Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2009 - IV ZR 47/09

bei uns veröffentlicht am30.09.2009
vorgehend
Landgericht Hechingen, 1 O 168/07, 12.11.2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 10 U 220/07, 17.02.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 47/09 Verkündetam:
30.September2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB f. Feuervers.; BGB §§ 305c, 307 Abs. 18 Bk
Eine Klausel in der Neuwertversicherung, wonach Versicherungswert der Zeitwert
der versicherten Sache ist, wenn dieser weniger als 40% des Neuwerts beträgt (sog.
Entwertungsgrenze), ist wirksam.
BGH, Urteil vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09 - OLG Stuttgart
LG Hechingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 30. September
2009

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
I. Der Kläger und sein Bruder, für den er Prozessstandschafter ist, unterhalten für ihren landwirtschaftlichen Betrieb bei der Beklagten eine Inhaltsversicherung gegen das Risiko "Feuer". Der Versicherungsschein weist eine Versicherung zum Neuwert aus.
2
Versicherungsverhältnis Dem liegen die Verbundenen Versicherungsbedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe (VLS 2003) Teil A und B zugrunde. Teil B lautet auszugsweise wie folgt: § 1 Versicherte und nicht versicherte Sachen 1. Bewegliche Sachen
a) Versichert sind die im Versicherungsvertrag bezeichneten beweglichen Sachen, soweit der Versicherungsnehmer Eigentümer ist oder diese unter Eigentumsvorbehalt erworben hat.
b) Bewegliche Sachen sind aa) die kaufmännische Betriebseinrichtung und die technische Betriebseinrichtung (einschließlich dazu gehöriger Fundamente und Einmauerungen ) jedoch ohne Zugmaschinen, und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, … § 12 Versicherungswert 1. Betriebseinrichtung Versicherungswert der kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtung … ist
a) der Neuwert; Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen ; maßgebend ist der niedrigere Betrag;
b) der Zeitwert; falls er weniger als 40% des Neuwerts beträgt oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist; der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad und das Alter bestimmten Zustand;
c) der gemeine Wert, soweit die Sache für ihren Zweck allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden ist; gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis für die Sache oder für das Altmaterial.
§ 14 Entschädigungsberechnung, Versicherungssumme, Unterversicherung, Versicherung auf erstes Risiko 1. Entschädigungsberechnung
a) Ersetzt werden aa) bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert (siehe § 12) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; bb) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer durch den Versicherungsfall entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. … 5. Neuwertanteil
a) Ist der Neuwert (siehe § 12 Nr. 1 a) der Versicherungswert , so erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden (siehe b) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird …, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wieder zu beschaffen oder um die beschädigten Sachen wieder herzustellen. …"
3
§ 12 VLS 2003 entspricht nach seinem hier wesentlichen Inhalt § 5 AFB 87; § 14 Nr. 1, 5 VLS 2003 dem § 11 Nr. 1, 5 AFB 87.
4
Am 9. März 2007 wurde ein Dosierladewagen (Baujahr 1978) infolge eines Brandes beschädigt und nachfolgend durch einen neuen landwirtschaftlichen Anhänger ersetzt. Die Beklagte erbrachte angesichts des Alters des Dosierladewagens auf Basis des Zeitwertes eine Versicherungsleistung in Höhe von 2.500 €. Der Kläger strebt eine Regulierung zum Neuwert an.
5
Landgericht Das hat die auf Zahlung von 19.500 € und weiterer 1.053,60 € wegen vorgerichtlicher Auslagen - jeweils zuzüglich Zinsen - gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte in Höhe von 18.442,53 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,20 € zuzüglich Zinsen Erfolg. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Dieses hat ausgeführt: Die Beklagte schulde aus dem Versicherungsverhältnis den Ersatz auf Neuwertbasis, ohne dass es auf weitere Parteiabsprachen ankomme. Die - kontrollfähige - Klausel in § 12 Nr. 1b VLS 2003, wonach auch bei einer zum Neuwert abgeschlossenen Versi- cherung der Zeitwert maßgeblich sei, wenn dieser - wie beim Dosierladewagen - weniger als 40% des Neuwerts betrage, sei aufgrund ihrer konkreten Stellung und Formulierung überraschend i.S. des § 305c BGB und zudem intransparent i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Kläger habe sich ausdrücklich für eine Neuwertversicherung entschieden, wobei der Alternative "zum Neuwert" als Versicherungswert im Versicherungsantrag die Alternative "zum Zeitwert" gegenübergestellt sei, so dass der Versicherungsnehmer insoweit wählen könne. Zwar könne eine Zeitwertklausel in einer Neuwertversicherung vereinbart werden und sei auch durchaus üblich, ohne dass der Versicherungsnehmer dadurch i.S. des § 307 Abs. 2 BGB unangemessen benachteiligt werde. Sie sei aber keineswegs zwingend, zumal § 55 VVG (a.F.) den Anspruch auf die Neuwertentschädigung nicht an eine Entwertungsgrenze binde. Das müsse dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer indes nicht bekannt sein. Er dürfe grundsätzlich davon ausgehen, dass die - mit einer höheren Prämie verbundene - Zusage des Neuwerts im Vertragstext auch grundsätzlich bedeute, dass der Neuwert geschuldet sei. Hier stelle sich die Struktur des § 12 VLS 2003 wegen des Überschriftcharakters des Begriffes "Neuwert" in § 12 Nr. 1a in Verbindung mit der dem Versicherungsnehmer zuvor eingeräumten Wahlmöglichkeit zwischen Neuwert und Zeitwert so dar, dass eine Person, die einen Neuwertvertrag geschlossen habe, keinen Anlass habe, nach Ende des Buchstabens a noch weiter zu lesen. Die Regelung zum letztlich doch auf den Zeitwert herabgestuften Neuwert in Nr. 1b befinde sich an einer Stelle, an der derjenige, der eine nach dem Vertragsformular uneingeschränkte Neuwertversicherung abgeschlossen habe, sie nicht erwarten müsse. Sie sei ihm gegenüber, weil der Buchstabe a der Klausel keinerlei textliche Verbindung zum Buchstaben b aufweise, versteckt. Er habe, auch wenn er grundsätzlich verpflichtet sei, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt wahrzu- nehmen, keinen Grund, diesen Absatz zu lesen. Zudem verweise § 14 Nr. 5a für den Neuwert nur auf § 12 Nr. 1a und gerade nicht auch auf den Fall des § 12 Nr. 1b, der bei der Neuwertversicherung den Zeitwert zum Versicherungswert mache. Schließlich erweise sich die Klausel als intransparent, denn sie sei durch ihre konkrete Platzierung geeignet, einen Durchschnittskunden im Glauben an eine bessere Leistung zum Abschluss einer teureren Versicherung zu verleiten, obwohl er durch den Abschluss der günstigeren Zeitwertversicherung bei älteren Gegenständen von vornherein die gleiche Leistungspflicht der Versicherung erzielen könne.
8
Zahlungsverpflichtung Die der Beklagten richte sich damit ausschließlich nach § 12 Nr. 1a VLS 2003. Im Hinblick auf § 14 Nr. 1a bb seien dies die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 20.942,53 € netto abzüglich bereits geleisteter 2.500 € netto.
9
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Der Kläger und sein Bruder haben bei der Beklagten grundsätzlich eine Versicherung zum Neuwert abgeschlossen. Die Versicherungsbedingungen sehen allerdings eine so genannte Entwertungsgrenze vor, und zwar dann, wenn der Zeitwert weniger als 40% des Neuwerts beträgt. In diesem Falle ist Versicherungswert ausschließlich der Zeitwert, ohne dass sich daraus die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken ergeben.
11
Das 2. Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass der Neuwert als Versicherungswert vereinbart werden kann (vgl.
schon BGHZ 103, 228, 232 ff.). Ein Verstoß gegen das Bereicherungsverbot im Sinne eines allgemeinen und zwingenden, die Neuwertversicherung einschränkenden Rechtssatzes ist darin nicht zu sehen. Feste Entwertungsgrenzen oder Entwertungsgrenzen überhaupt lassen sich nicht aufstellen; diese sind insbesondere § 55 VVG a.F. nicht zu entnehmen (grundlegend Senat in BGHZ 137, 318, 323 ff.; 147, 212, 216; Senatsurteil vom 24. April 1996 - IV ZR 71/95 - VersR 1996, 845 unter II 2 b).
12
Maßgeblich ist vielmehr allein das konkrete Leistungsversprechen des Versicherers, das hier auf eine Versicherung zum Neuwert gerichtet ist und an dem er sich festhalten lassen muss. Das bedeutet indes nicht, dass der Versicherer bei einer solchen Versicherung seine Interessen , die vor allem in der Begrenzung des subjektiven Risikos liegen, nicht dennoch - wie seitens der Beklagten geschehen - durch die Vereinbarung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen mit bestimmten Entwertungsgrenzen und/oder Wiederherstellungsklauseln wahren kann (BGHZ 137 aaO, 327 f.).
13
Die 3. mit dem Kläger und seinem Bruder vereinbarte Entwertungsgrenze stellt dabei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine überraschende Klausel dar und ist wirksam Vertragsbestandteil geworden. Eine überraschende Klausel i.S. des § 305c BGB ist allein dann anzunehmen, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muss eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (vgl. Senatsurteile vom 6. Dezember 1995 - IV ZR 363/94 - VersR 1996, 322 unter 2 a; vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 3 a; vom 19. Mai 2004 - IV ZR 176/03 - juris unter II 3 a; vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 141/03 - VersR 2005, 64 unter II 2 a; vom 18. Februar 2009 - IV ZR 11/07 - VersR 2009, 623 Tz. 18).
14
Davon ist für § 12 Nr. 1a VLS 2003 i.V. mit § 14 Nr. 1a VLS 2003 nicht auszugehen.
15
a) In § 1 Nr. 1a VLS 2003 verspricht die Beklagte zunächst Versicherungsschutz für alle beweglichen Sachen, soweit der Versicherungsnehmer Eigentümer ist oder diese unter Eigentumsvorbehalt erworben hat. Zu diesen beweglichen Sachen gehört nach § 1 Nr. 1b VLS 2003 neben der kaufmännischen Betriebseinrichtung auch die technische Betriebseinrichtung. Die Beklagte leistet für die danach versicherten Sachen eine Entschädigung, wenn diese durch die versicherte Gefahr "Feuer" zerstört oder beschädigt worden sind (Versicherungsfall), wie der Versicherungsnehmer § 3 Nr. 1a i.V. mit § 4 VLS 2003 entnehmen kann.
16
Wie b) sich nach Eintritt eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalles die Entschädigung im Einzelnen berechnet, erfährt der Versicherungsnehmer aus § 14 Nr. 1 VLS 2003. Dabei wird zwischen zerstörten bzw. abhanden gekommenen und beschädigten Sachen unterschieden. Für zerstörte Sachen ist der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles maßgeblich, wobei in § 14 Nr. 1a aa auf § 12 VLS 2003 Bezug genommen wird, der mit "Versicherungswert" überschrieben ist. Bei beschädigten Sachen sind die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles bestimmend; diese werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. Das ergibt sich aus § 14 Nr. 1a bb VLS 2003, wobei in der Klausel ebenfalls vom "Versicherungswert" die Rede ist, wenn auch nicht nochmals (ausdrücklich) auf § 12 VLS 2003 verwiesen wird, den der Versicherungsnehmer jedoch bei Durchsicht der Versicherungsbedingungen und in Verbindung mit der Lektüre des § 14 Nr. 1a aa VLS 2003 unmittelbar zuvor zur Kenntnis genommen hat. Er erkennt in jedem Fall, dass Ausgangspunkt bzw. Obergrenze der Entschädigung der "Versicherungswert" ist.
17
c) Für ihn rückt damit § 12 VLS 2003 in den Mittelpunkt der Betrachtung , der die Überschrift "Versicherungswert" trägt. Beschäftigt sich der Versicherungsnehmer mit dem Inhalt des § 12 VLS 2003, so erschließt sich ihm ohne Weiteres, dass als Versicherungswert für die kaufmännische und technische Betriebseinrichtung der Neuwert (Buchst. a), der Zeitwert (Buchst. b) oder der gemeine Wert (Buchst. c) in Betracht kommen kann. Gemeinsamer Oberbegriff, der in den weiteren Versicherungsbedingungen - so in § 14 VLS 2003 - in Bezug genommen wird, ist allein der "Versicherungswert" und nicht, wie das Berufungsgericht meint, der "Neuwert", der lediglich den Buchst. a schlagwortartig einleitet. Es besteht daher für den Versicherungsnehmer schon deshalb keine Veranlassung, die Lektüre des § 12 Nr. 1 VLS 2003 beim Buchst. a abzubrechen und den Rest der Klausel, die den "Versicherungswert" insgesamt näher erläutert, nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen, und zwar auch dann nicht, wenn er - wie hier - mit dem Versicherer eine Neuwertversicherung vereinbart hat. Denn die Alternativen, die sich unter den Buchst. a, b und c zur Ausfüllung des Begriffes des "Versicherungswertes" finden, lassen für den verständigen Versicherungsnehmer erkennen, dass für den Versicherungswert, den die Entschädigungsberechnung zur Grundlage nimmt, zwar grundsätzlich der Neuwert maßgeblich ist, dies aber nicht ausnahmslos der Fall sein muss, anderenfalls der Begriff "Versicherungswert" als Oberbegriff für Neuwert, Zeitwert und gemeinen Wert keine eigenständige Bedeutung behielte. Der Versicherungsnehmer erhält entsprechend dem Versprechen des Versicherers, ihm eine Versicherung "zum Neuwert" zu bieten, regelmäßig den Neuwert oder die Reparaturkosten bis zur Höhe des Neuwertes ersetzt. Dem ist in Buchst. b lediglich insoweit eine Entwertungsgrenze gesetzt, als durch die zerstörte oder beschädigte Sache 40% des Neuwerts nicht erreicht werden; in diesem Fall kommt es auf den Zeitwert an. Der Versicherungsnehmer realisiert zudem spätestens an dieser Stelle, dass die Entwertungsgrenze sich ausschließlich auf eine vereinbarte Neuwertversicherung bezieht, denn im Anschluss an die Formulierung "falls er weniger als 40% des Neuwertes beträgt" heißt es "oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist"; Neuwert und Zeitwert werden hier ausdrücklich einander gegenübergestellt.
18
d) Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausführt, Zeitwertregeln seien nur bei einer "entsprechenden räumlichen Struktur" der Versicherungsbedingungen anzuerkennen, und zur Veranschaulichung auf die Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe (NwlG 80) verweist, so übersieht es dabei, dass die NwlG 80 in Entsprechung zu § 12 VLS 2003 aufgebaut sind. Auch hier ist der Versicherungswert von Gebäuden grundsätzlich der Neuwert, der Zeitwert aber dann, falls er weniger als 40% des Neuwerts beträgt. Dass die Nr. 1 bis 3 in der enumerativen Aufzählung des § 1 NwlG 80 abweichend von § 12 Nr. 1a bis c VLS 2003 durch ein "oder" voneinander getrennt sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn auch § 12 VLS 2003 ist für den verständigen Versicherungsnehmer erkennbar enumerativ gestaltet. Der Versicherungswert ist entweder als Neuwert, als Zeitwert oder als gemeiner Wert Grundlage der Entschädigungsberechnung, wobei unter den Buchst. a bis c die Voraussetzungen dafür im Einzelnen aufgeführt sind.
19
Überdies sind Versicherungsbedingungen aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen , die dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen, so dass ihm eine bedingungsübergreifende Würdigung deshalb von vornherein verschlossen bleibt (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
20
e) Weiter ist dem Berufungsgericht nicht darin zu folgen, dass § 14 Nr. 5 VLS 2003 ("Neuwertanteil") nur auf § 12 Nr. 1a und nicht auch auf § 12 Nr. 1b VLS 2003 verweist. Schon aus dem unmittelbaren Wortlaut ergibt sich ein anderes, weil in § 14 Nr. 5a die Bestimmung des § 12 Nr. 1a und in § 14 Nr. 5b die Regelung des § 12 Nr. 1b VLS 2003 Erwähnung findet; die Verknüpfung zwischen beiden Klauseln wird dadurch hergestellt, dass § 14 Nr. 5a VLS 2003 (Neuwert) ausdrücklich auf § 14 Nr. 1b VLS 2003 (Zeitwert) Bezug nimmt. Der Versicherungsnehmer wird auf diese Weise in der Interpretation bestärkt, die sich für ihn schon bei sorgfältiger Lektüre des § 12 VLS 2003 ergibt, dass nämlich der Versicherungswert gleichbedeutend mit dem Neuwert sein kann, es aber nicht in jedem Fall sein muss. Nur wenn der Neuwert als Versicherungswert zugrunde zu legen ist, was sich im Einzelnen aus § 12 VLS 2003 ergibt, erwirbt der Versicherungsnehmer gemäß § 14 Nr. 5 VLS 2003 auf den Teil der Entschädigung einen Anspruch, der den Zeitwertschaden übersteigt , soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wieder zu beschaffen oder um die beschädigten Sachen wieder herzustellen.
21
4. Die Klausel ist schließlich nicht als intransparent i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB einzuordnen. Die Beklagte hat nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Klauselinhalt klar und deutlich zu formulieren.
22
a) Dazu gehört es, dass die Klausel in ihrer Ausgestaltung für den Versicherungsnehmer verständlich ist; sie muss darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 141, 137, 143; 147 aaO 361 f.; Senatsurteile vom 18. Januar 2006 - IV ZR 244/04 - VersR 2006, 497 Tz. 12; vom 30. April 2008 - IV ZR 241/04 - VersR 2008, 816 Tz. 14 f.). Dabei kommt es auf den Horizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an (vgl. BGHZ 123, 83, 85; 154, 154, 167 f.).
23
b)DiesenAnforderungen hat die Beklagte genügt.
24
verständigen Dem Versicherungsnehmer erschließt sich aus den bereits angeführten Gründen bei sorgfältiger und vollständiger Durchsicht der Versicherungsbedingungen, wie sich der Versicherungswert im Einzelfall bemisst. Er sieht, dass er zwar grundsätzlich Versicherungsschutz "zum Neuwert" erhält, dieser Neuwertentschädigung aber dann eine Grenze gesetzt ist, wenn der Zeitwert der beschädigten oder zerstörten Sache nicht mindestens 40% ihres Neuwerts beträgt. Es ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht davon auszugehen , dass die Klausel in § 12 Nr. 1b VLS 2003 durch ihre konkrete Platzierung geeignet wäre, einen Durchschnittskunden im Glauben an eine bessere Leistung des Versicherers zum Abschluss einer "teureren", weil mit höheren Prämien verbundenen Versicherung zum Neuwert zu verleiten. Vielmehr kann sich bei der gebotenen verständigen, sorgfältigen und vollständigen Durchsicht der Versicherungsbedingungen das vom Berufungsgericht angenommene Missverständnis von vornherein nicht ergeben.
25
5. Nach alledem liegen die versicherungsvertraglich festgelegten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entschädigung zum Neuwert nicht vor.
26
Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat sich das Berufungsgericht nicht mehr damit befasst, ob sich Ansprüche des Klägers aus einer Haftung der Beklagten gemäß § 43 VVG a.F. für ein Fehlverhalten ihres Versicherungsagenten ergeben können. Das betrifft zum einen die vom Kläger behauptete Zusage des Agenten, es werde "in jedem Fall" der Neuwert reguliert, was einer Abbedingung der in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Entwertungsgrenze gleichkäme. Zum anderen ist zu klären, ob der Kläger und sein Bruder als künftige Versicherungsnehmer für den Agenten erkennbar von unrichtigen Vorstellungen über den angestrebten Versicherungsschutz ausgegangen sind, etwa weil angesichts einer dem Agenten offenbarten Überalterung sämtlicher landwirt- schaftlicher Geräte eine Neuwertversicherung mit Entwertungsgrenze wirtschaftlich keinen Sinn gemacht hätte. Die Prüfung dieser Fragen wird durch das Berufungsgericht nachzuholen sein.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 12.11.2007 - 1 O 168/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.02.2009 - 10 U 220/07 -

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(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
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2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Ist bei einer laufenden Versicherung ein Versicherungsschein für ein einzelnes Risiko (Einzelpolice) oder ein Versicherungszertifikat ausgestellt worden, ist der Versicherer nur gegen Vorlage der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde wird er befreit.

(2) Ist die Urkunde abhandengekommen oder vernichtet, ist der Versicherer zur Leistung erst verpflichtet, wenn die Urkunde für kraftlos erklärt oder Sicherheit geleistet ist; eine Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für die Verpflichtung des Versicherers zur Ausstellung einer Ersatzurkunde.

(3) Der Inhalt der Einzelpolice oder eines Versicherungszertifikats gilt abweichend von § 5 als vom Versicherungsnehmer genehmigt, wenn dieser nicht unverzüglich nach der Übermittlung widerspricht. Das Recht des Versicherungsnehmers, die Genehmigung wegen Irrtums anzufechten, bleibt unberührt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 176/03 Verkündet am:
19. Mai 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AGBG §§ 3, 5, 9 Bk, Cl; TB/KK Nr. 2 d zu MB/KK § 4 Abs. 3; TB/KK Nr. 1 zu
MB/KK § 5

a) Schlafapnoegeräte sind Hilfsmittel i.S. von Nr. 2 d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK
und keine Heilapparate i.S. von Nr. 1 TB/KK zu § 5 MB/KK.

b) Die abschließende Aufzählung erstattungsfähiger Hilfsmittel in Nr. 2 d TB/KK zu
§ 4 Abs. 3 MB/KK ist wirksam (§§ 3, 5, 9 AGBG).
BGH, Urteil vom 19. Mai 2004 - IV ZR 176/03 - LG Bückeburg
AG Rinteln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch die Richter
Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den
Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 26. Juni 2003 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Rinteln vom 16. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als privater Krankenversicherer des unter einem Schlafapnoe-Syndrom leidenden Klägers die Anschaffungskosten für ein Nachtbeatmungsgerät (CPAP-Gerät) erstatten muß.

Dem zwischen den Parteien bestehenden Krankheitsko stenversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KK) sowie die Tarifbedingungen (TB/KK) des Beklagten zugrunde. Vereinbart waren die Tarife 170/182, die eine 50%ige Erstattung vorsehen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2000 fügte der Beklagte seiner Tarifbestimmung Nr. 2 d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK das Wort "ausschließlich" hinzu, so daß diese Klausel nunmehr lautet:
"Soweit tariflich vorgesehen, werden die Kosten für medizinische Hilfsmittel und deren Reparaturen erstattet; als solche gelten ausschließlich: Brillengläser, Brillengestelle bis zu einem Rechnungsbetrag von 215,15 DM (110 €), Kontaktlinsen, Hörgeräte, Sprechgeräte (elektronische Kehlköpfe), Arm- und Beinprothesen, Geh- und Stützapparate, orthopädische Schuhe (abzüglich einer Selbstbeteiligung von 195,58 DM (100 €)), Krankenfahrstühle bis zu einem Rechnungsbetrag von 1.564,66 DM (800 €) sowie in einfacher Ausführung Bruchbänder , Leibbinden, Gummistrümpfe und Einlagen. Leistungen für jedes Hilfsmittel werden nur einmal im Kalenderjahr gewährt." Weiter enthalten die TB/KK u. a. folgende Regelung en: Nr. 2 c zu § 4 Abs. 3 MB/KK: "Als Heilmittel gelten ausschließlich: Medizinische Bäder, Massagen, Bestrahlungen, Inhalationen, elektrische und physikalische Heilbehandlung, Heilgymnastik." Nr. 1 zu § 5 MB/KK: "Nicht erstattungsfähig sind auch bei ärztlicher Verordnung: Kosten für die Beschaffung von Heilapparaten (Massagegeräte , Heizkissen, Bestrahlungslampen, Fieberthermometer u.ä.)...“ Eine ärztliche Untersuchung 2001 ergab bei dem Klä ger ein schweres Schlafapnoe-Syndrom mit Atempausen im Schlaf bis zu

42 Sekunden und dadurch bedingten erheblich erhöhten Gesundheitsrisiken durch Herzinfarkt, Bluthochdruck und Schlaganfall. Ihm wurde ein CPAP-Gerät verordnet, das er für 4.733,50 DM erwarb.
Der Beklagte verweigert eine Kostenerstattung, wei l es sich bei dem CPAP-Gerät um einen Heilapparat handele und im übrigen auch die Aufzählung der Hilfsmittel abschließend sei.
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß für die Regulierung dieses Versicherungsfalls die Hilfsmittelklausel in der ursprünglichen Fassung ohne das Wort "ausschließlich" zugrunde zu legen ist.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.210,10 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Die vom Kläger genommene Versicherung sieht nach den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen eine Kostenerstattung für das Nachtbeatmungsgerät nicht vor. Sein Zahlungsbegehren ist daher nicht begründet.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Bei dem CP AP-Gerät handele sich nicht um einen Heilapparat, sondern um ein Hilfsmittel. Heilapparate seien nur die erforderlichen Geräte für bestimmte Behandlungsformen , die mit dem unter Nr. 2 c TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK aufgeführten Heilmitteln gemeint seien, sowie Diagnosegeräte. Das CPAP-Gerät diene hingegen dazu, die Funktionsbeeinträchtigung der Atmungsorgane durch Sicherstellung der Sauerstoffversorgung auszugleichen, ohne die körperliche Behinderung zu heilen, und sei mithin ein medizinisches Hilfsmittel im Sinne der Nr. 2 d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK.
Dieser Klausel fehle es allerdings an einer sprach lich eindeutigen Formulierung, der entnommen werden könne, daß die Hilfsmittelaufzählung abschließend sei, weitere auch medizinisch notwendige Hilfsmittel also nicht erstattet würden. Ob die nachträgliche Einfügung des Wortes "ausschließlich" dazu ausreiche, könne dahingestellt bleiben. Angesichts der Leistungszusage für andere medizinische Hilfsmittel, die weniger lebensbedrohliche Erscheinungen lindern sollten, dürfe der rechtsunkundige Durchschnittsbürger nach der Lektüre der Versicherungsbedingungen davon ausgehen, daß das CPAP-Gerät erstattet werde. Im übrigen komme die Anschaffung dieses Gerätes unter Umständen auch dem Beklagten zugute, da möglicherweise höhere Folgekosten vermieden würden.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem ents cheidenden Punkt nicht stand.

