Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2008 - III ZR 252/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in der ländlichen Gemeinde B. , Ortsteil P. . Sie beabsichtigte, dieses Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus zu bebauen, und stellte beim Bauamt des beklagten Landkreises einen Baugenehmigungsantrag.
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- Bereits während des Genehmigungsverfahrens erhob der Eigentümer des Nachbargrundstücks Einwände, weil er eine Beeinträchtigung seines landwirtschaftlichen Betriebes, insbesondere durch zu erwartende Immissions- schutzauflagen, befürchtete. Der Beklagte holte daraufhin Stellungnahmen der zuständigen Fachabteilung für Umweltschutz, Sachgebiet Immissionsschutz, und des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Gartenbau ein. Mit Bescheid vom 1. September 1997 erteilte er der Klägerin die Baugenehmigung. Am 9. September 1997 erteilte er der Klägerin die Baufreigabe für die Durchführung der Erdarbeiten und am 19. September 1997 für die Tiefbauarbeiten. Die Klägerin nahm diese Arbeiten daraufhin in Angriff.
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- Schreiben Mit vom 5. September 1997 hatte der Nachbar gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt. Am 9. September 1997 folgte ein Antrag beim Verwaltungsgericht auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs. Am 16. September 1997 erlangte die Klägerin von dem Widerspruch Kenntnis. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1997 wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Unter dem 23. Oktober 1997 verfügte der Beklagte die Baueinstellung, der die Klägerin unverzüglich nachkam. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts wurde durch Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Januar 1998 zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht stellte zusätzlich zu den bereits vom Verwaltungsgericht bejahten Immissionsproblemen noch darauf ab, dass das Vorhaben an einer Stelle, nämlich mit einem geplanten Erker, den Grenzabstand nicht einhalte.
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- Die Klägerin änderte die Tekturplanung dahin ab, dass dieser Erker wegfiel. Auf einen weiteren Antrag der Klägerin genehmigte der Beklagte die geänderte Planung mit Bescheid vom 25. Mai 1998. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Nachbarn blieb erfolglos. Auf dessen Klage hob das Verwaltungsgericht die Ursprungsbaugenehmigung vom 1. September 1997 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 25. Mai 1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 2. September 1999 auf. Die von der Klägerin gegen dieses Urteil beantragte Zulassung der Berufung wurde vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht abgelehnt.
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- Die Klägerin verlangt nunmehr von dem Beklagten wegen der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigung Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in Höhe ihrer fehlgeschlagenen Aufwendungen. Ihren Zahlungsanspruch hat sie zuletzt auf 353.129,12 € nebst Zinsen beziffert und außerdem die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche weiteren Schäden aus der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung zu ersetzen.
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- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat gegen das Berufungsurteil zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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- 1. Beide Vorinstanzen gehen zu Recht davon aus, dass die Erteilung der Baugenehmigung vom 1. September 1997 - auch in der Fassung der Änderung vom 25. Mai 1998 - rechtswidrig gewesen ist und eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der zuständigen Amtsträger des Beklagten gegenüber der Klägerin dargestellt hat.
- 9
- 2. Die Vorinstanzen haben sodann - der Rechtsprechung des Senats folgend - die insbesondere im Urteil BGHZ 149, 50, 53 ff getroffene Unterscheidung zwischen objektiver Reichweite des Vertrauensschutzes einerseits und einer Anspruchsminderung unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens andererseits beachtet. Feststellungen in dem Sinne, dass es hier bereits an einer jeglichen Ersatzanspruch von vornherein ausschließenden "Verlässlichkeitsgrundlage" gefehlt habe, sind nicht getroffen worden. Sie liegen auch fern.
- 10
- 3. Dementsprechend konzentriert sich der rechtliche Schwerpunkt des Falles auf die Frage, ob hier ein Mitverschulden der Klägerin vorliegt, welches so schwer wiegt, dass dahinter die Verantwortung der Bauaufsichtsbehörde völlig zurücktritt. Insbesondere das Berufungsgericht hat dies bejaht. Darin vermag der Senat ihm nicht zu folgen.
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- a) Der Senat hat im Urteil vom 11. Oktober 2001 (BGHZ 149, 51, 55 f) Folgendes ausgeführt: Wenn und soweit eine Genehmigung geeignet ist, schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten in ihren Bestand zu begründen, so kommt diese Vertrauensgrundlage im Falle der Anfechtung eines Bescheids durch Dritte jedenfalls dann nicht ohne weiteres völlig in Wegfall (vorbehaltlich einer Risikoüberwälzung auf den Genehmigungsinhaber nach § 254 BGB), wenn und solange der Verwaltungsakt sofort vollziehbar ist. Aus § 50 VwVfG, der in den Fällen, in denen bereits ein Rechtsbehelfsverfahren anhängig ist, den Widerruf oder die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts erleichtert , kann nicht der generelle Schluss gezogen werden, dass mit der Anfechtung das in den Bestand des Verwaltungsakts gesetzte Vertrauen nunmehr auch haftungsrechtlich in vollem Umfang seine Schutzwürdigkeit verliert und daher nachfolgende Investitionen sich von vornherein nicht mehr im Schutzbe- reich der Amtspflicht halten. Allerdings wird ab dem Vorliegen von Drittanfechtungen grundsätzlich eine größere Eigenverantwortung des Bauherrn unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB anzunehmen sein. Ist zulässigerweise Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben, verbunden mit dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, so hat der Bauherr die Möglichkeit der Rechtswidrigkeit der ihm erteilten Genehmigung jedenfalls dann ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Setzt er in einer solchen Situation sein Vorhaben entsprechend der Genehmigung fort, ohne die Entscheidung des Gerichts der Hauptsache über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwarten, so nimmt er das in der Drittanfechtung liegende Risiko bewusst auf sich.
- 12
- b) Diese Grundsätze der Senatsrechtsprechung werden von beiden Parteien von jeweils unterschiedlichen Ausgangspunkten und mit entgegengesetzter Zielrichtung angegriffen:
- 13
- aa) Die Klägerin macht, gestützt auf einen Aufsatz von Gallois (BauR 2002, 884, 885), geltend, dass der Bauherr, ob (als Bauträger) fachkundig oder nicht, anwaltlich beraten oder nicht, kaum je erkennen könne, ob solche Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sei. Richtigerweise sei daher davon auszugehen, dass das Risiko einer Drittanfechtung nur in Ausnahmefällen dem Bauherrn zuzuweisen sei, nämlich nur, wenn die Frage, ob der Nachbarwiderspruch überzeugend begründet sei, eindeutig beantwortet werden könne, sich die Richtigkeit der Anfechtungsgründe also jedermann in der gleichen Situation geradezu aufdrängen müsse, etwa nach dem Muster der in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Fälle.
- 14
- bb) Der Beklagte hält dem entgegen, dass die Schutzwürdigkeit des Vertrauens vielmehr auch im Amtshaftungsprozess am Maßstab des § 50 VwVfG zu messen sei. Danach sei bei Verwaltungsakten mit Doppel- bzw. Drittwirkung der Vertrauensschutz für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens suspendiert.
- 15
- cc) Diese Angriffe geben dem Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung keinen Anlass. Die Abgrenzungsformel des Senats ermöglicht vielmehr eine sachgerechte Haftungszurechnung einerseits an die für den Erlass der rechtswidrigen Genehmigung verantwortliche Behörde, andererseits an den seine eigenen Interessen missachtenden Genehmigungsempfänger. In diesem Sinne hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Oktober 2003 (III ZR 414/02 = NVwZ 2004, 638, 639) die Mitverschuldensquote von 25 %, die sich die dortigen Kläger selbst hatten anlasten lassen und die vom dortigen Berufungsgericht gebilligt worden war, auch revisionsrechtlich nicht beanstandet.
- 16
- 4. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht im konkreten Fall einen Totalverlust des Ersatzanspruchs bejaht, hält jedoch der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 17
- a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass - anders als das Landgericht gemeint hat - die Klägerin erst am 16. September 1997 Kenntnis vom Widerspruch des Nachbarn erlangt hat. Damit ist der Argumentation des landgerichtlichen Urteils, das von einer Kenntnis noch vor Baufreigabe der Erdarbeiten am 9. September 1997 ausgegangen ist, teilweise der Boden entzogen.
- 18
- b) Für die Zeit zwischen der Erteilung der Baugenehmigung und der Kenntniserlangung vom Widerspruch, d.h. den Zeitraum vom 1. bis zum 16. September 1997, sieht der Senat für ein Mitverschulden der Klägerin keinen Ansatzpunkt. Hiermit in Übereinstimmung hatte das Berufungsgericht ursprünglich der Klägerin mit Verfügung vom 22. März 2006 aufgegeben, die Ausgaben für jene Arbeiten abzugrenzen, die nach Bekanntwerden des Widerspruchs ausgelöst worden sind. Dieser Auflage war die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Mai 2006 nachgekommen. Das Berufungsgericht hatte sodann durch Beschluss vom 27. Juni 2006 eine Beweiserhebung über den Sachvortrag der Klägerin, betreffend die vor dem Stichzeitpunkt entstandenen Aufwendungen, angeordnet. Diesen Beweisbeschluss hat es in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2006 nur unvollkommen ausgeführt. Im Urteil sind zu dieser zeitlichen Abgrenzung überhaupt keine Feststellungen getroffen worden.
- 19
- c) Darüber hinaus hält der Senat auch die Auffassung des Berufungsgerichts , die nach dem Stichzeitpunkt entstandenen Schäden seien in vollem Umfang der Klägerin anzulasten, nicht für vertretbar. Aus der vorstehend zitierten Abgrenzungsformel des Senats kann keineswegs schematisch der Rückschluss gezogen werden, dass Aufwendungen, die in Kenntnis eines Nachbarwiderspruchs oder sonstigen Rechtsbehelfs getätigt werden, stets dem durch die Baugenehmigung begünstigten Bauherrn selbst zur Last fallen und die Bauaufsichtsbehörde von jeglicher eigener Verantwortlichkeit für die rechts- und amtspflichtwidrige Erteilung befreit wird. Zumindest ist dem Bauherrn gegen den Mitverschuldenseinwand die Replik zuzubilligen, er habe seinerseits bei Prüfung des nachbarlichen Rechtsbehelfs diesem keine Erfolgsaussicht beimessen dürfen. In diesem Zusammenhang macht die Klägerin mit der Revision - wie schon in den Vorinstanzen - zu Recht geltend, dass die Einwände des Nachbarn bereits im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens offen gelegt, von der Bauaufsichtsbehörde eingehend geprüft und nicht für durchgreifend erachtet worden waren. Trotz der Einlegung des Widerspruchs kann sich der Bauherr daher auf den allgemeinen Grundsatz berufen, dass er nicht klüger zu sein braucht als die mit der Bearbeitung des Verwaltungsvorgangs betrauten sachkundigen Beamten. Der Senat hat sogar angenommen, dass das "Rechtsanwendungsrisiko", d.h. die ordnungsgemäße Handhabung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nicht bereits dadurch in vollem Umfang von der Behörde auf den antragstellenden Bürger selbst verlagert wird, dass dieser im Vergleich zu ihr über die besseren Erkenntnisquellen und die größere Erfahrung verfügt (Senatsurteil BGHZ 149, 50, 55; Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 aaO S. 639).
- 20
- d) Um so mehr gilt dies, als nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin den Amtsträgern der Beklagten die Bedenken der zuständigen Fachbehörden bei der Erteilung der Baugenehmigung bereits vorgelegen hatten, diese Stellungnahmen der Klägerin selbst jedoch nicht zur Kenntnis gebracht worden waren, so dass diese ihr Bauvorhaben danach nicht hatte ausrichten oder weitere Ermittlungen anregen können.
- 21
- e) Für nicht durchgreifend hält der Senat das Argument des Berufungsgerichts , die Klägerin habe den Bau mit Rücksicht auf zum Ende des Jahres 1997 auslaufende Abschreibungsmöglichkeiten mit besonderer Eile vorangetrieben. Dazu war die Klägerin - nach ihrem Vorbringen auch im Hinblick auf die gegenüber den Käufern eingegangenen Fertigstellungsverpflichtungen - berechtigt , solange sie sich im Besitz einer vollziehbaren Baugenehmigung befand. Eine Missachtung ihrer wohlverstandenen eigenen Interessen im Sinne eines "Verschuldens gegen sich selbst" vermag der Senat hierin nicht zu erkennen.
- 22
- 5. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches auf der Grundlage der aufgezeigten Gesichtspunkte - und erforderlichenfalls nach weiteren Tatsachenfeststellungen - eine erneute Abwägung vorzunehmen haben wird.
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 27.05.2005 - 15 O 3117/04 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.09.2006 - 6 U 1112/05 -
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.