Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2009 - V ZR 110/09

bei uns veröffentlicht am11.12.2009
vorgehend
Amtsgericht Wolfsburg, 10 C 291/08, 15.10.2008
Landgericht Braunschweig, 4 S 488/08, 20.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 110/09
Verkündet am:
11. Dezember 2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 20. Mai 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 zum Nachteil der Klägerinnen erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Amtsgerichts Wolfsburg vom 15. Oktober 2008 auf die Berufung der Klägerinnen abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerinnen beginnend mit dem 1. Januar 2008 jährlich weitere 301,62 € zu bezahlen.
Von den Kosten des ersten und des zweiten Rechtszugs tragen die Klägerinnen insgesamt 5/42. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen eines 814 qm großen Grundstücks. Das Grundstück ist aufgrund Vertrages vom 10. Februar 1963 für die Dauer von 99 Jahren mit einem Erbbaurecht belastet. Die Beklagten sind Inhaberinnen des Erbbaurechts. Ihre Rechtsvorgänger haben auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichtet.
2
Der Erbbauzins beträgt nach dem Erbbaurechtsvertrag 366,30 DM (0,45 DM/qm). In § 12 des Vertrags heißt es hierzu weiter: "Die Grundstückseigentümerin als auch die Erbbauberechtigten sind berechtigt, bei einer wesentlichen Änderung des Wertes des Erbbaugrundstücks oder der allgemeinen Wirtschafts- und Währungsverhältnisse - als wesentliche Änderungen werden nur solche über 20 % angesehen - eine Anpassung des Erbbauzinses an die veränderten Umstände zu verlangen, durch die eine billige und angemessene Verzinsung des Grundstückswertes gewährleistet wird. …"
3
Der Erbbauzins wurde zuletzt, beginnend mit dem 1. Januar 1996, einverständlich auf 1.172,66 DM (1,44 DM/qm) jährlich erhöht. Im Sommer 2007 verlangten die Klägerinnen von den Beklagten im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Steigerung des Lebenshaltungskosten- bzw. des Verbraucherpreisindexes und der Löhne und Gehälter, einer Erhöhung des Erbbauzinses auf jährlich 1.070,53 € (1,32 €/qm) zuzustimmen. Das lehnten die Beklagten ab.
4
Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ab August 2007 jährlich 1.070,53 € Erbbauzins an sie zu bezahlen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben, soweit sie die Zahlung erhöhten Erbbauzinses für August bis Dezember 2007 verlangt haben. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 hat das Landgericht die Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen einen Er- höhungsbetrag von jährlich 169,60 € zu bezahlen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihren Zahlungsanspruch weiter , soweit für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 an zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 teilweise begründet. Nach § 12 Satz 1 des Erbbaurechtsvertrags könne nur dann eine Anpassung des Erbbauzinses verlangt werden, wenn die Wirtschafts- und Währungsverhältnisse sich seit der letzten Anpassung des Erbbauzinses um mehr als 20 % geändert hätten. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Mit dem Begriff der "Wirtschafts- und Währungsverhältnisse" sei das Mittel aus Lebenshaltungskosten und Einkommen der Arbeiter und Angestellten gemeint. Dieses habe sich von 1995 bis 2006 um 28,3 % erhöht.
6
Bei der Neuberechnung des Erbbauzinses sei von dem 1963 vereinbarten Betrag und der seither eingetretenen Änderung auszugehen. Diese betrage bis 2006 78,6 % und führe damit zu dem von den Klägerinnen auf 1.070,53 € berechneten Betrag. Trotzdem könnten die Klägerinnen nur einen um 28,3 % gegenüber dem seit 1996 geltenden Betrag erhöhten Erbbauzins verlangen. § 12 des Erbbaurechtsvertrags gewähre nämlich einen Anspruch auf Änderung des Erbbauzinses nur in dem Umfang, wie dies der Billigkeit entspreche. Das Verlangen, den Erbbauzins im Umfang der Änderung der Lebenshaltungskosten und der Einkommen der Arbeiter und Angestellten anzupassen, entspreche zwar grundsätzlich der Billigkeit. Vorliegend sei dies jedoch deshalb anders, weil bei den Anpassungen des Erbbauzinses in der Vergangenheit der Rahmen der möglichen Erhöhung nicht ausgeschöpft worden sei und die Beklagten darauf hätten vertrauen dürfen, dass dies weiterhin so sein solle. Hiervon nunmehr abzuweichen, sei unbillig.

II.

7
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
Den Klägerinnen steht der für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 verlangte Erhöhungsbetrag zu.
9
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Betrag der Anpassung des Erbbauzinses nach dem Vertrag vom 10. Februar 1963 davon bestimmt wird, in welchem Maße sich der Mittelwert aus den Lebenshaltungskosten und den Einkommen der Arbeiter und Angestellten geändert hat. Die in dem Erbbaurechtsvertrag benutzte Wendung einer wesentlichen Änderung der "allgemeinen Wirtschafts- und Währungsverhältnisse" ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats dahin auszulegen, dass hierunter der Mittelwert der Änderung der Einkommen der Arbeiter und Angestellten einerseits und der Lebenshaltungskosten der Vier-Personen-Haushalte der Arbeitnehmer mit mittlerem Einkommen bzw. der Verbraucherpreise andererseits zu verstehen ist (Senat, BGHZ 75, 279, 283; 77, 188, 191; 87, 198 f.; Urt. v. 31. Oktober 2008, V ZR 71/08, NJW 2009, 679, 680).
10
2. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht zur Bestimmung des Änderungsbetrages nicht auf den Zeitpunkt der letzten Anpassung des Erbbauzinses, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages abgestellt hat. Wird in einem Erbbaurechtsvertrag eine Anpassung des Erbbauzinses an die Änderung der im Vertrag bezeichneten Ver- hältnisse vereinbart, wird der Umfang der vereinbarten Anpassung von den Verhältnissen bei Vereinbarung der Abänderungsklausel bestimmt (Senat, BGHZ 68, 152, 154; Urt. v. 27. Mai 1981, V ZR 20/80, NJW 1981, 2567, 2568). Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Vertragsparteien in späterer Zeit zum Vorteil einer Vertragspartei von dem vereinbarten Maßstab abweichen (vgl. Senat , BGHZ 169, 215, 220). Anders liegt es nur dann, wenn die Parteien durch oder im Zusammenhang mit der Abweichung eine Änderung des vertraglich vereinbarten Maßstabes der Anpassungsregelung vereinbaren (Senat, Urt. v. 20. Dezember 2001, V ZR 260/00, NJW 2002, 1424, 1425). Dass es sich so bei den früher wirksam gewordenen Erhöhungen des Erbbauzinses verhielte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
11
3. Ohne eine besondere Vereinbarung im Vertrag ist zur Bestimmung des Umfangs der Anpassung nicht von einem durchschnittlichen Jahresbetrag, sondern von dem für einen jeden Monat ermittelten Wert auszugehen (Senat, BGHZ 87, 198, 201). Soweit das Berufungsgericht, statt hiervon auszugehen, den Klägerinnen dahin gefolgt ist, auf Jahreswerte abzustellen, bedeutet dies keinen Umstand, der auf die Entscheidung Einfluss hätte. Eine so begründete Unrichtigkeit des Erhöhungsverlangens der Klägerinnen wirkt sich allein zu deren Nachteil aus. Sie haben den von den Beklagten für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 zu zahlenden Erbbauzins zu ihrem Nachteil zu niedrig bemessen.
12
4. Die von dem Berufungsgericht festgestellten Indexwerte werden von den Parteien im Revisionsverfahren nicht angegriffen. Ihre Feststellung obliegt dem Tatrichter und ist von dem Senat hinzunehmen (Senat, Urt. v. 31. Oktober 2008, V ZR 71/08, NJW 2009, 679).
13
5. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht jedoch, dem Vertrag vom 10. Februar 1963 eine Regelung entnehmen zu können, nach der die Tatsache, dass die in der Vergangenheit vorgenommenen Erhöhungen des Erbbauzinses den Erhöhungsanspruch der Klägerinnen nicht ausgeschöpft haben, unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit bewirke, dass die Klägerinnen für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 diesen Rahmen nicht ausschöpfen dürften.
14
a) Die Belastung eines Grundstückes mit einem verzinslichen Erbbaurecht bildet eine Maßnahme der entgeltlichen Nutzung eines Grundstücks. Das aus der Belastung für den Eigentümer fließende Entgelt wird grundsätzlich von dem Wert des Grundstücks bestimmt. Hierzu wird der Erbbauzins in der Regel nach einem Prozentsatz des für das Grundstück angenommenen Wertes vereinbart. Die üblicherweise lange Zeit, für die das Recht bestellt wird, und die während dieser Zeit eintretenden Änderungen des Grundstückswerts und der Wirtschafts- und Währungsverhältnisse verzerren indessen die bei Vertragsabschluss angetroffene Situation, auf der die Kalkulation des vereinbarten Erbbauzinses beruht.
15
Dem soll durch die Vereinbarung eines Anspruchs auf Anpassung des Erbbauzinses entgegengewirkt werden. Als Maßstab der Änderung bieten sich insoweit die Änderungen des Grundstückswerts und die Änderung der Wirtschafts - und Währungsverhältnisse an. Die Vergangenheit hat indessen gezeigt , dass die Änderung der für Grundstücke bezahlten Preise nachhaltig über die Änderung der Lebenshaltungskosten und Einkommen hinausgeht. An der Entwicklung der Grundstückspreise nimmt der Erbbauberechtigte jedoch nicht teil. Für ihn stellt sich der Erbbauzins wirtschaftlich als Miete des Grundstücks dar, die er grundsätzlich aus einem Einkommen zu bezahlen hat. Eine Erhöhung des Erbbauzinses verzerrt die Relation zwischen dem Wert des Grundstücks , den Wirtschafts- und Währungsverhältnissen und dem Einkommen des Erbbauberechtigten im Ausgangspunkt nicht, soweit letzteres in die Berechnung des Anpassungsbetrages einfließt und die Erhöhung des Grundstückswertes hierüber nicht hinausgeht. Soll der Grundstückswert Maßstab der Anpassung sein, ist dies nicht gewährleistet. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber durch § 9a ErbbauRG Regelungen zur Anpassung des Erbbauzinses an die Änderung des Grundstückswertes die Wirksamkeit versagt, soweit diese unbillig sind. So soll es sich nach § 9a Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG bei Wohngrundstücken regelmäßig verhalten, wenn das Erhöhungsverlangen über die Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht.
16
Entspricht das Erhöhungsverlangen der Änderung dieser Verhältnisse, kann das Verlangen grundsätzlich nicht als unbillig angesehen werden.
17
b) Etwas anderes ergibt sich, wie die Revision zutreffend geltend macht, auch nicht aus der zwischen den Parteien geltenden Regelung des Vertrags vom 10. Februar 1963. Nach dieser soll durch den Anspruch auf Anpassung "eine billige und angemessene Verzinsung des Grundstückswertes gewährleistet" werden. Der Erbbauzins wird mithin auf die Höhe desjenigen Betrags begrenzt , der bei einer langfristigen Anlage eines dem Grundstückswert entsprechenden Kapitalbetrags zu erzielen wäre. Dabei soll nicht die Anpassung, sondern die durch die Vereinbarung der Anpassungsregelung gewährleistete Verzinsung des Grundstückswerts billig und angemessen sein. So verhält es sich nach der Feststellung des Berufungsgerichts mit dem von den Klägerinnen verlangten Betrag. Zu dessen Berechnung sind die Klägerinnen nicht von der durch § 9a Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG für Wohngrundstücke verworfenen Änderung des Wertes des Grundstücks, sondern von der Änderung der Einkommensverhältnisse und der Lebenshaltungskosten, und damit von einem billigen Maßstab ausgegangen.
18
c) Die Bezugnahme auf die "allgemeinen Wirtschafts- und Währungsverhältnisse" und die "Verzinsung des Grundstückswertes" in dem Erbbaurechtsvertrag stellt klar, dass sich die Anpassung des Erbbauzinses nicht nach den Besonderheiten im Verhältnis der Vertragsparteien richten soll, sondern nach allgemeinen Gegebenheiten.
19
d) Auch unabhängig hiervon ist nicht zu erkennen, weswegen eine Forderung auf Bezahlung eines Erbbauzinses von 1,32 €/qm und Jahr unbillig sein und die Beklagten in unangemessener Weise belasten könnte.

IV.

20
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Krüger Klein Stresemann Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Wolfsburg, Entscheidung vom 15.10.2008 - 10 C 291/08 (III) -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 20.05.2009 - 4 S 488/08 -

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Erbbaurechtsgesetz - ErbbauV | § 9a


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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 71/08
Verkündet am:
31. Oktober 2008
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 2. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 9. Juni 1981 bestellte die Klägerin den Beklagten ein Erbbaurecht an ihrem Grundstück Gemarkung N. , Flur 4, Flurstück 1073, für das ein jährlicher Erbbauzins von 2.916 DM vereinbart wurde. In § 4 (4) des Vertrages heißt es u.a: "Jede Vertragspartei kann verlangen, daß die Höhe des Erbbauzinses zum 1. eines Kalenderjahres nach Ablauf von drei Jahren seit Vertragsabschluß oder seit der letzten Änderung des Erbbauzinses neu festgesetzt wird. Die erste Änderung ist frühestens zum 1. Jan. 1984 zulässig. Der Erbbauzins wird durch Einigung beider Parteien dem veränderten Stand der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt. § 315 BGB gilt entsprechend. Bei den Einigungsverhandlungen soll die Entwicklung folgender vom Statistischen Bundesamt festgestellter Werte als Richtlinien dienen: das Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit eines 4 Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen , der Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-PersonenArbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen (Basisjahr 1976 – 100). … Das Anpassungsverlangen muß schriftlich … geltend gemacht werden. Der Brief ist spätestens am 1. Nov. bei der Post aufzugeben, wenn die Änderung mit dem 1. Januar des nachfolgenden Jahres wirksam werden soll."
2
In § 4 (6) des Vertrages ist bestimmt, dass eine Erhöhung des Erbbauzinses durch Eintragung einer zusätzlichen Reallast in Höhe des Änderungsbetrages abzusichern ist.
3
Das Grundstück wurde vereinbarungsgemäß mit einem Wohnhaus bebaut. Den Erbbauzins passten die Parteien mehrmals an, zuletzt aufgrund des Erhöhungsverlangens vom 27. August 1998 auf 4.671,43 DM. Einer weiteren Erhöhung um 268,97 € mit Wirkung zum 1. Januar 2005, die die Klägerin auf der Grundlage der Indices "Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe" und der "Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel" sowie des "Indexes für die Verbraucherpreise" errechnet hatte, stimmen die Beklagten nicht zu. Sie machen insbesondere geltend, die von der Klägerin zugrunde gelegten Kriterien entsprächen nicht den vertraglich vereinbarten.
4
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zustimmung zu der genannten Anhebung und Bewilligung einer Reallast in Höhe des Änderungsbetrages. Sie stützt sich hierzu auf ein Erhöhungsverlangen vom 28. Oktober 2004. Die als Anlage zur Klageschrift eingereichte Kopie dieses Schreibens ist lediglich mit einem Handzeichen versehen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, mit der diese u.a. erstmals geltend gemacht hatten , das Schreiben vom 28. Oktober 2004 sei nicht unterschrieben, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält beide Klageansprüche für gerechtfertigt. Insbesondere habe die Klägerin ihr Erhöhungsverlangen auf zutreffende Berechnungsgrundlagen gestützt. Die vertraglich vereinbarten Indices würden nicht mehr fortgeführt. Die stattdessen von der Klägerin herangezogenen Anpassungskriterien entsprächen den Billigkeitskriterien des § 9a Abs. 1 ErbbauRG und in ihrer statistischen Aussage (weitgehend) den vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen. Der Dienstleistungssektor müsse unberücksichtigt bleiben, weil es bereits zur Zeit des Vertragsschlusses einen starken Dienstleistungssektor gegeben habe, auf den die Parteien in dem Vertrag aber gerade nicht abgestellt hätten. Das Berufungsvorbringen der Beklagten zur Unwirksamkeit des Erhöhungsschreibens vom 28. Oktober 2004 könne nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

II.

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7
1. Allerdings geht das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend davon aus, dass die durch den Fortfall der vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254), dass dabei darauf abzustellen ist, was die Parteien bei Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten und dass hierzu zunächst an die in dem Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen anzuknüpfen ist (Senat, BGHZ 81, 135, 141; BGH, Urt. v. 1. Juni 2005, VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421, 1422 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist von § 4 (4) des Vertrages auszugehen, wonach der Erbbauzins dem veränderten Stand der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen ist. Aus der Verweisung auf § 315 BGB ergibt sich, dass die Anpassung der Billigkeit entsprechen muss (dazu Senat, Urt. v. 19. Januar 2001, V ZR 217/00, NJW 2001, 1930). Die in dem Vertrag als Richtlinien genannten statistischen Werte dienen der Konkretisierung dieses Maßstabs. Daher sind die fortgefallenen Bemessungsgrundlagen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch diejenigen zu ersetzen, die den fortgefallenen Indices am nächsten kommen und die deshalb am besten geeignet sind, den in § 4 (4) des Vertrages zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragsschließenden umzusetzen (vgl. auch Reul, DNotZ 2003, 92, 97; Hülsdunk/Schnabl, ZfIR 2007, 337, 339 f.).
8
2. Gemessen daran ist es zwar revisionsrechtlich unbedenklich, wenn das Berufungsgericht die Zugrundelegung des Verbraucherpreisindexes gebilligt hat; es entspricht allgemeiner Auffassung, dass dieser dem seit 2003 nicht mehr festgestellten Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-PersonenArbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen am nächsten kommt (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254; Reul, DNotZ 2003, 92, 97; Hülsdunk/Schnabl, ZfIR 2007, 337, 340). Jedoch unterliegt das Berufungsurteil schon deshalb der Aufhebung, weil der Verbraucherpreisindex erst für die Zeit ab 1. Januar 2003 herangezogen werden darf. Erst ab diesem Zeitpunkt steht der vertraglich vereinbarte Maßstab nicht mehr zur Verfügung mit der Folge, dass eine Lücke vorliegt, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254 m.w.N.). Für die Zeit davor bleibt das vertraglich vereinbarte Bemessungskriterium verbindlich. Letzteres gilt auch mit Blick auf das zur Entwicklung der Bruttoeinkommen vereinbarte Anpassungskriterium, für das - soweit ersichtlich - statistisches Material bis einschließlich 1998 verfügbar ist. Die Ermittlung der maßgeblichen Indexzahlen ist dem Tatrichter vorbehalten (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254 m.w.N.).
9
3. Darüber hinaus erweist sich die Heranziehung des Mittelwerts aus den Indices "Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe" und "Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel" anstelle des vertraglich für die Bemessung der Einkommensentwicklung zugrunde gelegten Kriteriums schon im rechtlichen Ausgangspunkt als rechtsfehlerhaft.
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision folgt das allerdings nicht bereits daraus, dass es nach dem Wegfall der vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen nur noch allein auf die Preisentwicklung ankäme. Nach § 4 (4) des Vertrages hängt die nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu treffende Anpassung des Erbbauzinses von einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Für deren Feststellung haben die Parteien ausdrücklich sowohl die Entwicklung der Preise als auch die der Einkommen für maßgeblich erachtet. Daran bleiben die Beklagten gebunden. Etwas anderes könnte sich allenfalls nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ergeben. Voraussetzung hierfür wäre eine schwerwiegende Änderung der dem Vertrag zugrunde gelegten Umstände, die das Festhalten der Beklagten an dem Vereinbarten unzumutbar machte (vgl. nur Palandt/ Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 313 Rdn. 40 f. m.w.N.). Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision verweist auf keinen Sachvortrag , der die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage tragen könnte. Im Übrigen spricht gegen einen solchen Wegfall, dass das Statistische Bundesamt noch in seiner Veröffentlichung "Löhne und Gehälter, April 2006" Einkommensindices ausdrücklich als für Erbbauzinsanpassungen geeignet bezeichnet.
11
b) Wie die Bezugnahme des Berufungsurteils auf das erstinstanzliche Urteil nahe legt, scheint das Berufungsgericht die ergänzende Vertragsauslegung an der zu § 9a Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG ergangenen Rechtsprechung ausgerichtet zu haben. Diese Vorschrift begrenzt indessen lediglich einen vertraglich vereinbarten Anpassungsanspruch. Sie setzt diesen voraus und kann daher nicht für die Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob und in welchem Umfang ein Vertrag eine Erhöhung gewährt (vgl. Senat, BGHZ 75, 279, 282 f.; Urt. v. 30. April 1982, V ZR 31/81, NJW 1982, 2382, 2383; Urt. v. 17. Oktober 1986, V ZR 267/85, WM 1986, 1475, 1477; Urt. v. 17. Oktober 1986, V ZR 268/85, WM 1987, 19, 20).
12
c) Davon abgesehen hat das Berufungsgericht bei der Billigung der von der Klägerin für die Entwicklung der Bruttoeinkommen zugrunde gelegten Indices (Mittelwert aus den Indices Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe und Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel) nicht erwogen, dass seit 1999 Erhebungen für die Gesamtheit aller privaten Haushalte durchgeführt werden, die zwar nicht nach der Höhe des Einkommens unter- scheiden, wohl aber nach der Anzahl ihrer Mitglieder (vgl. Statistisches Bundesamt , Statistisches Jahrbuch 2007, S. 543 f.). Es spricht einiges dafür, dass die insbesondere für den Haushaltstyp "Paare mit Kind(ern)" festgestellten neuen Werte des Bruttoeinkommens aus unselbständiger Arbeit der in § 4 (4) des Vertrages vereinbarten Bemessungsgrundlage näher kommen als die von dem Berufungsgericht herangezogenen Werte, zumal die nach Haushaltstypen unterscheidenden Statistiken unter Ausklammerung sehr hoher Haushaltseinkommen erstellt worden sind (vgl. aaO). Zur Beurteilung der Vergleichbarkeit der verschiedenen Maßstäbe bietet es sich an, eine Auskunft des Statistischen Bundesamtes zu den tatsächlichen Grundlagen der Statistiken einzuholen (vgl. auch Senat, BGHZ 77, 188, 191). Das überlässt der Senat - ebenso wie die Ermittlung der einschlägigen Indexzahlen - dem Berufungsgericht.
13
4. Keinen Bestand haben kann schließlich die Annahme des Berufungsgerichts , das Erhöhungsverlangen sei bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2005 gerechtfertigt. Die Revision rügt zu Recht, dass den Beklagten der Hinweis darauf , das Erhöhungsschreiben vom 28. Oktober 2004 sei "weder von der Klägerin noch von einer ordnungsgemäßen Vertretung unterzeichnet", nicht nach § 531 ZPO versagt ist. Nach § 4 (4) des Vertrages unterliegt das Anpassungsverlangen der Schriftform. Die Klägerin hat mit der Klage nicht die Zusendung eines dieser Form genügenden Erhöhungsschreibens behauptet. Das der Klage als Anlage beigefügte Schreiben enthält unstreitig nur ein Handzeichen. Die Berufung auf die Unschlüssigkeit des gegnerischen Vortrags unterliegt nicht der Präklusion. Das Berufungsgericht wird daher der erst auf den Einwand der Beklagten erhobenen und unter Beweis gestellten Behauptung der Klägerin nachzugehen haben, den Beklagten sei ein von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnetes Exemplar des Erhöhungsschreibens zugegangen. Sollte sich das Berufungsgericht hiervon nicht überzeugen können, wird man die Kla- geschrift vom 22. April 2006 als erneutes Erhöhungsverlangen mit der Folge zugrunde legen müssen, dass eine Anpassung des Erbauzinses erst ab dem 1. Januar 2007 in Betracht kommt.
14
5. Das Berufungsurteil ist nach allem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

