Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2009 - V ZR 58/08

bei uns veröffentlicht am03.07.2009
vorgehend
Landgericht Verden (Aller), 4 O 3/03, 14.08.2007
Oberlandesgericht Celle, 7 U 156/07, 27.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 58/08 Verkündet am:
3. Juli 2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Februar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem ersten Hilfsantrag nicht stattgegeben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte half dem Kläger über mehrere Jahre hinweg bei der Bewältigung wirtschaftlicher Schwierigkeiten und bei der Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Anfang 1991 gewährte er dem Kläger ein mit 9,75 % zu verzinsendes Darlehen von 231.000 DM, dessen Valuta er durch Aufnahme eines Kredits in Höhe von 260.000 DM aufbrachte. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15. Mai 1991 verkaufte der Kläger dem Beklagten landwirtschaftlich genutzte Flächen nebst Inventar, Zubehör und Milchquote für 231.000 DM; die Kaufpreisforderung erlosch dadurch, dass der Beklagte vereinbarungsgemäß mit seinem Anspruch auf Darlehensrückzahlung die Aufrechnung erklärte.
An demselben Tag verpachtete der Beklagte dem Kläger die Flächen, das Inventar und Zubehör sowie die Milchquote für 2.100 DM pro Monat. Später gewährte der Beklagte dem Kläger zwei weitere Darlehen von insgesamt 100.000 DM.
2
Im Juni 1997 gab der Kläger zu Gunsten des Beklagten ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis über 193.826,42 DM ab. Der Kläger zahlte im Oktober 2000 an den Beklagten 147.320 DM.
3
Da der Kläger keine Pachtzahlungen mehr leistete, wurde er nach fristloser Kündigung des Pachtvertrags durch den Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Flächen einschließlich Zubehör und Milchquote verurteilt.
4
Der Kläger hat von dem Beklagten, gestützt auf eine behauptete Rückübertragungsvereinbarung , die Herausgabe und Rückübereignung der im Mai 1991 verkauften Flächen nebst Inventar und Zubehör sowie die Rückübertragung der Milchquote und die Rückzahlung einer behaupteten Überzahlung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit welcher der Kläger hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe und Rückübereignung der Flächen und Gegenstände sowie zur Rückübertragung der Milchquote nach der Befriedigung sämtlicher Aufwendungsersatzansprüche des Beklagten und weiter hilfsweise die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags und des Pachtvertrags beantragt hat, ist ohne Erfolg geblieben.
5
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den ersten Hilfsantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der noch im Streit befindliche Hilfsantrag unzulässig; ein alsbaldiges Feststellungsinteresse des Klägers sei nicht ersichtlich, weil seinem Recht keine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit drohe. Er habe weder geltend gemacht, dass alsbald die Gefahr eines Verkaufs durch den Beklagten an einen Dritten drohe, noch sei erkennbar, dass der Kläger die finanziellen Mittel zum Rückkauf der in Rede stehenden Flurstücke und Gegenstände aufbringen könne. Im Übrigen sei dieser Feststellungsantrag unbegründet , weil der Kläger den Abschluss einer Rückübertragungsvereinbarung "nicht mit Substanz dargestellt" habe.
7
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.

8
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Hilfsantrag als unzulässig angesehen; das notwendige Feststellungsinteresse kann dem Kläger nicht abgesprochen werden.
9
a) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen ; bei einer behauptenden Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (Senat, Urt. v. 7. Februar 1986, V ZR 201/84, NJW 1986, 2507).
Das ist hier der Fall, weil der Beklagte die von dem Kläger behauptete Rückübertragungsvereinbarung - und nicht bloß die vollständige Begleichung seiner Aufwendungen - leugnet. Mit der von dem Kläger beantragten Feststellung wäre dieser Streitpunkt abschließend geklärt.
10
b) Somit ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich, dass der Kläger die Gefahr eines Verkaufs der Flächen und Gegenstände an Dritte nicht geltend gemacht hat. Die weitere Überlegung des Berufungsgerichts , es sei nicht erkennbar, dass der Kläger die finanziellen Mittel zum Rückkauf aufbringen könne, spielt für die Beurteilung seines Feststellungsinteresses keine Rolle.
11
2. Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung angenommen, der Feststellungsantrag sei unbegründet. Denn wenn das Gericht - wie hier - eine Klage als unzulässig ansieht, darf es sie nicht daneben oder stattdessen als unbegründet abweisen; die Ausführungen zur fehlenden Begründetheit gelten in einem solchen Fall als nicht geschrieben (BGH, Urt. v. 26. Januar 2006, IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, 261 m.w.N.). Dies gilt auch, wenn - wie hier - eine Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen wird.
12
3. Das Berufungsurteil ist somit in dem angefochtenen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es über die Begründetheit des zulässigen Hilfsantrags befinden kann. Hierzu weist der Senat auf folgendes hin:
13
a) Die rechtskräftige Abweisung des Hauptantrags präjudiziert nicht die Entscheidung über den Hilfsantrag, denn dieser hat einen anderen Streitgegenstand. Der Kläger will nicht, wie mit dem Hauptantrag, die unbedingte, sondern die von der Befriedigung der Aufwendungsersatzansprüche des Beklagten abhängige Rückübertragung der Flächen und Gegenstände einschließlich der Milchquote erreichen.
14
b) Als Rechtsgrundlage hierfür kommt ein Anspruch nach § 667 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht übersehen. Obwohl es in seinem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen Urteil vom 20. September 2006 (7 U 15/06) davon ausgegangen ist, dass zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis bestanden habe, hat es hier zu dessen Inhalt und den sich daraus eventuell ergebenden Rechtsfolgen für die Klage keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
15
c) Ein Anspruch aus der nach der Behauptung des Klägers zustande gekommenen Rückübertragungsvereinbarung kommt ebenfalls in Betracht. Dies bedarf ggf. der Klärung durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin. Denn das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft diese Vernehmung abgelehnt.
16
aa) Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zu Gunsten des Antragstellers zu unterstellen ist; dabei ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urt. v. 19. Juni 2000, II ZR 319/98, WM 2000, 2315, 2316). Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
17
bb) Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründungschrift vorgetragen, dass die an den Beklagten verkauften Flächen und Gegenstände nebst Milchquote an ihn zurück zu übertragen seien, wenn er dem Beklagten dessen Aufwendungen - nämlich den Betrag von 232.000 DM, den der Beklagte zur Entschuldung des Klägers verwendet habe, sowie die von dem Beklagten zu zahlenden Kreditzinsen - ersetzt habe; diese Zusage habe der Beklagte dem Kläger unmittelbar vor dem Abschluss des Kaufvertrags und des Pachtvertrags gegeben. Zum Beweis für die Richtigkeit seines Vortrags hat sich der Kläger auf das Zeugnis seiner Ehefrau berufen. Diese ist - entgegen der in dem erstinstanzlichen Urteil vertretenen Ansicht - ein geeignetes Beweismittel, obwohl der Kläger nicht vorgetragen hat, wann und unter welchen Umständen die Zeugin Kenntnis von der behaupteten mündlichen Vereinbarung erlangt haben soll. Denn der Beweisantrag ist so zu verstehen, dass die Zeugin bei dem von dem Kläger geschilderten Gespräch zwischen den Parteien anwesend war. Das ergibt sich insbesondere aus der Schilderung der übrigen Gespräche in der Replik des Klägers auf die Berufungserwiderung des Beklagten; danach wurde jeweils im Beisein der Zeugin das Tätigwerden des Beklagten für den Kläger besprochen.
18
cc) Die fehlende Beurkundung der behaupteten Rückübertragungsvereinbarung steht einem eventuellen Anspruch des Klägers nicht von vornherein entgegen. Denn wenn die Vereinbarung ein Teil der zwischen den Parteien am 15. Mai 1991 getroffenen Gesamtabrede ist, ist sie mit der Auflassung des Grundstücks an den Beklagten und seiner Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch wirksam geworden. Die Heilung einer formnichtigen Wiederkaufsabrede (§ 313 Satz 2 BGB a.F.) tritt nämlich schon mit der Auflassung und Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch zugunsten des Käufers und nicht erst mit der Rückauflassung an den Verkäufer und seiner Eintragung als Eigentümer ein (Senat, Urt. v. 15. November 1974, V ZR 78/73, NJW 1975, 205).
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Roth
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 14.08.2007 - 4 O 3/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.02.2008 - 7 U 156/07 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

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(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 319/98 Verkündet am:
19. Juni 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Die Frage, ob eine Klage, die auf mehrere prozessuale Ansprüche gestützt
wird, zulässig ist, darf das Gericht nicht mit der Begründung offenlassen
, die Klage sei jedenfalls unbegründet.

b) Zur Substantiierungspflicht des Klägers bei einem aus mehreren Einzelpositionen
zusammengesetzten Anspruch.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einem "Coproduktionsvertrag" über einen Film geltend.
Am 10. September 1987 schloß die Klägerin mit der C. T. , der Exportabteilung des ehemaligen tschechoslowakischen Fernsehens, einen Co-
produktionsvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war die Herstellung einer Fernsehserie mit dem Titel "Pierrot le Grand". Gemäß Nr. 1 des Vertrages war ursprünglich die Herstellung einer Fernsehserie, bestehend aus vier Teilen zu je 60 Minuten, über das Leben des Jean Garpard Depureau, welcher als Erfinder der modernen Pantomime gilt, vorgesehen. Dieser im Coproduktionsvertrag festgeschriebene zeitliche Umfang der TV-Serie wurde durch Vereinbarung vom 8. September 1988 um eine weitere Folge, also auf insgesamt fünf Folgen á 60. Minuten, erweitert. Nach der im Vertrag vorgesehenen Aufgabenverteilung sollte die Klägerin die zur Herstellung und anschließenden umfassenden kommerziellen Auswertung notwendigen Urheberrechte, Nutzungs- und Verwertungsrechte der deutschen Filmschaffenden erwerben und sie in die Coproduktion einbringen. Außerdem übernahm die Klägerin die Verpflichtung, die Rechte an der literarischen Vorlage und am Drehbuch zu erwerben, um damit die Verfilmung des literarischen Stoffes zu ermöglichen. Der Vertragspartner der Klägerin übernahm gemäß Nr. 1.3 des Coproduktionsvertrages die Verpflichtung , die Dreharbeiten zur TV-Serie vor Ort in der ehemaligen Tschechoslowakei durchzuführen und die Roh- und Feinschnittfassung der Fernsehproduktion zu erstellen. Die Parteien einigten sich auf die Zahlung eines Coproduktionsbeitrages durch die Klägerin in Höhe von 750.000,-- DM, zahlbar in insgesamt sieben Raten.
Im Zeitpunkt des Drehbeginns (28. November 1988) hatte die Klägerin die bis dahin bereits zur Zahlung fälligen ersten Raten von insgesamt 300.000,-- DM noch nicht bezahlt. In der Beilage A zum Coproduktionsvertrag war als letzter Drehtag der 7. Juli 1989 vorgesehen. Zum 1. März 1990 sollte das Negativ der Klägerin zur Verfügung gestellt werden. Beide Termine wurden nicht eingehalten. Zwischen den Parteien entstand ein Streit darüber, ob an-
stelle der ursprünglich vereinbarten 5 mal 60-minütigen Fassung eine TV-Serie für das Deutsche Fernsehen, bestehend aus drei Episoden á 90 Minuten, von der Beklagten zu erstellen sei. Auf ein Schreiben der T. v om 28. Februar 1991, in welchem diese erklärte, daß die sechsteilige Version abgenommen und mit dem Negativschnitt begonnen worden sei, wies die Klägerin mit Telefax vom 4. März 1991 T. an, nicht mit dem Negativschnitt zu beginnen, bevor die damals bestehenden Auseinandersetzungen über die Frage der Anzahl der geschuldeten Folgen abgeschlossen seien. Unter dem 6. März 1991 bestätigte T. den Inhalt dieses Schreibens und bat um weitere Weisungen bezüglich der Durchführung des Negativschnitts, die jedoch nie erfolgten. Im Laufe des Jahres 1992 erstellte die Beklagte eine 6 mal 60-minütige Version, welche endgültig auf eine TV-Serie zu fünf Episoden á 60 Minuten geschnitten wurde. Diese von der Klägerin abgelehnte Fassung strahlte das tschechische Fernsehen im Weihnachtsprogramm 1992 aus.
Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 23. Oktober 1991 kündigte die Klägerin den Coproduktionsvertrag fristlos. Zur Begründung verwies die Klägerin auf eine nicht fristgerechte Herstellung der Spielfilm-Serie.
Die Klägerin macht im Wege der Teilklage einen Schadensersatz in Höhe von 100.000,-- DM wegen der ihr entstandenen Aufwendungen für Produktionskosten geltend. Des weiteren verlangt sie Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von gleichfalls 100.000,-- DM wegen fehlgeschlagener Verwertung der Produktion und die Herausgabe des Negativmaterials der Filmproduktion. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit es um die Herausgabe des Filmnegativmaterials geht; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht
hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf das Rechtsmittel des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.


Gerichtsstand ist nach Nr. 9.6 des Coproduktionsvertrages für beide Vertragsparteien M. ; es kommt deutsches Recht zur Anwendung.

B.


1. Die Ausführungen des Landgerichts zur Rechtsnachfolge des Beklagten in die Rechtsstellung des früheren tschechoslowakischen Fernsehens sind nicht zu beanstanden.
2. Die Instanzgerichte werten den Coproduktionsvertrag zutreffend als Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Schließen sich Partner zusammen, um einen Film oder Fernsehfolgen herzustellen und zu vertreiben, so stellt dies den gemeinsamen Zweck im Sinne des § 705 BGB dar. Ist nichts anderes vereinbart, handelt es sich deshalb um die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Hartlieb, HdB. des Film-, Fernsehund Videorechts 3. Aufl. 1991 S. 251 f.; MüKo/Ulmer, BGB 3. Aufl. Vor § 705 Rdn. 98).

Ist die Kündigung der Gesellschaft wirksam, so ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst und - als Innengesellschaft - gleichzeitig beendet. Deshalb ist an sich eine Schlußabrechnung zu erstellen. Die Parteien gehen jedoch offenbar davon aus, daß die streitigen gegenseitigen Ansprüche die einzigen abzurechnenden Vermögenspositionen darstellen.

C.


Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, der Zahlungsanspruch in Höhe von 200.000,-- DM sei nicht schlüssig dargelegt und schon deshalb als unbegründet abzuweisen; es sei nicht ersichtlich, wie sich dieser Teilbetrag zusammensetze. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.
I. Die von der Klägerin erhobene Teilklage ist zulässig.
1. Eine Teilklage, die mehrere prozessual selbständige Ansprüche zum Gegenstand hat, genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur, wenn der Kläger die Reihenfolge angibt, in der das Gericht diese Ansprüche prüfen soll. Sonst könnte es zu unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft kommen (BGHZ 124, 164, 166 f.; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88, NJW 1990, 2068 f.; v. 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346; Sen.Urt. v. 10. November 1986 - II ZR 140/85, BGHR ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 - Bestimmtheit 4).
2. Diesen Anforderungen wird die vorliegende Teilklage gerecht.

a) Die Klägerin hat im Berufungsverfahren ihren Antrag nur noch auf Zahlung eines Schadensersatzbetrages von 100.000,-- DM wegen der ihr entstandenen Aufwendungen und weiterer 100.000,-- DM wegen entgangenen Gewinns gerichtet. Einen darüber hinausgehenden Schadensersatzbetrag wegen Nichtherausgabe des Materials, den das Oberlandesgericht auch diskutiert , hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr gefordert. Sie hatte zwar ursprünglich beantragt, im Falle der nicht rechtzeitigen Herausgabe des Filmmaterials die Beklagte schon im vorliegenden Rechtsstreit zu Schadensersatz in Höhe von 50.000,-- DM zu verurteilen, hat diesen Antrag aber in der Berufungsbegründung vom 20. April 1998 nicht aufrecht erhalten. Die Beklagte hat dem nicht widersprochen. Das Berufungsgericht hätte diesen Antrag daher bei der Frage der Schlüssigkeit der Klage von vornherein nicht berücksichtigen dürfen.

b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Schlüssigkeit der Einzelposten beziehen sich nur auf den Sachverhaltskomplex "Aufwendungen". Die Klägerin macht 100.000,-- DM aus einer Gesamtsumme von 2.464.867,-- DM geltend, die sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt. Insoweit handelt es sich um einen einheitlichen Schaden mit unselbständigen Rechnungsposten, nicht aber um verschiedene prozessuale Ansprüche. Hier bedarf es grundsätzlich keiner Erklärung über die Reihenfolge der Prüfung (Lüke in: MüKo-ZPO § 253 Rdn. 106 f.).
Die Klägerin hat diese Rechnungspositionen im einzelnen individualisiert. Sie enthalten unter Nr. 9 Rechtsanwalts- und Beratungskosten. Unter
diese lassen sich auch die in der Berufungsschrift erwähnten 5.000,-- DM an Rechtsanwaltskosten zur Streitbeilegung subsumieren. Ein selbständiger Streitgegenstand ist damit entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht verbunden.

c) Daneben wird als selbständiger weiterer Schadensposten ein Teilbetrag von wiederum 100.000,-- DM als entgangener Gewinn aus einer Gesamtsumme von 1,25 Mio. US-$ geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um einen selbständigen Streitgegenstand. Dieser Anspruch ist aber, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, schlüssig und in zulässiger Weise dargelegt.
Somit ergibt sich bei sachgerechter Auslegung und Würdigung der Anträge der Klägerin, daß sie insgesamt Schadensersatz in Höhe von 200.000,-- DM verlangt.
3. Überdies hätte das Berufungsgericht aufgrund seiner Annahme, die Teilklage sei nicht hinreichend individualisiert, auf keinen Fall die Klage als unbegründet abweisen dürfen, sondern durch Abweisung als unzulässig klarstellen müssen, daß eine rechtskräftige Entscheidung über die Begründetheit der nach seiner Meinung vorliegenden Mehrheit von Ansprüchen nicht getroffen werden könne.
II. Es ist rechtlich auch nicht möglich, die Frage der Zulässigkeit einer Klage nicht zu beantworten und diese wegen feststehender Unbegründetheit abzuweisen. Dies gilt grundsätzlich auch im Berufungsverfahren. Mag auch in Ausnahmesituationen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, das offensichtlich unbegründet ist, offengelassen werden können, so gilt dies jedenfalls nicht für
die Frage, ob die Klage als solche bereits unzulässig war oder nicht. Schon wegen der Auswirkungen auf die Rechtskraft ergibt sich insoweit ein absoluter Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung (Lüke in: MüKo-ZPO, Vor § 253 Rdn. 3). Deshalb ist nur vorsorglich auf folgendes hinzuweisen:
1. Die Revision bemängelt, das Berufungsgericht habe den in erster Instanz vernommenen Zeugen B. erneut hören und die von der Klägerin im Berufungsverfahren zusätzlich benannten Zeugen vernehmen müssen. Dieser Angriff hat teilweise Erfolg.

a) Eine erneute Vernehmung des Zeugen B. war allerdings nicht geboten. § 398 Abs. 1 ZPO stellt die erneute Vernehmung eines bereits gehörten Zeugen in das Ermessen des Gerichts. Eine Ermessensüberschreitung liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines erstinstanzlichen Zeugen anders beurteilen will als das Erstgericht, wenn es der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH, Urt. v. 30. September 1992 - VIII ZR 196/91; v. 15. Oktober 1992 - III ZR 57/91, BGHR ZPO § 398 Abs. 1 - Ermessen 14, 15 je m.w.N.). Diese Grenzen des Ermessens hat das Berufungsgericht beachtet. Es weicht in keinem Punkt von der Beurteilung des Erstgerichts ab.

b) Dagegen hätte das Berufungsgericht die neu benannten Zeugen P. und K. vernehmen müssen.
Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zugunsten des Antragstellers zu unterstellen ist. Dabei ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urt. v. 19. Mai 1998 - XI ZR 216/97, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 - Beweisantrag, Ablehnung 18 m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
Die Klägerin hat in ihrem Berufungsschriftsatz für ihre Behauptung, die Parteien hätten sich später auf die Anfertigung einer 3 mal 90-minütigen deutschen Fassung bis zum 31. Dezember 1990 geeinigt, zunächst den Verantwortlichen der C. T. , den Zeugen B. , benannt. Zusätzlich hat sie zum Beweis dafür, daß auf der Sitzung des Zentraldirektoriums des tschechoslowakischen Fernsehens am 25. Juli 1990 die Herstellung einer solchen Fassung autorisiert und diese Entscheidung der Klägerin mitgeteilt wurde, woraufhin man sich entsprechend geeinigt habe, die Vernehmung der Zeugen K. und P. , jeweils mit ladungsfähiger Anschrift, mehrfach beantragt.
Das Berufungsgericht stellt darauf ab, daß die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises der Beklagten nicht dargelegt habe, warum diese Zeugen etwas bekunden könnten. Das macht die Zeugen jedoch nicht zu ungeeigneten Beweismitteln. Vielmehr ist der Beweisantrag so zu verstehen, daß die Zeugen bei den entscheidenden Besprechungen anwesend waren.
Der von dem Berufungsgericht herangezogene Gesichtspunkt, die neuen Zeugen seien erst vier Jahre später in den Prozeß eingeführt worden, erweist sich als irrelevant. Ein Fall des § 528 ZPO ist nicht gegeben; es fehlt
schon an einer Zurückweisung der Beweismittel. Im übrigen ist zu berücksichtigen , daß viele der Beteiligten inzwischen ihre Position bei der Beklagten verlassen haben und nur schwer greifbar sind.
2. Das Berufungsgericht führt aus, der Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns sei schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin der Firma N. gegenüber auch eine 5 mal 60-minütige Fassung habe absetzen können. Eine solche habe die Beklagte aber erstellt, den Schnitt derselben habe die Klägerin selbst am 4. März 1991 per Telefax gestoppt. Dies ist unzutreffend.
Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 28. Februar 1991, auf welches sich das Telefax der Klägerin bezog, hatte die Beklagte lediglich mitgeteilt , eine sechsteilige Version sei abgenommen und mit deren Negativschnitt werde begonnen. Selbst wenn man unterstellen wollte, die Parteien hätten sich nicht auf eine 3 mal 90-minütige Fassung geeinigt, wäre eine solche Version jedoch ebensowenig vertragsgemäß gewesen. Nach dem ursprünglichen Vertrag hätte nämlich dann eine 5 mal 60-minütige Version erstellt werden müssen. Die Darlegungen des Berufungsgerichts verstoßen daher gegen den eindeutigen Inhalt der vorgelegten Urkunden und auch gegen den Tatbestand des Urteils, in dem festgehalten wird, daß ursprünglich die Erstellung einer 5 mal 60-minütigen Version geschuldet war. Daß die Beklagte nach der Kündigung durch die Klägerin später eine fünfteilige tschechische Version erstellte, ändert nichts daran, daß sie der Klägerin eine nicht vertragsgemäße Leistung angeboten hatte.
3. Bei der gebotenen erneuten Prüfung ist zu beachten, daß neben dem entgangenen Gewinn "frustrierte" Aufwendungen grundsätzlich nicht als Schaden geltend gemacht werden können, weil ein Gewinn nur unter der Voraussetzung hätte erzielt werden können, daß die nach dem Vertrag von dem Geschädigten geschuldeten Aufwendungen erbracht worden sind.
4. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Herausgabeanspruch greift die Revision ebenfalls erfolgreich an.

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einem neben § 985 BGB bestehenden vertraglichen Herausgabeanspruch stützen sich maßgeblich darauf , daß jedenfalls die fünfte Rate des Produktionskostenbeitrages unabhängig von der vertragsmäßigen Erstellung der Filmserie bei Rohschnittabnahme zu zahlen gewesen sei und deshalb der Beklagten jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der handschriftliche Vermerk auf dem Schuldanerkenntnis vom 9. Mai 1990, der dem vorformulierten Text später hinzugesetzt wurde und insoweit vorrangig ist, nicht entgegen dem Berufungsgericht so zu verstehen ist, daß der gesamte Produktionskostenbeitrag erst bei Ablieferung des Materials zu zahlen sei. Jedenfalls hat das Berufungsgericht verkannt, daß der Rohschnitt lediglich vorgelegt, nicht aber abgenommen wurde. Voraussetzung einer Pflicht zur Zahlung der fünften Rate war jedoch ausweislich des klaren Wortlauts der getroffenen Vereinbarung eine Abnahme (Nr. 4.2.1 des Vertrages), also eine Billigung des Rohschnitts als im wesentlichen vertragsgemäß. Dies hat die Klägerin aber bestritten.

b) Das Berufungsgericht hat zudem ausgeführt, durch die Verarbeitung des von der Klägerin gelieferten Negativmaterials sei die Beklagte Eigentüme-
rin desselben geworden, eine danach erfolgte Eigentumsübertragung auf die Klägerin sei nicht erfolgt. Diese Darlegungen des Berufungsgerichts sind bereits deshalb fehlerhaft, weil man Nr. 5.1 des Vertrages im Sinne einer Verarbeitungsklausel (Staudinger/Wiegand, BGB 13. Aufl. § 950 Rdn. 19, 23) so ausle-
gen kann und muß, daß die Klägerin gerade nach der Verarbeitung des Negativs Eigentümerin sein sollte. Ein "Originalnegativ", von dem die Klausel ausdrücklich spricht, war nämlich erst nach der Verarbeitung vorhanden.

Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.