Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2008 - III ZR 252/06

bei uns veröffentlicht am24.04.2008
vorgehend
Landgericht Leipzig, 15 O 3117/04, 27.05.2005
Oberlandesgericht Dresden, 6 U 1112/05, 20.09.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 252/06
Verkündet am:
24. April 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 Fe; § 254 F
Zur Frage des Mitverschuldens eines Bauherrn, der im Vertrauen auf
eine rechtswidrige Baugenehmigung das Bauvorhaben trotz eines
Nachbarwiderspruchs in Angriff nimmt (Fortführung der in den Senatsurteilen
BGHZ 149, 50 und vom 9. Oktober 2003 [III ZR 414/02, NVwZ
2004, 638] aufgestellten Grundsätze).
BGH, Urteil vom 24. April 2008 - III ZR 252/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. September 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in der ländlichen Gemeinde B. , Ortsteil P. . Sie beabsichtigte, dieses Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus zu bebauen, und stellte beim Bauamt des beklagten Landkreises einen Baugenehmigungsantrag.
2
Bereits während des Genehmigungsverfahrens erhob der Eigentümer des Nachbargrundstücks Einwände, weil er eine Beeinträchtigung seines landwirtschaftlichen Betriebes, insbesondere durch zu erwartende Immissions- schutzauflagen, befürchtete. Der Beklagte holte daraufhin Stellungnahmen der zuständigen Fachabteilung für Umweltschutz, Sachgebiet Immissionsschutz, und des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Gartenbau ein. Mit Bescheid vom 1. September 1997 erteilte er der Klägerin die Baugenehmigung. Am 9. September 1997 erteilte er der Klägerin die Baufreigabe für die Durchführung der Erdarbeiten und am 19. September 1997 für die Tiefbauarbeiten. Die Klägerin nahm diese Arbeiten daraufhin in Angriff.
3
Schreiben Mit vom 5. September 1997 hatte der Nachbar gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt. Am 9. September 1997 folgte ein Antrag beim Verwaltungsgericht auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs. Am 16. September 1997 erlangte die Klägerin von dem Widerspruch Kenntnis. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1997 wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Unter dem 23. Oktober 1997 verfügte der Beklagte die Baueinstellung, der die Klägerin unverzüglich nachkam. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts wurde durch Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Januar 1998 zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht stellte zusätzlich zu den bereits vom Verwaltungsgericht bejahten Immissionsproblemen noch darauf ab, dass das Vorhaben an einer Stelle, nämlich mit einem geplanten Erker, den Grenzabstand nicht einhalte.
4
Die Klägerin änderte die Tekturplanung dahin ab, dass dieser Erker wegfiel. Auf einen weiteren Antrag der Klägerin genehmigte der Beklagte die geänderte Planung mit Bescheid vom 25. Mai 1998. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Nachbarn blieb erfolglos. Auf dessen Klage hob das Verwaltungsgericht die Ursprungsbaugenehmigung vom 1. September 1997 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 25. Mai 1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 2. September 1999 auf. Die von der Klägerin gegen dieses Urteil beantragte Zulassung der Berufung wurde vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht abgelehnt.
5
Die Klägerin verlangt nunmehr von dem Beklagten wegen der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigung Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in Höhe ihrer fehlgeschlagenen Aufwendungen. Ihren Zahlungsanspruch hat sie zuletzt auf 353.129,12 € nebst Zinsen beziffert und außerdem die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche weiteren Schäden aus der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung zu ersetzen.
6
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat gegen das Berufungsurteil zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
1. Beide Vorinstanzen gehen zu Recht davon aus, dass die Erteilung der Baugenehmigung vom 1. September 1997 - auch in der Fassung der Änderung vom 25. Mai 1998 - rechtswidrig gewesen ist und eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der zuständigen Amtsträger des Beklagten gegenüber der Klägerin dargestellt hat.
9
2. Die Vorinstanzen haben sodann - der Rechtsprechung des Senats folgend - die insbesondere im Urteil BGHZ 149, 50, 53 ff getroffene Unterscheidung zwischen objektiver Reichweite des Vertrauensschutzes einerseits und einer Anspruchsminderung unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens andererseits beachtet. Feststellungen in dem Sinne, dass es hier bereits an einer jeglichen Ersatzanspruch von vornherein ausschließenden "Verlässlichkeitsgrundlage" gefehlt habe, sind nicht getroffen worden. Sie liegen auch fern.
10
3. Dementsprechend konzentriert sich der rechtliche Schwerpunkt des Falles auf die Frage, ob hier ein Mitverschulden der Klägerin vorliegt, welches so schwer wiegt, dass dahinter die Verantwortung der Bauaufsichtsbehörde völlig zurücktritt. Insbesondere das Berufungsgericht hat dies bejaht. Darin vermag der Senat ihm nicht zu folgen.
11
a) Der Senat hat im Urteil vom 11. Oktober 2001 (BGHZ 149, 51, 55 f) Folgendes ausgeführt: Wenn und soweit eine Genehmigung geeignet ist, schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten in ihren Bestand zu begründen, so kommt diese Vertrauensgrundlage im Falle der Anfechtung eines Bescheids durch Dritte jedenfalls dann nicht ohne weiteres völlig in Wegfall (vorbehaltlich einer Risikoüberwälzung auf den Genehmigungsinhaber nach § 254 BGB), wenn und solange der Verwaltungsakt sofort vollziehbar ist. Aus § 50 VwVfG, der in den Fällen, in denen bereits ein Rechtsbehelfsverfahren anhängig ist, den Widerruf oder die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts erleichtert , kann nicht der generelle Schluss gezogen werden, dass mit der Anfechtung das in den Bestand des Verwaltungsakts gesetzte Vertrauen nunmehr auch haftungsrechtlich in vollem Umfang seine Schutzwürdigkeit verliert und daher nachfolgende Investitionen sich von vornherein nicht mehr im Schutzbe- reich der Amtspflicht halten. Allerdings wird ab dem Vorliegen von Drittanfechtungen grundsätzlich eine größere Eigenverantwortung des Bauherrn unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB anzunehmen sein. Ist zulässigerweise Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben, verbunden mit dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, so hat der Bauherr die Möglichkeit der Rechtswidrigkeit der ihm erteilten Genehmigung jedenfalls dann ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Setzt er in einer solchen Situation sein Vorhaben entsprechend der Genehmigung fort, ohne die Entscheidung des Gerichts der Hauptsache über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwarten, so nimmt er das in der Drittanfechtung liegende Risiko bewusst auf sich.
12
b) Diese Grundsätze der Senatsrechtsprechung werden von beiden Parteien von jeweils unterschiedlichen Ausgangspunkten und mit entgegengesetzter Zielrichtung angegriffen:
13
aa) Die Klägerin macht, gestützt auf einen Aufsatz von Gallois (BauR 2002, 884, 885), geltend, dass der Bauherr, ob (als Bauträger) fachkundig oder nicht, anwaltlich beraten oder nicht, kaum je erkennen könne, ob solche Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sei. Richtigerweise sei daher davon auszugehen, dass das Risiko einer Drittanfechtung nur in Ausnahmefällen dem Bauherrn zuzuweisen sei, nämlich nur, wenn die Frage, ob der Nachbarwiderspruch überzeugend begründet sei, eindeutig beantwortet werden könne, sich die Richtigkeit der Anfechtungsgründe also jedermann in der gleichen Situation geradezu aufdrängen müsse, etwa nach dem Muster der in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Fälle.
14
bb) Der Beklagte hält dem entgegen, dass die Schutzwürdigkeit des Vertrauens vielmehr auch im Amtshaftungsprozess am Maßstab des § 50 VwVfG zu messen sei. Danach sei bei Verwaltungsakten mit Doppel- bzw. Drittwirkung der Vertrauensschutz für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens suspendiert.
15
cc) Diese Angriffe geben dem Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung keinen Anlass. Die Abgrenzungsformel des Senats ermöglicht vielmehr eine sachgerechte Haftungszurechnung einerseits an die für den Erlass der rechtswidrigen Genehmigung verantwortliche Behörde, andererseits an den seine eigenen Interessen missachtenden Genehmigungsempfänger. In diesem Sinne hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Oktober 2003 (III ZR 414/02 = NVwZ 2004, 638, 639) die Mitverschuldensquote von 25 %, die sich die dortigen Kläger selbst hatten anlasten lassen und die vom dortigen Berufungsgericht gebilligt worden war, auch revisionsrechtlich nicht beanstandet.
16
4. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht im konkreten Fall einen Totalverlust des Ersatzanspruchs bejaht, hält jedoch der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass - anders als das Landgericht gemeint hat - die Klägerin erst am 16. September 1997 Kenntnis vom Widerspruch des Nachbarn erlangt hat. Damit ist der Argumentation des landgerichtlichen Urteils, das von einer Kenntnis noch vor Baufreigabe der Erdarbeiten am 9. September 1997 ausgegangen ist, teilweise der Boden entzogen.
18
b) Für die Zeit zwischen der Erteilung der Baugenehmigung und der Kenntniserlangung vom Widerspruch, d.h. den Zeitraum vom 1. bis zum 16. September 1997, sieht der Senat für ein Mitverschulden der Klägerin keinen Ansatzpunkt. Hiermit in Übereinstimmung hatte das Berufungsgericht ursprünglich der Klägerin mit Verfügung vom 22. März 2006 aufgegeben, die Ausgaben für jene Arbeiten abzugrenzen, die nach Bekanntwerden des Widerspruchs ausgelöst worden sind. Dieser Auflage war die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Mai 2006 nachgekommen. Das Berufungsgericht hatte sodann durch Beschluss vom 27. Juni 2006 eine Beweiserhebung über den Sachvortrag der Klägerin, betreffend die vor dem Stichzeitpunkt entstandenen Aufwendungen, angeordnet. Diesen Beweisbeschluss hat es in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2006 nur unvollkommen ausgeführt. Im Urteil sind zu dieser zeitlichen Abgrenzung überhaupt keine Feststellungen getroffen worden.
19
c) Darüber hinaus hält der Senat auch die Auffassung des Berufungsgerichts , die nach dem Stichzeitpunkt entstandenen Schäden seien in vollem Umfang der Klägerin anzulasten, nicht für vertretbar. Aus der vorstehend zitierten Abgrenzungsformel des Senats kann keineswegs schematisch der Rückschluss gezogen werden, dass Aufwendungen, die in Kenntnis eines Nachbarwiderspruchs oder sonstigen Rechtsbehelfs getätigt werden, stets dem durch die Baugenehmigung begünstigten Bauherrn selbst zur Last fallen und die Bauaufsichtsbehörde von jeglicher eigener Verantwortlichkeit für die rechts- und amtspflichtwidrige Erteilung befreit wird. Zumindest ist dem Bauherrn gegen den Mitverschuldenseinwand die Replik zuzubilligen, er habe seinerseits bei Prüfung des nachbarlichen Rechtsbehelfs diesem keine Erfolgsaussicht beimessen dürfen. In diesem Zusammenhang macht die Klägerin mit der Revision - wie schon in den Vorinstanzen - zu Recht geltend, dass die Einwände des Nachbarn bereits im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens offen gelegt, von der Bauaufsichtsbehörde eingehend geprüft und nicht für durchgreifend erachtet worden waren. Trotz der Einlegung des Widerspruchs kann sich der Bauherr daher auf den allgemeinen Grundsatz berufen, dass er nicht klüger zu sein braucht als die mit der Bearbeitung des Verwaltungsvorgangs betrauten sachkundigen Beamten. Der Senat hat sogar angenommen, dass das "Rechtsanwendungsrisiko", d.h. die ordnungsgemäße Handhabung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nicht bereits dadurch in vollem Umfang von der Behörde auf den antragstellenden Bürger selbst verlagert wird, dass dieser im Vergleich zu ihr über die besseren Erkenntnisquellen und die größere Erfahrung verfügt (Senatsurteil BGHZ 149, 50, 55; Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 aaO S. 639).
20
d) Um so mehr gilt dies, als nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin den Amtsträgern der Beklagten die Bedenken der zuständigen Fachbehörden bei der Erteilung der Baugenehmigung bereits vorgelegen hatten, diese Stellungnahmen der Klägerin selbst jedoch nicht zur Kenntnis gebracht worden waren, so dass diese ihr Bauvorhaben danach nicht hatte ausrichten oder weitere Ermittlungen anregen können.
21
e) Für nicht durchgreifend hält der Senat das Argument des Berufungsgerichts , die Klägerin habe den Bau mit Rücksicht auf zum Ende des Jahres 1997 auslaufende Abschreibungsmöglichkeiten mit besonderer Eile vorangetrieben. Dazu war die Klägerin - nach ihrem Vorbringen auch im Hinblick auf die gegenüber den Käufern eingegangenen Fertigstellungsverpflichtungen - berechtigt , solange sie sich im Besitz einer vollziehbaren Baugenehmigung befand. Eine Missachtung ihrer wohlverstandenen eigenen Interessen im Sinne eines "Verschuldens gegen sich selbst" vermag der Senat hierin nicht zu erkennen.
22
5. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches auf der Grundlage der aufgezeigten Gesichtspunkte - und erforderlichenfalls nach weiteren Tatsachenfeststellungen - eine erneute Abwägung vorzunehmen haben wird.
Schlick Wurm Kapsa
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 27.05.2005 - 15 O 3117/04 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.09.2006 - 6 U 1112/05 -

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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 414/02
Verkündet am:
9. Oktober 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Amtspflicht der Baugenehmigungsbehörde, den Bauherrn unverzüglich
von einem Nachbarwiderspruch zu unterrichten.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 414/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Hanau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind Architekten. Sie hatten sich zu einer (Innen )Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, um das im unbeplanten Innenbereich der beklagten Stadt belegene Grundstück L. -Straße 54 mit einem Wohn- und Bürohaus zu bebauen. Nach Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten über Bebauungsmöglichkeiten kauften sie das Grundstück im April 1994 und nahmen zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen (001) über 375.000 DM auf. Der Kläger zu 2 übernahm die zeichnerische Darstellung des Vorhabens und die Erstellung des Bauantrages. Dieser wurde durch Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1996 genehmigt. Am 7. März
1997 schlossen die Kläger zur Finanzierung der Baukosten einen weiteren Darlehensvertrag über 570.000 DM; dieses Darlehen (002) wurde nur in Höhe von 194.500 DM ausbezahlt. Am 17. April 1997 begannen die Kläger mit den Bauarbeiten, nachdem sie dies zuvor der Beklagten angezeigt hatten.
Bereits im Februar 1997 hatten die Eigentümer der Nachbargrundstücke L. -Straße 56 und 52 bei der Beklagten gegen die den Klägern erteilte Baugenehmigung Widersprüche eingelegt. Hiervon unterrichtete die Beklagte die Kläger zunächst nicht. Anfang April beantragten die Nachbarn beim Verwaltungsgericht die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche. Mit Schreiben vom 29. April 1997, bei den Klägern eingegangen am 5. Mai 1997, teilte die Beklagte ihnen mit, daß die Nachbarn Widersprüche eingelegt und Eilanträge gestellt hätten. In dem Schreiben hieß es weiter, in Anbetracht der laufenden Verfahren müsse die Beklagte darauf aufmerksam machen, daß die Kläger zwar nicht gesetzlich verpflichtet seien, die Bauarbeiten einzustellen , das Risiko weiterer Bautätigkeiten jedoch allein zu tragen hätten. Die Kläger nahmen dieses Schreiben zum Anlaß, im wesentlichen nur noch Maßnahmen zur Sicherung der bereits errichteten Bauteile ausführen zu lassen. Im Juni 1997 gab das Verwaltungsgericht den von den Nachbarn gestellten Eilanträgen im wesentlichen statt. Die Beklagte untersagte den Klägern deshalb mit Verfügung vom 23. Juni 1997 die Fortführung der Bauarbeiten. Daraufhin planten die Kläger das Vorhaben teilweise um und erwirkten bei der Beklagten am 12. November 1998 eine entsprechende Nachtragsbaugenehmigung. Aber auch diese hielt der verwaltungsgerichtlichen Prüfung im Eilverfahren nicht stand. Nach Erhalt der das zweite Eilverfahren abschließenden Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2000 gaben die Kläger das Vorhaben auf und veräußerten das Grundstück anderweitig.

Sie nehmen nunmehr die Beklagte nach Amtshaftungsgrundsätzen auf Schadensersatz wegen der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigungen in Anspruch. Eine weitere Amtspflichtverletzung erblicken sie darin, daß die Beklagte sie nicht rechtzeitig vor der Aufnahme des zweiten Darlehens über die eingegangenen Nachbarwidersprüche unterrichtet habe. Ihren Schaden berechnen sie im wesentlichen nach den fehlgeschlagenen Finanzierungsaufwendungen für den Zeitraum vom 23. Juni 1997 (Baustopp) bis zum 14. März 2000 (Kenntnisnahme von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs). Ihre Forderungen haben sie an die kreditierende Bank abgetreten und Zahlung an diese beantragt.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Bank insgesamt ! " # $% & '( & ) & * + , -# 52.618,17 aß die Beklagte verpflichtet sei, 75 v.H. des Schadens zu ersetzen, der den Klägern daraus entstanden sei und noch entstehen werde, daß die Baugenehmigung vom 11. Dezember 1996 und die Nachtragsbaugenehmigung vom 12. November 1998 rechtswidrig und nicht ausführbar gewesen seien, sowie den gesamten weiteren Schaden zu ersetzen, der den Klägern daraus entstanden sei und noch entstehen werde, daß die Beklagte sie über den Eingang des Nachbarwiderspruchs vom 20. Februar 1997 nicht vor dem 7. März 1997 unterrichtet habe.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) im vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang zu.
1. Die Baugenehmigungen vom 11. Dezember 1996 und vom 12. November 1998 waren rechtswidrig. Dies steht zwar nicht schon aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen fest, da diese im Eilverfahren ergangen waren und deshalb für den jetzigen Amtshaftungsprozeß keine Bindungswirkung entfalten konnten (Senatsurteil vom 16. November 2000 - III ZR 265/99 = NVwZ 2001, 352). Die Vorinstanzen sind jedoch zu Recht der sachlichen Beurteilung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs gefolgt, wonach sich das Vorhaben der Kläger sowohl in seiner ursprünglichen als auch in seiner geänderten Gestalt wegen seiner Höhe und Geschoßflächenzahlen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Erteilung der solchermaßen rechtswidrigen Baugenehmigungen stellte eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Amtsträger der Beklagten gegenüber den Klägern dar. In der Rechtsprechung des Senats ist seit langem anerkannt, daß die Amtspflicht, eine rechtswidrige Baugenehmigung nicht zu erteilen, der Bauaufsichtsbehörde auch und gerade gegenüber dem antragstellenden Bauherren selbst obliegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 149, 50, 52 m.w.N.). Dies alles stellt auch die Revision nicht in Frage.
2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß beide Baugenehmigungen zumindest grundsätzlich - vorbehaltlich eines Mitverschuldens der Kläger (siehe dazu im folgenden) - geeignet waren, eine Verläßlichkeits-
grundlage für die Aufwendungen und Investitionen der Kläger zu bilden, die der Durchführung des geplanten Vorhabens dienten.

a) Allerdings kommen als Gesichtspunkte, die der Annahme haftungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauens auf einen (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsakt - in bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließender Weise - entgegenstehen können, nicht nur objektive Umstände , sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers in Betracht (Senatsurteile BGHZ 134, 268, 283 f; 149, 50, 52 f). Derartige subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten sind insbesondere dann zu bejahen, wenn der betreffende Verwaltungsakt mit Mängeln behaftet ist, die seine entschädigungslose Rücknahme rechtfertigen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG): wenn der Betroffene den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, oder wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Senatsurteile BGHZ 134, 268, 284; 149, 50, 54).

b) Derartige besondere Umstände lagen hier nicht bereits deshalb vor, weil der Kläger zu 2 als Architekt, der die Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung übernommen hatte, über genügend Sachkunde hätte verfügen müssen, um von sich aus die bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten zu beurteilen und die Fehlerhaftigkeit der erteilten Baugenehmigungen zu erkennen. Insoweit ist der hier zu beurteilende Sachverhalt mit demjenigen vergleichbar, der dem Senatsurteil BGHZ 149, 50 zugrunde gelegen hatte: Hier wie dort rechtfertigte es diese Sachkunde nicht, den Klägern als antragstellenden Bau-
herren das volle Risiko einer Fehlbeurteilung der planungsrechtlichen Anforde- rungen, hier des § 34 BauGB, aufzubürden und die Bauaufsichtsbehörde insoweit von jeglicher Verantwortung zu entlasten. § 34 BauGB ist eine zentrale Bestimmung des Bauplanungsrechts. Die sachgemäße Handhabung dieser Vorschrift fällt daher in erster Linie in den Verantwortungsbereich der Bauaufsichtsbehörde. Das "Rechtsanwendungsrisiko", d.h. hier die ordnungsgemäße Beurteilung des § 34 BauGB, wurde nicht bereits dadurch in vollem Umfang von der Behörde auf die Kläger verlagert, daß bei diesen als Architekten ebenfalls ein gewisses Maß an Sachkunde vorauszusetzen war. Anders als etwa bei der Einhaltung der Grenzabstände nach Bauordnungsrecht, die zu den grundlegenden Anforderungen gehört, die jeder Architekt bei der Planung zu beachten hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. März 1992 - III ZR 117/90 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Architekt 1 = NVwZ 1992, 911, 912), ging es bei der hier zu beurteilenden Frage, ob das Vorhaben sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), um Wertungen , die mitunter nicht einfach sind und gewisse Beurteilungsspielräume eröffnen können. Deshalb gilt hier der Grundsatz, daß die Kläger bei der Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht klüger zu sein brauchten als die zur Entscheidung über den Baugenehmigungsantrag berufenen Amtsträger der Beklagten (vgl. Senatsurteil BGHZ 108, 224, 230; s. auch Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. 2002 § 839 Rn. 260 m.w.N.). Das schutzwürdige Vertrauen, das die Baugenehmigung bestimmungsgemäß bei den Klägern begründet hat, ist hier jedenfalls nicht so weit eingeschränkt, daß ein Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs bereits auf der Tatbestandsebene stattfinden müßte. Eine sachgerechte Lösung besteht vielmehr in einer Abwägung nach § 254 BGB.


c) Auch die weiteren, von der Revisionsbegründung aufgezeigten Gesichtspunkte vermögen einen Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs nicht zu rechtfertigen.
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Kläger hätten nicht auf die Baugenehmigung vertrauen dürfen, weil ihnen wiederholt mündlich "ausdrücklich und unmißverständlich" mitgeteilt worden sei, daß der von ihnen vorgelegte Plan nicht genehmigungsfähig sei. Daß die Beklagte das Bauvorhaben zunächst für unzulässig gehalten hat, bot für sich allein genommen den Klägern keinen Anlaß zu besonderer Vorsicht. Mit der Erteilung der Baugenehmigungen waren diese zuvor vom Bauaufsichtsamt geäußerten Bedenken hinfällig geworden. Die Kläger mußten sich in der Annahme, das Vorhaben sei wie geplant zulässig, bestätigt sehen. Sie durften nunmehr davon ausgehen, daß einer der Baugenehmigung entsprechenden Durchführung ihres Vorhabens öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegenstünden und daß sie entsprechend wirtschaftlich disponieren könnten.
bb) Auch mit dem weiteren Vorbringen, die Kläger hätten grob fahrlässig gehandelt, weil die Eigentümer des Nachbargrundstücks Nr. 52 ihnen in einem Gespräch am 25. November 1995 erklärt hätten, "daß man nicht bereit sei, ein überdimensioniertes Bauvorhaben zu dulden", dringt die Revision nicht durch. Ein derartiger mündlicher Widerstand bedeutete nicht notwendig, daß die betroffenen Nachbarn auch tatsächlich mit einem Rechtsbehelf gegen die erteilte Baugenehmigung vorgehen würden. Im übrigen kommt sogar im Falle einer tatsächlich erfolgten Drittanfechtung das schutzwürdige Vertrauen des Adressaten in den Bestand der Baugenehmigung nicht ohne weiteres völlig in Weg-
fall; es wird lediglich eine größere Eigenverantwortung des Bauherren unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB anzunehmen sein, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren sachliche Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist (siehe Senatsurteil BGHZ 149, 50, 55 f mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. ferner Senatsurteil vom 16. Januar 2003 - III ZR 269/01 = NVwZ 2003, 501).

d) Die Kläger selbst lassen sich hinsichtlich beider Baugenehmigungen eine Mitverschuldensquote von 25 v.H. anrechnen; dem ist das Berufungsgericht gefolgt. Diese Abwägung fällt in den Bereich tatrichterlicher Würdigung und läßt revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
3. Einen weiteren Amtshaftungstatbestand erblickt das Berufungsgericht darin, daß die Bediensteten der Bauaufsichtsbehörde die Kläger nicht sogleich von dem Eingang des Nachbarwiderspruchs Ende Februar 1997 unterrichtet hätten. Auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision können keinen Erfolg haben.

a) Allerdings mag zweifelhaft sein, ob der Umstand, daß die Kläger durch die Baugenehmigung begünstigt wurden, ihnen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine Rechtsstellung verlieh, die die Beklagte als Ausgangsbehörde , die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hatte, zur unverzüglichen Unterrichtung verpflichtete. Diese Frage braucht hier indessen nicht geklärt zu werden.

b) Die Bediensteten des Bauaufsichtsamtes hatten hier nämlich eine allgemeine, sich zur Amtspflicht verdichtende Fürsorgepflicht, durch eine recht-
zeitige Unterrichtung mögliche Schädigungen der Kläger zu verhindern. Insoweit ist anerkannt, daß besondere tatsächliche Lagen und Verhältnisse für den Beamten zusätzliche Pflichten schaffen können, so auch die Pflicht, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen belehrend aufzuklären oder in anderer Weise helfend tätig zu werden, wenn er erkennt oder erkennen muß, daß der Betroffene seine Lage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht richtig zu beurteilen vermag, besonders wenn der Betreffende sonst Gefahr läuft, einen Schaden zu erleiden. Diese zusätzliche Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz, daß der Beamte nicht nur Vollstrekker staatlichen Willens, nicht nur Diener des Staates, sondern zugleich "Helfer des Bürgers" sein soll (vgl. z.B. Senatsurteil BGHZ 15, 305, 312; Staudinger /Wurm Rn. 159 m.w.N.). Insbesondere darf der Beamte nicht "sehenden Auges" zulassen, daß der bei ihm vorsprechende Bürger Schäden erleidet, die der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung zu vermeiden in der Lage ist (Senatsurteil vom 5. Mai 1994 - III ZR 78/93 = NJW 1994, 2415, 2417 m.w.N.).

c) Im vorliegenden Fall war die Baugenehmigung vom 11. Dezember 1996 das Ergebnis eines mehrjährigen Abstimmungsprozesses zwischen den Klägern und der Beklagten gewesen. Daher mußte den zuständigen Amtsträgern der Beklagten klar sein, daß diese Baugenehmigung die Verläßlichkeitsgrundlage für kostspielige Aufwendungen bilden konnte, die der Verwirklichung des Vorhabens dienten. Durch die Erhebung des formellen Widerspruches wurde daher aus der Sicht der Beklagten die ernsthafte Möglichkeit geschaffen , daß diese Verläßlichkeitsgrundlage entfallen werde. Dies hat die Beklagte auch selbst so gesehen, als sie in ihrem Unterrichtungsschreiben vom 29. April 1997 die Kläger auf das Risiko weiterer Bautätigkeiten hinwies. Zwar lagen
zum damaligen Zeitpunkt bereits die Eilanträge der Widerspruchsführer auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung vor; dieses Risiko wurde aber - der Beklagten erkennbar - schon durch die Widersprüche selbst begründet.

d) Unter diesen Umständen durfte sich die Beklagte zunächst nicht auf bloßes Untätigbleiben beschränken. Dies gilt um so mehr, als schon eine einfache , formlose Mitteilung dem berechtigten Informationsinteresse der Kläger genügt hätte.

e) Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, daß diese Mitteilung jedenfalls vor dem 7. März 1997, dem Zeitpunkt der Aufnahme des zweiten Darlehens (002), hätte erfolgen müssen. Mit Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung des Landgerichts entgegengetreten, eine Unterrichtung binnen zwei Wochen sei entsprechend den Grundsätzen zur Unverzüglichkeit einer Anfechtung noch ausreichend. Denn anders als ein zur Anfechtung einer Willenserklärung Berechtigter hatte die Baugenehmigungsbehörde hier keine rechtlichen Überlegungen anzustellen, sondern schlicht eine Tatsache formlos mitzuteilen. Da die Verneinung einer Amtspflichtverletzung durch das Landgericht auf einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt beruhte, vermag auch die "Kollegialgerichts-Richtlinie" die Beklagte hier nicht zu entlasten (vgl. Staudinger/Wurm Rn. 218).

f) Ein mitwirkendes Verschulden der Kläger ist bei diesem Haftungstatbestand nicht erkennbar.
4. Die Frage, ob sich die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger hier vorrangig auf Ansprüche gegen den Kläger zu 2 als ander-
weitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verweisen lassen müssen, ist vom Berufungsgericht mit Recht verneint worden. Die Haftung der Gesellschafter war im Gesellschaftsvertrag wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt worden; dies entspricht im übrigen dem gesetzlichen Haftungsmaßstab des § 708 i.V.m. § 277 BGB.
5. Auch die Schadensberechnung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision stand.

a) Die Aufnahme des Darlehens 001 ist der Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen. Sie hatte bereits lange Zeit vor Erteilung der ersten Baugenehmigung stattgefunden und war daher nicht durch ein Vertrauen in diese verursacht worden. Die erste Baugenehmigung bildete jedoch eine geeignete Verläßlichkeitsgrundlage für die weitere Nutzung der Darlehensvaluta. Dementsprechend haben die Kläger in ihre bezifferten Zahlungsansprüche auch lediglich die Finanzierungskosten für den Zeitraum zwischen der vorläufigen Stillegung der Bauarbeiten und dem endgültigen Scheitern des Projektes eingestellt.

b) Das Berufungsgericht ist der Schadensberechnung der Kläger gefolgt und hat die Grundsätze herangezogen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ermittlung des Verzögerungsschadens bei verspäteter Fertigstellung eines Gebäudes entwickelt worden sind (BGHZ 121, 210; zur verspäteten Erteilung einer Baugenehmigung und einer dadurch eintretenden Verzögerung siehe insbesondere Senatsurteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 210/90 = NVwZ 1992, 1119, 1120). Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Diese Grundsätze betreffen nämlich Fallgestaltungen, in denen das be-
treffende Vorhaben trotz der Verzögerung letztlich doch verwirklicht wird. Hier dagegen geht es darum, daß die Baugenehmigung von vornherein gerade nicht hätte erteilt werden dürfen und das Vorhaben von Anfang an nicht realisierbar war.

c) Die Schadensberechnung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis gleichwohl als richtig dar (§ 561 ZPO): Die Kläger hätten nämlich diejenigen Schritte, die sie nach dem endgültigen Scheitern des Projekts zur Ablösung des Darlehens unternommen haben, schon früher, nämlich zum Zeitpunkt der Stillegung des Bauvorhabens unternehmen können. Daß sie dies unterlassen und während des Schwebezustands bis zum endgültigen Scheitern des Projekts weitere Finanzierungsaufwendungen getätigt haben, beruht auf den rechtswidrigen Baugenehmigungen. Denn das in diese Genehmigungen gesetzte Vertrauen bildete die Grundlage dafür, daß die Kläger den Versuch unternehmen durften, sich ihrerseits gegen die Nachbarwidersprüche zur Wehr zur setzen und das Vorhaben doch noch zu retten. Deswegen ist die amtspflichtwidrige Erteilung der Baugenehmigungen für den Schaden ursächlich geworden; dieser fällt auch in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht. Der Mitverschuldensquote von 25 v.H. haben die Kläger durch eine entsprechende Anpassung ihrer Anträge selbst Rechnung getragen. Der Senat hat daher keine durchgreifenden Bedenken dagegen, das Vorbringen der Kläger zur Schadenshöhe in dem vorbezeichneten Sinne auszulegen.

d) Ebensowenig ist es rechtlich zu beanstanden, daß das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit der Schadensberechnung der Kläger - hinsicht-
lich des zweiten Darlehens (002) die unterlassene Unterrichtung der Kläger als die wesentliche Schadensursache angesehen und insoweit ein mitwirkendes Verschulden verneint hat.
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr