von der Beklagten nicht behauptet werde. Denn nur in diesem Falle laufe der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Gefahr, einen Teil der Mietwagenkosten selbst tragen zu müssen, wenn er keine Preisvergleiche anstelle. Auf Schwierigkeiten, die sich daraus ergäben, dass sich Versicherungen entgegen der BGH-Rechtsprechung weigerten, die erforderlichen Unfallersatzwagenkosten zu begleichen, müsse der Autovermieter nicht hinweisen. Ihm könne nicht auferlegt werden, zum eigenen Schaden auf fremdes Fehlverhalten hinzuweisen und den Geschädigten zu veranlassen, zu einem günstigeren Tarif abzuschließen, obwohl auch der höhere zu erstatten gewesen wäre. Das würde darauf hinauslaufen, den Autovermieter für rechtswidriges Verhalten der Versicherer aus c.i.c. haften zu lassen.
9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand.
10
2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig sei. Mit Urteil vom 10. Januar 2007 (XII ZR 72/04) hat der Senat in einem vergleichbaren Fall darauf abgestellt, dass sich für die Anmietung von Unfallersatzwagen ein gesonderter Markt entwickelt hat, auf dem dem Geschädigten ein Pkw zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif angeboten wird. Die Besonderheiten dieses Tarifes können mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Demzufolge kann nicht ohne Weiteres von einer sittenwidrigen Preisgestaltung ausgegangen werden. Eine Sittenwidrigkeit kann sich grundsätzlich nicht schon daraus ergeben, dass der Unfallersatztarif über dem sogenannten Normaltarif liegt. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob der im Einzelfall verlangte Unfallersatztarif den auf dem Markt üblichen Unfallersatztarif in sittenwidriger Weise übersteigt. Die Revision zeigt nicht auf, dass unter diesen Gesichtspunkten bei Berücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
11
3. Mit Erfolg macht die Revision aber geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Aufklärungspflicht verneint hat. Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618). Zwar muss der Vermieter, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern , ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich , aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
12
Ob der von der Klägerin geforderte Tarif von 156 € pro Tag deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, steht nicht fest, weil das Berufungsgericht zum Normaltarif keine Feststellungen getroffen hat.
13
4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Ob der von der gegnerischen Haftpflichtversicherung der Beklagten erstattete Betrag von 60 € pro Tag dem Normaltarif entspricht, kann dem bisherigen Parteivortrag nicht mit Sicherheit entnommen werden. Der Vortrag der Parteien war darauf ausgerichtet , zu welchem Normaltarif der Kläger anbietet. Nach der Senatsentscheidung vom 28. Juni 2006 kommt es darauf aber nicht an. Maßgebend ist allein der Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt.
14
Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin:
15
Sollte das Berufungsgericht - nach ergänzendem Vortrag der Parteien - im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu der Überzeugung gelangen, dass der Unfallersatztarif der Klägerin deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, so hätte die Klägerin die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung diesen Tarif möglicherweise nicht erstattet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthalten der schriftliche Aufklärungshinweis und die behaupteten mündlichen Hinweise auf günstigere Tarife keine ausreichende Aufklärung. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass die Beklagte bei Vorauskasse einen günstigeren Tarif erhalten könne, stellt aber keineswegs klar, dass der der Beklagten angebotene Unfallersatztarif von der Haftpflichtversicherung möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet wird.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Gotha, Entscheidung vom 03.11.2003 - 2 C 1034/03 -
LG Erfurt, Entscheidung vom 04.06.2004 - 2 S 3/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 53/05 Verkündet am:
27. Juni 2007
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, Ba, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2
Zur Aufklärungspflicht des Vermieters bei Vermietung eines Unfallersatzfahrzeuges
(im Anschluss an das Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 -
NJW 2006, 2618).
BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 - XII ZR 53/05 - LG Hildesheim
AG Peine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§ 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 16. Mai 2007 am 27. Juni
2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, die
Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 25. Februar 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Autovermieter, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der vom Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete dieser vom Kläger für die Dauer von 14 Tagen einen Ersatzwagen zum Unfallersatztarif von 126,94 € (einschließlich MWSt) pro Tag.
3
Mit Rechnung vom 11. Dezember 2003 machte der Kläger einen Betrag von 1.777,12 € geltend. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 714 €. Die Differenz von 1.063,12 € verlangt der Kläger vom Beklagten.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der restliche Mietzinsanspruch sei durch Aufrechnung erloschen. Aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag stehe dem Kläger die beanspruchte Miete grundsätzlich zu, auch wenn über die genaue Höhe der Miete bei Vertragschluss nicht gesprochen worden sei. Der Vertrag verstoße nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG und sei auch nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB.
7
Dem Beklagten stehe aber in Höhe der Klageforderung ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er aufgerechnet habe. Die Kammer folge der unter den Instanzgerichten vorherrschenden Ansicht, dass der Mietwagenunternehmer , der einen Mietvertrag zu einem über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif abschließen wolle, eine vorausgehende Beratungspflicht gegenüber dem Kunden habe. Auch wenn Vertragspartner im Rechtsverkehr grundsätzlich nicht gehalten seien, auf anderweitige günstige Abschlussmöglichkeiten hinzuweisen , treffe den Vermieter eine Hinweis- bzw. Beratungspflicht im Hinblick auf die Besonderheiten des sogenannten Unfallersatztarifs. Wenn, wie im vorliegenden Fall, der Unfallgegner für den Schaden des Mieters in vollem Umfang hafte, gehe es dem Geschädigten bei der Anmietung des Ersatzfahrzeuges erkennbar darum, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung die Mietwagenkosten in vollem Umfang abdecke. Die Beratungspflicht entfalle auch nicht deshalb , weil der Geschädigte von der Existenz billigerer Tarife habe Kenntnis haben müssen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass im Regelfall ein Unfallgeschädigter wisse, dass es außer dem Unfallersatztarif eine Vielzahl anderer Tarife gebe und die Unterschiede zu dem ihm angebotenen Unfallersatztarif bekannt seien. Dies gelte um so mehr, als er nach einem Verkehrsunfall plötzlich mit der für ihn ungewohnten Situation konfrontiert werde, ein Ersatzfahrzeug anmieten zu müssen. Der Aufklärungspflicht stehe nicht entgegen, dass der Kläger behaupte, in seinem Hause existiere nur der "Unfallersatztarif". Selbst wenn der Kläger nur nach dem Unfallersatztarif abrechne, schließe das seine Hinweispflicht, dass es sich dabei um eine gegenüber dem Normaltarif erheblich teurere Miete handele, nicht aus.
8
Der Kläger sei, wie sich aus dem Mietvertrag vom 25. November 2003 unmittelbar ergebe, an die O. -rent-Lizenz gebunden. Er behaupte selbst nicht, dass O. -rent nicht auch andere Tarifgestaltungen anbiete. Deshalb sei sein Bestreiten zur Höhe des sogenannten Normaltarifs von 51 € nicht hinreichend konkret.
9
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
10
a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Kläger bejaht hat. Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklä- rungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618 f.). Zwar muss der Vermieter nicht, wie das Berufungsgericht meint, über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern, ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
11
b) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Kläger habe sich darauf berufen, dass andere Haftpflichtversicherungen noch im September und Oktober 2004 die Mietwagenkosten vollständig ersetzt hätten, und zum Beweis dafür fünf Abrechnungen vorgelegt. Wie in der Senatsentscheidung vom 28. Juni 2006 ausgeführt , ist jedenfalls ab dem Jahre 2002 eine Aufklärungspflicht zu bejahen, weil damals mehrere Versicherer dazu übergangen sind, die Unfallersatztarife nicht mehr zu bezahlen und dieses Regulierungsverhalten bei den Instanzgerichten zunehmend Billigung gefunden hat. Dass andere Versicherer weiterhin die Unfallersatztarife in vollem Umfang erstattet haben, kann den Kläger nicht entlasten.
12
Dass der Beklagte bei dem Kläger bereits mehrmals nach Unfällen Autos zum Unfallersatztarif gemietet hat und dieser Tarif in vollem Umfang erstattet worden ist, kann den Kläger ebenfalls nicht entlasten. Diese Regulierungen er- folgten in den Jahren 1998 und 2000, somit zu Zeiten, als die Erstattung der Unfallersatztarife noch nicht in dem Umfang umstritten war wie ab dem Jahre 2002.
13
3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil nicht feststeht , ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Beklagten durch die Verletzung der Aufklärungspflicht ein Schaden entstanden ist. Der Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass er - nach Aufklärung - beim Kläger zum Normaltarif angemietet hätte. Der Kläger hat bestritten, dass er zum Normaltarif vermietet. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellung getroffen. Nach der Entscheidung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO) kommt es allerdings nicht allein darauf an, ob der Beklagte beim Kläger zum Normaltarif hätte anmieten können. Maßgebend ist vielmehr, ob der Beklagte auf dem örtlich relevanten Markt ein Fahrzeug zum Normaltarif hätte mieten können. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, dazu ergänzend vorzutragen.
Hahne Sprick Fuchs Vézina Dose Vorinstanzen:
AG Peine, Entscheidung vom 14.10.2004 - 5 C 349/04 -
LG Hildesheim, Entscheidung vom 25.02.2005 - 7 S 301/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 155/05 Verkündet am:
24. Oktober 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Aufklärungspflicht des Vermieters bei Vermietung eines Unfallersatzfahrzeugs
(im Anschluss an das Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 -
NJW 2006, 2618).
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05 - LG Hamburg
AG Hamburg-Barmbek
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 14. September 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen den Beklagten rückständige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend.
2
Nach einem Verkehrsunfall am 3. Oktober 2003, bei dem der vom Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete dieser am 28. Oktober 2003 von der Klägerin einen Ersatzwagen zum Unfallersatztarif von 158 € zuzüglich MWSt pro Tag. Mit Rechnung vom 12. November 2003 machte die Klägerin insgesamt 1.292,24 € geltend.
3
Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte 385 €, den Betrag, der bei Zugrundelegung des von der Klägerin angebotenen Normaltarifs angefallen wäre. Die Differenz von 907,24 € verlangt die Klägerin vom Beklagten.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
6
1. Das Landgericht hat ausgeführt, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung , der die Kammer folge, seien Mietwagenkosten eines Unfallgeschädigten vom Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht ohne Weiteres, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erstatten. Das entspreche allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wonach nur solche Kosten zu erstatten seien, die zur Behebung des eingetretenen Schadens tatsächlich erforderlich gewesen seien. In Fällen der vorliegenden Art bedeute dies für den Geschädigten, dass er bei Vereinbarung eines Unfallersatztarifs die damit verbundenen Kosten unter Umständen nicht bzw. nicht in vollem Umfang vom Haftpflichtversicherer des Schädigers erstattet bekomme, auch wenn das den Schaden verursachende Unfallereignis allein vom Unfallgegner verursacht und verschuldet worden sei. Dieses Risiko sei für die Entscheidung des Geschädigten über die Auswahl mehrerer zur Verfügung stehender Mietvertragstarife von wesentlicher Bedeutung , insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass die Unfallersatztarife durchweg - wie auch hier - mit erheblich höheren Mietkosten verbunden seien als alle anderen angebotenen Tarife.
7
Wegen des Gewichts des damit für den geschädigten Mietinteressenten verbundenen Risikos erachte die Kammer den gewerblichen Kfz-Vermieter für verpflichtet, in Fällen der vorliegenden Art seine Kundschaft auf dieses Risiko ungefragt hinzuweisen, auch wenn eine allgemeine Aufklärungspflicht über alle für die Entscheidung des Vertragspartners maßgeblichen Umstände zu Recht nicht angenommen werde. Diese Verpflichtung habe die Klägerin unstreitig nicht erfüllt und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung aus jüngerer Zeit stamme, während der Vertragsschluss vom 28. Oktober 2003 datiere. Denn die zugrunde liegenden Probleme seien bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Branche der gewerblichen Kraftfahrzeugvermieter aus den von beiden Parteien zitierten Entscheidungen bekannt gewesen, in jüngster Zeit höchstrichterlich lediglich weiter geklärt und bestätigt worden.
8
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.
9
a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht das Bestehen einer Aufklärungspflicht auf Seiten der Klägerin bejaht habe. Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber den Interessenten eines Unfallersatzwagens bejaht (Senatsurteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618 f.; vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04 - NJW 2007, 1447 f.; vom 7. Februar 2007 - XII ZR 125/04 - NJW 2007, 2181 f. und vom 27. Juni 2007 - XII ZR 53/05 - NJW 2007, 2759). Zwar muss der Mieter nicht über den gespaltenen Tarifmarkt, d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufgeklärt werden; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu vergewissern, ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter unmissverständlich darauf hinzuweisen , dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.
10
b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, vorab müsse geklärt werden , welche Ansprüche der Geschädigte gegen den Schädiger habe. Ein Anspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht sei, falls er überhaupt bestehe , subsidiär und komme nur in Betracht, wenn der Haftpflichtversicherer die Mietwagenkosten nicht voll übernehmen müsse. Dieser Auffassung liegt die unzutreffende Vorstellung zugrunde, dass der Geschädigte einen Unfallersatztarif regelmäßig ersetzt verlangen könne. Dem ist aber nicht so.
11
aa) Nach der neueren Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu den Unfallersatztarifen (Nachweise im Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO) ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners gerade nicht ohne weiteres zur Erstattung von über dem "Normaltarif" liegenden "Unfallersatztarifen" verpflichtet. Vielmehr kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für die Anmietung eines Unfallersatzwagens bedeutet dies, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzwagens (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis ersetzt verlangen kann.
12
bb) Soweit nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - NJW 2006, 1506) eine Erstattungspflicht des Unfallersatztarifes - ausnahmsweise - zu bejahen ist, weil dem Geschädigten im Hinblick auf die gebotene subjektive Schadensbetrachtung unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war, kann die Durchsetzung mit Schwierigkeiten verbunden sein. Verweigert der Versicherer die Erstattung des Unfallersatztarifes mit der Begründung, der Mieter habe zu einem niedrigeren Tarif abschließen können, trifft den Mieter die Beweislast. Nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats (aaO) muss er darlegen und beweisen, dass ihm kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, erhält er nur den Normaltarif erstattet. Dies bedeutet, dass die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs, falls er denn besteht, mit Schwierigkeiten und Risiken behaftet ist. Davor soll die Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmers den Mieter schützen. Diesem soll klargemacht werden, dass, wenn er zum Unfallersatztarif anmietet, die Erstattung der über dem Normaltarif liegenden Miete mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Diese Aufklärungspflicht verlöre ihren Sinn, wenn der Geschädigte vor Inanspruchnahme des Vermieters klären lassen müsste, ob der Unfallersatztarif - ausnahmsweise - zu erstatten ist.
13
Soweit die Revision in diesem Zusammenhang meint, dem Mietwagenunternehmer sei die Aufklärung nicht zuzumuten, weil er das Risiko einer eingeschränkten Erstattungsfähigkeit des Unfallersatztarifes nicht zuverlässig beurteilen könne, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Revision verkennt, dass der Vermieter nicht darüber aufklären soll, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des Unfallersatztarifs zustehe, sondern darüber, dass die Durchsetzbarkeit mit Schwierigkeiten verbunden sein könne (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO).
14
c) Die Revision kann auch keinen Erfolg haben, soweit sie geltend macht, der Beklagte könne sich nicht auf eine fehlende Aufklärung durch die Klägerin berufen, weil er genügend Zeit gehabt habe, sich über die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten zu informieren; der Unfall habe sich am 3. Oktober 2003 ereignet, das Unfallfahrzeug habe der Beklagte aber erst am 28. Oktober 2003 zur Reparatur weggegeben und erst ab diesem Zeitpunkt ein Ersatzfahrzeug angemietet.
15
Zwar hätte der Beklagte im Streitfall ausreichend Zeit gehabt, sich über die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten zu erkundigen. Die Tarifspaltung und die damit drohenden Nachteile sind dem Mieter aber in der Regel nicht bekannt. Er geht vielmehr davon aus, dass der Unfallersatztarif gerade für seine Situation entwickelt worden sei, von der gegnerischen Haftpflichtversicherung akzeptiert werde und für ihn insgesamt eine günstige Regelung darstelle. Demgegenüber weiß der Vermieter, dass die Tarifspaltung für den Mieter nachteilig sein kann und er weiß auch, dass dem Mieter weder die Tarifspaltung noch die ihm daraus drohenden Gefahren vertraut sind, sondern dieser davon ausgeht, dass ihm die Mietwagenkosten vollständig ersetzt werden und ihm kein Nachteil entsteht (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO). Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages zu dem von der Klägerin angebotenen Unfallersatztarif bekannt war oder er damit rechnen musste, die gegnerische Haftpflichtversicherung werde den Unfallersatztarif nicht erstatten.
16
d) Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, die Klägerin habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Beklagte bei Vorlage des Mietvertrages gefragt worden sei, ob er nicht eine Sicherheitsleistung erbringen wolle, da ansonsten lediglich eine Vermietung zum Unfallersatztarif möglich sei. Ein ausreichender Hinweis, dass es beim Abschluss zu diesem Tarif zu Schwierigkeiten bei der Erstattung kommen könne, liegt darin nicht. Ob dem Beklagten, wie die Revision meint, der Normaltarif nicht zugänglich war, ist nicht entscheidungserheblich , da, wie unter b) ausgeführt, die Aufklärungspflicht nicht davon abhängt, ob dem Geschädigten - ausnahmsweise - ein Anspruch auf Erstattung des Unfallersatztarifes zusteht.
17
e) Danach steht dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Satz 1, 249 BGB) zu, den er der geltend gemachten Mietzinsforderung entgegenhalten kann (Senatsurteil vom 10. Januar 2007 aaO). Nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen hätte der Beklagte bei ausreichender Aufklärung ein Kraftfahrzeug zum Normaltarif angemietet und sich damit Kosten in Höhe der Klageforderung erspart.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 15.12.2004 - 811A C 395/04 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 14.09.2005 - 318 S 7/05 -

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.