Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2010 - I ZR 70/09

bei uns veröffentlicht am01.12.2010
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 10556/07, 14.05.2008
Oberlandesgericht München, 29 U 3866/08, 02.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 70/09 Verkündet am:
1. Dezember 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Multimediashow
UrhWG § 6

a) Die GEMA ist den Berechtigten aufgrund ihrer Treuhänderstellung aus den Berechtigungsverträgen
verpflichtet, im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen
Rechte den Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Berechnet sie dabei
den Schaden nach der angemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig
die Tarifvergütung zugrunde zu legen, die der Verletzer bei ordnungsgemäßer
Einholung der Erlaubnis hätte entrichten müssen. Enthält das Tarifwerk einen Tarif, der
dem Grunde nach auf die in Rede stehende Nutzung anwendbar ist, aber zu einer der
Höhe nach unangemessenen Vergütung führt, so ist die Höhe der im Tarif vorgesehenen
Vergütung auf das angemessene Maß zu reduzieren. Zur Bestimmung des angemessenen
Maßes der Vergütung dürfen andere, eine ähnliche Nutzung betreffende Tarife
herangezogen werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Januar 2004
- I ZR 135/00, GRUR 2004, 669, 671 f. - Musikmehrkanaldienst).

b) Nimmt die GEMA im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen Rechte den
Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch, so ist sie den Berechtigten, deren Rechte
verletzt worden sind, nicht aufgrund ihrer Treuhänderstellung aus den Berechtigungsverträgen
verpflichtet, sie an diesem Verfahren und einem etwaigen Vergleichsabschluss
mit dem Verletzer zu beteiligen. Dies gilt auch dann, wenn die durch die Inanspruchnahme
des Verletzers erzielten Einnahmen entsprechend dem Verteilungsplan
- nach Abzug bestimmter Beträge - allein an diese Berechtigten auszuschütten sind.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 70/09 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Koch
und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. April 2009 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr.
2
Die Kläger sind Komponisten. Sie sind Mitglieder der Beklagten und haben mit ihr Berechtigungsverträge geschlossen.
3
Die Kläger komponierten für die A. B. KG (A. ) sechs kurze Musikstücke. A. stellte eine CD-ROM her, die eine Software für den Internetzugang und eine - mit den Kompositionen der Kläger unterlegte - Multimediashow enthielt. Diese CD-ROM verteilte A. in den Jahren 1998 und 1999 im Rahmen einer Werbeaktion in hoher Stückzahl kostenlos an Haushalte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Über eine Lizenz zur Vervielfältigung und Verbreitung der Kompositionen verfügte A. nicht.
4
Die Beklagte nahm A. deshalb mit Schreiben vom 31. März 1999 auf Zahlung einer Vergütung in Anspruch. Dabei legte sie ihre „Vergütungssätze VR-AV DT-H 1 für die Vervielfältigung von Werken des GEMA-Repertoires auf audiovisuelle Datenträger (z.B. Magnetband, Diskette, CD-ROM, CD TV, CDI) und deren Verbreitung zum persönlichen - privaten - Gebrauch“ in der seinerzeit gültigen, im Bundesanzeiger (Nr. 225 vom 1. Dezember 1992, S. 8987) veröffentlichten Fassung (Tarif VR-AV DT-H 1) zugrunde. Sie machte nach Nummer IV des Tarifs VR-AV DT-H 1 eine Mindestvergütung von 0,30 DM je CD-ROM geltend (sechs Werke mit einer Spieldauer bis zu drei Minuten auf einem audiovisuellen Datenträger, bei dessen Anwendung die Musik nicht im Vordergrund steht x 0,05 DM), wobei sie von einer Auflage von 100.000 CDROMs ausging.
5
Der Tarif VR-AV DT-H 1 lautet auszugsweise wie folgt: I. Allgemeine Vergütung für audiovisuelle Musik-Datenträger Für audiovisuelle Musik-Datenträger (z.B. Musikclips) wird ein Vergütungssatz von 10% berechnet. […] II. Allgemeine Vergütung für sonstige audiovisuelle Datenträger Entsprechend der Anzahl der Werke oder Werkteile aus dem GEMARepertoire werden folgende Vergütungssätze je sonstiger audiovisueller Datenträger (Spiele, Lehr- und Informationsinhalte etc.) berechnet: […] Für sonstige audiovisuelle Datenträger, bei deren Anwendung die Musik nicht im Vordergrund steht, ermäßigen sich vorstehende Vergütungssätze um 50%. […] III. Vergütungsgrundlage Die Vergütungssätze gemäß vorstehender Abschnitte I und II sind anzuwenden auf den vom Hersteller veröffentlichten höchsten Abgabepreis für den Detailhandel (ausschließlich Mehrwertsteuer) für den betreffenden audiovisuellen Datenträger. […] IV. Mindestvergütung Je Werk aus dem GEMA-Repertoire mit einer Spieldauer bis zu 3 Minuten und je audiovisueller Datenträger: 0,10 DM. Ist die Spieldauer des Werkes länger als 3 Minuten, wird für jeweils weitere 3 Minuten und je audiovisueller Datenträger 0,10 DM berechnet. Für sonstige audiovisuelle Datenträger, bei deren Anwendung die Musik nicht im Vordergrund steht, ermäßigen sich vorstehende Vergütungssätze um 50%. […] VI. Allgemeine Bestimmungen 1. Umfang der Einwilligung Die Einwilligung umfasst nur die der GEMA zustehenden Rechte für die Vervielfältigung und Verbreitung zum persönlichen Gebrauch ohne Werbung. […]
6
Dem Schreiben der GEMA lag als Anlage das „Informationsblatt zur Musiknutzung auf CD-ROM“ (Stand: November 1998) bei. Darin heißt es: Bei kostenloser Abgabe ist grundsätzlich die jeweilige Mindestvergütung anzusetzen (VR-AV DT-H 1 bzw. nach schriftlicher Anfrage). Nachdem A. die Forderung der Beklagten zunächst zurückgewiesen
7
hatte, einigten sich A. und die Beklagte am 16./19. August 1999 gütlich auf die Zahlung von 1 Mio. DM, wobei sie diesem Vergleich die von A. angegebene Stückzahl von 18,8 Mio. CD-ROMs zugrunde legten. Daraus errechnet sich eine Vergütung von 0,05319 DM pro CD-ROM. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass weitere CD-ROMs als Beigaben zu Zeitschriften verbreitet worden waren, vereinbarten die Beklagte und A. am 31. Mai/11. Juni 2001 ergänzend die Zahlung eines weiteren Betrages von 383.214,30 DM. Dabei gingen sie von einer Verbreitung von 9.476.296 CD-ROMs und einer Vergütung pro CD-ROM von 75% der in der ersten Vereinbarung festgelegten Vergütung aus. Das entspricht einem Betrag von 0,03989 DM pro CD-ROM.
8
Ende 2003 setzte die Beklagte die Kläger über die Modalitäten der Vergleichsvereinbarungen in Kenntnis. Sie teilte ihnen mit, der Tarif VR-AV DT-H 1 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen. Sie habe sich bei der Bemessung der Vergütung daher an dem Tarif VR-T-H 2 orientiert.
9
Die „Vergütungssätze VR-T-H 2 für die Vervielfältigung von Werken des GEMA-Repertoires auf Werbetonträger (flexible Werbefolien, Werbekarten oder Werbeplatten 17 cm ø) und deren unentgeltliche Verbreitung zum persönlichen Gebrauch“ in der zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Nutzungen gültigen, im Bundesanzeiger (Nr. 186 vom 1. Oktober 1976, S. 9) veröffentlichten Fassung lauten auszugsweise: I. Vergütungen 1. Allgemeine Vergütung Gruppe Anzahl der Werbetonträger Je Werk mit einer Spieldauer bis zu 3 Minuten und je Seite DM
1
bis 25.000 0,10
2
25.001 bis 50.000 0,08
3
50.001 bis 100.000 0,06
4
100.001 bis 250.000 0,04
5
250.001 bis 500.000 0,03
6
500.001 bis 750.000 0,02
7
750.001 bis 1.000.000 0,01
8
über 1.000.000 0,005 Die Vergütung für über 25.000 Exemplare wird durch Addition der sich in den einzelnen Gruppen ergebenden Gesamtbeträge errechnet. […] II. Allgemeine Bestimmungen 1. Voraussetzungen für die Anwendung der Vergütungssätze in Abschnitt I Die Vergütungssätze gelten nur für solche Werbetonträger, die unentgeltlich zum persönlichen Gebrauch abgegeben werden. […]
10
Die Kläger sind der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus den Berechtigungsverträgen zur treuhänderischen Wahrnehmung ihrer Interessen dadurch schuldhaft verletzt, dass sie gegenüber A. nicht auf Zahlung der nach dem Tarif VR-AV DT-H 1 zu berechnenden Vergütung von insgesamt 5.058.629,30 € (28.276.296 CD-ROMs x 0,1789 € bzw. 0,35 DM für sechs Musikstücke , von denen fünf eine Spieldauer bis zu drei Minuten haben und eines eine Spieldauer von mehr als drei Minuten hat) bestanden, sondern sich mit einer Vergütung von 707.226,21 € (1.383.214,30 DM) begnügt habe. Sie sind der Ansicht, von dem Differenzbetrag von 4.351.403,09 € stehe ihnen der sich nach Abzug der üblichen GEMA-Kommission von 15% ergebende Betrag von 3.698.692,63 € als Schadensersatz zu.
11
Die Kläger haben im Wege der Teilklage beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.000.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.
12
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG München, ZUM 2009, 657). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägern stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer schuldhaften Verletzung der Berechtigungsverträge nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu. Hierzu hat es ausgeführt:
14
Die Beklagte sei den Klägern aufgrund der Berechtigungsverträge grundsätzlich verpflichtet gewesen, von A. wegen der nicht genehmigten Verteilung der CD-ROM mit ihren Musikwerken Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr zu verlangen.
15
Angesichts der Unwägbarkeiten hinsichtlich der Anwendung eines einschlägigen Tarifs und der Bestimmung einer angemessenen Lizenzgebühr könne es der Beklagten nicht als schuldhafte Verletzung der mit den Klägern geschlossenen Berechtigungsverträge angelastet werden, dass sie mit A. die Vergleichsvereinbarungen über eine Gesamtsumme von 1.383.214,30 DM (707.226,21 €) geschlossen habe. Es sei bereits zweifelhaft, ob im Streitfall der sachliche Anwendungsbereich des Tarifs VR-AV DT-H 1 überhaupt eröffnet sei. Jedenfalls sei die Vergütung von mehr als 5 Mio. €, die sich bei Anwendung des Tarifs VR-AV DT-H 1 ergäbe, unangemessen hoch. Die Beklagte habe bei ihren Verhandlungen mit A. daher davon ausgehen dürfen, dass diese Vergütungsregelung entweder überhaupt nicht anzuwenden ist oder von der Vergütung, die sich im Falle der Anwendbarkeit dieses Tarifs ergäbe, wegen krasser Unangemessenheit erhebliche Abschläge vorzunehmen wären. Nach dem sachlich näherliegenden Tarif VR-T-H 2 hätte sich eine Gesamtvergütung von etwa 990.000 DM (506.179 €) ergeben, die deutlich unter der Gesamtsumme liege, die die Beklagte mit A. im Vergleichswege erzielt habe.
16
Eine Pflichtverletzung der Beklagten liege auch nicht darin, dass sie davon abgesehen habe, die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt mit dem Ziel einer Bemessung des Schadensersatzes nach dem Tarif VRAV DT-H 1 anzurufen. Ferner könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden, dass sie die von A. genannte Auflagenzahl von 28.276.296 CD-ROMs akzeptiert und nicht weitergehende Ermittlungen bezüglich einer höheren Auflagenzahl angestellt habe.
17
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
18
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte ihre treuhänderischen Pflichten aus den Berechtigungsverträgen mit den Klägern nicht dadurch verletzt hat, dass sie gegenüber A. wegen der unbefugten Vervielfältigung und Verbreitung der Kompositionen der Kläger auf CDROM nicht auf Zahlung einer Lizenzgebühr von 5.058.629,30 € bestanden hat, die sich bei Anwendung des Tarifs VR-AV DT-H 1 ergäbe, sondern sich mit A. gütlich auf eine Lizenzgebühr von 707.226,21 € geeinigt hat.
19
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte den Berechtigten aufgrund ihrer Treuhänderstellung aus den Berechtigungsverträgen verpflichtet ist, im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen Rechte den Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Dabei stehen der Beklagten grundsätzlich alle drei Berechnungsarten zur Wahl: sie kann den konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns, die Herausgabe des Verletzergewinns oder die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - I ZR 194/83, BGHZ 97, 37, 50 - Filmmusik; Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Rn. 13 = WRP 2009, 847 - Resellervertrag).
20
Berechnet die Beklagte den Schaden - wie im Streitfall - nach der angemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig die Tarifvergütung zugrunde zu legen, die der Rechtsverletzer bei ordnungsgemäßer Einholung der Erlaubnis der Beklagten hätte entrichten müssen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 97, 37, 41 - Filmmusik; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 - I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 376 - Schallplattenimport III). Enthält das Tarifwerk der Beklagten einen Tarif, der dem Grunde nach auf die in Rede stehende Nutzung anwendbar ist, aber zu einer der Höhe nach unangemessenen Vergütung führt, so ist die Höhe der im Tarif vorgesehenen Vergütung auf das angemessene Maß zu reduzieren. Auf einen anderen, eine ähnliche Nutzung betreffenden Tarif ist nur zurückzugreifen, wenn eine solche Reduktion auf das angemessene Maß nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2004 - I ZR 135/00, GRUR 2004, 669, 671 f. - Musikmehrkanaldienst).
21
b) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe pflichtwidrig gehandelt, weil sie eine Reduzierung der Vergütung nach dem anwendbaren Tarif VR-AV DT-H 1 auf ein angemessenes Maß nicht ins Auge gefasst habe, sondern diesen Tarif völlig fallen gelassen habe, nachdem A. gegen die danach berechnete Vergütung Einwände erhoben habe.
22
Es kann dahinstehen, ob der Tarif VR-AV DT-H 1 auf die hier in Rede stehende Nutzung anwendbar war. Jedenfalls ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass dieser Tarif - wäre er auf die hier in Rede stehende Nutzung anwendbar gewesen - zu einer der Höhe nach unangemessenen Vergütung geführt hätte, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Diese hätte auf das angemessene Maß herabgesetzt werden müssen. Die von der Beklagten mit A. vereinbarte Vergütung ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls nicht geringer als die Vergütung, die sich bei der gebotenen Herabsetzung der nach dem Tarif VR-AV DT-H 1 errechneten Vergütung auf das angemessene Maß ergäbe. Der von den Klägern geltend gemachte Schaden beruht demnach jedenfalls nicht auf der behaupteten Pflichtwidrigkeit der Beklagten.
23
aa) Entgegen der Darstellung der Revision hat das Berufungsgericht nicht angenommen, der Tarif VR-AV DT-H 1 sei, obwohl er dem Grunde nach die hier in Rede stehende Nutzung erfasse, nicht anwendbar, weil er zu einer der Höhe nach unangemessenen Vergütung führe. Es hat daher entgegen der Ansicht der Revision die Prüfung der Anwendbarkeit des Tarifs nicht in unzulässiger Weise mit der Prüfung der Angemessenheit des Tarifs vermischt.
24
Das Berufungsgericht hat es zwar als zweifelhaft erachtet, ob der sachliche Anwendungsbereich des Tarifs VR-AV DT-H 1 im Streitfall überhaupt eröffnet ist. Aus dem Tarif selbst ergebe sich nicht, dass er auch bei kostenloser Abgabe anwendbar sei. Der Anwendbarkeit dieses Tarifs könne zudem die Klausel in Nummer VI 1 des Tarifs entgegenstehen, wonach die Einwilligung nur die der Beklagten zustehenden Rechte für die Vervielfältigung und Verbreitung zum persönlichen Gebrauch „ohne Werbung“ erfasse.
25
Das Berufungsgericht hat sodann aber die Anwendbarkeit des Tarifs VRAV DT-H 1 unterstellt und die sich auf der Grundlage dieses Tarifs ergebende Vergütung errechnet. Dabei ist es davon ausgegangen, bei der in Rede stehenden CD-ROM handele es sich um einen audiovisuellen Datenträger, mit dem in erster Linie ein Internetzugang beworben worden sei und bei dem die im Rahmen einer Multimediashow eingesetzte Musik nicht im Vordergrund gestanden habe. Für eine solche CD-ROM mit sechs Musikwerken, von denen fünf eine Spieldauer von bis zu drei Minuten hätten und eines eine Spieldauer von mehr als drei Minuten habe, sehe Nummer IV des Tarifs VR-AV DT-H 1 eine Mindestvergütung von 0,35 DM bzw. 0,1789 € vor. Bei einer Stückzahl von 28.276.296 CD-ROMs, wie sie den Vergleichsabschlüssen zwischen der Beklagten und A. zugrunde gelegt worden sei, ergebe sich demnach eine Vergütung von über 5 Mio. €. Das Berufungsgericht hat sodann näher ausgeführt, dass diese Vergütung unangemessen hoch und daher erheblich herabzusetzen wäre.
26
bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe zur Bemessung der Vergütung den Tarif VR-T-H 2 unter Verstoß gegen den Grundsatz herangezogen, dass auf einen anderen Tarif nur zurückgegriffen werden darf, wenn eine Reduktion des anwendbaren Tarifs auf das angemessene Maß nicht in Betracht kommt.
27
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Tarif VR-T-H 2 enthalte eine den Besonderheiten des Streitfalles - nämlich einer als Direktwerbung oder Beilagenwerbung verteilten Gratis-CD-ROM mit einem beträchtlichen Werbungsstreuverlust - an sich eher entsprechende degressive Tarifstruktur. Auch wenn sich der sachliche Anwendungsbereich dieses Tarifs nicht auf audiovisuelle Datenträger wie CD-ROMs erstrecke, liege seine Anwendung sachlich näher als die Anwendung des Tarifs VR-AV TD-H 1. Nach dem Tarif VR-T-H 2 hätte sich bei einer Stückzahl von 28.276.296 CD-ROMs, wie sie den Vergleichsabschlüssen zwischen der Beklagten und A. zugrunde liege, eine Gesamtvergütung in Höhe von etwa 990.000 DM (506.179 €) ergeben. Dieser Betrag liege deutlich unter der Gesamtsumme von 1.383.214,30 DM (707.226,24 €), die die Beklagte mit A. im Vergleichswege erzielt habe.
28
Das Berufungsgericht hat die nach den Tarifen der Beklagten für die in Rede stehende Nutzung an sich geschuldete Vergütung demnach nicht auf der Grundlage des Tarifs VR-T-H 2 berechnet. Es hat den seiner Ansicht nach auf CD-ROMs zwar nicht anwendbaren, wegen deren unentgeltlicher Verbreitung im Wege der Direktwerbung oder Beilagenwerbung aber sachnahen Tarif VR-TH 2 vielmehr ersichtlich nur herangezogen, um im Wege einer Plausibilitätskontrolle zu prüfen, ob der Betrag von 707.226,24 €, auf den sich die Beklagte und A. gütlich geeinigt haben, zum Nachteil der Kläger von dem Betrag abweicht, der sich ergäbe, wenn die nach dem an sich anwendbaren Tarif VR-AV TD-H 1 errechnete Vergütung von 5.058.629,30 € auf das angemessene Maß herabgesetzt würde. Eine solche Heranziehung eines sachnahen Tarifs zu Vergleichszwecken begegnet im Rahmen der Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr nach § 287 ZPO keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken (vgl. BGHZ 97, 37, 45 - Filmmusik).
29
cc) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die sich aus der Anwendung des Tarifs VR-AV DT-H 1 im Streitfall ergebende Mindestvergütung von über 5 Mio. € unangemessen hoch wäre.
30
(1) Die tatrichterliche Entscheidung, ob ein von einer Verwertungsgesellschaft aufgestellter Tarif als angemessen oder unangemessen anzusehen ist, kann in der Revisionsinstanz nicht uneingeschränkt, sondern nur darauf überprüft werden, ob sie auf Verfahrensfehlern beruht oder die Maßstäbe verkennt, nach denen die angemessene Vergütung zu bestimmen ist (BGH, GRUR 2004, 669, 670 f. - Musikmehrkanaldienst).
31
(2) Die Frage, ob eine Vergütung angemessen ist, richtet sich nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG daher in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung der geschützten Werke oder Leistungen erzielt werden. Damit gilt auch für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz, nach dem der Berechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen tunlichst angemessen zu beteiligen ist (vgl. http://www.juris.de/jportal/portal/t/18vk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301278801&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 13 - BGH, GRUR 2004, 669, 670 - Musikmehrkanaldienst). Eine Mindestvergütungsregelung ist erforderlich, um die Berechtigten vor einer Entwertung ihrer Rechte zu schützen. Eine solche Regelung darf aber nicht so weit gehen, dass der Grundsatz, den Berechtigten angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen seiner Werke oder Leistungen zu beteiligen, zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Verhältnis überschritten wird (vgl. BGH, GRUR 1988, 373, 376 - Schallplattenimport III).
32
(3) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Anwendung der Regelung über die Mindestvergütung in Nummer IV des Tarifs VR-AV DT-H 1 führe im Streitfall zu einer solchen unangemessenen Belastung des Verwerters. Gegenstand der Werbemaßnahme von A. sei eine in Millionenstückzahl abgegebene Gratis-CD-ROM, die eine Software für den Zugang zu dem von A. betriebenen Online-Dienst sowie eine - mit der Musik der Kläger unterlegte - Multimediashow enthalte. Bei einer solchen Werbemaßnahme sei davon auszugehen , dass sich ein beträchtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher mit der CD-ROM und der Multimediashow überhaupt nicht näher befasse, weil sie keinen zum Abspielen der CD-ROM geeigneten Computer zur Verfügung hätten oder kein Interesse an einem Online-Zugang hätten oder bereits Kunde eines Online-Dienstes seien. Auf eine solche atypische Fallgestaltung mit einem beträchtlichen Werbungsstreuverlust sei die Mindestvergütungsregelung des Tarifs VR-AV DT-H 1 nicht zugeschnitten. Sie führe auch dann zu einer unangemessen hohen Vergütung, wenn die Werbemaßnahme zur Steigerung der Zahl der Online-Kunden von A. im Zeitraum 1998 bis 2000 beigetragen haben sollte. Die gegen diese tatrichterliche Beurteilung gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
33
Entgegen der Ansicht der Revision widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts , ein beträchtlicher Teil der Empfänger der CD-ROM habe sich mit deren Inhalt nicht näher befasst, weil sie keinen zum Abspielen der CD-ROM geeigneten Computer zur Verfügung gehabt hätten, nicht dem Vorbringen der Kläger, die CD-ROM habe praktisch auf jedem nach 1993 produzierten PC mit Pentium-Prozessor abgespielt werden können. Das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Kläger steht der Annahme nicht entgegen, dass zur Zeit der Durchführung der Werbekampagne in den Jahren 1998 und 1999 ein beträchtlicher Teil der umworbenen Privathaushalte noch nicht über einen Computer verfügte.
34
Es kommt auch nicht darauf an, ob nach dem Vorbringen der Kläger die fragliche CD-ROM dem Anwender einen geldwerten Vorteil von wenigstens 250 DM oder sogar 309,90 DM gebracht hat. Ebenso wenig ist es erheblich, ob die Annahme des Berufungsgerichts, Empfänger der CD-ROM, die bereits Kunden eines anderen Online-Dienstes gewesen seien, hätten kein Interesse an einem Online-Zugang bei AOL gehabt, der Lebenserfahrung widerspricht, weil von dem Angebot, kostenlos für 250 DM oder 309,50 DM im Internet zu surfen, ein erheblicher Anreiz ausgegangen ist. Der geldwerte Vorteil ergab sich für den Nutzer der CD-ROM nach dem eigenen Vorbringen der Kläger aus der kostenlosen Nutzung der Online-Dienste von A. und nicht aus der Möglichkeit , die von den Klägern komponierte Musik beim Abspielen der Multimediashow anzuhören. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob die Multimediashow - wie die Revision geltend macht - mit 81% des Gesamtvolumens den wesentlichen Anteil der CD-ROM ausgemacht hat.
35
Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass das mit der millionenfachen kostenlosen Verbreitung der Werbe-CD-ROM verfolgte Ziel nach dem unwidersprochenen Vortrag der Kläger in vollem Umfang erreicht worden sei und A. seine Abonnentenzahlen im fraglichen Zeitraum um über 100% gesteigert habe. Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht angenommen werden, dass dieser geldwerte Vorteil für A. untrennbar mit der Multimediashow und der Nutzung der Musikwerke der Kläger in Zusammenhang steht. Eine Steigerung der Abonnentenzahlen wird nach der Lebenserfahrung vor allem darauf beruht haben, dass ein Teil der Empfänger der CD-ROM, die den kostenlosen Online-Zugang genutzt haben, als zahlende Kunden bei A. geblieben sind. Da die Software für den Internetzugang genutzt werden konnte, ohne die mit der Musik der Kläger unterlegte Multimediashow zur Kenntnis zu nehmen, ist eine Steigerung der Abonnentenzahlen jedenfalls nicht zwangsläufig und erfahrungsgemäß auch nicht hauptsächlich auf eine Nutzung der Musikwerke der Kläger zurückzuführen.
36
Die Annahme der Revision, ein erheblicher Teil der nicht an einem Online -Zugang bei A. interessierten Personen habe sich aus Interesse oder Neugier wenigstens die Multimediashow angesehen, die nach Einlegen der CDROM in das Laufwerk gesondert habe aufgerufen werden können, beruht, wie die Revisionserwiderung mit Recht einwendet, auf reiner Spekulation und liegt angesichts der Übersättigung der Verbraucher mit Werbung und Werbebeilagen eher fern.
37
dd) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe im Wege einer gütlichen Einigung mit A. ein Ergebnis erwirkt, das für die Kläger mit Blick auf die Unwägbarkeiten hinsichtlich der Anwendung eines einschlägigen Tarifs und der Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr nicht ungünstig gewesen sei. Das Berufungsgericht ist demnach ersichtlich davon ausgegangen , dass die von der Beklagten mit A. vereinbarte Vergütung von 707.226,24 € nicht zum Nachteil der Kläger von der Vergütung abweicht, die sich ergäbe, wenn die unter Anwendung des Tarifs VR-AV DT-H 1 errechnete Vergütung von mehr als 5 Mio. € auf ein angemessenes Maß herabgesetzt würde. Auch diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
38
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich ein beträchtlicher Teil der Verbraucher entweder schon nicht mit der CD-ROM oder aber nicht mit der auf der CD-ROM enthaltenen Multimediashow befasst und ist der mit der Vervielfältigung und Verbreitung der CD-ROM erzielte Vorteil von A. jedenfalls ganz überwiegend auf die damit eröffnete Möglichkeit eines kostenlosen Internetzugangs und nicht auf die mit der Musik der Kläger unterlegte Multimediashow zurückzuführen. Dieser Umstand rechtfertigt es, die sich aus dem Tarif VR-AV DT-H 1 ergebende Vergütung ganz erheblich herabzusetzen, weil die Höhe der Vergütungssätze dem hier gegebenen Fall nicht Rechnung trägt, dass die Werknutzung nur einen geringfügigen Anteil am Gesamtumfang des Verwertungsvorgangs hat (§ 13 Abs. 3 Satz 3 UrhWG) und der bei dem Verwertungsvorgang erzielte Vorteil nur zu einem geringen Teil auf der Werkverwertung beruht (§ 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG).
39
Es ist - wie unter II 1 b bb (Rn. 27 ff.) ausgeführt - aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit der Herabsetzung der tariflichen Vergütung auf die vereinbarte Vergütung im Wege einer Vergleichsbetrachtung den auf CD-ROMs zwar nicht anwendbaren, wegen deren unentgeltlicher Verbreitung im Wege der Direkt- oder Beilagenwerbung aber sachnahen Tarif VR-T-H 2 mit seiner den Besonderheiten des Streitfalles eher entsprechenden degressiven Tarifstruktur herangezogen hat. Das Berufungsgericht hat aus dem Umstand, dass sich nach dem Tarif VR-T-H 2 eine Gesamtvergütung von etwa 506.179 € (990.000 DM) ergab, die deutlich unter von der Beklagten mit A. im Vergleichswege erzielten Gesamtsumme von 707.226,24 € (1.383.214,30 DM) lag, rechtsfehlerfrei geschlossen, dass dieser Vergleichsabschluss die Kläger nicht benachteiligte.
40
2. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch nicht darin, dass sie davon abgesehen hat, die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt mit dem Ziel einer Bemessung des Schadensersatzes nach dem Tarif VR-AV DT-H 1 anzurufen.
41
Die Schiedsstelle kann nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 UrhWG von jedem Beteiligten bei Streitfällen, an denen eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist, angerufen werden, wenn sie die Nutzung von Werken oder Leistungen betreffen, die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt sind. Danach hätten im Streitfall sowohl die Beklagte als auch A. die Schiedsstelle mit dem Ziel einer gütlichen Beilegung des Streitfalles (§ 14 Abs. 6 Satz 1 UrhWG) befassen können.