1. Der Umfang des dem Kläger in der Krankheitskost enversicherung zu gewährenden Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag, den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen, den diese ergänzenden Tarife mit Tarifbedingungen sowie den gesetzlichen Vorschriften (§ 1 Abs. 3 MB/KK). Daraus folgt hier: Nach § 1 Abs. 1 a MB/KK gewährt der Versicherer im Versicherungsfall ("medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen"; § 1 Abs. 2 Satz 1 MB/KK) Ersatz von Aufwendungen für die Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen. Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich nach § 4 Abs. 1 MB/KK aus dem vereinbarten Tarif mit seinen Tarifbedingungen (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 a).
Was verordnete medizinische Geräte und nicht ärztl iche Anwendungen anlangt, differenzieren die TB/KK zwischen Hilfsmitteln (Nr. 2 d zu § 4 Abs. 3 MB/KK) einerseits und Heilmitteln (Nr. 2 c zu § 4 Abs. 3 MB/KK) und Heilapparaten (Nr. 1 zu § 5 MB/KK) andererseits. Für Heilapparate ist die Erstattung von Anschaffungskosten ausgeschlossen, für Hilfs- und Heilmittel - die nicht abstrakt, sondern über Aufzählungen definiert werden - ist eine Kostenerstattung nach entsprechender Verordnung (§ 4 Abs. 3 MB/KK) vorgesehen.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht das CPAP-Ge rät nicht als Heilapparat, sondern als Hilfsmittel im Sinne der Tarifbedingungen eingestuft. Verkannt hat es dagegen, daß die Aufzählung der Hilfsmittel, für die Erstattungsleistungen zugesagt sind, abschließend ist. Das ergibt die Auslegung der Tarifklauseln Nr. 2 c und d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK

sowie Nr. 1 TB/KK zu § 5 MB/KK. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen - und dazu rechnen auch die Tarifbedingungen - so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 84, 268, 272; 123, 83, 85 und ständig).

a) Der Regelungszusammenhang der §§ 1 Abs. 1 a, 1 Abs. 3 und 4 Abs. 1 MB/KK lenkt den Blick des Versicherungsnehmers gerade auch bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Gerätekosten deutlich und unmißverständlich auf die Tarifbedingungen des von ihm genommenen Tarifs (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1994, 328 unter II 3 a), denn dieser Leistungsbereich wird sonst lediglich in § 4 Abs. 3 MB/KK unter den Gesichtspunkten des Verordnungserfordernisses angesprochen. Bei aufmerksamer Durchsicht dieser Bedingungen wird ihm zunächst klar, daß das CPAP-Gerät nicht bei den Heilmitteln unterzubringen ist, weil in Nr. 2 c TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK nur Anwendungen aufgeführt sind. Bei den in Nr. 1 TB/KK zu § 5 MB/KK aufgezählten Heilapparaten fällt ihm der Zusammenhang mit den Heilmitteln auf und daß sie vor allem Geräte bezeichnen, die zur Durchführung der darüber erfaßten Anwendungen verwendet werden können (z.B. Massagegeräte/Massagen; Bestrahlungslampen /Bestrahlungen). Diese Beziehung zwischen Heilmitteln und Heilapparaten drängt sich ihm bereits nach der von dem Beklagten gewählten Terminologie ("Heil-") auf. Bestärkt wird er in diesem Eindruck durch die unmittelbare Entsprechung, die diese Geräte bei den Heilmitteln finden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer darf und wird

daher unter Heilapparaten nach Umschreibung und Bezug in den Tarifbedingungen Geräte verstehen, die bei Heilmitteln zum Einsatz kommen können, erweitert um Diagnosegeräte (z.B. Fieberthermometer). Dazu gehören Nachtbeatmungsgeräte nicht; insbesondere fehlt bei ihnen eine korrespondierende Anwendung im Sinne der Heilmittelbeschreibung. Die Heilapparateklausel ist daher nicht einschlägig.

b) Daß es sich um ein Hilfsmittel im Sinne der Tar ifbedingungen handelt, erhellt sich dem Versicherungsnehmer sodann vor allem, wenn er sich Wirkungsweise und Einsatzmodalitäten des CPAP-Gerätes vor Augen führt. Der ihm im Schlaf über eine dicht schließende Maske zugeführte kontinuierliche Luftstrom erzeugt im Nasenrachenraum einen Überdruck, der in der Art einer (pneumatischen) Schienung die Atemwege offenhält und so einen temporären Kollaps mit Atemaussetzungen im Gefolge verhindert. Zwar mögen dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer im Einzelfall die medizinisch-organischen Wirkungszusammenhänge nicht stets und umfassend geläufig sein, zumal für nächtliche Atemaussetzungen auch unterschiedliche körperliche Ursachen in Betracht kommen können. Er erkennt jedoch, daß darüber wie bei den in Nr. 2 d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK aufgelisteten Hilfsmitteln (z.B. Brillen , Hör- und Sprechgeräte) körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum und nicht wie bei den Heilapparaten auf die Dauer einer medizinischen Anwendung begrenzt ausgeglichen werden. Mit dem Gerät wird - für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend - unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen Funktionsfähigkeit wieder herzustellen (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 78/85 - VersR 1987, 278 unter II 5; OLG Köln VersR 1989, 1142). Eine etwaige darüber hinausgehende positive Beeinflus-

sung der Grunderkrankung durch den Einsatz des CPAP-Gerätes steht - wiederum für den Versicherungsnehmer erkennbar - nach den TB/KK der Einordnung als Hilfsmittel nicht entgegen, denn darin werden auch solche aufgeführt, denen zusätzlich Linderungs- und auch gewisse Heilwirkungen zukommen können (z.B. Bruchbänder, orthopädische Schuhe, Gummistrümpfe, Einlagen).

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ( in Anlehnung an OLG Frankfurt VersR 1997, 1473) kommt der Hilfsmittelaufzählung - unabhängig von der späteren Einfügung des Wortes "ausschließlich" - enumerativer Charakter zu. Das wird dem um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer bereits durch den Vergleich mit der Aufzählung der Heilapparate in Nr. 1 TB/KK zu § 5 MB/KK deutlich vor Augen geführt. Dort wird die beispielhafte Auflistung durch den Zusatz "u.ä." kenntlich gemacht, während es bei den Hilfsmitteln an diesem Zusatz gerade fehlt. Die sprachliche Gestaltung dieser Liste mit der Verknüpfung des letzten genannten Gegenstandes mit einem "und" verdeutlicht den endgültigen Abschluß der Aufzählung und weist damit zusätzlich auf ihren abschließenden Charakter hin.
Für den verständigen Versicherungsnehmer ist das A nliegen des Versicherers, auf diese Weise eine sonst nicht mehr überschaubare und steuerbare Ausuferung des Hilfsmittelersatzes zu verhindern, durchaus erkennbar und nachvollziehbar. Das zeigt ihm allein schon die bei den aufgeführten Hilfsmitteln ausnahmslos vorgesehene Deckelung durch Betragsbegrenzungen, Selbstbeteiligungsbeträge und Beschränkungen auf einfache Ausführungen sowie durch jeweils einmalige Leistung pro Kalenderjahr. Bei einer nicht abschließenden Aufzählung liefe das für

diesen Leistungsbereich des Hilfsmittelersatzes typischerweise gewählte Kostensteuerungskonzept (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 aaO) weitgehend leer. Denn der Versicherer hätte für jedwede - einschließlich derzeit nicht einmal auf dem Markt befindlicher oder entwickelter - Hilfsmittel Ersatz ohne jegliche Kostenbegrenzung zu erbringen und damit gegenüber den benannten, bei den Erstattungskosten gedeckelten Hilfsmitteln sogar relativ mehr zu leisten. Das hat er - für den Versicherungsnehmer erkennbar - gerade ausschließen wollen, um so eine auch im Interesse des einzelnen Versicherungsnehmers liegende verläßliche, annehmbare moderate Prämienkalkulation zu ermöglichen, die sonst nicht mehr zu erreichen wäre. Ein Verständnis, Versicherungsnehmer erhielten die Kosten für alle nicht genannten Hilfsmittel in voller Höhe und unabhängig von der Häufigkeit ihres Erwerbs ersetzt, findet in dieser Tarifgestaltung bei unbefangener Betrachtung keine Grundlage. Dem Versicherungsnehmer wird das mit der Klauselfassung deutlich vor Augen geführt; unklar (§ 5 AGBG) bleibt - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - insoweit nichts.
3. In dieser Auslegung verstößt Nr. 2 d TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK nicht gegen § 3 AGBG; sie hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.

a) Ein überraschenden Klauseln im Sinne von § 3 AG BG innewohnender Überrumpelungseffekt scheidet aus, weil keine Regelungen enthalten sind, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweichen und mit denen er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Gerade in Anbetracht des mit dem Hauptleistungsversprechen in § 1 Abs. 1 a MB/KK weit gesteckten Leistungsrahmens,

alle mit der Heilbehandlung zusammenhängenden Aufwendungen zu übernehmen, wird der Versicherungsnehmer davon ausgehen, daß dieses Leistungsversprechen näherer Ausgestaltung bedarf, die auch Einschränkungen nicht ausschließt (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO unter II 3 a, 4 a). Darauf wird er - wie vorstehend ausgeführt - auch ausdrücklich hingewiesen, § 4 Abs. 1 MB/KK. Eine Erwartungshaltung, ihm werde jedes auch erst neu auf den Markt kommende Hilfsmittel - zumindest aber bei starker medizinischer Indikation - bezahlt, kann er danach vernünftigerweise nicht entwickeln. Sie fände in der Vertragsgestaltung keinen Anhalt.

b) Die Tarifbedingung ist als eine das Hauptleistu ngsversprechen einschränkende Regelung inhaltlich zu kontrollieren. Der Überprüfung ist gemäß § 8 AGBG nur der enge Bereich von Leistungsbezeichnungen entzogen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGHZ 123, 83 f. und ständig). Mit § 1 Abs. 1 a MB/KK ist das Hauptleistungsversprechen in der Krankheitskostenversicherung indes hinreichend bestimmbar beschrieben (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO unter II 2 c).
aa) Die Ausgrenzung nicht benannter Hilfsmittel un d damit im vorliegenden Fall des CPAP-Gerätes gefährdet nicht den Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 AGBG. Nicht jede Leistungsbegrenzung bedeutet schon eine Vertragszweckgefährdung, sondern ist zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen erweckt (BGHZ 141,

137, 143). Eine Gefährdung ist daher erst dann anzunehmen, wenn mit der Einschränkung der Leistung der Vertrag ausgehöhlt werden kann und damit der Versicherungsvertrag in bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird (BGHZ 137, 174, 176 und ständig).
Das ist hier nicht der Fall. Mit dem Abschluß eine s Krankenversicherungsvertrages bezweckt der Versicherungsnehmer - soweit es die Krankheitskosten anlangt - eine Abdeckung seines Kostenrisikos, das ihm durch die notwendige Behandlung von Krankheiten entsteht (Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO unter II 4 b bb). Dem wird die vom Kläger bei dem Beklagten genommene Krankenversicherung in ihrer tariflichen Ausgestaltung gerecht. Der Bereich der Heilbehandlung als jegliche ärztliche Tätigkeit, die durch die entsprechende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung , Besserung oder auch nur Linderung der Krankheit abzielt (BGHZ 133, 208, 211), bleibt vollständig abgedeckt; er wird insbesondere durch Nr. 2 TB/KK zu § 4 Abs. 3 MB/KK nicht beschränkt. Das primäre Leistungsversprechen der Kostenübernahme für die medizinisch notwendige ärztliche Heilbehandlung bleibt unangetastet. Soweit es die nicht ärztlichen sonstigen Leistungen wie z.B. die Hilfsmittel anlangt, steht die Leistungszusage ohnehin unter dem Vorbehalt des entsprechend Vereinbarten. Schon deshalb ist für eine Vertragszweckgefährdung im Sinne einer Aushöhlung des Krankenversicherungsvertrages bei einer abschließenden Hilfsmittelregelung der vorliegenden Art regelmäßig kein Raum.
Der Zweck einer solchen Versicherung wird nicht be reits dann maßgeblich in Frage gestellt, wenn der Versicherungsnehmer nach dem

zugrunde gelegten Tarif im Rahmen eines ärztlich behandelten Befundes die Kosten für ein ihm verordnetes Hilfsmittel, das im täglichen Einsatz Ausgleich für die ausgefallene Körperfunktion schaffen soll, selbst zu tragen hat. Das gilt grundsätzlich auch, wenn diese die Heilbehandlung begleitende Maßnahme als notwendig anzusehen ist, um der Möglichkeit sonst entstehender auch schwerwiegender Gesundheitsrisiken vorzubeugen. Dem Versicherungsnehmer wird damit auch nicht der zunächst zugesagte effektive Versicherungsschutz über die tariflich geregelte Erstattungsfähigkeit sonstiger Leistungen für bestimmte Erkrankungen oder Behandlungsarten sofort wieder entzogen (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO unter II 4 b bb). Ihm wird nur zugemutet, einen Kostenbeitrag zu im übrigen abgesicherten Behandlungen bei dem Einsatz von Hilfsmitteln zu leisten. Der generelle Versicherungsschutz bei Erkrankungen wird durch solche Kostenbeteiligungen - selbst wenn sie im Einzelfall nicht unerheblich sind - nicht derart verkürzt, daß er in bezug auf das versicherte Krankheitsrisiko seinen Zweck verlöre. So bleibt bei dem in Rede stehenden Schlafapnoe-Syndrom insbesondere die ärztliche Versorgung einschließlich verhaltensberatender und medikamentöser Therapie in dem vertraglich vorgesehenen Umfang weiterhin abgesichert. Es handelt sich mithin um bloße Leistungsbeschränkungen auf der Ebene unterhalb der (ärztlichen) Heilbehandlung, die nach den jeweiligen vom Versicherer angebotenen und vom Versicherungsnehmer gewählten Tarifen unter dem Gesichtspunkt der Vertragszweckgefährdung nicht zu beanstanden sind.
bb) Daraus folgt zugleich, daß die fragliche Klaus el den Versicherungsnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 9 Abs. 1 AGBG. Denn die Versicherer als

Verwender dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen suchen damit nicht treuwidrig einseitig eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 141, 137, 147). Sie wollen - wie bereits vorstehend bei der Klauselauslegung dargelegt - mit der abschließenden Aufzählung die Leistungspflichten bei den zum Teil kostenintensiven und vor allem angesichts der ständig fortschreitenden medizinisch -technischen Entwicklung kaum zu kalkulierenden Hilfsmitteln überschaubar halten. Für eine Tarifkalkulation mit vertretbarer Prämiengestaltung fehlte es sonst an den erforderlichen zuverlässigen Grundlagen. Das liegt aber auch im Interesse des einzelnen Versicherungsnehmers. Die erforderliche Abwägung der zu beachtenden Interessen läßt eine unzulässige Einschränkung der Rechte des Versicherungsnehmers durch die Hilfsmittelklausel, an deren Transparenz keine Zweifel angemeldet werden und auch sonst nicht ersichtlich sind, nicht erkennen.
4. Ob im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB eine Erstattungspflicht für an sich nicht vorgesehene

Hilfsmittel geboten sein kann, um einen Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers zu begründen, kann offenbleiben. Der Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerseite genügt dafür nicht.
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 141/03 Verkündet am:
27. Oktober 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AGBG §§ 3, 9 Cl; AVB - Krankheitskostenversicherung
Zur Wirksamkeit von Leistungsbeschränkungen in den Tarifbedingungen einer
Krankheitskostenversicherung (hier: Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf
Aufwendungen für ärztliche Behandler im Bereich der Stimm-, Sprach- und
Sprachübungsbehandlung.
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 141/03 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
27. Oktober 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg , Zivilkammer 15, vom 15. Mai 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte als seinen privaten Krankenversicherer auf Erstattung der Kosten einer stimm- und sprechtherapeutischen Behandlung durch eine Atem-, Stimm- und Sprechlehrerin nach der Methode Schlaffhorst-Andersen (ASSL) in Höhe von 2.500 DM (1.278,33 €) in Anspruch.
Die Beklagte und der Hamburgische Anwaltverein e.V . schlossen 1986 einen Gruppenversicherungsvertrag über eine Krankheitskosten-, Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldversicherung. Der Kläger trat diesem Gruppenversicherungsvertrag als Versicherter bei. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenver-

sicherung für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB-G) der Beklagten zugrunde, in denen u. a. folgendes geregelt ist: "§ 3 - Gegenstand und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten , Unfälle und andere in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenversicherung genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen. ... (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit und Unfallfolgen. ... § 4 - Umfang des Versicherungsschutzes (1) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Gruppenversicherungsvertrag, den hierfür geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenversicherung , dem jeweiligen Versicherungsausweis sowie den gesetzlichen Vorschriften. ... § 6 - Umfang der Leistungspflicht (1) Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit Tarifbedingungen. (2) Dem Versicherten ... steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. . .. (3) Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in Abs. 2 genannten Behandlern verordnet, Arzneimittel außerdem aus der Apotheke bezogen werden. ...

Als Heilmittel gelten
a) physikalisch-medizinische Leistungen ..., wenn sie vom in eigener Praxis tätigen Masseur, Masseur und medizinischen Bademeister, Krankengymnasten oder Physiotherapeuten ausgeführt worden sind.
b) Stimm-, Sprech- und Sprachübungsbehandlung, wenn sie vom Logopäden ausgeführt worden ist. ... Als Hilfsmittel gelten... ." Aus den "Tarifen 80" der Beklagten ist der Kläger für die ambulante Heilbehandlung nach dem Tarif AD 1 versichert, nach dem Aufwendungen für ärztliche Leistungen, Arznei- und Verbandmittel, Leistungen des Masseurs, des medizinischen Bademeisters oder des Krankengymnasten , Hilfsmittel im Sinne des § 6 (3) AVB-G und Leistungen der Hebamme erstattungsfähig sind.
Der Kläger erkrankte an einer hyperfunktionellen D ysphonie. Sein Facharzt u.a. für Stimm- und Sprechstörungen verordnete ihm deshalb Anfang 1999 eine stimm- und sprechtherapeutische Behandlung, zu deren Durchführung er ihn an eine ASSL - die nicht zugleich Logopädin ist - überwies. Für die erfolgreiche Therapie berechnete ihm diese 2.500 DM.
Die Beklagte verweigert die Erstattung unter Hinwe is auf die "Logopädenklausel" in § 6 (3) Unterabs. b AVB-G, da die Behandlung nicht durch einen Logopäden vorgenommen worden sei. Der Kläger ist der Ansicht, die in den AVB-G enthaltene Beschränkung auf Logopäden sei unwirksam, weil sie gegen die §§ 3 und 9 Abs. 2 AGBG verstoße.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein in den V orinstanzen erfolglos gebliebenes Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Kläger hat nac h dem von ihm genommenen Tarif keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die erfolgte Stimm- und Sprechbehandlung. Sein Zahlungsbegehren ist daher unbegründet.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dem Kläge r stehe der geltend gemachte Anspruch wegen des Leistungsausschlusses in § 6 (3) Unterabs. 2 b AVB-G nicht zu. Diese Klausel sei weder überraschend im Sinne des § 3 AGBG noch benachteilige sie Versicherte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 AGBG).
II. Das Ergebnis des Berufungsgerichts hält rechtl icher Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Vereinbarkeit der sogenannten Logopädenklausel mit § 9 AGBG höchstrichterlicher Klärung bedürfe. Diese Frage stellt sich hier indes nicht. Gleichwohl ist der Senat an die Zulassung gebunden (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Gemäß § 2 (1) b des Gruppenversicherungsvertrag es sind Vertragsgrundlage - woraus sich der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt - die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenversicherung für die Krankheitskostenversicherung "Teil I Allgemeine Bedingungen" und "Teil II M-Tarife", zu denen unter anderem die "Tarife 80" der Beklagten gehören, die die Tarife AD enthalten. Nach § 3 (1) a AVB-G gewährt der Versicherer im Versicherungsfall ("medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen"; § 3 (2) Satz 1 AVB-G) Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen. Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich nach § 6 (1) AVB-G aus dem Tarif mit Tarifbedingungen.
Für den Kläger bestand bei der Beklagten nach über einstimmendem Parteivortrag im streitgegenständlichen Zeitraum eine Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif AD 1. Nach Nr. 1.1 der dazu vorgelegten Tarifbedingungen sind zwar Aufwendungen für alle in den AVB-G aufgelisteten Hilfsmittel erstattungsfähig. Das gilt aber nicht für die in § 6 (3) AVB-G aufgezählten Heilmittel, zu denen auch die Stimm-, Sprechund Sprachübungsbehandlung durch einen nichtärztlichen Behandler gehört. Von den Heilmitteln sind unter Nr. 1.1 der Tarifbedingungen ausdrücklich nur Aufwendungen für Leistungen des Masseurs, des medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten als erstattungsfähig aufgeführt. Der vom Kläger gewählte und von der Beklagten zugesagte Versicherungsschutz erstreckt sich mithin von vorneherein nicht auf die Erstattung der Aufwendungen für eine nicht vom Arzt durchgeführte Stimm-, Sprech- und Sprachübungsbehandlung, um deren Kostenersatz die Parteien streiten. Auf den Leistungsausschluß in § 6 (3) Unterabs. b AVB-G kommt es daher nicht an.

Das hat auch der Kläger nach entsprechendem Hinwei s des Senats eingeräumt. Er hält dagegen in der Revisionsinstanz nunmehr eine solche Vertragsgestaltung selbst gemäß §§ 3 und 9 AGBG für unwirksam.
2. Eine Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf Aufwendungen für ärztliche Behandler im Bereich der Stimm-, Sprech- und Sprachübungsbehandlung , wie sie der vom Kläger gewählte Tarif vorsieht, begegnet aber keinen rechtlichen Bedenken. Die Vertragsparteien bestimmen - wie allgemein im Vertragsrecht - auch im Versicherungsvertragsrecht den Inhalt des Versicherungsvertrages. Soweit der Versicherer verschiedene Tarife mit unterschiedlichen Leistungsinhalten vorhält, kann der potentielle Versicherungsnehmer auswählen, welche Leistungen zu welchen Konditionen er benötigt. Allerdings müssen solche vorformuliert durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgegebenen Vertragsbedingungen vor allem mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar sein. Das ist hier der Fall. Die Bedingungen der von der Beklagten angebotenen Krankheitskostenversicherung zu der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für stimm- und sprechtherapeutische Behandlungen im Tarif AD 1 verstoßen insbesondere nicht gegen § 3 AGBG (jetzt: § 305c BGB) und § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB).

a) Ein überraschenden Klauseln im Sinne von § 3 AG BG innewohnender Überrumpelungseffekt scheidet aus, weil keine Regelungen enthalten sind, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweichen und mit denen er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Gerade in Anbetracht des mit dem Hauptleistungs-

versprechen in § 3 (1) a AVB-G weit gesteckten Leistungsrahmens, alle mit der Heilbehandlung zusammenhängenden Aufwendungen zu übernehmen , wird der Versicherte davon ausgehen, daß dieses Leistungsversprechen näherer Ausgestaltung bedarf, die auch Einschränkungen nicht ausschließt (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 2004 - IV ZR 29/03 - VersR 2004, 1035 unter II 3 a und vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 3 a, 4 a). Darauf wird der Versicherte - wie zuvor ausgeführt - mit § 6 AVB-G ("Umfang der Leistungspflicht") ausdrücklich hingewiesen, aus dessen Absatz 1 sich die Bedeutung des Tarifs für die Erstattungsfähigkeit deutlich ergibt (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 2004 aaO und vom 17. März 1999 aaO unter II 4 a). Wenn die Beklagte in Teilbereichen nur die Erstattung von Aufwendungen für die Behandlung durch einen Arzt verspricht und sie bei nichtärztlichen Behandlern dagegen nicht vorsieht, einschränkt oder ausschließt, ist das nicht so ungewöhnlich, daß darauf der Vorwurf einer "Überrumpelung" gestützt werden kann. Eine Erwartungshaltung, ihm würden die Aufwendungen für jedwede Behandler ersetzt, kann der Versicherte daraus vernünftigerweise nicht entwickeln; sie fände in der Vertragsgestaltung keinen Anhalt.

b) Auch eine Vertragszweckgefährdung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG liegt nicht vor. Die Begrenzung der Erstattungspflicht im Bereich der Stimm-, Sprech- und Sprachübungstherapie auf ärztliche Behandlung führt nicht zu einer Aushöhlung des Vertrages und damit dazu, daß der Versicherungsvertrag in bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird (vgl. BGHZ 137, 174, 176). Es wird insbesondere keine bestimmte Behandlungsmethode vom Leistungsumfang ausgenommen, sondern über § 6 (2) AVB-G wird die Erstattungsfähigkeit lediglich auf

die Behandlung durch niedergelassene approbierte Är zte beschränkt. Das primäre Leistungsversprechen der Kostenübernahme für die medizinisch notwendige ärztliche Heilbehandlung bleibt unangetastet. Soweit es die nichtärztlichen sonstigen Leistungen wie z.B. die Heilmittel anlangt , steht die Leistungszusage ohnehin unter dem Vorbehalt des entsprechend Vereinbarten (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b aa). Daß eine Behandlung durch einen Arzt nicht oder zumindest nicht in angemessener Zeit zu erhalten wäre und der Versicherungsschutz deshalb leer liefe, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Fehl geht schließlich der weitere Einwand des K lägers, die Vertragsgestaltung genüge nicht dem sich aus § 9 AGBG ergebenden Transparenzgebot (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Bedeutung des Tarifs für die Erstattungsfähigkeit kommt in den AVB-G ausreichend klar und verständlich zum Ausdruck (§ 6 (1)). Ein schlichtes Abgleichen der rasch überschaubaren Auflistung in Nr. 1.1 des Tarifs mit den in den AVB-G erwähnten Heilmitteln ergibt, daß Stimm-, Sprech- und Sprachübungsbehandlungen durch Logopäden ebenso wenig wie durch sonstige nichtärztliche Behandler vom gewählten Tarif erfaßt sind. Damit wer

den dem verständigen Versicherungsnehmer zugleich die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen, die diese Versicherungsbedingungen nach den für ihn erkennbaren Umständen mit sich bringen, deutlich erkennbar vor Augen geführt (vgl. BGHZ 147, 354, 362).
Terno Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 11/07 Verkündetam:
18.Februar2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Private Krankenversicherung
1. Eine im Rahmen eines so genannten Elementartarifs eines privaten Krankenversicherers
vereinbarte Klausel, welche die volle Erstattung der Kosten für
ambulante Heilbehandlung nur bei (Erst-)Behandlung durch einen Arzt für Allgemeinmedizin
/praktischen Arzt oder durch Fachärzte für Gynäkologie, Augenheilkunde
, Kinder- und Jugendmedizin oder einen Not- bzw. Bereitschaftsarzt
vorsieht, ist nicht dahin auszulegen, dass den genannten Ärzten ein an der
hausärztlichen Versorgung teilnehmender Facharzt für Innere Medizin ("hausärztlicher
Internist") gleichsteht.
2. In dieser Auslegung ist die genannte Tarifklausel wirksam.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - IV ZR 11/07 - LG München I
AG München
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2009

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 5. Dezember 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung hält, bei der ein so genannter Elementartarif (EL) vereinbart ist, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte die Kosten für die Heilbehandlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten ("hausärztlichen Internisten") in gleicher Weise zu erstatten hat wie die Kosten für die Heilbehandlung durch einen Arzt für Allgemeinmedizin oder einen praktischen Arzt.
2
Krankenversicherungsvertrag Dem liegen Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung (MB/KK) zugrunde. Soweit hier von Interesse , lauten die Bestimmungen des Tarifs EL auszugsweise: "(2) Erstattung ambulanter Heilbehandlung 80 % des erstattungsfähigen Rechnungsbetrages für medizinisch notwendige Heilbehandlung - außer Psychotherapie - durch Ärzte einschließlich verordneter Arzneimittel bzw. 100 % des erstattungsfähigen Rechnungsbetrages für medizinisch notwendige Heilbehandlung - außer Psychotherapie - durch Ärzte einschließlich verordneter Arzneimittel, wenn für die Behandlung ein Arzt für Allgemeinmedizin/praktischer Arzt, ein Facharzt für Gynäkologie, für Augenheilkunde (Augenarzt ), für Kinder- und Jugendmedizin (Kinderarzt) oder ein Not- bzw. Bereitschaftsarzt in Anspruch genommen wird oder der Versicherte von einem der vorgenannten Ärzte zur Mit-/Weiterbehandlung an einen anderen Facharzt überwiesen wird. Die Erstbehandlung ist durch die Erstbehandlungsrechnung zu belegen."
3
Der Kläger behauptet, bei einem hausärztlichen Internisten in fortlaufender Behandlung zu sein. Bei Erstattung von lediglich 80% der insoweit entstehenden Heilbehandlungskosten entstünde ihm ein durchschnittlicher jährlicher Ausfall von etwa 500 €. Seiner Auffassung nach ist diese Behandlung aber derjenigen durch einen Arzt für Allgemeinmedizin oder praktischen Arzt mit Blick auf die Erstattung der Behandlungskosten gleichzustellen.
4
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Bedingungen des Tarifs EL bestimmten ausdrücklich, dass eine hundertprozentige Kostenerstattung nur für die Heilbehandlung durch einen Arzt für Allgemeinmedizin /praktischen Arzt, einen Gynäkologen, Augenarzt, Kinderarzt oder einen Not- oder Bereitschaftsarzt in Betracht komme. Zu diesen Ärzten zähle ein hausärztlicher Internist nicht. Der Begriff des Hausarztes werde in den Tarifbedingungen nicht verwendet. Angesichts dieses klaren Wortlautes seien bei der Behandlung durch einen hausärztlichen Internisten diese besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt.
7
Die vom Kläger beanstandete Tarifklausel sei wirksam. Ihr Wortlaut sei klar; auf § 305c Abs. 2 BGB könne sich der Kläger deshalb nicht berufen. Die Klausel sei auch nicht überraschend. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer könne erkennen, dass ihm im Grundsatz 80% und nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen 100% der Heilbehandlungskosten erstattet würden. Da der hausärztliche Internist nicht zu den in der Ausnahmeregelung aufgezählten Ärzten gehöre, könne der Kläger auch nur eine Kostenerstattung zu 80% erwarten.
8
Schließlichhaltedie Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB stand. Sie widerspreche nicht der gesetzlichen Regelung in § 178b Abs. 1 VVG a.F., wonach der Versicherer für Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung nur "im vereinbarten Umfang" einzustehen habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Bestimmung des § 73 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 SGB V, wonach hausärztliche Internisten an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen. Als Versicherter einer privaten Krankenversicherung könne der Kläger nicht erwarten, so versichert zu sein wie ein Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Tarifklausel gefährde auch nicht den Vertragszweck. Der Kläger habe die Möglichkeit, sich bei Erforderlichkeit der Behandlung durch einen Internisten von einem Arzt für Allgemeinmedizin/praktischen Arzt dorthin überweisen zu lassen, um wiederum in den Genuss der vollen Kostenerstattung zu kommen. Deshalb und weil der eingeschränkten Leistungspflicht des Versicherers ein unbestritten günstiger Beitragssatz gegenüberstehe , benachteilige die Tarifklausel den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
10
Der 1. Umfang des dem Kläger in der hier vorliegenden Krankheitskostenversicherung zu gewährenden Versicherungsschutzes ergibt sich aus seinem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag, den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (AVB), den diese ergänzenden Tarifen mit Tarifbedingungen sowie aus gesetzlichen Vorschriften (§ 1 Abs. 3 AVB). Daraus ergibt sich hier: Nach § 1 Abs. 1 lit. a AVB gewährt der Versicherer im Versicherungsfall ("medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen" - § 1 Abs. 2 Satz 1 AVB) Ersatz von Aufwendungen für die Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen; Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich nach § 4 Abs. 1 AVB aus dem vereinbarten Tarif - hier EL - mit seinen Tarifbedingungen (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 2004 - IV ZR 176/03 - NJW-RR 2005, 260 [nur Leitsatz, Volltext der Entscheidung veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs und in juris] unter II 1; 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 a).
11
2. Das Berufungsgericht hat die vom Kläger beanstandete Tarifbedingung "Erstattung ambulanter Heilbehandlung" des vereinbarten Elementartarifs (EL) zutreffend dahin ausgelegt, dass ein an der hausärztlichen Versorgung teilnehmender Internist (vgl. zu diesem Begriff § 73 Abs. 1a Nr. 3 SGB V) weder unter die dort aufgezählten Ärzte fällt noch ihnen für die Frage der vollen Erstattung von Heilbehandlungskosten gleichzusetzen ist. Dieses eindeutige Auslegungsergebnis lässt für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB keinen Raum.
12
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen - dazu zählen auch die Tarifbedingungen - sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 84, 268, 272; 123, 83, 85 und ständig). Der Versicherungsnehmer wird in erster Linie vom Wortlaut einer Klausel ausgehen. Danach ergibt sich hier, dass grundsätzlich lediglich eine Erstattung von 80% des erstattungsfähigen Rechnungsbetrages für medizinisch notwendige Heilbehandlungen vereinbart ist. Nur wenn die Behandlung durch einen der im Weiteren aufgeführten Ärzte durchgeführt oder von diesen nach Erstbehandlung mittels Überweisung an einen anderen Facharzt veranlasst ist, werden 100% der Behandlungskosten erstattet.
Der Versicherungsnehmer erkennt dabei, dass die Aufzählung von Ärzten sich an deren beruflicher Qualifikation und nicht an der Art der ausgeübten Tätigkeit orientiert. Ein Facharzt für innere Medizin, mag er auch an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, wird von der Aufzählung nicht erfasst.
13
b) Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, dass Elementartarife wie der vorliegende landläufig als "Hausarzttarife" bezeichnet würden, weshalb die Tarifbedingung dahin zu verstehen sei, dass jeder als Hausarzt tätige Mediziner, insbesondere auch ein hausärztlicher Internist, die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für die Erstattung der vollen Heilbehandlungskosten erfülle. Im Wortlaut der Tarifbedingungen findet diese Interpretation keine Stütze. Der von der Rechtsprechung entwickelte Ansatz, Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein verständiger durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne besondere versicherungsrechtliche Kenntnisse sie verstehen kann, orientiert sich gerade deshalb zunächst und in erster Linie am Bedingungswortlaut, weil der Versicherungsnehmer davor geschützt werden soll, bei der Auslegung mit ihm unbekannten Details der Entstehungsgeschichte einer Klausel oder Motiven des Versicherers konfrontiert zu werden (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 m.w.N.). Umgekehrt geht es aber nicht an, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer seinerseits seinem Verständnis der Klausel ein vermeintliches Motiv des Versicherers zugrunde legt, solange dieses im Wortlaut oder Sinnzusammenhang der Klausel keinen Niederschlag findet und der Versicherer auch nicht anderweitig den Eindruck erweckt, dass ein solches Motiv für das Klauselverständnis bedeutsam sei.
14
c) Ohne Erfolg macht die Revision deshalb geltend, der Zweck der Tarifklausel bestehe lediglich darin, den Versicherungsnehmer von der eigenmächtigen Inanspruchnahme fachärztlicher Leistungen abzuhalten, weshalb es für die Höhe der Kostenerstattung allein darauf ankomme, ob er einen Haus- oder einen Facharzt aufsuche. Der hausärztliche Internist sei bei dieser Unterscheidung als Hausarzt anzusehen.
15
Das trifft so nicht zu. Die Annahme, es gehe dem Versicherer lediglich um eine Unterscheidung zwischen der Heilbehandlung durch einen Haus- oder Facharzt, findet im Bedingungswortlaut keine ausreichende Stütze. Die Tarifbedingung unterscheidet, wie bereits ausgeführt, vielmehr allein nach der beruflichen Qualifikation und nicht nach der ausgeübten Tätigkeit des behandelnden Arztes. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass das Wort "Hausarzt" in den Tarifbedingungen nicht verwendet wird. Die Anknüpfung allein an die berufliche Qualifikation macht - für den Versicherungsnehmer erkennbar - gerade deshalb Sinn, weil auch Fachärzte für innere Medizin an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen und insoweit geklärt wird, dass die Erstbehandlung durch solche hausärztliche Internisten der privilegierten Kostenerstattung (von 100%) nicht unterfällt. Anders als die Revision meint, bedarf es eines weiteren, ausdrücklichen Ausschlusses hausärztlicher Internisten daneben nicht.
16
d) Daraus, dass nach § 73 Abs. 1a Nr. 3 SGB V Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, als Hausärzte im Sinne des Hausarztmodells der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt sind, kann der Kläger nichts für sich herleiten. Schon wegen der grundlegenden Strukturunterschiede beider Systeme können Versicherte einer privaten Krankenver- sicherung nicht erwarten, in gleicher Weise versichert zu sein wie die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (st. Rspr., vgl. u.a. Senatsurteile vom 15. Februar 2006 - IV ZR 192/04 - VersR 2006, 641 unter II 3; 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - VersR 2001, 576 unter 3 b aa m.w.N; 22. Mai 1991 - IV ZR 232/90 - VersR 1991, 911 unter 2 b; OLG Hamm VersR 2004, 321). Vielmehr haftet der Versicherer in der privaten Krankheitskostenversicherung nach § 178b Abs. 1 VVG a.F./§ 192 Abs. 1 VVG n.F. nur "im vereinbarten Umfang". Ein im Hinblick auf die hier streitige Frage näher konkretisiertes gesetzliches Leitbild ist der Regelung des § 73 Abs. 1a Nr. 3 SGB V deshalb nicht zu entnehmen.
17
In 3. dieser Auslegung verstößt die Tarifklausel "(2) Erstattung ambulanter Heilbehandlung" des Tarifs EL nicht gegen § 305c Abs. 1 BGB.
18
Ein -überraschenden Klauseln innewohnender - Überrumpelungseffekt liegt hier nicht vor, weil die Tarifbedingung nicht von den Erwartungen des Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht , mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Schon die zunächst vorgenommene Beschränkung der Kostenerstattung auf 80% des Rechnungsbetrages und die im Weiteren dazu getroffene Ausnahmeregelung lenken die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers auf die Frage, unter welchen besonderen Voraussetzungen eine volle Kostenerstattung in Betracht kommt. Eine Erwartung, es würden Behandlungskosten in voller Höhe erstattet, solange es sich beim Erstbehandler ungeachtet seiner beruflichen Qualifikation nur um einen als Hausarzt tätigen Arzt handelt, findet - wie oben bereits dargelegt - in der eindeutigen Formulierung der Tarifklausel keinen Anhalt.
19
Die 4. beanstandete Tarifbedingung modifiziert das Hauptleistungsversprechen des Versicherers und unterliegt deshalb der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (vgl. dazu BGHZ 123, 83, 84; Senatsurteile vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 2 c; 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b); sie ist aber auch insoweit nicht zu beanstanden.
20
Die a) Nichteinbeziehung hausärztlicher Internisten in die Ausnahmeregelung über die Kostenerstattung zu 100% weicht nicht vom Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). § 73 Abs. 1a Nr. 3 SGB V, wonach hausärztliche Internisten an der kassenärztlichen hausärztlichen Versorgung teilnehmen, beansprucht für den Bereich der privaten Krankheitskostenversicherung keine Geltung (vgl. dazu oben II 2 d).
21
Die b) Tarifbedingung gefährdet auch nicht den Vertragszweck (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
22
Selbst aa) eine unmittelbar wirkende Leistungsbegrenzung - erst recht die Nichteinbeziehung eines bestimmten Sachverhaltes in eine die Versicherungsleistung erweiternde Klausel - bedeutet für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung, sondern bleibt zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen erweckt (BGHZ 141, 137, 143; Senatsurteil vom 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b aa). Eine Gefährdung des Vertragszwecks ist erst anzunehmen, wenn mit der Einschränkung der Leistung der Vertrag ausgehöhlt werden kann und damit in Be- zug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird (BGHZ 137, 174, 176 und ständig).
23
bb) Das ist hier nicht der Fall. Mit dem Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages bezweckt der Versicherungsnehmer eine Abdeckung seines krankheitsbedingten Kostenrisikos (Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO unter II 4 b bb). Dem wird die hier in Rede stehende Tarifbedingung gerecht. Das grundsätzliche Leistungsversprechen einer Kostenübernahme zu 80% für die medizinisch notwendige ärztliche Heilbehandlung bleibt von der Ausnahmeregelung zur vollen Kostenerstattung unangetastet. Die Ausnahmeregelung schafft, soweit sie die Behandlung durch hausärztliche Internisten nicht erfasst, für den Versicherungsnehmer auch kein unzumutbares Hindernis für eine volle Kostenerstattung. Er wird insoweit zwar mittelbar in seiner Wahl des Erstbehandlers eingeschränkt, ihm verbleiben indes ausreichende Möglichkeiten, einen der in der Tarifbedingung aufgezählten Ärzte aufzusuchen. Daran ändert auch die lediglich allgemeine Erwägung des Klägers nichts, es könne in ländlichen Gebieten im Einzelfall erforderlich werden, Entfernungen von bis zu 30 Kilometern zurückzulegen, um einen Facharzt für Allgemeinmedizin oder einen (früher so bezeichneten) praktischen Arzt anstelle eines hausärztlichen Internisten aufzusuchen.
24
Die c) fragliche Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer schließlich auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen , § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Versicherer - als Verwender der Tarifbedingung - versucht damit nicht treuwidrig einseitig eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 141, 137, 147; Senatsurteil vom 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b bb).

25
Bei der insoweit gebotenen Abwägung fällt ins Gewicht, dass der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran hat, der Entstehung und Erstattung von Behandlungskosten für vermeidbar mehrfache identische fachärztliche Leistungen entgegenzuwirken. Diese Gefahr besteht unter anderem dann, wenn der behandelnde Hausarzt zugleich Facharzt für Innere Medizin ist und deshalb auch selbst fachärztliche (internistische) Leistungen erbringen kann.
26
Nebeneinander Das von Haus- und Fachärzten kann zu einem Übermaß an diagnostischen Leistungen und zur Überbehandlung geringfügiger Erkrankungen führen (vgl. für die gesetzliche Krankenversicherung : BT-Drucks. 11/6380 S. 59, 63, 64).
27
gestaffelte Die Kostenerstattung im Elementartarif der Beklagten wird von dem Interesse getragen, eine ökonomisch sinnvoll abgestufte, koordinierte ambulante ärztliche Versorgung zu erreichen und damit insbesondere einer Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen entgegenzuwirken. Diesem Interesse entspricht eine klare Trennung zwischen der haus- und der fachärztlichen Versorgung und Leistungsabrechnung.
28
mit Der der Tarifbedingung nur mittelbar einhergehenden Einschränkung des Versicherungsnehmers bei der Wahl seines Hausarztes wird dabei unstreitig durch einen günstigeren Beitragssatz Rechnung getragen. Der Versicherungsnehmer hat danach die Wahl, entweder als Erstbehandler einen der in der Tarifbedingung aufgezählten Ärzte aufzusuchen , sich anderenfalls mit der grundsätzlich vereinbarten Kostenerstattung von lediglich 80% zu begnügen oder aber sich zu einem teureren Tarif zu versichern, der die hier beanstandete Einschränkung nicht enthält. Eine treuwidrige Missachtung der Belange des Versicherungsnehmers ist dem Versicherer bei alldem nicht vorzuwerfen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 18.08.2006 - 133 C 16969/06 -
LG München I, Entscheidung vom 05.12.2006 - 13 S 16689/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 113/99 Verkündet am:
17. Mai 2000
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 61 § 3 Abs. 4

a) Bei der Ermittlung des Zwecks einer Risikoausschlußklausel kommt es auf
deren - dem Versicherungsnehmer aus der Klausel selbst nicht erschließbare
- Entstehungsgeschichte auch dann nicht an, wenn deren Berücksichtigung
zu einem dem Versicherungsnehmer günstigeren Ergebnis führen könnte.

b) Zur Auslegung des Begriffs "Bewußtseinsstörung" im Sinne des § 3 Abs. 4
AUB 61.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Schmitz, die Richter Dr. Schlichting, Terno, Seiffert
und die Richterin Ambrosius auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai
2000

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teil- und Grundurteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. April 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht eine Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung, die er 1987 bei der Beklagten genommen hat. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 61 i.d.F. von 1984, VerBAV 1984 S. 10), die Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit planmäßiger Erhöhung von Leistung und

Beitrag und die Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel zugrunde. Aufgrund der vereinbarten Dynamisierung belief sich die Versicherungssumme für Invalidität ab 1. Juni 1996 auf 240.000 DM.
Am 21. Juni 1996 befuhr der Kläger mit seinem PKW die Bundesstraße B 292 von L. kommend in Richtung Ö.. Kurz vor Ö. geriet er mit seinem Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit zwei entgegenkommenden Fahrzeugen. Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine offene Ellenbogenluxationsfraktur links mit Zertrümmerung des Olecranons, eine Kopfwunde und Prellungen; seit dem Unfall ist die Beweglichkeit seines linken Ellenbogens eingeschränkt. Er kann seinen Beruf als Schreiner nicht mehr ausüben.
Der Kläger, der eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 288.000 DM begehrt, hat behauptet, ihm sei nur für einen kurzen Moment "schwarz vor Augen" geworden. Dadurch habe er die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sei auf die Gegenfahrbahn geraten, wo es schließlich zum Unfall gekommen sei. Bei seinem Zustand habe es sich lediglich um eine vorübergehende Schwäche ohne krankhafte Ursache gehandelt, die weniger als zwei Sekunden gedauert habe.
Die Beklagte verweigert Versicherungsleistungen. Unfälle infolge von Geistes- oder Bewußtseinsstörungen seien nach den vereinbarten Bedingungen von der Versicherung ausgeschlossen. Eine Bewußtseinsstörung habe beim Kläger vorgelegen und zu dem Unfall geführt. Denn der vom Kläger als "schwarz vor Augen werden" beschriebene Zustand

sei krankhafter Natur gewesen und habe nicht nur einen kurzen Moment, vielmehr über eine längere Fahrstrecke hinweg, jedenfalls für einige Sekunden angedauert.
Das Landgericht hat die Klage - mit der neben dem Zahlungsanspruch auch ein Feststellungsantrag verfolgt worden ist - abgewiesen. Das Berufungsgericht hat - unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers im übrigen - ausgesprochen, daß die Leistungsklage dem Grunde nach gerechtfertigt ist, und hat den Rechtsstreit zur Höhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung , soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. a) Das Berufungsgericht erachtet den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung für dem Grunde nach gerechtfertigt. Nach seiner Auffassung ist die Beklagte nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 von der Leistung frei, weil sich der Unfall nicht infolge einer Bewußtseinsstörung im Sinne dieser Klausel ereignet habe.

§ 3 Abs. 4 AUB 61 lautet: "§ 3 - Ausschlüsse Ausgeschlossen von der Versicherung sind: ... (4) Unfälle infolge von Schlaganfällen, epileptischen Anfällen und solchen Krampfanfällen, die den ganzen Körper des Versicherten ergreifen, von Geistes- oder Bewußtseinsstörungen , auch soweit diese durch Trunkenheit verursacht sind. Die Ausschlüsse gelten nicht, wenn diese Anfälle oder Störungen durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen waren."
b) Zur Begründung seiner Auffassung führt das Berufungsgericht im wesentlichen aus: Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß es zu dem Unfall gekommen sei, weil dem Kläger "schwarz vor Augen" geworden sei und er deshalb die Gewalt über das Fahrzeug verloren habe. Streitig sei lediglich, ob dieser Zustand beim Kläger nur einen kurzen Moment oder - wie die Beklagte geltend mache - über eine längere Fahrstrecke hinweg, jedenfalls einige Sekunden, gedauert habe. Selbst wenn man aber von der Behauptung der Beklagten ausgehe, habe beim Kläger eine Bewußtseinsstörung im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61nicht vorgelegen. "Schwarz vor Augen werden" sei eine typische Schwindelempfindung. Die Frage, ob auch ein so gekennzeichneter Schwindelanfall eine Bewußtseinsstörung im Sinne dieser Klausel darstelle, sei in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Sie sei aber jedenfalls für kurzzeitige Schwindelanfälle, die nicht länger als einige Sekunden andauerten , verneinend zu beantworten.
Es sei anerkannt, daß Klauseln, welche die vom Versicherer übernommene Gefahr beschränkten, nicht weiter ausgelegt werden dürften,

als es ihr Zweck erfordere. Dabei sei - ohne daß es auf das Verständnis des Versicherungsnehmers ankomme - bei der Ermittlung des Zwecks einer Risikobegrenzung auch die Entstehungsgeschichte der Klausel zu berücksichtigen, wenn das zu einem für den Versicherungsnehmer günstigeren Ergebnis führe. Hier zeige die Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 4 AUB 61, daß jedenfalls kurzzeitige Schwindelanfälle nicht zu den dort genannten Bewußtseinsstörungen gehören sollten. Denn in den vor den AUB 61 geltenden Unfallversicherungs-Bedingungen seien Schwindelanfälle noch ausdrücklich neben den Geistes- und Bewußtseinsstörungen angeführt worden. Daraus folge, daß der Bedingungsgeber damals in Schwindelanfällen etwas anderes als eine Geistes- oder Bewußtseinsstörung gesehen habe. Schwindelanfälle seien in § 3 Abs. 4 AUB 61 auch keineswegs nur aus redaktionellen Gründen nicht mehr genannt worden. Es sei vielmehr beabsichtigt gewesen, diese Fallgruppe nicht mehr in den Ausschlußtatbestand aufzunehmen und den Versicherungsschutz insoweit zu verbessern. Es verbiete sich deshalb, kurzzeitige Schwindelanfälle unter den Begriff der Bewußtseinsstörung in § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 zu subsumieren und darauf beruhende Unfälle vom Versicherungsschutz auszunehmen.
Der Senat folgt dieser Auslegung schon in ihrem Ansatz nicht.
2. a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen des Versicherers im Sinne des § 1 AGBG. Dieser Charakter der Versicherungsbedingungen bestimmt die bei ihrer Auslegung anzuwendenden Maßstäbe; er hindert es, sie "gesetzesähnlich" auszulegen. Vielmehr sind - nach der gefestigten Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs - Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen , wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muß (BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Für eine an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung ist nicht maßgeblich, was sich der Verfasser der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorstellte (Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 - IVa ZR 184/83 - VersR 1986, 177, 178). Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung - wie auch sonst bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBGesetz , 8. Aufl. § 5 Rdn. 22) - außer Betracht zu bleiben; versicherungswirtschaftliche Überlegungen können allenfalls insoweit Berücksichtigung finden, wie sie sich aus dem Wortlaut der Bedingungen für den verständigen Versicherungsnehmer unmittelbar erschließen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 151/86 - VersR 1988, 282 unter II; vom 18. Dezember 1991 - IV ZR 204/90 - VersR 1992, 349 unter 3; vom 6. März 1996 - IV ZR 275/95 - VersR 1996, 622 unter 3 b).

b) Für die Auslegung des § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 - einer Risikoausschlußklausel - gilt nichts anderes. Das Berufungsgericht entnimmt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit zwar zutreffend, daß solche Klauseln grundsätzlich eng auszulegen sind und nicht weiter ausgelegt werden dürfen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirt-

schaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteile vom 23. November 1994 - IV ZR 48/94 - VersR 1995, 162 unter 3 b; vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 - NVersZ 1999, 394 unter 2 a). Entgegen seiner Auffassung kommt es aber auch in diesem Rahmen bei der Ermittlung des Zwecks der Ausschlußklausel auf deren - dem Versicherungsnehmer aus der Klausel selbst nicht erschließbare - Entstehungsgeschichte auch dann nicht an, wenn deren Berücksichtigung zu einem dem Versicherungsnehmer günstigeren Ergebnis führen könnte. Denn auch die für Risikoausschlußklauseln geltende Auslegungsregel beruht weder auf einer die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte ermöglichenden "gesetzesähnlichen" Auslegung gerade solcher Klauseln, noch setzt sie eine solche voraus. Vielmehr erfährt diese Regel gerade durch eine Auslegung, die auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abstellt, Rechtfertigung und Sinn (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999, aaO). Die dem Versicherungsnehmer unbekannte Entstehungsgeschichte der Ausschlußklausel kann in diesem Rahmen keine Berücksichtigung finden, gleichviel ob sie für eine Auslegung zugunsten des Versicherungsnehmers oder zugunsten des Versicherers von Bedeutung sein könnte. Für die Auslegung von Risikoausschlußklauseln insoweit zur gesetzesmäßigen Auslegung zurückzukehren, besteht kein Anlaß (Senatsurteil vom 17. März 1999, aaO).

c) Demgemäß erweist sich bereits der Auslegungsansatz des Berufungsgerichts als nicht rechtsfehlerfrei. Denn für die Frage, ob der Begriff Bewußtseinsstörung in § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 auch kurzzeitige Schwindelanfälle erfaßt, kommt es nicht darauf an, daß Schwindelanfälle

in früheren Unfallversicherungsbedingungen noch neben Bewußtseinsstörungen angeführt waren und daß - aus welchen Gründen auch immer - bei Abfassung der AUB 61 davon Abstand genommen worden ist. Das vom Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Umstände gewonnene Auslegungsergebnis trägt daher die angefochtene Entscheidung nicht.
3. a) Bei einer Auslegung des § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61, die sich an den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers orientiert, nimmt der Begriff "Bewußtseinsstörung" einen Zustand, bei dem dem Versicherten "schwarz vor Augen" wird und in dessen Folge es zu einem Unfall kommt, nicht von vornherein vom Anwendungsbereich der Klausel aus.
Der - auch dem verständigen Versicherungsnehmer erkennbare - Sinn der Ausschlußklausel liegt darin, vom Versicherungsschutz solche Unfälle auszunehmen, die sich als Folge einer schon vor dem Unfall vorhandenen - gefahrerhöhenden - gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Versicherten darstellen. Dabei muß diese Beeinträchtigung so beschaffen sein, daß sie eine den Unfall vermeidende Reaktion des Versicherten nicht zuläßt ("Unfälle infolge von ..."). Das gilt gleichermaßen für die angeführten Anfalleiden wie für die mit einem Sammelbegriff umschriebenen Bewußtseins- oder Geistesstörungen. Auch diese Störungen können zwar - wie der Zusammenhang verdeutlicht - von nur kurzzeitiger Dauer sein, müssen aber dennoch so beschaffen sein, daß es in ihrer Folge zu einem Unfall kommt. Eine Bewußtseinsstörung im Sinne der Klausel setzt danach nicht den Eintritt völliger Bewußtlosigkeit vor-

aus, es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen, die also den Versicherten außerstande setzen, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen (Senatsurteile vom 27. Februar 1985 - IVa ZR 96/83 - VersR 1985, 583 unter II 1; vom 7. Juni 1989 - IVa ZR 137/88 - VersR 1989, 902, 903 li. Sp. unten; vom 10. Oktober 1990 - IV ZR 231/89 - r+s 1991, 35 = VVGE § 3 AUB Nr. 8). Eine solche Störung liegt mithin dann vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist (Senatsurteil vom 7. Juni 1989, aaO); sie muß einen Grad erreicht haben, bei dem die Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990, aaO).
Ob eine Bewußtseinsstörung in diesem Sinne vorliegt, hängt damit sowohl vom Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Aufnahme - und Reaktionsfähigkeit als auch von der konkreten Gefahrenlage ab, in der sich der Versicherte befindet. Das macht - wie der Senat wiederholt klargestellt hat (zuletzt Senatsurteil vom 10. Oktober 1990, aaO) - eine fallbezogene Betrachtung erforderlich. An einer solchen hat es das Berufungsgericht fehlen lassen.

b) Für diese Betrachtung ist nicht entscheidend, ob sich der vom Kläger beschriebene Zustand, ihm sei vor dem Unfall "schwarz vor Augen" geworden, als ein Schwindelanfall einordnen läßt. Denn eine sol-

che Einordnung allein gibt keinen ausreichenden Anhalt für die Beantwortung der Frage, ob mit diesem Zustand eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit in einem Ausmaß vorgelegen hat, daß die konkrete Gefahrenlage, in der sich der Kläger befand, nicht mehr beherrscht werden konnte.
Eine solche Beeinträchtigung - und damit eine Bewußtseinsstörung im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 - wird auch nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, daß der vom Kläger beschriebene Zustand - wie vom Berufungsgericht unterstellt - einige Sekunden gedauert hat. Denn auch eine solche nur kurzzeitige gesundheitsbedingte Störung der Aufnahme- und Gegenwirkungsmöglichkeit kann geeignet sein, dem Versicherten die Fähigkeit zu nehmen, die konkrete Gefahrenlage, in der er sich befindet, zu beherrschen.
Das Berufungsgericht hat Feststellungen zur konkreten Gefahrenlage und zum Ausmaß der Beeinträchtigung des Klägers - seiner Auslegung der Ausschlußklausel folgend - bislang nicht getroffen. Die danach notwendige Aufhebung seiner Entscheidung gibt den Parteien Gelegenheit , zu den tatsächlichen Voraussetzungen des Risikoausschlusses unter Beachtung seiner Auslegung durch den Senat gegebenenfalls ergänzend vorzutragen. Auf der Grundlage der danach zu treffenden Feststellungen wird vom Berufungsgericht zu beurteilen sein, ob beim Kläger eine Bewußtseinsstörung im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 AUB 61 vorlag.
Dr. Schmitz Dr. Schlichting Terno

Seiffert Ambrosius

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 244/04 Verkündetam:
18.Januar2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AVB Krankheitskostenversicherung (§§ 4 (1), 5 (1) g MB/KK 94)
Die Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten kann durch Einführung von
Höchstgrenzen unter Anknüpfung an bestimmte Leistungen in einer dem gewählten
Tarif angehängten so genannten Sachkostenliste beschränkt werden.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 - IV ZR 244/04 - LG Köln
AG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2006

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. September 2004 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Parteien Die streiten um die Erstattung von Sachkosten einer zahnärztlichen Behandlung des Klägers.
2
Der Kläger hält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen seit dem 1. Juli 1998 u.a. die Tarifbedingungen (TB) des Tarifes "ECO 2500" zugrunde. Dieser sieht eine grundsätzliche Erstattung von Zahnbehandlungskosten in Hö- he von 90% vor. Zur Erstattung von Sachkosten bei zahnärztlicher Behandlung heißt es in Nr. 10b (1) TB: "Die Erstattung von Sachkosten bei zahnärztlicher und kieferorthopädischer Behandlung richtet sich nach den in der Sachkostenliste des versicherten Tarifes genannten Leistungsinhalten und Höchstpreisen, soweit nichts anderes vereinbart ist."
3
Derzweiseitigen-au sdrücklich auch für den Tarif "ECO 2500" gültigen - Sachkostenliste, die fortlaufend nummeriert einzelne Leistungsinhalte mit Preisobergrenzen benennt, sind u.a. folgende "Informationen zur Sachkostenliste" vorangestellt: "1. Die Liste bezeichnet abschließend die Leistungen, die von einem Zahnarzt/einer Zahnärztin oder einem zahntechnischen Labor als Sachkosten gemäß § 9 GOZ erbracht werden und im Rahmen des Versicherungsschutzes erstattungsfähig sind. 2. … Leistungen, die nicht in dieser Liste enthalten sind oder Preise, soweit sie über den genannten liegen, sind nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes. …"
4
2002 unterzog sich der Kläger einer zahnärztlichen Behandlung, für die ihm insgesamt 12.235,46 € in Rechnung gestellt wurden, davon 6.572,22 € Laborkosten. Unter Hinweis auf die Geltung der Sachkostenliste verweigerte die Beklagte die Regulierung des Laboranteils in Höhe von 2.726,85 €.
5
Das Amtsgericht hat die auf diesen Betrag gerichtete Zahlungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht , dessen Entscheidung in RuS 2005, 208 veröffentlicht ist, den Ver- sicherer antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Revision erstrebt dieser die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
7
Das I. Berufungsgericht hält die Sachkostenliste gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für intransparent. Sie beruhe auf der sog. BEL-Liste (Bundeseinheitliches Verzeichnis zahntechnischer Leistungen nach § 88 SGB V), auf deren Grundlage nach seiner ständigen Rechtsprechung nicht abgerechnet werden dürfe. Die Üblichkeit erstattungsfähiger Preise an den Maßstäben der BEL-Liste auszurichten, verkenne die Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Die mit der Sachkostenliste verbundenen erheblichen Erstattungskürzungen würden dem Versicherungsnehmer nicht deutlich. Vielmehr suggeriere ihm Nr. 1 der "Informationen zur Sachkostenliste", dass es sich bei den Beträgen der Sachkostenliste um die tatsächlichen Ansätze der Labore handele. Dass diese in Wirklichkeit höher sein könnten und insoweit nicht erstattungsfähig seien, bleibe unklar.
8
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung bereits im Ansatz nicht stand.

9
1. Das Berufungsgericht verstellt sich durch seinen sogleich vorgenommenen vergleichenden Rückgriff auf die BEL-Liste den Blick auf die im konkreten Fall maßgeblichen Rechtsgrundlagen des zu gewährenden Versicherungsschutzes. Dieser ergibt sich allein aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den diese ergänzenden Tarifen und Tarifbedingungen (vgl. BGHZ 154, 154, 166; Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - IV ZR 29/03 - VersR 2004, 1035 unter II 1). Zwar ist das für die Krankenversicherung des Klägers geltende Bedingungswerk nur rudimentär zu den Akten gereicht worden. Gleichwohl ist dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Berechtigung des vom Kläger erhobenen Erstattungsanspruchs auf der insoweit unstreitigen Vertragsgrundlage möglich. Diese enthält keinen Anhalt dafür, dass die BELListe auf den vereinbarten Leistungsumfang in irgendeiner Weise Einfluss nehmen könnte. Auch wenn diese Liste möglicherweise als Vorbild für die Sachkostenliste der Beklagten gedient haben oder deren Einführung durch die Abschaffung der BEL-Liste zum 1. Januar 1998 motiviert gewesen sein sollte, ist die über den gewählten Tarif geltende Sachkostenliste allein für die Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten maßgeblich.
10
2. Zutreffend geht das BG allerdings davon aus, dass Nr. 10b (1) TB zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zählt, da sie - unabhängig von ihrer Bezeichnung im Einzelfall - eine Bestimmung mit Regelungscharakter ist, die einer Vielzahl von Versicherungsverträgen ohne Rücksicht auf individuelle Verschiedenheiten der einzelnen Wagnisse zugrunde gelegt wird (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Vorbem. I Rdn. 13, 13b). Das gilt gleichermaßen für die Sachkostenliste.

Auch sie hat insofern Regelungsgehalt, als sie unmittelbar die Erstattungsfähigkeit einzelner Rechnungsposten festlegt. Ob dies in gleicher Weise für die vorangestellten "Informationen zur Sachkostenliste" gilt, die den Regelungsgehalt des Nr. 10b (1) TB nur erläutern, kann dagegen dahinstehen. Die "Informationen" bestimmen jedenfalls nachhaltig das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers vom Inhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, auf dessen Sicht es bei der Auslegung allein ankommt (BGHZ 84, 268, 272; 123, 83, 85 und ständig).
11
Vor 3. diesem Hintergrund begegnet die von der Beklagten gewählte Vertragskonstruktion, wonach die erstattungsfähigen zahnärztlichen Sachkosten ihrer Art nach abschließend und ihrer Höhe nach begrenzt in einer Art Anhang zu dem jeweils gewählten Tarif aufgelistet werden, keinen rechtlichen Bedenken (vgl. zur Zulässigkeit von Verweisungen in AGB auf Anlagen BGH, Urteil vom 1. Februar 1996 - I ZR 44/94 - NJW 1996, 2374 unter II 2 a). Der Senat kann die Allgemeinen Versicherungsbedingungen selbständig auslegen, da deren unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte denkbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zur Veröffentlichung in BGHZ 163, 321 bestimmt).
12
Insbesondere a) liegt der vom Berufungsgericht angenommene Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht vor. § 10b (1) TB lässt den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer den ihm mit der Sachkostenliste versprochenen Sachkostenersatz einschließlich der damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen klar und durchschaubar erken- nen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04 - VersR 2005, 976 unter 1 c aa und bb; BGHZ 141, 137, 143). Sowohl die Geltung der Sachkostenliste an sich als auch die mit ihr verbundenen Beschränkungen bei Art und Höhe erstattungsfähiger Sachkosten werden mit wenigen und leicht verständlichen Worten vermittelt. Danach weiß der Versicherungsnehmer , dass ihm von den Zahnbehandlungskosten ohnehin uneingeschränkt 90% erstattet werden. Die TB 10 betrifft lediglich den Teilbereich der Sachkosten. Sie will - für den Versicherungsnehmer wiederum deutlich auszumachen - eine Begrenzung durch Einführung von Höchstpreisen herbeiführen. Das setzt die Anknüpfung an bestimmte Sachkosten voraus, die in der Liste dann im Einzelnen abschließend aufgeführt werden. Dieses Verständnis wird durch Nr. 2 der "Informationen zur Sachkostenliste" zusätzlich verstärkt, wonach "... Leistungen, die nicht in dieser Liste enthalten sind oder Preise, soweit sie über den genannten liegen, ... nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes“ sind. Eine weitergehende Unterrichtung kann und braucht aus Transparenzgesichtspunkten nicht geleistet zu werden. Will der Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss ermessen, wie sich diese Begrenzung bei möglichen prothetischen Versorgungsmaßnahmen im Einzelnen auswirken können, liegt es zwar bei ihm, sich vorher sachkundig zu machen. Von dem generellen Umfang des angebotenen Versicherungsschutzes einschließlich seiner Grenzen kann er sich aber - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - ein realistisches Bild machen.
13
steht Dem die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang herangezogene Nr. 1 der "Informationen" mit ihrem erläuternden Hinweis auf die gemäß § 9 GOZ zu erbringenden Leistungen nicht entgegen. Hieraus wird ein verständiger Versicherungsnehmer auch ohne rechtli- che Vorbildung nicht schließen können, dass die in der Sachkostenliste enthaltenen Ansätze mit den tatsächlichen Ansätzen der Labors identisch sind. Nr. 1 der "Informationen" spricht nicht von einer Erstattungsfähigkeit im Rahmen des § 9 GOZ, sondern unmissverständlich von Erstattungsfähigkeit "im Rahmen des Versicherungsschutzes". Diese Erstattungsfähigkeit muss mit erbrachten Leistungen nach § 9 GOZ zusammentreffen.
14
b) Auch im Übrigen begegnet die Vereinbarung der Sachkostenliste keinen rechtlichen Bedenken.
15
Ein (1) Verstoß gegen das Überraschungsverbot des § 305c Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Ein Versicherungsnehmer wird in Anbetracht des durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen grundsätzlich weit gesteckten Leistungsrahmens der Krankheitskostenversicherung davon ausgehen, dass das allgemeine Leistungsversprechen näherer Ausgestaltung bedarf, die auch Einschränkungen nicht ausschließt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - IV ZR 29/03 - VersR 2004, 1035 unter II 3 a). Darauf wird der Versicherungsnehmer mit Nr. 10b (1) TB, der die Bedeutung der Sachkostenliste des jeweiligen Tarifs für die konkrete Erstattungsfähigkeit ausdrücklich hervorhebt, deutlich hingewiesen.
16
(2) Ebenso wenig weicht die Geltung der Sachkostenliste von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). In diesem Zusammenhang können Regelungen aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, wie etwa insbesondere die BEL-Liste, nicht herangezogen werden. Private Versicherungen sind nach ihren eigenen privatrechtlichen Regelungen und ihrem eige- nen Vertragszweck zu beurteilen. Die Gesetze zur Sozialversicherung geben wegen ihrer Andersartigkeit und ihrer anderen Leistungsvoraussetzungen insoweit keinen tauglichen Maßstab für die Beurteilung, ob der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung unangemessen benachteiligt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - VersR 2001, 576 unter 3 b aa m.w.N.). Abgesehen davon geht die Beklagte nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag mit der Sachkostenliste im Mittel sogar 20% über das Leistungsniveau der entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungen hinaus.
17
(3) Schließlich ist mit der Sachkostenliste keine Vertragszweckgefährdung verbunden (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Eine solche wäre erst dann anzunehmen, wenn mit der Leistungseinschränkung der Vertrag ausgehöhlt werden könnte und er so in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos würde (Senatsurteile vom 29. September 2004 - IV ZR 233/03 - VersR 2004, 1449 unter 2 a (2); vom 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b aa). Das ist bei der vorgesehenen bloßen Beteiligung des Versicherungsnehmers an den Sachkosten zahnärztlicher Behandlung nicht der Fall. Im Hinblick auf den auch im Interesse des einzelnen Versicherungsnehmers liegenden Zweck der Sachkostenliste, dem Versicherer eine sichere, vertretbare Prämiengestaltung zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 aaO unter II 3 b bb für die eingeschränkte Erstattung von Hilfsmitteln) und so die Prämie niedrig zu halten, werden die Belange des Versicherungsnehmers hinreichend berücksichtigt.

18
III. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, ist der Senat zu einer eigenen, klageabweisenden Sachentscheidung berufen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 30.03.2004 - 146 C 185/03 -
LG Köln, Entscheidung vom 29.09.2004 - 23 S 42/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 241/04 Verkündetam:
30.April2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB f. Feuervers. (AFB 87) § 11 Nr. 1
Die Bestimmung "Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben unberücksichtigt"
in § 11 Nr. 1 AFB 87 benachteiligt den Versicherungsnehmer wegen
Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 9 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB)
unangemessen und ist deshalb unwirksam.
BGH, Urteil vom 30. April 2008 - IV ZR 241/04 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert,
Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2008

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. September 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Feuerversicherung wegen zweier Brandschäden im Juni und Oktober 1998 auf ihrem Fabrikgelände in Anspruch, auf dem sie ein Edelstahlhammerwerk und ein Ringwalzwerk betreibt. Über den bereits regulierten Neuwertschaden von ca. 755.000 DM hinaus macht sie Ersatz von Mehrkosten in Höhe von ca. 130.000 € wegen behördlich vorgegebener Baumaßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Mitarbeiter geltend. Es geht um Schallschutzmaßnahmen für das Dach der Hammerhalle, eine doppelwandige Ausführung der Ölhärteanlage mit Leckageanzeige und eine Anlage zur Absaugung des Ölnebels. Die Durchführung der beiden zuerst genannten Maßnahmen hatte das Staatliche Umweltamt im Zuge des die Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen nach § 15 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) betreffenden Anzeigeverfahrens mit Schreiben vom 17./18. August 1998 verlangt. Die von der Klägerin nach dieser Vorschrift angezeigte Erneuerung des Dachs und der Ölhärteanlage erfüllte die geforderten Voraussetzungen. Demgemäß entschied das Umweltamt durch Freistellungsbescheide vom 8. September und 13. Oktober 1998, dass für die angezeigten Vorhaben kein Genehmigungsverfahren nach § 16 Abs. 1 BImSchG erforderlich sei. Den Einbau der Anlage zur Absaugung der Ölnebel verlangte das Umweltamt aus Gründen des Arbeitsschutzes nach Behauptung der Klägerin bei einer Besprechung vom 6. November 1998.
2
Dem Versicherungsvertrag vom März 1994 mit Nachtrag vom Dezember 1997 liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 87) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 5 Versicherungswert 1. Versicherungswert von Gebäuden ist
a) der Neuwert; Neuwert ist der ortsübliche Neubauwert einschließlich Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten; … § 11 Entschädigungsberechnung; Unterversicherung 1. Ersetzt werden
a) bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert (§ 5) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles;
b) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer durch den Versicherungsfall etwa entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung , höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. Restwerte werden angerechnet. Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben unberücksichtigt. …"
3
Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen sind durch die Klauseln 2302 und 2303 mitversichert, die auszugsweise wie folgt lauten: "Mehrkosten durch behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen (ohne Restwerte) (2302) 1. Abweichend von den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind Erhöhungen des Schadenaufwandes durch Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen mitversichert. 2. Ersetzt werden bis zu der hierfür vereinbarten Versicherungssumme die tatsächlich entstandenen Mehrkosten für die Wiederherstellung der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache durch behördliche Auflagen auf der Grundlage bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles erlassener Gesetze und Verordnungen. Soweit behördliche Auflagen mit Fristsetzung vor Eintritt des Versicherungsfalles erteilt wurden, sind die dadurch entstehenden Mehrkosten nicht versichert. 3. Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen Reste der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache nicht wieder verwertet werden können, sind nicht versichert. … Berücksichtigung von behördlichen Wiederherstellungsbeschränkungen für Restwerte (Klausel 2303) 1. Abweichend von den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind bei der Anrechnung des Restwertes für die versicherte und vom Schaden betroffene Sache behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen zu berücksichtigen. …"
4
Beklagte Die verweigert die Erstattung der geltend gemachten Mehrkosten, weil das Umweltamt die Maßnahmen nicht durch förmliche Auflagen nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) angeordnet habe. Nur durch solche Auflagen verursachte Mehrkosten seien nach der Klausel 2302 mitversichert.
5
Demgegenüber meint die Klägerin, es komme nicht auf die Form der behördlichen Vorgaben an, sondern darauf, ob sie zur Wiederherstellung einer dem Versicherungswert entsprechenden Sache objektiv erforderlich seien und zu Recht verlangt würden. Der Anspruch ergebe sich im Übrigen nicht erst aus der Klausel 2302, sondern bereits aus §§ 5, 11 Nr. 1 AFB 87 und könne durch die die Erweiterung des Versicherungsschutzes bezweckenden Klauseln 2302 und 2303 nicht eingeschränkt werden.
6
Die gegen die Beklagte als führenden Versicherer gerichtete Klage auf Zahlung ihres Anteils in Höhe von 39.241,93 € hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
8
I. Das Berufungsgericht (VersR 2005, 265) hat offen gelassen, ob sich der Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Mehrkosten aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen in der Neuwertversicherung aus §§ 5, 11 Nr. 1 AFB 87 ergebe und sich die Regelung in § 11 Nr. 1 Abs. 3 AFB 87, wonach behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen unberücksichtigt bleiben, nur auf die Anrechnung von Restwerten in Absatz 2 der Klausel beziehe. Bei den vereinbarten Klauseln 2302 und 2303 handele es sich um Besondere Bedingungen des Versicherungsvertrages. Diese Spezialregelungen zu Mehrkosten durch behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen verdrängten die allgemeine Regelung in den AFB 87. In Nr. 1 der Klausel 2302 werde zudem ausdrücklich klargestellt, dass nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nicht mitversichert seien. Ein Anspruch aus Nr. 1 und 2 der Klausel 2302 scheitere bereits daran, dass eine behördliche Auflage i.S. der Klausel nicht vorliege. Zwar möge zweifelhaft sein, ob der Begriff "behördliche Auflage" allein auf die Definition und rechtliche Einordnung in § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zurückzuführen sei, weil der Begriff "Auflage" nicht nur im Verwaltungsrecht, sondern auch im Strafrecht und Zivilrecht verwendet werde. Es sei auch nicht zu verkennen, dass durch die Einführung des Anzeigeverfahrens in § 15 BImSchG ein gesetzliches Verfahren geschaffen worden sei, wonach die Abstimmung einer geplanten Änderung der Anlage mit der Behörde im Vorfeld den Erlass von sonst gebotenen rechtlichen Auflagen im Genehmigungsverfahren überflüssig machen und Zeit und Kosten - bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung auch zum Vorteil des Versicherers - sparen könne. Trotz dieser Interessenlage sei bei der Auslegung des Begriffs "behördliche Auflage" aus Gründen der Rechtsklarheit an dem Erlass einer einzelfallbezogenen rechtsverbindlichen Regelung der Behörde festzuhalten. Den im Schreiben des Umweltamtes vom 17./18. August 1998 und in der Besprechung vom 6. November 1998 geforderten Maßnahmen habe keine für die Klägerin rechtsverbindliche, einzelfallbezogene Regelung der Behörde zugrunde gelegen. Ob die Klägerin nach der Gesetzeslage verpflichtet gewesen sei, die Maßnahmen durchzuführen, sei unerheblich.
9
II. Mit dieser Begründung lässt sich die Abweisung der Klage nicht rechtfertigen.
10
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Vertragswerks ist schon vom Ansatz her verfehlt. Es durfte nicht offen lassen , ob sich der geltend gemachte Anspruch bereits aus §§ 5, 11 Nr. 1 AFB 87 ergibt. Die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen (hier der AFB 87) hängt nicht davon ab, ob Klauseln, die zusätzlich vereinbart werden können, vereinbart worden sind oder nicht (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 - VersR 1999, 748 unter 2 und vom 15. November 1989 - IVa ZR 212/88 - VersR 1990, 200 f.; Martin , Sachversicherungsrecht 3. Aufl. Q IV Rdn. 64). § 11 AFB 87 ist vielmehr aus sich heraus auszulegen unabhängig davon, ob der sich aus den Allgemeinen Bedingungen ergebende Versicherungsschutz durch die Vereinbarung Besonderer Bedingungen oder von Zusatzklauseln eingeschränkt oder erweitert wird. Soll der Leistungsumfang abweichend von den AVB - wie hier durch die Klauseln 2302 und 2303 - erklärtermaßen und nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers unzweifelhaft erweitert werden (vgl. Boldt, Die Feuerversicherung 7. Aufl. S. 29 f.; Johannsen/Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Bd. III Anm. H 167 S. 702), ist es rechtlich fehlerhaft, daraus eine Einschränkung des nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen versprochenen Versicherungsschutzes abzuleiten (Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO; Schnitzler, Der Schaden als Leistungsgrenze in der Sachversicherung [§ 55 VVG] S. 209).
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2. Die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ergibt sich demgemäß aus §§ 5, 11 Nr. 1 AFB 87. Als Versicherungswert ist - soweit hier von Bedeutung - der Neuwert vereinbart.
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a) Nach § 11 Nr. 1a AFB 87 wird bei zerstörten Sachen der Versicherungswert (§ 5) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles ersetzt. Versicherungswert von Gebäuden ist nach § 5 Nr. 1a AFB 87 der Neuwert, definiert als der ortsübliche Neubauwert einschließlich Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten. Der ortsübliche Neubauwert umfasst die Kosten, die erforderlich sind, um ein Gebäude gleicher Art, Güte und Zweckbestimmung im neuwertigen Zustand wieder herzustellen (vgl. § 11 Nr. 5a AFB 87; Martin aaO Q IV Rdn. 11). Ist eine Wiederherstellung aus tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in gleicher, sondern nur noch in besserer Art und Güte möglich, so ist die nächst bessere und realisierbare Art und Güte zugrunde zu legen (Senatsurteil vom 21. Februar 1990 - IV ZR 298/88 - VersR 1990, 488 unter 2; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 5 AFB 87 Rdn. 3; Martin aaO Q IV Rdn. 14, 17; Engels, VP 1989, 88 f.). Der zu ersetzende ortsübliche Neubauwert umfasst da- mit insbesondere unvermeidliche Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen (Kollhosser aaO und § 55 VVG Rdn. 43, § 83 VVG Rdn. 2 a.E. sowie § 15 VGB 88 Rdn. 3; Martin aaO Q IV Rdn. 23-25 und 29-32; BK/Dörner/Staudinger, § 83 VVG Rdn. 6; Schnitzler aaO S. 199). Das folgt aus dem Zweck der Neuwertversicherung, den Versicherungsnehmer vor den ungeplanten, ihm durch den Versicherungsfall aufgezwungenen, mit der Wiederherstellung verbundenen Kosten zu schützen, auch soweit sie den Zeitwert übersteigen (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 1990 aaO und BGHZ 137, 318, 326 f.; Martin aaO R III Rdn. 20). Ob Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen zu ersetzen sind, hängt nicht von der Form der behördlichen Vorgaben ab, sondern davon, ob es rechtmäßig ist, die Wiederherstellung davon abhängig zu machen (vgl. Martin aaO Q IV Rdn. 44).
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b) Die gleichen Grundsätze gelten für den Ersatz der notwendigen Reparaturkosten bei beschädigten Sachen, weil § 11 Nr. 1b AFB 87 ebenfalls auf den Versicherungswert abstellt, also den Neuwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles als Obergrenze (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2007 - IV ZR 84/05 - VersR 2007, 489 unter 3; Martin aaO R III Rdn. 13, 16, 28).
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3. Der sich aus § 5 Nr. 1a i.V. mit dem ersten Satz/Absatz in § 11 Nr. 1 AFB 87 ergebende Anspruch wird durch den (üblicherweise und auch im Folgenden als Absatz 3 bezeichneten) Satz "Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben unberücksichtigt" nicht wirksam eingeschränkt. Diese Bestimmung benachteiligt den Versicherungsnehmer wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 9 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unangemessen und ist deshalb unwirksam.
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Nach a) dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 147, 354, 361 f.)
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b) Diesen Anforderungen genügt § 11 Nr. 1 Abs. 3 AFB 87 nicht.
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Schon aa) die Formulierung "Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben unberücksichtigt" weist den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeiten es ankommt (BGHZ 123, 83, 85), nicht mit der gebotenen und möglichen Klarheit darauf hin, dass es um Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen geht und diese nicht ersetzt werden. Der Satz wird vom Schriftbild her auch nicht ohne weiteres als selbständiger Absatz erkannt. Deshalb können Zweifel aufkommen, ob er sich nur auf die im Satz/Absatz davor erwähnten Restwerte oder auch auf die unter a) und
b) geregelten Wiederherstellungs- und Reparaturkosten bezieht.
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bb)Demgemäßverwun dert es nicht, dass die Auslegung von § 11 Nr. 1 Abs. 3 AFB 87 in der Literatur umstritten ist (vgl. Schnitzler aaO S. 206 ff.).
19
Einige Autoren meinen, die Nichtberücksichtigung behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen beziehe sich allein auf die Anrech- nung von Restwerten (Kollhosser aaO § 5 AFB 87 Rdn. 3; Martin aaO Q IV Rdn. 33-36; Engels aaO; Josten/Horn, Die Feuer-IndustrieVersicherung S. 34).
20
Nach anderer Auffassung enthält die Klausel einen vollständigen Ausschluss der durch behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen verursachten Mehrkosten, und zwar für den Fall von Nr. 1a und Nr. 1b (Boldt aaO; Johannsen/Johannsen aaO Anm. H 167 S. 701 f.; ebenso wohl auch Dietz, Wohngebäudeversicherung 2. Aufl. R 2.2; Schnitzler aaO S. 208 ff.).
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cc) Die Auslegung, die Klausel beziehe sich nur auf die Anrechnung von Restwerten, lässt sich zwar für denjenigen hören, der über vertiefte rechtliche Kenntnisse in der Neuwertversicherung von Gebäuden verfügt. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der § 11 Nr. 1 AFB 87 verständig würdigend aufmerksam durchsieht und einen Sinnzusammenhang mit der Bestimmung des Versicherungswerts in § 5 AFB 87 erkennt, wird sich dies nicht als ernsthaft in Betracht kommende Auslegungsmöglichkeit erschließen. Selbst Martin (aaO Q IV 33, 63, R II 25) kommt zu dem Ergebnis, dass der allein in Betracht kommende Verkaufswert der Reste durch behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen nicht beeinflusst werde und die Klausel deshalb kein Anwendungsgebiet habe.
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Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer wird der Klausel aber nicht jede Bedeutung absprechen. Er kann ihr immerhin noch entnehmen, dass sie wie die Anrechnung der Restwerte auf eine Kürzung der Ersatzleistung abzielt. Ob die Nichtberücksichtigung von behördlichen Wiederherstellungsbeschränkungen nur die Wiederherstellung zerstörter Sachen oder auch die notwendigen Reparaturkosten bei beschädigten Sachen betrifft, bleibt allerdings im Dunkeln. Zudem werden die mit dem völligen Ausschluss solcher Mehrkosten verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dem Versicherungsnehmer auch nicht annähernd vor Augen geführt. Insbesondere bei älteren Industrieanlagen kann dies wegen neuer Gesetze zum Schutz der Umwelt und über die Anlagensicherheit zu Mehrkosten in einer Größenordnung führen, die eine Wiederherstellung für den Versicherungsnehmer wirtschaftlich unmöglich machen.
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III. Nach der Zurückverweisung und eventuell ergänzendem Parteivortrag wird das Berufungsgericht die Sache in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären und die Rechtmäßigkeit der behördlichen Vorgaben zu prüfen haben. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich die in den vorinstanzlichen Schriftsätzen erwähnte Baugenehmigung für das Hal- lendach und das im Schriftsatz der Beklagten vom 24. Juni 2004 erwähnte Sachverständigengutachten F. (GA II 378) nicht bei den Akten befinden.
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.12.2003 - 24 O 336/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.09.2004 - 9 U 9/04 -

(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung).

(2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versicherungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.

(3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen.