Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2011 - IX ZR 100/10

bei uns veröffentlicht am07.07.2011
vorgehend
Landgericht Koblenz, 3 O 510/08, 19.06.2009
Oberlandesgericht Koblenz, 2 U 907/09, 27.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 100/10
Verkündet am:
7. Juli 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Frage der Inkongruenz von Verrechnungen im debitorischen Bankenkontokorrent
kann bei der Anfechtung von Rechtshandlungen innerhalb des zweiten oder
dritten Monats vor der Insolvenzantragstellung für den gesamten Anfechtungszeitraum
nur einheitlich beantwortet werden. Wird das Kontokorrent nicht vorher gekündigt
, läuft der Anfechtungszeitraum bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - IX ZR 100/10 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 5.051,57 € nebst anteiligen Zinsen abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Schuldnerin nahm vor Stellung eines Eigenantrags bei der beklagten Sparkasse ungekündigten Überziehungskredit in Anspruch, dessen Betragsgrenze bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. November 2005 nicht überschritten wurde. Im dritten Monat vor der Antragstellung verringerte sich die Überziehung um 5.862,02 €, im zweiten Monat um weitere 62.374,88 €, im letzten Monat erhöhte sie sich wieder um 63.185,33 €. Mit seiner Klage verlangt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin den Rückführungs- betrag des Überziehungskredits aus dem zweiten und dritten Monat vor Antragsstellung von zusammen 68.236,90 € nebst Zinsen zur Masse.
2
Mit diesem Antrag ist der Kläger in beiden Tatsacheninstanzen unterlegen. Eingeschlossen darin war der Betrag von 5.051,57 €, der bei Insolvenzeröffnung als Kreditrückführung verblieb. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag mit Haupt- und Hilfsbegründung weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist nur zum kleineren Teil begründet und die Sache in diesem Umfang noch nicht zur Endentscheidung reif.

I.


4
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZInsO 2010, 1287 ff (mit Anmerkung Stiller, aaO 2011, 87 f) abgedruckt ist, hat angenommen, die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen im Bankkontokorrent seien kongruent und als Bargeschäft der Anfechtung entzogen. Anders liege es nur bei dem Betrag von 5.051,57 €, um den das Kontokorrent innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist insgesamt zurückgeführt worden sei. Dieser Hilfsanspruch sei mit der Klage aber nicht erhoben worden. Dagegen wendet sich die Revision mit Sach- und Verfahrensrügen. Mit Ausnahme des letztgenannten Punktes hat sie keinen Erfolg.

II.


5
Mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Einstellung der Gutschriften in das Sparkassenkontokorrent und die Verrechnungen der Beklagten innerhalb des Kontokorrents nicht als nach § 131 Abs. 1 InsO inkongruent gewertet.
6
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden (BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 133 letzter Absatz der Entscheidung; Beschluss vom 6. April 2006 - IX ZR 107/05, juris Rn. 9; Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, NZI 2008, 184 Rn. 17; zur Möglichkeit betragsmäßiger Abspaltungen siehe auch Kayser, FS Gero Fischer 2008 S. 267, 275). Demgegenüber führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, NZI 2008, 175 Rn. 6; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08, NZI 2009, 436 Rn. 8 f.).
7
2. Von den genannten Grundsätzen geht auch die Revision aus. Sie beanstandet indes, als Anfechtungszeitraum im Sinne dieser Rechtsprechung sei entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht der gesetzliche Zeitrahmen der besonderen Insolvenzanfechtung zu verstehen, sondern die zeitlichen Grenzen der Anfechtungstatbestände des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einerseits - der letzte Monat vor der Antragstellung und die Zeit danach - und der § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO andererseits - der zweite und dritte Monate vor dem Eröffnungsantrag. Das ist rechtlich nicht richtig.
8
3. Der Senat hat allerdings für die Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Prüfung der Gläubigerbenachteiligung und der Kongruenz der sie bewirkenden Kontokorrentverrechnungen auf den hier maßgebenden Handlungszeitraum - den letzten Monat vor der Antragstellung oder die Zeit danach - beschränkt (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 17). Denn eine vorangegangene Rechtshandlung oder Gläubigerbenachteiligung ist für diesen Anfechtungstatbestand ohne Bedeutung. Werden Rechtshandlungen dagegen nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 InsO angefochten, kann eine drohende Inkongruenz von Verrechnungen durch die Weiterentwicklung des Kontokorrents im letzten Monat vor der Antragstellung oder danach noch behoben werden. Eine Gläubigerbenachteiligung wäre nicht mehr gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3, § 143 Abs. 1 InsO wegen inkongruenter Deckung zu beseitigen, wenn das Kontokorrent zur Zeit der Kündigung oder der Verfahrenseröffnung einen ebenso hohen oder höheren Schuldsaldo aufgewiesen hätte wie zu Beginn des Anfechtungszeitraums. Bis dahin fehlt es für die Kongruenzprüfung an einem abgeschlossenen Gläubigerverhalten. Die Frage des Bargeschäfts nach § 142 InsO und der hierbei vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der Kontobewegungen spielt für die Kongruenzbeurteilung keine Rolle. Denn das Bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt. Ein Analogieschluss, die zeitliche Deckung müsse sich in den Fällen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO genauso ergeben wie nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, widerspricht dem Sinn des Gesetzes.
9
Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die von Klage und Revision vertretene Gesetzesauslegung willkürlichen Ergebnissen Tür und Tor öffnen würde. Ebenso wie der höchste zwischenzeitliche Sollstand bei der besonderen Insolvenzanfechtung von Verrechnungen im Bankenkontokorrent innerhalb des Anfechtungszeitraums außer Betracht zu bleiben hat (BGH, Urteil vom 15. November 2007 aaO Rn. 16 f.; Beschluss vom 27. März 2008 - IX ZR 29/07, juris Rn. 4), so gilt dies auch für den niedrigsten erreichten Zwischenstand.
10
4. Weil die Beklagte in Höhe von 63.185,33 € eine kongruente Deckung erlangt hat, ist die allein auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Klage, Voraussetzungen des § 130 InsO sind nicht vorgetragen, in diesem Umfang nebst der darauf entfallenden Zinsen unbegründet.

III.


11
Fehlerhaft ist das Berufungsurteil, soweit es die Klage darüber hinaus in vollem Umfang abgewiesen hat, weil der Kläger angeblich die inkongruente Kreditrückführung von 5.051,57 € innerhalb des Anfechtungszeitraums nicht geltend gemacht habe. Das Landgericht hat diese Hilfsbegründung als Hilfsanspruch auch wegen Verjährung nach § 146 InsO abgewiesen. Beides trifft nicht zu.
12
Ein selbständig verjährender Hilfsanspruch in Höhe von 5.051,57 € liegt schon deshalb nicht vor, weil er nicht auf die Beseitigung einer anderen Gläubigerbenachteiligung gerichtet ist als die vom Kläger sonst erstrebte Verurteilung. Da insoweit die nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Schlüssigkeit führenden Tatsachen vorgetragen sind, ist die Klage auch hierauf gestützt. In der Sache selbst ist der Rechtsstreit in diesem Umfang noch nicht spruchreif, weil Feststellungen zur streitigen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum fehlen.
Kayser Raebel Pape Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.06.2009 - 3 O 510/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 27.05.2010 - 2 U 907/09 -

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Insolvenzordnung - InsO | § 130 Kongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, we

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 131 Inkongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

Insolvenzordnung - InsO | § 142 Bargeschäft


(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner un

Insolvenzordnung - InsO | § 146 Verjährung des Anfechtungsanspruchs


(1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. (2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Lei

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

9
2. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats ist die Frage der Inkongruenz für den Zeitraum der Anfechtbarkeit einheitlich zu beantworten. Denn für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO kommt es auf den Betrag an, um den die verrechneten Einzahlungen in diesem Zeitraum die Auszahlungen überstiegen (BGHZ 150, 122, 127). Allein in diesem Umfang hat auch hier die Beklagte die Schuldnerin letztlich nicht wieder über die Eingänge verfügen lassen. Unerheblich ist, dass der Sollstand auf dem Konto der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum - am 30. Juni 2004 - einen Betrag in Höhe von 150.316,52 € erreichte. Entsprechend verhielt es sich auch in dem bereits mehrfach angeführten Urteil des Senats vom 7. März 2002 (BGHZ 150, 122, 133); der Senat hat gleichwohl die Abweisung der Klage gebilligt. Hierdurch werden entgegen der Auffassung des Klägers die dem höchsten Sollstand zeitlich vorausgehenden Kontobewegungen nicht unmaßgeblich. Der Kläger übersieht, dass es für die Inkongruenz der Verrechnungen nicht auf den höchsten erreichten Sollstand ankommt, sondern allein darauf, ob die Bank ihren Pflichten aus der Giro- und der Kontokorrentabrede nachgekommen ist. Etwas anderes besagt auch nicht die Bemerkung, mit welcher der Senat (aaO) seine Ausführungen zur Einordnung eines Bargeschäfts abgeschlossen hat. Dies erschließt sich aus dem Zusammenhang ohne weiteres.
6
Die Anfechtung von Verrechnungen, welche eine Bank im Rahmen eines dem Schuldner eingeräumten Kontokorrentkredites vornimmt, ist jedoch nur solange und so weit gemäß § 142 InsO eingeschränkt, wie die Entgegennahme der Leistungen durch die Duldung von Verfügungen ausgeglichen wird, die der Bankkunde zur Tilgung der Forderungen von Fremdgläubigern trifft. Belastungsbuchungen , die eigene Forderungen der Bank betreffen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BGHZ 150, aaO S. 128; BGH, Urt. v. 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576; v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1577; Beschl. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 46/02, NZI 2005, 630).
8
a) In kritischer Zeit vorgenommene Verrechnungen eines Kreditinstituts von Ansprüchen seines Kunden aus Gutschriften aufgrund von Überweisungen mit Forderungen, die dem Institut gegen den Kunden aus der in Anspruch genommenen Kreditlinie eines Kontokorrentkredits zustehen, können nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar und deshalb nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig sein. Welche Norm eingreift, hängt davon ab, ob - etwa wegen Kündigung des Kreditvertrages - ein Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits fällig ist oder nicht (BGHZ 171, 38, 41 f Rn. 10). Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines Kreditkontos zu verrechnen und dadurch ihre eigene Forderung zu befriedigen, besteht nur dann, wenn sie zum jeweiligen Zeitpunkt der Verrechnung Rückzahlung des Kredits verlangen kann.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

(2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.