15
Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Folgendes hin.
16
1. Die Entwicklung der maßgeblichen Werte ist erst seit dem Abschluss des Vertrages im Juni 1981 zu berücksichtigen. Ob Monatswerte oder Jahresdurchschnittswerte heranzuziehen sind, ist eine Frage der - von dem Berufungsgericht insoweit unterlassenen - Vertragsauslegung (vgl. Senat, BGHZ 87, 198, 201; Urt. v. 24. April 1992, V ZR 52/91, NJW 1992, 2088). Da § 4 (4) des Vertrages hinsichtlich des Anpassungszeitpunkts, der Anpassungshäufigkeit und der ersten Anpassung auf ganze Kalenderjahre bzw. den ersten Tag eines Kalenderjahres abstellt, begegnet die Berechnung mit Jahresdurchschnittswerten zwar grundsätzlich keinen Zweifeln. Das gilt jedoch nicht für den Beginn der Betrachtung. Stellte man auch für das Jahr 1981 auf den Jahresdurchschnittswert ab, bezöge man die Indexentwicklungen von Januar bis Juni 1981 in die Berechnung der Erbbauzinsanpassung ein, obwohl die Parteien die Höhe des Erbbauzinses erst im Juni 1981 vereinbart haben. Das erscheint nicht sachgerecht.
17
2. Soweit es um die Beschränkung des vertraglichen Anpassungsanspruchs nach § 9a Abs. 1 ErbbauRG geht, hält der Senat daran fest, dass ein zutreffendes Bild der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse nur gezeichnet wird, wenn neben den Lebenshaltungskosten auch die Einkommensverhältnisse berücksichtigt werden (vgl. nur BGHZ 75, 279, 286 f.; 77, 188, 190 ff.; 77, 194, 200 f.; 87, 198; 146, 280, 286; Urt. v. 26. Februar 1988, V ZR 155/86, NJW-RR 1988, 775 f. m.w.N.). Das Niveau der Lebenshaltung, der sog. Lebensstandard , ist von der Entwicklung der Lebenshaltungskosten ebenso abhängig wie von der Einkommenssituation. Dabei kommt es lediglich darauf an, den für einen breiten Teil der Bevölkerung maßgebenden Durchschnitt zu berücksichtigen. Eine lückenlose Erfassung sämtlicher einschlägiger Daten scheidet aus.
18
a) Diesen Anforderungen genügen die bislang herangezogenen Bemessungsgrundlagen , wonach neben der Entwicklung der Lebenshaltungskosten bzw. der Verbraucherpreise mit gleicher Gewichtung auf die Entwicklung der Bruttoverdienste der Arbeiter in der Industrie sowie die Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel abzustellen ist (Senat, aaO). Daran hält der Senat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. etwa Bamberger/Roth/ Maaß, BGB, 2. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 9; Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 9a ErbbauRG Rdn. 6; MünchKomm-BGB/v. Oefele, 4. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, § 9a ErbbRVO Rdn. 7; RGRK/Räfle, BGB, 12. Aufl., § 9a ErbbVO Rdn. 13; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 8; Staudinger/Rapp, BGB [2002], § 9a ErbbVO Rdn. 7; Böttcher , Praktische Fragen des Erbbaurechts, 5. Aufl., S. 85; Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., § 9a Rdn. 22; Linde/Richter, Erbbaurecht und Erbbauzins, 3. Aufl., Rdn. 171; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts , 3. Aufl., Rdn. 6.187 ff.) fest. Das ist umso mehr gerechtfertigt, als der Index der Bruttomonatsverdienste der Angestellten seit 1995 nicht mehr auf die Industrie und den Handel beschränkt ist, sondern auch die Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern sowie das Kredit- und Versicherungsgewerbe umfasst und damit auf eine breitere Grundlage gestellt worden ist. Ob für spätere Zeiträume andere - auf der Grundlage des Verdienststatistikgesetzes seit 2007 erhobene - Werte heranzuziehen sind (vgl. auch BR-Drucks. 557/06 S. 8), bedarf hier keiner Entscheidung.
19
b) Bei der Prüfung, ob und inwieweit dem vertraglichen Erhöhungsanspruch die durch § 9a Abs. 1 ErbbauRG gezogene Billigkeitsschranke entgegensteht , sind die Monatswerte der statistischen Indices maßgeblich, die vor der Stellung des Erhöhungsverlangens zuletzt veröffentlicht wurden (Senat, BGHZ 87, 198, 201).
Krüger Klein Stresemann
Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Groß-Gerau, Entscheidung vom 30.01.2007 - 61 C 142/06 (14) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 02.04.2008 - 24 S 12/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 260/00 Verkündet am:
20. Dezember 2001
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ErbbRVO § 9
Die Anpassung des Erbbauzinses um einen anderen Betrag als im Erbbaurechtsvertrag
vereinbart ist bei einer erneuten Anpassung nur dann fortzuschreiben, wenn
der Wille der Vertragsparteien bei der vergangenen Anpassung darauf gerichtet war,
die im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte Anpassungsregelung entsprechend dem
vereinbarten Anpassungsbetrag zu ändern (Ergänzung des Senatsurteils v. 24. April
1992, V ZR 52/91, NJW 1992, 2088 f).
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001- V ZR 260/00 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. Juli 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Der Beklagte wird verurteilt, mit Wirkung ab dem 11. November 1997 (Martini) einer Erhöhung des jährlich am 11. November (Martini) im voraus zahlbaren Erbbauzinses für das Erbbaurecht an dem Grundstück der Gemarkung H./R., eingetragen im Erbbaugrundbuch von H., Grundstück Flst.Nr. 26, auf 84.000 DM zuzustimmen. Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer Reallast zu Gunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers an nächst bereiter Stelle im Erbbaugrundbuch von H., Grundstück Flst.-Nr. 26, zur Sicherung des Erbbauzinsmehrbetrages von 63.000 DM jährlich , zahlbar jeweils am 11. November (Martini) eines Jahres im voraus, beginnend mit dem 11. November 1997, mit dinglicher Wirkung ab Eintragung zu bewilligen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23. November 1971 bestellte der Kläger dem Beklagten auf die Dauer von 99 Jahren ein Erbbaurecht an einem in einem Gewerbegebiet gelegenen Grundstück von 7000 qm Größe. Der Vertrag berechtigt den Beklagten zur Bebauung des Grundstücks mit einer Lagerhalle und einem Bürogebäude mit Wohnung. Der am 11. November eines jeden Jahres im Vorhinein fällige, durch eine Reallast am Erbbaurecht gesicherte Erbbauzins wurde auf 11.500 DM vereinbart. Zu seiner Änderung heißt es im Vertrag:
"Ändern sich die wirtschaftlichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein oder hinsichtlich des Grundstückswertes in dem Maße, daß der vereinbarte Erbbauzins für den Eigentümer oder den Erbbauberechtigten nicht mehr angemessen sein sollte (hinsichtlich des Grundstückswertes um mehr als 25 %), so kann jede Partei verlangen , daß der dann angemessene Erbbauzins neu festgesetzt wird."
Mit Schreiben vom 15. August 1986 verlangte der Kläger im Hinblick auf einen Anstieg des Wertes des Grundstücks das Einverständnis des Beklagten, den Erbbauzins beginnend mit dem 11. November 1987 auf 24.500 DM jährlich zu erhöhen. Die Parteien einigten sich in der Folgezeit darauf, den Erbbauzins beginnend mit dem 11. November 1988 auf 21.000 DM jährlich zu erhöhen und das Erbbaurecht mit einer entsprechenden weiteren Reallast zu belasten. Mit der Behauptung, der Grundstückswert sei weiter gestiegen, verlangte der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 das Einverständnis des Beklagten zur Erhöhung des Erbbauzinses ab dem 11. November 1997 auf 84.000 DM jährlich. Das lehnt der Beklagte ab.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung des Erbbauzinses um 63.000 DM auf jährlich 84.000 DM, beginnend mit dem 11. November 1997, zuzustimmen und in die Eintragung einer entsprechenden Reallast einzuwilligen. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, der Erhöhung des Erbbauzinses auf jährlich 52.500 DM zuzustimmen und in die Eintragung einer weiteren Reallast einzuwilligen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, der Erhöhung des Erbbauzinses auf 55.860 DM jährlich, beginnend mit dem 11. November 1997, zuzustimmen und in die Eintragung einer Reallast in Höhe von 34.860 DM jährlich einzuwilligen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Anschluûberufung des Beklagten, mit der der Beklagte die Herabsetzung seiner Verurteilung beantragt hat, hat es zurückgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Kläger die Verurteilung des Beklagten im Umfang seiner ursprünglichen Anträge.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält das Erhöhungsverlangen nur teilweise für begründet. Es stellt fest, der Grundstückswert sei seit der zum 11.November 1988 wirksam gewordenen Erhöhung des Erbbauzinses von 90 DM/qm bis 1997 auf 240 DM/qm, mithin um 166 %, gestiegen. Damit seien die im Vertrag für eine erneute Anpassung des Erbbauzinses vereinbarten Voraussetzungen gegeben. Es meint, Maûstab der Erhöhung sei der Anstieg
des Grundstückswerts. Um das Verhältnis zwischen dem Erbbauzins und dem Grundstückswert, das der 1988 wirksam gewordenen Einigung der Parteien zugrunde gelegen habe, aufrecht zu erhalten, sei der seit dem 11. November 1988 geschuldete Erbbauzins im selben Verhältnis wie der Anstieg des Wertes des Grundstücks, beginnend mit dem 11. November 1997, um 166 % auf 55.860 DM jährlich zu erhöhen. Dieser Betrag sei durch die Eintragung einer weiteren Reallast an dem Erbbaurecht zu sichern. Ein weitergehender Anspruch des Klägers bestehe nicht.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

II.


Fehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daû die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für ein Anpassungsverlangen vorliegen.
Nicht zu beanstanden ist auch die Auslegung der Anpassungsklausel dahin, daû bei der Bestimmung des "dann angemessenen Erbbauzinses" nicht auf den im Anpassungszeitpunkt üblichen oder ortsüblichen Erbbauzins abzustellen ist, sondern auf das Ausmaû der Veränderung des Grundstückswerts mit der Möglichkeit einer Korrektur unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit. Diese Auslegung ist möglich und weist keine revisionsrechtlichen Fehler auf. Daû es sich bei der Klausel um eine revisible Allgemeine Geschäftsbedingung handeln könnte, ist in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet worden. Die insoweit erhobene Aufklärungsrüge ist unbegründet, weil für einen ent-
sprechenden gerichtlichen Hinweis in diesem Zusammenhang kein Anlaû bestand.
Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber insoweit, als es bei dem Steigerungssatz nicht von dem bei der letzten Anpassung einvernehmlich zugrunde gelegten Verkehrswert von 60 DM, sondern von dem damals tatsächlichen Verkehrswert von 90 DM ausgeht. Denn die Klausel knüpft bei den Anpassungsvoraussetzungen entsprechend der üblichen Orientierung am Bodenwert (Senatsurt. v. 16. April 1999, V ZR 37/98, WM 1999, 1715, 1716) an den letzten dem Erbbauzins zugrundegelegten Grundstückswert an. Dies muû nach der Auslegung des Berufungsgerichts dann auch für die Höhe der Anpassung gelten. Zutreffend weist das Berufungsgericht allerdings darauf hin, daû nach der Rechtsprechung des Senats bei einem nicht Wohnzwecken dienenden Erbbaurecht die Prüfung, ob seit der letzten Erhöhung des Erbbauzinses die vereinbarte Anpassungsvoraussetzung erneut eingetreten ist, nicht ein Maûstab angelegt werden darf, der überhöhte frühere Anpassungen ausgleicht (Senatsurt. v. 24. April 1992, V ZR 52/91, NJW 1992, 2088, 2089). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch immer, ob durch die letzte Anpassung der vereinbarte Anpassungsmaûstab verändert werden sollte oder nicht. Kommt der Eigentümer dem Erbbauberechtigten bei einer Anpassung einmal ausnahmsweise entgegen, indem er mit der Zahlung eines niedrigeren als dem sich aus der Anwendung des Maûstabs ergebenden Erbbauzins einverstanden ist, so hat dieses Entgegenkommen noch nicht eine Veränderung des Anpassungsmaûstabs zur Folge und kann nicht dazu führen, daû dieses einmalige Entgegenkommen fortzuschreiben wäre. Daû die Parteien hier bei der letzten Anpassung von einem Grundstückswert von nur 60 DM ausgegangen sind, beruht nach dem Vortrag des Klägers darauf, daû er sich im Rahmen
einer vergleichsweisen Regelung damit zufrieden gegeben hat, die Erhöhungsmöglichkeit nicht vollständig auszuschöpfen. Auch nach dem Vortrag des Beklagten ist der Erhöhungszins frei ausgehandelt worden. Daû dabei der vereinbarte Erhöhungsmaûstab abgeändert werden sollte, ist weder behauptet noch festgestellt worden. Dann bleibt es dabei, daû bei der nunmehr anstehenden Erhöhung nicht von dem bei der letzten Erhöhung geltenden tatsächlichen Verkehrswert von 90 DM, sondern von dem durch die Parteien einvernehmlich zugrunde gelegten Verkehrswert von 60 DM auszugehen ist. Der Vorteil aus dem Entgegenkommen bei der letzten Anpassung wird also für die Zukunft nicht fortgeschrieben, sondern aufgefangen, indem nunmehr wieder der vereinbarte Anpassungsmaûstab zur Geltung kommt. Von daher ist die Klage in vollem Umfang begründet. Denn Umstände, die eine Korrektur unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit erforderten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 71/08
Verkündet am:
31. Oktober 2008
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 2. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 9. Juni 1981 bestellte die Klägerin den Beklagten ein Erbbaurecht an ihrem Grundstück Gemarkung N. , Flur 4, Flurstück 1073, für das ein jährlicher Erbbauzins von 2.916 DM vereinbart wurde. In § 4 (4) des Vertrages heißt es u.a: "Jede Vertragspartei kann verlangen, daß die Höhe des Erbbauzinses zum 1. eines Kalenderjahres nach Ablauf von drei Jahren seit Vertragsabschluß oder seit der letzten Änderung des Erbbauzinses neu festgesetzt wird. Die erste Änderung ist frühestens zum 1. Jan. 1984 zulässig. Der Erbbauzins wird durch Einigung beider Parteien dem veränderten Stand der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt. § 315 BGB gilt entsprechend. Bei den Einigungsverhandlungen soll die Entwicklung folgender vom Statistischen Bundesamt festgestellter Werte als Richtlinien dienen: das Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit eines 4 Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen , der Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-PersonenArbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen (Basisjahr 1976 – 100). … Das Anpassungsverlangen muß schriftlich … geltend gemacht werden. Der Brief ist spätestens am 1. Nov. bei der Post aufzugeben, wenn die Änderung mit dem 1. Januar des nachfolgenden Jahres wirksam werden soll."
2
In § 4 (6) des Vertrages ist bestimmt, dass eine Erhöhung des Erbbauzinses durch Eintragung einer zusätzlichen Reallast in Höhe des Änderungsbetrages abzusichern ist.
3
Das Grundstück wurde vereinbarungsgemäß mit einem Wohnhaus bebaut. Den Erbbauzins passten die Parteien mehrmals an, zuletzt aufgrund des Erhöhungsverlangens vom 27. August 1998 auf 4.671,43 DM. Einer weiteren Erhöhung um 268,97 € mit Wirkung zum 1. Januar 2005, die die Klägerin auf der Grundlage der Indices "Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe" und der "Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel" sowie des "Indexes für die Verbraucherpreise" errechnet hatte, stimmen die Beklagten nicht zu. Sie machen insbesondere geltend, die von der Klägerin zugrunde gelegten Kriterien entsprächen nicht den vertraglich vereinbarten.
4
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zustimmung zu der genannten Anhebung und Bewilligung einer Reallast in Höhe des Änderungsbetrages. Sie stützt sich hierzu auf ein Erhöhungsverlangen vom 28. Oktober 2004. Die als Anlage zur Klageschrift eingereichte Kopie dieses Schreibens ist lediglich mit einem Handzeichen versehen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, mit der diese u.a. erstmals geltend gemacht hatten , das Schreiben vom 28. Oktober 2004 sei nicht unterschrieben, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält beide Klageansprüche für gerechtfertigt. Insbesondere habe die Klägerin ihr Erhöhungsverlangen auf zutreffende Berechnungsgrundlagen gestützt. Die vertraglich vereinbarten Indices würden nicht mehr fortgeführt. Die stattdessen von der Klägerin herangezogenen Anpassungskriterien entsprächen den Billigkeitskriterien des § 9a Abs. 1 ErbbauRG und in ihrer statistischen Aussage (weitgehend) den vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen. Der Dienstleistungssektor müsse unberücksichtigt bleiben, weil es bereits zur Zeit des Vertragsschlusses einen starken Dienstleistungssektor gegeben habe, auf den die Parteien in dem Vertrag aber gerade nicht abgestellt hätten. Das Berufungsvorbringen der Beklagten zur Unwirksamkeit des Erhöhungsschreibens vom 28. Oktober 2004 könne nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

II.

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7
1. Allerdings geht das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend davon aus, dass die durch den Fortfall der vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254), dass dabei darauf abzustellen ist, was die Parteien bei Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten und dass hierzu zunächst an die in dem Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen anzuknüpfen ist (Senat, BGHZ 81, 135, 141; BGH, Urt. v. 1. Juni 2005, VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421, 1422 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist von § 4 (4) des Vertrages auszugehen, wonach der Erbbauzins dem veränderten Stand der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen ist. Aus der Verweisung auf § 315 BGB ergibt sich, dass die Anpassung der Billigkeit entsprechen muss (dazu Senat, Urt. v. 19. Januar 2001, V ZR 217/00, NJW 2001, 1930). Die in dem Vertrag als Richtlinien genannten statistischen Werte dienen der Konkretisierung dieses Maßstabs. Daher sind die fortgefallenen Bemessungsgrundlagen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch diejenigen zu ersetzen, die den fortgefallenen Indices am nächsten kommen und die deshalb am besten geeignet sind, den in § 4 (4) des Vertrages zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragsschließenden umzusetzen (vgl. auch Reul, DNotZ 2003, 92, 97; Hülsdunk/Schnabl, ZfIR 2007, 337, 339 f.).
8
2. Gemessen daran ist es zwar revisionsrechtlich unbedenklich, wenn das Berufungsgericht die Zugrundelegung des Verbraucherpreisindexes gebilligt hat; es entspricht allgemeiner Auffassung, dass dieser dem seit 2003 nicht mehr festgestellten Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-PersonenArbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen am nächsten kommt (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254; Reul, DNotZ 2003, 92, 97; Hülsdunk/Schnabl, ZfIR 2007, 337, 340). Jedoch unterliegt das Berufungsurteil schon deshalb der Aufhebung, weil der Verbraucherpreisindex erst für die Zeit ab 1. Januar 2003 herangezogen werden darf. Erst ab diesem Zeitpunkt steht der vertraglich vereinbarte Maßstab nicht mehr zur Verfügung mit der Folge, dass eine Lücke vorliegt, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254 m.w.N.). Für die Zeit davor bleibt das vertraglich vereinbarte Bemessungskriterium verbindlich. Letzteres gilt auch mit Blick auf das zur Entwicklung der Bruttoeinkommen vereinbarte Anpassungskriterium, für das - soweit ersichtlich - statistisches Material bis einschließlich 1998 verfügbar ist. Die Ermittlung der maßgeblichen Indexzahlen ist dem Tatrichter vorbehalten (Senat, Urt. v. 12. Oktober 2007, V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251, 254 m.w.N.).
9
3. Darüber hinaus erweist sich die Heranziehung des Mittelwerts aus den Indices "Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe" und "Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel" anstelle des vertraglich für die Bemessung der Einkommensentwicklung zugrunde gelegten Kriteriums schon im rechtlichen Ausgangspunkt als rechtsfehlerhaft.
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision folgt das allerdings nicht bereits daraus, dass es nach dem Wegfall der vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlagen nur noch allein auf die Preisentwicklung ankäme. Nach § 4 (4) des Vertrages hängt die nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu treffende Anpassung des Erbbauzinses von einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Für deren Feststellung haben die Parteien ausdrücklich sowohl die Entwicklung der Preise als auch die der Einkommen für maßgeblich erachtet. Daran bleiben die Beklagten gebunden. Etwas anderes könnte sich allenfalls nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ergeben. Voraussetzung hierfür wäre eine schwerwiegende Änderung der dem Vertrag zugrunde gelegten Umstände, die das Festhalten der Beklagten an dem Vereinbarten unzumutbar machte (vgl. nur Palandt/ Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 313 Rdn. 40 f. m.w.N.). Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision verweist auf keinen Sachvortrag , der die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage tragen könnte. Im Übrigen spricht gegen einen solchen Wegfall, dass das Statistische Bundesamt noch in seiner Veröffentlichung "Löhne und Gehälter, April 2006" Einkommensindices ausdrücklich als für Erbbauzinsanpassungen geeignet bezeichnet.
11
b) Wie die Bezugnahme des Berufungsurteils auf das erstinstanzliche Urteil nahe legt, scheint das Berufungsgericht die ergänzende Vertragsauslegung an der zu § 9a Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG ergangenen Rechtsprechung ausgerichtet zu haben. Diese Vorschrift begrenzt indessen lediglich einen vertraglich vereinbarten Anpassungsanspruch. Sie setzt diesen voraus und kann daher nicht für die Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob und in welchem Umfang ein Vertrag eine Erhöhung gewährt (vgl. Senat, BGHZ 75, 279, 282 f.; Urt. v. 30. April 1982, V ZR 31/81, NJW 1982, 2382, 2383; Urt. v. 17. Oktober 1986, V ZR 267/85, WM 1986, 1475, 1477; Urt. v. 17. Oktober 1986, V ZR 268/85, WM 1987, 19, 20).
12
c) Davon abgesehen hat das Berufungsgericht bei der Billigung der von der Klägerin für die Entwicklung der Bruttoeinkommen zugrunde gelegten Indices (Mittelwert aus den Indices Bruttoverdienste der Arbeiter im produzierenden Gewerbe und Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel) nicht erwogen, dass seit 1999 Erhebungen für die Gesamtheit aller privaten Haushalte durchgeführt werden, die zwar nicht nach der Höhe des Einkommens unter- scheiden, wohl aber nach der Anzahl ihrer Mitglieder (vgl. Statistisches Bundesamt , Statistisches Jahrbuch 2007, S. 543 f.). Es spricht einiges dafür, dass die insbesondere für den Haushaltstyp "Paare mit Kind(ern)" festgestellten neuen Werte des Bruttoeinkommens aus unselbständiger Arbeit der in § 4 (4) des Vertrages vereinbarten Bemessungsgrundlage näher kommen als die von dem Berufungsgericht herangezogenen Werte, zumal die nach Haushaltstypen unterscheidenden Statistiken unter Ausklammerung sehr hoher Haushaltseinkommen erstellt worden sind (vgl. aaO). Zur Beurteilung der Vergleichbarkeit der verschiedenen Maßstäbe bietet es sich an, eine Auskunft des Statistischen Bundesamtes zu den tatsächlichen Grundlagen der Statistiken einzuholen (vgl. auch Senat, BGHZ 77, 188, 191). Das überlässt der Senat - ebenso wie die Ermittlung der einschlägigen Indexzahlen - dem Berufungsgericht.
13
4. Keinen Bestand haben kann schließlich die Annahme des Berufungsgerichts , das Erhöhungsverlangen sei bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2005 gerechtfertigt. Die Revision rügt zu Recht, dass den Beklagten der Hinweis darauf , das Erhöhungsschreiben vom 28. Oktober 2004 sei "weder von der Klägerin noch von einer ordnungsgemäßen Vertretung unterzeichnet", nicht nach § 531 ZPO versagt ist. Nach § 4 (4) des Vertrages unterliegt das Anpassungsverlangen der Schriftform. Die Klägerin hat mit der Klage nicht die Zusendung eines dieser Form genügenden Erhöhungsschreibens behauptet. Das der Klage als Anlage beigefügte Schreiben enthält unstreitig nur ein Handzeichen. Die Berufung auf die Unschlüssigkeit des gegnerischen Vortrags unterliegt nicht der Präklusion. Das Berufungsgericht wird daher der erst auf den Einwand der Beklagten erhobenen und unter Beweis gestellten Behauptung der Klägerin nachzugehen haben, den Beklagten sei ein von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnetes Exemplar des Erhöhungsschreibens zugegangen. Sollte sich das Berufungsgericht hiervon nicht überzeugen können, wird man die Kla- geschrift vom 22. April 2006 als erneutes Erhöhungsverlangen mit der Folge zugrunde legen müssen, dass eine Anpassung des Erbauzinses erst ab dem 1. Januar 2007 in Betracht kommt.
14
5. Das Berufungsurteil ist nach allem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

15
Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Folgendes hin.
16
1. Die Entwicklung der maßgeblichen Werte ist erst seit dem Abschluss des Vertrages im Juni 1981 zu berücksichtigen. Ob Monatswerte oder Jahresdurchschnittswerte heranzuziehen sind, ist eine Frage der - von dem Berufungsgericht insoweit unterlassenen - Vertragsauslegung (vgl. Senat, BGHZ 87, 198, 201; Urt. v. 24. April 1992, V ZR 52/91, NJW 1992, 2088). Da § 4 (4) des Vertrages hinsichtlich des Anpassungszeitpunkts, der Anpassungshäufigkeit und der ersten Anpassung auf ganze Kalenderjahre bzw. den ersten Tag eines Kalenderjahres abstellt, begegnet die Berechnung mit Jahresdurchschnittswerten zwar grundsätzlich keinen Zweifeln. Das gilt jedoch nicht für den Beginn der Betrachtung. Stellte man auch für das Jahr 1981 auf den Jahresdurchschnittswert ab, bezöge man die Indexentwicklungen von Januar bis Juni 1981 in die Berechnung der Erbbauzinsanpassung ein, obwohl die Parteien die Höhe des Erbbauzinses erst im Juni 1981 vereinbart haben. Das erscheint nicht sachgerecht.
17
2. Soweit es um die Beschränkung des vertraglichen Anpassungsanspruchs nach § 9a Abs. 1 ErbbauRG geht, hält der Senat daran fest, dass ein zutreffendes Bild der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse nur gezeichnet wird, wenn neben den Lebenshaltungskosten auch die Einkommensverhältnisse berücksichtigt werden (vgl. nur BGHZ 75, 279, 286 f.; 77, 188, 190 ff.; 77, 194, 200 f.; 87, 198; 146, 280, 286; Urt. v. 26. Februar 1988, V ZR 155/86, NJW-RR 1988, 775 f. m.w.N.). Das Niveau der Lebenshaltung, der sog. Lebensstandard , ist von der Entwicklung der Lebenshaltungskosten ebenso abhängig wie von der Einkommenssituation. Dabei kommt es lediglich darauf an, den für einen breiten Teil der Bevölkerung maßgebenden Durchschnitt zu berücksichtigen. Eine lückenlose Erfassung sämtlicher einschlägiger Daten scheidet aus.
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a) Diesen Anforderungen genügen die bislang herangezogenen Bemessungsgrundlagen , wonach neben der Entwicklung der Lebenshaltungskosten bzw. der Verbraucherpreise mit gleicher Gewichtung auf die Entwicklung der Bruttoverdienste der Arbeiter in der Industrie sowie die Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel abzustellen ist (Senat, aaO). Daran hält der Senat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. etwa Bamberger/Roth/ Maaß, BGB, 2. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 9; Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 9a ErbbauRG Rdn. 6; MünchKomm-BGB/v. Oefele, 4. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, § 9a ErbbRVO Rdn. 7; RGRK/Räfle, BGB, 12. Aufl., § 9a ErbbVO Rdn. 13; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 9a ErbbauVO Rdn. 8; Staudinger/Rapp, BGB [2002], § 9a ErbbVO Rdn. 7; Böttcher , Praktische Fragen des Erbbaurechts, 5. Aufl., S. 85; Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., § 9a Rdn. 22; Linde/Richter, Erbbaurecht und Erbbauzins, 3. Aufl., Rdn. 171; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts , 3. Aufl., Rdn. 6.187 ff.) fest. Das ist umso mehr gerechtfertigt, als der Index der Bruttomonatsverdienste der Angestellten seit 1995 nicht mehr auf die Industrie und den Handel beschränkt ist, sondern auch die Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern sowie das Kredit- und Versicherungsgewerbe umfasst und damit auf eine breitere Grundlage gestellt worden ist. Ob für spätere Zeiträume andere - auf der Grundlage des Verdienststatistikgesetzes seit 2007 erhobene - Werte heranzuziehen sind (vgl. auch BR-Drucks. 557/06 S. 8), bedarf hier keiner Entscheidung.
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b) Bei der Prüfung, ob und inwieweit dem vertraglichen Erhöhungsanspruch die durch § 9a Abs. 1 ErbbauRG gezogene Billigkeitsschranke entgegensteht , sind die Monatswerte der statistischen Indices maßgeblich, die vor der Stellung des Erhöhungsverlangens zuletzt veröffentlicht wurden (Senat, BGHZ 87, 198, 201).
Krüger Klein Stresemann
Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Groß-Gerau, Entscheidung vom 30.01.2007 - 61 C 142/06 (14) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 02.04.2008 - 24 S 12/07 -

(1) Dient das auf Grund eines Erbbaurechts errichtete Bauwerk Wohnzwecken, so begründet eine Vereinbarung, daß eine Änderung des Erbbauzinses verlangt werden kann, einen Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses nur, soweit diese unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht unbillig ist. Ein Erhöhungsanspruch ist regelmäßig als unbillig anzusehen, wenn und soweit die nach der vereinbarten Bemessungsgrundlage zu errechnende Erhöhung über die seit Vertragsabschluß eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. Änderungen der Grundstückswertverhältnisse bleiben außer den in Satz 4 genannten Fällen außer Betracht. Im Einzelfall kann bei Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

1.
einer Änderung des Grundstückswerts infolge eigener zulässigerweise bewirkter Aufwendungen des Grundstückseigentümers oder
2.
der Vorteile, welche eine Änderung des Grundstückswerts oder die ihr zugrunde liegenden Umstände für den Erbbauberechtigten mit sich bringen,
ein über diese Grenze hinausgehender Erhöhungsanspruch billig sein. Ein Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses darf frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit Vertragsabschluß und, wenn eine Erhöhung des Erbbauzinses bereits erfolgt ist, frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit der jeweils letzten Erhöhung des Erbbauzinses geltend gemacht werden.

(2) Dient ein Teil des auf Grund des Erbbaurechts errichteten Bauwerks Wohnzwecken, so gilt Absatz 1 nur für den Anspruch auf Änderung eines angemessenen Teilbetrags des Erbbauzinses.

(3) Die Zulässigkeit einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Erhöhung des Erbbauzinses wird durch die vorstehenden Vorschriften nicht berührt.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.