Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2015 - IV ZR 493/14

bei uns veröffentlicht am22.04.2015
vorgehend
Amtsgericht Braunschweig, 115 C 1928/10, 09.02.2011
Landgericht Braunschweig, 7 S 136/11, 24.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR493/14 Verkündet am:
22. April 2015
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen
Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 25. März 2015eingereicht
werden konnten,

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 24. August 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2.280,01 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
2
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 2000 abgeschlossen. Im Oktober 2005 kündigte d. VN den Vertrag; der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 28. April 2010 erklärte d. VN schließlich den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.
3
Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf die Verträge geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 2.280,01 €.
4
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag unwirksam. Die Versicherungsbedingungen seien vor Antragstellung nicht übermittelt worden. Eine Belehrung über das Widerspruchsrecht sei bei oder nach Vertragsschluss nicht hinreichend überreicht worden. Die Widerrufsfrist des § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. sei mangels Belehrung nicht in Gang gesetzt worden. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können. Wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht sei der Versicherer nach den Grundsätzen des Verschuldens beim Vertragsschlusszum Schadensersatz verpflichtet.
5
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat keinen Erfolg.

7
I. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Versicherungsvertrag im so genannten Policenmodell nach § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) oder im so genannten Antragsmodell abgeschlossen wurde. D. VN habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Prämien aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus einem anderen Rechtsgrund. Dem stehe jedenfalls Verwirkung entgegen. Für einen - in den Vorinstanzen noch geltend gemachten - Auskunftsanspruch über den Rückkaufswert fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Der Vortrag der Beklagten zum Verkauf/zur Abtretung an die p. AG sei in zweiter Instanz mangels jedweden Gegenvortrags von Klägerseite unstreitig. Da d. VN schon deshalb keine eigenen Leistungsansprüche mehr haben könne, gebe es auch keinen Auskunftsanspruch.
8
II. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision greifen schon deshalb nicht durch, weil sie auf entsprechenden Hinweis des Senats die Voraussetzungen der - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 2011 - II ZR 197/09, NJW 2011, 2581 Rn. 10; vom 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, WM 2008, 1615 Rn. 12; jeweils m.w.N.) - Prozessführungsbefugnis d. VN nicht dargetan hat. Das Berufungsgericht hat den Verkauf und die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung an die p. AG als unstreitig festgestellt. Diese tatbestandliche Feststellung ist im Revisionsverfahren bindend , nachdem ein Tatbestandsberichtigungsantrag im Berufungsverfahren nicht gestellt worden ist. Dass d. VN im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt ist, die abgetretene Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, hat die Revision nicht dargetan.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 09.02.2011- 115 C 1928/10 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 24.08.2012- 7 S 136/11 -

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2011 - II ZR 197/09

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 197/09 Verkündet am: 12. April 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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10
1. Die Prozessführungsbefugnis (§ 51 ZPO) ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage (BGH, Urteil vom 29. November 1961 - V ZR 181/60, BGHZ 36, 187, 191 f.; Urteil vom 22. Januar 1987 - III ZR 26/85, BGHZ 99, 344, 347; Urteil vom 19. März 1987 - II ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 219; Urteil vom 18. Oktober 1995 - I ZR 126/93, BGHZ 131, 90, 91) und in jeder Lage des Verfahrens - auch in der Revisionsinstanz - von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1959 - V ZR 197/58, BGHZ 31, 279, 281 ff.; Urteil vom 24. Februar 1994 - VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 200; Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, ZIP 2000, 149; Urteil vom 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 Rn. 12 m.w.N.). Die Tatsachen, aus denen sich die Prozessführungsbefugnis ergibt, müssen dabei grundsätzlich spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgele- gen haben (BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, ZIP 2000, 149, 150).