Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2000 - V ZR 425/98

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 1. Dezember 1995 kauften die Kläger von dem Beklagten unter Gewährleistungsausschluß ein Ende des 18. Jahrhunderts bebautes Grundstück in Hamburg zum Preis von 2.600.000 DM, das dieser 1981 erworben hatte. Ende Januar 1996 wurden im Dachstuhl Bohrlöcher und Brandschäden entdeckt. Eine von den Klägern beauftragte Schädlingsbekämpfungsfirma kam zu dem falschen Ergebnis, daß "lebender" Hausbockbefall vorliege. Der daraufhin von dem Beklagten beauftragte Sachverständige stellte "erhebliche Brandschäden" und "alte Fraßschäden vom (toten) Hausbock" fest. Dies wurde den Klägern von dem Beklagten mitgeteilt. Sie zahlten danach den Restkaufpreis von 2.340.000 DM und übernahmen das Grundstück
am 1. April 1996, ohne einen Vorbehalt zu erklären. Nach der Übergabe stellten die Kläger auch einen Schwammbefall des Hauses fest.
Die Kläger machten geltend, dem Beklagten sei der Hausbockbefall bekannt gewesen. Sie verlangen Ersatz der Beseitigungskosten für die Schäden durch den Hausbock (115.737,91 DM), durch den Brand (50.052,28 DM) und durch den Hausschwamm (257.943,59 DM).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagten von Hausbock- und Brandschaden Kenntnis gehabt hätten und der Schwammbefall durch den Gewährleistungsausschluß erfaßt werde. Die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht hinsichtlich des Hausschwammes wegen unzureichender fristgerechter Begründung als unzulässig verworfen und im übrigen zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger ist nicht angenommen worden, soweit die Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Die Revision wendet sich noch gegen die teilweise Verwerfung der Berufung als unzulässig. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist, soweit unbeschränkt zulässig (§ 547 ZPO), nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Schadensersatzanspruches wegen des Hausschwammes ausgeführt, insoweit sei die Berufung nicht rechtzeitig in ordnungsgemäßer Weise begründet worden und damit unzulässig. Die pauschale Bezugnahme der Kläger auf ihre Ausführungen zu den Holzbockschäden entspreche nicht den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, da das Landgericht die Klage hinsichtlich des Hausschwammschadens aus anderen Gründen abgewiesen habe. Die Kläger hätten zwar den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 4 ZPO behauptet, es fehle aber das erforderliche rechtskräftige Strafurteil gegen den Beklagten (§ 581 Abs. 1 ZPO).
II.
Dies hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.
1. Die Revision meint, es könne dahingestellt bleiben, ob die Berufung mangels hinreichender Begründung des Rechtsmittels hinsichtlich des Hausschwammschadens insoweit unzulässig war (§§ 519 Abs. 3 Nr. 2, 519 b Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht habe die Berufung gleichwohl nicht in dem dargestellten Umfang als unzulässig verwerfen dürfen, weil es die von den Klägern geltend gemachten Restitutionsgründe ohne Einbeziehung des § 149 ZPO in seine Ermessensüberlegungen als unstatthaft im Sinne des § 581 Abs. 1 ZPO angesehen habe.
2. Damit dringt die Revision nicht durch.
a) Zutreffend ist zwar ihre rechtliche Ausgangsüberlegung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine Partei einen Restitutionsgrund , insbesondere auch den des Vorliegens einer strafbaren Handlung der Gegenpartei nach § 580 Nr. 4 ZPO, bereits im anhängigen Rechtsstreit (vgl. § 582 ZPO) geltend machen. Dies gilt im Hinblick auf § 581 Abs. 1 ZPO jedoch nicht, solange wegen der behaupteten strafbaren Handlung ein Strafverfahren zwar möglich, aber noch nicht durchgeführt ist. Davon bleibt aber unberührt, daß in solchen Fällen das Berufungsgericht als Tatsacheninstanz den laufenden Rechtsstreit nach § 149 ZPO aussetzen kann, bis ein Strafverfahren gegen die von der erhobenen (beweisbaren) Beschuldigung des Prozeßgegners betroffene Partei durchgeführt ist (BGH, Urt. v. 13. Februar 1997, III ZR 285/95, NJW 1997, 1309, 1310 m.w.N.).
b) Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Weder in dem Schriftsatz vom 22. Juni 1998 noch in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 1998 haben die Kläger genügend Anhaltspunkte für eine konkrete strafbare Handlung des Beklagten im Sinne eines zumindest versuchten Prozeßbetruges vorgetragen.
aa) In dem Schriftsatz vom 22. Juni 1998 ist dargelegt, daß man binnen der "letzten 14 Tage" mit dem früheren Mieter habe sprechen können. Dabei habe man erfahren, daß bei einer Fenstererneuerung im Eingangsbereich an der Westseite erkennbar geworden sei, daß die Zarge und das angrenzende Mauerwerk bock- und schwammbefallen seien. Bei Bauarbeiten sei festgestellt worden, daß durch Schwammbefall die Stabilität der Westwand gefährdet sei. Der Beklagte habe deshalb den Einbau eines Stahlträgers veranlaßt. Im Ter-
min vom 29. Juni 1998 wurde dann die Meinung vertreten, es "läge immerhin ein Restitutionsgrund des § 580 Nr. 4 ZPO vor".
bb) Dies reicht nicht aus, um den Verdacht einer konkreten strafbaren Handlung zu begründen. Es handelt sich vielmehr nur um die bloße Vermutung , der Beklagte habe bei bestimmten Baumaßnahmen einen Schwammbefall erkennen können oder erfahren. Die Fenstererneuerung war schon Gegenstand des Verfahrens erster Instanz. Das Landgericht hat sich hiermit auseinandergesetzt und eine Kenntnis des Beklagten vom Schwammbefall auch im Hinblick auf die Feststellung des Sachverständigen verneint. Die Behauptung, der Beklagte habe zwischen der West- und Ostwand im Keller einen Stahlträger montieren lassen, weil er um die Einsturzgefahr aufgrund des Schwammes gewußt habe, ist vor dem Hintergrund, daß der Sachverständige und die Schädlingsbekämpfungsfirma vor der Übernahme des Grundstücks keinen Hausschwamm festgestellt haben, und im Hinblick auf den Verfahrensgang ebenfalls nicht so konkret, daß das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Aussetzung des Verfahrens hätte in Betracht ziehen müssen.
Wenzel Vogt Schneider Krüger Klein

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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.
(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden.
(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.
(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.
(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.
(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden.
(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.