Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2012 - X ZR 121/11

bei uns veröffentlicht am18.12.2012
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 62/09, 21.06.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 121/11 Verkündet am:
18. Dezember 2012
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher, Hoffmann und die Richterin
Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 21. Juni 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten, elf Patentansprüche umfassenden europäischen Patents 0 945 707 (Streitpatents), das am 26. März 1999 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 27. März 1998 angemeldet wurde. Patentanspruch 1, dem fünf weitere Patentansprüche untergeordnet sind, hat folgenden Wortlaut: "A method for use in selecting a destination in a vehicle navigation system (400), the system having a user interface (436, 440) and a map database (154, 426) associated therewith, in which the method includes the steps of providing a plurality of options for designating the destination in the user interface, a first option (502) employing at least one street name to designate the destina- tion, providing (552) a city list for display (504) in the user interface , in response to the selection of the first option, the city list including a first plurality of cities for which no street names are available for display, and selecting as the destination (510) a first location associated with the first one of the first plurality of cities in the map database in response to the selection of a first one of the first plurality of cities from the city list."
2
Patentanspruch 7 ist auf ein Fahrzeugnavigationssystem gerichtet, Patentanspruch 8 betrifft ein Computerprogrammprodukt für die Zielauswahl in einem Fahrzeugnavigationssystem.
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Gegenstände des Streitpatents seien nicht patentfähig.
4
Die Beklagte hat das Streitpatent im Hauptantrag beschränkt auf die Ansprüche 1 bis 8 verteidigt und hilfsweise in vier Hilfsanträgen weitergehende Beschränkungen ihrer Verteidigung zugrunde gelegt.
5
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
6
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, soweit das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8 für nichtig erklärt worden ist. Insoweit erstrebt sie weiterhin die Klageabweisung und verteidigt den Gegenstand dieser Ansprüche hilfsweise mit den in erster Instanz gestellten Hilfsanträgen.

Entscheidungsgründe:


7
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
8
I. Das Streitpatent betrifft die Auswahl eines Fahrtziels zur Verwendung in einem Fahrzeugnavigationssystem.
9
1. Die Beschreibung geht von einem Stand der Technik aus, bei dem der Benutzer bei der Eingabe des gewünschten Fahrtziels unter anderem die Option wählen kann, die Zieladresse mit Ort und Straße anzugeben. Er erhält dann zunächst eine Städteliste, aus der er eine Auswahl treffen kann. Sodann wird für den ausgewählten Ort eine Straßenliste zur weiteren Auswahl angeboten. Da jedoch die verwendeten Kartendatenbanken insbesondere für kleinere Ortschaften keine Straßendaten enthalten, werden diese Orte in der Städteliste nicht aufgeführt. Zwar ist gegebenenfalls das Ortszentrum als potentiell interessierendes Ziel (POI) in der Datenbank gespeichert; jedoch wird ein solches Ziel nicht zur Auswahl angeboten, wenn der Benutzer die Zieleingabeoption Ort und Straße gewählt hat.
10
Die Patentschrift bezeichnet es als Ziel der Erfindung, ein Verfahren für die Fahrtzielauswahl bereitzustellen, das dem Benutzer die Möglichkeit bietet, auf einfachere Weise Ortschaften zu identifizieren, für die keine Straßendaten verfügbar sind (Abs. 9 aE).
11
2. Hierzu gibt Patentanspruch 1 ein Verfahren an, das sich wie folgt gliedern lässt (in eckigen Klammern die Gliederung im angegriffenen Urteil): Das Verfahren ist zum Einsatz bei der Auswahl eines Fahrtziels in einem Fahrzeugnavigationssystem [M1] mit einer Benutzeroberfläche und einer damit verbundenen Kartendatenbank [M2] bestimmt und umfasst die folgenden Schritte [M3]: (1) Auf der Benutzeroberfläche wird eine Mehrzahl von Optionen zur Bezeichnung des Fahrtziels bereitgestellt [M3a]. (1.1) Eine erste Option verwendet mindestens einen Straßennamen zur Zielbezeichnung [M3b]. (2) Als Reaktion auf die Auswahl der ersten Option wird eine Städteliste zur Anzeige auf der Benutzeroberfläche bereitgestellt [M3c-aa].
(2.1) Die Städteliste enthält eine erste Mehrzahl von Städten, für die keine Straßennamen zur Anzeige verfügbar sind [M3c-bb]. (3) Als Reaktion auf die Auswahl einer ersten Stadt aus der ersten Mehrzahl von Städten von der Städteliste wird ein Fahrtziel ausgewählt (selecting as the destination). (3.1) Das ausgewählte Fahrtziel ist eine erste Position, die in der Kartendatenbank mit der (ausgewählten) ersten Stadt verknüpft (associated) ist.
12
3. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:
13
a) Mit einer Option zur Bezeichnung des Fahrtziels unter Verwendung eines Straßennamens gemäß Merkmal 1.1 ist gemeint, dass diese Option im Rahmen der weiteren Menüführung dafür genutzt werden kann, das Fahrtziel anhand von (dem Navigationssystem bekannten) Straßennamen zu definieren. Es bedeutet jedoch nicht, dass nach Auswahl dieser Option der Straßenname das einzige Mittel ist, das Fahrtziel definieren zu können.
14
b) Das Patentgericht hat - in Anlehnung an den Wortlaut der deutschen Übersetzung des Patentanspruchs 1 in der Patentschrift - den dritten Schritt als "Auswahl einer ersten Position als Fahrtziel, die mit der ersten Stadt der ersten Vielzahl von Städten in der Kartendatenbank als Reaktion auf die Auswahl einer ersten Stadt der ersten Vielzahl von Städten von der Städteliste assoziiert wird," definiert. Es hat hieraus abgeleitet, der Benutzer müsse bei Auswahl des Menüpunkts "Zentrum" diesen nicht noch durch Anklicken bestätigen, dieser werde vielmehr - was durch das Wort "assoziiert" ausgedrückt werde - automatisch als Fahrtziel ausgewählt.
15
Dies beruht auf einer fehlerhaften Übertragung aus der Verfahrenssprache. Die Verbindung der zum Fahrtziel bestimmten "ersten Position" (first loca- tion) mit einem Ort erfolgt nicht in Reaktion auf die Ortswahl; vielmehr ist die "erste Position", beispielsweise das Ortszentrum, in der Datenbank mit dem Ort verknüpft und ersetzt dort die nicht verfügbaren Straßendaten ("selecting as the destination (510) a first location associated with the first one of the first plurality of cities in the map database …"). Die abschließende Wendung ("in response to the selection of a first one of the first plurality of cities from the city list") bezieht sich nicht auf die Verbindung (associated), sondern auf die Auswahl (selecting).
16
Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 gibt einen Bestätigungsschritt zwar nicht zu erkennen. Aus dem Fehlen eines solchen Schritts ist indessen nicht zu schließen, dass zum Gegenstand des Streitpatents nur solche Verfahren gehören , in denen das Fahrtziel nach Auswahl der Stadt sogleich anhand der "ersten Position" in der Datenbank automatisch für die Routenberechnung verwendet wird. Die für ein Verfahrenspatent im Patentanspruch dargestellten Verfahrensschritte sind nicht grundsätzlich als abschließend zu verstehen; weitere Verfahrensschritte sind damit nicht ausgeschlossen.
17
Hinzu kommt, dass die erfindungsgemäße "Auswahl" einer ersten Position wie dem Ortszentrum auch nicht ausschließt, dass dem Benutzer eine Alternative wie etwa ein Bahnhof oder Flughafen angeboten wird. Mit der Verknüpfung eines Ortes mit dessen Zentrum soll lediglich wenigstens eine Position verfügbar sein, die für die weitere Programmführung genutzt und insbesondere zur Bestimmung des für die Routenplanung zu verwendenden Fahrtziels ausgewählt werden kann, wenn keine Straßendaten zur Verfügung stehen.
18
Auch die im Merkmal 3.1 beschriebene Verknüpfung einer Stadt, für die keine Straßennamen verfügbar sind, mit einem Stadtzentrum bedeutet nicht zwingend, dass mit dieser Verknüpfung sogleich das Fahrtziel ausgewählt und für die Routenberechnung verwendet werden muss, ohne dies dem Benutzer anzuzeigen und die Auswahl von diesem bestätigen zu lassen. Mit der Ver- knüpfung einer Stadt mit deren Stadtzentrum soll lediglich wenigstens ein Ort für den internen Programmablauf bekannt sein, der für die weitere Programmführung genutzt und insbesondere zur Bestimmung des für die Routenplanung zu verwendenden Fahrtziels ausgewählt werden kann. Die Beschreibung des Streitpatents verdeutlicht den Vorteil eines solchen weiteren Auswahlschritts, mit dem nach der Wahl der Stadt das mit dieser verknüpfte Stadtzentrum ausgewählt und somit als das in dieser Stadt gegebenenfalls einzige zur Verfügung stehende Fahrtziel bestätigt wird, mit dem Hinweis, dass für Benutzer, die beispielsweise in einem Mietwagen mit dem Navigationssystem nicht vertraut sind, nach der Eingabe der Stadt, für die keine Straßennamen verfügbar sind, zumindest das Stadtzentrum zur Auswahl stehen soll (Streitpatent Sp. 6 Abs. 18: "…will at least be able to select the city center"). Deshalb fallen unter dieses Merkmal sowohl Programmabläufe, bei denen mit der Auswahl einer solchen Stadt automatisch dessen Stadtzentrum als Fahrtziel ausgewählt ist, als auch Programmabläufe, bei denen danach das Stadtzentrum als Auswahl - gegebenenfalls neben anderen möglichen Fahrtzielen - zur Bestätigung angeboten wird und erst damit als Fahrtziel feststeht.
19
II. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.
20
Es könne dahingestellt bleiben, ob und inwieweit das beanspruchte Verfahren technischen Charakter im Sinne des Art. 52 Abs. 1 EPÜ besitze und als Programm für elektronische Datenverarbeitungsanlagen im Hinblick auf den Patentierungsausschluss gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchstabe c, Abs. 3 EPÜ der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln diene, denn jedenfalls ergebe sich der Gegenstand des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
21
Aus der Bedienungsanleitung für ein Navigationssystem der B. GmbH vom Typ "T. " mit dem Druckvermerk 01/97 (Anlage K11) seien ein Navigationssystem und ein Verfahren für die Auswahl eines Fahrtziels in einem solchen System bekannt, das bis auf Merkmal M3d seiner Gliederung (Schritt 3) sämtliche Merkmale der Erfindung einschließlich der Varianten nach den Hilfsanträgen zeige.
22
Lediglich Schritt 3 sei in der K11 nicht in der Weise offenbart, dass mit der Auswahl einer Stadt, für die keine Straßennamen verfügbar sind, automatisch deren Stadtzentrum als Fahrtziel ausgewählt sei. Vielmehr biete die K11 nach der Auswahl einer solchen Stadt das Stadtzentrum zur Auswahl an, so dass dieses als Fahrtziel durch Anklicken noch bestätigt werden müsse. Es sei jedoch für den Fachmann nahegelegt, zur Beschleunigung des Verfahrens Menüpunkte direkt ohne weiteres Bestätigen durch den Benutzer auszuführen, wenn es nur noch eine einzige Alternative zur Auswahl gebe. Hier sei eine Bestätigung durch den Benutzer überflüssig. Der erfindungsgemäße letzte Verfahrensschritt sei deshalb auch im Sinne einer automatischen Auswahl des Stadtzentrums als Fahrtziel nahegelegt.
23
III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand.
24
1. Der Senat kann mit dem Patentgericht offenlassen, ob und inwieweit der Gegenstand des Streitpatents als Programm für eine elektronische Datenverarbeitungsanlage , das Fahrzeugnavigationssystem, unter den Patentierungsausschluss gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchstabe c, Abs. 3 EPÜ fällt, denn jedenfalls gehört, wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, der Gegenstand des Streitpatents zum Stand der Technik (Art. 54 EPÜ).
25
Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, offenbart die K11 dem einschlägigen Fachmann, einem mit der Entwicklung von Fahrzeugnavigationssystemen befassten DiplomIngenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Informatik, ein Verfahren mit den Schritten 1 und 2. Wie auf Seite 8 im Einzelnen beschrieben, werden dem Benutzer zunächst unter anderem die Optionen "Stadt", "Straße/Kreuzung" und "Andere örtliche" angeboten (Merkmal 1). Jedenfalls die Wahl der erstgenann- ten Option eröffnet die Möglichkeit der Verwendung einer Stadt und eines Straßennamens zur Zielbezeichnung (Merkmal 1.1). Die Auswahl dieser Option führt, wie auf Seiten 9 f. beschrieben, zu einer Städteliste (Merkmal 2), die auch Orte enthält, für die keine Straßennamen angezeigt werden können (Merkmal 2.1), denn der auf die Bestätigung eines angezeigten Ortsnamens folgende Menüpunkt "Straße/Kreuzung" wird "nur angezeigt, wenn in der Zielstadt Straßen digitalisiert sind" (K11, S. 10).
26
Entgegen der - durch die dargelegte rechtsfehlerhafte Auslegung des Patentanspruchs bedingten - Auffassung des Patentgerichts ist aber auch Schritt 3 vorweggenommen: Als Reaktion auf die Auswahl einer ersten Stadt aus der ersten Vielzahl von Städten von der Städteliste wird als Fahrtziel eine erste Position , die in der Kartendatenbank mit der (ausgewählten) ersten Stadt verbunden ist, ausgewählt. Ausweislich der Bedienungsanleitung (S. 10 f.) werden nach Auswahl einer Stadt auch die Menüpunkte "Zentrum" und "Andere Örtliche" angeboten. Wird "Zentrum" gewählt, "zeigt der Monitor eine Liste aller auf der CD gespeicherten Ortsteile der Zielstadt an". Unter "Andere Örtliche" werden , "wenn auf der CD-ROM gespeichert, örtliche Ziele wie Zentrum, Bahnhof, Parkplatz zur schnellen Zielauswahl angezeigt". Wie beispielsweise aus der beispielhaften Darstellung der Bedienung des B. -Navigationssystems in Anlage K10 ersichtlich und auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, zeigt die Benutzeroberfläche unmittelbar den - für die Auswahl markierten - Menüpunkt "Zentrum" an, wenn für den gewählten Ort weder Straßennamen noch andere Zielpunkte gespeichert sind. Es liegt auf der Hand, dass in diesem Fall auch keine "Ortsteile der Zielstadt" angezeigt werden (können), sondern der markierte Menüpunkt "Zentrum" den Endpunkt des Auswahlprozesses bezeichnet. Dass das Zentrum als das vom Benutzer gewünschte Fahrtziel zur Berechnung der Route zu dieser "ersten Position" noch bestätigt werden muss, ist wie ausgeführt für die Vorwegnahme der erfindungsgemäßen Lehre ohne Belang.
27
2. Im Übrigen beruhte der Gegenstand von Patentanspruch 1 auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ), auch wenn dieser hinsichtlich Merkmal 3 entsprechend dem Urteil des Patentgerichts dahin auszulegen wäre, dass mit der Auswahl einer nicht digitalisierten Stadt, deren Stadtzentrum bereits automatisch - ohne einen weiteren Bestätigungsschritt - als Fahrtziel der Routenplanung zugrunde gelegt werden soll.
28
Der Abstand zum Stand der Technik ergäbe sich dann allenfalls aus Merkmal 3. Dieses Merkmal ist indessen für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen, denn bei der Prüfung eines Verfahrens auf erfinderische Tätigkeit, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolgs eines Programms für eine Datenverarbeitungsanlage bedient, dürfen im Hinblick auf das Anliegen des Ausschlusstatbestands gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchstabe c, Abs. 3 EPÜ nur diejenigen Anweisungen berücksichtigt werden, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH, Urteile vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 31 - Wiedergabe topografischer Informationen; vom 18. Dezember 2012 - X ZR 3/12, juris, unter III 2 b). Ob ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage im Sinne einer relevanten Optimierung Rücksicht nimmt (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 2011- X ZR 121/09, GRUR 2011, 610 Rn. 20, 22 - Webseitenanzeige; vom 22. März 2012 - X ZR 46/09, juris Rn. 51).
29
Eine automatische Auswahl des Stadtzentrums als Fahrtziel infolge der Auswahl einer nicht digitalisierten Stadt in einem Navigationssystem unter der Option, das Fahrtziel mittels Ortsname und Straßenname zu bezeichnen, entlastet den Benutzer von der Mühe, dieses Fahrtziel noch bestätigen zu müssen. Das Merkmal dient damit ausschließlich der Erhöhung des Komforts für den Benutzer bei der Handhabung des Geräts. Das gelöste Problem ist damit nicht ein technisches, welches außerhalb der Datenverarbeitungsanlage liegt, sondern eine Adaption des Programms an die menschlichen Möglichkeiten für eine schnellere Eingabe des Fahrtziels. Technische Probleme, die sich aus einer technischen Vorrichtung oder einem technischen Ablauf außerhalb einer Datenverarbeitungsanlage ergeben würden, haben für dieses Merkmal ebenso wenig eine Bedeutung wie die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage selbst. Eine erfinderische Tätigkeit ist daher aufgrund eines sich allenfalls aus Merkmal 3 ergebenden Abstands zum Stand der Technik nicht zu erkennen.
30
3. Die Fassungen, mit denen die Beklagte das Streitpatent gemäß ihren Hilfsanträgen verteidigt, führen ebenfalls nicht zur Patentfähigkeit. Die damit hinzugekommenen Merkmale waren im Stand der Technik aus der K11 ebenso bekannt. Die Zulässigkeit der Hilfsanträge kann damit offenbleiben.
31
Das Patentgericht hat zutreffend und auch von der Berufung nicht substanziell angegriffen ausgeführt, dass die Hilfsanträge keine Merkmale enthalten , die nicht im Stand der Technik nach der K11 ebenfalls bekannt gewesen wären. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen - auch zum Inhalt der Hilfsanträge - verwiesen werden.
32
4. Hinsichtlich der Gegenstände der weiteren Unteransprüche ist eine eigene erfinderische Leistung weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
33
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.06.2011 - 4 Ni 62/09 (EU) -

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(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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Referenzen

31
Dafür genügt es jedoch, dass ein Teilaspekt der geschützten Lehre ein technisches Problem bewältigt. Das vom Gesetzgeber mit den Ausschlusstatbeständen verfolgte Anliegen wird nach der Rechtsprechung des Senats - nicht anders als nach der Rechtsprechung der Technischen Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (vgl. EPA, GBK, Beschluss vom 12. Mai 2010 - G 3/08 Rn. 10.7.1, 10.8.2, 10.13 bis 10.13.2 - Program for computers) - im Wesentlichen dadurch verwirklicht, dass jedenfalls bei der Prüfung einer Erfindung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen Anweisungen berücksichtigt werden, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2010 - Xa ZB 20/08, GRUR 2010, 613 Rn. 23 f. - Dynamische Dokumentengenerierung, mwN). Die vorgelagerte Prüfung auf das Vorliegen eines Ausschlusstatbestands dient daher nur einer Art Grobsichtung zur Ausfilterung derjenigen Fälle, in denen der Patentanspruch überhaupt keine technische Anweisung enthält, die sinnvollerweise der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 3/12 Verkündet am:
18. Dezember 2012
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Routenplanung
Hat der Berufungskläger in zulässiger Weise die Verletzung des materiellen
Rechts gerügt, so hat das Berufungsgericht innerhalb des mit der Berufung zur
Überprüfung gestellten Streitgegenstands die materiellrechtliche Beurteilung
durch die Vorinstanz in vollem Umfang auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hierbei
ist es - anders als bei Verfahrensrügen - an die geltend gemachten Berufungsgründe
nicht gebunden.
EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. c und d, Art. 56

a) Anweisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die
Anweisung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung
einzusetzen, können jedenfalls bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
nicht berücksichtigt werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom
26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 36 - Wiedergabe topografischer
Informationen).

b) Dies gilt auch dann, wenn solche Anweisungen zu einer Verringerung der
erforderlichen Rechenschritte führen.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - X ZR 3/12 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die
Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Oktober 2011 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das europäische Patent 1 147 375 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt für nichtig erklärt.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 147 375 (Streitpatents), das am 6. Oktober 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Anmeldung vom 21. Dezember 1998 angemeldet worden ist und ein Verfahren zur Leitung eines Führers eines Fahrzeugs von mindestens einem Start- zu mindestens einem Zielpunkt betrifft. Patentanspruch 1, auf den sechs weitere Patentansprüche zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung in der Verfahrenssprache : "Verfahren zur Leitung eines Führers eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs , Flugzeugs oder Schiffs, von mindestens einem Start- zu mindestens einem Zielpunkt, wobei eine Fahrtroute von dem mindestens einen Start- zu dem mindestens einen Zielpunkt bestimmt wird, dadurch gekennzeichnet, dass nach Vorgabe einer bestimmten Eigenschaft dem Fahrzeugführer im Rahmen der Routenplanung solche Streckenabschnitte der Fahrtroute, die über die vorgegebene Eigenschaft verfügen, zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden, und dass abgelehnte Streckenabschnitte von der Routenplanung ausgenommen werden."
2
Die Klägerin hat das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit angegriffen. Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 die nachfolgend (unter Hervorhebung der Änderungen gegenüber der erteilten Fassung) wiedergegebene Fassung erhält und die weiteren Patentansprüche sich auf diese Fassung zurückbeziehen: "Verfahren zur Leitung eines Führers eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs , Flugzeugs oder Schiffs, von mindestens einem Start- zu mindestens einem Zielpunkt, wobei eine Streckenabschnitte aufweisende Fahrtroute von dem mindestens einen Start- zu dem mindestens einen Zielpunkt bestimmt wird, dadurch gekennzeichnet, dass nach Vorgabe einer bestimmten der Fahrzeugführer im Rahmen der Routenplanung eine vorgegebene Eigenschaft für einen potentiell zu meidenden Streckenabschnitt auswählen kann, wobei eine auswählbare Eigenschaft eine Straßenbenutzungsgebühr ist, wobei dem Fahrzeugführer die Streckenabschnitte zur Kenntnis gebracht werden, die über die zuvor ausgewählte Eigenschaft verfügen, dass dem Fahrzeugführer im Rahmen der Routenplanung solche einzelnen Streckenabschnitte der Fahrtroute, die über die vorgegebene zuvor ausgewählte Eigenschaft verfügen, zur jeweiligen individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden, und dass abgelehnte Streckenabschnitte von der Routenplanung ausgenommen werden."
3
Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents. Die Beklagte beantragt in erster Linie, die Berufung zurückzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent im Wege der Anschlussberufung in sechs abermals geänderten Fassungen.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Gegenstand des Streitpatents ist in keiner der verteidigten Fassungen patentfähig, weil die Merkmale, durch die er sich vom Stand der Technik unterscheidet, die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln nicht bestimmen oder zumindest beeinflussen und deshalb bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit außer Betracht zu bleiben haben.
5
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Fahrzeugnavigation.
6
1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, bei im Stand der Technik bekannten Navigationsgeräten sei es möglich, bestimmte Streckenabschnitte, zum Beispiel Abschnitte, die gebührenpflichtig sind, nach Vorgabe des Benutzers bei der Routenberechnung auszuschließen. Die Auswahlmöglichkeit bestehe jedoch nur für die Route insgesamt.
7
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Navigationssystem zur Verfügung zu stellen, bei dem der Benutzer weitergehende Auswahlmöglichkeiten hat.
8
2. Zur Lösung wird in Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils ein Verfahren zur Fahrzeugnavigation vorgeschlagen, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen: 1. Das Verfahren dient zur Leitung des Fahrers eines Fahrzeugs von mindestens einem Start- zu mindestens einem Zielpunkt.
2. Es wird eine Fahrtroute von dem mindestens einen Start- zu dem mindestens einen Zielpunkt bestimmt, die mindestens zwei Streckenabschnitte aufweist.
3. Im Rahmen der Routenplanung bestehen folgende Auswahlmöglichkeiten :
a) Der Fahrer kann eine vorgegebene Eigenschaft für einen potentiell zu meidenden Streckenabschnitt auswählen.
b) Eine auswählbare Eigenschaft ist eine Straßenbenutzungsgebühr.
c) Dem Fahrer werden die Streckenabschnitte zur Kenntnis gebracht, die über die zuvor ausgewählte Eigenschaft verfügen.
d) Dem Fahrer wird angeboten, die einzelnen Streckenabschnitte , die über die zuvor ausgewählte Eigenschaft verfügen , jeweils individuell auszuwählen oder abzulehnen.
4. Abgelehnte Streckenabschnitte werden von der Routenplanung ausgenommen.
9
3. Das geschützte Verfahren hat gegenüber den in der Streitpatentschrift als Stand der Technik beschriebenen Verfahren den Vorteil, dass die Entscheidung, ob Streckenabschnitte, die gebührenpflichtig sind oder sonstige Besonderheiten aufweisen, berücksichtigt oder gemieden werden sollen, nicht für die Route insgesamt getroffen werden muss, sondern für jeden einzelnen Streckenabschnitt individuell getroffen werden kann.
10
a) Um dem Fahrer diese Entscheidung zu ermöglichen, ist in den Merkmalen 3 c und 3 d vorgesehen, dass ihm die Streckenabschnitte, die die ausgewählte Eigenschaft aufweisen, zur Kenntnis gebracht und so angeboten werden, dass er sie individuell auswählen oder ablehnen kann. Hierbei ist, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ausgeschlossen, dass zusätzlich auch andere Streckenabschnitte zur Kenntnis gebracht und in der genannten Weise angeboten werden. Wenn dies geschieht, muss aber sichergestellt sein, dass der Fahrer erkennen kann, welche Streckenabschnitte die aus- gewählte Eigenschaft aufweisen. In welcher Weise dies geschieht, ist im Streitpatent nicht näher festgelegt.
11
b) Hinsichtlich der Kriterien, nach denen die zur individuellen Bearbeitung vorgeschlagene Route erstellt wird, trifft das Streitpatent keine näheren Festlegungen.
12
Daraus ist zu folgern, dass der Gegenstand des Streitpatents auch Verfahren umfasst, bei denen bestimmte Präferenzen des Fahrers schon bei der Erarbeitung dieses Vorschlags berücksichtigt werden und dem Fahrer nur solche Vorschläge unterbreitet werden, die seinen Präferenzen so weit wie möglich entsprechen. Nach dem vom Streitpatent geschützten Verfahren wird dem Fahrer aber zusätzlich die Möglichkeit geboten, einen Routenvorschlag, der nach allgemeinen, für die gesamte Route geltenden Vorgaben erstellt worden ist, individuell abzuändern. Hierzu werden ihm gemäß den Merkmalen 3 c und 3 d diejenigen Streckenabschnitte der vorgeschlagenen Route zur Kenntnis gegeben und zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten, die bestimmte vorgegebene Eigenschaften aufweisen.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Beru13 fungsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:
14
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Der Fachmann, ein Diplomingenieur mit Fachhochschulabschluss der Fachrichtung Elektronik und mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, habe aus den vorgelegten Entgegenhaltungen keinen Hinweis zur Schaffung eines Verfahrens mit den Merkmalen 3 a bis 3 d erhalten. In der US-Patentschrift 5 220 507 (NK9) und der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 838 797 (NK5) seien Verfahren offenbart, bei denen bestimmte Eigenschaften wie Streckenlänge oder Fahrzeit vor der Routenberechnung für die gesamte Strecke vorgegeben würden. Die in den Merkmalen 3 a, 3 c und 3 d beschriebenen Auswahl- und Anzeigemöglichkeiten stünden dem Fahrer deshalb nicht für einzelne Streckenabschnitte zur Verfügung. Auch bei dem in der Bedienungsanleitung zu der Software "Auto Route plus" (NK12) offenbarten Verfahren würden vorgegebene Eigenschaften für die gesamte Strecke ausgewählt. Außerdem würden dort alle Streckenabschnitte angeboten, nicht nur diejenigen, die die ausgewählte Eigenschaft aufwiesen. Bei dem in der prioritätsälteren Anmeldung WO 99/14701 (NK8) offenbarten Verfahren seien bestimmte Eigenschaften vorgegeben und der Fahrer könne diese nicht im Rahmen der Routenplanung für einen potentiell zu vermeidenden Streckenabschnitt auswählen.
15
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
16
1. Zu Recht ist das Patentgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt , dass die Merkmale von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils in keiner der vorliegenden Entgegenhaltungen in ihrer Gesamtheit offenbart sind.
17
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin weist das in dem Handbuch zu der Software "AutoRoute Plus for Windows" (NK12) offenbarte Verfahren zur Berechnung von Routen nicht alle Merkmale von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf.
18
(1) Offenbart sind die Merkmale 1, 2 und 4.
19
In der Eingabemaske des Programms können ein Start- und ein Zielpunkt eingetragen werden (S. 25), wie dies in Merkmal 1 vorgesehen ist. Die berechnete Route wird in einer listenartigen Darstellung angezeigt (S. 33), die in Übereinstimmung mit Merkmal 2 mehrere Streckenabschnitte aufweist. Auch Merk- mal 4 ist verwirklicht, denn der Benutzer kann die vorgeschlagene Route individuell bearbeiten und jeden einzelnen Streckenabschnitt von der Routenplanung ausnehmen (S. 39).
20
(2) Zutreffend ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das in NK12 offenbarte Verfahren dem Fahrer nicht die in den Merkmalen 3 a, 3 c und 3 d vorgesehenen Auswahlmöglichkeiten bietet.
21
Der Benutzer kann allerdings in einer Maske abgestufte Präferenzwerte für bestimmte Straßentypen (Motorways, A Roads, B Roads, S. 30 f.) eingeben. Damit kann er beeinflussen, ob und mit welcher Intensität die betroffenen Straßentypen bei der Berechnung der Route berücksichtigt werden. Wenn allen Straßentypen der Standardwert zugewiesen ist, wird ohne Rücksicht auf den Straßentyp die schnellste Route ermittelt. Wenn einem oder mehreren Straßentypen abweichende Präferenzwerte zugewiesen werden, werden diese Typen bei der Berechnung der Route entsprechend bevorzugt oder nachrangig berücksichtigt (S. 31 Abs. 1 und 2). Unabhängig von der Auswahl wird dem Benutzer in der listenartigen Darstellung des anhand dieser Vorgaben erstellten Routenvorschlags der Straßentyp des jeweiligen Streckenabschnitts angezeigt (S. 33). Er hat damit die Möglichkeit, Streckenabschnitte eines von ihm nicht präferierten Typs individuell abzulehnen.
22
Diese Auswahlmöglichkeit genügt jedoch nicht den Anforderungen, die sich aus den Merkmalen 3 a, 3 c und 3 d ergeben. Mit der Vergabe der Präferenzwerte für einzelne Straßentypen wird die Art und Weise beeinflusst, in der das Programm den Routenvorschlag erarbeitet, der dem Benutzer zur Auswahl und individuellen Überarbeitung angeboten wird. Diese Präferenzwerte gelten mithin für die gesamte Route. Der Benutzer hat keine Möglichkeit, zusätzlich zu diesen Vorgaben Eigenschaften auszuwählen, anhand derer ihm bestimmte Streckenabschnitte des Routenvorschlags zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden. Er kann die Liste der ihm zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angebotenen Teilstrecken zwar durch Änderung der Präferenzwerte beeinflussen. Damit ändert er jedoch zugleich die Vorgaben, die für die Berechnung des Routenvorschlags insgesamt gelten. Er hat nicht die Möglichkeit , es für die Berechnung der gesamten Route bei allgemeinen Vorgaben - etwa einer möglichst kurzen Fahrtdauer - zu belassen und zusätzlich Kriterien auszuwählen, anhand derer ihm bestimmte Teilstrecken dieser Route zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden. Er kann dieses Ziel allenfalls dadurch erreichen, dass er allen Straßentypen den mittleren Präferenzwert zuweist und die von ihm nicht präferierten Streckenabschnitte anhand der ohnehin angezeigten Informationen zum Straßentyp individuell markiert und abwählt. Dann ist die ihm angebotene Auswahlmöglichkeit indes nicht das Ergebnis einer vorherigen Auswahl bestimmter Straßentypen, sondern ein Nebeneffekt davon, dass der Straßentyp ohnehin stets und für alle Streckenabschnitte angezeigt wird. Diese Vorgehensweise - die in NK12 ohnehin nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist, sondern sich dem Fachmann allenfalls unter Rückgriff auf weitergehende Kenntnisse erschließt - entspricht nicht den bereits oben dargelegten Anforderungen aus den Merkmalen 3 a, 3 c und 3 d.
23
b) Das in der US-Patentschrift 5 220 507 (NK9) offenbarte Navigationssystem weist ebenfalls nicht alle Merkmale von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf.
24
(1) Das in NK9 offenbarte System unterbreitet dem Benutzer nach Eingabe eines Start- und eines Zielorts sowie optional weiterer Kriterien bis zu drei unterschiedliche Routenvorschläge. Als einer der Vorteile dieser Vorgehensweise wird angeführt, der Benutzer erhalte einen alternativen Routenvorschlag , ohne erneut Daten eingeben zu müssen (Sp. 4 Z. 63 bis Sp. 5 Z. 28). Zur Berechnung der alternativen Vorschläge wird ein im Voraus festgelegtes Kriterium herangezogen (Sp. 2 Z. 23-29, Sp. 10 Z. 9-15). Als Beispiel wird angegeben , dass das System aus dem jeweils vorherigen Vorschlag das längste Hauptstraßensegment ermittelt, das mindestens 40% der gesamten Wegstre- cke umfasst, und dieses Segment bei der Berechnung des nächsten Vorschlags unberücksichtigt lässt (Sp. 7 Z. 25-45). Ergänzend wird ausgeführt, die zusätzlichen Routenvorschläge, deren Anzahl auch größer oder kleiner als zwei sein könne (Sp. 9 Z. 11-13), könnten auch nach einem anderen Kriterium berechnet werden (Sp. 9 Z. 14-18).
25
(2) Damit sind die Merkmale 1, 2 und 4 offenbart, nicht aber die Merkmalsgruppe 3.
26
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann den Ausführungen in NK9, wonach das Kriterium zur Auswahl der Streckenabschnitte, die bei der Berechnung einer Alternativroute unberücksichtigt bleiben sollen, schon vor der Berechnung des ersten Routenvorschlags festgelegt wird, nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden, dass dieses Kriterium vom Benutzer ausgewählt werden kann, wie dies in Merkmal 3 a vorgesehen ist.
27
Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an der in den Merkmalen 3 c und 3 d vorgesehenen Kenntnisgabe und individuellen Auswahlmöglichkeit für Streckenabschnitte , die die zuvor ausgewählte Eigenschaft aufweisen. Dass bei den als Alternative angebotenen Routen im Vergleich zum ersten Routenvorschlag Teilstrecken unberücksichtigt bleiben, die ein bestimmtes Kriterium erfüllen , reicht zur Verwirklichung dieser Merkmale nicht aus, weil der Benutzer nicht die Möglichkeit hat, solche Teilstrecken individuell auszuwählen oder abzulehnen. Eine solche Möglichkeit besteht auch dann nicht, wenn dem Benutzer mehr als drei Routenvorschläge unterbreitet werden. Zwar ist denkbar, dass bei kurzen oder aus wenigen Abschnitten bestehenden Strecken so viele unterschiedliche Routenvorschläge erstellt werden, dass alle theoretisch denkbaren Kombinationen der einzelnen Teilstrecken zur Auswahl stehen. Zur Verwirklichung von Merkmal 3 d muss ein Verfahren jedoch geeignet sein, dem Fahrer die individuelle Auswahl oder Ablehnung einzelner Streckenabschnitte auch bei einer größeren Anzahl von Abschnitten zu ermöglichen.
28
c) Auch das in der nach dem Prioritätstag veröffentlichten, aber prioritätsälteren internationalen Patentanmeldung WO 99/14701 (NK8) offenbarte Navigationssystem weist nicht alle Merkmale von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf.
29
(1) Bei dem in NK8 offenbarten Verfahren wird jedem Straßenabschnitt ein "Kostenwert" zugeordnet. Die Höhe dieses Werts kann nicht allein durch finanzielle Faktoren wie zum Beispiel eine Gebührenpflicht beeinflusst werden, sondern auch durch andere Faktoren wie etwa den Straßentyp, die voraussichtliche Fahrzeit und die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsbehinderungen (S. 4 Z. 23-28). Der Benutzer kann diese Werte durch individuelle Eingaben beeinflussen. Hierzu wird ihm eine Liste der Abschnitte mit Verkehrsbehinderungen angezeigt, in der er vorhandene Einträge entfernen, neue Einträge hinzufügen und bei jedem Eintrag den Wert für die Wahrscheinlichkeit einer Verkehrsbehinderung verändern kann (S. 5 Z. 22-24). Um Einträge in der Liste zu bearbeiten, kann der Benutzer bestimmte Streckenabschnitte anhand von gebietsbezogenen Kriterien wie dem Namen eines Bundesstaats, einer Stadt, eines Bezirks (local area) oder einer Straße auswählen.
30
In einem weiteren Menü kann der Benutzer durch Eingabe abgestufter Werte beeinflussen, ob eher eine kurze Fahrzeit oder eher eine kurze Strecke angestrebt wird und ob Schnellstraßen (highways) sowie gebührenpflichtige Straßen eher bevorzugt oder eher vermieden werden sollen. Diese Werte fließen in die Berechnung des Kostenwerts von betroffenen Streckenabschnitten ein (S. 7 Z. 4 bis S. 8 Z. 18).
31
Wenn Start- und Zielort festgelegt sind, schlägt das System diejenige Route vor, die den geringsten Kostenwert aufweist (S. 9 Z. 5-11). Der Benutzer kann auch während der Fahrt die Liste der Abschnitte mit Verkehrsbehinderungen in der oben geschilderten Weise bearbeiten und hierzu die im Routenvorschlag enthaltenen Streckenabschnitte auswählen. Nach einer Änderung ermit- telt das System erneut die Route mit dem geringsten Kostenwert (S. 9 Z. 2330

).


32
(2) Damit sind die Merkmale 1, 2 und 4 offenbart, nicht aber die Merkmalsgruppe 3.
33
Ähnlich wie bei dem in NK9 offenbarten Verfahren kann der Benutzer zwar auch bei dem Verfahren nach NK8 vorgeben, inwieweit bestimmte Straßentypen bei der Berechnung der Route bevorzugt oder nachrangig berücksichtigt werden sollen. Diese Auswahl hat jedoch auch hier Einfluss auf die Berechnung der Route insgesamt. Der Benutzer hat nicht die Möglichkeit, zusätzlich Kriterien festzulegen, anhand derer ihm Streckenabschnitte der vorgeschlagenen Route zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden. Er kann zwar jeden vorgeschlagenen Streckenabschnitt durch Zuweisung einer besonders niedrigen oder besonders hohen Stauwahrscheinlichkeit individuell auswählen oder ablehnen. Er kann die Auswahl derjenigen Teilstrecken, die ihm zu diesem Zweck zur Kenntnis gebracht werden, aber nicht durch Auswahl einer vorgegebenen Eigenschaft beeinflussen.
34
d) Die erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten Unterlagen zu der Software "Microsoft AutoRoute Express 98" (BK3 und BK4) führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Der Offenbarungsgehalt dieser Entgegenhaltungen geht, soweit dies hier relevant ist, nicht über denjenigen von NK12 hinaus.
35
Die Auswahlmöglichkeiten für den Benutzer sind im Vergleich zu NK12 zwar nochmals erweitert, weil er bei der Einstellung der Präferenzen für bestimmte Straßentypen auch einen Wert für gebührenpflichtige Straßen festlegen kann und in der listenartigen Darstellung der vorgeschlagenen Route die gebührenpflichtigen Streckenabschnitte durch den Eintrag "toll road" gekennzeichnet sind. Wie bei NK12 hat die Vergabe von Präferenzwerten für einzelne Straßentypen jedoch Einfluss auf die Festlegung der Route insgesamt und der Benutzer hat nicht die Möglichkeit, zusätzlich zu diesen Vorgaben Eigenschaften auszuwählen, anhand derer ihm bestimmte Streckenabschnitte des erstellten Routenvorschlags zur individuellen Auswahl oder Ablehnung angeboten werden. Damit sind auch bei diesem Verfahren die Merkmale 3 a, 3 c und 3 d nicht offenbart.
36
2. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts beruht der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Fachmann Anlass hatte, eines der in NK12 oder NK9 offenbarten Verfahren um die Merkmalsgruppe 3 zu ergänzen. Die zu dieser Gruppe gehörenden Merkmale haben bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit unberücksichtigt zu bleiben, weil sie die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln nicht bestimmen oder zumindest beeinflussen. Die für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit danach allenfalls in Betracht kommenden Merkmale 1, 2 und 4 sind dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt.
37
a) Die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts unterliegt der Überprüfung im Berufungsverfahren, ohne dass es hierzu einer gesonderten Berufungsrüge bedarf.
38
Gemäß § 112 Abs. 3 Nr. 2 PatG in der hier maßgeblichen, seit dem 1. Oktober 2009 geltenden Fassung muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung die Berufungsgründe angeben. Diese Anforderungen sind, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat konkret dargelegt, weshalb sie die Einschätzung des Patentgerichts, der Gegenstand des Streitpatents sei neu, für rechtlich unzutreffend hält. Damit hat sie in zulässiger Weise die Rüge der Verletzung des materiellen Rechts (§ 112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a PatG) erhoben.
39
Der Senat hat auf diese Rüge hin innerhalb des mit der Berufung zur Überprüfung gestellten Streitgegenstands die materiellrechtliche Beurteilung durch die Vorinstanz in vollem Umfang auf Rechtsfehler zu überprüfen. Gemäß § 117 Satz 1 PatG und § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist er hierbei - anders als bei Verfahrensrügen im Sinne von § 112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b PatG - an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
40
Im Streitfall hat die Klägerin mit ihrer zulässigen Berufung weiterhin den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht. Der Senat hat deshalb zu prüfen, ob das Patentgericht die Patentfähigkeit - die unter anderem Neuheit und erfinderische Tätigkeit voraussetzt - rechtlich zutreffend beurteilt hat. Hierbei ist er weder an die von der Klägerin geltend gemachten Berufungsgründe noch an deren Rechtsauffassung gebunden.
41
b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolgs eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, zwar dem Patentschutz zugänglich, wenn die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Jedenfalls bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit dürfen aber nur diejenigen Anweisungen berücksichtigt werden, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 31 - Wiedergabe topografischer Informationen ). Dies steht in Einklang mit der ständigen Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (dazu EPA, Beschluss vom 12. Mai 2010 - G 3/08, ABl. 2011, 10 = GRUR Int 2010, 608 Rn. 10.13 ff. - Programs for computers).
42
Die Merkmale 3 a und 3 b betreffen die Auswahl bestimmter Daten unabhängig von technischen Zusammenhängen. Als vorgegebene Eigenschaft kommt grundsätzlich jede Eigenschaft in Betracht, die Anlass geben kann, einen Streckenabschnitt zu meiden, insbesondere auch der in Merkmal 3 b hervorgehobene Aspekt der Gebührenpflicht. Darin liegt keine Anweisung, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmt oder zumindest beeinflusst.
43
Nichts anderes gilt für die Merkmale 3 c und 3 d. Diese betreffen die Wiedergabe von Informationen, die anhand der in den Merkmalen 3 a und 3 b genannten Kriterien ausgewählt worden sind. Auch insoweit enthält die geschützte Lehre keine technischen Vorgaben. Sie beschränkt sich auf die Anweisung, dem Fahrer bestimmte Daten zur Anzeige zu bringen und ihm deren Bearbeitung zu ermöglichen.
44
Der Vortrag der Beklagten, die Merkmale ermöglichten die Berechnung einer den Wünschen des Benutzers angepassten Route mit einer geringeren Zahl von Rechenvorgängen, weil nach der Festlegung von Start- und Zielpunkt zunächst nur ein einziger Routenvorschlag erstellt werden müsse, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Anweisung , die zur Verringerung von Rechenschritten führt, im Einzelfall als für die Lösung des technischen Problems mit technischen Mittel bestimmend oder zumindest von Einfluss anzusehen sein kann. Im Streitfall gehört die Erstellung einer Route mit einer geringeren Zahl von Rechenvorgängen jedenfalls nicht zum Gegenstand des Streitpatents. Das Streitpatent betrifft die individuelle Anpassung eines in einem ersten Rechenvorgang aufgrund allgemeiner Kriterien erstellten Routenvorschlags. Auf welche Weise dieser Vorschlag erstellt wird und ob er nur eine einzige Route oder zusätzliche Alternativen umfasst, ist in den Patentansprüchen nicht festgelegt. Auch in der Beschreibung finden sich hierzu keine Festlegungen.
45
c) Die für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit danach allenfalls in Betracht kommenden Merkmale 1, 2 und 4 sind dem Fachmann, den das Pa- tentgericht zutreffend definiert hat, jedenfalls durch die Entgegenhaltung NK9 nahegelegt.
46
Bei dem dort offenbarten Verfahren hat der Benutzer ebenfalls die Möglichkeit , einzelne Streckenabschnitte individuell von der Routenplanung auszunehmen. Das vom Streitpatent beanspruchte Verfahren unterscheidet sich dadurch nur durch die Art und Weise, in der die zur Bearbeitung angebotenen Streckenabschnitte ausgewählt und angezeigt werden. Diese allein die Verarbeitung von Daten und die Wiedergabe von Informationen betreffenden Aspekte können aus den oben aufgeführten Gründen nicht zur Annahme erfinderischer Tätigkeit führen.
47
3. Hinsichtlich der Fassungen von Patentanspruch 1, die die Beklagte mit den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträgen verteidigt, ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
48
a) Die nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 zusätzlich vorgesehenen Merkmale betreffen Details der Art und Weise und des Zeitpunkts, zu dem die in Merkmalsgruppe 3 aufgeführten Daten ausgewählt und verarbeitet werden. Auch dies sind keine Anweisungen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.
49
b) Für das nach den Hilfsanträgen 6 und 7 zusätzlich vorgesehene, ursprünglich in Patentanspruch 2 aufgeführte Merkmal, wonach nach Ausgabe eines Streckenabschnitts mit der vorgegebenen Eigenschaft und Verwerfen des ausgegebenen Streckenabschnitts ein alternativer Streckenabschnitt bestimmt wird, gilt nichts anderes.
50
(1) Auch dieses Merkmal führt nicht zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte.
51
Dieses Ziel kann zwar möglicherweise erreicht werden, wenn die nach dem Verwerfen eines oder mehrerer Streckenabschnitte erforderliche Neuberechnung der Route auf diese Abschnitte beschränkt wird und die übrigen Abschnitte aus dem Ergebnis der ersten Berechnung übernommen werden. Weder aus dem Wortsinn von Patentanspruch 1 in der mit den Hilfsanträgen 6 und 7 verteidigten Fassung noch aus der Beschreibung des Streitpatents lässt sich jedoch entnehmen, dass der Gegenstand des Streitpatents auf solche Ausgestaltungen beschränkt ist.
52
Nach der Beschreibung des Streitpatents dient die Berechnung von alternativen Streckenabschnitten dem Zweck, dem Benutzer zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel darüber, welche Auswirkungen die Alternative auf die Gesamtfahrzeit hat (Abs. 34). Zur Erreichung dieses Zwecks ist unerheblich, ob zusätzlich zu einem alternativen Streckenabschnitt auch der Rest der Gesamtroute neu berechnet wird oder nicht. Vor diesem Hintergrund kann der Streitpatentschrift nicht entnommen werden, dass der Gegenstand des Streitpatents auf eine bestimmte Art der Routenneuberechnung beschränkt sein soll.
53
(2) Unabhängig davon würde auch eine Anweisung, die Neuberechnung der Route so vorzunehmen, dass möglichst wenig Rechenschritte anfallen , die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln weder bestimmen noch beeinflussen.
54
Auch eine solche Anweisung wäre auf die Auswahl von Daten unabhängig von technischen Aspekten beschränkt. Sie erschöpfte sich in einem gedanklichen Prozess, dessen technischer Aspekt sich auf die Anweisung beschränkt, die Neuberechnung der verworfenen Streckenabschnitte - und nur dieser Streckenabschnitte - mit Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung vorzunehmen. Anweisungen dieses Inhalts können nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Senats jedenfalls bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 36 - Wiedergabe topografischer Informationen). Dies gilt auch dann, wenn sie zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte führen.
55
4. Dass der Gegenstand eines der Patentansprüche 2 bis 7 anders zu beurteilen wäre, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
56
IV. Der Senat hat in der Sache zu entscheiden, weil diese entscheidungsreif ist (§ 119 Abs. 5 Satz 2 PatG).
57
Die fehlerhafte Beurteilung durch das Patentgericht beruht nicht auf einer unzutreffenden oder unvollständigen Aufklärung des für die Entscheidung relevanten Sachverhalts, sondern ausschließlich auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung. Der Senat kann und muss auf der Grundlage der fehlerfreien Tatsachenfeststellungen des Patentgerichts die rechtlich zutreffende Entscheidung treffen.
58
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.10.2011 - 4 Ni 64/09 (EU) -
20
aa) Ob ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe fungiert lediglich als Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung ; BGH, GRUR 2005, 141 Rn. 28 - Anbieten interaktiver Hilfe; st. Rspr.). Für die Herausarbeitung des objektiven technischen Problems, für das die Erfindung eine Lösung anbietet, ist entgegen der Ansicht der Beklagten die Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht angezeigt. Aufgabe des gerichtlich gegebenenfalls zurate zu ziehenden Sachverständigen ist, wie der Bundesgerichtshof vielfach ausgesprochen hat, dem Gericht erforderlichenfalls die für das Verständnis der unter Schutz gestellten Lehre benötigte Kenntnis der technischen Zusammenhänge zu erläutern und den erforderlichen Einblick in die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen der jeweils typischen, im Durchschnitt der beteiligten Kreise angesiedelten Vertreter der einschlägigen Fachwelt einschließlich ihrer methodischen Herangehensweise zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 56/08 BGHZ 184, 49 = GRUR 2010, 314 Rn. 21 mwN - Kettenradanordnung II). Die Beklagte zeigt nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, unter welchem dieser Gesichtspunkte die Beauftragung eines Sachverständigen im Streitfall erforderlich wäre. Die Beklagte mag sich von der Einschaltung eines Gutachters Unterstützung für ihre Auffassung versprechen , dass das, worin sie die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln gesehen wissen möchte, der patentrechlich zutreffenden Sichtweise entspricht und die Gewährung von Patentschutz rechtfertigt. Diese Fragen erfordern indes auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats keine Hinzuziehung eines Sachverständigen.
51
Diese Merkmale betreffen allein die Programmierung des Anwenderprogramms bzw. des Programms auf dem zentralen Rechner. Ob, wie es Art. 52 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 EPÜ erfordern (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 2010, aaO Rn. 30 f. mwN - Wiedergabe topografischer Informationen; vom 24. Februar 2011, aaO Rn. 17 - Webseitenanzeige), ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2011, aaO Rn. 20, 22 - Webseitenanzeige).

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)