Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2012 - X ZR 2/10

bei uns veröffentlicht am21.02.2012
vorgehend
Bundespatentgericht, 5 Ni 65/09, 02.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 2/10 Verkündet am
21. Februar 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 21. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin und ihrer Streithelferin wird das am 2. September 2009 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts abgeändert. Das europäische Patent 0 572 991 wird im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2, 3, 5 und 6 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik
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Deutschland erteilten europäischen Patents 572 991 (Streitpatents). Das Streitpatent wurde am 2. Juni 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität einer israelischen Patentanmeldung vom 2. Juni 1992 angemeldet. Es betrifft "a method of processing prepaid telephone calls" und umfasst sechs Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch: "A method of processing telephone calls, particularly for use in connection with public telephones, comprising the steps of (a) programming a respective Public Automatic Branch exchange (PABX) to become toll-free accessible for incoming calls through dialling any one out of a series of predetermined numbers stored in a data-bank of the PABX; (b) enabling a calling party to complete a connection with a called party; (c) cutting-off the said connection after a prefixed time/counter pulses interval; (d) erasing from the data-bank any number that had once been dialled; (e) marking the said series of numbers, each on a vendible carrier member in an invisible - however readily exposable - manner; and (f) offering the vendible carrier members for sale to the general public, so that purchasers of the carrier members, after exposing the respective number, are enabled to place a call for the duration of the said interval." Mit Urteil vom 7. März 2006 hat der erkennende Senat eine Nichtig2 keitsklage gegen das Streitpatent abgewiesen (X ZR 213/01, BGHZ 166, 305 - Vorausbezahlte Telefongespräche). Mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage machen die Klägerin und ih3 re Streithelferin geltend, die Gegenstände der Patentansprüche 1, 2, 3, 5 und 6 des Streitpatents seien nicht patentfähig. Der Beklagte hat in erster Instanz das Streitpatent hilfsweise in der
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Fassung von zwei Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der Klage
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im Übrigen dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es ihm (in deutscher Sprache) die Fassung des zweiten Hilfsantrags des Beklagten gegeben hat. Schritt (a) hat danach die folgende Fassung erhalten: "Programmieren eines jeweiligen öffentlichen automatischen Zweigarms (PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer beliebigen Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind und die sich von der Masse der relevanten Teilnehmernummern unterscheiden." Schritt (e) lautet danach:
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"Markieren der Serien von Nummern, jede auf einem verkäuflichen Trägerelement in Form einer Karte oder eines Tickets in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise, wobei die Nummer aufgedruckt und durch eine Schicht aus entfernbarem , undurchsichtigem Belag bedeckt ist." Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin und ihrer
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Streithelferin, die weiterhin die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang des erstinstanzlichen Angriffs begehren. Dem tritt der Beklagte entgegen, der mit seiner eigenen Berufung
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die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage anstrebt und das Streitpatent weiterhin hilfsweise in der Fassung eines Hilfsantrags verteidigt. Danach soll Schritt (e) die im Urteil des Patentgerichts enthaltene Fassung erhalten.
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Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr. K. , Universität B. , ein mündliches Gutachten erstattet, in dem er sein im ersten Nichtigkeitsverfahren erstattetes schriftliches Gutachten ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin und ihrer Streithelferin ist be10 gründet; die Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Verarbeiten (pro11 cessing) von im Voraus bezahlten Telefonanrufen (prepaid telephone calls). Die Beschreibung bezeichnet es als neueste Entwicklung auf diesem Gebiet, die mit Münzen zu bedienenden öffentlichen Telefonapparate durch Apparate zu ersetzen, bei denen eine Magnetkarte zum Einsatz kommt. Diese Entwicklung habe sich aus der Erkenntnis der Nachteile der Münztelefone ergeben, die darin bestünden, dass der Benutzer im Besitz von passenden Münzen sein müsse sowie dass die Apparate regelmäßig gewartet werden müssten und Vandalismus und Diebstahl ausgesetzt seien. Bei dem Einsatz von bekannten Magnetkarten, speziellen Telefon12 karten oder Kreditkarten sei, so die Beschreibung, zwar das Problem zum Teil, nämlich insofern gelöst, als eine Karte für eine größere Anzahl von Telefonanrufen eingesetzt werden könne. Nachteilig sei aber die beträchtliche Anfangsinvestition in die Ausstattung, Einrichtung und Instandhaltung für die mit Magnetkarten zu betreibenden Telefonapparate. Die Streitpatentschrift beschreibt sodann das Verfahren nach der
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US-Patentschrift 4 706 275 (E1; "Kamil"). Das dort vorgeschlagene Verfahren und System zur Verarbeitung im Voraus bezahlter Telefonanrufe stütze sich auf spezielle überprüfbare Codezahlen, die den Anrufern gegen Erwerb eines Guthabens zugeteilt würden. Die Guthaben würden im Computer spezieller Zentralstationen gespeichert, so dass Anrufe von jedem beliebigen privaten Telefon ermöglicht würden. An diesem Verfahren kritisiert die Streitpatentschrift als Nachteil, dass der an der Nutzung dieses Verfahren Interessierte eine Reihe vorbereitender Schritte durchlaufen müsse - meistens über Kreditkartenunternehmen -, um die Berechtigung zur Nutzung des Systems zu erhalten. Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, die
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Nachteile der öffentlichen Münz- und Magnetkartentelefonanschlüsse zu vermeiden und zugleich jede vorherige Verbindung mit Telefon- oder Kreditkartenunternehmen überflüssig zu machen. Patentanspruch 1 des Streitpatents schlägt dazu als Lösung ein
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Verfahren vor, das der Senat im ersten Nichtigkeitsurteil in folgende Schritte gegliedert hat:
a) Programmieren einer öffentlichen automatischen Nebenstellen - (oder Telekommunikation-)Anlage (Public Automatic Branch Exchange - PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind;
b) Ermöglichen, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen;
c) Abbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit oder einem festgesetzten Zählimpulsintervall;
d) Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank;
e) Notieren jeder Nummer aus der Serie auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise; und
f) Anbieten der verkäuflichen Trägerelemente zum Verkauf an das Publikum.
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Erfindungsgemäß wird die öffentlich zugängliche automatische Telekommunikationsanlage so eingerichtet, dass durch die Eingabe der in der Beschreibung als secret code number (SCN) bezeichneten Ziffernfolge ein Gespräch für eine vorbestimmte Dauer ermöglicht wird. Der Zugang zu dem programmierten System durch Wählen einer Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern soll nach Schritt (a) so eingerichtet sein, dass er für den Kunden gebührenfrei ist. Auf welche Weise dies geschehen soll, lässt das Streitpatent offen. Die Beschreibung (Sp. 2 Z. 46 bis 51) gibt an, dass die Geheimnummer zufällig aus einer Reihe von Nummern ausgewählt werde, die sich von den Teilnehmernummern ("the bulk of the relevant subscriber numbers") unterschieden. Eine solche Geheimnummer könne eine gebührenfreie Vorwahlnummer einschließen ("may include, as a prefix, the relevant toll-free number [800 as in the U.S.]"). In Patentanspruch 2 ist dies dahin formuliert, dass das Verfahren nach Patentanspruch 1 ferner den Schritt umfasse, zunächst eine gebührenfreie Zugangsnummer zum System zu wählen. Das bedeutet, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 eine gebührenfreie Vorwahl erlaubt, aber nicht erfordert. Soll mithin die Geheimnummer selbst den Zugang zum System ermöglichen, muss sie sich notwendigerweise von den "Zugangsnummern" anderer Teilnehmer unterscheiden. Eine solche Notwendigkeit besteht hingegen nicht, wenn bereits die gebührenfreie Vorwahl sicherstellt, dass der Anruf bei dem erfindungsgemäßen Telekommunikationssystem (PABX) eingeht. Schritt (d) sieht das Löschen (erasing) einer einmal (once) gewählten Geheimnummer aus der Datenbank vor. Damit wird erreicht, dass die Geheimnummer, die die zulässige Gesprächsdauer verkörpert, als "verbraucht" gekennzeichnet wird, wenn die Gesprächszeit abgelaufen und die Verbindung deswegen abgebrochen worden ist (Schritt (c)). Sonst könnte sie ein zweites Mal verwendet werden.
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II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung sei durch die im Prioritätsintervall veröffentlichte britische Patentanmeldung 2 252 270 (E5) nahegelegt. Die Priorität könne für diesen Patentanspruch nicht wirksam in Anspruch genommen werden, da insoweit nicht dieselbe Erfindung geschützt sei, wie sie in der Voranmeldung offenbart sei. Diese enthalte hinsichtlich der Geheimnummer eine einschränkende Definition. Die Geheimnummer müsse danach derart ausgewählt werden, dass sie selbst keine Teilnehmerrufnummer sei oder sich zumindest von der Masse der normalen Teilnehmerrufnummern unterscheide. Dagegen lehre Patentanspruch 1, dass es hinsichtlich der Auswahl der Geheimnummer keine sachlichen oder technischen Einschränkungen gebe. Außerdem verlange die Voranmeldung eine Maskierung der Geheimnummer ("masking said numbers"), wohingegen Patentanspruch 1 anstelle von "masking" von "marking" spreche. Der Fachmann , als den das Patentgericht einen Nachrichtentechniker und/oder Informatiker mit abgeschlossener Hochschulausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Telekommunikation angesehen hat, verstehe unter "masking" das Überdecken mit einer Schicht (Maske), demgegenüber verstehe er unter "marking" lediglich das Aufbringen der Zugangsnummer auf das Trägerelement, noch ohne dieses zu überdecken oder zu verdecken. Zwar verlange Patentanspruch 1 weiter, dass die Nummer unsichtbar, jedoch leicht freilegbar sein solle. Dazu böten sich aber unterschiedliche Maßnahmen, beispielsweise eine Überdeckung der ausgebrachten Nummer mit einer Schicht unmittelbar auf dem Trägerelement oder eine Umhüllung des gesamten Trägerelements, an. Auch der Gegenstand des Hilfsantrags I sei nahegelegt, da auch
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insoweit die Priorität nicht in Anspruch genommen werden könne. Dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfs20 antrags II komme dagegen das geltend gemachte Prioritätsrecht zu. Er sei weder durch die (bereits im Vorprozess diskutierte) E1 noch durch die von der Klägerin und ihrer Streithelferin behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen vorweggenommen oder nahegelegt. Vom Gegenstand der E1 unterscheide sich die Erfindung zumindest durch das Löschen der einmal gewählten Nummern aus der Datenbank und die Auswahl der Nummern derart, dass sie sich von der Masse der relevanten Teilnehmernummern unterschieden. Die behaupteten Vorbenutzungshandlungen offenbarten das erfindungsgemäße Verfahren gleichfalls nicht. Sie beträfen verschiedene Telefonkarten der Telekommunikationsunternehmen A. ("T. "), W. ("A. "-Telefonkarte), S. und P. , denen Folgendes gemeinsam sei:  Die Karten umfassten ein Trägermaterial, auf das eine Nummer (Geheimzahl, PIN, SCN) in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise aufgebracht sei;  die Karten seien mit einer Anleitung für den Käufer versehen , aus der hervorgehe, dass zur Benutzung der Karte eine bestimmte (gebührenfreie oder gebührenpflichtige) Zugangsnummer zu wählen sei, anschließend die Geheimzahl eingegeben werden müsse und darauf folgend der gewünschte Dienst (Ansage, Übersetzung, Telefongespräch ) ausgewählt werden könne;  die Karten seien für eine im Voraus festgelegte Gesprächsdauer in Form von Einheiten ("units") angeboten worden;  die Karten umfassten selbst kein Speicherelement, in dem das Gesprächsguthaben gespeichert wäre, seien mithin keine "stored memory cards" oder "stored value cards", sondern sogenannte "remote memory cards".
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Die Karten als solche offenbarten aber nichts über die vermittelnde Telefonzentrale, weder, wie diese aufgebaut sei, noch, welche Verfahrensschritte in ihr abliefen, um dem Anrufer das Telefongespräch zu ermöglichen. Es sei nicht ersichtlich oder ableitbar, ob und wie die Gültigkeit einer Geheimzahl geprüft werde und ob diese dazu in einer Datenbank gespeichert oder nur eine Prüfvorschrift implementiert sei. Allein der schriftlich eingereichten Erklärung des als Zeugen angebotenen W. J. S. könne entnommen werden, dass bei den A. -Karten die Nummern in der Datenbank des Vermittlungscomputers gespeicherte 9-stellige Zahlen gewesen seien. Es bleibe jedoch offen, ob die einmal gewählten Geheimzahlen aus der Datenbank gelöscht worden seien, nach welchen Kriterien die Geheimzahlen ausgewählt worden seien und inwieweit sie sich von den Teilnehmernummern unterschieden hätten, und es könne auch nicht angenommen werden, dass dies durch Nachfrage bei der Telefongesellschaft in Erfahrung zu bringen gewesen sei. Das Löschen nicht mehr benötigter Geheimzahlen habe zwar na22 hegelegen. Für den Fachmann habe aber keine Veranlassung bestanden, besondere Kriterien für die Auswahl der Geheimnummer in Betracht zu ziehen, da Verwechselungen mit Teilnehmernummern schon dadurch ausgeschlossen gewesen seien, dass das System über eine spezielle eindeutige gebührenfreie oder gebührenpflichtige Zugangsnummer erreichbar gewesen sei. III. Dies hält im Ergebnis den Angriffen der Berufung des Beklag23 ten, nicht aber der Berufung der Klägerin und ihrer Streithelferin stand. 1. Der Senat hat im Vorprozess zur erfinderischen Tätigkeit aus24 geführt (BGHZ 166, 305 Rn. 30): "Der Fachmann, der es sich zur Aufgabe gestellt hatte, eine möglichst einfache und preiswerte Lösung für die Verarbeitung von im Voraus bezahlten Telefonanrufen zu finden, kannte die Möglichkeit, dazu Chip- oder Magnetkarten einzusetzen. Diese werden in der Streitpatentschrift ausdrücklich erwähnt. Sie haben den Nachteil, dass aufwendige Lesegeräte erforderlich sind und dass der Kunde nur ein Telefon benutzen kann, das ein solches Lesegerät aufweist. Die Lösung der US-Patentschrift (scil. E1) vermied zwar diese Nachteile, machte aber eine Verbindung zwischen der Verkaufsstelle und der Datenbank des Diensteanbieters und eine individuelle Abwicklung erforderlich; die Möglichkeit einer Vorkonfektionierung eröffnete sie nicht. Im Falle des Erwerbs eines Guthabens durch einen Kunden war es erforderlich, mittels elektrischer oder elektronischer Übermittlung Kontakt zu der Datenbank des Diensteanbieters aufzunehmen, wo das vom Kunden gewünschte Guthaben einem Spezialcode zugeordnet werden musste. Sodann musste diese Identifikationsnummer über die Verbindung mit der Verkaufsstelle dem Kunden zugänglich gemacht werden. Der Fachmann kannte damit zwei Arten der Speicherung der zur Durchführung vorbezahlter Telefonanrufe erforderlichen Daten, nämlich zum einen die Variante, bei der die Daten sämtlich auf einem auf der Karte befindlichen Chip oder Magnetstreifen gespeichert sind, und zum anderen die Variante, dass die Daten in einer Datenbank in der Weise gespeichert sind, dass ein bestimmtes Guthaben einer bestimmten Identifikationsnummer zugeordnet ist. Er kannte außerdem zwei Arten des Vertriebs von vorbezahlten Telefonanrufen, nämlich zum einen den "Verkauf" der Chip- oder Magnetkarte, auf der Guthaben mit standardisierten festen Beträgen gespeichert sind und die deshalb einen Vertrieb an variablen Verkaufsstellen ermöglichen, und zum anderen den Erwerb des Guthabens, die anschließende Zuordnung eines Spezialcodes zu diesem Guthaben und die Übermittlung des Spezialcodes an den Kunden als Legitimation zur Durchführung von vorbezahlten Telefonaten, der durch diesen Aufwand und die damit verbundenen Anforderungen an die Vertriebsstellen dem Vertrieb Grenzen setzte. Der gerichtliche Sachverständige hat es zwar für möglich gehalten, dass der Fachmann, der die verschiedenen Systeme mit ihren spezifischen Nachteilen kennt, in der Lage ist, diese zu kombinieren, er hat dies jedoch für den Zeitpunkt der Priorität des Streitpatents als "unsicher" bezeichnet. Der Senat hat keine Umstände feststellen können, die den Fachmann hierzu veranlassen konnten." 2. Der Senat hat damit im Vorprozess angenommen (BGHZ 166,
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305 Rn. 31), dass der Fachmann dem Stand der Technik (E1) die Möglichkeit entnehmen konnte, besondere Einrichtungen für eine Magnetoder Chipkarte dadurch zu vermeiden, dass er die erforderlichen Daten, nämlich zum einen die Höhe des Guthabens und zum anderen die zum Nachweis der Anspruchsberechtigung erforderliche Identifikationsnummer (PIN), in einer zentralen Datenbank speicherte. Damit war jedoch nicht die Möglichkeit eröffnet, sich wie bei einer Magnet- oder Chipkarte durch den schlichten Erwerb eines Datenträgers Zugang zu einem Zeit- oder Einheitenguthaben zu verschaffen, das mittels eines beliebigen Telefons "abtelefoniert" werden konnte. Dazu musste vielmehr der "special (customer) code" der E1 von einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN), die Zugang zu einem (persönlichen) Guthaben verschaffte, in eine ein (nur) betragsmäßig festgelegtes Telefoneinheitenguthaben "verbriefende" (Geheim -)Nummer umgewandelt werden. Der Senat hat angenommen, im Prioritätszeitpunkt habe der Fachmann hierzu dem Stand der Technik keine Anregung entnehmen können.
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3. Eine solche Anregung ergab sich indessen aus den nunmehr vorgelegten Presseveröffentlichungen vom 11. und 12. Mai 1992 (etwa drei Wochen vor dem Prioritätstag) über das von A. vorgestellte "T. ". Danach erfuhr der Fachmann aus dem "Wall Street Journal"
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(E6-03), der "New York Times" (E6-06) und dem Nachrichtenservice "Communications Daily" (E6-07) folgende Einzelheiten über das "T. ":  "A. said it had introduced a foreign-language phone service that would enable visitors to the US to prepay for … telephone calls."  "Customers can buy small credit-cardlike tickets similar to the coin cards for pay phones in France and Japan, although they do not insert the cards into phones or other devices. Customers won't have to search for a special phone that takes its debit card."  "Customers purchase tickets in "unit" denomination of 10 ($6), 25 ($15) or 50 ($30). … A. hopesto distribute the debit cards through numerous channels overseas, including travel agents, airlines and tourist bureaus."  "When users call 800 number, computerized voice asks them to punch in number on ticket, and caller is told how many units are available."  "… first dialing an "800" number, then a 10-digit "teleticket" number … an identification number that also tells the A. system the customer's regular language."  "Once the call is completed, the cost of the call is deducted from the customer's prepaid card account."
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Dies lässt sich wie folgt zusammenfassen:  Das TeleTicket besteht aus einer kreditkartenähnlichen Karte, die jedoch keinen Magnetstreifen oder Chip enthält und nicht in ein hierfür eingerichtetes Telefongerät eingeführt wird. Sie ist insbesondere für ausländische Besucher der Vereinigten Staaten bestimmt und soll über verschiedene Vertriebskanäle wie Reise- und Tourismusbüros und Fluggesellschaften vertrieben werden.  Die Karten haben standardisierte Werte von 6, 15 oder 30 $ (bzw. 10, 25 oder 50 Einheiten) und ermöglichen vorausbezahlte Telefongespräche.  Ein besonderes Telefon ist hierfür nicht erforderlich. Es ist zunächst eine gebührenfreie Nummer zu wählen (800) und sodann eine 10-stellige "TeleTicket-Nummer" einzugeben, die sich auf der Karte befindet.  Nach Eingabe dieser "TeleTicket-Nummer", die A. die (vermutete) Sprache des Kunden verrät, wird diesem in seiner Sprache das verfügbare Guthaben mitgeteilt.  Der Kunde kann sodann zwischen verschiedenen Ansagen und einem Telefongespräch wählen.  Nach Beendigung des Gesprächs werden die Kosten vom "prepaid card account" des Kunden abgezogen. Damit geht aus dieser Berichterstattung der entscheidende Ge29 sichtspunkt hervor: Ein standardisiertes Guthaben wird einem "TeleTicket" zugeordnet und kann (wiederholt) durch Eingabe der 10-stelligen "TeleTicket"-Nummer mit der Folge genutzt werden, dass sich das Guthaben um die Kosten des jeweiligen Gesprächs vermindert. Dass nur eine Prüfvorschrift implementiert sein könnte, wie das Patentgericht gemeint hat, trifft mithin nicht zu. Ebenso ist nicht zweifelhaft, dass die Funktion der "TeleTicket"-Nummer, die Mitteilung des (Rest-)Guthabens zu ermöglichen , voraussetzt, dass in der A. -Datenbank vor dem Versand an Reisebüros in aller Welt Informationen dazu vorhanden sind, was vermutlich die Sprache des Nutzers sein wird, und welches Einheitenguthaben für die von ihm eingegebene "TeleTicket"-Nummer verfügbar sein soll. Denn weil die "TeleTicket"-Nummer nicht einem bestimmten Kunden, sondern einem bestimmten Einheitenguthaben (und einem Sprachraum) zugeordnet ist, gibt es keinen Grund, die Zuordnung aufwendig erst anlässlich der Abgabe einer einzelnen Karte vorzunehmen. Es ist dann auch die vom Patentgericht zu Recht als selbstver30 ständlich angesehene Maßnahme offenbart, dass die Geheimnummer nach dem Gespräch "gelöscht" wird, d.h. kenntlich gemacht wird, dass oder inwieweit das Guthaben verbraucht worden ist. Übrig bleiben dann nur die vom Patentgericht gesehenen besonderen Anforderungen an die Auswahl der Geheimnummer. Solche Anforderungen stellt das Streitpatent , wie ausgeführt, an die Geheimnummer indessen nicht. Es genügt vielmehr, dass die gebührenfreie Vorwahl sicherstellt, dass der Anrufer die Zentrale und nicht irgendeinen anderen Telekommunikationsanschluss erreicht. Nichts anderes geschieht sowohl bei der E1 als auch bei dem "TeleTicket". Es mag sein, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung aus31 geführt hat, dass der Fachmann gegenüber der Berichterstattung in Zeitungsartikeln , die sich nicht an Fachleute, sondern an die breite Öffentlichkeit wenden, ein gewisses Misstrauen entgegengebracht hat und der Berichterstattung zudem keine Einzelheiten entnehmen konnte. Die Bericht- erstattung gab ihm jedoch Anlass dazu, sich Gedanken zu machen, wie die technische Umsetzung der dort beschriebenen Möglichkeit einer Kombination von Karte, standardisierten Werten und persönlicher Identifikationsnummer sich verwirklichen ließ. Dabei mag es sein, dass es eine offene Frage blieb, ob eine weitere Autorisierung des Kunden oder eine Aktivierung des Guthabens vor der Ermöglichung des Telefonats erforderlich blieben. Dies mag auch bei der nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung später verwendeten Variante, bei der die SCN auf dem die Karte enthaltenden Umschlag als Barcode aufgedruckt war, der Fall gewesen sein. Denn der aufgedruckte Barcode deutet darauf hin, dass ein Rest an Kommunikation zwischen der Verkaufsstelle und dem Diensteanbieter erforderlich blieb, bevor die Telefonkarte verwendet werden konnte. Dies ist hingegen nicht entscheidend, da das Streitpatent diesen Schritt nicht ausschließt. Als Anregung ausreichend ist, dass die Zeitungsartikel die grundsätzliche Möglichkeit der Vorkonfektionierung aufzeigten und dem Fachmann Veranlassung gaben, die Umsetzung zu realisieren.
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4. Die mit dem Hilfsantrag verteidigte Fassung unterscheidet sich vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung dadurch, dass als Trägerelement eine Karte oder ein Ticket angegeben wird und auf dieser die Nummer aufgedruckt und durch eine Schicht aus entfernbarem undurchsichtigen Belag bedeckt ist. Die Art und Weise, wie die Nummer dem Erwerber der Karte bekannt gegeben wird, betrifft nicht das Ermöglichen der vorausbezahlten Telefonanrufe selbst, sondern die Frage, wie die dem Erwerber der Karte bekannt zu gebende Nummer vor dem Zugriff Dritter geschützt werden kann. Bei der Lösung dieses Problems hatte der Fachmann Veranlassung, sich allgemein mit solchen Tickets oder Karten zu befassen, die aufgedruckte geheim zu haltende Nummern aufweisen. Sogenannte "Rubbelkarten" waren bekannt; darüber besteht auch zwischen den Parteien kein Streit. Im Übrigen ergab sich diese Lösung auch aus der europäischen Patentanmeldung 326 724 (E2).
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5. Auch in der Fassung, die das Patentgericht Patentanspruch 1 gegeben hat, beruht sein Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Wie ausgeführt, kann das hinzugefügte Merkmal, nach dem sich die gespeicherten Nummern von den Teilnehmernummern unterscheiden, in der Ausführungsform nach Patentanspruch 2 schon dadurch verwirklicht werden , dass der eigentlichen Geheimnummer eine gebührenfreie Vorwahlnummer vorangestellt wird. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils war daher ebenso nahegelegt wie der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der mit Haupt- und Hilfsantrag des Beklagten verteidigten Fassung.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, §§ 91, 101, 100 ZPO. Gemäß § 101 Abs. 2 ZPO ist § 100 ZPO anzuwenden, denn die Nebenintervenientin gilt als Streitgenossin der Hauptpartei. Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat danach gleichfalls der Beklagte zu tragen, ohne dass es eines besonderen Ausspruchs im Urteilstenor bedarf.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Hoffmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.09.2009 - 5 Ni 65/09 (EU) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2006 - X ZR 213/01

bei uns veröffentlicht am 07.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 213/01 Verkündet am: 7. März 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 213/01 Verkündet am:
7. März 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Vorausbezahlte Telefongespräche
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Ob sich der Gegenstand einer Erfindung für den Fachmann in naheliegender
Weise aus dem Stand der Technik ergibt, ist eine Rechtsfrage, die mittels wertender
Würdigung der tatsächlichen Umstände zu beurteilen ist, die
- unmittelbar oder mittelbar - geeignet sind, etwas über die Voraussetzungen für
das Auffinden der erfindungsgemäßen Lösung auszusagen.
BGH, Urt. v. 7. März 2006 - X ZR 213/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1. August 2001 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 572 991 (Streitpatents ). Das Streitpatent wurde am 2. Juni 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität einer israelischen Patentanmeldung vom 2. Juni 1992 angemeldet. Es betrifft "a method of processing prepaid telephone calls" und umfasst sechs Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch: "A method of processing telephone calls, particularly for use in connection with public telephones, comprising the steps of (a) programming a respective Public Automatic Branch exchange (PABX) to become toll-free accessible for incoming calls through dialling any one out of a series of predetermined numbers stored in a data-bank of the PABX; (b) enabling a calling party to complete a connection with a called party; (c) cutting-off the said connection after a prefixed time/counter pulses interval; (d) erasing from the data-bank any number that had once been dialled; (e) marking the said series of numbers, each on a vendible carrier member in an invisible - however readily exposable - manner; and (f) offering the vendible carrier members for sale to the general public, so that purchasers of the carrier members, after exposing the respective number, are enabled to place a call for the duration of the said interval."
2
Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
3
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, die Lehre des Streitpatents sei nicht patentfähig, denn sie betreffe geschäftliche Tätigkeiten, sei nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 3, 5 und 6 für nichtig erklärt und die Nichtigkeitsklage im Übrigen abgewiesen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Klageabweisung erreichen will.
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Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. Herbert K. schriftliches ein Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Berufung hat Erfolg.
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1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Verarbeiten von im Voraus bezahlten Telefonanrufen (prepaid telephone calls). Die Beschreibung bezeichnet es als neueste Entwicklung, die mit Münzen zu bedienenden öffentlichen Telefonapparate durch Apparate zu ersetzen, bei denen eine Magnetkarte zum Einsatz kommt. Diese Entwicklung habe sich aus der Erkenntnis der Nachteile der Münztelefone ergeben, die darin bestünden, dass der Benutzer im Besitz von passenden Münzen sein müsse sowie dass die Apparate regelmäßig gewartet werden müssten und Vandalismus und Diebstahl ausgesetzt seien.
10
Bei dem Einsatz von bekannten Magnetkarten, speziellen Telefonkarten oder Kreditkarten, sei, so die Beschreibung, zwar das Problem zum Teil, nämlich insofern gelöst, als eine Karte für eine größere Anzahl von Telefonanrufen eingesetzt werden könne. Nachteilig sei aber die beträchtliche Anfangsinvestition in die Ausstattung, Einrichtung und Instandhaltung für die mit Magnetkarten zu betreibenden Telefonapparate.
11
Die Streitpatentschrift beschreibt sodann das Verfahren nach der USPatentschrift 4 706 275 (D 2). Das dort vorgeschlagene Verfahren und System zur Verarbeitung im Voraus bezahlter Telefonanrufe stütze sich auf spezielle, zertifizierbare Codezahlen. Diese würden den Anrufern gegen Erwerb eines Guthabens zugeteilt. Die Guthaben würden im Computer spezieller zentraler Stationen gespeichert, so dass von jedem beliebigen privaten Telefon angerufen werden könne. An diesem Verfahren kritisiert die Streitpatentschrift als Nachteil, dass derjenige, der interessiert sei, dieses Verfahren zu nutzen, eine ganze Reihe vorbereitender Schritte durchlaufen müsse - meistens über Kreditkartenunternehmen -, um eine entsprechende Berechtigung zur Nutzung des Systems zu erhalten.
12
Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, die Nachteile der öffentlichen Münz- und Magnetkartentelefonanschlüsse zu vermeiden und zugleich jede vorherige Verbindung mit Telefonkarten- und/oder Kreditkartenunternehmen überflüssig zu machen.
13
Patentanspruch 1 des Streitpatents schlägt dazu als Lösung ein Verfahren mit folgenden Schritten vor:
a) Programmieren einer öffentlichen automatischen Nebenstellen (oder TK-) Anlage (Public Automatic Branch exchange - PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern , die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind;
b) Ermöglichen, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen ;
c) Abbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit/Zählimpulszeitraum;
d) Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank;
e) Notieren jeder Nummer aus der Serie auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise; und
f) Anbieten der verkäuflichen Trägerelemente zum Verkauf an das Publikum.
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Schritt a setzt danach eine Stelle ("Public Automatic Branch exchange - PABX") voraus, bei der die Anrufe eingehen. Deren Computersystem wird so programmiert, dass es für die eingehenden Anrufe Daten überprüfen kann. Der Nutzer wählt eine Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in der Datenbank des PABX gespeichert sind. Die Beschreibung (Sp. 2 Z. 43) gibt an, dass es sich um eine geheime Zugangsnummer ("secret code number (SCN)") handelt, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird (Sp. 2 Z. 46) und von einem zuverlässigen Druckunternehmen in rechnergesteuerter Weise auf die vom Telefonkunden zu erwerbende Karte aufgedruckt und mit einer undurchsichtigen Schicht überzogen wird, die leicht beseitigt werden kann, z.B. durch Abkratzen mit einer Münze wie bei Lotterielosen (Sp. 2 Z. 52-56). Diese eingegebene Nummer wird in der Datenbank des PABX gesucht, identifiziert und das Gebührenguthaben analysiert. Ist ein solches vorhanden, gibt das PABX für eine dem im Voraus gezahlten Betrag entsprechende begrenzte Zeitdauer oder Anzahl von Zählimpulsen den Weg für das Wählen der Teilnehmernummer frei (Sp. 3 Z. 3-10).
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Schritt b ermöglicht es sodann dem Anrufer, eine Verbindung mit dem von ihm gewünschten Anschluss herzustellen. Patentanspruch 1 und auch die Beschreibung geben nicht an, wie dies im Einzelnen geschieht. Ist die festgesetzte Zeit oder der Zählimpulszeitraum verstrichen, so wird gemäß Schritt c die Verbindung abgebrochen. Die deutsche Übersetzung des Patentanspruchs spricht von "Unterbrechen", die englische Fassung verwendet jedoch den Begriff "cutting-off" und bringt damit zum Ausdruck, dass die Verbindung abgeschnitten , also beendet wird (Sp. 3 Z. 9, 10).
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Schritt e gibt an, wie die SCN dem Erwerber der Karte bekannt gegeben wird. Die SCN soll auf dem Trägerelement verdeckt angebracht sein, der Erwerber soll sie jedoch leicht freilegen können. Dies erschwert es, dass die SCN einem anderen als dem Erwerber bekannt wird, falls dieser sie nicht aus der Hand gibt oder verliert. Gemäß Schritt f sollen die Trägerelemente dem Publikum angeboten werden.
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2. Bei diesem im Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren handelt es sich nicht um ein solches für gedankliche Tätigkeiten, für das gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchst. c EPÜ Patentschutz nicht in Betracht kommt. Es enthält nämlich nicht nur den Vorschlag, für die Abwicklung eines Geschäfts einen Computer als Mittel zur Verarbeitung verfahrensrelevanter Daten einzusetzen. Das Streitpatent betrifft vielmehr das technische Problem, im Voraus bezahlte Telefonanrufe zu ermöglichen, ohne dass dazu öffentliche Fernsprechapparate notwendig wären, die mit Kartenlesern ausgestattet sein müssen. Damit enthält das Streitpatent jedenfalls auch Anweisungen, denen ein konkretes technisches Problem zugrunde liegt, das mit technischen Mitteln gelöst werden soll (vgl. Sen. BGHZ 159, 197 - Elektronischer Zahlungsverkehr).
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3. Der Gegenstand des Streitpatents ist neu; er wird durch die hier allein in Betracht kommende US-Patentschrift 4 706 275 (D 2) nicht vorweggenommen.
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Diese befasst sich mit Telefonsystemen, bei denen der Telefonkunde eine Vorauszahlung leistet und von einem beliebigen Telefon ein Telefongespräch führen kann, solange er den im Voraus gezahlten Betrag nicht verbraucht hat. Nach Patentanspruch 1 soll die dazu vorgeschlagene Methode folgende Schritte umfassen:
a) Erhalt eines Spezialcodes durch die Hinterlegung einer Vorauszahlungssumme ;
b) Speicherung der Vorauszahlungssumme im Speicher einer speziellen Vermittlung, zur Verwendung bei der Verifizierung der Anrufergespräche;
c) Anwahl der genannten speziellen Vermittlung, wenn eine Telefonverbindung gewünscht ist;
d) Eingabe des Spezialcodes zur Verifizierung;
e) Eingabe der Nummer des Angerufenen;
f) Verifizierung des Spezialcodes und Vergleich der Vorauszahlungssumme abzüglich der Gebühren für vorangegangene Telefonate im Speicher und der Mindestkosten der eingegebenen Anrufe;
g) Verbindung des Angerufenen mit dem Anrufenden als Antwort auf die Verifizierung;
h) Überwachung der Vorauszahlungssumme abzüglich der laufenden Kosten für den Anruf; und
i) Abbruch des Anrufs, wenn die vorausgezahlte Summe verbraucht wurde.
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Damit umfasst Patentanspruch 1 der US-Patentschrift 4 706 275 in den Schritten b bis f, was Patentanspruch 1 des Streitpatents in Schritt a zusammenfasst. Allerdings gibt Schritt a des Patentanspruchs 1 des Streitpatents an, dass das Wählen einer beliebigen Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in der Datenbank des PABX gespeichert sind, erforderlich ist, während in Schritt a des Patentanspruchs 1 der US-Patentschrift 4 706 275 vom Erhalt eines Spezialcodes durch die Hinterlegung einer Vorauszahlungssumme die Rede ist. Wie dieser Spezialcode zustande kommt, lässt die USPatentschrift ebenso offen wie die Frage, wie der Kunde den Spezialcode erhält. Die Beschreibung gibt dazu lediglich an, dass der Kunde nach einer Baroder Kreditkartenzahlung einen speziellen Code erhält. Der gutgeschriebene Betrag wird in einem Speicher zusammen mit dem Spezialcode abgelegt. Damit wird in der US-Patentschrift eine Lösung beschrieben, bei der der Kunde - auf welche Weise auch immer - ein Guthaben erwirbt und ihm dann der spezielle Code, der zusammen mit dem Guthaben in der Datenbank gespeichert wird, zugänglich gemacht wird. Soweit ein Erwerb der Karte an "Verkaufs"punkten erwähnt wird, wird nicht dargelegt, wie der Ablauf sich in diesem Falle gestaltet. Nach dem schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen besteht eine Möglichkeit darin, dass die Vertriebsstelle sich per Telefon oder Computer in die Datenbank des Diensteanbieters einwählt und ihr dort eine geheime Codenummer vom Computersystem zugewiesen wird. Nach Eingabe des vom Kunden genannten Betrags für das Gesprächsguthaben und der Ver- triebsstellennummer zahlt der Kunde sodann entweder bar oder per Kreditkarte, und es wird schließlich etwa auf einem nur für den Kunden einsehbarem Drucker ein Beleg mit der geheimen Codenummer ausgedruckt.
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Schritt b des Patentanspruchs 1 des Streitpatents entspricht Schritt g des Patentanspruchs 1 der US-Patentschrift. Nach Abgleichung des Identifikationscodes bzw. der SCN wird eine Verbindung zu dem angerufenen Anschluss hergestellt.
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Schritt c in Patentanspruch 1 des Streitpatents und Schritt i in Patentanspruch 1 der US-Patentschrift sind ebenfalls identisch. Ist das Guthaben verbraucht , wird der Anruf abgebrochen.
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Schritt d in Patentanspruch 1 des Streitpatents geht über den Inhalt des Patentanspruchs 1 der US-Patentschrift hinaus. Dort ist das Löschen der gewählten Nummern nicht vorgesehen.
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Schritt e in Patentanspruch 1 des Streitpatents ist in der US-Patentschrift nicht enthalten; wie der Kunde den Spezialcode erfährt, wird dort nicht dargestellt.
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Schritt f in Patentanspruch 1 des Streitpatents schließlich entspricht Schritt a in Patentanspruch 1 der US-Patentschrift insofern, als auch danach der Spezialcode und das Guthaben durch Zahlung des Guthabenbetrags erworben werden können.
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4. Die Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Streitpatents und der US-Patentschrift bestehen demnach darin, dass nach der Lehre der USPatentschrift der Kunde durch Einzahlung eines Geldbetrags ein Guthaben erwirbt , dem Guthaben in der Datenbank des Diensteanbieters der Spezialcode zugeordnet und dem Kunden sodann dieser Codemitgeteilt wird. Das setzt eine Mehrzahl von Schritten im Zusammenhang mit dem Erwerb des im Computer gespeicherten Guthabens und der Ausgabe des Codes voraus, die individuell bei dem Geschäft mit dem Kunden abgewickelt werden. Demgegenüber werden nach der Lehre des Streitpatents vorkonfektionierte Nummern aus einer Serie in der Datenbank des PABX gespeichert. Diese Nummern werden in unsichtbarer , jedoch leicht freilegbarer Weise auf einem Trägerelement dem Kunden angeboten. Erwirbt er ein Trägerelement, so kann der Kunde die Nummer freilegen und das der Nummer zugeordnete Guthaben zum Telefonieren nutzen ; weiterer Schritte bedarf es dazu nicht, insbesondere ist ein weiterer Kontakt der Vertriebsstelle zur Datenbank des Diensteanbieters nicht erforderlich. Es wird mithin dem Kunden durch den Anbieter ein Guthaben vorgegeben und dieses sogleich einer bestimmten Nummer zugeordnet, die der Kunde in verdeckter Form erhält und die es ihm ermöglicht, die gewünschte Telefonverbindung herzustellen.
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Die Beweisaufnahme hat keine Kenntnisse oder Erfahrungen des Fachmanns ergeben, unter deren Berücksichtigung es für ihn aufgrund des Standes der Technik nahelag, diese Lösung aufzufinden.
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Ob sich der Gegenstand einer Erfindung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, ist keine Tat-, sondern eine Rechtsfrage. Der angesprochene Fachmann ist nicht mit einer tatsächlich existierenden Person gleichzusetzen. Eine dem Gebot der Rechtssicherheit genü- gende einheitliche Beurteilung einer Erfindung wäre auf der Grundlage individueller Kenntnisse und Fähigkeiten auch gar nicht möglich. Fachmännisches Denken, Erkennen und Vorstellen wird deshalb bemüht, um mit dem auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen Fachwissen sowie den durchschnittlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachleute und dem hierdurch geprägten Verständnis vom Inhalt einer technischen Lehre eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu gewinnen. Die maßgebliche Sicht selbst ist unmittelbarer Feststellung entzogen (BGHZ 160, 204, 213 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Dies gilt nicht nur für das sinnvolle Verständnis einer Lehre zum technischen Handeln, sondern gleichermaßen für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Stand der Technik diese technische Lehre nahegelegt hat. Die Beurteilung, ob die erfindungsgemäße Lösung für den Fachmann nach seinem festgestellten Wissen und Können nahegelegen hat, ist demgemäß auch nicht Aufgabe des Sachverständigen, sondern obliegt als Akt wertender Erkenntnis dem Gericht (BGHZ 128, 270, 275 - elektrische Steckverbindung; Sen.Urt. v. 25.11.2003 - X ZR 162/00, GRUR 2004, 411, 413 - Diabehältnis). Das Gericht hat dabei sämtliche tatsächlichen Umstände zu würdigen, die - unmittelbar oder mittelbar - geeignet sind, etwas über die Voraussetzungen für das Auffinden der erfindungsgemäßen Lösung auszusagen.
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Mit dem gerichtlichen Sachverständigen geht der Senat davon aus, dass Personen, die sich zum Prioritätszeitpunkt mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet der vorbezahlten Telefonate befassten, ausgebildete Nachrichtentechniker und/oder Informatiker mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Telekommunikation waren. Soweit der gerichtliche Sachverständige im Termin ausgeführt hat, es seien im Hinblick auf die wirtschaftliche Form der Vermarktung auch Kenntnisse im kaufmännischen Bereich erforderlich gewe- sen, mögen solche Kenntnisse in die Entwicklung eines Verfahrens, wie es Gegenstand des Streitpatents ist, eingeflossen sein, bei der Lösung des technischen Problems, im Voraus bezahlte Telefonanrufe zu ermöglichen, stand jedoch die Fachkenntnis des Nachrichtentechnikers oder Informatikers im Vordergrund.
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Der Fachmann, der es sich zur Aufgabe gestellt hatte, eine möglichst einfache und preiswerte Lösung für die Verarbeitung von im Voraus bezahlten Telefonanrufen zu finden, kannte die Möglichkeit, dazu Chip- oder Magnetkarten einzusetzen. Diese werden in der Streitpatentschrift ausdrücklich erwähnt. Sie haben den Nachteil, dass aufwendige Lesegeräte erforderlich sind und dass der Kunde nur ein Telefon benutzen kann, das ein solches Lesegerät aufweist. Die Lösung der US-Patentschrift vermied zwar diese Nachteile, machte aber eine Verbindung zwischen der Verkaufsstelle und der Datenbank des Diensteanbieters und eine individuelle Abwicklung erforderlich; die Möglichkeit einer Vorkonfektionierung eröffnete sie nicht. Im Falle des Erwerbs eines Guthabens durch einen Kunden war es erforderlich, mittels elektrischer oder elektronischer Übermittlung Kontakt zu der Datenbank des Diensteanbieters aufzunehmen , wo das vom Kunden gewünschte Guthaben einem Spezialcode zugeordnet werden musste. Sodann musste diese Identifikationsnummer über die Verbindung mit der Verkaufsstelle dem Kunden zugänglich gemacht werden. Der Fachmann kannte damit zwei Arten der Speicherung der zur Durchführung vorbezahlter Telefonanrufe erforderlichen Daten, nämlich zum einen die Variante , bei der die Daten sämtlich auf einem auf der Karte befindlichen Chip oder Magnetstreifen gespeichert sind, und zum anderen die Variante, dass die Daten in einer Datenbank in der Weise gespeichert sind, dass ein bestimmtes Guthaben einer bestimmten Identifikationsnummer zugeordnet ist. Er kannte außerdem zwei Arten des Vertriebs von vorbezahlten Telefonanrufen, nämlich zum einen den "Verkauf" der Chip- oder Magnetkarte, auf der Guthaben mit standardisierten festen Beträgen gespeichert sind und die deshalb einen Vertrieb an variablen Verkaufsstellen ermöglichen, und zum anderen den Erwerb des Guthabens , die anschließende Zuordnung eines Spezialcodes zu diesem Guthaben und die Übermittlung des Spezialcodes an den Kunden als Legitimation zur Durchführung von vorbezahlten Telefonaten, der durch diesen Aufwand und die damit verbundenen Anforderungen an die Vertriebsstellen dem Vertrieb Grenzen setzte. Der gerichtliche Sachverständige hat es zwar für möglich gehalten, dass der Fachmann, der die verschiedenen Systeme mit ihren spezifischen Nachteilen kennt, in der Lage ist, diese zu kombinieren, er hat dies jedoch für den Zeitpunkt der Priorität des Streitpatents als "unsicher" bezeichnet. Der Senat hat keine Umstände feststellen können, die den Fachmann hierzu veranlassen konnten.
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Wählte der Fachmann die Möglichkeit, die erforderlichen Daten auf einer zentralen Datenbank zu speichern, so fand er dazu in der US-Patentschrift eine Lösung. Wollte er den Nachteil vermeiden, dass der Vertrieb Datenleitungen von der Vertriebsstelle zur Datenbank erforderlich machte, konnte er hierauf nur verzichten, wenn er dem Kunden die Identifikationsnummer auf andere Weise bekannt gab. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies dem Fachmann die insbesondere bei Chipkarten übliche Standardisierung auf bestimmte Beträge nahelegte, die es ihm dann ermöglichte, die Identifikationsnummer schon vor dem Erwerb des Guthabens durch den Kunden diesem Guthaben zuzuordnen. Dieser Schritt brachte nur dann eine Vereinfachung des Vertriebs mit sich, wenn der Fachmann zugleich eine Lösung für das Problem erkannte, wie die Identifikationsnummer dem Kunden bekannt gegeben werden konnte. Hierfür gab es bei der Chipkarte kein Vorbild, weil sich dieses Problem dort nicht stellt. Es genügte also nicht der Übergang von individuell bestimmten Guthaben auf von vornherein standardisierte Guthabenbeträge, vielmehr erforderte dieser Übergang weitere Schritte, nämlich die vorherige Zuordnung von Guthaben und Identifikationsnummer in der Datenbank und die Bekanntgabe dieser Nummer an den Kunden. Aus dem vorgeschilderten Stand der Technik konnte der Fachmann Anregungen für diese Schritte nicht entnehmen. Kann somit nicht festgestellt werden, dass der Gegenstand des Streitpatents sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab, so liegt der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ nicht vor. Die Nichtigkeitsklage ist daher abzuweisen. Dies gilt auch, soweit die übrigen Patentansprüche von der Nichtigkeitsklage betroffen sind. Diese beschreiben zweckmäßige Ausgestaltungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1 und haben mit diesem Bestand.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.08.2001 - 4 Ni 60/00 (EU) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.