Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2010 - V ZR 196/09

published on 18/06/2010 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2010 - V ZR 196/09
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Previous court decisions
Amtsgericht Schöneberg, 3 C 366/08, 06/01/2009
Landgericht Berlin, 63 S 77/09, 23/10/2009

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 196/09 Verkündet am:
18. Juni 2010
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein,
Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 23. Oktober 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Den Beklagten steht als Gesamtgläubigern an drei - vermieteten - Wohnungen jeweils ein dingliches Wohnungsrecht zu. Nach dem der Bestellung der Rechte zugrunde liegenden Vertrag sind die Beklagten zur Erstattung der Betriebskosten verpflichtet.
2
Entsprechend der von der Klägerin für das Jahr 2007 erstellten Betriebskostenabrechnung , die einen Saldo zu Lasten der Beklagten von 1.720,20 € aufweist, hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Vorschusses auf die Betriebskosten von 145 €/Monat für die Zeit von Januar bis August 2008 (1.160 €) verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt und die Feststellung der Erledigung beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
3
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist keine Erledigung der Hauptsache eingetreten, weil die Klage von Anfang an unbegründet war. Weder aus den gesetzlichen Vorschriften über das dingliche Wohnungsrecht noch aus dem neben diesem bestehenden gesetzlichen Begleitschuldverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Wohnungsberechtigten noch aus der analogen Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergebe sich eine Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen auf die Betriebskosten.

II.

5
Das hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
6
1. Unerheblich sind die Ausführungen in der Revisionsbegründung zu der Verpflichtung von Wohnungsberechtigten, auch ohne Vereinbarung die durch die Benutzung der Wohnung verursachten Betriebskosten zu tragen. Denn nach dem Tatbestand des Berufungsurteils, gegen dessen Richtigkeit sich die Klägerin nicht nach § 320 ZPO gewandt hat, ist zwischen den Parteien vereinbart , dass die Beklagten der Klägerin Betriebskosten erstatten müssen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§§ 314, 559 ZPO) und muss sie seiner Beurteilung zugrunde legen (siehe nur BGH, Urt. v. 23. April 2010, LwZR 20/09, Rdn. 10, juris). Im Übrigen stellen die Beklagten ihre Zahlungspflicht nicht in Abrede; dementsprechend sagt das Berufungsgericht hierzu nichts, sondern setzt sie - zu Recht - voraus.
7
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Argumentation des Berufungsgerichts, mit der es den geltend gemachten Anspruch verneint.
8
a) Dass sich aus den Regelungen in § 1093 BGB und aus den Vorschriften , auf die darin verwiesen wird, keine Verpflichtung eines Wohnungsberechtigten ergibt, an den Grundstückseigentümer Vorschüsse auf die Betriebskosten zu zahlen, sieht auch die Klägerin nicht anders.
9
b) Unklar ist, auf welche rechtlichen Gesichtspunkte sie ihre Ansicht stützt, es sei nicht ersichtlich, weshalb sie die Betriebskosten zunächst verauslagen solle und sodann von den Beklagten zurückfordern müsse.
10
aa) Soweit sie im Hinblick auf die Vorschusspflicht eine Gleichstellung der Beklagten mit den übrigen Mietern verlangt, scheitert dies daran, dass der Mieter nur dann Vorauszahlungen auf die Betriebskosten schuldet, wenn sie mit dem Vermieter vereinbart sind (§ 556 Abs. 2 BGB), zwischen den Parteien eine solche Vereinbarung jedoch fehlt.
11
bb) Ins Leere geht die Überlegung, da bei einem Wohnungsrecht keine Miete entrichtet werde, könne die mietrechtliche Erwägung, dass beim Fehlen einer abweichenden Vereinbarung die Betriebskosten mit der Grundmiete abgegolten seien, nicht gelten. Denn dieser Gesichtspunkt betrifft lediglich die Frage, ob ein Wohnungsberechtigter auch ohne Vereinbarung Betriebskosten schuldet, besagt jedoch nichts zu der Verpflichtung zur Vorschusszahlung.
12
cc) Ebenfalls ins Leere geht der Hinweis auf den Inhalt des dinglichen Wohnungsrechts. Damit hat die Verpflichtung des Wohnungsberechtigten zur Leistung von Vorschüssen auf Betriebskosten nichts zu tun.
13
dd) Nicht erkennbar ist, worauf die Klägerin den Vorwurf stützt, ein Wohnungsberechtigter verhalte sich treuwidrig, wenn er Vorauszahlungen auf geschuldete Betriebskosten verweigere. Soweit sie in diesem Zusammenhang meint, redliche Vertragsparteien hätten "diese Situation" durch die Vereinbarung einer Vorauszahlungspauschale geregelt, spricht das dafür, dass die Klägerin eine ergänzende Vertragsauslegung anstrebt. Im Gegensatz dazu verweist die Klägerin jedoch auf eine von ihr angenommene planwidrige Regelungslücke im Gesetz; der hier zu beurteilende Sachverhalt sei insoweit mit dem Tatbestand der mietrechtlichen Betriebskostenregelung in § 556 Abs. 2 BGB vergleichbar, als angenommen werden könne, der Gesetzgeber wäre bei Kenntnis der Lücke im Hinblick auf die Betriebskostentragung bei Wohnungsrechten und Abwägung der jeweiligen Interessen zur Annahme einer Verpflichtung zur Vorauszahlung entsprechend § 556 Abs. 2 BGB gelangt. Was dies alles mit einem treuwidrigen Verhalten zu tun haben soll, erschließt sich nicht. Auch vermag die - gegebenenfalls - gewünschte Gesetzesanalogie der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn sie hätte lediglich zur Folge, dass Grundstückseigentümer und Wohnungsberechtigter die Verpflichtung zu Vorauszahlungen für Betriebskosten vereinbaren könnten, nicht aber, dass der Wohnungsberechtigte ohne eine solche Vereinbarung Vorauszahlungen schuldete.
14
ee) Schließlich kommt eine ergänzende Vertragsauslegung, die weder von den Instanzgerichten noch von der Klägerin in Betracht gezogen worden ist, nicht in Betracht. Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke in dem Wohnungsrechtsbestellungsvertrag gibt es keine Anhaltspunkte. Darin heißt es, dass die Wohnungsberechtigten der Grundstückseigentümerin die Nebenkosten zu erstatten haben, "soweit diese im Einzelfall von ihr persönlich verauslagt werden". Das spricht für eine bewusst abschließende Regelung ohne Verpflichtung zur Vorauszahlung. Dass dies auch tatsächlich der Vereinbarung der Parteien entspricht, wird daraus deutlich, dass die Beklagten bisher keine Vorauszahlungen geleistet haben und die Klägerin solche auch nicht verlangt hat.
15
c) Entgegen der von dem Amtsgericht vertretenen Ansicht, der sich die Klägerin anschließt, scheidet ein Anspruch nach § 669 BGB aus. Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis enthält keine Auftragselemente.

III.

16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 BGB. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 06.01.2009 - 3 C 366/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 23.10.2009 - 63 S 77/09 -
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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebr

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein
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published on 23/04/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL LwZR 20/09 Verkündet am: 23. April 2010 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 314 Abs. 3, 594e
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Annotations

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§ 1031, 1034, 1036, des § 1037 Abs. 1 und der §§ 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.

(2) Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.

(3) Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuss zu leisten.

(1) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.

(2) Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.