42
Allerdings war die Beklagte gegenüber den Klägern nicht zur Anrufung der Schiedsstelle verpflichtet. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte hätte ein Schiedsstellenverfahren durchführen müssen, weil dieses die Gewähr für eine die widerstreitenden Interessen angemessen berücksichtigende Beurteilung gegeben hätte und damit auch das gesetzlich geschützte Interesse der Urheber an einer angemessenen Teilhabe an den Erlösen aus der Auswertung ihrer Werke gesichert hätte.
43
Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass ein Schiedsstellenverfahren und ein sich daran möglicherweise anschließendes Gerichtsverfahren zu einem für die Kläger günstigeren Ergebnis führen würden. Sie musste sich daher auch unter Berücksichtigung der Interessen der Kläger nicht auf eine möglicherweise langwierige und kostspielige Auseinandersetzung mit A. einlassen.
44
3. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus den Berechtigungsverträgen mit den Klägern auch nicht dadurch verletzt, dass sie die von A. genannte Aufla- genzahl der CD-ROMs akzeptiert und keine weitergehenden Ermittlungen bezüglich einer höheren Auflagenzahl angestellt hat.
45
Das Berufungsgericht hat das Absehen von eigenen Ermittlungen mit Recht als nicht pflichtwidrig angesehen, weil für die Beklagte kein Anhaltspunkt dafür bestand, dass die Auskünfte von A. zur Auflagenzahl unrichtig sein könnten. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Beklagten daher nicht vorgeworfen werden, dass sie bei der Vergleichsvereinbarung vom 16./19. August 1999 die von A. angegebene Stückzahl von 18.800.000 Exemplaren akzeptiert hat.
46
Die Beklagte hat, nachdem sie von A. über eine weitergehende Verbreitung der CD-ROM unterrichtet worden war, gegenüber A. entsprechende Auskunfts- und Forderungsansprüche geltend gemacht und schließlich mit A. am 31. Mai/11. Juni 2001 eine weitere Vereinbarung über die Vergütung von zusätzlichen 9.476.296 Exemplaren der CD-ROM geschlossen. Dabei hat sie den Interessen der Kläger dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie sich in Nummer 5 der Vereinbarung die Geltendmachung weiterer Vergütungsansprüche für den Fall vorbehalten hat, dass die CD-ROM in einer höheren Auflage als angenommen hergestellt und verbreitet worden sein sollte.
47
4. Die Revision rügt ohne Erfolg, die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus dem Treuhandverhältnis mit den Klägern jedenfalls dadurch verletzt, dass sie eine solche für die Kläger äußerst nachteilige Vereinbarung getroffen habe, ohne die Kläger zuvor zu informieren und ihnen dadurch die Möglichkeit zu verschaffen , eigene Erkenntnisse beizusteuern und gegebenenfalls Einfluss auf die Verhandlungen mit A. zu nehmen.
48
Die Kläger haben die Beklagte in § 3 der Wahrnehmungsverträge ermächtigt , alle ihr zur Wahrnehmung übertragenen Rechte „in jeder ihr zweckmäßig erscheinenden Weise“ im eigenen Namen geltend zu machen. Bei der treuhänderischen Wahrnehmung der ihr eingeräumten Nutzungsrechte ist die Beklagte nicht an Weisungen einzelner Berechtigter gebunden (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1967 - Ib ZR 123/65, GRUR 1968, 321, 327 - Haselnuss).
49
Der Umstand, dass die Beklagte im Streitfall gegenüber A. wegen der massenhaften unlizenzierten Verwendung der sechs Werke der Kläger tätig werden musste und die erzielten Einnahmen entsprechend dem Verteilungsplan B für das mechanische Vervielfältigungsrecht - nach Abzug bestimmter Beträge - allein an die Kläger auszuschütten hatte, ändert daran entgegen der Ansicht der Revision nichts. Ein Weisungsrecht der Berechtigten widerspräche auch in einem solchen Fall der verselbständigten Stellung der Beklagten gegenüber ihren Mitgliedern, die darin zum Ausdruck kommt, dass die Mitglieder der Beklagten ihren rechtlichen Willen nur durch die Vereinsorgane - insbesondere die Mitgliederversammlung - geltend machen können. Eine Weisungsabhängigkeit der Beklagten stünde darüber hinaus auch in einem derartigen Fall nicht mit dem Abschlusszwang des § 11 Abs. 1 UrhWG in Einklang, der die Beklagte verpflichtet, auf Grund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen (vgl. BGH, GRUR 1968, 321, 327 - Haselnuss).
50
III. Danach ist die Revision der Kläger gegen das Berufungsurteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Bornkamm Büscher Schaffert Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.05.2008 - 21 O 10556/07 -
OLG München, Entscheidung vom 02.04.2009 - 29 U 3866/08 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2004 - I ZR 135/00

bei uns veröffentlicht am 29.01.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 135/00 Verkündet am: 29. Januar 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2010 - I ZR 70/09.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2012 - I ZR 177/11

bei uns veröffentlicht am 20.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 177/11 vom 20. September 2012 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr.

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13
c) Dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG a.F. stehen - nach seiner Wahl - drei verschiedene Berechnungsarten zur Verfügung : die konkrete Schadensberechnung, die den entgangenen Gewinn einschließt , die Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.) und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 48/97, GRUR 2000, 226, 227 = WRP 2000, 101 - Planungsmappe, m.w.N.). Bei der - von der Klägerin gewählten - Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung des Verletzers vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln. Dieser besteht in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 513 - Dia-Rähmchen II; Urt. v. 6.10.2005 - I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Tz. 23 = WRP 2006, 274 - Pressefotos). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 135/00 Verkündet am:
29. Januar 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Musikmehrkanaldienst
UrhG (2003) § 78 Abs. 2 Nr. 1; UrhWG § 13 Abs. 3

a) Für die Beurteilung der Angemessenheit eines von einer Verwertungsgesellschaft
aufzustellenden Tarifs, der eine Zweitverwertung betrifft, sind die Auswirkungen
dieser Zweitverwertung auf die Primärverwertung zu berücksichtigen.

b) Stellt sich bei der gerichtlichen Prüfung der Angemessenheit eines Tarifs heraus
, daß die Höhe der vorgesehenen Vergütung unangemessen ist, ist sie auf
das angemessene Maß zu reduzieren. Auf einen anderen, eine ähnliche Nutzung
betreffenden Tarif ist nur zurückzugreifen, wenn eine solche Reduktion auf
das angemessene Maß nicht in Betracht kommt.
BGH, Urt. v. 29. Januar 2004 – I ZR 135/00 – OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Angemessenheit eines von der Klägerin nach § 13 UrhWG aufgestellten Tarifs.
Die Klägerin ist die GVL, eine Verwertungsgesellschaft, die u.a. die Rechte der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller aus § 78 Abs. 2, § 86 UrhG76 Abs. 2, § 86 UrhG a.F.) wahrnimmt.
Die Beklagte betreibt von Großbritannien aus einen Musikmehrkanaldienst, der nur gegen Zahlung eines Entgelts empfangen werden kann („Pay-Radio“). Ein solcher Dienst zeichnet sich dadurch aus, daß ununterbrochen Musik in digitaler Form, also in CD-Qualität, gesendet wird, und zwar gleichzeitig auf einer Vielzahl von Kanälen, wobei der Kunde zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Hilfe des ihm mietweise überlassenen Decoders immer nur einen Kanal empfangen kann. Dabei kann er jeweils eine Musikrichtung wählen, die er im Hinblick auf die große Zahl der zur Wahl stehenden Kanäle recht genau bestimmen kann (z.B. eine JazzRichtung oder Musik mit klassischer Gitarre). Technisch ist es möglich, Zusatzinformationen – etwa Angabe des Titels sowie der Interpreten – zur jeweils gespielten Musik zu senden. Die Darbietungen der gesendeten Musik stammen ebenso wie die Aufnahmen im wesentlichen aus dem Repertoire der Klägerin. Nach einem Probelauf erhielt die Beklagte 1996 eine Zulassung zur bundesweiten Verbreitung ihrer Musikkanäle, die zunächst über „DF1“, später über „Premiere“ erfolgte.
Die Klägerin stellte im September 1995 einen Tarif für die Verwendung von erschienenen Tonträgern in reinen Musikprogrammen (ohne Moderation und ohne Werbung) auf, die über Kabel oder Satellit als Mehrkanaldienste verbreitet werden. Ziffer 1 dieses Tarifs lautet:
Die Vergütung beträgt 30 v.H. aller Bruttoerlöse (exklusive Mehrwertsteuer ), die der Endabnehmer für die Berechtigung zur Inanspruchnahme des Mehrkanaldienstes bezahlt.
Daneben gibt es einen von der Klägerin im Jahre 1988 aufgestellten Tarif für private Hörfunkprogramme, der je nach dem Anteil der von erschienenen Tonträgern gesendeten Musik an der gesamten Sendezeit des jeweiligen Programms verschiedene Vergütungssätze enthält und für die höchste Stufe mit einem Musik-
anteil von mindestens 50% eine Vergütung in Höhe von 4,5% der Werbeerlöse vorsieht.
Im Streit um die Angemessenheit des Tarifs für Mehrkanaldienste haben die Parteien zunächst das Einigungsverfahren vor der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz durchgeführt. Die Schiedsstelle hat die Angemessenheit des von der Klägerin für Mehrkanaldienste aufgestellten Tarifs in ihrem Einigungsvorschlag verneint und statt dessen eine entsprechende Anwendung des Tarifs für private Hörfunkprogramme für angemessen gehalten, wobei an die Stelle der Werbe- die Mieteinnahmen treten sollten (ZUM-RD 1997, 520).
Die Klägerin hat dem Einigungsvorschlag widersprochen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Tarif für private Hörfunkprogramme sei für die in Rede stehende Nutzung nicht angemessen. Die Beklagte verwende zur Zusammenstellung ihres Programms ausschließlich erschienene Tonträger. Außerdem ermögliche es der Mehrkanaldienst den Verbrauchern, die gewünschten Musikstücke beliebig in digitaler Qualität aufzuzeichnen und in der jeweils gewünschten Kombination auf eine CD zu kopieren. Die Klägerin hat sich in diesem Zusammenhang auf einen Artikel in einer Fachzeitschrift (Stereo 6/96) berufen. Dort wird berichtet, man könne sich den Umstand zunutze machen, daß innerhalb eines Kanals die gesendete Musikauswahl mehrfach wiederholt werde, bevor eine andere Auswahl gesendet werde. Mit Hilfe eines Zusatzgeräts könne man in einem ersten Durchgang die mitgesendeten Angaben über Titel und Interpret aufzeichnen, um dann am Bildschirm eine Auswahl zu treffen und in einem zweiten Durchgang die ausgewählten Titel aufzuzeichnen.
Die Beklagte hat im Februar 1996 auf der Grundlage des Tarifs für private Hörfunkprogramme einen Betrag von 7.200 DM sowie unter Vorbehalt einen weiteren Betrag von 37.800 DM gezahlt. Die Klägerin macht mit ihrer Klage – neben
Auskunftsansprüchen, die die Beklagte anerkannt hat – Zahlungsansprüche für die Zeit bis Ende 1998 geltend, die sie auf der Grundlage ihres Tarifs für Mehrkanaldienste errechnet hat. Für die Zeit bis Ende 1996 beansprucht sie neben dem Wegfall des Vorbehalts hinsichtlich der gezahlten 37.800 DM eine weitere Zahlung in Höhe von 61.615,31 DM zuzüglich Zinsen. Für die Jahre 1997 und 1998 verlangt sie Zahlung der Beträge, die sich nach ihrem Tarif für Mehrkanaldienste aus einer noch zu erteilenden Auskunft ergeben werden, zu der die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis vom Landgericht bereits verurteilt worden ist.
Das Landgericht hat die Klage mit den Zahlungsanträgen abgewiesen (LG München I K&R 2000, 39 = ZUM-RD 1999, 557). Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG München ZUM 2000, 591).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Zahlungsanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die in dem von der Klägerin aufgestellten Tarif für Mehrkanaldienste vorgesehenen Vergütungssätze seien nicht angemessen. Zwar sei es nicht zu beanstanden, daß die Klägerin für die Verwendung von erschienenen Tonträgern in digitalen Kabeldiensten einen eigenen Tarif geschaffen habe. Die dort vorgesehene Vergütungshöhe von 30% aller Bruttoerlöse sei aber – unabhängig davon, ob es sich bei dem fraglichen Nutzungsvorgang um eine Sendung handele – unangemessen. Gehe man davon aus, daß den Urhebern ein entsprechender Anspruch zustehe, errechne sich eine Gesamtvergütung von 60%, die keinesfalls als angemessene Teilhabe der Urheber-
und Leistungsschutzberechtigten am wirtschaftlichen Erfolg der Verwertung ihrer Werke angesehen werden könne. Im übrigen handele es sich aber bei der in Rede stehenden Nutzung eindeutig um eine Sendung i.S. der §§ 20, 76 UrhG a.F. Mit einem Mediendienst, der einzelne Musikstücke auf Bestellung über das Internet zugänglich mache („Music on Demand“), sei der Mehrkanaldienst der Beklagten nicht vergleichbar.
Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, daß auch der Tarif für private Hörfunkprogramme für die hier interessierende Nutzung nicht angemessen sei. Denn selbst wenn dies zutreffe, lasse sich damit nicht die Angemessenheit des neuen Tarifs für Mehrkanaldienste begründen. Da somit ein angemessener Tarif nicht vorliege, sei von den vorhandenen Tarifen derjenige heranzuziehen, der am ehesten auch auf die fragliche Nutzung passe. Dies sei – wie schon die Schiedsstelle eingehend begründet habe – der Tarif für private, also werbefinanzierte Hörfunkprogramme.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht in der in Rede stehenden Nutzung eine Sendung i.S. der §§ 20, 76 Abs. 1 und 2 UrhG a.F. (jetzt: §§ 20, 78 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 UrhG) gesehen hat. Dabei kann offenbleiben, ob die Klägerin hinsichtlich des geltend gemachten Vergütungsanspruchs in einer besseren Rechtsposition wäre, wenn – anders als bei Vorliegen einer Sendung – in ein Ausschließlichkeitsrecht der Wahrnehmungsberechtigten eingegriffen worden wäre; denn auch dann wäre auf eine angemessene Vergütung abzustellen, weil die Klägerin nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet ist, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Ver-
langen Nutzungsrechte zu angemessenen Bedingungen einzuräumen oder Einwilligungen zu erteilen. Unabhängig davon erfüllt der Musikmehrkanaldienst der Beklagten aber alle Merkmale einer Sendung im urheberrechtlichen Sinne. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß die Übermittlung einer musikalischen Darbietung im Rahmen eines Mehrkanaldienstes dem Empfänger weitergehende Verwendungsmöglichkeiten einräumt und damit die Primärverwertung stärker beeinträchtigen kann als die Übermittlung im Rahmen einer herkömmlichen Radiosendung. Für die Frage, in welches urheberrechtliche Verwertungsrecht durch die fragliche Nutzung eingegriffen wird, ist es entgegen der Revision auch ohne Belang , ob die Beklagte sich in ihren werblichen Aussagen von Hörfunkprogrammen absetzt und nahelegt, der Kunde könne über die empfangenen Musiktitel aufgrund der Möglichkeit der digitalen Kopie in ähnlicher Weise verfügen wie über gekaufte CDs.
2. Das angefochtene Urteil läßt jedoch nicht erkennen, ob das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit des von der Klägerin aufgestellten Tarifs für Mehrkanaldienste den Besonderheiten dieser Nutzung hinreichend Rechnung getragen hat.

a) Allerdings kann die tatrichterliche Entscheidung darüber, ob ein von einer Verwertungsgesellschaft aufgestellter Tarif als angemessen oder unangemessen anzusehen ist, in der Revisionsinstanz nicht uneingeschränkt überprüft werden. Ob eine Vergütung angemessen ist, richtet sich nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Als Berechnungsgrundlage sind dabei nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG die geldwerten Vorteile heranzuziehen, die durch die Verwertung der geschützten Leistung erzielt werden. Damit gilt auch für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz, nach dem der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen angemessen zu beteiligen ist (Schricker/Reinbothe, Urheberrecht,
2. Aufl., § 11 WahrnG Rdn. 5). Geht es um den Tarif für eine Sekundärvermarktung , gebietet es darüber hinaus der Beteiligungsgrundsatz, die Auswirkungen der Sekundärvermarktung auf die Primärvermarktung zu berücksichtigen. Maßstab ist weiterhin das Gleichbehandlungsgebot: Gleichgelagerte Fälle sind gleich zu behandeln (Schricker/Reinbothe aaO; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, § 11 UrhWG Rdn. 11). Auf der anderen Seite ist zu beachten, daß es sich bei einem Tarif um eine typisierende Vergütungsregelung handelt, die verallgemeinernd gewisse Vergütungsgruppen vorsehen und dabei nicht vermeiden kann, daß in einer Gruppe auch unterschiedliche Nutzungssachverhalte zusammentreffen.
Die tatrichterlichen Ausführungen zur Überprüfung der Angemessenheit eines Tarifs können danach vom Revisionsgericht – abgesehen von gerügten Verfahrensverstößen – insbesondere darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Maßstäbe verkannt hat, nach denen die angemessene Vergütung zu bestimmen ist. Dabei muß die Begründung der tatrichterlichen Entscheidung dem Revisionsgericht die Möglichkeit eröffnen, in eine solche Überprüfung einzutreten (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 – I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 = WRP 2001, 1345 – Gesamtvertrag privater Rundfunk, m.w.N.). Unabhängig davon kommt dem Bundesgerichtshof in Verfahren, in denen sich die Frage der Angemessenheit eines Tarifs stellt, auch die Aufgabe zu, für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung Sorge zu tragen. Denn anders als bei Streitigkeiten über die Festsetzung eines Gesamtvertrags, über die in erster Instanz stets das für den Sitz der Schiedsstelle zuständige Oberlandesgericht entscheidet (§ 16 Abs. 4 UrhWG), kann die Frage der Angemessenheit eines Tarifs von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt werden.

b) Das angefochtene Urteil läßt nicht erkennen, ob das Berufungsgericht bei der Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs für Mehrkanaldienste die Gefahren hinreichend berücksichtigt hat, die ein solches Angebot für die Primärver-
wertung der Darbietungen, also für die Vermarktung der Tonträger, bedeuten kann.
aa) Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG sind als Berechnungsgrundlage für die Tarife in der Regel die geldwerten Vorteile heranzuziehen, die durch die fragliche Nutzung erzielt werden. Wie bereits dargelegt, dürfen jedoch bei der Aufstellung eines Tarifs, der – wie der Tarif im Streitfall – eine Zweitverwertung betrifft, die Auswirkungen nicht außer acht gelassen werden, die die zu vergütende Nutzung auf die Primärverwertung hat. Denn das legitime Interesse der Berechtigten – seien es Urheber oder Leistungsschutzberechtigte – ist neben der angemessenen Beteiligung an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke oder Leistungen vor allem darauf gerichtet, daß die „normale Verwertung“ (vgl. Art. 5 Abs. 5 Richtlinie 2001/29/EG, Art. 16 Abs. 2 WPPT) durch die gestattete Nutzung möglichst wenig beeinträchtigt wird. Ist mit der Zweitverwertung notgedrungen eine Beeinträchtigung der Primärverwertung verbunden, geht das berechtigte Interesse der Urheber und Leistungsschutzberechtigten dahin, diese Einbußen durch die im Tarif festzusetzende Vergütung soweit wie möglich zu kompensieren. Dies ist von den Verwertungsgesellschaften bei der Aufstellung der Tarife zu beachten.
Die Berücksichtigung dieses legitimen Interesses der Berechtigten kann dazu führen, daß im Einzelfall Vergütungssätze als angemessen anzusehen sind, die sich nicht mehr als geringer (einstelliger) Prozentsatz der aus der fraglichen Nutzung gezogenen Einnahmen bestimmen lassen. Das Berufungsgericht hat bislang zu dem Vorbringen der Klägerin, der in Rede stehende Musikmehrkanaldienst könne den herkömmlichen Absatz der Tonträger zu einem erheblichen Teil substituieren , keine Feststellungen getroffen. Wird diese Gefahr für die Primärvermarktung unterstellt, so handelt es sich bei dem Mehrkanaldienst der Beklagten um eine Nutzung, die einerseits keinen besonderen Aufwand erfordert und dem Empfänger daher für ein relativ geringes Entgelt zur Verfügung gestellt werden kann,
mit der jedoch andererseits ganz erhebliche Einbußen der Primärvermarktung verbunden sind. Diesen Einbußen stehen weniger die Vorteile gegenüber, die der Betreiber des Mehrkanaldienstes aus der Sendung zieht, sondern vor allem die Vorteile der Abonnenten, die sich durch eine relativ einfache und preiswerte Aufzeichnungsmöglichkeit die Ausgabe für den Kauf der entsprechenden Tonträger ersparen können. Wird die unter diesen Umständen angemessene Vergütung als ein Prozentsatz der verhältnismäßig niedrigen Abonnementgebühren ausgedrückt, kann dies – wie vorliegend der Satz von 30% – einen relativ hoch erscheinenden Vergütungssatz ergeben.
bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß die Klägerin die erheblichen Beeinträchtigungen, die im Falle einer mitgesendeten Anzeige der jeweiligen Titel und der jeweiligen Interpreten zu erwarten seien, nicht dargetan habe. Ob dem Berufungsgericht dabei – wie die Revision rügt – ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, kann offenbleiben. Denn das Berufungsgericht hat bereits den Aufzeichnungsmöglichkeiten, die unstreitig mit der fraglichen Nutzung verbunden sind, nicht hinreichend Rechnung getragen. Diese besonderen Möglichkeiten beruhen darauf, daß die Beklagte die Musik durchweg in digitaler Form sendet und daß sich ihr nicht durch Werbung und Wortbeiträge unterbrochenes Musikprogramm in viel höherem Maße als eine herkömmliche Radiosendung zur Aufzeichnung eignet.
3. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung wiederum zu der Annahme gelangen, daß der Tarif der Klägerin für Musikkanaldienste mit einem Vergütungssatz von 30% der Bruttoerlöse unangemessen ist, so wird es nicht erneut auf den Tarif für private Hörfunkprogramme zurückgreifen dürfen, dessen Vergütungssätze – der Höchstsatz dieses Tarifs für Programme mit einem Musikanteil von mindestens 50% liegt bei 4,5% der Werbeerlöse – für die hier in Rede stehende Nutzung von vornherein unangemessen niedrig sind. Vielmehr wird das Be-
rufungsgericht in diesem Fall den bestehenden Tarif für Mehrkanaldienste in der Höhe des Vergütungssatzes auf ein seiner Auffassung nach angemessenes Maß reduzieren müssen.

a) Das Berufungsgericht ist – in Übereinstimmung mit dem Landgericht sowie mit der Schiedsstelle im vorausgegangenen Schiedsstellenverfahren – davon ausgegangen, daß der für unangemessen erachtete Tarif unbeachtet bleibt und statt dessen auf den Tarif der Klägerin zurückzugreifen ist, der nach seinen Merkmalen der in Rede stehenden Nutzung möglichst nahe kommt. Es hat sich dabei auf die Rechtsprechung des Senats berufen, die freilich den Fall betraf, daß das Tarifwerk der Verwertungsgesellschaft für die in Rede stehende Nutzung überhaupt keinen passenden Tarif enthält (BGH, Urt. v. 23.5.1975 – I ZR 51/74, GRUR 1976, 35, 36 – Bar-Filmmusik; Urt. v. 1.6.1983 – I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 – Tarifüberprüfung II).
Für diese Vorgehensweise scheint zu sprechen, daß die Verwertungsgesellschaft nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWG Tarife aufzustellen hat, die die angemessene Vergütung bestimmen. Hierdurch soll im Interesse der Allgemeinheit eine gleichmäßige Behandlung aller gleichgelagerten Fälle durch die Verwertungsgesellschaft sichergestellt, zugleich aber auch der Verwertungsgesellschaft in ihrem eigenen Interesse erspart werden, in jedem Einzelfall langwierige Verhandlungen über Art und Höhe der zu zahlenden Vergütung zu führen (Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. IV/271, S. 17). Den Gerichten kommt auf diese Weise grundsätzlich nur die Aufgabe zu, vorhandene Tarife auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls auf den Streitfall anzuwenden. Die gestaltende Festsetzung des Tarifs – ähnlich wie sie das Gesetz unter Regelung einer besonderen Zuständigkeit für die Festsetzung von Gesamtverträgen vorsieht (§§ 12, 16 Abs. 4 UrhWG) – obliegt den Gerichten im Rahmen der Überprüfung der Angemessenheit eines Tarifs dagegen nicht.
Der Grundsatz, daß es allein Aufgabe der Verwertungsgesellschaft ist, einen Tarif aufzustellen, den das Gericht dann lediglich auf seine Angemessenheit überprüft , führt indessen nicht in jedem Fall dazu, daß ein in dem einen oder anderen Punkt als unangemessen erachteter Tarif für die Bestimmung der zu zahlenden Vergütung vollständig außer Betracht zu bleiben hat. Ist der aufgestellte Tarif nach Auffassung des überprüfenden Gerichts lediglich in einem Punkt unangemessen, besteht die Möglichkeit, diesen Parameter – hier die Vergütungshöhe – auf ein Maß zu reduzieren, das unzweifelhaft als angemessen anzusehen ist. Damit wird dem den Tarif überprüfenden Gericht keine gestaltende Festsetzung auferlegt, sondern seiner Entscheidung lediglich das in dem aufgestellten Tarif enthaltene Minus als in jedem Fall angemessen zugrunde gelegt. Eine solche Vorgehensweise hat den Vorteil, daß vor allem in Fällen, in denen der aufgestellte Tarif die angemessene Vergütung nur geringfügig übersteigt, nicht auf einen Tarif zurückgegriffen werden muß, der für die in Rede stehende Nutzung erst recht keine angemessenen Bedingungen vorsieht.

b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht den Tarif der Klägerin für Mehrkanaldienste allein wegen der Höhe des Vergütungssatzes als unangemessen angesehen. Es hat statt dessen auf einen Tarif zurückgegriffen, der – auch wenn er unter den anderen Tarifen im Tarifwerk der Klägerin noch am ehesten zu passen scheint – den Besonderheiten eines Mehrkanaldienstes, wie ihn die Beklagte anbietet , nicht gerecht wird.
Der vom Berufungsgericht herangezogene Tarif für private Hörfunkprogramme betrifft eine Nutzung, die mit dem Musikmehrkanaldienst der Beklagten nur wenig gemein hat. Zum einen weist dieser Tarif als höchste Kategorie einen Musikanteil von mindestens 50% auf, während der Musikanteil im Programm der Beklagten bei 100% oder bei nahezu 100% liegt. Der Tarif für private Hörfunkprogramme betrifft demnach auch Programme, die bis zur Hälfte aus Wortbeiträgen
bestehen. Bei derartigen Programmen wird ein Großteil der Werbeeinnahmen zur Finanzierung der im Verhältnis zur Sendung von Musiktiteln ungleich aufwendigeren Wortbestandteile des Programms – wie etwa Nachrichtensendungen, Reportagen , Hörspiele – benötigt. Beim Musikkanal der Beklagten fließen dagegen sämtliche Erlöse in die – verhältnismäßig kostengünstige – Sendung von auf Tonträgern aufgenommenen Darbietungen aus dem Repertoire der Klägerin. Zum anderen gehen von dem Musikmehrkanaldienst der Beklagten ungleich größere Gefahren für die Primärvermarktung der gesendeten Darbietungen aus. Dies hat seinen Grund in der – im Hörfunk sonst noch wenig verbreiteten – digitalen Form der Übermittlung, die dem Hörer das Aufzeichnen der gesendeten Titel in CD-Qualität gestattet, sowie in der konzentrierten Form der Wiedergabe, die beispielsweise das Kopieren einer vollständig gesendeten CD ermöglicht. Auf die weiteren – streitig gebliebenen – Möglichkeiten einer Auswahl und Zusammenstellung einzelner Titel kommt es unter diesen Umständen noch nicht einmal an. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß im Falle der Beklagten das vom Abonnenten gezahlte Entgelt zum Empfang nicht nur eines Musikkanals, sondern einer Vielzahl von Musikkanälen berechtigt, die – wenn auch nicht zeitgleich – zu derartigen Aufzeichnungen dienen können.

c) Unter diesen Umständen käme im Streitfall – auch wenn der von der Klägerin aufgestellte Tarif für Mehrkanaldienste einen unangemessen hohen Vergütungssatz enthält – eine Reduzierung des Vergütungssatzes auf ein jedenfalls angemessenes Maß in Betracht. Dagegen scheidet die Heranziehung des Tarifs für private Hörfunkprogramme aus.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Dem Senat ist eine Entscheidung in der Sache verwehrt. Denn es ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters , den von der Klägerin aufgestellten Tarif unter Beachtung der maßgeblichen Grundsätze zur Berechnung der angemessenen Vergütung zu überprüfen und ge-
gebenenfalls anzupassen. Die Sache ist daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)