Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2006 - VIII ZR 246/05

bei uns veröffentlicht am29.11.2006
vorgehend
Landgericht Dortmund, 6 O 563/03, 25.06.2004
Oberlandesgericht Hamm, 29 U 97/04, 23.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 246/05 Verkündet am:
29. November 2006
E r m e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KWKG (2000) § 2 Abs. 2
Die Ausschlussregelung des § 2 Abs. 2 KWKG (2000) erfordert, dass beide dort genannten
Ausschlussgründe kumulativ gegeben sind.
BGH, Urteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 246/05 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers
, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Koch und die Richterin
Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. September 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, das unter anderem im Gebiet der Stadt D. die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern mit Strom sicherstellt. Den Strom erzeugt sie zum Teil selbst in vier eigenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) auf der Basis von Erdgas, die vor dem 1. Januar 2000 in Betrieb genommen oder deren wesentliche Anlagenteile vor diesem Tag bestellt worden sind. Die installierte elektrische Kraftwerksleistung der KWK-Anlagen beträgt weniger als 25% der gesamten Kraftwerksleistung der Klägerin. Die in den KWK-Anlagen erzeugte Strommenge beträgt im Jahr nicht weniger als 10% der gesamten Stromerzeugung der Klägerin.
2
Aus den KWK-Anlagen hat die Klägerin in der Zeit vom 18. Mai bis zum 31. Dezember 2000 eine Strommenge von 4.673.833 kWh in ihr Netz eingespeist. Dafür begehrt sie von der Beklagten, die das ihrem Netz vorgelagerte Übertragungsnetz betreibt, Belastungsausgleich nach dem am 18. Mai 2000 in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-WärmeKopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 12. Mai 2000 (BGBl. I S. 703; im Folgenden: KWKG 2000). Neben anderen Forderungen hat sie die Beklagte insoweit auf Zahlung von 71.690,79 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage wegen dieses Anspruchs abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr insoweit stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht hierauf beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte insoweit ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision ist nicht begründet.

I.

4
Das Berufungsgericht hat, soweit hier noch von Interesse, ausgeführt:
5
Die Klägerin habe Anspruch gegen die Beklagte aus § 5 Abs. 1 KWKG auf Zahlung von 71.690,79 € nebst Zinsen. Es handele sich bei dem in vier eigenen Werken produzierten Strom um den sogenannten ersten Förderweg, § 2 Abs. 1 Satz 2 (richtig: 1) KWKG. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KWKG lägen unstreitig vor. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass bei der Klägerin die installierte elektrische Kraftwerksleistung in Kraft-Wärme-Kopplung bezogen auf ihre installierte Kraftwerksleistung insgesamt weniger als 25% betragen habe. Für die Förderung reiche, dass der Anteil des von der Klägerin in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Stroms bezogen auf ihre gesamte Stromerzeugung im Jahr mehr als 10%, nämlich 21,9%, betragen habe. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 KWKG müssten die Voraussetzungen für den Ausschluss von der Förderung kumulativ vorliegen, was hier nicht der Fall sei. Dieser Wortlaut sei maßgeblich. Es lasse sich nicht feststellen, dass es sich bei der Regelung um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers gehandelt habe und dieser eigentlich einen Ausschluss von der Förderung schon gewollt habe, wenn lediglich ein Kriterium unterschritten werde. Die grammatikalisch verunglückte Gesetzesbegründung ergebe dies jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit. Auch Sinn und Zweck der Bagatellklausel, Ausschluss von Anlagen mit untergeordneter Bedeutung, sprächen nicht gegen eine Auslegung entsprechend dem Wortlaut. Die gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 EnWG erforderlichen getrennten Konten seien geführt worden.

II.

6
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat den in der Revisionsinstanz noch streitigen Anspruch der Klägerin aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 auf Belastungsausgleich für den Strom, den sie in der Zeit vom 18. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2000 aus ihren KWK-Anlagen in ihr eigenes Netz eingespeist hat, in der nicht angegriffenen Höhe von 71.690,79 € zu Recht bejaht.
7
1. Der vorgenannte Anspruch ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist zwar inzwischen außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme- Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. März 2002 (BGBl. I S. 1092; im Folgenden: KWKG 2002) erst am 1. April 2002 und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.
8
2. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach § 3 zu leisten hat, von dem Betreiber des vorgelagerten Netzes ("vorgelagerter Netzbetreiber") einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin betreibt ein Stromnetz, dem das Netz der Beklagten vorgelagert ist. Die Klägerin hat für den in der Zeit vom 18. Mai bis zum 31. Dezember 2000 aus ihren KWK-Anlagen in ihr Netz eingespeisten Strom auch Zahlungen nach § 3 KWKG 2000 zu leisten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG 2000 sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Danach ist die Klägerin zur Vergütung des vorbezeichneten Stroms verpflichtet.
9
a) Dem steht nicht bereits entgegen, dass die Klägerin nicht nur das Netz betreibt, in das der Strom eingespeist worden ist, sondern auch die KWKAnlagen , in denen er erzeugt worden ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KWKG 2000 gilt Absatz 1 für Netzbetreiber, die den Strom aus Anlagen nach § 2 in ihr eigenes Netz einspeisen, entsprechend. Allerdings müssen die Netzbetreiber gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG 2000 für diese Stromlieferungen getrennte Konten nach § 9 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730; nachfolgend: EnWG 1998) führen. Das hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts getan.
10
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Strom um solchen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 handelt. Nach dieser Vorschrift regelt das Gesetz die Abnahme und Vergütung von Strom aus Kraftwerken mit KWK-Anlagen auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der in Anlagen erzeugt wird, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am 31. Dezember 1999 tätig waren. Diese Voraussetzungen (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 – VIII ZR 148/05, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 1) sind hier nach dem unstreitigen Sachverhalt ebenso erfüllt wie die des § 2 Abs. 1 Satz 2 KWKG 2000, wonach nur Anlagen im Sinne des vorangehenden Satzes 1 erfasst werden, die vor dem 1. Januar 2000 in Betrieb genommen oder deren wesentliche Anlagenteile vor dem 1. Januar 2000 bestellt worden sind. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
11
c) Die Parteien streiten allein darüber, ob die Ausschlussregelung des § 2 Abs. 2 KWKG 2000 eingreift. Danach wird nicht erfasst Strom von Energieversorgungsunternehmen gemäß Absatz 1 Satz 1, sofern deren installierte elektrische Kraftwerksleistung in Kraft-Wärme-Kopplung bezogen auf ihre installierte Kraftwerksleistung insgesamt weniger als 25 vom Hundert und deren in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Strommenge bezogen auf ihre gesamte Stromerzeugung im Jahr weniger als 10 vom Hundert beträgt. Während der erste Ausschlussgrund, der die installierte Kraftwerksleistung betrifft, hier nach dem unstreitigen Sachverhalt erfüllt ist, trifft das für den zweiten Ausschlussgrund , der sich auf die erzeugte Strommenge bezieht, nicht zu. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die Ausschlussregelung nur dann eingreift, wenn beide Ausschlussgründe gegeben sind, oder ob bereits das Vorliegen eines Ausschlussgrundes ausreicht.
12
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass beide Ausschlussgründe gegeben sein müssen, wenn der betreffende Strom ausnahmsweise nicht von dem Gesetz erfasst werden soll (ebenso Herrmann, RdE 2000, 184, 188; Salje, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, 1. Aufl. 2001, § 2 Rdnrn. 134 bis 138; a.A. im Ergebnis Friedrich RdE 2001, 9, 12). Dafür spricht zunächst der eindeutige Wortlaut der Vorschrift, der beide Ausschlussgründe mit dem Wort "und" verbindet und damit kumulativ aufführt. Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nichts anderes. Darin heißt es wörtlich (BT-Drucks. 14/2765 S. 4): "Es müssen nicht alle Anlagen der öffentlichen Versorgung begünstigt werden. Wenn sie anteilmäßig für die Stromversorgung nur von deutlich untergeordneter Bedeutung sind, wird ihr Weiterbetrieb im Unternehmen insgesamt nicht gefährdet sein. Als Grenze ist vorgesehen mindestens 25% Anteil an der installierten Gesamtleistung des Unternehmens und mindestens 10% Anteil des KWK-Stroms an der Stromerzeugung des Unternehmens."
13
Der letzte Satz rechtfertigt nicht die Annahme, bei dem Gesetzeswortlaut handele es sich wegen der sprachlich schwierigeren negativen Formulierung um ein Redaktionsversehen. Denn dieser Satz ist nicht nur sprachlich misslungen , weil es angesichts der darin vorgenommenen Aufzählung grammatikalisch statt in der Einzahl "Grenze ist" richtig in der Mehrzahl "Grenzen sind" heißen müsste (Salje, aaO, Rdnr. 136). Vielmehr ist er auch inhaltlich unklar, weil darin als Grenze der Begünstigung Mindestwerte (statt Höchstwerte) angegeben werden, obwohl zuvor von Anlagen "untergeordneter Bedeutung" die Rede ist (Friedrich, aaO, Fn. 17). Angesichts dessen ist nicht auszuschließen, dass es sich nicht bei dem Gesetzeswortlaut, sondern bei der Gesetzesbegründung um ein Redaktionsversehen handelt und der sprachlich richtige sowie inhaltlich schlüssige Gesetzeswortlaut den wirklichen Willen des Gesetzgebers wiedergibt. Dafür spricht auch der in der Gesetzesbegründung (aaO) angeführte Zweck der Regelung, Anlagen "deutlich" untergeordneter Bedeutung von der Begünstigung auszuschließen. Dieser Zweck wird eher dann erfüllt, wenn beide Ausschlussgründe kumulativ vorliegen müssen.
14
Müssen nach alledem beide Ausschlussgründe kumulativ gegeben sein, ist der hier in Rede stehende Strom nicht gemäß § 2 Abs. 2 KWKG 2000 von der Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen. Ball Wiechers Dr. Milger Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 25.06.2004 - 6 O 563/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2005 - 29 U 97/04 -

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Energiewirtschaftsgesetz - EnWG 2005 | § 9 Unabhängiger Systembetreiber


(1) Ein Unabhängiger Systembetreiber kann nach Maßgabe dieser Vorschrift benannt werden 1. für ein Transportnetz, wenn dieses am 3. September 2009 im Eigentum eines vertikal integrierten Unternehmens stand, oder2. für ein Fernleitungsnetz, das Deutsc

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2006 - VIII ZR 148/05

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 148/05 Verkündet am: 11. Oktober 2006 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2006 - VIII ZR 246/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2008 - VIII ZR 50/07

bei uns veröffentlicht am 09.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 50/07 Verkündet am: 9. Januar 2008 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Ein Unabhängiger Systembetreiber kann nach Maßgabe dieser Vorschrift benannt werden

1.
für ein Transportnetz, wenn dieses am 3. September 2009 im Eigentum eines vertikal integrierten Unternehmens stand, oder
2.
für ein Fernleitungsnetz, das Deutschland mit einem Drittstaat verbindet, in Bezug auf den Abschnitt von der Grenze des deutschen Hoheitsgebietes bis zum ersten Kopplungspunkt mit dem deutschen Netz, wenn das Fernleitungsnetz am 23. Mai 2019 im Eigentum eines vertikal integrierten Unternehmens stand.
Unternehmen, die einen Antrag auf Zertifizierung des Betriebs eines Unabhängigen Systembetreibers stellen, haben die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 sicherzustellen.

(2) Auf Unabhängige Systembetreiber ist § 8 Absatz 2 Satz 2, 3, 5 und 6 entsprechend anzuwenden, dabei ist auf Unabhängige Systembetreiber im Elektrizitätsbereich auch § 8 Absatz 2 Satz 4 entsprechend anwendbar. Er hat über die materiellen, finanziellen, technischen und personellen Mittel zu verfügen, die erforderlich sind, um die Aufgaben des Transportnetzbetreibers nach Teil 3 Abschnitt 1 bis 3 wahrzunehmen. Der Unabhängige Systembetreiber ist verpflichtet, den von der Regulierungsbehörde überwachten zehnjährigen Netzentwicklungsplan nach den §§ 12a bis 12f oder § 15a umzusetzen. Der Unabhängige Systembetreiber hat in der Lage zu sein, den Verpflichtungen, die sich aus der Verordnung (EU) 2019/943 oder der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 ergeben, auch hinsichtlich der Zusammenarbeit der Übertragungs- oder Fernleitungsnetzbetreiber auf europäischer und regionaler Ebene, nachkommen zu können.

(3) Der Unabhängige Systembetreiber hat den Netzzugang für Dritte diskriminierungsfrei zu gewähren und auszugestalten. Er hat insbesondere Netzentgelte zu erheben, Engpasserlöse einzunehmen, das Transportnetz zu betreiben, zu warten und auszubauen, sowie im Wege einer Investitionsplanung die langfristige Fähigkeit des Transportnetzes zur Befriedigung einer angemessenen Nachfrage zu gewährleisten. Der Unabhängige Systembetreiber hat im Elektrizitätsbereich neben den Aufgaben nach Satz 1 und 2 auch die Rechte und Pflichten, insbesondere Zahlungen, im Rahmen des Ausgleichsmechanismus zwischen Übertragungsnetzbetreibern nach Artikel 49 der Verordnung (EU) 2019/943 wahrzunehmen. Der Unabhängige Systembetreiber trägt die Verantwortung für Planung, einschließlich der Durchführung der erforderlichen Genehmigungsverfahren, Bau und Betrieb der Infrastruktur. Der Transportnetzeigentümer ist nicht nach Satz 1 bis 4 verpflichtet.

(4) Der Eigentümer des Transportnetzes und das vertikal integrierte Unternehmen haben im erforderlichen Umfang mit dem Unabhängigen Systembetreiber zusammenzuarbeiten und ihn bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben, insbesondere durch Zurverfügungstellung der dafür erforderlichen Informationen, zu unterstützen. Sie haben die vom Unabhängigen Systembetreiber beschlossenen und im Netzentwicklungsplan nach den §§ 12a bis 12f oder § 15a für die folgenden drei Jahre ausgewiesenen Investitionen zu finanzieren oder ihre Zustimmung zur Finanzierung durch Dritte, einschließlich des Unabhängigen Systembetreibers, zu erteilen. Die Finanzierungsvereinbarungen sind von der Regulierungsbehörde zu genehmigen. Der Eigentümer des Transportnetzes und das vertikal integrierte Unternehmen haben die notwendigen Sicherheitsleistungen, die zur Erleichterung der Finanzierung eines notwendigen Netzausbaus erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen, es sei denn, der Eigentümer des Transportnetzes oder das vertikal integrierte Unternehmen haben der Finanzierung durch einen Dritten, einschließlich dem Unabhängigen Systembetreiber, zugestimmt. Der Eigentümer des Transportnetzes hat zu gewährleisten, dass er dauerhaft in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nach Satz 1 bis 3 nachzukommen.

(5) Der Eigentümer des Transportnetzes und das vertikal integrierte Unternehmen haben den Unabhängigen Systembetreiber von jeglicher Haftung für Sach-, Personen- und Vermögensschäden freizustellen, die durch das vom Unabhängigen Systembetreiber betriebenen Transportnetz verursacht werden, es sei denn, die Haftungsrisiken betreffen die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 3 durch den Unabhängigen Systembetreiber.

(6) Betreibt der Unabhängige Systembetreiber die Transportnetze mehrerer Eigentümer von Transportnetzen, sind die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 im Verhältnis zwischen dem Unabhängigen Systembetreiber und dem jeweiligen Eigentümer von Transportnetzen oder dem jeweiligen vertikal integrierten Unternehmen jeweils zu erfüllen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 148/05 Verkündet am:
11. Oktober 2006
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KWKG (2000) § 2 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 2
Im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG (2000) müssen die dort genannten
Energieversorgungsunternehmen bereits am 31. Dezember 1999 als solche der allgemeinen
Versorgung von Letztverbrauchern tätig gewesen sein.
Im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG (2000) ist über den Wortlaut der Vorschrift
hinaus erforderlich, dass der Strom bereits vor dem 1. Januar 2000 für die allgemeine
Versorgung bestimmt gewesen ist (Bestätigung des Senatsurteils vom 10. März
2004 - VIII ZR 213/02, WM 2004, 2264). Dafür reicht es nicht aus, dass das Energieversorgungsunternehmen
bereits vor dem genannten Zeitpunkt bereit war, künftig
alle Abnehmer, die dies wünschen, zu beliefern. Vielmehr muss dies auch tatsächlich
möglich gewesen sein (Ergänzung des vorbezeichneten Senatsurteils).
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 148/05 - OLG Hamm
LGDortmund
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2006 durch die Richter Wiechers und Dr. Wolst sowie die
Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Am 26. Mai 1998 schloss die Gesellschaft mbH & Co. KG (G. ) mit der J. -Gesellschaft gGmbH einen Energiedienstleistungsvertrag. Durch diesen Vertrag übernahm die G. die Errichtung und den Betrieb einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage) auf dem Krankenhausgelände der J. -Gesellschaft in S. zur Versorgung von deren Einrichtungen mit Energie. Zugleich wurde der G. freigestellt , die Anlage zur Mitversorgung Dritter und zur Schaffung eines Versorgungsnetzes zu nutzen. Davon wollte die G. künftig durch Versorgung von Kunden in zwei neu ausgewiesenen Bebauungsplangebieten der Stadt S. Gebrauch machen.
2
Durch Gesellschaftsvertrag vom 22. Juli 1998 gründete die G. die Klägerin. Diese errichtete die geplante KWK-Anlage und nahm sie vor dem 1. Januar 2000 in Betrieb. Mit dem darin auf der Basis von Erdgas erzeugten Strom versorgte die Klägerin nach ihrer Behauptung schon vor dem 1. Januar 2000 das Krankenhaus der J. -Gesellschaft und ein Altenpflegeheim, das auf dem Krankenhausgelände von der R. GmbH betrieben wird. Am 6. Juni 2000 schlossen die G. und die Klägerin mit der Stadt S. einen Rahmenvertrag über die Wärme- und Stromversorgung der beiden neuen Bebauungsplangebiete. Ab dem 4. Juli 2001 lieferte die Klägerin Baustrom an die E. . Ab Dezember 2001 speiste sie nicht verbrauchten Strom in das ihrem Netz vorgelagerte Netz der Beklagten ein. Seit Ende 2002 versorgt die Klägerin Endkunden in den beiden neuen Bebauungsplangebieten.
3
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte für den Strom, den sie in der Zeit vom 18. Mai 2000 bis zum 31. März 2002 in ihr eigenes Netz eingespeist hat, auf Belastungsausgleich nach dem Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz ) vom 12. Mai 2000 (BGBl. I S. 703; im Folgenden: KWKG 2000) in Anspruch genommen. Gemäß näherer Berechnung hat sie insgesamt Zahlung von 69.230,56 € nebst Prozesszinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision ist nicht begründet.

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
6
Soweit die Klägerin den ersten Förderweg in Anspruch nehme, falle sie nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG. Der Strom stamme zwar aus einer KWK-Anlage. Die Klägerin sei auch ein Energieversorgungsunternehmen, das die Versorgung von Letztverbrauchern sicherstelle. Die Klägerin habe jedoch nicht die allgemeine Versorgung im Sinne des insoweit maßgeblichen § 2 Abs. 3 EnWG a.F. sichergestellt. Diese müsse von vorneherein für jeden Abnehmer offen und dürfe nicht auf bestimmte Abnehmer beschränkt sein. Das sei jedenfalls zum Zeitpunkt 1. Januar 2000, dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Stichtag, nicht gegeben gewesen. Die Klägerin habe lediglich ein Krankenhaus und ein Altenheim und damit einzelne Abnehmer auf dem eigenen Areal versorgt. Die Versorgung weiterer Abnehmer in den von den Bebauungsplänen erfassten Gebieten sei nur geplant gewesen und reiche daher nicht zur Wahrung des Stichtages aus. Gleiches gelte für die E. , der erst ab 4. Juli 2001 Baustrom geliefert worden sei.
7
Der Klägerin stünden Ansprüche gegen die Beklagte auch nicht nach dem dritten Förderweg gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG zu. Zwar sei die Klägerin Netzbetreiberin im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG und betreibe die Beklagte das vorgelagerte Netz. Des Weiteren sei die Klägerin Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG. Auch gelte § 3 Abs. 1 KWKG gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KWKG entsprechend, da die Klägerin den Strom aus der KWK-Anlage in ihr eigenes Netz einspeise. Jedoch scheitere ein Anspruch daran, dass die Klägerin erst ab Dezember 2001 überschüssigen Strom in das vorgelagerte Netz der Beklagten eingespeist habe, also der Strom vor dem maßgeblichen Stichtag nicht der allgemeinen Versorgung zugute gekommen sei. Dies sei nach dem in § 1 KWKG genannten Zweck, dem befristeten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung, aber erforderlich, um einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen zu können. Zudem habe die Klägerin die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 (richtig: Satz 2) KWKG, der getrennte Konten nach § 9 Abs. 2 EnWG verlange, nicht erfüllt.

II.

8
Diese Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 auf Belastungsausgleich für den Strom, den sie in der Zeit vom 18. Mai 2000 bis zum 31. März 2002 in ihr eigenes Netz eingespeist hat, zu Recht verneint.
9
Der vorgenannte Anspruch ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist zwar inzwischen außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-WärmeKopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. März 2002 (BGBl. I S. 1092; im Folgenden: KWKG 2002) erst am 1. April 2002 und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.
10
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach § 3 zu leisten hat, von dem Betreiber des vorgelagerten Netzes ("vorgelagerter Netzbetreiber") einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin betreibt zwar in S. ein Stromnetz, dem das Netz der Beklagten vorgelagert ist. Sie hat jedoch für den hier in Rede stehenden Strom keine Zahlungen nach § 3 KWKG 2000 zu leisten.
11
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG 2000 sind Netzbetreiber verpflichtet , KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 bleiben bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 unberührt. Nach beiden Regelungen trifft die Klägerin keine Zahlungspflicht für den hier in Rede stehenden Strom. Eine solche scheidet allerdings nicht schon deswegen aus, weil die Klägerin nicht nur das Netz betreibt, in das der Strom eingespeist worden ist, sondern auch die KWK-Anlage, in der er erzeugt worden ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KWKG 2000 gilt Absatz 1 für Netzbetreiber , die den Strom aus Anlagen nach § 2 in ihr eigenes Netz einspeisen, entsprechend. Die Klägerin hat aber deswegen keine Zahlungen nach § 3 KWKG 2000 zu leisten, weil der betreffende Strom nicht in den durch § 2 KWKG 2000 geregelten Anwendungsbereich des Gesetzes fällt, auf den § 3 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 sowohl in dem ersten als auch in dem zweiten Halbsatz Bezug nimmt.
12
1. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin insoweit auf § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000. Danach regelt das Gesetz die Abnahme und Vergütung von Strom aus Kraftwerken mit KWK-Anlagen auf Basis von Steinkohle, Braunkohle , Erdgas, Öl oder Abfall, der in Anlagen erzeugt wird, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am 31. Dezember 1999 tätig waren. Der in Rede stehende Strom stammt zwar aus einer KWK-Anlage auf Basis von Erdgas. Die Klägerin gehört jedoch in zeitlicher Hinsicht nicht zu den Energieversorgungsunternehmen, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am 31. Dezember 1999 tätig waren.
13
a) Energieversorgungsunternehmen im Sinne des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes 2000 sind nach der insoweit maßgeblichen Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730; nachfolgend: EnWG 1998) alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben (Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 236/02, WM 2004, 2256 unter II 2 b; Senatsurteil vom 15. Juni 2005 - VIII ZR 74/04, WM 2005, 2057 unter II 1 b cc m.w.Nachw.). Davon erfasst § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 zunächst einmal nur diejenigen, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen. Die Begriffe der allgemeinen Versorgung und der Letztverbraucher sind im Energiewirtschaftsgesetz 1998 nicht definiert. In § 2 Abs. 3 EnWG 1998 ist die allgemeine Versorgung der Versorgung anderer gegenübergestellt. Daraus ergibt sich, dass die allgemeine Versorgung nicht von vorneherein auf bestimmte Abnehmer begrenzt sein darf, sondern grundsätzlich für jeden Abnehmer offen sein muss (Senatsurteil vom 10. März 2004 - VIII ZR 213/02, WM 2004, 2264 unter B I 2 a cc m.w.Nachw.). Letztverbraucher sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Abnehmer, die den Strom zum eigenen Verbrauch beziehen.
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Weiter erfasst § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 nach seinem Wortlaut nur die Energieversorgungsunternehmen, die als Energieversorger bereits am 31. Dezember 1999 tätig waren. Der Begriff des Energieversorgers, der an- sonsten im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2000 nicht verwendet wird, ist mit dem des Energieversorgungsunternehmens gleichzusetzen (Salje, KraftWärme -Kopplungsgesetz, 1. Aufl. 2001, § 2 Rdnr. 76). Obwohl die Vorschrift insoweit nicht ausdrücklich von Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern spricht, ist erforderlich, dass die Energieversorgungsunternehmen bereits am 31. Dezember 1999 als solche der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern tätig gewesen sind. Es reicht nicht aus, dass die Versorgung zu dem genannten Zeitpunkt auf bestimmte einzelne Abnehmer begrenzt gewesen ist (a.A. Salje, aaO). Das folgt nicht nur aus dem Zusammenhang mit dem unmittelbar vorausgehenden Halbsatz, der eine Beschränkung auf Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern enthält, sondern insbesondere aus dem Zweck des Gesetzes. Dieser besteht nach § 1 KWKG 2000 in dem befristeten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. Ergänzend heißt es dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs der damaligen Koalitionsfraktionen, der Fortbestand der KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung sei im liberalisierten Strommarkt wegen der wesentlich gefallenen Strombezugskosten bedroht (BT-Drucks. 14/2765 S. 4; vgl. insoweit auch Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 3 b aa; Senatsurteil vom 10. März 2004, aaO, unter B III 1). Der danach durch das Gesetz bezweckte Bestandsschutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung schließt es aus, diejenigen Energieversorgungsunternehmen einzubeziehen, die zu dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 maßgeblichen Zeitpunkt noch keine allgemeine Versorgung - insoweit speziell von Letztverbrauchern - durchgeführt haben, sondern nur eine auf bestimmte Abnehmer begrenzte Versorgung. Dementsprechend hat der Senat auch in dem Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus als zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes ver- langt, dass der Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt (Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 2 c) und diese bereits vor dem 1. Januar 2000 erfolgt ist (Senatsurteil vom 10. März 2004, aaO, unter B III 1).
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b) Hier ist die Klägerin nicht bereits am 31. Dezember 1999 als Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern tätig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hat sie nach ihrer eigenen Behauptung lediglich zwei einzelne Abnehmer auf dem Krankenhausgelände der J. - Gesellschaft in S. mit Strom versorgt, und zwar das Krankenhaus selbst und das von der R. GmbH betriebene Altenpflegeheim. Die Versorgung der E. mit Baustrom ist erst ab dem 4. Juli 2001 erfolgt, die Einspeisung von überschüssigem Strom in das vorgelagerte Netz der Beklagten erst ab Dezember 2001 und die Stromversorgung von Letztverbrauchern in den beiden neuen Bebauungsplangebieten der Stadt S. sogar erst ab Ende des Jahres 2002, als das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2000 bereits außer Kraft getreten und durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2002 ersetzt worden war (vgl. oben unter II).
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Der Umstand, dass die Muttergesellschaft der Klägerin, die G. , schon bei Abschluss des Vertrages mit der J. -Gesellschaft am 26. Mai 1998 beabsichtigt hat, gemäß der ihr vertraglich eingeräumten Befugnis die geplante KWK-Anlage mittels eines noch zu errichtenden Netzes auch zur Versorgung von Kunden in den beiden neuen Bebauungsplangebieten zu nutzen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Senat hat zwar in dem Urteil vom 10. März 2004 im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 für die Annahme, dass der betreffende Strom der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 1 KWKG 2000 dient, den Vortrag der dortigen Klägerin ausreichen lassen, dass sie über die ortsansässigen Industrieunternehmen hinaus auch alle gewerblichen, freiberuflichen und privaten Abnehmer, die dies wünschten, mit dem Strom beliefere und solche Abnehmer auch tatsächlich beliefert habe (aaO, unter B I 2 a cc). Eine derartige Bereitschaft genügt im vorliegenden Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG jedoch allein schon deswegen nicht, weil danach das Energieversorgungsunternehmen , wie oben (unter II 1 a) dargelegt, als solches der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern bereits am 31. Dezember 1999 tätig gewesen sein muss, was hier gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall ist. Davon abgesehen muss die Bereitschaft, soll sie nicht nur rein theoretisch bestehen, - wie in dem Fall, der dem Senatsurteil vom 10. März 2004 (aaO) zugrunde lag - auch tatsächlich zu verwirklichen gewesen sein. Auch das trifft hier nicht zu. Wie schon das Landgericht festgestellt hat, waren am 31. Dezember 1999 weder über das Krankenhaus und das Altenheim hinaus Abnehmer vorhanden, die den Strom hätten abnehmen können, noch war die Klägerin mangels eines entsprechenden Netzes in der Lage, derartige Abnehmer zu beliefern. Vielmehr ist das Netz, mit dem die Klägerin inzwischen die Abnehmer in den beiden neuen Bebauungsplangebieten der Stadt S. versorgt, erst später errichtet worden. Das ergibt sich bereits daraus, dass sich die G. und die Klägerin erst durch den Rahmenvertrag mit der Stadt S. vom 6. Juni 2000 zur Errichtung des Netzes verpflichtet haben.
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2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision weiter auf § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000. Nach dieser Bestimmung gilt das Gesetz auch für Strom aus KWK-Anlagen auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1. Januar 2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Der in Rede stehende Strom stammt zwar aus einer KWK-Anlage auf Basis von Erdgas. Die Klägerin ist auch ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne der Vorschrift. Dazu gehören, anders als im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 (vgl. dazu oben unter II 1 a), alle in § 2 Abs. 3 EnWG 1998 aufgeführten Unternehmen und Betriebe, also auch die, die andere mit Energie versorgen (Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 2 c; Senatsurteil vom 10. März 2004, aaO, unter B I 2 a bb; Senatsurteil vom 15. Juni 2005, aaO, unter II 1 b cc). Das trifft auf die Klägerin in dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 18. Mai 2000 bis zum 31. März 2002 zu. Es fehlt allerdings an dem nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 erforderlichen Liefervertrag zwischen Anlagenbetreiber und Energieversorgungsunternehmen, da die Klägerin nicht nur das Netz betreibt, in das der Strom eingespeist worden ist, sondern auch die KWK-Anlage, in der er erzeugt worden ist. Ob ein solcher Vertrag hier gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KWKG 2000 entbehrlich ist, wie das Berufungsgericht gemeint hat, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls ist die über den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 hinaus zusätzlich erforderliche Voraussetzung nicht erfüllt, dass der Strom bereits vor dem 1. Januar 2000 für die allgemeine Versorgung bestimmt gewesen ist (Senatsurteil vom 10. März 2004, aaO, unter B III 1; vgl. bereits oben unter II 1 a). Auch insoweit reicht es nicht aus, dass die Klägerin, wie von der G. bereits bei Abschluss des Vertrages mit der J. -Gesellschaft geplant, bereits vor dem 1. Januar 2000 bereit war, künftig alle Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom zu beliefern. Vielmehr muss dies auch tatsächlich möglich gewesen sein, was hier nicht der Fall ist. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen (unter II 1 b) verwiesen.
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3. Sind nach alledem weder die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 noch die der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 erfüllt, kann dahingestellt bleiben, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 gemäß der Ansicht des Berufungsgerichts auch daran scheitert, dass die Klägerin für den in Rede stehenden Strom entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG 2000 keine getrennten Konten nach § 9 Abs. 2 EnWG 1998 geführt hat. Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 13.08.2004 - 6 O 83/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 31.05.2005 - 29 U 109/04 -