Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2003 - III ZR 269/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Mutter des Klägers, Frau K. N. , ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks B. Straße 23 in M. - B. (Flurstück 340/6). Der Kläger beabsichtigte, das vorhandene Wohnhaus durch einen Anbau zu erweitern, der die nach der Landesbauordnung erforderlichen Grenzabstände zu den südwestlichen und westlichen Nachbargrundstücken Flurstücke 340/5 und 340/3 sowie dem nordöstlichen Nachbargrund-
stück Flurstück 346/1 nicht einhielt. Die Nachbarin E. M. , die Eigentümerin des Flurstücks 346/1, war mit dem Vorhaben des Klägers nicht einverstanden und hatte dies dem Kläger auch ausdrücklich erklärt.
Unter dem 12. September 1990 beantragte der Kläger bei der Kreisverwaltung M. -B. nach einem vorangegangenen Bauvoranfrageverfahren die Baugenehmigung. Der Lageplan und die Bauzeichnungen trugen jeweils die handschriftlichen Vermerke: "Einverständnis der Nachbarn: Flur 1 340/3 und 5 sowie Flur 1 346/1". Bei den Flurstücken 340/3 und 5 war die Unterschrift des Nachbarn beigefügt; bei dem Flurstück 346/1 jedoch nicht diejenige der Grundstückseigentümerin Frau M. , sondern der Mutter des Klägers. Die Gemeindeverwaltung B. erteilte am 9. Oktober 1990 ihr Einvernehmen. Dabei wies sie darauf hin, daß die Unterschrift des Nachbarn zu dem Grundstück Flur 1 Nr. 346/1 nicht von der Grundstückseigentümerin stamme; Frau K. N. sei Eigentümerin des Baugrundstücks.
Am 11. Dezember 1990 stellte der Kläger einen Befreiungsantrag, betreffend die Einhaltung der Abstandsflächen zu den Parzellen 340/3 und 340/5. Er erklärte, hinsichtlich dieser Grundstücke werde teilweise direkt an den Grenzen angebaut; die Eigentümer seien jedoch mit der Bebauung einverstanden und hätten dies durch ihre Unterschrift bestätigt.
Daraufhin erteilte die Kreisverwaltung ihm am 17. Dezember 1990 die Baugenehmigung unter Befreiung von den Vorschriften des § 8 Abs. 6 LBauO.
Die Nachbarin E. M. rügte mit Schriftsatz vom 6. März 1991, sie sei nicht ordnungsgemäß am Baugenehmigungsverfahren beteiligt worden, und
legte mit Schriftsatz vom 19. März 1991 Widerspruch gegen die Baugenehmi- gung ein. Über den Widerspruch wurde der Kläger am 28. März 1991 unterrichtet. Am 5. April 1991 stellte die Nachbarin beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs; dieser Antrag gelangte am 10. April 1991 zur Kenntnis des Klägers. Dieser stellte daraufhin die bereits begonnenen und weit fortgeschrittenen Bauarbeiten ein. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag durch Beschluß vom 7. Mai 1991 statt; die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. Am 18. November 1994 nahm die Kreisverwaltung die Baugenehmigung zurück.
Der Kläger verlangt nunmehr von dem beklagten Land Schadensersatz für Planungs-, Abriß-, Rohbau-, Anwalts- und Gerichtskosten. Er trägt vor, diese Aufwendungen seien ihm entstanden, weil er im berechtigten Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung mit den Bauarbeiten begonnen habe.
Beide Vorinstanzen haben der Klage im wesentlichen stattgegeben, und zwar das Berufungsgericht in Höhe von 119.218,80 DM nebst Zinsen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes führt, soweit zum Nachteil des beklagten Landes erkannt worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Daß die Baugenehmigung vom 17. Dezember 1990 rechtswidrig war und ihre Erteilung eine schuldhafte Amtspflichtverletzung von Amtsträgern des beklagten Landes gegenüber dem Kläger als einem geschützten Dritten gewesen ist, steht im Revisionsrechtszug außer Streit. Es geht nur noch um die Fragen, ob und inwieweit die Baugenehmigung eine Verläßlichkeitsgrundlage für die vom Kläger getätigten Aufwendungen gebildet hat und ob dem Kläger ein mitwirkendes Verschulden zur Last fällt. Beide Vorinstanzen haben hinsichtlich der noch im Streit befindlichen Schadenspositionen die erste Frage bejaht, die zweite verneint. In beiden Punkten kann ihnen nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht gefolgt werden.
2. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daß ein Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) nur insoweit in Betracht kommt, als die Baugenehmigung geeignet war, bei dem Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, daß er, auf sie gestützt, die Verwirklichung des Bauvorhabens in Angriff nehmen dürfe (st. Rspr.; vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 123, 191, 198 m.zahlr.w.N.; Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 63/00 = NJW 2002, 432, 433 = BGHZ 149, 50, 53 f). Dies ist nicht erst eine Frage des mitwirkenden Verschuldens im Sinne des § 254 BGB, sondern bereits eine solche der objektiven Reichweite des dem Betroffenen durch das Amtshaftungsrecht gewährten Vermögensschutzes (Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 aaO).
a) Als Gesichtspunkte, die der Annahme haftungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauens auf einen (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsakt - in bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließender Weise -
entgegenstehen können, kommen nicht nur objektive Umstände, sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers in Betracht (Senatsurteil BGHZ 134, 268; Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 aaO). Derartige Kenntnisse und Erkenntnismöglichkeiten, die eine Vertrauensgrundlage bereits tatbestandsmäßig ausschließen, können insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der betreffende Verwaltungsakt mit Mängeln behaftet ist, die seine entschädigungslose Rücknahme rechtfertigen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG): wenn der Betroffene den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, oder wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Senatsurteil BGHZ 134, 268, 284; Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 aaO).
b) Für die revisionsrechtliche Beurteilung muß zugunsten des beklagten Landes davon ausgegangen werden, daß der Kläger bei der Einreichung seines Bauantrags zumindest den Versuch einer arglistigen Täuschung begangen hat, indem er der Baugenehmigungsbehörde vorspiegelte, daß alle Nachbarn durch ihre Unterschrift ihr Einverständnis mit dem geplanten Vorhaben erteilt hätten. Unstreitig stammte indessen die das Flurstück 346/1 betreffende Unterschrift gerade nicht von dessen Eigentümerin, sondern von der Mutter des Klägers. Die Grundstückseigentümerin selbst hatte gegenüber dem Kläger ihr Einverständnis bestimmt und eindeutig verweigert; dies hatte der Kläger sogar in einem seinem Architekten übermittelten Vermerk schriftlich festgehalten. Außerdem war der Kläger durch seinen Architekten nachdrücklich auf das Erfordernis der Zustimmung aller betroffenen Nachbarn hingewiesen worden.
c) Dieser Täuschungsversuch war indessen in der Erklärung der Gemeinde B. vom 9. Oktober 1990, durch die das gemäß §§ 36, 34 BauGB erforderliche gemeindliche Einvernehmen erteilt wurde, offengelegt worden. Die Annahme beider Vorinstanzen, der Täuschungsversuch habe im Ergebnis objektiv nicht zum Erfolg geführt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dieser objektive Fehlschlag des Täuschungsversuchs indessen nicht geeignet, nunmehr bei dem Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der erteilten Baugenehmigung zu begründen. Spiegelbildlich zu dem oben wiedergegebenen Grundsatz, wonach subjektive Kenntnisse und Erkenntnismöglichkeiten dem Entstehen einer Vertrauensgrundlage entgegenstehen können, kommt es nämlich auch für die Heilung einer bereits begangenen arglistigen Täuschung auf die subjektive Sicht des durch die betreffende Maßnahme Begünstigen an. Dies bedeutet, daß der Kläger, um sich auf schutzwürdiges Vertrauen berufen zu können, entweder von sich aus die unrichtigen Angaben hätte richtigstellen müssen oder zumindest positiv Kenntnis davon hätte haben müssen, daß seine begangene Täuschung sich auf den Erlaß der Maßnahme objektiv nicht ausgewirkt hatte. Dafür trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen. Ob der klarstellende Hinweis der Gemeinde Budenheim vom 9. Oktober 1990 überhaupt zur Kenntnis des Klägers gelangt ist, ist nicht dargetan. Der Befreiungsantrag des Klägers vom 11. Dezember 1990 war nicht geeignet, die Täuschung aus der Welt zu schaffen. Zwar ist dort lediglich von den Parzellen 340/3 und 340/5 die Rede , also nicht von der Parzelle 346/1. Gleichwohl wurde auf diese Weise der unzutreffende Eindruck erweckt und bestätigt, daß sämtliche betroffenen Nach-
barn einverstanden seien. Die bloße Nichterwähnung des Flurstücks 346/1 besagte nichts darüber, daß die vorangegangenen Erklärungen des scheinbaren Grundstückseigentümers ihre Wirksamkeit hätten verlieren sollen.
e) Dementsprechend läßt der weitere Geschehensablauf zwanglos die Deutung zu, daß aus der Sicht des Klägers die Täuschung gerade nicht richtiggestellt worden war, sondern im Gegenteil Erfolg gehabt hatte, indem die Behörde sich hatte irreführen lassen. Sollte dies die Vorstellung des Klägers gewesen sein, wäre einem schutzwürdigen Vertrauen in die Baugenehmigung von vornherein jegliche Grundlage entzogen.
3. Sollte die somit erforderliche weitere tatrichterliche Aufklärung zu dem dem Kläger günstigen Ergebnis führen, daß er auf die Baugenehmigung vertrauen durfte, so kann die Verurteilung des beklagten Landes jedenfalls der Höhe nach keinen Bestand haben. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens (§ 254 BGB) diejenigen Aufwendungen des Klägers möglicherweise nicht ersatzfähig sind, die er nach Kenntniserlangung vom Widerspruch der Nachbarin (28. März 1991) getätigt hat; die Vorinstanzen wollen demgegenüber auf den 10. April 1991 abstellen , als der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs dem Kläger bekannt wurde.
a) Allerdings kommt, wenn und soweit eine Genehmigung geeignet ist, schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten in ihren Bestand zu begründen, diese Vertrauensgrundlage im Falle der Anfechtung des Bescheids durch Dritte nicht ohne weiteres völlig in Wegfall. Jedoch wird ab dem Vorliegen von Drittanfechtungen grundsätzlich eine größere Eigenverantwortung des Bauherrn
unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB anzunehmen sein. Ist zulässigerweise Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben, verbunden mit dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, so hat der Bauherr die Möglichkeit der Rechtswidrigkeit der ihm erteilten Genehmigung jedenfalls dann ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Setzt er in einer solchen Situation sein Vorhaben entsprechend der Genehmigung fort, ohne die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwarten, so nimmt er das in der Drittanfechtung liegende Risiko bewußt auf sich (Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 aaO S. 434 = BGHZ 149, 50, 55 f m.w.N.).
b) Aus diesen Grundsätzen kann indessen nicht gefolgert werden, daß eine derartige Risikoüberwälzung auf den Bauherrn stets nur und erst durch einen Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung begründet wird. Vielmehr sind immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu würdigen; diese Würdigung kann zu dem Ergebnis führen, daß bereits der Widerspruch für sich allein genommen, ohne Antrag auf aufschiebende Wirkung, dem Bauherrn hinreichenden Anlaß bieten mußte, von weiteren kostenträchtigen Maßnahmen abzusehen. So konnte es hier gelegen haben: Der Widerspruch stammte gerade von derjenigen Nachbarin, deren Widerstand gegen das Bauvorhaben von vornherein klar zutage gelegen und den Kläger zu seinem erfolglosen Täuschungsversuch veranlaßt hatte. In Verbindung mit den vorangegangenen Belehrungen durch seinen Architekten hätten daher bei dem Kläger "die Alarmglocken läuten" müssen. Ihm hätte spätestens jetzt klar sein müssen, daß die Durchführbarkeit des Bauvorhabens gefährdet war.
c) Indem der Kläger das Bauvorhaben gleichwohl zunächst weiterführte, hat er daher möglicherweise auf eigenes Risiko gehandelt. Dies betrifft insbesondere die in die Zeitspanne zwischen dem 28. März und dem 10. April 1991 fallenden kostenträchtigen Aufwendungen für die Herstellung des Rohbaus.
4. Das Berufungsurteil kann nach alledem, soweit es zum Nachteil des beklagten Landes ergangen ist, keinen Bestand haben. Die erforderliche Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, der von der Revision aufgeworfenen Frage näher nachzugehen, ob die vom Kläger durchgeführten Abrißarbeiten einer separaten Genehmigung bedurft hätten.
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.
(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.