Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2004 - X ZR 132/02

bei uns veröffentlicht am06.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 132/02 Verkündet am:
6. April 2004
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Daß die Prüfung einer erstmals in der Berufungsinstanz auf die Aufrechnung
mit einer Gegenforderung gegründeten Einwendung die Entscheidung verzögern
würde, rechtfertigt es nicht, die Geltendmachung der Gegenforderung als
nicht sachdienlich anzusehen, wenn deren Berücksichtigung zur endgültigen
Erledigung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des
anhängigen Verfahrens bildet (hier: Wechsel des Bestellers vom Leistungsverweigerungsrecht
wegen Mängeln des Werks zur Geltendmachung eines Aufwendungsersatzanspruchs
).
BGH, Urt. v. 6. April 2004 - X ZR 132/02 - OLG Naumburg
LG Halle
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 28. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. März 2002 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt von der Beklagten Vergütung für die Herstellung und Lieferung von Vorhängen aus Glasfasergewebe.
Nachdem die Klägerin die Vorhänge hergestellt und geliefert und die Beklagte sie im Messezentrum ... aufgehängt hatte, machten sich Falten
bemerkbar, deren Ursache zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 28. September 2000 forderte die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung der Faltenbildung und weiterer, im einzelnen aufgeführter Mängel auf und setzte ihr hierfür eine Frist bis zum 13. Oktober 2000. Die Klägerin kam dieser Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht nach.
Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 93.010,60 DM, Zug um Zug gegen Beseitigung der Faltenbildung an den Vorhängen, verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, wobei die Beklagte ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zurückgenommen hat.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren vorgetragen, daß sie die Mängel der Vorhänge beseitigt habe, nachdem die Klägerin der Aufforderung zur Mängelbeseitigung im Schreiben vom 28. September 2000 nicht nachgekommen sei. Sie hat die Aufrechnung mit einem Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 49.167,07
Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 93.010,60 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat den Werklohnanspruch der Klägerin als fällig angesehen. Auf den Streit der Parteien über die Abnahme komme es nicht an, weil die Beklagte das Werk mittlerweile selbst fertiggestellt habe und keine weiteren Arbeiten mehr von der Klägerin verlange. Die Zulassung der erstmals im Berufungsrechtszug erklärten Aufrechnung, der die Klägerin nicht zugestimmt habe, sei nicht sachdienlich. Jedenfalls das Vorbringen der Beklagten zur Höhe des zur Aufrechnung gestellten Anspruchs bedürfe noch der Substantiierung. Die Zulassung der Aufrechnung im Berufungsrechtszug sei jedoch regelmäßig nicht sachdienlich, wenn die Aufrechnungsforderung aufgrund eines gerichtlichen Hinweises erst noch mit Substanz vorgetragen werden müsse.
II. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
1. Allerdings rügt sie zu Unrecht, die Auffassung des Berufungsgerichts, der Unternehmer könne nach Ablauf der gemäß § 634 Abs. 1 BGB (in der hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung; im folgenden a.F.) vor Abnahme wirksam gesetzten Frist ohne weiteres die vereinbarte Vergütung beanspruchen und es sei Sache des Bestellers, mit dem Anspruch auf Ersatz der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten aufzurechnen, stehe in Widerspruch zu der Beweislastregel, wonach der Unternehmer vor Abnahme die Freiheit des Werks von Mängeln darlegen und beweisen müsse, um seinen Vergütungsanspruch durchzusetzen.
Denn das Berufungsgericht spricht zwar im Tatbestand seines Urteils an einer Stelle davon, die Beklagte habe die Aufrechnung mit einem Schadenser- satzanspruch erklärt. In den Entscheidungsgründen heißt es jedoch im Einklang mit den Schriftsätzen der Beklagten vom 13. und 14. Februar 2002, auf die das Berufungsgericht sich bezieht, daß die Beklagte die Aufrechnung mit einem Anspruch nach § 633 Abs. 3 BGB a.F. auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten erklärt habe. Das stimmt damit überein, daß die Beklagte in dem Schreiben vom 28. September 2000 - entgegen der durch den Tatbestand des Berufungsurteils nicht gestützten Behauptung der Revision - keine Ablehnungsandrohung ausgesprochen, sondern nur eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat.
Ein Abwicklungsverhältnis hat das Berufungsgericht somit nicht zugrundegelegt. Es hat vielmehr als unstreitig angesehen, daß das Werk - jedenfalls nach der Mängelbeseitigung - fehlerfrei sei. Die Klägerin konnte daher den vereinbarten Werklohn verlangen, soweit ihr Vergütungsanspruch nicht durch Aufrechnung mit dem Anspruch der Beklagten auf Aufwendungsersatz erloschen war.
2. Es hält jedoch der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand, daß das Berufungsgericht die Sachdienlichkeit der Berücksichtigung der Aufrechnung verneint hat.

a) Nach § 530 Abs. 2 ZPO in der auf das Berufungsverfahren anwendbaren , bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (im folgenden a.F.) ist die auf die Aufrechnung einer Gegenforderung gegründete Einwendung des Beklagten im Berufungsverfahren nur zuzulassen, wenn der Kläger einwilligt oder das Gericht die Geltendmachung in dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält.

Bei der Entscheidung über die Zulassung der Aufrechnung oder der entsprechend zu behandelnden Widerklage handelt es sich um eine Ermessensentscheidung , die in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden kann, ob der Tatrichter den Begriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenzen seines Ermessens überschritten hat (BGHZ 33, 398, 400). Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozeßwirtschaftlichkeit, für den es entscheidend darauf ankommt , ob und inwieweit die Zulassung der Aufrechnung oder der Widerklage zu einer sachgemäßen und endgültigen Erledigung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des anhängigen Verfahrens bildet und einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGHZ aaO; BGH, Urt. v. 4.10.1976 - VIII ZR 139/75, WM 1976, 1278, 1280; Urt. v. 19.3.1992 - IX ZR 14/91, ZIP 1992, 558, 562 f.).
Es steht deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem solchen Fall der Sachdienlichkeit nicht entgegen, daß durch die Zulassung der Aufrechnung oder der Widerklage neue Parteierklärungen und Beweiserhebungen notwendig werden und die Erledigung des Rechtsstreits dadurch verzögert wird (BGH, Urt. v. 5.5.1983 - VII ZR 117/82, WM 1983, 1162, 1163; Urt. v. 10.1.1985 - III ZR 93/83, NJW 1985, 1841, 1842; Urt. v. 26.5.1986 - II ZR 237/85, WM 1986, 1200, 1201; Urt. v. 19.10.1999 - XI ZR 308/98, NJW 2000, 143, 144).
Zwar ist andererseits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verschiedentlich auch ausgesprochen worden, daß der Tatrichter die Sachdienlichkeit verneinen darf, wenn die Prüfung des Einwandes die Entscheidung verzögern würde (BGHZ 5, 373, 377 f.; 17, 124, 125; BGH, Urt. v. 7.5.1987
- VII ZR 158/86, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 1; Beschl. v. 17.3.1988 - III ZR 170/87, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 2; Sen.Urt. v. 7.1.2003 - X ZR 16/01, NJW-RR 2003, 738).
Dabei geht es aber um solche Fälle, in denen nicht die sachgerechte Erledigung des bisherigen Streitstoffs in Rede steht, sondern das Gericht bei Zulassung des neuen Vorbringens zur Beurteilung und Entscheidung eines neuen, bis dahin zwischen den Parteien nicht erörterten Streitstoffs genötigt würde. In diesen Fällen kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens der Rechtsstreit entscheidungsreif wäre (vgl. BGHZ 5, 373, 377 f.; BGH, Urt. v. 20.5.1953 - II ZR 206/52, LM ZPO § 523 Nr. 1; Urt. v. 4.10.1976 - VIII ZR 139/75, NJW 1977, 49; Urt. v. 7.5.1987 aaO; Sen.Urt. v. 7.1.2003 aaO).

b) Das läßt das Berufungsgericht außer Acht, wenn es die Zulassung der Aufrechnung im Berufungsrechtzug regelmäßig als nicht sachdienlich ansehen will, wenn die Aufrechnungsforderung aufgrund eines gerichtlichen Hinweises erst noch mit Substanz vorgetragen werden muß.
Der Streit der Parteien ging von Anfang an darum, ob und gegebenenfalls inwieweit die von der Klägerin an die Beklagte gelieferten Vorhänge mangelhaft seien. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Werklohnklage stattgegeben, der Beklagten jedoch durch Zug-um-Zug-Verurteilung einen Nachbesserungsanspruch zugebilligt. Indem das Berufungsgericht es der Beklagten verwehrt hat, im Hinblick auf die behauptete Mängelbeseitigung in dem anhängigen Rechtsstreit nunmehr Aufwendungsersatz statt Nachbesserung zu beanspruchen, hat es ein Urteil gefällt, das die vom Landgericht betriebene Sachaufklärung entwertet und den Streit der Parteien in der Sache unentschie-
den läßt. Hierdurch hat das Berufungsgericht dasjenige verfehlt, was nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung das maßgebende Kriterium für die Zulassung der Aufrechnung darstellt, nämlich die sachgemäße und endgültige Erledigung des Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Verfahrens, die einem andernfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt.
3. Im übrigen ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die zur Aufrechnung gestellte Aufwendungsersatzforderung der Beklagten sei nicht hinreichend substantiiert dargetan, nicht rechtsfehlerfrei.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (u.a. BGH, Urt. v. 16.3.1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957; Sen.Urt. v. 7.3.2001 - X ZR 160/99, NJW-RR 2001, 887). Die Beklagte hat in dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsatz vom 13. Februar 2002 zur Rechtfertigung ihrer Gegenforderung dargetan, welche Mängel die von der Klägerin gelieferten Vorhänge aufgewiesen hätten und mit welchem Aufwand an Material und (nach Stundenzahl und Stundenlohn spezifizierten) Arbeitslohn sie diese beseitigt habe. Dem war zwanglos die Behauptung zu entnehmen, daß dieser Aufwand zur Beseitigung der Mängel erforderlich gewesen sei. Diese Behauptung war dem Beweis insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zugänglich; der vom Berufungsgericht vermißten Darlegung, welche Arbeiten im einzelnen mit welchem Stundenaufwand erforderlich gewesen seien , um konkret zu bezeichnende Mängel zu beseitigen, bedurfte es nicht.
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht deshalb im Ergebnis richtig, weil die Beklagte das Urteil des Landgerichts, durch das sie zur
Zahlung Zug um Zug gegen Nachbesserung verurteilt worden ist, nicht (mehr) angefochten hat. Zwar steht der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn ihr Gegenanspruch - wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - durch Aufrechnung gegen die Klageforderung erloschen ist. In diesem Fall darf die Beklagte aber auch nicht uneingeschränkt zur Zahlung verurteilt werden. Denn die Zug-um-Zug-Verurteilung ist gegenüber der unbeschränkten Verurteilung ein Weniger (BGHZ 27, 241, 249; 117, 1, 3). Der Klägerin darf indes nichts zugesprochen werden, was ihr materiell-rechtlich nicht zusteht und prozessual durch den Wegfall der Zug-um-Zug-Verurteilung über das hinausgeht, was ihr das Landgericht unangefochten zuerkannt hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.9.1992 - V ZR 86/91, NJW 1993, 324, 325). Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken, die der prozessualen Geltendmachung der Aufrechnungsforderung im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Rechnung trägt.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 634 Rechte des Bestellers bei Mängeln


Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.nach § 635 Nacherfüllung verlangen,2.nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 530 Verspätet vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel


Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 523 Terminsbestimmung


(1) Wird die Berufung nicht nach § 522 durch Beschluss verworfen oder zurückgewiesen, so entscheidet das Berufungsgericht über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Sodann ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu besti

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Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 16/01 Verkündet am:
7. Januar 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 19. Dezember 2000 verkündete Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt: Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 8. Februar 2000 abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 831.287,14 (= 1.625.856,32 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juni 1998 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die in der ersten Instanz entstandenen Kosten hat die Klägerin zu 83 % und der Beklagte zu 17 % zu tragen.
Die in der Berufungsinstanz entstandenen Kosten hat die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 % zu tragen.
Die Kosten der Revisionsinstanz werden der Klägerin zu 60 % und dem Beklagten zu 40 % auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht in Anspruch.
Der Beklagte erteilte am 6. November 1996 einer Firma S. & I. KG (im folgenden: S. KG) den Auftrag, bau- und maschinentechnische Arbeiten an dem Klärwerk in G. auszuführen.
Im Herbst 1997 geriet die S. KG in finanzielle Schwierigkeiten. Sie schloß am 22. Oktober 1997 mit der Klägerin, ihrer Schwestergesellschaft, einen Übernahmevertrag. Die Klägerin sollte danach alle Rechte und Pflichten u.a. aus dem Vertragsverhältnis mit dem Beklagten übernehmen und die S. KG die Zustimmung des Beklagten zur Vertragsübernahme durch die Klägerin herbeiführen. Falls letzteres nicht gelingen sollte, sollte die Klägerin die Arbeiten als Subunternehmerin fortsetzen; im Gegenzug wurden der Klägerin die Forderungen der S. KG gegen den Beklagten abgetreten.
Am 9. Juli 1998 wurde über das Vermögen der S. KG das Konkursverfahren eröffnet.
Mit Schreiben vom 23. Januar 1998 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit der S. KG fristlos. Als Gründe führte sie an, daß über das Vermögen der S. KG Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt worden sei, im übrigen gebe es auch Vollstreckungsmaßnahmen , und die S. KG habe ersichtlich ihre Mitarbeiter entlassen sowie ihren operativen Geschäftsbetrieb eingestellt.

Die Klägerin rechnete zunächst über erbrachte und nicht erbrachte Leistungen aus dem Vertragsverhältnis der S. KG mit dem Beklagten ab und verlangte von diesem für erbrachte Leistungen rund 4,2 Mio. DM und für nicht erbrachte Leistungen unter Abzug ersparter Aufwendungen rund 5,2 Mio. DM. Die geforderte Vergütung für erbrachte Leistungen ergibt sich aus zwei von der Klägerin ausgestellten Rechnungen, die im Berufungsurteil als Rechnung Nr. 160 und Rechnung Nr. 106 bezeichnet werden. Die Rechnung Nr. 160 betrifft bauliche Leistungen und die Rechnung Nr. 106 die maschinentechnische Ausrüstung der Kläranlage, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts noch bei der Klägerin befindet.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen abgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben. Es hat angenommen, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht in dieser Höhe Werklohn zu. Zwar habe der Beklagte wirksam fristlos gekündigt; auch habe er einer Vertragsübernahme durch die Klägerin nicht zugestimmt; für diesen Fall hätten die S. KG und die Klägerin aber wirksam eine Abtretung der bei der S. KG entstandenen Ansprüche gegen den Beklagten vereinbart. Soweit der Beklagte die Richtigkeit der Schlußrechnung der Klägerin bestritten habe, fehle es an substantiiertem Vorbringen.
Die Klägerin hat ihre gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zurückgenommen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil bis auf einen Abstrich bei der Umsatzsteuer in der Rechnung Nr. 160 bestätigt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter,
die Klage insgesamt abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache zum Teil Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin aufgrund einer Vertragsübernahme durch den Beklagten Ansprüche erworben habe, jedenfalls habe die S. KG ihre Ansprüche gegen den Beklagten wirksam an die Klägerin abgetreten.
Dies greift die Revision nicht an, Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
II. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin für aus §§ 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1, 6 Nr. 5 VOB/B begründet gehalten. Der Beklagte habe das Vertragsverhältnis nach § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B wirksam gekündigt, weil die S. KG insolvent geworden sei. Dementsprechend seien die bereits erbrachten Leistungen nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB/B abzurechnen. Der Höhe nach ergebe sich aus der Rechnung Nr. 160 unter Berücksichtigung einer Kürzung des Mehrwertsteuersatzes und der Abschlagszahlungen der Beklagten ein Betrag von 1.625.856,32 DM und aus der Rechnung Nr. 106 ein Betrag von 2.519.344,56 DM (insgesamt 4.145.200,88 DM).
Soweit es um die Rechnung Nr. 106, nämlich die von der Klägerin geforderte Vergütung für die maschinentechnische Ausrüstung der Kläranlage geht, hält die Beurteilung des Berufungsgerichts revisionsrechtlicher Prüfung nicht
stand; im übrigen läßt sie hingegen einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht erkennen.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich der Auftrag, den der Beklagte der S. KG erteilt hat, auf bau- und maschinentechnische Arbeiten an dem Klärwerk in G. bezogen. Die maschinentechnische Ausrüstung ist jedoch nicht auf der Baustelle angeliefert worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Auftragnehmer , dem der Auftrag nach § 8 Nr. 3 VOB/B entzogen worden ist, nur den Anteil der vereinbarten Vergütung verlangen, der seinen bisher erbrachten Leistungen entspricht. Aufgrund eines VOB-Vertrages hergestellte, aber nicht an die Baustelle gelieferte Bauteile sind nicht als erbrachte Leistungen anzusehen (BGH, Urt. v. 09.03.1995 - VII ZR 23/93, NJW 1995, 1837, 1838). Dies ergibt sich daraus, daß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B an den werkvertraglichen Leistungserfolg anknüpft, der bei einem Bauwerk in der Regel nur dann eintritt, wenn die erbrachte Leistung sich im Bauwerk unmittelbar verkörpert. Nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B ist der Auftraggeber berechtigt, für die Weiterführung der Arbeiten u.a. die auf die Baustelle gelieferten Bauteile gegen angemessene Vergütung in Anspruch zu nehmen. Daraus ergibt sich, daß angelieferte, aber noch nicht eingebaute Bauteile von der VOB/B nicht als erbrachte Leistung behandelt werden; ein Vergütungsanspruch für sie besteht daher nach dieser Vorschrift im Falle der Kündigung nicht. Das muß erst recht für solche Bauteile gelten, die sich nicht einmal an der Baustelle, sondern noch in der Werkstatt des Auftragnehmers befinden. Bestätigt wird dieses Verständnis durch § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/B. Danach gelten als Leistungen, für die ein Auftragnehmer Abschlagszahlungen fordern kann, nur unter besonderen Voraussetzungen auch die für das Bauvorhaben eigens angefertigten und bereitgestellten
Bauteile. Dem ist zu entnehmen, daß ein angefertigtes und bereitgestelltes Bauteil noch keine Bauleistung darstellt und damit auch nicht als erbrachte Leistung angesehen werden kann.
Diese Erwägungen gelten ebenso im Falle des § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B. Ist ein angefertigtes Bauteil keine erbrachte Leistung, dann ist es auch nicht als ausgeführte Leistung i.S. von § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B anzusehen. Für dieses Ergebnis spricht auch die Interessenlage der Vertragsparteien. Sowohl § 8 Nr. 2 VOB/B wie auch § 8 Nr. 3 VOB/B betreffen Fälle, in denen es aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Unternehmers liegen, zu einer Kündigung gekommen ist und in denen deshalb der Unternehmer das Risiko zu tragen hat, daß begonnene Leistungen nicht mehr erbracht werden können und deshalb dafür keine Vergütung zu zahlen ist.
Allerdings kann ausnahmsweise ein Vergütungsanspruch des Werkunternehmers den Geboten von Treu und Glauben entsprechen, insbesondere dann, wenn der Unternehmer keine eigene Verwendungsmöglichkeit für bereits hergestellte Bauteile hat, diese für die Weiterführung des Bauvorhabens uneingeschränkt tauglich wären und ihre Verwendung dem Auftraggeber unter Berücksichtigung aller Umstände auch der Gründe für die Kündigung zumutbar gewesen wäre (BGH, Urt. v. 09.03.1995 aaO).
Diese Voraussetzungen liegen hier nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht vor. Danach war die Kündigung des Beklagten berechtigt, weil die S. KG insolvent geworden war. Die maschinentechnische Einrichtung ist nie zur Baustelle gelangt, der Beklagte hat sie nicht zu Gesicht bekommen und sich kein Bild über ihre Beschaffenheit und Eignung machen können. Wollte man von dem Beklagten bei dieser Sachlage
verlangen, auf das Angebot der Klägerin einzugehen, die maschinentechnische Einrichtung doch noch zu liefern und eine entsprechende Vergütung zu beanspruchen , so liefe dies auf eine Fortsetzung des wirksam gekündigten Vertragsverhältnisses hinaus. Dies ist aber dem Beklagten auch nach den Geboten von Treu und Glauben nicht zuzumuten. Die Bezahlung der Rechnung Nr. 106 kann die Klägerin daher nicht beanspruchen; ihre hierauf gerichtete Klage ist deshalb abzuweisen.
2. Das Berufungsgericht hat zu der Rechnung Nr. 160 angenommen, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß die S. KG keine ausreichende Sicherheit geleistet habe. Zwischen der S. KG und dem Beklagten sei eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % vereinbart gewesen. Da die S. KG eine Bankbürgschaft von 225.000,-- DM gestellt habe, sei sie dieser Verpflichtung nachgekommen.
Insoweit rügt die Revision, daß für die Berechnung der Sicherheitsleistung die Endbeträge der Rechnungen Nr. 160 und 106 zu addieren seien und danach eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120.601,97 DM ausstehe, weshalb der Beklagte berechtigt sei, diesen Betrag einzubehalten.
Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Ist der Beklagte nicht verpflichtet, die maschinentechnische Einrichtung abzunehmen, so ist er auch nicht berechtigt, eine Sicherheitsleistung zu erhalten, mit der nach seinem eigenen Vortrag eventuelle Gewährleistungsansprüche wegen dieser Position abgesichert werden sollten.
3. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dem Beklagten stünden gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin aus der Rechnung Nr. 106
keine Rechte aus §§ 320, 321 BGB zu, die dazu führten, daß der Zahlungsanspruch nur Zug um Zug gegen Herausgabe der Maschinentechnik zu erfüllen sei, so kommt es auch hierauf nicht an, da die Klägerin die Zahlung der Rechnung Nr. 106 nicht verlangen kann.
4. Das Berufungsgericht hat die inhaltlichen Beanstandungen des Beklagten hinsichtlich beider Rechnungen Nr. 106 und 160 als verspätet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe den Umfang der Arbeiten der Klägerin und die Höhe der Klageforderung in der ersten Instanz unter Verstoß gegen seine Prozeßförderungspflicht nicht bestritten. Dieser Verstoß beruhe auf grober Nachlässigkeit. Der Beklagte habe sich zwar in der ersten Instanz in erster Linie auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin sei zur Geltendmachung der Klageforderung nicht aktivlegitimiert. Spätestens seit dem Hinweis des Landgerichts , es bedürfe eingehenderen Vorbringens zur Kündigung des Beklagten, habe ihm aber klar sein müssen, daß er mit diesem Vorbringen nicht durchdringen werde. Dann habe auch für ihn klar sein müssen, daß zu den streitigen Einzelposten eingehender Sachvortrag erforderlich gewesen sei.
Die Revision rügt, das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung lediglich den Hinweis gegeben, es fehle an hinreichendem Vortrag zur Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. Der Beklagte habe deshalb davon ausgehen dürfen, daß sein Bestreiten der Klageforderung und sein Vortrag, die Klägerin habe die Klageforderung nicht nachvollziehbar dargelegt, vom Landgericht als ausreichend angesehen worden sei. Insoweit sei schon das landgerichtliche Urteil eine Überraschungsentscheidung gewesen. Die Zurückweisung des Vortrags des Beklagten in der Berufungsinstanz setze diesen groben Verfahrensfehler des Landgerichts fort und schneide dem Beklagten auch in zweiter Instanz den Anspruch auf rechtliches Gehör ab.

Mit dieser Rüge hat die Revision keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Beklagten nach dem Hinweis des Landgerichts, es fehle an hinreichend substantiiertem Vortrag zur Wirksamkeit der fristlosen Kündigung, habe bewußt sein müssen, daß er mit seinem Angriff gegen die Aktivlegitimation der Klägerin nicht durchdringen werde. Außerdem ergibt sich aus dem Urteil des Landgerichts, daß im Termin, in dem die Rechtslage ausführlich erörtert worden ist, auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, daß die Klägerin den Anspruch auf Vergütung für die erbrachten Leistungen geltend machen könne. Der Beklagte hat jedoch erst in der Berufungsbegründung vorgetragen, welche Beanstandungen er im einzelnen gegen die Abrechnung der Klägerin geltend machen will.
Dieser Vortrag war objektiv verspätet im Sinne der Regelung des § 282 Abs. 1 ZPO a.F.. Nach dieser Bestimmung hat die Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der erstinstanzliche Vortrag des Beklagten schon nicht erkennen ließ, welches Prozeßvorbringen der Klägerin der Beklagte bestreiten wollte. Zwar enthielt die Klageerwiderung die Äußerung, es werde bestritten, daß die Klägerin die von ihr behaupteten und mit der Klage geltend gemachten Leistungen erbracht habe. Diese Äußerung stand jedoch im Zusammenhang mit der Erörterung der Rechtsnachfolge der Klägerin im Verhältnis zur S. KG. Daß überhaupt keine zu vergütenden Leistungen erbracht worden waren, hat der Beklagte weder in der Klageerwiderung noch im weiteren Verlauf des Verfahrens behauptet, sich vielmehr erstmals in der Berufungsbegründung eingehend dazu eingelassen.

Hieraus durfte das Berufungsgericht folgern, daß das Verhalten des Beklagten auf grober Nachlässigkeit beruhte (vgl. Senat, Urt. v. 18.05.1999 - X ZR 105/96, NJW 1999, 3272). Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß es sich um einen komplexen Sachverhalt gehandelt hat. Der Beklagte hat sich erstmals in seinem Schriftsatz vom 29. November 2000 darauf berufen, daß die Zeit für eine eingehende Stellungnahme zur Höhe der Klageforderung nicht ausgereicht habe; das Berufungsgericht hat dies jedoch zu Recht nicht gelten lassen, weil der Beklagte nicht dargelegt habe, daß die rund 10-monatige Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens hierzu nicht ausgereicht habe, und er auch zu keiner Zeit eine Fristverlängerung erbeten habe. Auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Prozeßstoffs konnte der Beklagte nicht - ohne sich dem Vorwurf grober Nachlässigkeit auszusetzen - den Versuch unternehmen, das Verfahren mit einem Minimum an Aufwand zu führen (vgl. Senat, Urt. v. 18.05.1999 aaO). Ihm mußte vielmehr klar sein, daß sein allenfalls pauschales Bestreiten der Klageforderung angesichts seines eigenen Vortrags, wonach die Erbringung gewisser Leistungen gar nicht in Abrede gestellt wurde, jedenfalls nicht ausreichend war, auch ohne daß es eines gerichtlichen Hinweises hierauf bedurft hätte.
Auch soweit die Revision sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, die Zulassung des Vorbringens des Beklagten verzögere das Berufungsverfahren, bleibt ihre Rüge ohne Erfolg. Die Revision greift die Annahme des Berufungsgerichts, der Rechtsstreit sei ohne Zulassung des verspäteten Vorbringens entscheidungsreif gewesen mit der Begründung an, es sei auch über die Hilfsaufrechnungen des Beklagten zu entscheiden gewesen, die das Berufungsgericht mangels Sachdienlichkeit gemäß § 530 Abs. 2 ZPO a.F. nicht zugelassen habe. Es handelt sich bei den mit der Hilfsaufrechnung
geltend gemachten Forderungen um vier, die das streitgegenständliche Vertragsverhältnis betreffen, und vier weitere, die andere Vertragsverhältnisse betreffen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die bei Zulassung der Hilfsaufrechnung erforderliche Vernehmung von 23 Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens lasse es als nicht sachgerecht erscheinen, den Aufrechnungseinwand des Beklagten im Berufungsrechtszug zuzulassen.
Die Zurückweisung der Hilfsaufrechnung des Beklagten als nicht sachdienlich ist nicht ermessensfehlerhaft. Maßgeblich für die revisionsrechtliche Überprüfung ist, ob der Tatrichter die Grenzen seines Ermessens überschritten hat (BGH, Urt. v. 04.10.1976 - VIII ZR 139/75, NJW 1977, 49; BGH, Beschl. v. 17.03.1988 - III ZR 170/87, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 2). Die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschreitet das Berufungsgericht dann nicht, wenn es die Sachdienlichkeit verneint, weil die Prüfung des Einwandes die Entscheidung verzögern würde, wenn dieser Einwand auf neuen, bisher nicht erörterten Streitstoff gestützt wird (BGHZ 5, 373, 377 f.; 17, 124, 126; BGH, Urt. v. 07.05. 1987 - VII ZR 158/86, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 1; Beschl. v. 17.03.1988 - III ZR 170/87, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 2).
Davon konnte das Berufungsgericht vorliegend ohne Rechtsfehler ausgehen. Dies gilt zunächst, soweit vier der zur Aufrechnung gestellten Forderungen aus anderen Vertragsverhältnissen herrühren. Insoweit legt auch die Revision nicht dar, daß die Nichtzulassung der Hilfsaufrechnung ermessensfehlerhaft gewesen sei. Im übrigen betreffen die zur Aufrechnung gestellten Forderungen einen behaupteten Schaden des Beklagten, der infolge der fristlosen Kündigung des Auftragsverhältnisses, im wesentlichen durch anderweite Vergabe unerledigter Restarbeiten und Mängelbeseitigungsarbeiten entstanden
sein soll. Hierbei handelt es sich um neuen bis dahin nicht erörterten Streitstoff, der hinsichtlich der in erster Linie geltend gemachten Gegenforderung - wie vom Berufungsgericht ausgeführt - die Vernehmung von 23 Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gemacht hätte. Ohne Einbeziehung dieses Streitstoffs war der Rechtsstreit dagegen zur Entscheidung reif. Unter den gegebenen Umständen konnte das Berufungsgericht auch die im Falle der Zulassung der Hilfsaufrechnung eintretende Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme im Rahmen seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 11.04.1990 - XII ZR 69/88, BGHR ZPO § 530 Abs. 2 - Sachdienlichkeit 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 und 97 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Wird die Berufung nicht nach § 522 durch Beschluss verworfen oder zurückgewiesen, so entscheidet das Berufungsgericht über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Sodann ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.

(2) Auf die Frist, die zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntmachung des Termins und der mündlichen Verhandlung liegen muss, ist § 274 Abs. 3 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 160/99 Verkündet am:
7. März 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. MeierBeck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 28. Juli 1999 verkündete Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger betreibt als selbständiger Landwirt einen Hof mit ca. 60 Milchkühen. Die Beklagte vertreibt landwirtschaftliche Maschinen. Sie verkaufte dem Kläger eine neue Melkanlage und übernahm deren an die Örtlichkeiten angepaßte Installation in dem Stall des Klägers.

In der Folgezeit erkrankte ein Teil der Milchviehherde des Klägers an Euterentzündung (Mastitis). Der Kläger führt dies darauf zurück, daß die Beklagte die neue Anlage mängelbehaftet installiert habe. Mit seiner Zahlungsklage hat er zuletzt Ersatz für folgende Schadensposten begehrt:
Entgangenes Entgelt für nicht verkehrsfähige Milch (sogenannter Milchschaden) 88.595,84 DM
Anschaffungskosten für Ersatztiere 25.195,88 DM
Mehraufwand für getrennte Tierhaltung 13.700,-- DM
Transport/Schlachtkosten 4.132,83 DM.
Das Landgericht hat die Klage insoweit als unsubstantiiert abgewiesen; das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in dem genannten Umfange weiter.
Die Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Das zulässige Rechtsmittel führt im Umfange der Anfechtung zur Aufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Das Berufungsgericht hat Feststellungen zum Grund des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs und zu den Folgen der behaupteten Schlechterfüllung des unter anderem auf die Montage der neuen Melkanlage gerichteten Vertrages der Parteien nicht getroffen. Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist deshalb davon auszugehen, daß - wie der Kläger behauptet hat - die Beklagte die von ihr vertraglich geschuldete Installation der Melkanlage zunächst mangelhaft vorgenommen hat, so daß es vor allem zu unregelmäßigem Abschalten der einzelnen Melkvorgänge kam und infolgedessen Euterentzündungen bei Kühen auftraten.
2. Der Kläger hat geltend gemacht, die Milch der erkrankten Tiere habe wegen eines erhöhten Zellgehalts nicht verkauft werden können. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist auch das der revisionsrechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen.
Die weitere Behauptung des Klägers, er habe aus dem genannten Grund bei dem von der Molkerei gezahlten Milchgeld in der Zeit von Dezember 1995 bis September 1996 einen Verlust in Höhe von 88.595,84 DM erlitten, hat das Berufungsgericht als unsubstantiiert angesehen, weil der Kläger nicht die tatsächliche Menge an Milch angegeben habe, die infolge der Krankheit der Tiere nicht verkehrsfähig gewesen sei. Diese Menge habe der Kläger ohne weiteres dokumentieren können und müssen. Der Kläger habe statt dessen für jeden Monat nur auf das Ergebnis einer im Rahmen monatlicher Milchlei-
stungsprüfung durchgeführten Messung der an diesem Tag produzierten Milchmenge verwiesen, hiervon ausgehend auf die jeweilige Monatsproduktion hochgerechnet und von diesem errechneten Wert die Mengen abgezogen, die in diesem Monat nach seiner Behauptung tatsächlich von der Molkerei abgenommen und bezahlt worden seien. Die auf diese Weise errechnete Differenz gebe die angeblich nicht verkehrsfähige Menge schon deshalb mit einer nur unzureichenden Wahrscheinlichkeit wieder, weil die der Hochrechnung zugrunde gelegten monatlichen Tagesmessungen erhebliche Unterschiede aufgewiesen hätten. Aus der exemplarisch vorgelegten Auskunft des Landeskontrollverbandes ... in S. über die im Rahmen der Milchleistungsprüfung vorgenommene Tagesmessung vom 28. November 1995 sei außerdem für das Berufungsgericht nicht in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen, welche Menge an krankheitsbedingt nicht verkehrsfähiger Milch festgestellt worden sei.
Dies ist nicht frei von Rechtsirrtum. Zu Recht rügt die Revision Verkennung der Anforderungen an die Substantiierungslast des Klägers. Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (z.B. BGH, Urt. v. 16.03.1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957; Sen.Urt. v. 23.04.1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 207, 209). Für einen schlüssigen und damit erheblichen Sachvortrag ist deshalb, anders als das Berufungsgericht zu meinen scheint, eine lückenlose Dokumentation der den geltend gemachten Anspruch rechtfertigenden Fakten nicht erforderlich. Darauf, für wie wahrscheinlich die Darstellung der Partei zu erachten ist, kommt es insoweit ebenfalls nicht an. Dies eröffnet die Möglichkeit, auch mit Hilfe von Indizien die Haupttatsachen darzulegen, die den betreffenden Rechtssatz ausfüllen (BGH, Urt. v.
16.03.1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957; Sen.Urt. v. 29.09.1992 - X ZR 84/90, NJW-RR 1993, 189). Dazu genügt es, wenn die Hilfstatsachen selbst vorgetragen sind, die auf sie gestützte Schlußfolgerung möglich ist und diese Schlußfolgerung die geltend gemachte Rechtsfolge als entstanden erscheinen läßt. Denn eine auf Tatsachenbehauptung beruhende mögliche Schlußfolgerung kann daraufhin beurteilt werden, ob sich ihretwegen die Überzeugung vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtsfolge gewinnen läßt, die an die zugrundeliegende Behauptung geknüpft wird.
Ein solcher Fall ist auch hier gegeben. Der Kläger hat für jeden Monat des betreffenden Zeitraums den durch den Landeskontrollverband an einem Tag gemessenen Wert der Milchleistung in Litern bezeichnet. Diese Angaben sind als solche schlüssig. Sie können unabhängig davon auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht allein aufgrund der den 28. November 1995 betreffenden Auskunft die genannte Zahl nachvollziehen konnte. Es ist ferner nicht ausgeschlossen, daß die tatsächlich monatlich erreichte Milchproduktion auf dem Hof des Klägers der einmal im Monat durchgeführten Messung der Milchleistung durch den Landeskontrollverband entspricht. Die vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellten beträchtlichen Unterschiede zwischen den Messungen einzelner Monate stehen dem jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil es für sie eine plausible Erklärung gibt. Die Revision verweist insoweit zu Recht auf wiederholtes tatsächliches Vorbringen des Klägers in den Tatsacheninstanzen, wonach sich auch eine signifikante Veränderung der Milchleistung darauf zurückführen läßt, daß es der Beklagten gelang, am 4. April 1996 die fehlerhaft installierte Schaltung zu reparieren, wodurch weitere Euterreizungen unterblieben, und die Milchviehherde bis zum 30. Juni 1996 durch insgesamt 47 Tiere aufgefrischt wurde, die eutergesund
waren. Der aus der an einem Tage eines jeden Monats vorgenommenen Messung gezogene Schluß des Klägers, auf seinem Hof seien tatsächlich die von ihm angegebenen monatlichen Gesamtmilchmengen gemolken worden, ist deshalb möglich. Aus diesen Werten kann auch auf die Teilmenge geschlossen werden, die nicht verkehrsfähig war. Da andere entgegenstehende Umstände weder festgestellt noch sonstwie ersichtlich sind, ergibt sich diese Menge - wie es der Kläger seiner Klage zugrunde gelegt hat - durch Subtraktion der an die Molkerei gelieferten Menge von der aufgrund der einmaligen Messung pro Monat geschlossenen Gesamtmenge.
Ob sich die tatsächliche Menge an nicht verkehrsfähiger Milch heute noch - wie es das Berufungsgericht ausgedrückt hat - "rekonstruieren" läßt, ist demgegenüber derzeit ohne Belang. Dies ist keine Frage der Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens, sondern Teil der erst nachrangig zu klärenden Frage , ob und inwieweit sich das geltend gemachte Recht mit Hilfe der substantiiert geltend gemachten Hilfstatsachen beweisen läßt. Der Kläger hat sich vor dem Oberlandesgericht nicht darauf berufen, den Beweis eines Schadens in Höhe von 88.595,84 DM durch Nachweis der jeden Tag des fraglichen Zeitraums tatsächlich gemolkenen Mengen zu führen; er hat Beweis durch Sachverständigengutachten dazu angetreten, daß die vom Berufungsgericht als nicht substantiiert erachtete, sich auf Hilfstatsachen stützende Methode der Ermittlung der als nicht verkehrsfähig nicht vergüteten Milchmenge hinreichend genau ist. Diesem Beweisantritt wird nachzugehen sein, auch wenn der Tatrichter grundsätzlich darin frei ist, welche Beweiskraft er Indizien im einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimißt (BGH, Urt. v. 22.01.1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895). Denn es ist nicht ersichtlich oder gar vom Berufungsgericht dargetan, daß seine Mitglieder aus-
reichende Sachkunde zur Beurteilung haben, ob und inwieweit im Abstand von etwa einem Monat vorgenommene Milchleistungsprüfungen tatsächlich Rückschlüsse auf die jeweilige Monatsleistung einer Milchviehherde erlauben.
Die völlige Abweisung des auf Zahlung von 88.595,84 DM gerichteten Teils der Klage verletzt auch den in ständiger Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsatz (z.B. BGH, Urt. v. 28.02.1996 - XII ZR 186/94, NJW-RR 1996, 1077 m.w.N.), daß der Tatrichter von einer Schätzung des Schadens und der dazu nötigen Aufklärung nicht schon deshalb absehen darf, weil nach seiner Ansicht der Sachvortrag des Geschädigten eine abschließende Beurteilung seines Schadens nicht zuläßt. Da mangels gegenteiliger Feststellungen anzunehmen ist, daß die Euterentzündungen zu verminderter verkehrsfähiger Milchproduktion auf dem Hof des Klägers geführt hat, wäre jedenfalls zu prüfen gewesen, ob und in welchem Umfang ein in jedem Fall eingetretener und aufgrund der geltend gemachten Anspruchsgrundlage auszugleichender Einnahmeausfall zu ermitteln ist, bzw. zu begründen gewesen, warum sich auch ein Mindestschaden des Klägers hier nicht ergibt.
3. Der Kläger hat ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils behauptet, für 38 Tiere, die er wegen der aufgetretenen Erkrankung habe schlachten müssen, 38 Ersatztiere gekauft zu haben; hierfür hat er 25.195,88 DM als selbständigen Schadensposten geltend gemacht. Auch diesen Teil der Klage hat das Berufungsgericht durch Zurückweisung der Berufung des Klägers abgewiesen.

