Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 305/01 Verkündet am:
10. September 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AGBG §§ 3, 9 Bm
Eine Klausel des Factoringnehmers, die den Geschäftsführer der Factoringgeberin
(GmbH) im Rahmen eines selbständigen Garantievertrages bei bestrittenen
Kaufpreisforderungen zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet,
verstößt gegen § 3 AGBG, wenn er mit derartigen Sicherungsabreden bislang
nicht befaßt war. Darüber hinaus hält die Klausel einer Inhaltskontrolle nach
§ 9 Abs. 1 AGBG nicht stand.
BGH, Urteil vom 10. September 2002 - XI ZR 305/01 - OLG Hamm
LG Essen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 10. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller und
Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt den Beklagten aus einer Garantie auf erstes Anfordern in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 18. August/29. September 1993 schloß die Klägerin mit der L. Baustoffhandelsgesellschaft mbH (nachfolgend: L. GmbH), deren Geschäftsführer der Beklagte war, einen Factoringvertrag über künftige Kaufpreisforderungen aus Warenlieferungen. Die L. GmbH garantierte
darin u.a. den Bestand und die Einwendungsfreiheit abgetretener Forderungen. Gleichzeitig unterzeichnete der Beklagte im eigenen Namen eine formularmäßige "Garantieerklärung", in der er die Bestandsgarantie in gleichem Umfang übernahm und versprach, jeden unter dieser Garantie verlangten Betrag auf erstes Anfordern der Klägerin zu zahlen.
Im Jahre 1994 erwarb die Klägerin von der L. GmbH angebliche Kaufpreisforderungen gegen die W. und T. AG über 81.758,25 DM und die W. Bau GmbH über 16.674,13 DM. Da die in Anspruch genommenen Gesellschaften eine Kaufpreisschuld bestritten, belastete die Klägerin das Abrechnungskonto der L. GmbH in Höhe der beiden Beträge und forderte sie erfolglos zum Ausgleich auf.
Nachdem die L. GmbH in Vermögensverfall geraten war, kündigte die Klägerin den Factoringvertrag fristlos und nahm den Beklagten im Mai 1995 aus dessen Garantieerklärung in Anspruch.
Der Beklagte hält dem vor allem entgegen, die Kaufpreisansprüche gegen die W. und T. AG sowie die W. Bau GmbH bestünden zu Recht. Er hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben, sich auf Verwirkung berufen und mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch aufgerechnet , weil die Klägerin die Kaufpreisansprüche vertragswidrig nicht zurückübertragen und damit deren Durchsetzung verhindert habe.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 96.721,55 DM zuzüglich Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr bis auf einen geringen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Mit der
Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Forderungsberechtigung der Klägerin ergebe sich aus der persönlichen Garantieerklärung des Beklagten. Danach sei er zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Er müsse deshalb unverzüglich auf die Aufforderung des Gläubigers zahlen. Die Verpflichtungsform sei grundsätzlich zulässig und in der Rechtsprechung anerkannt. Der Passus "Zahlung auf erstes Anfordern" werde von der herrschenden Meinung als Hinweis auf den Ausschluß von Einreden oder Einwendungen gegen den Garantieanspruch aufgefaßt. Der Einwand des Beklagten, die abgetretenen Kaufpreisforderungen bestünden einredefrei, sei daher ohne Bedeutung.
Daß einer der Kaufpreisansprüche nach dem Vortrag des Beklagten nicht wie im Factoringvertrag vorgesehen aus einer Warenlieferung
der L. GmbH, sondern eines anderen Verkäufers stamme, ändere an seiner Haftung nichts. Falls er die Forderung als damaliger Geschäftsführer der L. GmbH unter Offenlegung ihrer Herkunft verkauft und übertragen habe, liege darin eine stillschweigende Erweiterung des Factoringvertrages , die auf seine persönliche Garantieübernahme durchschlage. Fehle es dagegen an einer entsprechenden Aufklärung der Klägerin, sei es treuwidrig, wenn er sich jetzt auf den eingeschränkten Inhalt des Factoringvertrages berufe.
Die unterlassene Rückabtretung der Kaufpreisforderungen an die L. GmbH oder an den Beklagten begründe nicht den offensichtlichen oder liquide beweisbaren Einwand des Rechtsmißbrauchs der Garantie auf erstes Anfordern. Der Beklagte könne auch nicht mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen, da dies dem Sinn der Garantie auf erstes Anfordern widerspreche. Der Anspruch der Klägerin aus der Garantie unterliege der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F. und sei auch nicht verwirkt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat sich der Beklagte - wie die Revision zu Recht geltend macht - gegenüber der Klägerin nicht wirksam zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Die darauf gerichtete überraschende Formularklausel ist nach § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden und überdies gemäß § 9 AGBG unwirksam.

1. Überraschenden Charakter hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragsgegners werden von allgemeinen und von individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Zu ersteren zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung, zu letzteren der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrages. Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners , sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an (BGHZ 102, 152, 158 f.; Senatsurteile vom 24. Oktober 2000 - XI ZR 273/99, WM 2000, 2423, 2425; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - XII ZR 44/98, NJW-RR 2001, 439, 440).

a) Bürgschaften oder Garantien auf erstes Anfordern werden in erster Linie im bankgeschäftlichen Verkehr und im internationalen Handelsverkehr verwendet. Sie bewirken, daß der Sicherungsgeber sofort zahlen muß und Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der gesicherten Ansprüche grundsätzlich erst nach Zahlung geltend machen kann. Alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art werden, sofern der Gläubiger nicht seine formale Rechtsstellung offensichtlich oder liquide beweisbar mißbraucht, in den Rückforderungsprozeß verlagert (Senat BGHZ 145, 286, 291 m.w.Nachw.: zum Garantievertrag; Senatsurteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, WM 2002, 743, 744; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, WM 2002, 1415, 1416 m.w.Nachw.:
zur Bürgschaft). Mit solchen ungewöhnlich einschneidenden Rechtsfolgen mußte der Beklagte bei Abgabe seiner formularmäßigen Garantieerklärung nicht rechnen.
Die Rechtslage bei einer Garantie auf erstes Anfordern unterscheidet sich sehr wesentlich von der bei einem - gesetzlich nicht geregelten - normalen selbständigen Garantievertrag. Eine normale Garantie eines Dritten ist lediglich eine Sicherheit. Der Garant hat dem Begünstigten dafür einzustehen, daß ein bestimmter tatsächlicher Erfolg eintritt oder die Gefahr eines bestimmten künftigen Schadens sich nicht verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 11/85, WM 1985, 1035, 1037). Eine Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern ist dagegen mehr als eine Sicherheit. Sie verschafft dem Gläubiger weitreichend die Möglichkeit, sich liquide Mittel zu verschaffen, auch wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist (BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, WM 2002, 1415, 1416). Insbesondere die Gefahr, vom Begünstigten im Erstprozeß mißbräuchlich erfolgreich auf Zahlung in Anspruch genommen werden zu können, obwohl die gesicherte Forderung nicht besteht oder einredebehaftet ist, ist Personen, die weder über Erfahrungen im Bankgeschäft verfügen noch aufgrund ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit mit den Rechtsinstituten der Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern vertraut sind, in aller Regel nicht bewußt. Der vormals für das Bürgschaftsrecht zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat deshalb von solchen Personen individualvertraglich übernommene Bürgschaften auf erstes Anfordern als einfache Bürgschaften ausgelegt, wenn der Gläubiger nicht davon ausgehen konnte, dem Bürgen sei die Bedeutung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bekannt (BGH, Urteile vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91, WM 1992,
854, 855 und vom 2. April 1998 - IX ZR 79/97, WM 1998, 1062, 1063; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, WM 1999, 895, 899). Bei formularmäßigen Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern, bei deren grundsätzlich gebotener objektiver Auslegung maßgeblich auf den objektiven Erklärungswert abzustellen ist, kommt der Klausel "auf erstes Anfordern" für diesen Personenkreis regelmäßig ein Überraschungseffekt zu (vgl. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung 4. Aufl. Rdn. 279; Pfeiffer LM § 765 BGB Nr. 115; Sprau LM § 765 BGB Nr. 127).
Das gilt insbesondere, wenn für die Übernahme gerade einer Garantie auf erstes Anfordern in dem betreffenden Geschäftsbereich kein Anlaß besteht und sie deshalb nicht üblich ist. So liegt der Fall hier. Die Klägerin war für die schnelle Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Factoringvertrag gegen die L. GmbH auf eine Garantie des Beklagten auf erstes Anfordern grundsätzlich nicht angewiesen. Nach ihren Besonderen Geschäftsbedingungen für das Factoringgeschäft hatte sie das Recht, das Abrechnungskonto der L. GmbH rückzubelasten, wenn der Schuldner einer angekauften Forderung deren Bestand bestritt. Im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehungen war damit eine schnelle Durchsetzung einer Rückforderung durch Verrechnung mit Ansprüchen der L. GmbH aus anderen verkauften Forderungen gewährleistet. Für eine Garantie auf erstes Anfordern, die der schnellen und unkomplizierten Durchsetzung gesicherter Ansprüche und vielfach auch der sofortigen Verschaffung liquider Mittel dient (vgl. BGHZ 94, 167, 172; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, WM 1999, 895, 896), bestand kein Anlaß.
Nichts spricht dafür, daß der Beklagte gleichwohl mit einer Garantie auf erstes Anfordern rechnen mußte. Als Geschäftsführer der L. GmbH ist er kein Kaufmann (BGHZ 104, 95, 98). Daß ihm aufgrund seiner Tätigkeit für eine Baustoffhandelsgesellschaft die Bedeutung einer Garantie auf erstes Anfordern bei der Unterzeichnung der formularmäßigen Garantieerklärung bekannt war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Hinzu kommt, daß die Erklärung nicht einmal als Garantie "auf erstes Anfordern" überschrieben ist und sich die Klausel "auf erstes Anfordern" ohne jede Hervorhebung oder gar Erläuterung erst im hinteren Teil des längeren Textes befindet (vgl. Bydlinski WM 1991, 257, 261 für Bürgschaften auf erstes Anfordern).

b) Abgesehen davon hat das Berufungsgericht weiter nicht beachtet , daß die formularmäßige Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung auf erstes Anfordern auch einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 Abs. 1 AGBG nicht standhält.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG vor, wenn der Verwender der Klausel einseitig seine eigenen Interessen ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange seines Vertragspartners durchzusetzen versucht (siehe z.B. Senatsurteil vom 14. Juli 1998 - XI ZR 272/97, WM 1998, 1869, 1870 m.w.Nachw.). So ist es hier. Durch die Klausel werden die Sicherungsrechte der Klägerin über ihr anerkennenswertes Interesse hinaus unangemessen ausgedehnt.
bb) Bereits vor der Geltung des AGB-Gesetzes hat der Bundesgerichtshof die formularmäßige Bürgschaftsverpflichtung eines GmbH-
Geschäftsführers, jeden Betrag bis zur vereinbarten Höhe auf erstes Anfordern des Gesellschaftsgläubigers zu zahlen, als unwirksam angesehen , weil sie von der gesetzlichen Regelung abweicht und die Durchsetzung des Bürgschaftsanspruchs ohne weitere Prüfung seiner Voraussetzungen ermöglicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - IX ZR 294/89, WM 1990, 1410, 1411). Daran ist auch für den zeitlichen Geltungsbereich des AGB-Gesetzes festzuhalten. Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt es sich um ein für den Sicherungsgeber ganz besonders risikoreiches Rechtsgeschäft, weil der Bürge nicht nur das Mißbrauchsrisiko , sondern auch das Risiko der Insolvenz des Gläubigers bei der Durchsetzung seiner Rückforderungsansprüche zu tragen hat. Das Streben des Gläubigers, sich mit Hilfe der nur durch den Rechtsmißbrauchseinwand begrenzten Vorleistungspflicht des Bürgen liquide Mittel zu verschaffen, ist daher nicht als berechtigt anzuerkennen (BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, WM 2002, 1415, 1416; bestätigt von BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, WM 2002, 1876, 1878).
cc) Für das formularmäßige selbständige Garantieversprechen, auf erstes Anfordern des Gläubigers zu zahlen, gilt grundsätzlich nichts anderes. Dafür spricht bereits die funktionelle Austauschbarkeit von Bürgschaft und Garantie. Zwar mag der Garantiegeber bei der Verwendung der Bezeichnung "Garantie" im allgemeinen deutlicher auf die Gefährlichkeit der abstrakten Verpflichtung hingewiesen werden als bei einer Bürgschaft, wo die genannte Verpflichtungsform aufgrund des im Gesetz normierten Akzessoritätsprinzips untypisch ist. Dieser Warneffekt ist aber gering und fällt bei Nichtkaufleuten - wie dem Beklagten - nicht ins Gewicht (Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. vor § 765 Rdn. 232; a.A. Heinsius, Festschrift Merz, S. 177, 193 f.). Auch sonst ist der Garantie-
geber infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses nicht weni- ger schutzbedürftig als der Bürge. Es besteht daher kein sachlicher Grund, bezüglich der Wirksamkeit der Klausel danach zu differenzieren, ob sie Bestandteil eines Bürgschafts- oder selbständigen Garantievertrages ist.

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
1. Die Unwirksamkeit der Klausel hat allerdings nicht zur Folge, daß überhaupt keine Garantieverpflichtung des Beklagten mehr bestünde. Der selbständige Garantievertrag ist vielmehr gemäß § 6 Abs. 1 AGBG als solcher wirksam, ohne daß es einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf (vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, WM 2002, 1876, 1878).
2. Es fehlen - vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus konsequent - aber Feststellungen zum materiellen Garantiefall. Dieser setzt den Nichtbestand oder nicht einredefreien Bestand mindestens einer der Klägerin zum Kauf angedienten Forderung voraus. Dazu liegt streitiges Vorbringen der Parteien vor.

IV.


Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht teilwei- se abweisungsreif, weil die angeblich über eine Mehrfachabtretung an die Klägerin gelangte Kaufpreisforderung gegen die W. und T. AG entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unter das selbständige Garantieversprechen des Beklagten falle. Zwar sieht der Wortlaut des den "Bestandsgarantien" der L. GmbH und des Beklagten zugrunde liegenden Factoringvertrages lediglich den zukünftigen Verkauf von Kaufpreisansprüchen aus Warenlieferungen der Hauptschuldnerin vor. Es unterliegt aber keinem vernünftigen Zweifel, daß die Garantieerklärung des Beklagten ihrer Zielsetzung und den Geboten von Treu und Glauben nach alle unter seiner Geschäftsführung veräußerten nicht bestehenden oder nicht einredefreien Kaufpreisansprüche erfaßt. Als damaliger Geschäftsführer der L. GmbH mußte er auf die zwischen ihr und der Klägerin festgelegten Verkaufsbedingungen achten. Alles spricht daher dafür, daß er auch im Falle des vertragswidrigen Verkaufs von Kaufpreisforderungen anderer Inhaber haftet. Diese Auslegung des selbständigen Garantievertrages kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da insoweit weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (vgl. BGHZ 124, 39, 45).

V.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Damit die erforderlichen Feststellungen zum Eintritt des Garantie-
falles getroffen werden können, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth
Müller Wassermann

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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

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für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. Januar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dessau vom 23. Juli 1997 im Ausspruch über die Hilfsanträge zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit Formularmietvertrag vom 5. September 1995 vermieteten die Kläger den Beklagten Geschäftsräume in einem neu errichteten Einkaufszentrum zum Betrieb eines Fitneßcenters. Die Parteien streiten über die Höhe des vereinbarten Mietzinses und der Nebenkostenvorauszahlung. Der Mietvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:
1. Vertragsgegenstand Einkaufszentrum F. H. T., H. Straße 1.1 Mietflächen Die Vermieterin vermietet an die Mieterin im vorgenannten Mietobjekt 1.1.1 eine Bruttomietfläche im 1. Obergeschoß von 472,75 qm. 1.1.2 Auf dieser (n) Fläche (n) wird ein Fitnesscenter mit Saunaanlage eingerichtet. ... 1.1.3 Die vorgenannten Mietflächen ergeben sich als Fläche zwischen den Achsen der Begrenzungswände des Mietobjektes. Die Flächenangabe ist vor Errichtung des Mietobjektes naturgenau und kann deshalb von der tatsächlichen Fläche abweichen. Maßgebend sind die beigefügten Planunterlagen. Nach Fertigstellung der Mietflächen wird das Aufmaß von der Vermieterin veranlaßt und durch den mit der Baudurchführung bzw. einen beauftragten Architekten / Ingenieur erstellt. 2. Mietzins 2.1 Die jährliche Miete für das in Ziffer 1. beschriebene Mietobjekt beträgt ... DM 15,00 je qm und Monat (=Grundmiete) bei 472,75 qm somit 7.091,25 DM. 3. Zahlung
3.1 Die Grundmiete ist monatlich mit 7.091,25 DM (in Worten: ...) zuzüglich jeweils gültiger gesetzlicher Mehrwertsteuer und zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung nach Ziffer 7 ... zu zahlen. 7. Nebenkosten 7.1 ... 7.2 Die Vermieterin ist berechtigt, zur Abdeckung der gemäß Ziffer 7.1 entstehenden Kosten neben dem vereinbarten Mietzins monatliche Vorauszahlung von zur Zeit DM 2,50 zuzüglich jeweils gültiger Mehrwertsteuer pro qm Mietfläche zu erheben, jeweils wie der monatliche Mietzins fällig und zusammen mit ihm zu bezahlen. ...
Die Beklagten zahlen Mietzins einschließlich Nebenkosten nach einer von ihnen berechneten Fläche von 442 qm. Sie vertreten die Ansicht, daß nur das lichte Innenmaß der Räume zu berücksichtigen sei, und halten die Berechnungsmethode der Kläger für sittenwidrig. Die Kläger vertreten demgegenüber den Standpunkt, die Innenwände seien für die Berechnung ohne Bedeutung, da von den Achsen der Begrenzungswände des Mietobjektes aus durchzumessen sei. Dies ergebe gemäß einer von ihnen vorgelegten Mietflächenberechnung 473,84 qm. Gleichwohl machen sie Mietzins und Nebenkostenvorauszahlungen nur in der Höhe geltend , die sich auf der Grundlage der zunächst angenommenen Mietfläche von 472,75 qm ergibt.
Mit ihrer im Januar 1997 zugestellten Klage begehrten sie in erster Linie Feststellung, daß die Beklagten ab 1. April 1996 verpflichtet sind, an sie monatlich 7.091,25 DM Mietzins und (472,75 qm x 2,50 DM =) 1.181,80 DM Nebenkostenvorauszahlung , jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, zu zahlen. Hilfsweise begehrten sie Zahlung der rückständigen Differenz von je 598,73 DM für die Monate April 1996 bis Januar 1997 = 5.987,30 DM nebst gestaffelten Zinsen sowie Feststellung wie zuvor, jedoch nur für die Zeit ab 1. Februar 1997. Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Begehren weiter. Der Senat hat die Revision im Umfang der Hilfsanträge angenommen.

Entscheidungsgründe:

Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß Ziffer 1.1.3 des Mietvertrages eine Allgemeine Geschäftsbedingung sei und die Kläger nicht nachgewiesen hätten, diese Klausel individuell ausgehandelt zu haben, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen. Zutreffend ist ferner die Ansicht des Berufungsgerichts, die Wirksamkeit dieser Klausel sei lediglich anhand des § 3 AGBG zu überprüfen, nicht aber anhand des § 9 AGBG, weil es sich um eine Preisvereinbarung handele, die die Höhe des von den Beklagten für die Gebrauchsgewährung zu entrichtenden Entgelts unmittelbar regele (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 8 AGBG Rdn. 4 m.N.). Auch dies greift die Revision - als ihr günstig - nicht an.
1. Die Revision rügt zunächst, das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Parteien eine ziffernmäßig bestimmte Grundmiete von monatlich 7.091,15 DM netto sowie eine Nebenkostenvorauszahlung von 2,50 DM netto je qm der mit 472,75 qm vereinbarten Mietfläche, mithin 1.181,88 DM netto monatlich, vereinbart hätten, so daß es auf die vom Berufungsgericht angenommene Unwirksamkeit der Klausel 1.1.3 nicht ankomme. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Es bestehen bereits Bedenken, ob diese Rüge überhaupt beachtlich ist, denn die Kläger haben in den Tatsacheninstanzen zu keinem Zeitpunkt vorgetragen , die Parteien hätten sich auf einen festen, von der tatsächlichen Größe der vermieteten Flächen unabhängigen Mietzinsbetrag geeinigt. Beide Parteien machten vielmehr übereinstimmend geltend, daß sich Mietzins und Nebenkostenvorauszahlungen nach der noch zu ermittelnden Fläche bestimmten, und stritten lediglich darüber, wie diese Fläche zu berechnen sei. Aber selbst wenn das Berufungsgericht Anlaß gehabt hätte, den Vertrag auch insoweit auszulegen, und der Senat diese Auslegung nunmehr selbst vornehmen könnte, weil weitere tatsächliche Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind (vgl. BGHZ 65, 107, 112; BGH, Urteil vom 21. Oktober 1992 - VIII ZR 99/91 - BGHR ZPO § 550 Vertragsauslegung 4 m.N.), würde diese Auslegung ergeben, daß sowohl die "Grundmiete" als auch die Nebenkostenvorauszahlung monatlich 15,00 DM bzw. 2,50 DM netto pro qm der noch zu ermittelnden Mietfläche betragen sollten und der in Ziffer 2.1 des Vertrages mit 7.091,25 DM bezifferte Mietzins lediglich ein Berechnungsbeispiel darstellt, wie bereits die Formulierung "bei 472,75 qm somit 7.091,25 DM" nahelegt. Ferner spricht hierfür der Zusammenhang der Regelungen in den Ziffern 1.1.3 und 2.1 sowie die Gliederung der Ziffer 1 des Vertrages. Daraus ergibt sich nämlich,
daß die Flächenangabe von 472,75 qm in Ziffer 1.1.1 lediglich die anhand der Planunterlagen vorläufig ermittelte Mietfläche darstellt, auf deren Ungenauigkeit Ziffer 1.1.3 ausdrücklich hinweist. Die in Ziffer 2.1 enthaltene Berechnung "bei 472,75 qm somit 7.091,25 DM" steht somit unter dem Vorbehalt, daß die nach Ziffer 1.1.3 noch vorzunehmende Ermittlung der genauen Mietfläche die vorläufige Berechnung anhand der Planungsunterlagen bestätigt. Vor diesem Hintergrund kann der Umstand, daß der Betrag von 7.091,25 DM in Ziffer 3.1 nochmals als "Grundmiete" genannt wird, nicht als Vereinbarung eines bezifferten Mietzinses verstanden werden. Die gegenteilige Ansicht der Revision widerspricht der allgemeinen Auslegungsregel, daß in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut des gesamten Vertrages sowie der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen sind und einzelne Klauseln nicht aus dem Gesamtzusammenhang herausgelöst interpretiert werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94 - BGHR BGB § 133 Auslegungsgrundsätze 4). 2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, Ziffer 1.1.3 verstoße nicht gegen das Klarheitsgebot des § 5 AGBG, weil die Bezugnahme auf die "Achsen der Begrenzungswände" die Mietfläche hinreichend deutlich als Fläche zwischen den Mittellinien der Grundflächen dieser Wände kennzeichne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht Ziffer 1.1.3 des Vertrages als nach § 3 AGBG unwirksam angesehen hat, weil die darin vorgesehene Berechnung der für den Mietzins und die Nebenkostenvorauszahlung maßgeblichen Mietfläche so ungewöhnlich sei, daß die Beklagten mit ihr nicht hätten zu rechnen brauchen.
Weder die Feststellung, diese Klausel sei objektiv ungewöhnlich, noch die Auffassung, sie führe auf Seiten der Beklagten zu einem "Überrumpelungseffekt" , hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Der Senat hält Ziffer 1.1.3 des Vertrages vielmehr für mit § 3 AGBGB vereinbar, ohne daß es weiterer Feststellungen zur Üblichkeit derartiger Bruttomietzinsklauseln in gewerblichen Mietverträgen über noch herzurichtende Mieträume bedarf.
a) Der nicht näher begründeten Annahme des Berufungsgerichts, "kein Mensch rechne damit", zur Zahlung von Mietzins für nicht nutzbare Wandhälften herangezogen zu werden, kann nicht gefolgt werden. Wie die Revision zu Recht rügt, hätte das Berufungsgericht jedenfalls nicht den Beweisantritt der Kläger für ihre Behauptung übergehen dürfen, eine derartige Klausel werde bei der Vermietung gewerblicher Räume in Einkaufszentren bundesweit verwendet.
b) Die Ungewöhnlichkeit einer Klausel bestimmt sich nach den Umständen des Vertragsabschlusses, dem Gesamtbild des Vertrages sowie den Erwartungen , die der redliche Verkehr typischerweise an den Vertragsinhalt knüpft. Sie ist zu bejahen, wenn eine Klausel nach dem konkreten Vertragstyp unüblich ist, wobei es darauf ankommt, ob die als Kunden angesprochenen Verkehrskreise mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieses Inhalts bei diesem Vertragstyp rechnen (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 8. Aufl. § 3 Rdn. 12, 14). Insoweit kann dahinstehen, ob nur solche Klauseln als ungewöhnlich im Sinne des § 3 AGBG angesehen werden können, die zusätzliche, vom gesetzlichen Leitbild des Mietverhältnisses abweichende Hauptleistungspflichten des Mieters begründen, den Gegenseitigkeitscharakter des Mietverhältnisses einschränken , eine vorzeitige Bindung einer Vertragspartei herbeiführen oder de-
ren Leistungsverpflichtung wesentlich modifizieren sollen (vgl. Ulmer aaO § 3 Rdn. 14a). Selbst wenn auch Klauseln, die lediglich die für die Berechnung der Höhe des Mietzinses maßgeblichen Faktoren festlegen, an § 3 AGBG zu messen sind, kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Bei gewerblicher Vermietung von Räumen, die erst noch nach den Vorgaben des Mieters fertiggestellt werden sollen, hat der Mieter anders als bei der Vermietung fertiggestellter Mieträume die Möglichkeit, auf die räumliche Aufteilung der Mietsache Einfluß zu nehmen. Er kann nicht erwarten, daß der Vermieter die hierdurch entstehenden zusätzlichen Planungs- und Baukosten ohne Gegenleistung übernimmt. Eine solche Gegenleistung kann als Baukostenvorschuß vereinbart werden, aber auch dergestalt, daß die Mehraufwendungen des Vermieters über den Mietzins amortisiert werden, indem diesem nicht die nutzbare Nettofläche, sondern die von der individuellen Aufteilung der Mieträume unabhängige Bruttofläche zugrundegelegt wird. In Fällen der vorliegenden Art können Bruttomietzinsklauseln daher nicht von vornherein als ungewöhnlich angesehen werden, zumal der allgemeine Sprachgebrauch mit dem Begriff "Mietfläche" keine bestimmte Art der Flächenberechnung verbindet. Dies ist nämlich nicht einmal bei dem Begriff der "Wohnfläche" der Fall, der anders als der Begriff der Mietfläche an die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit anknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1990 - V ZR 91/89 - WM 1991, 519, 521). Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, die Mieträume entsprechend den Planungen der Beklagten hergerichtet und dafür mehr als 200.000 DM aufgewendet zu haben. Es ist deshalb davon auszugehen, daß auch die Zahl und die Anordnung der Trennwände von den Vorgaben der Beklagten abhing. Schon deshalb durften die Beklagten nicht ohne weiteres von
der Erwartung ausgehen, Mietzins nur für die tatsächlich nutzbaren, den lichten Innenmaßen zwischen den Trennwänden entsprechenden Flächen der einzelnen Räume zahlen zu müssen. Dies würde nämlich bedeuten, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, daß der Mietzins um so geringer ausfiele, je mehr Trennwände der Vermieter auf Wunsch des Mieters einbauen läßt.
c) Aus diesen Gründen ist auch ein der Klausel 1.1.3 innewohnender "Überraschungseffekt" zu verneinen, so daß es auch an der zweiten Voraussetzung für deren Unwirksamkeit nach § 3 AGBG fehlt (vgl. Ulmer aaO § 3 Rdn. 11, 13, 13a). Diese Klausel legt dem Mieter nämlich weder eine zusätzliche vertragsfremde Verpflichtung auf, noch ist sie etwa durch kleinere Schrift verborgen, an das Ende eines umfangreichen Vertrages gerückt worden oder in einem Vertragsabschnitt "versteckt", in dem sie aufgrund der Systematik des Vertrages nicht zu vermuten wäre. Die Bestimmungen über die Mietfläche stehen vielmehr zu Beginn des Vertrages, und bereits Ziffer 1.1.1 bezeichnet den Mietgegenstand ausdrücklich als "Bruttomietfläche", was eine nachfolgende Erläuterung dieses Begriffs erwarten läßt und jedenfalls von vornherein das Verständnis ausschließt, der Mietzins solle sich allein nach den tatsächlich nutzbaren Flächen - der Nettomietfläche - bemessen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, Ziffer 1.1.3 laufe zum Nachteil der Beklagten darauf hinaus, daß diese Mietzins auch für die Hälfte der nicht nutzbaren Grundflächen der Außenwände zu entrichten haben, liegt eine "Überraschung" der Beklagten durch eine, ihnen nachteilige Definition der als maßgeblich vereinbarten Bruttogrundfläche schon deshalb nicht vor, weil der Begriff "Bruttogrundfläche" im Hochbau allgemein üblich ist und darunter die Summe der Grundflächen aller Grundrißebenen eines Bauwerkes verstanden wird, die anhand der äußeren Maße der Bauteile einschließlich Bekleidung
(z.B. Putz) zu berechnen sind (vgl. DIN 277 Teil 1, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, Nr. 2.1 und 3.2.1) und die Grundflächen der Außenmauern somit einschließt. Durch Nichtannahmebeschluß vom 22. März 2000 - XII ZR 209/98 - (unveröffentlicht ) hat der Senat die Auffassung des OLG München (Urteil vom 19. Mai 1998 - 5 U 5828/97 -, unveröffentlicht) gebilligt, eine auf die Bruttogrundfläche gemäß DIN 277 Bezug nehmende Mietzinsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag sei nicht überraschend im Sinne von § 3 AGBG. Soweit Ziffer 1.1.3 des Vertrages die "Bruttomietfläche" hiervon abweichend definiert, indem die Grundflächen der Außenwände nur zur Hälfte einbezogen werden, handelt es sich folglich um eine Abweichung, die sich insoweit zugunsten der Beklagten auswirkt. Wegen des am Kundenschutz orientierten Zwecks des § 3 AGBG ist eine solche für den Kunden günstige Abweichung von einer ansonsten unbedenklichen Klausel ebensowenig zu beanstanden wie eine ungewöhnliche, den Kunden jedoch insgesamt begünstigende Klausel (vgl. Ulmer aaO § 3 Rdn. 21). 3. Die Beklagten haben die Richtigkeit der Flächenberechnung der Kläger mit dem Einwand bestritten, deren Architekt habe hierfür lediglich Zeichnungen und Unterlagen herangezogen; das in Ziffer 1.1.3 vorgesehene Aufmaß sei nicht erfolgt. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur tatsächlichen Größe der Bruttomietfläche getroffen und insbesondere das von den Klägern hierzu beantragte Sachverständigengutachten nicht eingeholt. Der Senat kann deshalb ungeachtet des Umstandes, daß die Kläger weniger Mietzins geltend machen als ihnen nach ihrer eigenen Flä-
chenberechnung zusteht, in der Sache nicht selbst entscheiden. Nicht auszuschließen ist nämlich, daß die für den Mietzins und die Nebenkostenvorauszahlungen maßgebliche Bruttomietfläche im Sinne der Ziffer 1.1.3 des Vertrages sich nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht nachzuholen haben wird, auf weniger als jene 472,75 qm beläuft, die die Kläger ihrer Mietzinsforderung zugrundelegen. Bei der erneuten Verhandlung wird ferner zu berücksichtigen sein, daß die Kläger für die Vergangenheit keine Vorauszahlungen auf die Nebenkosten mehr verlangen können, soweit bereits Abrechnungsreife eingetreten sein sollte.
Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 113/01 Verkündet am:
5. März 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________

a) Der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch Genommene kann
Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nur
geltend machen, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich
mißbraucht. Das gilt nicht nur für Einwendungen gegen die Hauptforderung
, sondern auch für solche, die die Sicherungsabrede zwischen dem Gläubiger
und dem Hauptschuldner betreffen.

b) Ein offensichtlicher Rechtsmißbrauch liegt nur vor, wenn der Sachverhalt
klar auf der Hand liegt oder zumindest liquide beweisbar ist. Daran
fehlt es auch dann, wenn eine vom Gläubiger zu beweisende Tatsache
nicht sofort geklärt werden kann.
BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01 - OLG Karlsruhe
LG Offenburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. März 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse im Urkundenprozeû aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin beauftragte im Rahmen eines Bauvorhabens die Unternehmensgruppe H. R., Ha. S. & Co. GmbH (im folgenden: BauAuftragnehmerin ) mit der Durchführung von Rohbauarbeiten. In § 14 Nr. 6 des Bauvertrags war vereinbart, daû die Klägerin berechtigt sein sollte, 5% des Werklohns für die Dauer der Gewährleistungsverpflichtung einzubehalten, und die Bau-Auftragnehmerin befugt sein sollte, die-
sen Sicherheitseinbehalt durch eine Bankbürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen. Die Bau-Auftragnehmerin machte von ihrer Befugnis zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts Gebrauch und veranlaûte die Beklagte , eine der Klägerin gestellte und zunächst als Vertragserfüllungsbürgschaft ausgestaltete Bürgschaft auf erstes Anfordern im Umfang von 115.000 DM in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln.
Nachdem die Beklagte aufgrund dieser Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern bereits im Juli 1997 13.000 DM an die Klägerin gezahlt hatte, verlangte die Klägerin von der Beklagten im Juni 1998 die restlichen 102.000 DM mit der Begründung, es hätten sich von der BauAuftragnehmerin nicht erfüllte Mängelansprüche in einer den geforderten Betrag übersteigenden Höhe ergeben. Die Beklagte lehnte die Zahlung unter Hinweis auf § 9 AGBG ab.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin 102.000 DM nebst Zinsen. Sie macht geltend, die Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern nicht ohne Rechtsgrund erhalten zu haben, weil § 14 Nr. 6 des Bauvertrags rechtswirksam sei; diese Bestimmung sei zwar vorformuliert gewesen , aber zwischen ihr und der Bau-Auftragnehmerin im einzelnen ausgehandelt worden, weshalb sie nach § 1 Abs. 2 AGBG nicht in den Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes falle.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin habe schlüssig vorgetragen und durch Urkunden belegt , daû die Beklagte als Bürgin sich wirksam verpflichtet habe, für die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen aus dem Bauvertrag bis zu einem Höchstbetrag von 115.000 DM auf erstes Anfordern einzustehen, und daû die Klägerin eine die Verpflichtung zur Zahlung von 102.000 DM auslösende Anforderungserklärung abgegeben habe.
Ihrer sich daraus ergebenden Zahlungspflicht könne die Beklagte nicht den Einwand des Rechtsmiûbrauchs entgegensetzen. Dieser Einwand setze voraus, daû der Rechtsmiûbrauch offensichtlich sei. Das sei nur dann der Fall, wenn die den Rechtsmiûbrauch begründenden Tatsachen entweder unstreitig oder leicht beweisbar seien. Im vorliegenden Fall sei die von der Beklagten geltend gemachte Miûbrauchssituation jedenfalls nicht offenkundig. Es gehe im wesentlichen darum, ob § 14 Nr. 6 des Bauvertrags eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle
und daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam sei oder ob diese Vertragsklausel zwischen den Parteien des Bauvertrags im einzelnen ausgehandelt worden sei und gegen ihre Wirksamkeit daher keine Bedenken bestünden. Wie es sich verhalten habe, werde voraussichtlich nicht ohne eine unter Umständen aufwendige Beweisaufnahme zu klären sein, die ihren Platz jedoch erst im Rückforderungsprozeû , nicht aber im jetzigen Verfahren oder dessen Nachverfahren habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daû die Beklagte eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern wirksam übernommen und die Klägerin sie aus dieser Bürgschaft formal ordnungsgemäû in Anspruch genommen hat. Die Revision greift das auch nicht an.
2. Mit Recht ist das Berufungsgericht der Ansicht, daû die Beklagte ihrer Zahlungspflicht aus der Bürgschaft nicht den Einwand des Rechtsmiûbrauchs entgegensetzen kann.

a) Der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Verpflichtete kann seiner Inanspruchnahme aus der Bürgschaft Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nach ständiger Rechtsprechung nur entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine formale
Rechtsstellung offensichtlich miûbraucht. Das ist nur dann der Fall, wenn es offen auf der Hand liegt oder zumindest liquide beweisbar ist, daû der materielle Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist. Alle Streitfragen, deren Beantwortung sich nicht ohne weiteres ergibt, sind nicht im Erstprozeû, sondern im Rückforderungsprozeû auszutragen (vgl. z.B. BGHZ 143, 381, 383; 147, 99, 102; jeweils m.w.Nachw.). Diese Grundsätze finden nicht nur auf Einwendungen gegen die Hauptforderung Anwendung , sondern auch dann, wenn der Bürge geltend macht, der Gläubiger sei im Verhältnis zum Hauptschuldner verpflichtet, von der Bürgschaft keinen Gebrauch zu machen (BGHZ 143, 381, 384; 147, 99, 102 f.; BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - IX ZR 204/00, Urteilsumdruck S. 5).

b) Im vorliegenden Fall kommt der Einwand des Rechtsmiûbrauchs schon deshalb nicht in Betracht, weil es weder offenkundig noch liquide beweisbar ist, daû § 14 Nr. 6 des Bauvertrags eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt; den von der Beklagten an ihre dahingehende Behauptung geknüpften Folgerungen einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Vertragsklausel (vgl. BGHZ 136, 27, 30 ff.; 147, 99, 104 f.) und eines daraus folgenden offenkundigen Miûbrauchs der rechtsgrundlos erlangten Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern durch die Klägerin (vgl. BGHZ 147, 99, 105 ff.) ist bereits dadurch die Grundlage entzogen. Die umstrittene Frage, ob § 14 Nr. 6 des Bauvertrags im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG individuell ausgehandelt wurde und damit nicht in den Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes fällt, kann, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, nur durch eine unter Umständen aufwendige Beweisaufnahme geklärt werden, die ihren Platz nicht im
vorliegenden Rechtsstreit, sondern erst in einem etwaigen Rückforderungsprozeû hat.

c) Aus der Beweislastverteilung ergibt sich nichts anderes.
Es ist zwar richtig, daû den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 AGBG trifft (BGH, Urteil vom 3. April 1998 - V ZR 6/97, WM 1998, 1289, 1291). Dem kommt im vorliegenden Zusammenhang aber keine entscheidende Bedeutung zu. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht mit für die Revisionsinstanz bindender Wirkung (§ 561 Abs. 1 a.F. ZPO) festgestellt hat, behauptet, § 14 Nr. 6 des Bauvertrags sei zwischen den Bauvertragsparteien individuell ausgehandelt worden. Sie hat damit ihrer Darlegungslast für die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AGBG genügt. Die Frage, ob diese Voraussetzungen tatsächlich vorgelegen haben, ist streitig und kann nicht mit Hilfe liquider Beweismittel auf der Stelle geklärt werden. Ein offensichtlicher Rechtsmiûbrauch der Klägerin ist schon deshalb nicht gegeben. Daû die Klägerin für die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AGBG die Beweislast trägt, ist demgegenüber unerheblich. Der Sinn und Zweck einer Bürgschaft auf erstes Anfordern liegt darin, dem Gläubiger innerhalb kürzester Zeit liquide Mittel zu verschaffen (BGH, Urteile vom 13. Juli 1989 - IX ZR 223/88, WM 1989, 1496, 1497 und vom 17. Oktober 1996 - IX ZR 325/95, WM 1996, 2228, 2229). Dem widerspräche es, wenn die schnelle Durchsetzung der Bürgschaftsforderung in allen Fällen mit dem Einwand des Rechtsmiûbrauchs verhindert werden könnte, in denen eine
vom Gläubiger zu beweisende Tatsache nicht sofort geklärt werden kann.

III.


Die Revision der Beklagten war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 192/01 Verkündet am:
18. April 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl
Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam.
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Herausgabe von zwei Urkunden über Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern, die sie zur Sicherung von Ansprüchen der beklagten Auftraggeber für den Auftragnehmer übernommen hat. Der Auftragnehmer bot den Beklagten zunächst Innenputz-, später auch Trockenbauarbeiten an. Bei der Besprechung der Angebote legten die Beklagten jeweils mit "Verhandlungsprotokoll" überschriebene Formulare vor. Dort ist zur Zahlungsweise und zu Sicherheitsleistungen unter anderem folgendes vereinbart (handschriftliche Eintragungen sind in Kursivschrift wiedergegeben):
15. Zahlungen 15.1 (...) 15.2 Der AG ist berechtigt, bei den Abschlagszahlungen einen Betrag i.H.v. 10% der erbrachten Leistung einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrages als Sicherheit für die Vertragserfüllung des NU einzubehalten. Zahlung erfolgt innerhalb von – Kalendertagen nach Rechnungseingang. gem. VOB (B). (...) 16. Sicherheitsleistung 16.1 Der NU hat dem AG bis spätestens 2 Tage/Wochen*) nach Vertragsabschluß einzureichen:
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM _________ / 10% der Auftragssumme *)
b) (...) Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU die festgelegte (n) Bürgschaft(en) nicht zum vereinbarten Termin einreicht. 16.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der Abrechnungssumme zzgl. MWSt. *) Nichtzutreffendes streichen. 16.1 und 16.2 nach dem Muster von PH AG und von einer großen deutschen Bank
Das an den Auftragnehmer dabei übergebene Muster der Beklagten zu 1 enthielt das vorgedruckte Versprechen des Bürgen, daß er Zahlung auf erste schriftliche Anforderung leisten werde. Auf der Grundlage der Verhandlungsprotokolle gab der Auftragnehmer seine endgültigen Angebote ab, die von den Beklagten angenommen wurden. Die Klägerin übernahm jeweils die Bürgschaften unter Verwendung des Vordrucks der Beklagten zu 1.
Ihre in erster Linie auf eine Unwirksamkeit der Sicherungsabrede gestützte , mit Ermächtigung des Auftragnehmers erhobene Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden ist in den Tatsacheninstanzen erfolgreich gewesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, die wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabreden ohne Rechtsgrund erlangten Bürgschaftsurkunden herauszugeben. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht die Klausel über die Vertragserfüllungsbürgschaft nach dem Muster der Beklagten zu 1 in beiden Fällen als Allgemeine Geschäftsbedingung an. Daran ändere es nichts, daû sich Haftungsumfang und Charakter der verlangten Bürgschaften erst aus handschriftlichen Eintragungen in die Verhandlungsprotokolle ergäben. Für eine Vorformulierung sei es ausreichend, wenn eine Bedingung aus dem Gedächtnis des AGBVerwenders oder seiner Gehilfen wiedergegeben werde. Es sei unstreitig, daû identische Klauseln auch gegenüber anderen auf derselben Baustelle tätigen
Handwerkern verwendet, die Formulierungen jeweils von den Mitarbeitern der Beklagten eingeführt und in das Protokoll eingetragen worden seien. Soweit die Beklagten angegeben hätten, es habe grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft bestanden, habe die Beweisaufnahme das nicht ergeben. Die Vertragsklausel sei wegen Verstoûes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liege in der den Beklagten eingeräumten Möglichkeit, sich ohne weiteren Nachweis zum Eintritt des Sicherungsfalls sofort liquide Mittel allein durch die Behauptung zu verschaffen, ihnen stehe ein vom Bürgschaftszweck gedeckter Anspruch zu. Damit entlasteten sie sich einerseits von dem sie nach der gesetzlichen Regelung treffenden Risiko einer Insolvenz des Auftragnehmers im Erfüllungsstadium und bürdeten diesem andererseits die Klagelast und das Insolvenzrisiko für einen Rückforderungsprozeû auf. Darüber hinaus sei die mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Miûbrauchsgefahr in Rechnung zu stellen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Vereinbarung der Parteien, wonach der Auftragnehmer als Vertragserfüllungsbürgschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen hat, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten.
a) Dem angefochtenen Urteil ist entgegen der Auffassung der Revision die Feststellung zu entnehmen, daû bei der Verwendung der Verhandlungsprotokolle regelmäûig aus dem Gedächtnis Hinweise auf die Bürgschaftsfor-
mulare der Beklagten zu 1 aufgenommen worden sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist unstreitig, daû in den Verhandlungsprotokollen mit den anderen auf der Baustelle tätigen Handwerkern dieselben Klauseln aufgenommen worden sind. Damit ist auch festgestellt, daû der Hinweis auf die Muster der Beklagten zu 1 aus dem Gedächtnis vorformuliert verwendet worden ist.
b) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AGBG sind nicht dargetan. Von einem Aushandeln im Sinne dieser Norm kann nur gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen mit der realen Möglichkeit einräumt, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488 = BauR 1998, 1094 = ZfBR 1998, 308 m.w.N.). Das läût sich auch aus den im Beklagtenvortrag in Bezug genommenen Zeugenaussagen nicht entnehmen. 2. Die Sicherungsabrede ist jedenfalls insoweit unwirksam, als die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen ist. Das benachteiligt den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG).
a) Der Gläubiger kann eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nach den in der Bürgschaftsurkunde genannten Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalls ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93, NJW 1994, 380; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 57/95, BauR 1996, 251 = ZfBR 1996, 139; BGH, Urteil vom 2. April 1998 - IX ZR 79/97, BauR 1998, 634 = ZfBR 1998, 237;
BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, WM 2002, 743). Der Bürge kann seiner Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nur entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich miûbraucht (BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, aaO). Im übrigen ist er auf den Rückforderungsprozeû verwiesen (BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR 397/98, BGHZ 143, 381).
b) Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hat damit nicht nur die Funktion einer Sicherung. Sie räumt dem Gläubiger weiterreichend die Möglichkeit ein, sich liquide Mittel zu verschaffen. Das ist auch dann möglich, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Damit unterliegt der Auftragnehmer der Gefahr, durch den Rückgriff des Bürgen belastet zu werden, ohne daû der Anspruch des Gläubigers besteht. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die im Ergebnis unberechtigte Anforderung der Bürgschaft auf einen Miûbrauch zurückgeht oder auf eine bloûe Fehleinschätzung seitens des Auftraggebers.
c) Dadurch werden die Sicherungsrechte des Auftraggebers über sein anerkennenswertes Interesse unangemessen ausgedehnt. Allerdings hält es der Senat für zulässig, den Auftragnehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten (BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Das trägt dem Interesse des Auftraggebers an einer Absicherung seiner Ansprüche bei unzureichender Vertragserfüllung des Auftragnehmers Rechnung. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt. Über dieses Sicherungsinteresse geht die Bürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen weit hinaus. Es ist nicht zu verkennen, daû der Auftraggeber durch ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers in Liquiditätsschwierigkeiten geraten kann (OLG
München, BauR 2001, 1618). Das rechtfertigt es nicht, das Liquiditätsrisiko durch Allgemeine Geschäftsbedingungen einseitig zu Lasten des Auftragnehmers zu regeln, denn dem Auftragnehmer wird durch die Inanspruchnahme der Bürgschaft im selben Umfang Liquidität entzogen. Ihm wird darüber hinaus das Risiko der Insolvenz des Auftraggebers bei der nachfolgenden Durchsetzung seiner Rückforderungsansprüche aufgebürdet.
d) Der Senat kann offen lassen, ob der Auftragnehmer Unternehmer ist. Es besteht kein Grund, bezüglich der Wirksamkeit der Klausel danach zu differenzieren , ob es sich bei dem Gegner des Klauselverwenders um einen Unternehmer handelt. Die im kaufmännischen Geschäftsverkehr bestehenden Interessen weisen keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten (Kainz, BauR 1995, 616, 625 f.). 3. Die Haftung der als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Beklagten bleibt unberührt von der in der mündlichen Verhandlung von der Revision angeführten Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, wonach die Beklagte zu 1 schon bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der ARGE ausgeschieden sei und die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werde. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet für vor seinem Ausscheiden rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten in ihrem jeweiligen Bestand persönlich und unbeschränkt fort. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 192/01 Verkündet am:
18. April 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl
Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam.
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Herausgabe von zwei Urkunden über Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern, die sie zur Sicherung von Ansprüchen der beklagten Auftraggeber für den Auftragnehmer übernommen hat. Der Auftragnehmer bot den Beklagten zunächst Innenputz-, später auch Trockenbauarbeiten an. Bei der Besprechung der Angebote legten die Beklagten jeweils mit "Verhandlungsprotokoll" überschriebene Formulare vor. Dort ist zur Zahlungsweise und zu Sicherheitsleistungen unter anderem folgendes vereinbart (handschriftliche Eintragungen sind in Kursivschrift wiedergegeben):
15. Zahlungen 15.1 (...) 15.2 Der AG ist berechtigt, bei den Abschlagszahlungen einen Betrag i.H.v. 10% der erbrachten Leistung einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrages als Sicherheit für die Vertragserfüllung des NU einzubehalten. Zahlung erfolgt innerhalb von – Kalendertagen nach Rechnungseingang. gem. VOB (B). (...) 16. Sicherheitsleistung 16.1 Der NU hat dem AG bis spätestens 2 Tage/Wochen*) nach Vertragsabschluß einzureichen:
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM _________ / 10% der Auftragssumme *)
b) (...) Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU die festgelegte (n) Bürgschaft(en) nicht zum vereinbarten Termin einreicht. 16.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der Abrechnungssumme zzgl. MWSt. *) Nichtzutreffendes streichen. 16.1 und 16.2 nach dem Muster von PH AG und von einer großen deutschen Bank
Das an den Auftragnehmer dabei übergebene Muster der Beklagten zu 1 enthielt das vorgedruckte Versprechen des Bürgen, daß er Zahlung auf erste schriftliche Anforderung leisten werde. Auf der Grundlage der Verhandlungsprotokolle gab der Auftragnehmer seine endgültigen Angebote ab, die von den Beklagten angenommen wurden. Die Klägerin übernahm jeweils die Bürgschaften unter Verwendung des Vordrucks der Beklagten zu 1.
Ihre in erster Linie auf eine Unwirksamkeit der Sicherungsabrede gestützte , mit Ermächtigung des Auftragnehmers erhobene Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden ist in den Tatsacheninstanzen erfolgreich gewesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, die wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabreden ohne Rechtsgrund erlangten Bürgschaftsurkunden herauszugeben. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht die Klausel über die Vertragserfüllungsbürgschaft nach dem Muster der Beklagten zu 1 in beiden Fällen als Allgemeine Geschäftsbedingung an. Daran ändere es nichts, daû sich Haftungsumfang und Charakter der verlangten Bürgschaften erst aus handschriftlichen Eintragungen in die Verhandlungsprotokolle ergäben. Für eine Vorformulierung sei es ausreichend, wenn eine Bedingung aus dem Gedächtnis des AGBVerwenders oder seiner Gehilfen wiedergegeben werde. Es sei unstreitig, daû identische Klauseln auch gegenüber anderen auf derselben Baustelle tätigen
Handwerkern verwendet, die Formulierungen jeweils von den Mitarbeitern der Beklagten eingeführt und in das Protokoll eingetragen worden seien. Soweit die Beklagten angegeben hätten, es habe grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft bestanden, habe die Beweisaufnahme das nicht ergeben. Die Vertragsklausel sei wegen Verstoûes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liege in der den Beklagten eingeräumten Möglichkeit, sich ohne weiteren Nachweis zum Eintritt des Sicherungsfalls sofort liquide Mittel allein durch die Behauptung zu verschaffen, ihnen stehe ein vom Bürgschaftszweck gedeckter Anspruch zu. Damit entlasteten sie sich einerseits von dem sie nach der gesetzlichen Regelung treffenden Risiko einer Insolvenz des Auftragnehmers im Erfüllungsstadium und bürdeten diesem andererseits die Klagelast und das Insolvenzrisiko für einen Rückforderungsprozeû auf. Darüber hinaus sei die mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Miûbrauchsgefahr in Rechnung zu stellen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Vereinbarung der Parteien, wonach der Auftragnehmer als Vertragserfüllungsbürgschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen hat, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten.
a) Dem angefochtenen Urteil ist entgegen der Auffassung der Revision die Feststellung zu entnehmen, daû bei der Verwendung der Verhandlungsprotokolle regelmäûig aus dem Gedächtnis Hinweise auf die Bürgschaftsfor-
mulare der Beklagten zu 1 aufgenommen worden sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist unstreitig, daû in den Verhandlungsprotokollen mit den anderen auf der Baustelle tätigen Handwerkern dieselben Klauseln aufgenommen worden sind. Damit ist auch festgestellt, daû der Hinweis auf die Muster der Beklagten zu 1 aus dem Gedächtnis vorformuliert verwendet worden ist.
b) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AGBG sind nicht dargetan. Von einem Aushandeln im Sinne dieser Norm kann nur gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen mit der realen Möglichkeit einräumt, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488 = BauR 1998, 1094 = ZfBR 1998, 308 m.w.N.). Das läût sich auch aus den im Beklagtenvortrag in Bezug genommenen Zeugenaussagen nicht entnehmen. 2. Die Sicherungsabrede ist jedenfalls insoweit unwirksam, als die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen ist. Das benachteiligt den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG).
a) Der Gläubiger kann eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nach den in der Bürgschaftsurkunde genannten Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalls ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93, NJW 1994, 380; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 57/95, BauR 1996, 251 = ZfBR 1996, 139; BGH, Urteil vom 2. April 1998 - IX ZR 79/97, BauR 1998, 634 = ZfBR 1998, 237;
BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, WM 2002, 743). Der Bürge kann seiner Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nur entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich miûbraucht (BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, aaO). Im übrigen ist er auf den Rückforderungsprozeû verwiesen (BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR 397/98, BGHZ 143, 381).
b) Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hat damit nicht nur die Funktion einer Sicherung. Sie räumt dem Gläubiger weiterreichend die Möglichkeit ein, sich liquide Mittel zu verschaffen. Das ist auch dann möglich, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Damit unterliegt der Auftragnehmer der Gefahr, durch den Rückgriff des Bürgen belastet zu werden, ohne daû der Anspruch des Gläubigers besteht. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die im Ergebnis unberechtigte Anforderung der Bürgschaft auf einen Miûbrauch zurückgeht oder auf eine bloûe Fehleinschätzung seitens des Auftraggebers.
c) Dadurch werden die Sicherungsrechte des Auftraggebers über sein anerkennenswertes Interesse unangemessen ausgedehnt. Allerdings hält es der Senat für zulässig, den Auftragnehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten (BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Das trägt dem Interesse des Auftraggebers an einer Absicherung seiner Ansprüche bei unzureichender Vertragserfüllung des Auftragnehmers Rechnung. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt. Über dieses Sicherungsinteresse geht die Bürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen weit hinaus. Es ist nicht zu verkennen, daû der Auftraggeber durch ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers in Liquiditätsschwierigkeiten geraten kann (OLG
München, BauR 2001, 1618). Das rechtfertigt es nicht, das Liquiditätsrisiko durch Allgemeine Geschäftsbedingungen einseitig zu Lasten des Auftragnehmers zu regeln, denn dem Auftragnehmer wird durch die Inanspruchnahme der Bürgschaft im selben Umfang Liquidität entzogen. Ihm wird darüber hinaus das Risiko der Insolvenz des Auftraggebers bei der nachfolgenden Durchsetzung seiner Rückforderungsansprüche aufgebürdet.
d) Der Senat kann offen lassen, ob der Auftragnehmer Unternehmer ist. Es besteht kein Grund, bezüglich der Wirksamkeit der Klausel danach zu differenzieren , ob es sich bei dem Gegner des Klauselverwenders um einen Unternehmer handelt. Die im kaufmännischen Geschäftsverkehr bestehenden Interessen weisen keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten (Kainz, BauR 1995, 616, 625 f.). 3. Die Haftung der als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Beklagten bleibt unberührt von der in der mündlichen Verhandlung von der Revision angeführten Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, wonach die Beklagte zu 1 schon bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der ARGE ausgeschieden sei und die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werde. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet für vor seinem Ausscheiden rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten in ihrem jeweiligen Bestand persönlich und unbeschränkt fort. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 502/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl, § 6 Abs. 2; BGB §§ 133 B, 157 D a.F.

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
18. April 2002 – VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der dadurch lückenhafte Vertrag ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Bauunternehmer
eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet.

c) Eine solche ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach Bekanntwerden
dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen
werden, nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Die Anschluûrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die klagende Bauunternehmerin von der beklagten Bestellerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern herausverlangen kann.
Die Klägerin verpflichtete sich als Nachunternehmerin der Beklagten zu umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten in einer Rheumaklinik in W. In dem unter Verwendung eines Formulars der Beklagten geschlossenen VOB-Vertrag wurde u.a. folgendes vereinbart: "14. Sicherheitsleistung 14.1 Der NU (= Klägerin) hat dem AG (= Beklagte) bis spätestens zum ..... / ...8... Tage / .... Wochen *) nach Vertragsabschluû einzureichen: eine
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM ..... bzw. 10% der Brutto-Vertragssumme
b) Vorauszahlungsbürgschaft über DM ..... bzw. ....% Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU nicht die festgelegte (n) Bürgschaft(en) zum vereinbarten Termin einreicht und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 14.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt fünf% oder pauschal DM ...... *) der Schluûabrechnungssummen zuzüglich MWSt. Er kann durch eine Bankbürgschaft gemäû beiliegendem Text abgelöst werden (Anlage No. 1). In der Bürgschaft muû auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage verzichtet worden sein. Der Bürge muû sich in der Bürgschaftsurkunde verpflichten, auf erste Anforderung des AG (Gläubigers) zu zahlen. Die Bürgschaft darf nicht zeitlich befristet sein."
Die Klägerin stellte aufgrund dieser Regelung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern über 195.500 DM. Zweck der Bürgschaft, deren Formulierung die Beklagte durch ein dem Vertrag beigefügtes Muster vorgegeben hatte, war die Sicherung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung, die Rückerstattung von Überzahlungen und die Erfüllung aller Gewährleistungsverpflichtungen einschlieûlich eventuell geleisteter Vorauszahlungen. Ob die Klägerin ihre Arbeiten vollständig erbracht hat und ihre Werkleistung abgenommen worden ist, ist streitig. Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft an die Bürgin verlangt. Das
Landgericht hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil dahingehend geändert, daû die Herausgabe von einer Zug um Zug zu übergebenden entsprechenden Bürgschaftsurkunde ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern abhängig ist. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, sowie die Anschluûrevision der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision hat keinen Erfolg. Die Revision hat Erfolg. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Zur Anschluûrevision:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Es führt aus, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders verstoûe die Verpflichtung des Vertragspartners,
eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Bürgschaftsurkunde sei daher ohne Rechtsgrund geleistet.

II.

Die hiergegen von der Anschluûrevision erhobenen Rügen sind nicht begründet. Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, in Juris dokumentiert und zum Abdruck in BGHZ bestimmt, im einzelnen ausgeführt. Daran hält der Senat fest; auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

B. Zur Revision:

I.

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft nach § 17 Nr. 8 VOB/B nicht zu. Solange zwischen den Parteien Streit über die Frage der Abnahme der Werkleistung der Klägerin bestehe, müsse die Beklagte berechtigt sein, die Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 17 Nr. 8 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung, zurückzugeben. Ist ein Zeitpunkt für die Rückgabe nicht ausdrücklich vereinbart, so kann er sich aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede ergeben (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 182). Danach kann der Sicherungsnehmer verpflichtet sein, die Sicherung zurückzugewähren , sobald feststeht, daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 328).
b) Ein Zeitpunkt für die Rückgabe ist nicht vereinbart. Feststellungen dazu , daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, fehlen. Daû Streit über die Abnahme besteht, ist unerheblich. Die Abnahme allein läût die durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche nicht entfallen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Dieser Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Stellung einer Bürgschaft ohne das Versprechen einer Zahlung auf erstes Anfordern. Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei dahin auszulegen, daû die im letzten Absatz enthaltene Regelung über den Inhalt der Bürgschaft nicht nur für die Gewährleistungsbürgschaft (Nr. 14.2), sondern auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft (Nr. 14.1) gelten solle. Insoweit sei der Wortlaut des Vertrages
zwar nicht völlig eindeutig. Die Gestaltung des Textes lasse jedoch die Auslegung zu, daû sich der Text des Vertrages auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft beziehe. Dies folge zu Lasten der Beklagten als Verwenderin aus § 5 AGBG. Die Klausel in Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei in der Weise teilbar , daû die Verpflichtung zur Stellung einer gewöhnlichen Vertragserfüllungsbürgschaft gemäû § 6 AGBG aufrechterhalten bleibe. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Nach dem Vertrag ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daû die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend eindeutig sind, ob der letzte Absatz der Nr. 14 des Vertrages über den Inhalt der Bürgschaft auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft anzuwenden ist. Hat das Berufungsgericht dazu keine bindenden Feststellungen getroffen, so kann der Senat die Auslegung nachholen. Danach sind die besonderen Anforderungen an den Inhalt der Bürgschaft eindeutig auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zu beziehen. Der Text und die Stellung des letzten Absatzes der Nr. 14 des Vertrages lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die besonderen Anforderungen an den Inhalt der zu stellenden Bürgschaft und die Bindung der Klägerin an den Vordruck der Beklagten auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft gelten sollen. Das als Anlage in den Vertrag aufgenommene Muster einer Bürgschaftserklärung, wonach der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen verpflichtet ist und das als gesichert auch die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung nennt, beseitigt diese Zweifel. Eine solche Verpflichtung verstöût, wie bereits ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so daû der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin zusteht (§ 812 Abs. 1 BGB). Entgegen der An-
sicht der Revision kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch auf einen unwirksamen Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = WM 2001, 947 f). Denn dieser Verzicht ist nicht Inhalt der Klausel Nr. 14. In Satz 1 des letzten Absatzes dieser Klausel werden die Modalitäten des Inhalts der Bürgschaft abschlieûend geregelt.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel in Nr. 14, hat nicht zur Folge, daû keine Bürgschaftsverpflichtung mehr bestünde. Der Vertrag ist vielmehr dahin auszulegen, daû die Klägerin verpflichtet ist, eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Zusatz der Zahlung auf erstes Anfordern zu stellen (§ 6 Abs. 2 AGBG, §§ 133, 157 BGB). Dabei kann offenbleiben, ob die Klausel durch Streichung des Satzteils, wonach der Bürge sich verpflichtet, auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber Zahlung zu leisten, teilbar ist; denn ein ersatzloser Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung kommt schon aus anderen Gründen nicht in Betracht. aa) Läût sich die mit dem Wegfall einer nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und führt dies zu einem Ergebnis, daû den beiderseitigen Interessen nicht in vertretbarer Rechnung trägt, so bedient sich die Rechtsprechung der ergänzenden Vertragsauslegung; denn es wäre unbillig und widerspräche der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, dem Vertragspartner des Verwenders einen Vorteil zu belassen, der das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschiebt (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157). An die Stelle der Klausel tritt dann die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Dies entspricht
dem Sinn und Zweck des § 6 AGBG (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, aaO). bb) Die Lücke, die bei einem vollständigen Wegfall der nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entsteht, läût sich durch dispositives Werkvertragsrecht nicht füllen. Es enthält keine Regelung, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Es kommt daher nach § 6 Abs. 2 AGBG allein eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Maûstäben der §§ 133, 157 BGB in Betracht. Danach hat der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen. (1) Der ersatzlose Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung würde zu einem den Interessen der Parteien nicht mehr gerecht werdenden Ergebnis führen. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse des Auftraggebers, den Unternehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt (BGH, Urteile vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Diesem Sicherungsinteresse haben die Parteien durch die Sicherungsabrede Rechnung tragen wollen. Würde die Sicherungsabrede ersatzlos wegfallen, würde jede Sicherung entfallen. Dieses Ergebnis ist mit dem durch die Sicherungsabrede zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien nicht zu vereinbaren. (2) Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gewählt, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bekannt gewesen wä-
re. Die Bedenken, dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten für Sicherheiten willkürlich, teilt der Senat nicht. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art. Sie stellt lediglich eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). (3) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats (Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151) nicht entgegen. Gegenstand der Prüfung war dort eine Formularklausel, in der dem Auftraggeber das Recht auf einen 5 %-igen Gewährleistungseinbehalt eingeräumt worden war. Allein dessen Angemessenheit hatte der Senat, wenn auch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption der Klausel, zu der die Möglichkeit zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern gehörte, zu beurteilen.
c) Dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 6 Abs. 2 AGBG gefundenen Ergebnis liegt maûgeblich die Erwägung zugrunde, die nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksame Klausel führe zu einer planwidrigen, von den Vertragsparteien nicht bedachten Unvollständigkeit des Vertrages. Eine solche Lücke wird allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn die in der Klausel enthaltene Regelung bei objektiver Betrachtung als vom Verwender bewuût abschlieûend gewählt anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835 f; MünchKomm/Basedow, 4. Aufl., AGBG § 6 Rdn. 13). Diese Annahme ist geboten, wenn der Auftraggeber nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung in alsdann zu schlieûenden Bauverträgen an der Klausel festhält und sie damit weiterverwendet. In diesen Fällen wird regelmäûig davon auszugehen sein, daû der Klauselverwender ausschlieûlich Wert auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern legt, und des-
halb bei Unwirksamkeit der Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zur Wahrung seines Sicherungsinteresses nicht mehr in Betracht kommt.
d) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung kann aber gleichwohl nicht bestätigt werden, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen noch offen ist, ob die Beklagte die Sicherung in Anspruch nehmen kann. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 502/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl, § 6 Abs. 2; BGB §§ 133 B, 157 D a.F.

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
18. April 2002 – VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der dadurch lückenhafte Vertrag ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Bauunternehmer
eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet.

c) Eine solche ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach Bekanntwerden
dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen
werden, nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Die Anschluûrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die klagende Bauunternehmerin von der beklagten Bestellerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern herausverlangen kann.
Die Klägerin verpflichtete sich als Nachunternehmerin der Beklagten zu umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten in einer Rheumaklinik in W. In dem unter Verwendung eines Formulars der Beklagten geschlossenen VOB-Vertrag wurde u.a. folgendes vereinbart: "14. Sicherheitsleistung 14.1 Der NU (= Klägerin) hat dem AG (= Beklagte) bis spätestens zum ..... / ...8... Tage / .... Wochen *) nach Vertragsabschluû einzureichen: eine
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM ..... bzw. 10% der Brutto-Vertragssumme
b) Vorauszahlungsbürgschaft über DM ..... bzw. ....% Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU nicht die festgelegte (n) Bürgschaft(en) zum vereinbarten Termin einreicht und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 14.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt fünf% oder pauschal DM ...... *) der Schluûabrechnungssummen zuzüglich MWSt. Er kann durch eine Bankbürgschaft gemäû beiliegendem Text abgelöst werden (Anlage No. 1). In der Bürgschaft muû auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage verzichtet worden sein. Der Bürge muû sich in der Bürgschaftsurkunde verpflichten, auf erste Anforderung des AG (Gläubigers) zu zahlen. Die Bürgschaft darf nicht zeitlich befristet sein."
Die Klägerin stellte aufgrund dieser Regelung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern über 195.500 DM. Zweck der Bürgschaft, deren Formulierung die Beklagte durch ein dem Vertrag beigefügtes Muster vorgegeben hatte, war die Sicherung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung, die Rückerstattung von Überzahlungen und die Erfüllung aller Gewährleistungsverpflichtungen einschlieûlich eventuell geleisteter Vorauszahlungen. Ob die Klägerin ihre Arbeiten vollständig erbracht hat und ihre Werkleistung abgenommen worden ist, ist streitig. Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft an die Bürgin verlangt. Das
Landgericht hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil dahingehend geändert, daû die Herausgabe von einer Zug um Zug zu übergebenden entsprechenden Bürgschaftsurkunde ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern abhängig ist. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, sowie die Anschluûrevision der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision hat keinen Erfolg. Die Revision hat Erfolg. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Zur Anschluûrevision:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Es führt aus, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders verstoûe die Verpflichtung des Vertragspartners,
eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Bürgschaftsurkunde sei daher ohne Rechtsgrund geleistet.

II.

Die hiergegen von der Anschluûrevision erhobenen Rügen sind nicht begründet. Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, in Juris dokumentiert und zum Abdruck in BGHZ bestimmt, im einzelnen ausgeführt. Daran hält der Senat fest; auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

B. Zur Revision:

I.

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft nach § 17 Nr. 8 VOB/B nicht zu. Solange zwischen den Parteien Streit über die Frage der Abnahme der Werkleistung der Klägerin bestehe, müsse die Beklagte berechtigt sein, die Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 17 Nr. 8 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung, zurückzugeben. Ist ein Zeitpunkt für die Rückgabe nicht ausdrücklich vereinbart, so kann er sich aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede ergeben (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 182). Danach kann der Sicherungsnehmer verpflichtet sein, die Sicherung zurückzugewähren , sobald feststeht, daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 328).
b) Ein Zeitpunkt für die Rückgabe ist nicht vereinbart. Feststellungen dazu , daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, fehlen. Daû Streit über die Abnahme besteht, ist unerheblich. Die Abnahme allein läût die durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche nicht entfallen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Dieser Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Stellung einer Bürgschaft ohne das Versprechen einer Zahlung auf erstes Anfordern. Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei dahin auszulegen, daû die im letzten Absatz enthaltene Regelung über den Inhalt der Bürgschaft nicht nur für die Gewährleistungsbürgschaft (Nr. 14.2), sondern auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft (Nr. 14.1) gelten solle. Insoweit sei der Wortlaut des Vertrages
zwar nicht völlig eindeutig. Die Gestaltung des Textes lasse jedoch die Auslegung zu, daû sich der Text des Vertrages auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft beziehe. Dies folge zu Lasten der Beklagten als Verwenderin aus § 5 AGBG. Die Klausel in Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei in der Weise teilbar , daû die Verpflichtung zur Stellung einer gewöhnlichen Vertragserfüllungsbürgschaft gemäû § 6 AGBG aufrechterhalten bleibe. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Nach dem Vertrag ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daû die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend eindeutig sind, ob der letzte Absatz der Nr. 14 des Vertrages über den Inhalt der Bürgschaft auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft anzuwenden ist. Hat das Berufungsgericht dazu keine bindenden Feststellungen getroffen, so kann der Senat die Auslegung nachholen. Danach sind die besonderen Anforderungen an den Inhalt der Bürgschaft eindeutig auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zu beziehen. Der Text und die Stellung des letzten Absatzes der Nr. 14 des Vertrages lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die besonderen Anforderungen an den Inhalt der zu stellenden Bürgschaft und die Bindung der Klägerin an den Vordruck der Beklagten auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft gelten sollen. Das als Anlage in den Vertrag aufgenommene Muster einer Bürgschaftserklärung, wonach der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen verpflichtet ist und das als gesichert auch die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung nennt, beseitigt diese Zweifel. Eine solche Verpflichtung verstöût, wie bereits ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so daû der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin zusteht (§ 812 Abs. 1 BGB). Entgegen der An-
sicht der Revision kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch auf einen unwirksamen Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = WM 2001, 947 f). Denn dieser Verzicht ist nicht Inhalt der Klausel Nr. 14. In Satz 1 des letzten Absatzes dieser Klausel werden die Modalitäten des Inhalts der Bürgschaft abschlieûend geregelt.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel in Nr. 14, hat nicht zur Folge, daû keine Bürgschaftsverpflichtung mehr bestünde. Der Vertrag ist vielmehr dahin auszulegen, daû die Klägerin verpflichtet ist, eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Zusatz der Zahlung auf erstes Anfordern zu stellen (§ 6 Abs. 2 AGBG, §§ 133, 157 BGB). Dabei kann offenbleiben, ob die Klausel durch Streichung des Satzteils, wonach der Bürge sich verpflichtet, auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber Zahlung zu leisten, teilbar ist; denn ein ersatzloser Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung kommt schon aus anderen Gründen nicht in Betracht. aa) Läût sich die mit dem Wegfall einer nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und führt dies zu einem Ergebnis, daû den beiderseitigen Interessen nicht in vertretbarer Rechnung trägt, so bedient sich die Rechtsprechung der ergänzenden Vertragsauslegung; denn es wäre unbillig und widerspräche der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, dem Vertragspartner des Verwenders einen Vorteil zu belassen, der das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschiebt (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157). An die Stelle der Klausel tritt dann die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Dies entspricht
dem Sinn und Zweck des § 6 AGBG (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, aaO). bb) Die Lücke, die bei einem vollständigen Wegfall der nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entsteht, läût sich durch dispositives Werkvertragsrecht nicht füllen. Es enthält keine Regelung, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Es kommt daher nach § 6 Abs. 2 AGBG allein eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Maûstäben der §§ 133, 157 BGB in Betracht. Danach hat der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen. (1) Der ersatzlose Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung würde zu einem den Interessen der Parteien nicht mehr gerecht werdenden Ergebnis führen. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse des Auftraggebers, den Unternehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt (BGH, Urteile vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Diesem Sicherungsinteresse haben die Parteien durch die Sicherungsabrede Rechnung tragen wollen. Würde die Sicherungsabrede ersatzlos wegfallen, würde jede Sicherung entfallen. Dieses Ergebnis ist mit dem durch die Sicherungsabrede zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien nicht zu vereinbaren. (2) Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gewählt, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bekannt gewesen wä-
re. Die Bedenken, dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten für Sicherheiten willkürlich, teilt der Senat nicht. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art. Sie stellt lediglich eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). (3) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats (Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151) nicht entgegen. Gegenstand der Prüfung war dort eine Formularklausel, in der dem Auftraggeber das Recht auf einen 5 %-igen Gewährleistungseinbehalt eingeräumt worden war. Allein dessen Angemessenheit hatte der Senat, wenn auch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption der Klausel, zu der die Möglichkeit zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern gehörte, zu beurteilen.
c) Dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 6 Abs. 2 AGBG gefundenen Ergebnis liegt maûgeblich die Erwägung zugrunde, die nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksame Klausel führe zu einer planwidrigen, von den Vertragsparteien nicht bedachten Unvollständigkeit des Vertrages. Eine solche Lücke wird allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn die in der Klausel enthaltene Regelung bei objektiver Betrachtung als vom Verwender bewuût abschlieûend gewählt anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835 f; MünchKomm/Basedow, 4. Aufl., AGBG § 6 Rdn. 13). Diese Annahme ist geboten, wenn der Auftraggeber nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung in alsdann zu schlieûenden Bauverträgen an der Klausel festhält und sie damit weiterverwendet. In diesen Fällen wird regelmäûig davon auszugehen sein, daû der Klauselverwender ausschlieûlich Wert auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern legt, und des-
halb bei Unwirksamkeit der Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zur Wahrung seines Sicherungsinteresses nicht mehr in Betracht kommt.
d) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung kann aber gleichwohl nicht bestätigt werden, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen noch offen ist, ob die Beklagte die Sicherung in Anspruch nehmen kann. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.