Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2004 - VII ZR 129/02

published on 15/04/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2004 - VII ZR 129/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 129/02 Verkündet am:
15. April 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Bf
Jede vertragliche Abweichung von der VOB/B führt dazu, daß diese nicht als Ganzes
vereinbart ist (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 – VII ZR 419/02).
BGH, Urteil vom 15. April 2004 - VII ZR 129/02 - OLG Hamm
LG Paderborn
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Wiebel, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Januar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des H. B. (Gemeinschuldner ). Der Gemeinschuldner hat mit seiner im September 2000 erhobenen Klage 69.882,37 DM (= 35.730,29 €) Schadensersatz wegen mangelhafter Installation einer Wasserleitung verlangt. Die Beklagte hat ihm ein Wohnhaus errichtet. Nachrangig nach den Vertragsbedingungen der Beklagten ist die VOB/B vereinbart worden. Im Revisionsverfahren geht es allein um die Verjährung. Der Gemeinschuldner ist Ende Juli 1992 in sein Haus eingezogen. Wegen anderweitiger Mängel haben sich die Parteien im August 1996 geeinigt. Mit
Schreiben vom 25. November 1996 beanstandete der Gemeinschuldner Durchfeuchtungen im Keller. Die Beklagte erklärte sich alsbald bereit, den Keller anzuschauen , wenn auch unter Verwahrung gegen Gewährleistungsansprüche. Bei der gemeinsamen Besichtigung wurde eine Undichtigkeit der kupfernen Kaltwasserleitung infolge von Lochfraß festgestellt. Die Beklagte demontierte das schadhafte Stück der Leitung und sandte es zur Untersuchung an das Prüfungsinstitut für Kupferleitungen in Frankfurt am Main. Im Mai 1998 ereignete sich ein zweiter Rohrbruch; im Januar 1999 lag immer noch kein Untersuchungsergebnis des Frankfurter Instituts vor. Daraufhin beantragte der Gemeinschuldner am 19. Januar 1999 die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens. Das hierzu erstattete Sachverständigengutachten vom 2. November 1999 hat die Ursache des Lochfraßes nicht eindeutig feststellen können. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Kläger verfolgt den Anspruch mit der vom Senat zugelassenen Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden materiellen Recht (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch verjährt. Maßgeblich sei die zweijährige Frist gemäß § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B. Diese Klausel sei verbindlich. Eine Inhaltskontrolle finde gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG nicht statt. Die Parteien hätten die VOB/B als Ganzes vereinbart. Deren Modifizierung durch die vorrangigen Vertragsklauseln stelle noch keinen wesentlichen Eingriff in das Gesamtgefüge der VOB/B dar. Der Lauf der Verjährungsfrist habe mit dem Einzug des Gemeinschuldners 1992 begonnen. Bei Anzeige der Mängel des Rohrleitungssystems im November 1996 sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt. 1. Die Parteien haben die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B dazu, daß diese nicht als Ganzes vereinbart ist. Es kommt nicht darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 419/02, BauR 2004, 668). Der von der Beklagten verwendete Formularvertrag enthält mehrere inhaltliche Abweichungen von der VOB/B, die im übrigen entgegen der Auffassung des Berufungsgericht auch nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Eingriff in die VOB/B als Ganzes anzusehen gewesen wären.
2. Da die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist, ist § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B Gegenstand der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz. Die isolierte Vereinbarung der kurzen Verjährung nach § 13 Nr. 4 VOB/B ist unwirksam (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1985 - VII ZR 325/84, BGHZ 96, 129; Urteil vom 21. Juni 1990 - VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388, 392; ständige Rechtsprechung). 3. Die danach maßgebliche Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 638 Abs. 1 BGB) war bei Klageerhebung nicht abgelaufen. Bei einem angenommenen Beginn des Laufs der Verjährungsfrist Anfang August 1992 haben die Parteien mit der einvernehmlichen Prüfung des Vorhandenseins des Mangels ab November 1996 die Verjährung rechtzeitig gehemmt (§ 639 Abs. 2 BGB). Daß die Beklagte sich bei der gemeinsamen Prüfung ausdrücklich gegen Ansprüche des Gemeinschuldners verwahrt hat, ist unschädlich (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1977 - VII ZR 135/76, BauR 1977, 348, 349). Die Hemmung dauerte bis zum Antrag des Gemeinschuldners auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens fort. Dieser Antrag hat zur Unterbrechung der Verjährung geführt (§ 639 Abs. 1, § 477 Abs. 2 BGB). Die danach ab November 1999 beginnende neue Verjährung (§ 217 BGB) ist durch die Klageerhebung rechtzeitig unterbrochen worden (§ 209 Abs. 1 BGB).

III.

Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird nunmehr den geltend gemachten Schadensersatzanspruch in der Sache zu prüfen haben.
Dressler Wiebel Kuffer Kniffka Bauner
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. (2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unterne

(1) Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit
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published on 22/01/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 419/02 Verkündet am: 22. Januar 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja
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published on 30/10/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 101/06 Verkündet am: 30. Oktober 2007 Potsch Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja
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(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Bestellers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Unternehmer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Werkes übernommen hat.

(1) Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar. Beim Kauf eines lebenden Tieres gilt diese Vermutung für einen Zeitraum von sechs Monaten seit Gefahrübergang.

(2) Ist bei Waren mit digitalen Elementen die dauerhafte Bereitstellung der digitalen Elemente im Kaufvertrag vereinbart und zeigt sich ein von den vertraglichen Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der digitalen Elemente während der Dauer der Bereitstellung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit Gefahrübergang, so wird vermutet, dass die digitalen Elemente während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft waren.

Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.