a) Das Berufungsgericht hat insoweit zum einen gemeint, aus dem Vortrag des Klägers erhelle sich nicht in nachvollziehbarer Weise, warum die be-
haupteten Schlachtungen in jedem Einzelfall unumgänglich gewesen seien. Auch das bekämpft die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht hat insoweit die gesetzlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verkannt, die bestimmen, was der Kläger darzulegen hat.
Nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt hat die Beklagte dem Kläger grundsätzlich alle Vermögenseinbußen zu ersetzen , die adäquat kausale Folge der Schlechterfüllung des abgeschlossenen Vertrages sind, wobei das Adäquanzprinzip eine Schadenszurechnung nur ausschließt, soweit der Schadenseintritt außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt (st. Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 18.12.1997 - VII ZR 34/96, BGHR VOB/B § 6 Nr. 6 - Schaden 1). Da dies für die Schlachtung von Tieren und ihre Ersatzbeschaffung in einem Fall nicht angenommen werden kann, in dem mangels gegenteiliger Feststellung davon auszugehen ist, daß durch eine vertragliche Schlechterfüllung die Milchleistung vorhandener Tiere beeinträchtigt war, bedurfte es mithin zur Substantiierung der insoweit geltend gemachten Kosten ihrem Grunde nach nur der Darlegung, daß der Kläger wegen der infolge der Schlechtleistung der Beklagten eingetretenen Krankheit der Tiere und deren verminderter verkehrsfähiger Milchleistung tatsächlich 38 Kühe hat schlachten lassen und sich 38 Ersatzkühe beschafft hat. Dies hat der Kläger vorgetragen.
Nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt kann die vom Berufungsgericht problematisierte Unumgänglichkeit der Schlachtung allerdings die Frage einer etwaigen Mitverursachung des Schadens durch den Kläger betreffen (vgl. Sen.Urt. v. 14.11.2000 - X ZR 203/98, Umdr. S. 16, zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie ist freilich erst nach Feststellung eines
Schadens im Rahmen des § 254 BGB zu klären und berührt nicht die Pflicht des Klägers, den geltend gemachten Anspruch schlüssig darzulegen.

b) Das Berufungsgericht hat überdies darauf abgestellt, daß die vorgelegte Bescheinigung der Zuchtrindergemeinschaft H. nicht 38, sondern nur 28 Schlachttiere sowie nicht 38, sondern insgesamt 47 angekaufte Tiere ausweise. Auch das vermag jedoch nicht eine vollständige Abweisung des die Anschaffungskosten betreffenden Klagebegehrens zu begründen. Jedenfalls ein Schaden wegen Ersatzbeschaffung von 28 Rindern bleibt danach ebenso möglich wie der Ankauf von weiteren Tieren nicht ausschließt, daß für die geschlachteten Tiere eine Ersatzbeschaffung vorgenommen wurde.
4. Das Berufungsgericht hat die im Hinblick auf die geltend gemachte Notwendigkeit separater Haltung der erkrankten Tiere beanspruchten 50,-- DM pro Tag als unsubstantiiert angesehen. Zu dieser Auffassung ist es gelangt, weil es den Schadensposten von insgesamt 13.700,-- DM als entgangenen Gewinn eingeordnet hat; ein solcher sei aber nicht nachvollziehbar, weil der Kläger nicht mitgeteilt habe, wie er hätte erwirtschaftet werden können.
Auch die deshalb erfolgte Zurückweisung der Berufung ist nicht frei von Rechtsirrtum. Schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist verfehlt, weil er dem Begehren des Klägers nicht Rechnung trägt.
Der Kläger hat den Betrag von 13.700,-- DM als Mehraufwendung für getrennte Tierhaltung geltend gemacht. Seine die einzelnen Arbeitsschritte aufführenden Darlegungen im Schriftsatz vom 8. Juni 1999, auf die auch die Revision abhebt, machen deutlich, daß er Ersatz für Arbeitsleistungen begehrt,
die nach seiner Behauptung im Falle ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages der Parteien nicht angefallen wären und bei denen mangels gegenteiliger Behauptung des Klägers davon auszugehen ist, daß sie der Kläger selbst erbracht hat.
Eigene Arbeitsleistung kann einen Vermögensschaden nicht nur darstellen , wenn der hierfür getätigte Aufwand an Zeit und Mühewaltung ohne das sie verursachende Ereignis zu gewinnbringender Tätigkeit genutzt worden wäre. Arbeits- und Zeitaufwand wird unabhängig davon schadensrechtlich als ein Vermögenswert angesehen, wenn sich nach der Verkehrsauffassung für die getätigte Arbeitsleistung ein sich objektiv nach dem Maß der Arbeitskraft bemessender geldlicher Wert, d.h. ein Marktwert, ermitteln läßt (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 88/95, ZIP 1996, 281, 283 m.w.N.). Diese Möglichkeit hat der Bundesgerichtshof zwar als ausgeschlossen erachtet, wenn es um die Arbeitsleistung eines Unternehmers geht (BGHZ 54, 45 b, 51; vgl. auch BGH, Urt. v. 31.03.1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852). Das betrifft aber Sachverhalte , in denen die Arbeitskraft des Unternehmers als solche in Frage steht. Im vorliegenden Fall sind Einzelarbeitsleistungen zu beurteilen, die von der Person des Klägers als Landwirt, der einen Hof betreibt und führt, unabhängig, also nicht unternehmerbezogen sind und ohne weiteres auch von Hilfskräften hätten erbracht werden können, deren Arbeit üblicherweise im Stundenlohn vergütet wird. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß der geltend gemachte Mehraufwand einen Marktwert hat. Dies macht ergänzende tatrichterliche Feststellungen nötig, die - weil bisher unterblieben - nachzuholen sein werden.
5. Das Berufungsgericht hat schließlich die vom Kläger veranschlagten Kosten für den Transport zu schlachtender und statt dessen von ihm erworbener Tiere als nicht ausreichend substantiiert angesehen.
Nach dem zu 2. Ausgeführten ist auch die deshalb erfolgte Abweisung eines Zahlungsbetrages von 4.132,83 DM nicht prozeßordnungsgemäß. Der Kläger hat durch entsprechende Auflistung die transportierten Kühe bezeichnet und dabei angegeben, für jedes Tier, das man kaufe oder zur Schlachtung gebe , bezahle man ein Transportgeld von 70,-- DM. Das Berufungsgericht hat nicht dargetan, warum es neben diesen Angaben noch Vortrag dazu bedurft hätte, über welche Strecken und auf welche Weise die insgesamt 76 Kühe transportiert worden sein sollen, wegen deren Beförderung Schadensersatz verlangt wird. Im Hinblick auf die behauptete Tatsache der Schlachtung und der Ersatzbeschaffung hätten deshalb die angetretenen Beweise erhoben werden müssen; die Höhe des Transportgeldes hätte bei entsprechendem Beweisergebnis sodann in geeigneter Weise aufgeklärt werden müssen. Auch dies wird nachzuholen sein. Dabei wird es unter den vorstehend zu 4. erörterten Voraussetzungen nicht darauf ankommen, ob der Kläger Transportkosten an einen Dritten gezahlt hat, weil auch ein selbst vorgenommener Transport einen Marktwert haben kann.
Rogge Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck