Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2009 - X ZR 39/05

published on 14/07/2009 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2009 - X ZR 39/05
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Bundespatentgericht, 2 Ni 31/03, 28/10/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 39/05 Verkündet am:
14. Juli 2009
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Scharen, die Richterin
Mühlens sowie die Richter Asendorf, Gröning und Dr. Grabinski

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 28. Oktober 2004 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Berufungsklägerin (G. V. GmbH) als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. Mai 1990 angemeldeten , mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 397 238 (Streitpatents), das ein Informationsaufzeichnungssystem , Aufzeichnungsverfahren und Aufzeichnungsträger zur Anwendung in einem derartigen Informationsaufzeichnungssystem betrifft und 14 Patentansprüche umfasst, wegen deren Wortlauts in der Verfahrenssprache Englisch und der deutschen Übersetzung auf die Streitpatentschrift verwiesen wird.
2
Mit Teilnichtigkeitsklage hat die im Rubrum der Klageschrift als Klägerin bezeichnete G. GmbH, K. Straße , D.

geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei im Umfang des nach Anspruch 14 geschützten Aufzeichnungsträgers nicht patentfähig.
3
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; das Bundespatentgericht hat sie abgewiesen.
4
Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts hat die in der Berufungsschrift als Berufungsklägerin bezeichnete G. V. GmbH, S. Straße , O. rechtzeitig , am 18. März 2005 Berufung eingelegt. In der Rechtsmittelschrift ist ausgeführt: "In der Klageschrift und im Urteil des Bundespatentgerichts ist als Klägerin die G. GmbH, K. Straße , D. angegeben. Die korrekte Firma der Klägerin lautet gemäß dem Handelsregisterauszug HR des Amtsgerichts D. G. V. GmbH. … Daneben hat die Klägerin - wie ebenfalls aus dem Handelsregisterauszug hervorgeht - in der Zwischenzeit ihren Sitz nach O. verlegt."
5
Der genannte Handelsregisterauszug war der Berufungsschrift beigefügt.
6
Die Beklagte macht mit der Begründung, die Berufungsklägerin sei ein anderes Unternehmen als die ursprüngliche Klägerin, das als solches auch schon im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung existiert habe, die Unzulässigkeit der Berufung geltend.

Entscheidungsgründe:


7
Die Berufung ist unzulässig.
8
I. Der Berufungsklägerin fehlt die Befugnis, die durch das angefochtene Urteil geschaffenen Beschwer durch das von ihr eingelegte Rechtsmittel zu beseitigen. Die Berufung kann nur von einer dazu berechtigten Person eingelegt werden (vgl. Stein/Jonas/Grunsky21., § 511 ZPO Rdn. 8; Wieczorek/Schütze/ Gerken, § 511 ZPO Rdn. 25). Gehört der Berufungsführer nicht zum Kreis der berufungsfähigen Beteiligten, ist das von ihm eingelegte Rechtsmittel nicht statthaft (MünchKommZPO-Rimmelspacher, 2. Aufl., § 511 Rdn. 25). Zum Kreis derjenigen, die das Rechtsmittel zulässig einlegen können, gehören die Hauptparteien des erstinstanzlichen Verfahrens bzw. deren im ersten Rechtszug oder bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in den Prozess eingetretene Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolger, des Weiteren Personen, die durch Parteiwechsel oder -beitritt (vgl. § 856 Abs. 3 ZPO) Prozessbeteiligte geworden sind oder deren Beteiligung durch das angefochtene Urteil abgelehnt worden ist, der das Rechtsmittel für eine Hauptpartei einlegende Nebenintervenient (vgl. Musielak/ Ball, ZPO, 6. Aufl., § 511 Rdn. 10 ff.; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 511 Rdn. 4), gegebenenfalls auch der streitgenössische Nebenintervenient (vgl. BGHZ 89, 121, 125; Rimmelspacher, aaO Rdn. 23). Zu diesem Kreis gehört die G. V. GmbH nicht.
9
1. Wie sich aus den nunmehr vorgelegten Handelsregisterauszügen ergibt , ist die Berufungsklägerin persönlich haftende Gesellschafterin der G. GmbH & Co. KG. Dieses Unternehmen war durch formwechselnde Umwandlung aus der im Rubrum der Klageschrift als Klägerin bezeichneten G. GmbH entstanden, und zwar bereits vor Erhebung der Nich- tigkeitsklage (Mai 2003). Die Eintragung in das vom Amtsgericht D. geführte Handelsregister (HR ) ist am 27. März 2002 erfolgt. Damit bestand die ursprüngliche G. GmbH in der Rechtsform der GmbH & Co. KG fort. Dass diese Gesellschaft und nicht etwa die G. V. GmbH die Nichtigkeitsklage erhoben hat, steht außer Zweifel; lediglich die Rechtsform des Unternehmens der Klägerin war im Rubrum der Klageschrift und des erstinstanzlichen Urteils falsch bezeichnet.
10
2. Ein anderes Verständnis, als dass die G. V. GmbH in eigenem Namen gegen das gegen die G. (GmbH & Co. KG) ergangene Urteil des Bundespatentgerichts Berufung eingelegt hat, ist nach Lage des Sachverhalts ausgeschlossen. Die Berufungsklägerin existierte zur Zeit der Berufungseinlegung als von der Nichtigkeitsklägerin zu unterscheidende juristische Person. Sie war am 25. November 2004 in das beim Amtsgericht D. geführte Handelsregister eingetragen worden. Allerdings ist die Bezeichnung einer Partei in einem Schriftsatz, mit dem ein Rechtsmittel eingelegt wird, als Teil dieser Prozesshandlung auslegungsfähig. Wer das Rechtsmittel eingelegt hat, muss sich nicht zwangsläufig allein aus der Rechtsmittelschrift ergeben, sondern dafür können gegebenenfalls auch zusätzlich eingereichte Unterlagen herangezogen werden. Entscheidend ist, dass sich innerhalb der Berufungsfrist für das Gericht und den Gegner mit der erforderlichen Sicherheit ergibt, für wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (vgl. BGH, Beschl. v. 15.5.2006 - II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569). Nach den innerhalb der Rechtsmittelfrist vorliegenden Unterlagen steht aus der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts und der Beklagten außer Frage, dass die als Berufungsklägerin bezeichnete G. V. GmbH Rechtsmittelführerin ist. Das ergibt sich aus den zusätzlichen Erläuterungen in der Berufungsschrift zu der - vermeintlich - korrekten Firma der Klägerin sowie der Verlegung ihres Sitzes in Verbindung mit dem dazu korrespondierenden, beigefügten Handelsregister- auszug. Diese Angaben haben den konkludenten Erklärungswert, die Berufungsklägerin sei das Unternehmen, das ungeachtet seiner abweichenden Bezeichnung in der Klageschrift die Nichtigkeitsklage erhoben habe. Da beide Gesellschaften , wie ausgeführt, nicht identisch sind, erweist sich das Rechtsmittel als unzulässig.
11
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Scharen Mühlens Asendorf
Grabinski Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.10.2004 - 2 Ni 31/03 (EU) -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben. (2) Jeder Gläubiger, für den der Ansp
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published on 15/05/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 5/05 vom 15. Mai 2006 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 253, 519 Abs. 2 Die Bezeichnung einer Partei ist als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig. Entsc
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Annotations

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben.

(2) Jeder Gläubiger, für den der Anspruch gepfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen.

(3) Der Drittschuldner hat bei dem Prozessgericht zu beantragen, dass die Gläubiger, welche die Klage nicht erhoben und dem Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen werden.

(4) Die Entscheidung, die in dem Rechtsstreit über den in der Klage erhobenen Anspruch erlassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger wirksam.

(5) Der Drittschuldner kann sich gegenüber einem Gläubiger auf die ihm günstige Entscheidung nicht berufen, wenn der Gläubiger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)